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06.04.2009 · IWW-Abrufnummer 091113

Landessozialgericht Schleswig-Holstein: Urteil vom 26.04.2006 – L 5 KR 22/05

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


L 5 KR 22/05

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 2. November 2004 und der Bescheid der Beklagten vom 22. Januar 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2002 insoweit aufgehoben, als die Beitragsforderung der Beklagten 19.054,90 Euro über- steigt. Die Klägerin trägt 3/4, die Beklagte 1/4 der Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 26.027,23 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt ist, für die bei der Klägerin während verschiedener Zeiträume innerhalb der Jahre 1996 bis 2000 beschäftigten beigeladenen Tennislehrer Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 50.904,84 DM (= 26.027,23 EUR) nachzufordern.

Die Klägerin betreibt eine Tennisschule. Sie schloss mit den Beigeladenen zu 1) bis 4) Verträge, in denen sich diese zum Tennistraining verpflichteten. Unter anderem enthielten diese Verträge hinsichtlich der Vertragsdauer übereinstimmend die Regelung, dass der Vertrag, der für einen festen Zeitraum geschlossen war, sich jeweils um ein Jahr verlängerte, sollte er nicht spätestens drei Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt werden. Hinsichtlich Art und Umfang der Tätigkeit war geregelt, dass der jeweilige Tennislehrer als "selbstständiger Tennistrainer" für die Tennisschule tätig sei, die jeweiligen Trainingszeiten sich aus den wöchentlich gemeinsam mit der Tennisschule aufzustellenden Stundenplänen ergebe und Ort und Tätigkeit überwiegend die Tennisanlage in Bad S -L sei. Neben der Erteilung von Tennisunterricht gehörten die Durchführung von Turnieren, Besaitungs-Service, Turnier-Service etc. zu den Tätigkeiten. Die einzelnen Aktionen seien gemeinsam abzustimmen. Vereinbart war ein "Grundstundenpotential" von jeweils unterschiedlicher Stundenzahl und eine feste Vergütung für alle Trainingsstunden pro Stunde. Zur Werbung war vereinbart, dass diese von der Tennisschule im Einvernehmen mit dem Trainer durchgeführt werde. Die Aufwendungen hierfür trage die Tennisschule. Trainingsmittel und Grundlagen würden von der Tennisschule gestellt. Eine Erstattung von nachgewiesenen Geschäftsunkosten erfolge nur, wenn vorher die Tennisschule eine entsprechende Zustimmung erteilt habe. Urlaubszeiten bzw. Abwesenheitszeiten seien gemeinsam abzustimmen. Während der Vertragsdauer war es den Beigeladenen mit Ausnahme des zu 4) beigeladenen S untersagt, für Konkurrenzunternehmen sowie im eigenen Namen tätig zu sein. Der Tennistrainer S hatte ein Vorkaufsrecht auf die Tennisschule sowie ein Vorkaufsrecht auf die Tennishalle. Sein Vertrag enthielt eine Provisionszusage für die Durchführung von Turnieren in Höhe von 200,00 DM den Abend, für den Verkauf der Schläger und Schuhe 10 v. H. vom Verkaufspreis und für das Bespannen der Schläger 15,00 DM. Auf Kosten für Schuhe, Schläger und Verzehr wurde ihm in dem Vertrag ein Kostenbeitrag von 50 v. H. zugesagt. Mit dem Beigeladenen zu 2) (D ) hatte die Klägerin den Vertrag als "selbstständiger Tennistrainer" ab 1. August 1996 geschlossen. Davor hatte ab Oktober 1993 ein "Arbeitsvertrag" mit diesem bestanden.

