Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

14.10.2009 · IWW-Abrufnummer 093369

Finanzgericht München: Urteil vom 02.07.2008 – 1 K 2599/07

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht München
1 K 2599/07

In der Streitsache

...

hat der 1. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung ... sowie der ehrenamtlichen Richter ... und

...

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 02. Juli 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. In Änderung der angefochtenen Verwaltungsakte werden die Hinterziehungszinsen zur Einkommensteuer 1997, 1998, 1999 herabgesetzt und die Berechnung dem Finanzamt nach folgender Maßgabe übertragen:

Der Betrag der hinterzogenen Steuer ist aus einer Bemessungsgrundlage (hinterzogene Beträge) von 17.005 DM für 1997, 16.446 DM für 1998 und 8.465 DM für 1999 bei sonst gleichbleibendem Berechnungsmodus (Steuerberechnung und Zinslauf) zu berechnen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und der Beklagte je zur Hälfte.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Gründe:

I. Streitig ist, ob der Kläger Hinterziehungszinsen schuldet.

Der Kläger wird vom Beklagten - dem Finanzamt (FA) - für die Streitjahre 1997 bis 1999 zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt.

Ermittlungen der Steuerfahndung und der Bußgeld- und Strafsachenstelle (Bustra) bei der Abank in München hatten ergeben, dass der Kläger folgende Überweisungen auf ein Konto bei der A-bank Luxemburg veranlasst hatte:

Datum Betrag (DM)
23.11.1992 170.000
03.12.1992 100.000
15.12.1992 160.000
07.04.1993 70.000 (Scheck)

Die daraufhin durchgeführte Außenprüfung führte zu erheblichen Mehrsteuern aus verschiedenen Gründen, darunter im Wesentlichen folgende:

Der Prüfer ging mangels entsprechender Aufklärung des Verbleibs durch den Kläger hinsichtlich der nach Luxemburg überwiesenen Beträge und zusätzlich hinsichtlich eines Betrages von 320.000 DM, den der Kläger am 6. Februar 1995 bar von seinem Bankkonto abgehoben hatte, von einer verzinslichen Anlage dieser Beträge aus und schätzte entsprechende Kapitalerträge hinzu, nämlich - nach Minderung durch tatsächliche Verständigung -:

Jahr Zinseinnahmen (DM)
1997 26.762
1998 21.551
1999 21.089

Darüber hinaus deckten Bankermittlungen des Prüfers bei inländischen Banken bislang nicht erklärte Zinseinnahmen auf, nach dem Prüfungsbericht in Höhe von 7.786 DM (1997), 5.888 DM (1998) und 7.808 DM (1999). In diesen Jahren hatte der Kläger Zinseinnahmen erklärt in Höhe von 7.582 DM (1997), 19.570 DM (1998) und 15.983 DM (1999).

Im Jahr 1997 waren Betriebseinnahmen in Höhe von rd. 31.000 DM nicht erklärt worden.

Die bislang im Rahmen einer beruflich veranlassten Führung eines doppelten Haushalts zum Abzug gebrachten Aufwendungen für eine Zweitwohnung in Hamburg erkannte der Prüfer nicht an, weil der Kläger diese zusammen mit seiner damaligen Lebensgefährtin Y bewohnte (Jahre 1997 und 1999).

Da im Rahmen der Außenprüfung keine Nachweise für die betrieblichen Veranlassungen von Zahlungen an die Lebensgefährtin vorgelegt wurden, beurteilte der Prüfer diese vormals als Betriebsausgaben erklärten Zahlungen als privat veranlasst. In einem Fall bestätigte die Lebensgefährtin gegenüber dem FA Hamburg den Erhalt einer Zahlung als Geschenk.

Von den bislang zu 50% als betrieblicher Mietaufwand erklärten Aufwendungen für eine Wohnung in München erkannte der Prüfer nur mehr ein Zimmer (15 qm) als Arbeitszimmer an und verringerte die Betriebsausgaben entsprechend.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Betriebsprüfungsberichte vom 24. Februar 2003 und vom 22. November 2004 verwiesen.

