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05.05.2009 · IWW-Abrufnummer 091430

Landgericht Coburg: Urteil vom 27.03.2009 – 11 C 684/08 AG Coburg, 32 S 7/09 LG Coburg

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Amtsgericht Coburg

Verkündet am 29.01.2009
Geschäftsnummer: 11 C 684/08

IM NAMEN DES VOLKES

ENDURTEIL

In dem Rechtsstreit XXX

wegen Forderung

erkennt das Amtsgericht Coburg durch XXX aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18.12.2008 für Recht:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

TATBESTAND

Die Parteien streiten um Versicherungsleistungen.

Der Kläger buchte am 19.12.2006 bei der Firma XXX eine Busreise "9 Tage Sizilien" zum Preis von 1.278,-- Euro. Am 03.01.2007 schloss er bei der Beklagten eine Reiserücktrittsversicherung (Familienvertrag) mit einer Deckungssumme von 3.000,-- Euro ab.

In der Zeit vom 24.05. bis 29.05.2007 musste er sich einem stationären Amputationseingriff unterziehen, weil er an einer diabetischen Gangrän der vierten und fünften Zehe links litt. Nach der Operation erfolgten täglich Verbandswechsel durch einen ambulanten Pflegedienst. Am 24.09.2007 stornierte er die Reise wegen Wundheilungsstörungen.

Er forderte die Beklagte auf, an ihn Stornokosten von 1.150,20 Euro zu zahlen. Die Beklagte überwies lediglich 171,70 Euro mit der Begründung, der Kläger hätte bereits 30 Tage vor Beginn der Reise absagen müssen und dann nur 15 % Stornogebühren zahlen müssen.

Der Kläger behauptet, nach dem chirurgischen Eingriff am linken Fuß sei der Heilungsverlauf erwartungsgemäß zeitlich regulär fortgeschritten. Aufgrund der Äußerungen des Pflegedienstes habe er mit einer Heilung bis zum Reisebeginn rechnen können.

Der Kläger beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 958,50 Euro zuzüglich gesetzliche Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 07.11.2007 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 155,30 Euro zu bezahlen zuzüglich gesetzlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Reisestornierung beruhe nicht auf einer "unerwarteten schweren Erkrankung" (§ 7 Nr. 1 ihrer Versicherungsbedingungen). Mindestens seit 27.04.07 habe der Kläger Kenntnis gehabt von seinem Leiden. Wegen der auftretenden Wundheilungsstörungen sei von Anfang an fraglich gewesen, ob er die Reise werde antreten können. Spätestens 30 Tage vor dem 01.10.2007 hätte er Anlass gehabt, wegen des bisherigen schlechten Heilungsverlaufs die Reise zu stornieren (§ 14 Ziffer 1 der Versicherungsbedingungen).

Wegen des Parteivortrags im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugin XXX. Es lagen Arztatteste vor.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet, §§ 1 ff., 14 Nr. 1 in Verbindung mit 6 Absatz 3 VVG a.F.

Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass bereits im August 2007 der Heilungsverlauf stagnierte, so dass eine Nachoperation stattfinden musste. Spätestens zu diesen Zeitpunkt hätte der Kläger den behandelnden Arzt - und nicht nur die Pflegerinnen - fragen müssen, ob er die Reise nach Sizilien am 01.10.2007 werden antreten können. Angesichts der Tatsache, dass er seit der Operation im Mai 2007 täglich von einer Pflegekraft verbunden werden musste, hätten sich dem Kläger ab August 2007 wegen der Nachoperation Zweifel an der Durchführung der Busreise aufdrängen müssen. Er war ab Mai 2007 reiseunfähig; ab August 2007 musste er damit rechnen, nicht mehr rechtzeitig gesund zu werden. Aus dem Bericht seines Hausarztes vom 01.10.07 geht hervor, dass er erstmals am 24.09.2007 ärztlichen Rat zu dieser Frage einholte.