Am 2. August 2000 führte die Beklagte eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch 4. Buch (SGB IV) über den hier streitigen Prüfungszeitraum durch. Dabei stellte die Beklagte fest, dass die zu 1) bis 4) beigeladenen Tennistrainer zwar als Selbstständige geführt würden, tatsächlich jedoch eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, für die Gesamtsozialversicherungsbeiträge zu entrichten seien, vorliege. Mit Bescheid vom 22. Januar 2001 forderte sie daraufhin Beiträge in Höhe von 50.904,84 DM nach. Die Zusammensetzung dieser Beiträge, insbesondere die Aufteilung auf die Beigeladenen, ergibt sich aus der Anlage zu dem Bescheid. Zur Begründung führte die Beklagte in dem Bescheid aus, die Beigeladenen hätten über keine eigenen Betriebsmittel verfügt und kein eigenes Kapital mit der Gefahr des Verlustes investieren müssen. Sie hätten, wie es für Arbeitnehmer typisch sei, allein ihre Arbeitskraft eingesetzt. Die Klägerin habe ihr Weisungsrecht tatsächlich ausgeübt.

Gegen den Bescheid legte die Klägerin mit der Begründung Widerspruch ein, die Beigeladenen zu 1) bis 4) seien US- bzw. englische (zu 1) Staatsbürger und hätten keine ausdrückliche Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Nach geltendem Recht sei für den Aufenthalt und eine unselbstständige Beschäftigung grundsätzlich eine Aufenthaltserlaubnis des zuständigen Kreises erforderlich. Die Aufnahme einer nichtselbstständigen Erwerbstätigkeit sei ausdrücklich nur mit Genehmigung des Arbeitsamtes zulässig. Ohne die erforderliche Genehmigung dürfe eine nichtselbstständige Tätigkeit nicht ausgeübt werden. Und auf Grund der damals bestehenden Situation auf dem Arbeitsmarkt seien grundsätzlich Arbeitserlaubnisse nicht erteilt worden. Die zuständige Ausländerbehörde habe mit Ausnahmegenehmigung die selbstständige freiberufliche Tätigkeit als Tennislehrer gestattet. Der einzelne Tennislehrer sei grundsätzlich darauf angewiesen, eine eigene Vorsorge für Krankheit, Alter etc. zu treffen. Irgendwelche Auffassungen des Prüfdienstes, die nachträglich getroffen würden, könnten in keiner Weise zum Nachteil der Beteiligten herangezogen werden. Zudem seien die Feststellungen der Beklagten unzutreffend. Der jeweils abgeschlossene Vertrag regele bestimmte Grundlagen, die notwendig seien, um eine gegenseitige Basis für die Vertragspartner zu finden. Dass Stunden- und Trainingsplan wöchentlich abzustimmen seien, sei selbstverständlich. Das tue auch jeder Dienstleistende. Die Beschreibung einer Tätigkeit diene ebenso beiden Parteien, Rechtssicherheit über die Art der vereinbarten Tätigkeit zu finden. Die Durchführung der Werbung durch die Tennisschule gebe wiederum dem Tennislehrer die Rechtssicherheit, kalkulatorisch nicht mit weiteren Kosten belastet zu werden. Die Gestellung von Trainingsmitteln sei ein weiterer Faktor zur Festlegung der Kosten für beide Parteien. Außerdem wäre bei Verwendung eigener Bälle der Tennislehrer keine Kontrolle mehr über das Eigentum an den Bällen gewährleistet. Das Wettbewerbsverbot diene dazu, dass das vorhandene Unternehmenskonzept und die Verbindung der Klägerin nicht ohne Weiteres an Konkurrenzunternehmen - Hallenbetreibern in unmittelbarer Nähe - durch den selbstständigen Trainer weitergegeben werden könne. Jede weitere Tätigkeit, wie z. B. die des Beigeladenen zu 4) S für Vereine und andere Betreiber, sei mit Zustimmung der Klägerin erfolgt. Das Unternehmerrisiko verbleibe in allen Fällen beim Tennislehrer, da er eigene Büroräume, eigene EDV, eigenes Kfz und Trainingsmittel vorhalten müsse. Außerdem hätten weder die Klägerin noch die Beigeladenen zu 1) bis 4) Kenntnis von einer etwaigen Sozialversicherungspflicht gehabt. Aus diesem Grund hätten die Tennistrainer auch privat Vorsorge für das Alter und Invalidität getroffen. Eine Unterwerfung unter die Sozialversicherungspflicht trotz eigener privater Vorsorge sei unverhältnismäßig und greife in das Grundrecht auf freie wirtschaftliche Betätigung ein. Außerdem habe zu keinem Zeitpunkt ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis bestanden. Aus der Vereinbarung eines festen Grundstundenpotentials ergebe sich kein monatlicher Grundlohn. Vielmehr sei es durchaus üblich, in Trainingsverhältnissen eine bestimmte Stundenzahl zu vereinbaren.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Die Klägerin hat am 25. April 2002 beim Sozialgericht Lübeck Klage erhoben und zur Begründung ergänzend vorgetragen: Sämtliche gleichlautenden Verträge mit den Tennislehrern seien von dem Steuerberater erstellt worden. Tennistrainer seien immer selbstständig tätig, angestellte Trainer gebe es bei den Landesverbänden. Manche Großvereine hätten für die Jugendarbeit stundenweise Trainer eingestellt. Von den Arbeitsmitteln seien lediglich Bälle und der Platz durch die Klägerin gestellt worden. Tennisschläger, Tennisdress und Schuhe hätten die Trainer selbst stellen müssen. In dem streitgegenständlichen Zeitraum seien die Trainer auch für andere Vereine tätig gewesen. Die Trainingsstunden seien der Klägerin durch die Trainer in Rechnung gestellt worden. Die Gebühren für die Trainerstunden habe die Klägerin von den Schülern vereinnahmt. Dabei seien die Stunden en bloc verkauft worden. Wer zehn Stunden gekauft habe, habe elf erhalten. Die Schüler seien überwiegend durch die Klägerin akquiriert worden, aber auch durch die Tennislehrer selbst. Die Tennislehrer hätten jeweils ihr Gewerbe angemeldet. Werbung sei nicht für die Tennislehrer betrieben worden, sondern lediglich für die Vermietung der Plätze. Den Tennislehrern seien jeweils nur die Stunden bezahlt worden, die diese auch geleistet hätten. Hinsichtlich ihrer Zeiteinteilung seien die Tennislehrer frei gewesen. Soweit die Verträge abweichende andere Regelungen enthalten hätten, seien diese nicht angewendet worden. Von den in § 7 Abs. 4 SGB IV 1999 enthaltenen fünf Vermutungskriterien sei durch die Trainer lediglich das erste Kriterium erfüllt gewesen.