Gegen die entsprechenden Änderungsbescheide vom 15. Mai 2006 legte der Kläger Einsprüche ein. Im April/Mai 2006 einigten sich die Beteiligten über die wesentlichen Streitpunkte, woraufhin der Kläger bereits anhängige Klagen in dieser Sache beim Finanzgericht München zurücknahm. In der Folgezeit wurde streitig, ob die tatsächliche Verständigung wirksam geworden oder zu ändern sei. Diese Frage ist Gegenstand des Rechtsstreits vor dem Finanzgericht München unter dem Az. 1 K 2598/07.

Das eingeleitete Steuerstrafverfahren endete mit einer Einstellung nach § 153a Strafprozessordnung durch das Amtsgericht München gegen Zahlung einer Auflage von 2.500 EUR (Beschluss vom 19. September 2006 - Az. 301 Js xxxxx/06). In der Folge setzte das FA mit Bescheid vom 4. Oktober 2006 Hinterziehungszinsen wegen Hinterziehung von ESt 1997 bis 1999 fest. In seiner diesbezüglichen Einspruchsentscheidung (EE) vom 22. Juni 2007 setzte es die zunächst festgesetzten Zinsen herab auf die nunmehr mit der Klage angefochtenen, streitigen Beträge. Bei der Berechnung der hinterzogenen Steuerbeträge ging es von Steuerhinterziehung hinsichtlich folgender Sachverhalte aus (Beträge in DM):

1997 1998 1999
- Hälftige Miete der gemeinsam mit der Lebensgefährtin bewohnten Wohnung 12.000 12.000
- abzüglich in tats. Verständigung zuerkannter Verpflegungsmehraufwand bei doppelter Haushaltsführung -4.140
- Geburtstagszuwendung Lebensgefährtin 5.000
- nicht nachgewiesene "Betriebsausgaben" an Lebensgefährtin 7.000 25.400 3.150
- bislang nicht erklärte inländische Zinseinnahmen 7.786 5.888 7.806
- ergibt hinterzogene Beträge (Bemessungsgrundlage) 27.646 31.288 22.956

Die Hinterziehungszinsen setzte es in der EE auf 210,25 DM (ESt 1997), 310,50 DM (ESt 1998) und 363,00 DM (ESt 1999) fest. Wegen der Einzelheiten wird auf die EE verwiesen.

Mit seiner Klageschrift vom 23. Juli 2007 setzt sich der Kläger gegen die Festsetzung von Hinterziehungszinsen zur Wehr.

Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, hinsichtlich der einbezogenen Beträge liege keine Steuerhinterziehung vor. Über die Umstände der Wohnung in Hamburg und die Honorarzahlungen an die Lebensgefährtin sei das FA (Beamter X) vollständig informiert gewesen. Auch die angesetzten inländischen Zinseinnahmen seien vom Prüfer lediglich geschätzt worden. Belege hierzu lägen nicht vor. Die Zahlungen an die Lebensgefährtin seien für diverse Arbeiten derselben gezahlt worden, weshalb der Kläger in gutem Glauben gewesen sei, dass dieser Aufwand als Betriebsausgaben geltend gemacht werden könne.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid über Hinterziehungszinsen wegen Hinterziehung von ESt 1997, ESt 1998 und ESt 1999 vom 4. Oktober 2006 in Gestalt der EE vom 22. Juni 2007 aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Klage mit der Maßgabe, dass bei gleichbleibendem Berechnungsmodus hinsichtlich Steuerberechnung und Hinterziehungszeitraum von hinterzogenen Beträgen in 1997 von 17.005 DM, in 1998 von 16.446 DM und in 1999 von 14.698 DM auszugehen ist, abzuweisen.

Es bezieht sich im Wesentlichen auf die EE, auf die wegen der dortigen Rechtsausführungen im Einzelnen verwiesen wird.

Aus den im Klageverfahren vom FA vorgelegten Unterlagen geht hervor, dass der Kläger im Jahr 1997 Beträge von insgesamt 23.500 DM als Reisekosten gewinnmindernd gebucht hatte, im Jahr 1998 27.100 DM und im Jahr 1999 16.930 DM, die Aufwendungen für die Hamburger Wohnung betreffen, die er zusammen mit seiner Lebensgefährtin genutzt hat. Darüber hinaus konnte das Gericht anhand der vom FA vorgelegten Prüferunterlagen die Ermittlung der nicht erklärten inländischen Zinseinnahmen in folgenden Teilbeträgen anhand von Bankauskünften nachvollziehen: 6.635 DM (im Jahr 1997) und 2.896 DM (im Jahr 1998).