Das Gericht wertet die Reisestornierung per 24.09.2007 als Verstoß gegen § 14 Nr. 1 (unverzügliche Stornierung nach Eintritt des Versicherungsfalls) der Versicherungsbedingungen als grob fahrlässig. Angesichts der bereits zurückliegenden Heilungsschwierigkeiten musste sich dem Kläger seit August aufdrängen, dass er den Beschwernissen einer Busreise ohne Versorgung durch Pflegepersonal nicht gewachsen sein werde.

Der im Rechtsstreit unterlegene Kläger hat die Kosten zu tragen, § 91 Absatz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Landgericht Coburg

32 S 7/09
11 C 684/08 AG Coburg

Anlage zur beabsichtigten Zurückweisung der Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO

in dem Rechtsstreit XXX

wegen Forderung

Bei vorläufiger Bewertung der Sach- und Rechtslage hat das Rechtsmittel des Klägers keine Aussicht auf Erfolg.

Das Erstgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Beklagte aufgrund einer Obliegenheitsverletzung des Klägers von ihrer Leistungspflicht gemäß §§ 1 ff.,. 6 Abs.. 3 VVG a. F . i.V.m. § 14 Nr. 1 der Versicherungsbedingungen frei wurde.

Hat der Versicherungsnehmer den objektiven Tatbestand einer Obliegenheitsverletzung erfüllt, so ist der Versicherer grundsätzlich leistungsfrei und seine Leistungsfreiheit scheidet nur dann aus, wenn das Verschulden des Versicherungsnehmers geringer war als Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit (§ 6 Abs. 3 Satz 1 VVG a.F.). Es besteht eine gesetzliche Vermutung für die grobe Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers. Dem Kläger ist der Nachweis dafür, dass ihn ein geringeres Verschulden als grobe Fahrlässigkeit trifft, im vorliegenden Fall nicht gelungen. Nach der Operation mit stationärem Aufenthalt vom 24. bis 29.05.2007 war der Kläger reiseunfähig. Damit war der Versicherungsfall (§ 7 Nr. 1 der Versicherungsbedingungen) bereits im Mai .eingetreten. Selbst wenn der Kläger zunächst darauf hoffen durfte, bis zum geplanten Reiseantritt am 01.10.2007 zu genesen, hätte sich ihm im Anschluss an die Nachoperation Anfang August 2007 aufdrängen müssen, dass eine Durchführung der Reise aufgrund seines Gesundheitszustandes gefährdet ist. Angesichts der Komplikation bereits im August 2007 durfte sich der Kläger nicht auf seine Hoffnung verlassen, dass bis zum Reiseantritt die Wunde soweit geheilt ist, dass ihn seine Ehefrau würde verbinden können. Die Zeugin XXX hat ausgesagt, dass nur bei optimalem Heilungsverlauf, wie er beim Kläger nur zeitweilig aufgetreten ist, eine Durchführung der Reise bei täglichem Verbandswechsel durch die Ehefrau möglich gewesen wäre. Damit hätte der Kläger bereits nach Eintritt der Komplikation Anfang August 2007 die naheliegende Überlegung anstellen müssen, dass er nicht auf einen optimalen Heilungsverlauf vertrauen durfte und zu einer unverzüglichen Stornierung verpflichtet gewesen wäre. Der Kläger durfte sich auch nicht auf die optimistischen Einschätzungen der Zeugin XXX verlassen, da bereits im August 2007 eine Komplikation eingetreten war. Daher musste der Kläger mit weiteren Komplikationen, wie sie sich in der Schwellung des Fusses im September 2007 verwirklichten, bereits im August 2007 rechnen. Die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens durch das Erstgericht war nicht erforderlich, da sich bereits im Rahmen der durchgeführten Beweisaufnahme ergeben hat, dass der Kläger naheliegende Überlegungen im August 2007 nicht angestellt hat. Dem Kläger ist der Nachweis dafür, dass ihn ein geringeres Verschulden als grobe Fahrlässigkeit trifft, nicht gelungen.

Die Berufung wird daher voraussichtlich zurückzuweisen sein.

RechtsgebieteZwangsvollstreckung, Versicherungsrecht

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