Die Beklagte hat vorgetragen: Für die Bestimmung, ob eine abhängige Beschäftigung vorliege, sei die Bezeichnung der Tätigkeit unerheblich. Unerheblich sei auch, ob die Mehrwertsteuer abgeführt worden sei. Bei ausländischen Staatsbürgern sei für das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses eine Arbeitserlaubnis nicht notwendig. Versicherungspflicht in der Sozialversicherung trete vielmehr unabhängig von der Staatsbürgerschaft ein, wenn im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eine Beschäftigung ausgeübt werde. Es habe nach den vorliegenden Verträgen eine Weisungsgebundenheit hinsichtlich der Arbeitsdauer einschließlich der Abstimmung der Trainingszeiten und des Arbeitsortes bestanden. Ein unternehmerisches Risiko hätten die Tennislehrer nicht getragen. Die Vergütung sei erfolgsunabhängig gleichbleibend gewesen. Das Vorhalten von Tennisschläger, Schuhwerk und Sportbekleidung stelle kein erhebliches unternehmerisches Risiko im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) dar.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 2. November 2004 die Klage abgewiesen, zur Begründung auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen und ergänzend ausgeführt: Aufgrund der vertraglichen Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse ergebe sich eindeutig eine Eingliederung in einen fremden Betrieb. So seien für die zur Verfügung stehenden Tennisplätze stets nach Absprache Stundenpläne aufgestellt worden, an die sich die Trainer hätten halten müssen. Die notwendigen Betriebsmittel seien bis auf die persönliche Ausrüstung der Tennistrainer von der Klägerin gestellt worden. Darüber hinaus seien Urlaubs- und Abwesenheitszeiten mit der Klägerin abzustimmen gewesen. Die Akquisition einschließlich der Werbung habe allein bei der Klägerin gelegen. Bei der Art der Gestaltung dieser Verträge, die direkte Einflüsse auf den Betriebsablauf hätten, entspreche es nicht der Lebenserfahrung, wenn ein Unternehmer nicht auf die Einhaltung dieser Regelungen bestehe. Die von den Tennistrainern eingesetzten Ausrüstungsgegenstände rückten bei dieser Betrachtung in den Hintergrund.

