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27.06.2008 · IWW-Abrufnummer 081973

Verwaltungsgericht Arnsberg: Urteil vom 21.04.2008 – 14 K 1086/07

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Verwaltungsgericht Arnsberg

Urteil

14 K 1086/07

Tenor!

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.

Tatbestand:

Die Kläger begehren von dem Beklagten die Zuteilung eines kleineren Restmüllbehälters. Sie sind Eigentümer des Wohnhausgrundstücks A straße 6 in X, das sie selbst bewohnen; zu dem Haushalt gehören insgesamt fünf Personen.
'
Die von dem Beklagten repräsentierte Einrichtung ist nach § 1 Abs. 1 der "Satzung der Stadt X. (Ruhr) über den Stadtbetrieb" (Betriebssatzung - BS -) eine Anstalt des öffentlichen Rechts, zu deren Aufgaben nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BS unter anderem die Abfallbeseitigung gehört. § 2 Abs. 3 BS ermächtigt den Stadtbetrieb, Satzungen über die ihm übertragenen Aufgabengebiete zu erlassen. Organe der Anstalt sind nach § 3 BS der Vorstand und der Verwaltungsrat. Der Vorstand vertritt den Stadtbetrieb nach außen (§ 4 Abs. 4 Satz 1 BS); der Verwaltungsrat entscheidet nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 BS unter anderem über den Erlass von Satzungen.

In seinen Sitzungen vom 2. April 2001 und vom 29. August 2001 beriet der Verwaltungsrat des Stadtbetriebes die "Satzung über die Abfallentsorgung in der Stadt X. (Ruhr)". In der Niederschrift über die Sitzung vom 2. April 2001 findet sich folgender Text: "Außerdem wird zu § 11 einvernehmlich folgendes festgehalten:
Bei den Bio- und Restmüllbehältern wird ein Mindestbehältervolumen von jeweils 15 I pro 14 Tage je Person festgesetzt. Im Jahre 2002 werden dazu Erfahrungen gesammelt. Nach Auswertung wird ggf. eine Anpassung des Mindestbehältervolumens vorgeschlagen."

Die Abfallentsorgungssatzung (AES) wurde in der Sitzung des Verwaltungsrats vom 29. August 2001 beschlossen. Die Satzung hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

,,§ 10
Abfallbehälter und Abfallsäcke
(1) Der Stadtbetrieb bestimmt nach Maßgabe der folgenden Vorschriften Art, Anzahl und Zweck der Abfallbehälter, deren Standplatz auf dem Grundstück, ob und wie die Abfälle voneinander getrennt zu halten sind sowie die Häufigkeit und den Zeitpunkt der Abfuhr.

(2) Für das Einsammeln von Abfällen sind folgende Abfallbehälter zugelassen: a) graue Abfallbehälter für Restabfälle mit einem Volumen von 60 I, 80 I, 120 I, 240 I, ... (3) Für gelegentlich mehr anfallende Restabfälle, die sich zum Einsammeln in Abfallsäcken eignen, können die vom Stadtbetrieb zugelassenen Abfallsäcke genutzt werden. Diese Abfallsäcke werden vom Stadtbetrieb abgefahren, soweit sie zu den Abfuhrzeiten der Restabfallbehälter am Straßenrand bereitgestellt sind.

§ 11
Bemessungsgrundlage für Anzahl und Größe der Behälter
I
(1) Die Behälter nach § 10 Absatz 2 werden grundstücks- und haushaltsbezogen bzw. entsprechend der dem Dienstleistungsbereich zugehörenden, gewerblichen oder industriellen Grundstücksnutzung zugeordnet.
(2) Für die Berechnung des Mindestvolumens der Behälter nach § 10 Absatz 2 ist bei Wohngrundstücken die Anzahl der mit Hauptwohnsitz gemeldeten Personen maßgebend. Vorzuhalten ist folgendes Mindestbehältervolumen: a) bei Restabfallbehältern: bis 4 Personen im Haushalt: je 15 I pro 14 Tage je Person, für 5 Personen im Haushalt: je 12 I pro 14 Tage je Person, ...