Hinsichtlich eines Teils bislang vom FA als hinterzogen beurteilter Beträge hat dieses im Hinblick auf Beweisführungsschwierigkeiten in der mündlichen Verhandlung seinen Antrag dahingehend eingeschränkt, dass diese Beträge nicht mehr in die Hinterziehungszinsberechnung einbezogen werden sollen. Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 2. Juli 2008, zu der für den Kläger unentschuldigt niemand erschienen ist, wird verwiesen.

II. Die Klage ist teilweise begründet.

Gem. § 235 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) sind hinterzogene Steuern zu verzinsen. Der Zinslauf beginnt mit dem Eintritt der Verkürzung oder der Erlangung des Steuervorteils, es sei denn, dass die hinterzogenen Beträge ohne die Steuerhinterziehung erst später fällig geworden wären. In diesem Fall ist der spätere Zeitpunkt maßgebend (§ 235 Abs. 2 AO). Gem. § 235 Abs. 3 Satz 1 AO endet der Zinslauf mit der Zahlung der hinterzogenen Steuern. Der Sinn und Zweck der Erhebung von Hinterziehungszinsen besteht darin, den steuerlichen Vorteil, den der Steuerpflichtige durch die Hinterziehung erlangt hat, abzuschöpfen (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 12. Oktober 1993 VII R 44/93, BStBl II 1994, 438).

Maßgebend sind die zur Überzeugung des Gerichts als hinterzogen feststehenden hinterzogenen Steuern. Im Streitfall ist dem - insoweit die Feststellungslast tragenden - FA nicht hinsichtlich aller von ihm angesetzter Beträge der Nachweis gelungen, dass diese vorsätzlich hinterzogen wurden. Teilweise ist auch die Ermittlung des Prüfers im Einzelnen nicht mehr für das Gericht nachvollziehbar. Derartige Zweifel müssen im Gerichtsverfahren zu Gunsten des Klägers ausschlagen.

1. Der Senat ist zur Überzeugung gelangt, dass der Kläger wissentlich und willentlich Steuern insoweit hinterzogen hat, als er die gesamten im Zusammenhang mit der Wohnung in Hamburg stehenden Aufwendungen steuermindernd als Reisekosten in seine Gewinnermittlung eingestellt hat und in seinen Steuererklärungen entsprechend zu niedrige Einkünfte erklärt hat. Allerdings geht der Senat zu Gunsten des Klägers davon aus, dass lediglich hinsichtlich der Hälfte der Aufwendungen ein Hinterziehungsvorsatz bestand. Dem Kläger ist nämlich zu Gute zu halten, dass er möglicherweise nach Laiensicht davon ausging, dass das Unterhalten der Wohnung am Ort seines Auftraggebers betriebliche Gründe hatte und er daher berechtigt wäre, diese als Reisekosten oder unter dem Gesichtpunkt der Führung eines doppelten Haushalts abzuziehen. Solch eine vorsatzausschließende Sicht erscheint dem Senat jedoch ausgeschlossen, soweit der hälftige Anteil der Aufwendungen betroffen ist, der die Mitnutzung durch die Lebensgefährtin betraf. Insoweit ist zur Überzeugung des Senats ausgeschlossen, dass der Kläger sich in einem Irrtum über die steuerliche Abzugsfähigkeit befunden haben könnte. Dass nämlich Aufwand für die Mitnutzung einer Wohnung durch andere bei der eigenen Steuer nicht mindernd berücksichtigungsfähig ist, erschließt sich auch einem steuerlichen Laien sofort.