Gegen das ihr am 2. Februar 2005 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, eingegangen beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht am 23. Februar 2005. Zur Begründung trägt sie ergänzend vor: Die Tennislehrer hätten keinen Anspruch auf Fortzahlung im Urlaubs- oder im Krankheitsfalle gehabt und seien nur dann honoriert worden, wenn sie gearbeitet hätten. Bei seiner Beurteilung habe das Sozialgericht außer Acht gelassen, weshalb die Verträge mit den Tennislehrern in dieser Form abgeschlossen worden seien. Bei ihnen habe es sich um Ausländer gehandelt, die nicht aus der EU stammten. Selbstständigen Tätigkeiten dürften diese in der Bundesrepublik nachgehen, ohne dass die Ausländerbehörde an die Erteilung der entsprechenden Aufenthaltserlaubnis große Anforderungen stelle. Im Bereich des Kreises Ostholstein habe die Ausländerbehörde zum damaligen Zeitpunkt für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit einen Vertrag, der ein Mindesteinkommen wahrscheinlich erscheinen lasse, gefordert. Um diese ausländerrechtliche Hürde nehmen zu können, sei ein schriftlicher Vertrag erforderlich gewesen. Dieser schriftliche Vertrag sei durch den Steuerberater in Absprache mit der Ausländerbehörde erstellt worden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 2. November 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 22. Januar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2002 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor: Dass die Weisungsbefugnisse der Klägerin gegenüber den Trainern insbesondere hinsichtlich der Arbeitsausführung stark eingeschränkt gewesen sei, sei ohne Bedeutung. Dazu habe das BSG in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass an die Stelle der Weisungsgebundenheit des Arbeitgebers die funktionsgerechte, dienende Teilhaber am Arbeitsprozess treten könne. Und gänzlich sei die Weisungsbefugnis nicht entfallen, wie sich aus den Verträgen ergebe.

Die Beigeladenen zu 7) und 8) haben sich dem Antrag der Beklagten angeschlossen. Weitere Anträge sind nicht gestellt worden.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten verwiesen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen, in der der Geschäftsführer der Klägerin, Herr R B , eingehend angehört worden ist.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig und teilweise begründet. Hinsichtlich der Beigeladenen zu 1) bis 3) hat die Beklagte zutreffend die Beitragspflicht der Klägerin in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung festgestellt und Beiträge nachgefordert. Hinsichtlich des Beigeladenen zu 4) S ist die Beitragsforderung rechtswidrig, da dieser nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stand. Insoweit ist auch das die Klage abweisende Urteil des Sozialgerichts aufzuheben. Im Übrigen behält es Bestand.

