24.05.2002 · IWW-Abrufnummer 020554
Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 27.06.2001 – 3 K 128/98
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
FINANZGERICHT BADEN-WÜRTTEMBERG
Im Namen des Volkes
Urteil
Az.: 3 K 128/98
In dem Finanzrechtsstreit
...GmbH, vertreten durch...
Klägerin
gegen
Finanzamt
Beklagter
wegen Umsatzsteuer 1991 ? 1995
hat der 3. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. Juni 2001 durch Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ..., Richter am Finanzgericht ..., ..., ehrenamtliche Richter ..., ...
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Vergütung für eine Garantie auf bestimmte Bauteile eines Gebrauchtwagens, die die Klägerin mit dem Käufer vereinbart hat, zum Entgelt für die Lieferung des Fahrzeugs gehört und damit umsatzsteuer (USt)-pflichtig oder als Entgelt für eine Versicherungsleistung steuerbefreit ist (§ 4 Nr. 10 Buchst. b) Umsatzsteuergesetz ?UStG-).
Die Klägerin betreibt ein Autohaus mit Kfz-Handel und ?Werkstatt. In den Streitjahren 1991 ? 1995 bot die Klägerin beim Verkauf von Gebrauchtwagen den Käufern eine Garantie für bestimmte Bauteile an, wobei die CG... Versicherungsschutz gewährte.
Die in der streitigen Zeit jeweils vereinbarten ?Garantiebedingungen? hatten u. a. folgenden Wortlaut:
?§ 1 Inhalt der Garantie
1. Der Verkäufer / Garantiegeber gibt dem Käufer eine Garantie, die die Funktionsfähigkeit der ... Baugruppen ... umfaßt. Diese Garantie ist durch die ... (...CG) versichert. ...
2. Aus der Garantie wird Entschädigung geleistet, wenn eines der garantierten Teile ... seine Funktionsfähigkeit verliert und dadurch eine Reparatur erforderlich wird.
...
§ 4 Pflichten des Käufers / Garantienehmers
1. ...
2. ... Der Käufer / Garantienehmer hat
a) der CG an deren Gesellschaftssitz einen garantiepflichtigen Schaden unverzüglich ... anzuzeigen;
b) der CG ... nachzuweisen;
c) einem Beauftragten des Händlers und / oder der CG jederzeit ... zu gestatten und ... Auskünfte zu erteilen;
d) ... Weisungen der CG zu befolgen; ...;
e) die Reparatur beim Händler oder bei einer vom Hersteller anerkannten Werkstätte durchführen zu lassen.
3. ... Wird eine der ... Pflichten verletzt, ist der Verkäufer / Garantiegeber von der Entschädigungspflicht befreit.
§ 5 Kostenerstattung
1. Dem Käufer / Garantienehmer werden garantiebedingte Lohnkosten ... voll erstattet. Garantiebedingte Materialkosten werden ... wie folgt bezahlt: ...
...
§ 6 Schadensregulierung, Eintrittspflicht
1. Die CG übernimmt für den Verkäufer / Garantiegeber im Garantiefall die Schadensregulierung. Der CG ist eine Reparaturrechnung, aus der die ausgeführten Arbeiten, ... ersichtlich sein müssen, einzureichen.
2. Ansprüche aus der geleisteten Garantie sind vom Käufer / Garantienehmer ausschließlich und unmittelbar gegenüber der CG geltend zu machen.?
Bei einer ... Außenprüfung (Betriebsprüfung -Bp-) beurteilte der Prüfer den für die Garantie verlangten Aufpreis als Entgeltbestandsteil der Fahrzeuglieferung und damit als umsatzsteuerpflichtig ... Die Klägerin hatte folgende Entgelte vereinbart:
Aufpreise DM USt DM
... ...
zusammen 16.036
Im Anschluss hieran ändert der Beklagte (das Finanzamt -FA-) die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden USt-Festsetzungen durch Bescheide vom ... nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) jeweils unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung.
