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28.10.2008 · IWW-Abrufnummer 082943

Amtsgericht Elmshorn: Urteil vom 05.08.2008 – 3 Ca 1824d/07

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Arbeitsgericht Elmshorn
Aktenzeichen: 3 Ca 1824 d/07
verkündet am 05.08.2008

Urteil

Im Namen des Volkes

In dem Rechtsstreit XXX

hat die 3. Kammer des Arbeitsgerichts Elmshorn auf die mündliche Verhandlung vom 05.08.2008 durch die Richterin am Arbeitsgericht … als Vorsitzende und d. ehrenamtlichen Richter … als Beisitzer und d. ehrenamtlichen Richter … als Beisitzer

für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Der Streitwert wird auf EUR 2.515,68 festgesetzt.

Rechtsmittelbelehrung XXX

Tatbestand

Der Kläger macht Schadensersatzansprüche gegenüber seinem ehemaligen Arbeitgeber geltend.

Der am 04.08.1979 geborene Kläger war bei dem Beklagten in der Zeit vom 01.03.2002 bis 30.04.2007 beschäftigt. Am 03.05.2005 stellten die Parteien zwei Anträge auf betriebliche Altersversorgung durch Direktversicherung bei der Itzehoer Versicherung ( Anl. B 2 u. B 3). Der Vertrag mit der Endziffer 503 erfolgte auf der Grundlage „Entgeltumwandlungsvereinbarung zur Direktversicherung“, ebenfalls abgeschlossen am 03.05.2005 (Anl. B 4). Danach wurde ab 01.06.2005 ein Betrag von EUR 50,00 des klägerischen Bruttoentgelts durch den Beklagten als Beitrag zur betrieblichen Rentenversicherung des Klägers eingezahlt. Der Vertrag mit der Endziffer 504 erfolgte ausweislich der Anlage B 2 als „Zusatzleistung des Arbeitgebers“. Danach wurde ab 01.06.2005 durch die Beklagte monatlich EUR 100,00 als Beitrag zur betrieblichen Rentenversicherung des Klägers gezahlt.

Nach Abschluss der Versicherungsverträge erhielt der Kläger jeweils eine Abschrift der Versicherungspolicen sowie eine Verbraucherinformation , welche in § 7 über die Nachteile, die mit einer frühzeitigen Kündigung der Versicherung verbunden sind, informiert.

4. Die Kündigung Ihrer Versicherung ist mit Nachteilen verbunden. In der Anfangszeit Ihrer Versicherung ist wegen der Verrechnung von Abschlusskosten nach dem Zillmerverfahren (vgl.§ 15) kein Rückkaufswert vorhanden. Der Rückkaufswert erreicht auch in den Folgejahren nicht unbedingt die Summe der eingezahlten Beiträge. Der Rückkaufswert entspricht jedoch mindestens einem bei Vertragsabschluss vereinbarten Garantiebetrag, dessen Höhe vom Zeitpunkt der Beendigung des Vertrages abhängt. Nähere Informationen zum Rückkaufswert uns seiner Höhe können Sie Ihrem Versicherungsschein entnehmen“.

§ 15
Wie werden die Abschlusskosten erhoben und ausgeglichen?

Die mit dem Abschluss Ihrer Versicherung verbundenen und auf Sie entfallenden Kosten, etwa die Kosten für Beratung, Anforderung von Gesundheitsauskünften und Ausstellung des Versicherungsscheines, werden Ihnen nicht gesondert in Rechnung gestellt. Diese sog. Abschlusskosten (§ 43 Abs. 2 der Verordnung über die die Rechnungslegung von Versicherungs- unternehmen) sind bereits pauschal bei der Tarifkalkulation berücksichtigt.

Für Ihren Versicherungsvertrag ist das Verrechnungsverfahren nach § 4 der Deckungsrückstellungsverordnung (Zillmerverfahren) maßgebend. Hierbei werden die ersten Beiträge zur Tilgung von Abschlusskosten herangezogen, soweit nicht für die Leistungen im Versicherungsfall und Kosten des Versicherungsbetriebes in der Versicherungsperiode bestimmt sind. Der zu tilgende Betrag ist nach der Deckungsrückstellungsverordnung auf 4 % der von Ihnen während der Laufzeit des Vertrages zu zahlenden Beiträge beschränkt.