§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V), § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI), § 24 Sozialgesetzbuch, Drittes Buch (SGB III) – bis 1997 § 168 Arbeitsförderungsgesetz – und § 20 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, Elftes Buch (SGB XI) setzten für die Versicherungspflichten der Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung eine gegen Arbeitsentgelt ausgeübte Beschäftigung voraus. Beschäftigung ist nach der gesetzlichen Definition des § 7 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Viertes Buch (SGB IV) die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Arbeitnehmer ist, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Die persönliche Abhängigkeit erfordert die Eingliederung in den Betrieb und damit die Unterordnung unter das vor allem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung umfassende Weisungsrecht des Arbeitgebers. Zwar kann das Weisungsrecht erheblich eingeschränkt sein, vollständig entfallen darf es jedoch nicht. Es muss eine fremd bestimmte Leistung verbleiben, die Dienstleistung also zumindest in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung eines Betriebes aufgehen. Ist ein Weisungsrecht nicht vorhanden, kann der Betreffende seine Tätigkeit also im Wesentlichen frei gestalten, insbesondere über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei verfügen oder fügt er sich nur in die von ihm selbst gegebene Ordnung des Betriebes ein, liegt keine abhängige, sondern eine selbstständige Tätigkeit vor, die regelmäßig durch ein Unternehmerrisiko gekennzeichnet ist (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 4. Februar 2003 – L 1 KR 41/02 -). Die Bedeutung der Weisungsunterworfenheit und die Eingliederung in eine fremd vorgegebene Arbeitsorganisation ergeben sich aus § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV. Die Vorschrift ist zwar erst mit dem Gesetz vom 20. Dezember 1999 (BGBl. I 2000 S. 2) eingefügt worden. Sie hat jedoch keine Rechtsänderung bewirkt. Vielmehr hat der Gesetzgeber bereits die früher bestehende Rechtsprechung aufgegriffen (BSG SozR 3 2400 § 7 Nr. 4). Die Kriterien für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit sind gegeneinander abzuwägen. Jedes Kriterium hat lediglich indizielle Wirkung. Dabei kommt es für die Frage, ob eine abhängige Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit vorliegt, vorrangig auf die tatsächliche Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses an, die vertraglich vereinbarte Rechtslage ist grundsätzlich nachrangig. § 7 Abs. 4 SGB IV enthielt darüber hinaus für die Zeit von 1999 bis 2002 eine Vermutungsregelung, wenn mindestens drei der in den Ziffern 1 bis 5 aufgeführten fünf Merkmale vorlagen. Für dieses Regelung gilt nichts anderes als das bereits zu § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV Gesagte, nämlich dass mit ihr keine Rechtsänderung bewirkt wurde, der Gesetzgeber vielmehr die früher bestehende Rechtsprechung aufgegriffen hatte.

Unter Zugrundelegung dieser Abgrenzungskriterien hat das Sozialgericht die Entscheidung der Beklagten, von einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) bis 3) bei der Klägerin auszugehen, zu Recht bestätigt; hinsichtlich des Beigeladenen zu 4) fehlt es hingegen an der die Beitragspflicht begründenden abhängigen Beschäftigung.