Gegen diese Bescheide ließ die Klägerin ... jeweils Einsprüche einlegen, die das FA durch Entscheidung vom 20. Mai 1998 zurückwies. Dagegen richtet sich die am 18. Juni 1998 bei Gericht eingegangene Klage.
Die Klägerin trägt vor, der Fahrzeugkäufer erhalte im Schadensfall lediglich Entschädigungsansprüche gegen die CG, die insoweit wirtschaftlich als Reparaturkostenversicherer aufgetreten sei. Erst ab Anfang 1996 habe die CG ihr Garantiemodell umgestellt. Nunmehr erhalte der Fahrzeugkäufer mit einer selbständigen Händlergarantie einen eigenen Garantieanspruch gegen den Händler und daneben Versicherungsschutz für den Fall, dass er die Reparatur bei einem Drittbetrieb durchführen lasse. Die Neuregelung beruhe einerseits auf wettbewerbsrechtlicher Rechtsprechung, wonach die Werbung mit dem Schlagwort ?Garantie? irreführend sei, wenn zivilrechtlich keine durchsetzbare (Händler-)Garantie gegeben, sondern im Ergebnis lediglich Versicherungsschutz verschafft bzw. eine Versicherung vermittelt werde, und andererseits auf Gründen des besseren Marketings und der optimalen Kundenbindung.
Die Klägerin macht wie im außergerichtlichen Verfahren geltend, der streitige Umsatz sei als Verschaffung von Versicherungsschutz steuerfrei (§ 4 Nr. 10 Buchst. b) UStG).
Die Finanzverwaltung unterscheide bei Gebrauchtwagengarantien zwei verschiedene Grundmodelle, nämlich das ?Versicherungsmodell? und das ?Garantiemodell?. Beim Versicherungsmodell verschaffe der Händler dem Gebrauchtwagenkäufer Versicherungsschutz, was zur Steuerfreiheit der vom Händler vereinnahmten Garantieprämie nach § 4 Nr. 10 Buchst. b) UStG führe. Beim Garantiemodell gewähre der Händler dem Gebrauchtwagenkäufer eine eigene Garantie, welche lediglich ?rückversichert? sei. In diesem Fall verschaffe der Händler dem Käufer keinen Versicherungsschutz, weshalb die beim Erwerb des Gebrauchtwagens gezahlte Garantieprämie nach Ansicht der Finanzverwaltung der Umsatzsteuer unterliege.
Der vorliegende Fall sei nach Auffassung der Finanzverwaltung stets ein Fall des ?Versicherungsmodells? gewesen. Die vom Gebrauchtwagenkäufer bezahlte Prämie sei als umsatzsteuerfreie Verschaffung von Versicherungsschutz angesehen worden. Noch in einem Schreiben des Finanzministeriums Baden-Württemberg (FM-BW) vom 22. April 1991 ? S 7421/3 ? sei auf Anfrage der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 27. Juli 1990 nach Erörterung der obersten Finanzbehörden bestätigt worden, dass beim ?Versicherungsmodell? die Prämie kein Bestandsteil des Verkaufspreises für das Fahrzeug sei. Nur beim ?Garantiemodell? sei das Entgelt für eine Garantie in die Bemessungsgrundlage der Differenzbesteuerung nach § 25a Abs. 2 Nr. 1 UStG einzubeziehen. Das seinerzeit zur Prüfung vorgelegte und bei der Klägerin angewandte Bedingungswerk sei ? damals unstreitig ? dem ?Versicherungsmodell? zuzuordnen gewesen. Dies sei in einem Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 3. Mai 1991 an das FM-BW nochmals klargestellt worden, dem das FM-BW nicht widersprochen habe.
Bei seiner Beurteilung, dass die im Auftrag der CG in Rechnung gestellten Versicherungsprämien umsatzsteuerlich als zusätzliches Entgelt für den Verkauf des Gebrauchtwagens zu erfassen seien, stütze sich das Finanzamt zu Unrecht auf einen koordinierten Bund-/Länder-Erlass. Dabei werde nämlich übersehen, dass dieser sich nur auf die erst ab Anfang 1996 eingeführten neuen Garantiebedingungen der CG beziehe, welche ? im Gegensatz zu den streitbefangenen Bedingungen ? neben einem Versicherungsschutz (für den Fall, dass der Gebrauchtwagenkäufer die Reparatur bei einem Drittbetrieb durchführen lasse) einen durchsetzbaren Reparaturanspruch gegen den garantiegebenden Händler enthielten.
Bei der Beurteilung des Streitfalls sei dagegen davon auszugehen, dass der ?Garantienehmer? im Schadensfall ausschließlich Entschädigungsansprüche erhalten habe, die er der CG gegenüber geltend zu machen habe. In der Wahl der Reparaturwerkstatt sei er frei gewesen. Wirtschaftlich sei ihm Versicherungsschutz verschafft worden. Die CG schulde die Entschädigung und habe den Käufer von Reparaturkosten freizustellen. Die Garantiebedingungen enthielten insoweit einen Vertrag zu Gunsten Dritter, nämlich des Verkäufers mit der CG zu Gunsten des Gebrauchtwagenkäufers. Die Verschaffung des Kostenfreistellungsanspruchs sei eine umsatzsteuerfreie Leistung.
Zu Unrecht gehe das FA davon aus, eine Verschaffung von Versicherungsschutz nach § 4 Nr. 10 Buchst. b) UStG liege nur vor, wenn der Gebrauchtwagenkäufer als Versicherungsnehmer einen unmittelbaren Versicherungsschutz habe. Diese Vorschrift setze gerade nicht voraus, dass der Begünstigte (Gebrauchtwagenkäufer) selbst Versicherungsnehmer sei. Wäre der Käufer Versicherungsnehmer, läge ein nach § 4 Nr. 11 UStG steuerfreier Fall der Vermittlung einer Reparaturkosten-Versicherung vor, während § 4 Nr. 10 Buchst. b) UStG voraussetze, dass Versicherungsnehmer derjenige sei, der den Versicherungsschutz verschaffe, und nicht der Begünstigte, der Versicherungsschutz lediglich verschafft erhalte.
Die Verschaffung von Versicherungsschutz durch die ?Car-Garantie? sei keine unselbständige Nebenleistung, sondern habe gegenüber der Lieferung des Gebrauchtwagens eingeständigen Charakter und eigenständiges Gewicht. Das ergebe sich schon aus der fehlenden Identität der Schuldner. Die Fahrzeuglieferung schulde der Verkäufer, Schuldner der Leistungen aus dem verschafften Versicherungsschutz sei die CG. Der Käufer erhalte durch den Versicherungsschutz die Möglichkeit, entschädigungspflichtige Reparaturen in einem Drittbetrieb vornehmen zu lassen, was von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung sei. Wie eine hier nicht vorliegende eigenständigen Händlergarantie bilde der Versicherungsschutz ein ?aliu? zur gesetzlichen Mängelgewährleistung, da er auch reine Verschleißschäden und Schäden umfasse, die nicht auf einen bei Gefahrübergang vorhandenen Mangel des Fahrzeugs zurückzuführen seien.
Die Verschaffung von Versicherungsschutz hänge auch nicht eng mit der Gebrauchtwagenlieferung zusammen, da sie bei der Fahrzeuglieferung weder notwendig noch aus sonstigen Gründen geboten sei. Der Käufer könne frei entscheiden, ob er das zusätzliche Angebot des Verkäufers annehme. Ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang fehle ebenfalls, denn der Abschluss einer ?Car-Garantie? sei zwar sicherlich sinnvoll, sei aber nicht als Abrundung oder Ergänzung der Gebrauchtwagenlieferung wirtschaftlich gerechtfertigt. Vielmehr gehe der damit verschaffte direkte Anspruch gegen den Versicherer weit über den Umfang der kaufrechtlichen Gew ährleistung durch den Händler hinaus. Der eigenständige Charakter der Verschaffung von Versicherungsschutz werde auch nicht durch den gleichzeitig mit dem Gebrauchtwagenkauf erfolgenden Abschluss des Versicherungsvertrags aufgehoben.