Das beschriebene Verrechnungsverfahren hat wirtschaftlich zur Folge, dass in der Anfangszeit Ihrer Versicherung kein Rückkaufswert und keine beitragsfreie Versicherungssumme vorhanden sind. Nähere Informationen können Sie Ihrem Versicherungsschein unter der Rubrik Leistungsübersicht entnehmen“.

Außerdem wurde der Kläger mit Schreiben der Versicherung vom 02.06.2006 informiert über den Stand der Versicherungsverträge und den jeweiligen Rückkaufswert zum Ende des Versicherungsjahres.

Insgesamt zahlte die Beklagte in die Rentenversicherungsverträge des Klägers über einen Zeitraum von 23 Monaten insgesamt EUR 3.450,00 ein.

Nachdem die Versicherungen wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf den Kläger übertragen worden waren, kündigte dieser die Versicherungen zum 01.06.2007. Die Versicherung zahlte für den Vertrag …503 einen Rückkaufswert von EUR 425,84 aus, für den Vertrag …504 in Höhe von EUR 934,32 (Anl. K 1).

Der Kläger macht mit seiner Klage die Zahlung des Differenzbetrages zwischen den eingezahlten Beträgen aus beiden Versicherungsverträgen und dem ausgezahlten Rückkaufswert als Schadensersatz gegenüber seinem ehemaligen Arbeitgeber geltend. Er hält die von der Beklagten zu seinen Gunsten abgeschlossenen Rentenversicherungsverträge für rechtsunwirksam. Hinsichtlich des Vertrages …503 steht dem Kläger deshalb der ursprüngliche Vergütungsanspruch als Schadensersatz zu, vermindert um den Rückkaufswert. Hinsichtlich des Vertrages …504 stehe ihm auch ein Schadensersatzanspruch in Höhe der Differenz zwischen dem eingezahlten und dem ausgezahlten Betrag zu, denn der Beklagte habe ihm eine Lohnerhöhung in Höhe von EUR 100,00 im Monat zugesagt, wobei der Beklagte aber darauf bestanden habe, dass diese Lohnerhöhung in die Direktversicherung eingezahlt werden werde. Der Beklagte hafte als sein ehemaliger Arbeitgeber für seinen Schaden wegen Verletzung von Aufklärungspflichten. Der Kläger sei vor Abschluss der Verträge nicht darüber informiert worden, dass bei Kündigung der Rentenverträge von der Versicherung das Verfahren der Zillmerung angewandt werde. Der Beklagte wäre dazu aber aus seiner Fürsorgepflicht heraus verpflichtet gewesen. In Bezug auf den Entgeltumwandlungsvertrag ergebe die Rechtsunwirksamkeit zudem aus dem Verstoß gegen das gesetzliche Verbot der Wertgleichheit aus § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG. Der Kläger beruft sich insoweit auf ein Urteil des LAG München vom 15.03.2007 (4 Sa 1152/06 n.rk.). Der Kläger ist der Auffassung, eine Wertgleichheit sei auch bei frühzeitiger Kündigung der Versicherung nur gegeben bei einer 1/1 Auszahlung der eingezahlten Beträge, und zwar ohne Beachtung von Abschlusskosten oder Risikobewertung der Versicherung.

Der Kläger beantragt,
den Beklagten zur verurteilen, an den Kläger zu zahlen EUR 2.151,68 nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2007.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält den Schadensersatzanspruch des Klägers für unbegründet, eine Pflichtverletzung liege nicht vor. Eine gesteigerte Beratungspflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer über das Verfahren der Zillmerung besteht nicht. Gleichwohl sei der Kläger jedoch im Rahmen einer von der Versicherung durchgeführten Informationsveranstaltung u. a. auch auf die am Anfang niedrigen Rückkaufswerte der Versicherungen hingewiesen worden.

