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07.04.2009 · IWW-Abrufnummer 091167

Amtsgericht Hamburg: Urteil vom 16.01.2009 – 51a C 202/08

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

Der Kläger hat keinen weiteren Schadensersatzanspruch aus dem Verkehrsunfall vom 7.3.2008 aus den §§ 7, 17 StVG, 823 BGB, 115 Abs. 1, S. 1 Nr. 1 VVG in Verbindung mit § 6 des Gesetzes über die Haftpflichtversicherung ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger. Der beklagte Verein, der nach Maßgabe des vorgenannten Gesetzes zum Unfallzeitpunkt die Pflichten eines Haftpflichtversicherers in der Bundesrepublik Deutschland übernommen hatte, bzw. der Korrespondenzversicherer hat die Forderung des Klägers vollständig erfüllt.

Zu Unrecht berühmt sich der Kläger eines weiteren Anspruchs auf Zahlung von Mietwagenkosten. Dazu hat der Kläger eine Rechnung der Firma vorgelegt, die für die 12-tägige Anmietung eines Fahrzeugs der Mietwagengruppe 8 einen Gesamtbetrag in Höhe von 1.704,87 € netto in Rechnung stellt. Hinzukommen die Kosten einer winterfähigen Bereifung in Höhe von insgesamt 155,16 € netto, die Kosten der Abholung und der Zustellung in Höhe von jeweils 26,89 € netto sowie die Mehrwertsteuer auf die Gesamtsumme in Höhe von 363,62 €. Auf den sich daraus ergebenden Gesamtbetrag in Höhe von 2.277,43 € brutto für die 12-tägige Anmietung des vorgenannten Fahrzeugs hat der Korrespondenzversicherer vorgerichtlich bereits 2.082,49 € gezahlt, wobei die Kosten für die Ausstattung des Fahrzeugs mit Winterreifen sowie die Mehrwertsteuer für die Abholung und Zustellung des Fahrzeugs von der Erstattung ausgenommen worden sind. Der damit geleistete Ausgleich erfüllt die Forderung des Klägers bei weitem.

Zu Unrecht beruft sich der Kläger zunächst darauf, dass der Korrespondenzversicherer die gesamten Mietwagenkosten mit Ausnahme der Kosten der Winterreifen und der Zustellkosten vorgerichtlich bereits rechtsverbindlich anerkannt habe. In der Abrechnung ist kein Anerkenntnis im Rechtssinne zu sehen, das der Geltendmachung von Einwendungen im Prozess entgegensteht. Hinsichtlich der Kosten der Zustellung und Abholung des Mietwagens folgte dies bereits daraus, dass das entsprechende Schreiben vom 5.6.2008 den Zusatz aufweist, dass die Zahlung allein im Erledigungsinteresse und ohne die Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgt. Nichts anderes gilt aber auch für das Schreiben vom 14.5.2008, mit dem die Mietwagenkosten abgerechnet werden. Die Zahlung erfolgt erkennbar in der Erwartung der Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung und bindet den Beklagten in einer solchen Auseinandersetzung nicht.

Das Gericht geht entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht davon aus, dass die einzelnen Positionen in der Rechnung der Firma vom 31.3.2008 als gesonderte Forderungen und nicht bloß als unselbstständige Rechnungsposten zu betrachten sind. Vielmehr handelt es sich – wie bereits die Rechnung selbst ausweist – um eine Gesamtrechnung. Hinsichtlich der Mietwagenkosten kommt es folgt darauf an, ob diese insgesamt als erforderlicher Herstellungsaufwand im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB anzusehen sind. Dabei ist der erforderliche Herstellungsaufwand objektiv zu bestimmen und vom Gericht erforderlichenfalls im Wege einer Schätzung gemäß § 287 ZPO zu ermitteln. Das Gericht legt dieser Schätzung in Abkehr von seiner bisherigen ständigen Rechtsprechung nicht die Listen der Firma , sondern vielmehr den Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008 des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft- und Organisation zu Grunde. Die Schwackelisten sind zur Überzeugung des erkennenden Gerichts keine geeignete Schätzgrundlage, weil sie erhebliche Defizite in der Methodik der Datenerhebung aufweisen.