Die Verschaffung von Versicherungsschutz sei schließlich keine übliche Zusatzleistung im Gefolge von Fahrzeugverkäufen. Gegenüber ca. 7,5 Mio Besitzumschreibungen in 1994, davon ca. 3,26 Mio Verkäufe durch Gebrauchtwagen-Fachhändler, seien nur ca. 733.300 Gebrauchtwagen-Garantien verkauft worden, wovon wiederum nur ca. 323.300 Fälle, also weniger als 10 % der vom Fachhandel verkauften Gebrauchtwagen und nur ca. 4,3 % aller Besitzumschreibungen dem hier streitbefangenen ?Versicherungsmodell? entsprächen.
Die Finanzverwaltung sei für die Streitjahre zumindest unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung bzw. aus Gründen des Vertrauensschutzes an einer abweichenden Behandlung gehindert; denn das im Streitfall maßgebende Bedingungswerk sei dem FM-BW mit der Bitte um eine verbindliche steuerliche Beurteilung 1990 vorgelegt und als Versicherungsmodell mit umsatzsteuerfreien Leistungen beurteilt worden. Hieran sei die Finanzverwaltung für die Vergangenheit gebunden. Seinerzeit habe die Finanzverwaltung durchaus ein Interesse an der begehrten Behandlung der Car-Garantie nach dem ?Versicherungsmodell? bekundet, weil damit die volle Steuerpflicht der erbrachten Reparaturleistungen verbunden gewesen sei, während es sich beim ?Garantiemodell? um nicht steuerbaren Schadensersatz handele. Für den Fall einer Steuerpflicht sei zu beachten, dass bei der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG das Garantie-Entgelt nicht zur Bemessungsgrundlage gehöre, wenn bei den einzelnen Geschäften nicht eine positive Differenz erzielt worden sei.
Die Klägerin beantragt,
die geänderten Umsatzsteuer-Bescheide ..., jeweils in Form der Einspruchsentscheidung vom 20. Mai 1998 zu ändern und die Umsatzsteuer wie folgt herabzusetzen: ...
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es bezieht sich auf die Einspruchsentscheidung. Es sei davon auszugehen, dass der Verkauf der ?Car-Garantie? eine unselbständige Nebenleistung zur Lieferung des Fahrzeugs und deshalb der Aufpreis dafür in das Entgelt für die Fahrzeuglieferung einzubeziehen sei. Unabhängig von einer bürgerlich-rechtlichen Selbständigkeit bestimmter Vorgänge dürfe ein einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang umsatzsteuerlich nicht in mehrere Leistungen aufgeteilt werden.
Die Klägerin schulde bei den streitigen Leistungen die Lieferung eines Gebrauchtwagens mit ?Garantie?, wobei die ?Garantie-Leistung eine Nebenleistung zur Lieferung darstelle, wie sie weder eine selbständige Leistung sei noch neben der Lieferung einen gleichwertigen Teil der geschuldeten Leistung bilde.
Nach § 1 der ?Garantiebedingungen? gebe der Verkäufer dem Käufer die ?Garantie?´, Leistungsschuldner sei also die Klägerin. Deshalb habe die ?Garantie? auch dann kein eigenständiges Gewicht, wenn sie über die kaufrechtliche Haftung für Sachmängel hinausgehe. Obwohl Gebrauchtwagen auch ohne ?Garantie? verkauft würden, sei Gegenstand des Leistungsaustausches hier die Lieferung mit ?Garantie?, da die ?Car-Garantie? die Gebrauchtwagenlieferung wirtschaftlich abrunde und ergänze, also damit eng zusammenhänge.
Dies werde durch die wettbewerbsrechtlichen und geschäftspolitischen Hinweise der Klägerin bestätigt.
Entgegen der Darstellung der Klägerin seien die ?Garantiebedingungen? Anfang 1996 nicht so grundlegend geändert worden, dass sich dies auf die Bestimmung der Leistung aus umsatzsteuerlicher Sicht ausgewirkt habe. Auch die Vertreter der CG hätten gegenüber dem FM-BW zum Ausdruck gebracht, die Formulierung der ?Garantiebedingungen? sei nur ?aus Gründen der Klarstellung? teilweise geändert worden.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
Die für die Klägerin beim FA geführten Steuerakten haben vorgelegen.
Am 27. Juni 2001 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Auf die Niederschrift wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
In den angefochtenen Bescheiden wurden die zusätzlichen Erlöse, die die Klägerin für die abgeschlossenen CG-Verträge erzielt hat, zu Recht der USt unterworfen, weil die damit erbrachte Leistung der Klägerin eine unselbständige Nebenleistung zu der jeweils erfolgten Lieferung eines Gebrauchtwagens bildet, die deshalb umsatzsteuerlich ebenso zu behandeln ist wie diese.
Aufgrund der in den Streitjahren angewendeten und den damals abgeschlossenen Verträgen unstreitig zugrunde liegenden ?Garantiebedingungen? hat die Klägerin ihren Kunden Versicherungsschutz bezüglich der fraglichen Reparaturleistungen an den verkauften Gebrauchtwagen verschafft. In § 1 Nr. 1 der Bedingungen wird zwar die Klägerin als Verkäuferin auch als ?Garantiegeberin? bezeichnet. Sie hat auch die Vergütung hierfür für eigene Rechnung vereinbart und vereinnahmt. Nach den übrigen Vereinbarungen, insbesondere § 6 der ?Garantiebedingungen? erwirbt der Gebrauchtwagen-Käufer aber im Schadensfall Leistungsansprüche nur gegenüber der CG als Versicherer.
Die Verschaffung dieses Versicherungsschutzes stellt nicht allein deshalb eine selbständige Hauptleistung neben der Lieferung des Fahrzeugs dar, weil verschiedene Leistungsschuldner beteiligt sind, indem die Klägerin als Verkäuferin die Gebrauchtwagenlieferung schuldet, während die CG Schuldnerin der Leistungen aus dem verschafften Versicherungsschutz ist. Vielmehr hat sich die Klägerin gerade im Zusammenhang mit der Lieferung des Fahrzeugs durch die sogenannte Garantie auch zu einer eigenen weiteren Leistung, eben zur Verschaffung von Versicherungsschutz verpflichtet, erbringt deshalb selbst eine zusätzlich Leistung und erhält hierfür die Gegenleistung.
Die Verschaffung von Versicherungsschutz ist andererseits nicht Teil einer von der Klägerin erbrachten Gesamtleistung, die wirtschaftlich zusammen gehören würde und als einheitliches Ganzes anzusehen wäre, weil eine Teilleistung ohne die andere unvollständig wäre oder durch die Zusammenführung der Teile eine andersartige, neue und gegenüber allen Teilleistungen eigenständige Leistung entstünde. Der verschaffte Versicherungsschutz hat einen gewissen eigenständigen Charakter neben der Lieferung des Gebrauchtwagens, ohne dass das wirtschaftliche Gewicht einer dieser Leistungen durch ihre Zusammenführung wesentlich verändert würde. So erhält der Käufer etwa die Möglichkeit, entschädigungspflichtige Reparaturen durch Dritte vornehmen zu lassen, was für ihn eine wirtschaftliche Bedeutung haben kann. Dem Käufer steht es auch frei zu entscheiden, ob er das zusätzliche Angebot des Verkäufers annimmt und einen ?Garantievertrag? neben dem Kaufvertrag abschließt.
