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12.06.2009 · IWW-Abrufnummer 091908

Finanzgericht München: Urteil vom 03.03.2009 – 8 K 3213/07

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


8 K 3213/07

In der Streitsache

...

hat der 8. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters ... am Finanzgericht

der Richterinnen am Finanzgericht ... sowie

der ehrenamtlichen Richter ...

auf Grund mündlicher Verhandlung vom 03. März 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I. Streitig ist die steuerliche Behandlung von Geschenkgutscheinen.

Bei der Klägerin, einer Aktiengesellschaft, fand im Jahr 2006 eine Lohnsteuer-Außenprüfung für den Zeitraum Januar 2002 bis Dezember 2005 statt. Dabei wurde unter anderem festgestellt, dass sie ihren Arbeitnehmern zu Geburtstagen Geschenkgutscheine der Firma H im Wert von 20,- EUR gegeben hatte. Den damit verbundenen geldwerten Vorteil hatte sie nicht lohnversteuert, da sie von einem unter der Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 Einkommensteuergesetz --EStG-- liegenden Sachbezug ausging.

Die Prüferin sah hierin jedoch eine Barlohnzuwendung. Für den Zeitraum Januar 2002 bis März 2003 sah sie aufgrund verwaltungsinterner Weisung der Landesfinanzbehörden (Lohnsteuer- Kartei zu § 8 EStG, Fach 1, Karte 2) von einer Versteuerung ab. Für den Zeitraum April 2003 bis Dezember 2005 hatte die Klägerin beantragt, den geldwerten Vorteil aus den Geschenkgutscheinen pauschal mit Nettosteuersätzen gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu versteuern. Dies ergab nach der insoweit unstreitigen Berechnung der Prüferin einen Nachforderungsbetrag von insgesamt EUR Lohnsteuer, EUR Solidaritätszuschlag und EUR Kirchenlohnsteuer.

Der Beklagte --das Finanzamt/FA-- folgte der Auffassung der Prüferin sowohl in diesem Punkt wie auch bei den übrigen, hier weiter nicht streitigen Feststellungen. Mit Bescheid vom 25. September 2006 setzte das FA einen Nachforderungsbetrag von insgesamt EUR fest. In diesem Betrag sind auch die Nachforderungsbeträge für die Versteuerung der Geschenkgutscheine enthalten. Die Klägerin hielt nur die Nachversteuerung der Geschenkgutscheine für nicht zutreffend. Der deswegen gegen den Nachversteuerungsbescheid eingelegte Einspruch hatte jedoch keinen Erfolg. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 03. August 2007 verwiesen.

Ihre hiergegen gerichtete Klage begründet die Klägerin im Wesentlichen wie folgt: Mit den Gutscheinen habe sie ihren Arbeitnehmern keinen Barlohn zugewendet, sondern Sachbezug i. S. des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG. Dieser sei, da der Wert des einzelnen Geschenkgutscheins die Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG nicht übersteige, steuerfrei. Sachbezug liege deshalb vor, weil ihre Arbeitnehmer den Gutschein nur beim Kauf eines Buches in der Buchhandlung H und nur dort einlösen könnten. Sie könnten sich weder den vollen Gutscheinbetrag noch bei Erwerb eines billigeren Buches den Differenzbetrag zum Wert des Gutscheins in bar auszahlen lassen. Die mit dem Gutschein verbundene Zuwendung könne somit nur beim Kauf einer Sache realisiert werden. Gerade dies belege, dass es sich bei den Gutscheinen letztlich um Sachbezug handele. Dass ihren Arbeitnehmern die Auswahl des Buches überlassen und der auf den Kaufpreis anzurechnende Betrag der Höhe nach begrenzt sei, würde keine andere Beurteilung rechtfertigen. Entscheidend sei, dass die Gutscheine nur beim Kauf einer Sache eingelöst werden könnten.

Die Angabe eines Höchstbetrages sei die einzig praktikable Möglichkeit. Der Buchhandel sei auskunftsgemäß nicht in der Lage, eine Vielzahl von individuellen Rahmenvereinbarungen mit Unternehmenskunden umzusetzen.