Hinsichtlich des Jahres 1997 kommt dem Kläger außerdem bei der Berechnung des hinterzogenen Steuerbetrags zu Gute, dass er bei Vorliegen eines doppelten Haushalts für 3 Monate den Verpflegungsmehraufwand nach Pauschalen gewinnmindernd hätte geltend machen können, so dass auch insoweit möglicherweise kein Vorsatz vorlag. Schon das FA hatte in seiner Zinsberechnung die hinterzogenen Beträge um einen Betrag von 4.140 DM gekürzt. Nach Auffassung des Gerichts kommt ein Tatbestandsirrtum allerdings nur insoweit in Betracht, als der Kläger sich im Jahr 1997 überhaupt noch in den ersten drei Monaten einer möglichen doppelten Haushaltsführung befand. Da das Mietverhältnis ausweislich des Urteils des Amtsgerichts Hamburg vom 2. März 2001 jedoch am 1. November 1996 bereits begonnen hatte, kommt ein Irrtum allenfalls über die Berechtigung einer Verpflegungspauschale für den Januar 1997 in Betracht. Mithin ist zu Gunsten des Klägers lediglich ein Betrag von 1.380 DM von der Bemessungsgrundlage der hinterzogenen Beträge abzuziehen. Das Kompensationsverbot des § 370 Abs. 4 Satz 3 AO findet insoweit keine Anwendung (vgl. FG München, Urteil vom 28. Juni 2000 1 K 137/99, EFG 2000, 1169; FG Köln, Urteil vom 25. Mai 1988 6 K 289/83, wistra 1988, 316; BFH-Urteil vom 26. Februar 2008 VIII R 1/07, [...]; offen gelassen in BFH-Urteil in BStBl II 1994, 438; zur Haftung: BFH-Urteil vom 13. Juli 1994 I R 112/93, BStBl II 1995, 198).

2. Zur Überzeugung des Senats steht weiter fest, dass der Kläger wesentliche Teile der in den Jahren 1997 und 1998 erzielten inländische Zinseinkünfte mit Hinterziehungsvorsatz dem FA verschwiegen hat. Allerdings ließ sich die Berechnung des Prüfers nicht in allen Punkten nachvollziehen, so dass der Senat aufgrund der beim FA liegenden Feststellungslast lediglich diejenigen Zinserträge in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Hinterziehungszinsen eingestellt hat, hinsichtlich derer im Rahmen des Klageantrags die Ermittlung des Prüfers anhand der vorliegenden Bankauskünfte nachvollzogen werden konnte. Hinsichtlich eines "Rechenfehlers" bei der Erklärung für 1998 ging der Senat zu Gunsten des Klägers lediglich von leichtfertigem Handeln aus und berücksichtigte diesen Betrag ebenfalls nicht in der Bemessungsgrundlage für die Hinterziehungszinsen.

Damit ist insoweit im Jahr 1997 - wie vom FA beantragt - ein Betrag in Höhe von 6.635 DM und im Jahr 1998 ein Betrag von 2.896 DM als vorsätzlich verschwiegen der Berechnung der hinterzogenen Steuer zu Grunde zu legen. Hinsichtlich dieser Beträge ist der Senat von einem Hinterziehungsvorsatz mindestens in der Form des "dolus eventualis" überzeugt. Zwar hat der Kläger einen Teil seiner inländischen Kapitalerträge gegenüber dem FA erklärt. Die nunmehr vom Gericht festgestellten verschwiegenen Beträge sind jedoch nach Höhe und im Verhältnis zu den erklärten Erträgen nicht unwesentlich. Im Jahr 1997 etwa hat der Kläger gerade einmal etwas mehr als die Hälfte seiner inländischen Kapitaleinkünfte erklärt. Dies musste ihm bei der Steuererklärung auffallen. Es erscheint dem Senat daher als ausgeschlossen, dass das Verschweigen auf bloßer Fahrlässigkeit bzw. Leichtfertigkeit beruht, zumal der Kläger - wie aus der Vielzahl von Geldanlagen ersichtlich - sich intensiv der Geldanlage und damit verbundenen Renditeerwägungen widmete.

3. Hinsichtlich der vom FA bislang bei der Berechnung der Hinterziehungszinsen einbezogenen "nicht nachgewiesenen Betriebsausgaben an die Lebensgefährtin" konnte das FA den Nachweis einer vorsätzlichen Hinterziehung nicht führen. Es hat in der mündlichen Verhandlung daher seinen Antrag entsprechend angepasst.

4. Zusammengefasst errechnen sich die hinterzogenen Steuern nach dem Vorstehenden aus folgenden Beträgen:

1997 1998 1999
+ Hälftige Aufwendungen für die Hamburger Wohnung 11.750 13.550 8.465
- abzüglich ein Monat Verpflegungspauschale - 1.380
+ nicht erklärte inländische Zinseinnahmen 6.635 2.896
= ergibt hinterzogene Beträge (Bemessungsgrundlage) 17.005 16.446 8.465

5. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 136 Abs. 1 FGO.

Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.

RechtsgebietAOVorschriftenAO § 235 Abs. 1 S. 1 AO § 235 Abs. 2 AO § 235 Abs. 3 S. 1

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr