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10.11.2008 · IWW-Abrufnummer 083407

Finanzgericht München: Urteil vom 30.03.2004 – 6 K 1426/02

Ein Verein verstößt gegen den Grundsatz der Selbstlosigkeit (§ 55 AO 1977), wenn er an den Vorstand Zinszahlungen für Darlehen leistet, die der Verein nicht benötigt.


FG München

30.03.2004

6 K 1426/02

I. Der Kläger (Kl.) ist ein eingetragener Verein mit dem Namen "***". Er wurde am 20.12.1988 gegründet. Vorstand war von Anfang an Herr K.

Der Verein hat lt. § 2 Abs. 2 der Satzung den Zweck, "Aufklärungs-, Informations- und Anregungsfunktionen gegenüber seinen Mitgliedern sowie indirekt auch gegenüber einer breiteren Öffentlichkeit auszuüben, und somit im Sinne des § 10b Abs. 1 EStG und des dort angeführten Zweckes der Förderung der Erziehung, Volks- und Berufsbildung tätig zu werden."

***

Der Kl wurde für die Jahre 1997 bis 1999 (Streitjahre) vorläufig als gemeinnützig anerkannt. In den Jahren 2000/2001 wurde eine sog. betriebsnahe Veranlagung durchgeführt. Die Prüfer stellten fest, die Ausgaben für die allgemeine Verwaltung hätten sich auf über 70 v.H. der gesamten Ausgaben belaufen. Außerdem seien Aufwandsspenden geleistet worden, die nicht ordnungsgemäß erfasst worden seien. Weiterhin habe der Verein Herrn K durch unangemessene Vergütungen begünstigt. In der Mitgliederversammlung vom 15.10.1998 sei beschlossen worden, dass Herr K für seine in den Jahren 1988 bis 1997 verrichtete Vorstandstätigkeit eine Vergütung von *** DM erhalten solle. Um diese Zahlung leisten zu können, habe dieser zuvor dem Verein ein Darlehen gegeben. Die Prüfer stellten außerdem fest, dass Herr K dem Kl bereits im Dezember 1992 und im Dezember 1997 zu 9,9 v.H. verzinsliche Darlehen von 65.000 DM bzw. 40.000 DM gegeben hatte, die im Januar 1999 in Höhe von 105.000 DM zurückgezahlt wurden. Im Januar 1999 gewährte Herr K dem Verein ein zu 5 v.H. verzinsliches Darlehen von 120.000 DM, das im Mai zurückgezahlt wurde. In eben diesem Monat gewährte Herr K dem Verein ein weiteres Darlehen von 95.000 DM, verzinslich zu 5 v.H.. Die Darlehensbeträge wurden z.T. als Termingelder angelegt, in Höhe von *** DM an Herrn K als Vergütung/Aufwandsentschädigung und in Höhe von 49.100 DM als Zinsen gezahlt. *** Aus den angeführten Gründen sei der Verein in den Streitjahren nicht als gemeinnützig anzuerkennen.

Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) erließ unter dem Datum des 1.8.2001 für die Streitjahre Körperschaftsteuerbescheide, in denen jeweils ein zu versteuerndes Einkommen von Null DM und eine Körperschaftsteuer von Null DM festgesetzt wurde. In den Erläuterungen zu den Bescheiden wird unter Hinweis auf den Prüfungsbericht ausgeführt, dass die Gemeinnützigkeit für den Veranlagungszeitraum 1997 (bzw. 1998, 1999) nach der Überprüfung durch die betriebsnahe Veranlagung abzuerkennen sei. Gegen die Bescheide wandte sich der Kl mit Einspruch. Der Rechtsbehelf hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 1.3.2002). Das FA führte aus, die nachträgliche Gewährung einer Vergütung ohne vorherige schriftliche Zusage sei gemeinnützigkeitsschädlich. Darüber hinaus sei zu beanstanden, dass die Ausgaben für die allgemeine Verwaltung einen angemessenen Rahmen überschritten hätten. Die Mitgliedsbeiträge und Spenden seien in vollem Umfang für Verwaltungsaufgaben verwendet worden. Lägen diese über 70 v.H., sei dies mit dem Gemeinnützigkeitsrecht nicht mehr zu vereinbaren. ***

Zur Begründung der anschließend erhobenen Klage wird im Wesentlichen vorgetragen:

*** Im Streitfall habe es sich nicht vorrangig um eine Gegenleistung für eine bezahlte Mitgliederleistung gehandelt. *** Die Behauptung des FA, mehr als 70 v.H. der Ausgaben seien für die Verwaltung angefallen, sei unzutreffend. Die Einwände des FA gegen die an Herrn K geleisteten Vergütungen seien nicht gerechtfertigt, weil ein Betrag von 600 DM im Monatsdurchschnitt nicht überschritten worden sei.

Der Kl beantragt, das FA zu verpflichten, für die Streitjahre Körperschaftsteuerbescheide zu erlassen, in denen die Gemeinnützigkeit des Klägers anerkannt wird.