Die Argumentation der Klägerin, die Beigeladenen hätten keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung im Urlaubs- oder Krankheitsfall, verkennt Ursache und Wirkung. Vielmehr ist zunächst nach den oben dargestellten maßgebenden Kriterien eine Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und Selbstständigkeit vorzunehmen und erst dann zu entscheiden, ob Anspruch auf Urlaubs- oder Lohnfortzahlung besteht, der sich in seiner Grundentscheidung (lediglich ein über den Mindesturlaub hinausgehender Anspruch kann vertraglich vereinbart werden) allein danach richtet, ob eine Beschäftigung vorliegt (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 20. April 2004 – L 1 KR 69/03 -). Entsprechendes gilt bezüglich der Mehrwertsteuerpflicht bzw. die tatsächliche Abführung dieser Steuer. Ob die betroffenen Beigeladenen eine eigene Vorsorge für Krankheit, Alter etc. getroffen haben, ist ebenfalls unerheblich. Für die Bestimmung der Beitragspflicht sind die gesetzlichen Vorschriften maßgebend und nicht, inwieweit sich die betroffenen Personen sozial abgesichert haben. Ebenso ist die Gewerbeanmeldung durch die Betroffenen ohne Belang, da diese durch das zuständige Amt ohne nähere Prüfung, ob eine Beschäftigung oder Selbstständigkeit im Sinne der Sozialversicherung vorliegt, erfolgt. Die Bezahlung nach vereinbarten Stundenverrechungssätzen findet sich grundsätzlich auch bei Arbeitnehmern, etwa als Akkord oder Provision. Allein daraus lässt sich das für die Selbstständigkeit typische Unternehmerrisiko nicht ableiten. Dieses liegt vielmehr darin, dass Kapital mit der Gefahr (Risiko) des Verlustes, aber auch der Möglichkeit des Gewinns, investiert wird. Ein solches Risiko gab es für die Beigeladenen mangels Einsatzes von wesentlichem Kapital oder der Anstellung eigener Arbeitnehmer nicht. Die Benutzung eigener Schläger und Bekleidung ist jedenfalls zu unbedeutend. Vielmehr war den Beigeladenen aufgrund der in den Verträgen eingeräumten Grundstundenpotentiale ein für einen selbstständigen Unternehmer untypischer Anspruch auf eine Mindestzahlung eingeräumt worden. Auch notwendige Investition für Werbung oder Vorhaltung der Spielplätze war den Beigeladenen durch die Klägerin von der Hand gehalten, und zwar nach deren Vortrag ausdrücklich mit dem Hintergrund, diese kalkulatorisch nicht mit weiteren Kosten zu belasten. Eine solche Gestaltung freier Dienst- oder Werkverträge ist unüblich. Sie ist vielmehr typisch für Arbeitsverträge. Wäre es zu keinen oder nur zu wenigen Trainingsstunden gekommen, hätte allein die Klägerin das Risiko dafür getragen, die Kosten für die Werbung, das Vorhalten der Plätze und das übrige Trainingsmaterial ohne Gegenleistung investiert zu haben.

Soweit die Klägerin auf den ausländerrechtlichen Hintergrund abstellt, der zum Abschluss gerade dieser Verträge geführt habe, verkennt sie, dass ohne Bedeutung ist, ob eine abhängige Beschäftigung gegebenenfalls gegen Ausländerrecht verstößt. In diesem Zusammenhang hat der erkennende Senat und anschließend das BSG (Urteil vom 10. August 2000 – B 12 KR 21/98 R -) zu einem eventuell sittenwidrigen und damit nichtigen Arbeitsverhältnis ausgeführt, eine Versicherungs- und Beitragspflicht könne auch eintreten, wenn das zugrunde liegende Rechtsgeschäft zivilrechtlich nichtig sei, aber gleichwohl nicht selbstständige Arbeit für einen anderen geleistet werde. Denn wie sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 7 Abs. 1 SGB IV ergebe, unterscheide diese Vorschrift zwischen dem Arbeits- und dem Beschäftigungsverhältnis. Es komme für die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses nicht darauf an, ob ein wirksamer Arbeitsvertrag geschlossen worden sei oder ob lediglich ein faktisches Arbeitsverhältnis vorliege. Ein Beschäftigungsverhältnis liege jedenfalls auch vor, wenn bei Nichtigkeit des Arbeitsvertrages ein faktisches Arbeitsverhältnis bestehe. Im Übrige bestehe auch im Arbeitsrecht der Grundsatz, dass ein fehlerhaftes Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht rückwirkend beseitigt werden könne, etwa weil ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot vorliege.

Vielmehr verdeutlicht diese Argumentation und der Umstand, dass 1993 mit dem damals tätigen Tennislehrer, dem Beigeladenen zu 2), ein Arbeitsvertrag geschlossen worden war, dass die Einschätzung der Klägerin zum damaligen Zeitpunkt auf ein Beschäftigungsverhältnis gerichtet war. Lediglich die nach Auffassung der Klägerin ausländerrechtlichen Bestimmungen machten insoweit ein Änderung der Vertragsgestaltung erforderlich, ohne dass es nach ihren Ausführungen zu einer tatsächlichen Änderung gekommen war.