Der Beklagte sei auch nicht haftbar für einen etwaigen Schaden des Klägers, welcher sich aus einem behaupteten Verstoß des Entgeltumwandlungsvertrages gegen das Gebot der Wertgleichheit ergebe. Zum Einen hafte der Beklagte nicht für Fehler der Versicherung, zum Anderen verstoße das Verfahren der Zillmerung nicht gegen die Wertgleichheit. Der Kläger habe bei Beendigung des Arbeitsvertrages am 30.04.2005 eine wertgleiche Anwartschaft auf eine betriebliche Altersversorgung gehabt. Wenn sich der Kläger gleichwohl aus eigenem Antrieb zu einer frühzeitigen Kündigung der Versicherungsverträge entschieden habe, liege dieses nicht mehr im Verantwortungsbereich der Beklagten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu.

1. Voraussetzung eines Schadensersatzanspruches ist, dass ein nach §§ 249 ff. BGB ersatzfähiger Schaden eingetreten ist. Schaden ist dabei jede Einbuße, die jemand in Folge eines bestimmten Ereignisses an seinen Rechtsgütern, wie z. B. Eigentum und Vermögen erleidet. Eingetretene Vermögensschäden sind nach den §§ 249 bis 252 BGB zu ersetzen. Ob ein Vermögensschaden vorliegt, beurteilt sich grundsätzlich nach der sogenannten Differenzhypothese, also einem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne jenes Ereignis ergeben hätte.

Vorliegend ist ein Schaden in der behaupteten Höhe nicht gegeben. Wenn die streitigen Versicherungsverträge nicht abgeschlossen worden wären, hätte der Kläger keinen Auszahlungsbetrag in Höhe von EUR 150,00 im Monat gegenüber seinem früheren Arbeitgeber gehabt. Es kann dahingestellt bleiben, ob die eingezahlten EUR 100,00 auf den Versicherungsvertrag …504 auf Grund einer Lohnerhöhungszusage des Beklagten erfolgten oder nicht. Jedenfalls wären beide Beträge an den Kläger nur als Nettobetrag auszuzahlen.

2. Der Kläger leitet seinen Schadensersatzanspruch daraus her, dass er von seinem früheren Arbeitgeber nicht darüber aufgeklärt worden sei, dass eine vorzeitige Auflösung der Rentenversicherungsvereinbarungen dazu führt, dass in diesem Fall der Gegenwert nicht dem entspricht, was der Kläger tatsächlich einbezahlt hat.
Eine Schadensersatzpflicht des Beklagten ist nicht gegeben, eine schuldhafte Pflichtverletzung liegt nicht vor. Der Beklagte war nicht verpflichtet, den Kläger über die mit der Zillmerung verbundenen Konsequenzen einer vorzeitigen Auflösung des Versicherungsvertrages zu informieren. Zutreffend hat die Beklagte ausgeführt, dass sich die Informationen der Arbeitnehmer durch die Versicherer nach § 10 a Abs. 2 VAG richten. Die Anlage D zum VAG schreibt vor, welche Informationen das Versicherungsunternehmen den Versorgungsanwärtern und Versorgungsempfängern bei Abschluss der betrieblichen Altersversorgung zu erteilen hat. Das Prinzip der Zillmerung ist bei Beginn des Versorgungsverhältnisses nicht zu erläutern. Ist der Versicherer selbst nicht dazu verpflichtet, kann es von dem Arbeitgeber erst recht nicht verlangt werden, über das Prinzip der Zillmerung aufzuklären.

Im Übrigen ist der Kläger hinreichend aufgeklärt worden. Sowohl in den Anträgen zur Rentenversicherung als auch in der Entgeltumwandlungsvereinbarung heißt es, dass sich der Versicherungsanspruch nach versicherungsmathematischen Grundsätzen richtet. In der Verbraucherinformation ist ausdrücklich erwähnt, dass der Rückkaufswert anfänglich sehr gering ist. Im Übrigen ist die Kammer der Auffassung, dass die finanziellen Auswirkungen einer vorzeitigen Vertragsauflösung eines Lebensversicherungsvertrages allgemein bekannt sind. Darüber hinaus gehende Aufklärungspflichten hatte der Beklagte jedenfalls in der Fassung des bis zum 01.01.2008 geltenden VVG nicht.