Sollte die Auffassung der Finanzverwaltung bzw. des FA zutreffen, wonach von Barlohn auszugehen sei, wenn ein Gutschein einen Höchstpreis ausweise, würde dies die vom Gesetzgeber beabsichtigte Begünstigung von Sachbezügen mit geringem Wert faktisch außer Kraft setzten. Da es aber wirtschaftlich gesehen keinen Unterschied mache, ob ein Arbeitnehmer sich selbst ein Buch kaufe und mit dem Gutschein bezahle oder ob ihm eines von seinem Arbeitgeber überreicht werde, würde die von der Verwaltung praktizierte Handhabung den Gleichheitsgrundsatz verletzen. Die Auffassung der Verwaltung sei daher verfassungswidrig. Hinzu komme, dass Gutscheine mit ausgewiesenem Höchstbetrag bis Ende März 2003 auch von der Finanzverwaltung als Sachbezug behandelt worden seien und die Änderung der Verwaltungsauffassung als willkürlich angesehen werden müsse, da sie weder auf eine Gesetzesänderung noch auf eine Änderung der Rechtsprechung zurückzuführen sei.

Wegen des Vortrags der Klägerin im Einzelnen wird auf ihre ausführliche Klagebegründung vom 10. März 2008 verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

die streitgegenständlichen Geschenkgutscheine als steuerfreien Sachbezug i. S. des § 8 Abs. 2 Sätze 1, 9 EStG zu behandeln und demzufolge den Nachforderungsbetrag lt. Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid vom 25. September 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung von 03. August 2007 um insgesamt EUR zu mindern,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt Klageabweisung.

Zur Begründung trägt das FA wie schon in der Einspruchsentscheidung vom 03. August 2007 vor, die Gutscheine seien, da sie nicht auf eine konkret bezeichnete Ware ausgestellt wurden, als Barlohn zu behandeln. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Arbeitnehmer den Gutschein nur in der Buchhandlung einlösen könnten, die ihn ausgestellt habe. Der Gutschein sei wie Bargeld beim Einkauf verwendbar. Die Änderung der Auffassung der Finanzverwaltung zur steuerlichen Behandlung von Geldgutscheinen sei hinreichend berücksichtigt worden. Die Prüferin habe von einer Nachversteuerung der bis März 2003 ausgegebenen Gutscheine abgesehen.

Auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 03. März 2009 wird verwiesen.

II. Die Klage ist nicht begründet.

Zum steuerpflichtigen Arbeitslohn nach § 19 Abs. 1 EStG gehören alle Einnahmen, die ein Arbeitnehmer als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen seiner Arbeitskraft erhält (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25.05.1992 VI R 85/90, BStBl II 1992, 655). Einnahmen in diesem Sinne sind alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen (§ 8 Abs. 1 EStG). Erhält ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber anlässlich seines Geburtstages einen Geschenkgutschein, rechnet daher der damit verbundene geldwerte Vorteil grundsätzlich zum steuerpflichtigen Arbeitslohn.

Dieser geldwerte Vorteil kann allerdings - ausnahmsweise - steuerfrei sein, wenn mit dem Geschenkgutschein letztlich eine Sache zugewendet wird und der Wert des Sachbezuges die Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG nicht übersteigt. Dies ist hier aber nicht der Fall. Der Beklagte hat die Hingabe der Geschenkgutscheine zu Recht als sog. Barlohn im Sinne des § 8 Abs. 1 EStG qualifiziert. Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt kein Sachbezug i. S. des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG vor.

§ 8 Abs. 1 EStG erfasst Einnahmen in Geld oder Geldeswert, § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG dagegen Einnahmen, die gerade nicht in Geld bestehen. Einnahmen, die unter § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG fallen, erfordern daher grundsätzlich erst noch eine Wertfindung, d.h. eine Umrechnung des Vorteils aus dem Sachbezug in den entsprechenden Geldbetrag. Dieser Umrechnung bedarf es aber dann nicht, wenn ein Gutschein hingegeben wird, der auf einen (Höchst-)Betrag lautet (vgl. Schmidt/Drenseck, Komm. zum EStG. 27. Aufl. 2008, § 8 Rz. 30; Bordewin/Brandt, Komm. zum EStG, § 8 Rz.9).