Dennoch ist das Entgelt für die Verschaffung von Versicherungsschutz deshalb in die Bemessungsgrundlage für die Gebrauchtwagenlieferung einzubeziehen, weil sie als Nebenleistung gegenüber der Hauptleistung unselbständig und deshalb steuerlich ebenso zu behandeln ist wie diese. Der Abschluss eines ?Car-Garantie?-Vertrags anlässlich eines Gebrauchtwagenkaufes ist nicht nur wirtschaftlich sinnvoll, er hängt auch eng mit der Gebrauchtwagenlieferung im Sinne einer Ergänzung, Verbesserung und Abrundung der Hauptleistung zusammen, weil er ein Mittel darstellt, die Lieferung eines Gebrauchtwagens unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (vgl. Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften -EuGH- vom 25. Februar 1999 C-349/96, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften -ABI. EG- 1999, Nr. C 121, 3 = Umsatzsteuer-Rundschau -UR- 1999, 254 = Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 1999, 421; Bundesfinanzhof-BFH Urteil vom 29. April 1999 V R 72/98, Sammlung von Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 1999, 1523 = HFR 1999, 928 m. w. N.)
Der durch die ?Car-Garantie? verschaffte Versicherungsschutz gewährt dem Käufer eines Gebrauchtwagens eine Sicherung gegen solche Risiken, die typischerweise unmittelbar dem gleichzeitig erworbenen Gegenstand innewohnen. Die enge sachliche und damit wirtschaftliche Verknüpfung zwischen Gebrauchtwagenlieferung und ?Car-Garantie? ergibt sich demzufolge aus dem Interesse des Käufers, sich gegen die finanziellen Folgerungen aus der unvermeidbaren Tatsache abzusichern, dass sowohl schon beim Kauf vorhandene Fehler und Unzulänglichkeiten als auch der in Zukunft zu erwartende Abnutzungsverlauf eines gebrauchten Fahrzeugs sich in der Praxis kaum vorhergesehen und abschätzen lassen. Die vom Lieferanten mit dem ?Car-Garantie?-Vertrag gebotene Gelegenheit, dieses Sicherungs-Interesse des Käufers durch Versicherungsschutz zu befriedigen, wird nicht dadurch wirtschaftlich verselbständigt, dass die verschafften Entschädigungsansprüche zeitlich und teilweise inhaltlich über die gesetzliche oder vertragliche Gewährleistung des Verkäufers hinausgehen und sich lediglich direkt gegen den Versicherer richten. Sachlich sind sie in den gleichen Eigenschaften des Gegenstands begründet, den der selbe Unternehmer gleichzeitig mit der Verschaffung von Versicherungsschutz verkauft und liefert. Ebenso wenig widerspricht es einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang beider Leistungen, dass sie nicht rechtsgeschäftlich miteinander verknüpft sind, sondern dem Käufer lediglich die Möglichkeit eingeräumt wird, ein diesbezügliches zusätzliches Angebot anzunehmen.
Die Verschaffung von Versicherungsschutz stellt sich auch deshalb als Nebenleistung zur Lieferung eines Gebrauchtwagens dar, weil sie üblicherweise nur in deren Gefolge als Zusatzleistung des Lieferanten vorkommt. Bei Verkäufen ohne Beteiligung eines Gebrauchtwagenfachhändlers mag zwar die Verschaffung eines derartigen Versicherungsschutzes praktisch unbekannt sein, obwohl die CG zumindest zeitweise ihre Leistungen auch auf dem sog. Privatmarkt angeboten haben soll. Gerade dadurch wird aber belegt, dass die ?Car-Garantie? vom Fachhändler als Abrundung und Ergänzung eben seiner spezifischen Leistung angesehen und angeboten wird, die auch bei der Werbung im Wettbewerb mit privaten Anbietern von Gebrauchtwagen und mit andersartigen Gewährleistungen eingesetzt werden kann, wie z. B. durch die von den Beteiligten angeführte wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung bestätigt wird (Urteil des Oberlandesgerichts -OLG- Frankfurt a. M. vom 21. Dezember 1995 6 U 148/95, Neue Juristische Wochenschrift -NJW- RR 1996, 1386).