3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf teilweisen Schadensersatz wegen Unwirksamkeit der Entgeltumwandlungsvereinbarung der Parteien vom 03.05.2005 zum Versicherungsvertrag …503 wegen der Verwendung eines gezillmerten Vertrages. Die zwischen den Parteien getroffene Entgeltsumwandlungsvereinbarung ist wirksam, sie verstößt nicht gegen das Gebot der Wertgleichheit des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG.

Für die Bestimmung der Wertgleichheit macht das Gesetz keine Vorgaben.

Nach wohl herrschender Auffassung ist eine versicherungsmathematische Betrachtung notwendig. Danach ist Wertgleichheit gegeben, wenn sich die zugesagte Leistung unter Beachtung biometrischer Daten und eines Rechnungszinssatzes in ein Verhältnis zum umgewandelten Entgelt setzen lässt (vgl. Blohmeyer/Rolfs/Otto, Kommentar zum Betriebsrentengesetz, 4. Aufl. 2006, § 1 BetrAVG, Rd. 146 u. 149 ff. m. w. N.). Bei der Wahl eines versicherungsförmigen Durchführungsweges ist danach Wertgleichheit bereits dann gegeben, wenn der Arbeitgeber die umgewandelten Entgeltanteile vollständig, d.h. betragsgleich, an den Versicherer abführt. Der Schutz des Arbeitnehmers wird hierbei durch die Versicherungsaufsicht gewährleistet. Nach dieser Ansicht wäre auch bei gezillmerten Tarifen, die der Versicherungsaufsicht unterliegen, Wertgleichheit gegeben (vgl. Arbeitsgericht Siegburg, Urteil v. 27.02.08 – 2 Ca 3831/07).

Auch wenn gegen diese Auslegung des Begriffes der Wertgleichheit Bedenken bestehen sollten, führt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Wertgleichheit nicht zur Unwirksamkeit der Vereinbarung (so aber LAG München ebenda). Die Frage der Wertgleichheit ist eine Frage der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung. Äquivalenzstörungen führen aber nicht zur Nichtigkeit der Zusage insgesamt, sondern lediglich dazu, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, die Störung zu beseitigen und dem Mitarbeiter eine wertgleiche Versorgung zu verschaffen (vgl. Steinmeier i. Erfurter Kommentar, § 1 BetrAVG, Rd. 25). Keinesfalls kann dem Kläger aber darin gefolgt werden, dass Wertgleichheit nur bedeuten kann, dass der Arbeitnehmer in jeder Phase des Versicherungsverlaufes – ohne Beachtung von Versicherungsabschlusskosten und Risikobewertung – eine 1/1 Auszahlung in Höhe des eingezahlten Bruttoentgelts beanspruchen kann. Der Kläger lässt bei dieser Betrachtung außer acht, dass er nach dem Gesetz nur Anspruch hat auf eine wertgleiche Anwartschaft, eine solche Anwartschaft schließt jedoch ein, dass Versicherungsabschlusskosten und die Risikobewertung angefallen und zu tragen sind. Unrichtig ist nach Auffassung der Kammer auch der Ansatz des Klägers, die Wertgleichheit anhand des bei frühzeitiger Kündigung sich ergebenden Rückkaufswertes zu bestimmen. Das Betriebsrentengesetz sieht eine frühzeitige Auszahlung von Anwartschaften gerade nicht vor. Die Wertgleichheit hat sich daher zu bestimmen nach dem Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalles, also bei Erreichen der Altersgrenze oder ggf. bei Tod oder Berufsunfähigkeit.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 46 Abs. 2, 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ff., 91 Abs. 1 ZPO.

RechtsgebietBGBVorschriften§§ 249 ff BGB

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