Ein erstes gravierendes Defizit ist die offene Art der Datenerhebung, die die Firma angewandt hat. Bei dieser Art der Datenerhebung, die brieflich erfolgt ist, war für die angeschriebenen Mietwagenunternehmen ohne weiteres erkennbar, dass es sich um eine Datensammlung zu dem Zweck handelt, unter anderem den Gerichten eine Schätzgrundlage für den durchschnittlichen Marktpreis bei Mietwagen zu liefern. Insofern bestand ein ganz erhebliches Interesse der angeschriebenen Mietwagenunternehmen, nicht möglichst günstige, sondern vielmehr überhöhte Tarife den eigenen Angaben zugrunde zu legen. Denn je höher die in der ausgewiesenen Tarife sind, umso höhere Tarife können gegenüber den Versicherungen abgerechnet werden. Ein weiteres erhebliches Defizit in der Art der Datenerhebung liegt darin, dass ausweislich des Editorials der 2008 bei 1100 Firmen die Preisinformationen von einer der verschiedenen Mietwagenorganisationen übernommen worden sind. Die Übernahme von Preisinformationen von einer Lobbyorganisation der Mietwagenanbieter begegnet erheblichen Bedenken, weil damit Manipulationsmöglichkeiten eröffnet werden.

Die Defizite wirken sich praktisch aus. Die nach den Schwacke-Listen zugrunde zu legenden Marktpreise liegen deutlich über den Selbstzahlertarifen, die nach dem mit Beispielen belegten Beklagtenvortrag von jedermann zu jeder Zeit gebucht werden können.

Diese vorgenannten Defizite vermeidet der Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008 des Fraunhofer Instituts. Dieser Marktpreisspiegel beruht auf einer verdeckten Form der Datenerhebung, bei der für die angeschriebenen und angefragten Autovermieter nicht erkennbar war, dass eine Datenerhebung zum Zweck der Ermittlung eines Marktpreises erfolgt. Eine solche Art der Datenerhebung garantiert ein objektives Abbild der tatsächlich am Markt zu zahlenden Preise. Einbezogen wurden auch besondere Internetangebote, was angesichts der weiten Verbreitung des Internets und der Marktüblichkeit einer Buchung über dieses Kommunikationsmedium geboten erscheint. Schließlich stellt die Fraunhofer-Studie im Hinblick auf das von ihr zugrunde gelegte Kriterienraster sicher, dass Ferieneinflüsse, Sondertarife und besondere Rabatte keine Berücksichtigung finden, sondern allein Preise, die tatsächlich von jedermann an jedem Tag gebucht werden können.

Angesichts dieser methodischen Vorzüge der Fraunhofer-Studie gegenüber den Listen der Firma macht das Gericht von dem ihm im Rahmen des § 287 ZPO eingeräumten Schätzungsermessen in der Weise Gebrauch, dass es von einem Rückgriff auf die absieht und statt dessen die Fraunhofer-Studie zugrunde legt (vgl. BGH, Urteil vom 14.10.2008 – VI ZR 308/07, juris, vgl. ebenso OLG Köln, Urteil vom 10.10.2008 – 6 U 115/08; Landgericht Hamburg, Urteil vom 31.10.2008 – 331 O 19/08).

Für die Anmietung eines Fahrzeugs der Gruppe 8 fallen nach der Fraunhofer-Studie im Postleitzahlengebiet 21 Kosten in Höhe von 996,25 € an. Das Gericht hat dabei eine Kombination aus Mehrtages- und Wochentarifen zugrunde gelegt. Der ermittelte Betrag schließt eine Vollkaskoversicherung sowie die gesetzliche Mehrwertsteuer ein. Selbst wenn man bei einer Fahrzeuganmietung infolge eines Verkehrsunfalls einen pauschalen Aufschlag für geboten erachtet und die Kosten der Abholung und Auslieferung des Fahrzeugs sowie die Kosten der Ausstattung mit Winterreifen für erstattungsfähig halten sollte, wäre der Kläger im vorliegenden Fall in einer ganz erheblichen Weise überentschädigt. Einen weiteren Anspruch auf Zahlung von Mietwagenkosten hat er offensichtlich nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

RechtsgebietMietwagenkostenVorschriften§ 287 ZPO

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