Dagegen ist es für die Annahme einer Nebenleistung nicht erforderlich, dass sie stets bei allen oder dem überwiegenden Anteil der vorkommenden gleichartigen Geschäfte zusätzlich zur Hauptleistung angeboten oder gewährt wird. Wäre eine Zusatzleistung in diesem Sinn ?üblich?, würde sie sich eher als Teil einer einheitlichen, möglicherweise erweiterten Gesamtleistung darstellen. Für die unselbständige Nebenleistung genügt die Feststellung, dass sie üblicherweise, also in der überwiegenden Zahl der Fälle, nicht als eigene Hauptleistung sondern nur im Anschluss an eine andere Leistung gewährt wird, wie es hier zutrifft (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 1523 = HFR 1999, 928 m. w. N.). Auf diese Würdigung kann sich das Vorkommen einer sog. Neuwagen-Anschluss-Garantie nicht auswirken, denn es fehlen jegliche Angaben dazu, in welchem Umfang bereits in der hier streitigen Zeit mit den umstrittenen ?Car-Garantie?-Verträgen vergleichbarer Versicherungsschutz für die Zeit nach Ende einer vom Hersteller oder Händler übernommenen Gewährleistung auf Neuwagen angeboten und gewährt wurde.
Die Verschaffung von Versicherungsschutz ist im vorliegenden Zusammenhang auch als ?nebensächlich? gegenüber der Fahrzeuglieferung anzusehen, schon weil sie ein wesentlich geringeres wirtschaftliches Gewicht hat, das durch das im Verhältnis zu den durchschnittlichen Kaufpreisen für einen Gebrauchtwagen recht geringe Entgelt angezeigt wird. Wenn auch eine ?Car-Garantie? als Verkaufsargument des Händlers zur Motivation des Käufers beitragen kann, gerade dessen Angebot anzunehmen, so steht für den Käufer doch stets der Erwerb und die darauffolgende Lieferung des Fahrzeugs eindeutig im Vordergrund.
Die hier vorliegenden Verhältnisse stimmen demnach nicht mit den Fallgestaltungen überein, bei denen gastronomische Leistungen neben künstlerischen oder unterhaltenden Darbietungen als selbständige Hauptleistungen gewürdigt wurden (vgl. BFH-Urteil vom 14. Mai 1998 V R 85/97, Sammlung der Entscheidungen des BFH -BFHE- 186, 151, Bundessteuerblatt -BStBl.- II 1999, 145 m. w. N). Ebenso wenig ist die ?Car-Garantie? mit den neben Beherbergungsleistungen in einem ?Kurhotel? verabreichten Thermalbädern vergleichbar, die in der Rechtsprechung unter bestimmten Umständen im Ergebnis als selbständige Hauptleistung gewürdigt wurden (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 1523 = HFR 1999, 928). Der Senat sieht auch einen wesentlichen sachlichen Unterschied zu dem vom BFH mit anderem Ergebnis entschiedenen Fall der Verschaffung von Versicherungsschutz durch eine Bausparkasse zugunsten der Bausparer (vgl. BFH-Urteil vom 6. Mai 1993 V R 137/90 n. v. juris-Dokument). Der BFH stellt für jenen Fall zutreffend fest: ?Ergänzt wird nicht die Leistung durch Kreditgewährung seitens der ...[Bausparkasse], sondern die Zahlungsverpflichtung der Bausparer gegenüber der ... [Bausparkasse].?, was sich aus dem gesamten wirtschaftlichen Zusammenhang ergibt, insbesondere dem versicherten Risiko des Todes des Bausparers. Im Gegensatz dazu ergänzt hier die ?Car-Garantie? die Hauptleistung der Klägerin als Gebrauchtwagen-Lieferant, indem die Versicherung eines untrennbar mit der gelieferten Sache verbundenen Risikos verschafft wird. Der gleiche Unterschied besteht zu dem von den Beteiligten erörterten Fall der Reise-Rücktrittskosten-Versicherung, deren Verschaffung bei Fehlen einer rechtlichen Verknüpfung als selbständige Leistung zu behandeln sei (vgl. Nr. 2 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen -BMF- vom 7. April 1998 IV C 3 ? S 7419 ? 9/98, BStBl. I 1998, 380). Auch dort wird nicht ein der erbrachten Hauptleistung (der Reiseleistung) innewohnendes Risiko versichert, sondern bestimmte Risiken im persönlichen Bereich des Leistungs-Empfängers.