Dementsprechend ist ein Warengutschein, der bei einem Dritten einzulösen ist, nur dann als Sachbezug nach zu § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG behandeln, wenn er auf eine nach Art und Menge konkret bezeichnete Sache lautet; dem steht nicht entgegen, wenn der Warengutschein einen - wie auch immer formulierten - Höchstbetrag für die zu beziehende Ware ausweist (vgl. Schmidt/Drenseck, a.a.O., Rz. 31). Der Arbeitnehmer kann in einem solchen Fall nur die im Gutschein der Art und Menge nach bezeichnete Ware beziehen. Sofern sein Arbeitgeber den Vertrag nicht bereits abgeschlossen hat, wird der vom Arbeitnehmer noch abzuschließende Vertrag von den im Gutschein ausgewiesenen Daten (mit-)bestimmt; der Gutschein wird insoweit Inhalt des Vertrages. Der konkrete (Tages-)Wert der Ware kann oft auch erst nach deren Bezug festgestellt werden.

Anders verhält es sich hingegen, wenn ein Gutschein ohne konkrete Bezeichnung der zu beziehenden Ware lediglich einen Geldbetrag, der bei Einlösung des Gutscheins auf den Kaufpreis angerechnet wird, ausweist. Da der Arbeitnehmer einen solchen Gutschein, dessen "Wert" im Übrigen von vornherein feststeht, wie Bargeld zum Kauf eines von ihm erst noch zu bestimmenden Artikels verwenden kann, ist in einem solchen Fall von einer Barlohnzuwendung auszugehen (ebenso Beschluss des Niedersächsischen FG vom 12. April 2007 11 V 65/07, n.v., Urteil des FG Nürnberg vom 15. Januar 2004 IV 398/2002, n.v., Beschluss des FG München vom 26. November 2007 8 V 3556/07, EFG 2008, 368). Ein derartiger Bargeldgutschein ist ein Inhaberpapier gem. § 807 Bürgerliches Gesetzbuch --BGB--, das als Ersatzmittel für Geld dient (vgl. Palandt, Komm. zum BGB, 68. Aufl. 2009, § 807 Rn. 1). Er wird nicht Bestandteil des vom Inhaber abgeschlossenen Vertrages. Dieser ist in seiner Entscheidung, wie er den Gutschein einsetzen will, vielmehr weitgehend frei. Für ihn ist allein entscheidend, dass der im Gutschein ausgewiesene und von einem Dritten - in der Regel - bereits im Voraus bezahlte oder noch zu bezahlende Betrag auf den geschuldeten Kaufpreis angerechnet wird.

An dieser Beurteilung ändert sich nichts, wenn der Gutschein nur bei einem bestimmten Anbieter eingelöst werden kann und der Inhaber damit - will er seinen "Gutschein" einsetzen - zum Kauf einer Sache aus dessen Sortiment gezwungen ist. Auch in diesem Fall wird der Gutschein nicht Bestandteil des vom Inhaber noch abzuschließenden Vertrages. Er bleibt Ersatzmittel für Geld; es wird - wie oben dargelegt - lediglich der im Gutschein ausgewiesene Betrag auf den geschuldeten Kaufpreis angerechnet. Unabhängig davon erlaubt sich der Senat darauf hinzuweisen, dass man in den Buchhandlungen der Fa. H nicht nur Bücher kaufen kann.

Dem Einwand der Klägerin, die unterschiedliche Besteuerung von Barlohn und Sachbezug sei verfassungswidrig, folgt der Senat nicht. Die Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG ist nicht zu beanstanden. Sie dient der Steuervereinfachung und soll nur die Erfassung solcher Einnahmen erleichtern, deren zutreffende Einordnung und Bewertung in keinem vertretbaren Verhältnis zu ihrer steuerlichen Auswirkung stehen würde (vgl. BFH-Urteil vom 27. Oktober 2004 VI R 51/01, BStBl II 2005, 137). Sie hat hingegen nicht den Zweck, es dem Arbeitgeber zu ermöglichen, seinen Arbeitnehmern auf wie auch immer geartete Weise einen monatlichen Gegenwert von 50 DM (jetzt 44 EUR) steuerfrei zukommen zu lassen.

Dass die Finanzverwaltung "Bargeldgutscheine" - wie die hier streitgegenständlichen - bis März 2003 den Sachbezügen zugerechnet hatte, rechtfertigt jedenfalls keine andere Entscheidung für die Monate danach. Für die Zeit bis einschließlich März 2003 hat die Prüferin zu Recht aus Gründen des Vertrauensschutzes von der Nachversteuerung abgesehen.

Da die Anwendung der Pauschsteuersätze nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG zwischen den Beteiligten nicht weiter streitig ist, erübrigen sich hierzu weitere Ausführungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

RechtsgebietEStGVorschriftenEStG § 8 Abs. 2 EStG § 19 Abs. 1

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