Für den Fall des Unterliegens wird beantragt, die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.

Das FA beantragt, die Klage abzuweisen.

Das FA führt aus, die Nachzahlung einer Vergütung sei gemeinnützigkeitsschädlich. Herr K habe keinen Anspruch auf eine Vergütung gehabt. Die Zahlung von *** DM am 30.12.1997 an ihn sei erst nachträglich in ein Kulanzhonorar umgewandelt worden. Auch die Zahlungen von *** DM bzw. *** DM seien nicht bereits zuvor in genau bezifferter Höhe vereinbart worden. Entgegen der Behauptung des Kl habe das FA die Zahlungen nicht als unschädlich beurteilt. Außerdem seien die Aufzeichnungen über Einnahmen und Ausgaben unvollständig, weil die Beträge, für die eine Spendenbescheinigung ausgestellt worden seien, nicht als Einnahmen erfasst worden seien. ***

Am 6.10.2003 hat in der Streitsache ein Erörterungstermin stattgefunden. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen.

Durch Aufklärungsanordnung vom 15.10.2003 hat der Berichterstatter um die Aufbereitung von Zahlenmaterial gebeten. Auf den Schriftsatz des Kl vom 5.12.2003 wird Bezug genommen.

Am 30.3.2004 hat der Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden. Hierzu wird auf die Niederschrift hingewiesen.

II. Die Klage ist unbegründet. Das FA hat es zu Recht abgelehnt, dem Kl in den Körperschaftsteuerbescheiden 1997 bis 1999 die Gemeinnützigkeit zu bescheinigen.

Nach § 52 der Abgabenordnung (AO) verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Eine "selbstlose" Förderung liegt nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 Hs. 1 AO u.a. dann vor, wenn die Körperschaft keine Person durch Ausgaben, die dem Zweck der Körperschaft fremd sind, begünstigt.

Nach Ansicht des Senats ist diese Voraussetzung im Streitfall nicht erfüllt. Herr K als Vorstand des Vereins erhielt von diesem Zuwendungen, die mit dem Vereinszweck nichts zu tun haben. Er ließ sich nämlich Zinsen für Darlehen zahlen, die er dem Verein gewährt hatte, die dieser jedoch gar nicht benötigte.

Aus den von Herrn K erstellten und im Klageverfahren vorgelegten Einnahme-Ausgabe-Rechnungen für die Streitjahre ist zu ersehen, dass Einnahmen des Vereins ohne weiteres genügten, um die laufenden Ausgaben zu decken. Die kumulierten Verwaltungskosten für die Streitjahre beliefen sich nach der Aufstellung des Herrn K (Bl. 81 der FG-Akte) auf 8.200 DM. Hinzu kamen im Wesentlichen die Aufwendungen für das Gehalt, das die Ehefrau des Herrn K als Angestellte des Vereins bezog. Für die Vortragenden brauchte der Verein keine Aufwendungen zu bestreiten, da diese nicht für ein in Geld zu zahlendes Honorar, sondern für eine Spendenbescheinigung tätig waren. Angesichts des Umstandes, dass der Kl als relativ kleiner Verein mit (nur) 80 Mitgliedern eine Verwaltungskraft beschäftigte, erhebt sich ohnehin die Frage, weshalb für Herrn K eine Vergütung für seine Vereinstätigkeit in der Größenordnung von 5.700 DM im Jahresdurchschnitt gerechtfertigt gewesen sein sollte. Sogar wenn man die - in der Aufstellung mit *** DM bezifferte - Vergütung für Herrn K hinzuzählte, ergäbe sich für die Ausgaben ein Gesamtbetrag, der von den beträchtlichen Spenden (92.920 DM) und Mitgliedsbeiträgen (14.460 DM) nebst Aufnahmegebühren (3.960 DM) problemlos abgedeckt wird. Weshalb Herr K dem Verein Darlehen gewährte, die dieser z.T. wenig später großteils zurückzahlte (vgl. Darlehensaufnahme von 120.000 DM am 7.1.1999; Darlehensrückzahlung von 105.000 DM am selben Tage), ist nicht plausibel. Der Stand der Darlehensverbindlichkeiten des Vereins gegenüber Herrn K ist im Zeitraum März 1993 bis Dezember 1999 von 65.000 DM auf 95.000 DM angewachsen, obwohl die Einnahmen - wie erwähnt - ohne weiteres genügt hätten, um die Ausgaben zu bestreiten. Zinszahlungen für Darlehen, die von einem Vereinsvorstand dem Verein ohne erkennbaren wirtschaftlichen Grund aufgedrängt worden sind, sind Ausgaben, die dem satzungsmäßigen Zweck ("Erziehung, Volks- und Berufsbildung") fremd sind (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 Hs. 1 AO). Sie sind deshalb gemeinnützigkeitsschädlich.

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