Welche gedanklichen Konsequenzen die Behandlung der Verschaffung des Versicherungsschutzes als unselbständige Nebenleistung zur Lieferung eines Gebrauchtwagens auf die Besteuerung von später erbrachten Reparatur-Leistungen haben könnte, braucht nicht erörtert zu werden. Dabei besteht ebenso wenig eine unmittelbare Abhängigkeit, wie sich die Würdigung als Nebenleistung auf die Art der Besteuerung der Hauptleistung Gebrauchtwagen-Lieferung auswirkt. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung angedeutet hat, innerhalb der Differenz-Besteuerung (§ 25a UStG) könne bei negativer Differenz eine Steuer nicht entstanden sein, sieht der Senat keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen. Falls damit geltend gemacht werden sollte, auch bei Einbeziehung von ?Car-Garantie?-Entgelten hätten sich negative Differenzen ergeben, so dass die USt zu hoch berechnet worden sei, wäre es Sache der Klägerin gewesen, die genauen Einzelheiten vorzutragen und zu belegen. Insbesondere ergeben sich weder aus dem ? ansonsten umfangreich ? Vortrag der Klägerin noch aus den vorliegenden Unterlagen, auch nicht aus dem Bericht über die Bp für den an die Streitjahre anschließenden Zeitraum, irgendwelche Anhaltspunkte darüber, inwieweit die Klägerin überhaupt die Differenz-Besteuerung angewendet hat und welche Ergebnisse dabei ggf. der Besteuerung zugrunde gelegt worden sind. Deshalb ist der den angefochtenen Bescheiden zugrunde gelegten Berechnung des Betriebsprüfers zu folgen, die von der Klägerin nicht im Einzelnen substantiiert beanstandet worden und in der Fehler nicht ersichtlich sind.
Aus Gründen des Vertrauensschutzes war das FA nicht gehindert, bei Festsetzung der USt die ?Car-Carantie?-Entgelte unter dem Gesichtspunkt der Nebenleistungen zu berücksichtigen. Das Schreiben des FM-BW vom 22. April 1991 ? S 7421/3 ? an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin bezieht sich nach seinem Wortlaut ausdrücklich nur auf die Vermittlung einer ?Garantieversicherung, aus der der Käufer als Versicherungsnehmer einen unmittelbaren Versicherungsanspruch hat, ?also auf eine hier nicht vorliegende Vertragsgestaltung. Wenn das FM-BW dem weiteren Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 3. Mai 1991 nicht widersprochen hat, kann daraus eine Selbstbindung der Steuerverwaltung für den vorliegenden Sachverhalt nicht abgeleitet werden.
Da die Klage hiernach keinen Erfolg haben konnte, hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung ?FGO-).
Die Revision war zuzulassen, da zumindest die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zur Frage der unselbständigen Nebenleistung durch Verschaffung von Versicherungsschutz eine Entscheidung des BFH erfordert; nachdem ein Finanzgericht gegenteilig entschieden hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO; vgl. rechtskräftiges Urteil des Finanzgerichts ? FG ? Nürnberg vom 30. März 1998 II 240/97, Entscheidungen der Finanzgerichte ? EFG - 1998 , 1292).