Gegen eine selbstständige Tätigkeit spricht auch das mit den Beigeladenen zu 1) bis 3) vereinbarte Wettbewerbsverbot, wonach es dem Trainer nur mit Zustimmung der Tennisschule gestattet gewesen war, für ein Konkurrenzunternehmen tätig zu sein. Dies widerspricht einer selbstständigen Tätigkeit und der damit verbundenen Unabhängigkeit des Betroffenen.

Die Argumentation der Klägerin, ihr sei es nur um die Vermietung der Plätze gegangen und dies sei auch nur beworben worden, ist nicht überzeugend. Der Name der Klägerin "M Tennisschule GmbH" im G Tennis- und Kegelcenter verdeutlicht bereits, dass Gegenstand des Unternehmens nicht allein die Vermietung von Plätzen, sondern auch der Unterricht ist.

Dass die Tennislehrer in der Gestaltung ihres Unterrichts weitestgehend frei waren, steht einer abhängigen Beschäftigung ebenfalls nicht entgegen. In seiner Entscheidung vom 29. Juni 2005 (L 5 KR 114/04), die die Entscheidung über die Beschäftigung eines Golflehrers zum Inhalt hatte, hat der erkennende Senat auf dessen besondere Fachkompetenz hingewiesen, aufgrund derer es selbstverständlich sei, dass im Kernbereich dieser Tätigkeit ein Außenstehender keine Weisungen erteilen könne. Gleiches gilt für den Tennislehrer. Zusammengefasst kommt der Senat aufgrund dieser Umstände zu der Einschätzung, das die Beigeladenen zu 1) bis 3) bei der Klägerin abhängig beschäftigt und damit beitragspflichtig gewesen sind.

Allerdings vermochte der Senat hinsichtlich des Beigeladenen zu 4) eine solche Entscheidung nicht zu treffen. Bereits der mit diesem geschlossene Vertrag wich von den übrigen sonst gleich lautenden Verträgen mit den anderen Beigeladenen ab, als darin kein Wettbewerbsverbot enthalten war, dem Beigeladenen zu 3) ein Vorkaufsrecht auf die Tennisschule sowie ein Vorkaufsrecht auf die Tennishalle eingeräumt wurde und er Provisionen für Turniere, den Verkauf von Schlägern und Schuhen und das Bespannen von Schlägern erhielt. Auch das ihm eingeräumte Grundstundenpotential mit 25 Wochenstunden lag unter dem der anderen Beigeladenen und ermöglichte ihm, in nennenswertem Umfang für andere Vereine und Betreiber von Tennisschulen tätig zu sein. So wies die Klägerin in ihrem Schreiben vom 7. Februar 2001 an die Beklagte auf dessen Tätigkeit unter anderem für "TC a " hin mit einem Honorar von 15.920,00 DM, das zwar das Honorar für die Klägerin von 22.028,00 DM nicht erreichte, aber doch zusammen mit weiteren Honoraren eine Tätigkeit in nennenswertem Umfang für andere Träger nachweist. Überdies hat der Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf weitere Tätigkeiten des Beigeladenen zu 4) neben seiner Tätigkeit bei der Klägerin hingewiesen, u. a. betrieb er danach eine Kiteschule. Insoweit ist die auf ihn fallende Beitragsforderung in Höhe von 13.636,70 DM (= 6.972,33 EUR) von der Gesamtforderung in Abzug zu bringen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Aufteilung erfolgt entsprechend dem Obsiegensanteil.

Gründe dafür, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Die Grundsätze für die Abgrenzung abhängiger Beschäftigung von der Selbstständigkeit sind eindeutig. Davon weicht der Senat nicht ab.

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