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16.06.2009 · IWW-Abrufnummer 091939

Oberlandesgericht Koblenz: Beschluss vom 26.06.2008 – 14 W 404/08

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Geschäftsnummer: 14 W 404/08
15 O 232/06 Landgericht Koblenz

OBERLANDESGERICHT KOBLENZ

BESCHLUSS

In Sachen XXX

wegen Kostenerstattung
hier: Mehrvertretungsgebühr bei Klage auf Verschaffung von Bruchteilseigentum

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch XXX am 26. Juni 2008

b e s c h l o s s e n:

1. Die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den die Kosten erster Instanz betreffenden Beschluss des Landgerichts Koblenz vom 5. Mai 2008 wird zurückgewiesen (Beschwerdewert: 1.984,13 €).

2. Die sofortige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Kläger gegen den die Kosten zweiter Instanz betreffenden Beschluss des Landgerichts Koblenz vom 5. Mai 2008 wird zurückgewiesen (Beschwerdewert: 230,63 €).

3. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihres jeweiligen Rechtsmittels zu tragen.

G r ü n d e:

Die Beklagte war aufgrund notariellen Kaufvertrages verpflichtet, den beiden Klägern Bruchteilseigentum zu je ½ zu verschaffen. Da die Verkäuferin diese Verpflichtung nicht erfüllte, nahmen die beiden Kläger sie auf Auflassung „zu je hälftigem Miteigentum“ in Anspruch. Damit waren die Kläger in zweiter Instanz erfolgreich. Die Beklagte hat sämtliche Kosten des Rechtsstreits zu tragen. In zweiter Instanz war den Klägern Prozesskostenhilfe bewilligt.

Zur Festsetzung angemeldet wurden 4.357,13 € für die erste und 3.469,33 € für die zweite Instanz. Den Klägern hat der Rechtspfleger im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss für die erste Instanz 2.373,04 €, den Prozessbevollmächtigten für die zweite Instanz 3.238,70 € zuerkannt. Dabei hat der Rechtspfleger insbesondere dem Antrag auf Festsetzung einer nach Nr. 1008 VV zum RVG erhöhten Gebühr der gemeinsamen Prozessbevollmächtigten der Kläger nicht entsprochen und zur Begründung ausgeführt, es fehle an einer Tätigkeit für mehrere Auftraggeber hinsichtlich desselben Streitgegenstandes.

Daneben hat der Rechtspfleger weitere Kürzungen vorgenommen.

Dagegen wenden sich die Kläger und deren Prozessbevollmächtigte mit der sofortigen Beschwerde. Beide Rechtsmittel sind zulässig, aber unbegründet.

1. Sofortige Beschwerde der Kläger:

a. Bei der Verfahrensgebühr handelt es sich um eine Wertgebühr (§ 2 RVG und VV 3100 zum RVG). Die Erhöhung einer Wertgebühr bei mehreren Auftraggebern in derselben Angelegenheit tritt nur ein, soweit der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe ist (1008 Abs. 1 VV zum RVG). Aus der Gesetzesfassung ergibt sich, dass Angelegenheit und Gegenstand nicht dasselbe sind.

Im vorliegenden Fall ist unzweifelhaft, dass der gemeinsame Prozessbevollmächtigte der Kläger in derselben Angelegenheit (§ 7 Abs. 1 RVG) tätig war. Der Anwalt erhält in einem derartigen Fall die Gebühren nur einmal (§§ 7 Abs. 1, 15 Abs. 2 Satz 1 RVG).

Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit ist das Recht oder Rechtsverhältnis, auf das sich die Tätigkeit eines Rechtsanwalts bezieht. Dabei wird der Gegenstand durch den Auftrag des Mandanten bestimmt (vgl. BGH in AnwBl. 1984, 501 und ZIP 1995, 118, 122 sowie NJW 2004, 1043, 1045). Hier hatten die gemeinsamen Prozessbevollmächtigten von jedem Kläger den Auftrag, dessen Anspruch auf Verschaffung je hälftigen Miteigentums geltend zu machen. Zwischen den jeweiligen Rechten fehlt eine Verknüpfung, die eine Gegenstandsidentität begründet.

Die Beschwerde sieht das anders und meint, ein gemeinsamer Gegenstand liege deshalb vor, weil die Rechte beider Kläger auf demselben Vertrag beruhen. Dem kann nicht gefolgt werden. Der gebührenrechtliche Begriff des Gegenstandes kann mit dem zivilprozessualen Begriff des Streitgegenstandes gleichgesetzt werden (so Bischof in RVG Kompaktkommentar 2. Aufl. Rdn 41 zu § 15 RVG m.w.N.). Leiten verschiedene Personen aus einem einheitlichen Vertrag Ansprüche ab, die jeweils nur ihnen höchstpersönlich zustehen, lässt sich unter keinem tragfähigen Gesichtspunkt die Ansicht vertreten, beim Begehren der Anspruchsteller handele es sich um denselben Streitgegenstand im zivilprozessualen Sinne.

Dabei ist den Klägern durchaus darin beizupflichten, dass anwaltlicher Mehraufwand entsteht, wenn der Anwalt in derselben Angelegenheit mehrere Berechtigte aus ein- und demselben Vertrag vertritt. Dem trägt § 22 Abs. 1 RVG jedoch dadurch Rechnung, dass die Werte mehrerer Gegenstände zusammengerechnet werden.

Aus § 1011 BGB ergibt sich schon deshalb nichts Gegenteiliges, weil die Kläger hier keine Ansprüche aus bereits bestehendem Miteigentum geltend gemacht haben. Ebenso wenig kommt es für die gebührenrechtliche Frage darauf an, ob die Kläger notwendige Streitgenossen waren (§ 62 ZPO), was im Übrigen zu verneinen sein dürfte (vgl. BGH in NJW 1985, 385).

Der Hinweis der Kläger, es widerspreche der Prozessökonomie, ihre jeweiligen Ansprüche in verschiedenen Prozessen geltend zu machen, geht am Problem vorbei. Derartiges hat niemand von den Klägern verlangt. Im Übrigen belegt die Tatsache, dass die Geltendmachung in verschiedenen Prozessen möglich gewesen wäre, dass es sich um verschiedene Gegenstände handelt.

Nach alledem hat der Rechtspfleger die Voraussetzungen der Nr. 1008 VV zum RVG zu Recht verneint.

b. Die Kläger begehren wegen der weiteren Kürzungen eine Aufhebung des Kostenfestsetzungsbeschlusses und eine Zurückverweisung an das Landgericht. Sie werfen dem Rechtspfleger vor, der Begründungspflicht bei Absetzungen nicht genügt zu haben.

Auch darin, kann der Beschwerde nicht gefolgt werden. Die hier gegebenen Begründungen des Rechtspflegers sind knapp, aber inhaltlich ausreichend. Im Einzelnen:

aa. In der Anlage zum Kostenfestsetzungsbeschluss heißt es, der Anwalt sei nicht hinsichtlich desselben Streitgegenstandes für mehrere Auftraggeber tätig geworden. Das fasst die obigen Senatserwägungen in einem Satz zusammen und ist hinreichend verständlich.

bb. Zur (vorprozessualen) Geschäftsgebühr und deren Anrechnung hat der Rechtspfleger zutreffend auf die Entscheidung BGH VIII ZB 57/07 verwiesen. Was damit gemeint ist, hält der Senat für eindeutig. Sofern einem Rechtsanwalt die Entscheidung nicht bekannt ist, kann erwartet werden, dass er sich kundig macht. Wegen des Anrechnungserfordernisses hat der Rechtspfleger nur eine 0,65 Verfahrensgebühr aus dem maßgeblichjen Streitwert von 21.000 € festgesetzt.

cc. All das führt zu folgender Berechnung des Kostenerstattungsanspruchs erster Instanz:

Verfahrensgebühr 419,90 €
Terminsgebühr (antragsgemäß) 775,20 €
Fahrtkosten (antragsgemäß) 33 €
Abwesenheitsgeld (antragsgemäß) 20 €
Pauschale nach 7002 VV RVG (einfach ) 20 €
19 % Mehrwertsteuer 240,94 €
Gerichtskosten 864 €

Summe: 2.373,04 €

Die angefochtene Entscheidung ist demnach nicht zu beanstanden.

2. Sofortige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten

Den Klägern war in zweiter Instanz Prozesskostenhilfe bewilligt. Das hat die Rechtsfolgen der §§ 122 Abs. 1 Nr. 3, 126 Abs. 1 ZPO. Vom Antrag abgewichen ist der Rechtspfleger nur insofern, als er auch hier die Mehrvertretungsgebühr gestrichen hat. Das ist aus den bereits mitgeteilten Gründen richtig. Auch das Rechtsmittel der Prozessbevollmächtigten war daher zurückzuweisen

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

RechtsgebieteZivilrecht, Anwaltliches Gebührenrecht Vorschriften§ 2 Abs 2 S 1 Anl 1 Nr 1008 RVG, § 7 RVG, § 15 RVG, § 22 RVG

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