§ 13
Benutzung der Abfallbehälter
(1) Die Abfallbehälter werden vom Stadtbetrieb gestellt und unterhalten. Sie bleiben sein Eigentum.
(2) Abfälle müssen in die vom Stadtbetrieb gestellten Abfallbehälter oder die dafür zur Verfügung gestellten Depotcontainer entsprechend deren Zweckbestimmung eingefüllt werden. Abfälle dürfen nicht in einer anderen Weise zum Einsammeln bereitgestellt oder neben die Abfallbehälter oder Depotcontainer gelegt werden."
In seiner Sitzung vom 16. Mai 2002 beschloss der Verwaltungsrat des Stadtbetriebes die erste Änderung der Abfallentsorgungssatzung. Nunmehr bestimmt deren § 15, dass die Restabfallbehälter alle 14 Tage abgefahren werden, auf das Jahr gerechnet also 26 "Regelabfuhren" stattfinden, wobei mindestens 13 Abfuhren in Anspruch genommen werden müssen. Die Benutzer der Abfallentsorgung werden verpflichtet, die Restabfallbehälter mindestens alle vier Woche1 zur Abfuhr bereit zu stellen. In seiner Sitzung vom 20. Dezember 2002 beschloss der Verwaltungsrat eine weitere Änderung der Abfallentsorgungssatzung. Hierbei lag ihm die einschlägige Mustersatzung des kommunalen Spitzenverbandes vor, in deren Begründung bei Nr. 33 unter Bezugnahme auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NW) ausgeführt wird: Die Festlegung eines nachvollziehbar festgelegten Mindest-Restmüllaufkommens pro Person und Woche sei nach § 9 Abs. 1 Satz 3 des Landesabfallgesetzes (LAbfG) zulässig. Es werde ein Mindesvolumen von 15 I pro Person und Woche empfohlen, welches auf begründeten Antrag auf 7,5 I pro Person und Woche vermindert werden könne. Jede Stadt bzw. Gemeinde müsse jedoch, bezogen auf ihr Gemeindegebiet unter Berücksichtigung der konkreten örtlichen Verhältnisse, ein Mindestvolumen pro Person/Woche schlüssig und nachvollziehbar festlegen. Mittlerweile liege eine gefestigte Rechtsprechung zum Mindestvolumen vor.
Nach den Feststellungen des Beklagten lag die Menge des Restabfalls in X. in den Jahren 2003 bis 2007 zwischen 15,21 I und 16,79 I je Einwohner in zwei Wochen.
Hierbei war statistisch eine steigende Tendenz zu erkennen. Diesen Zahlen lagen Abfallmassen zwischen 98,89 kg je Einwohner und 109,13 kg je Einwohner zu Grunde. Nach den Daten der "Abfallbilanz Nordrhein-Westfalen 2004" (im Internet abrufbar; unter http://w+v.umwelt.nrw.de/umwelt/pdf/abfallbilanz/abfallbilanz _ 2004 _ kap4. pdf) betrug die Masse der Restabfälle aus Haushalten im F. -So -Kreis mehr als 150 kg je Einwohner und Jahr, während die Menge in T. weniger als 150 kg betrug und in C. mehr als 300 kg erreicht wurden.

Mit elektronischer Post vom 28. November 2006 wandten sich die Kläger an den Beklagten mit dem Begehren, statt des bislang 60 I fassenden Restmüllbehälters ein Gefäß mit einem Volumen von maximal 30 I zugeteilt zu erhalten, weil in ihrem Haushalt erheblich weniger Abfall entstehe als 60 I in vier Wochen.
Mit formlosem Schreiben vom 4. Dezember 2006 teilte der Beklagte den Klägern daraufhin mit: Der Antrag vom 28. November 2006 werde "hiermit" abgelehnt. Für das Einsammeln von Abfällen seien gemäß § 10 AES Behälter mit einem Fassungsvermögen von 60,80, 120 und 240 I zugelassen.

In der Folgezeit entwickelte sich zwischen den Klägern, ihren Prozessbevollmächtigten und dem Beklagten ein reger Schriftverkehr, über dessen Gehalt die Beteiligten unterschiedlicher Auffassung waren. Mit Schriftsatz vom 8. Februar 2007 formulierten die Prozessbevollmächtigten der Kläger "noch einmal" die Aufforderung, den Klägern ein Restmüllgefäß von 30 I Fassungsvermögen zur Verfügung zu stellen, das zudem nur alle vier Wochen geleert werden solle. Mit einem weiteren Schriftsatz vom 1. März 2007 brachten die Prozessbevollmächtigten der Kläger zum Ausdruck, das Schriftstück vom 8. Februar 2007 sei als Widerspruch gegen den formlosen Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 4. Dezember 2006 zu verstehen.
Daraufhin erließ der Beklagte unter dem 23. April 2007 zwei Bescheide, mit denen er die Widersprüche der Kläger gegen den Ablehnungsbescheid vom 4. Dezember 2006 zurückwies. Hierbei zeigte er den Prozessbevollmächtigten der Kläger die satzungsrechtliche Situation auf: Nach § 11 Abs. 2 Buchstabe a AES sei bei einem Haushalt mit fünf Personen ein Behältervolumen von 12 I pro 14 Tage je Person vorzuhalten. Danach müsse die Familie der Kläger ein Abfallgefäß von 60 I Inhalt verwenden. § 15 AES biete die Möglichkeit, die Leerungsintervalle individuell zu wählen, wobei lediglich 13 Abfuhren aus Gründen der Hygiene und des Seuchenschutzes in Anspruch genommen werden müssten. Im letzten Jahre hätten die Kläger im Übrigen 15 Leerungen wahrgenommen. Im Vergleich zu den Vorjahren sei das Abfallaufkommen danach schwankend. Die Abfallsatzung entspreche den Vorgaben des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes zur Abfallvermeidung, - trennung und -verwertung in ausreichendem Maße.

Am 25. Mai 2007 haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben, zu deren Begründung sie vortragen: Ein personenbezogener Ansatz bei der Festlegung der Mindestabfallmenge sei zwar grundsätzlich zulässig. Jedoch müsse gesichert und gewährleistet sein, dass Anreize zur Müllvermeidung gegeben würden. Danach sei es fehlerhaft, keine kleineren als 60-Litergefäße herauszugeben, wenn unterstellt werde, dass mindestens alle vier Wochen eine Leerung stattfinden müsse. Ein gerechtes Abfallkonzept verlange, mit kleineren Müllbehältern eine Müllvermeidung zu erzielen. Dies sei technisch ohne Weiteres möglich. Die bei dem Beklagten eingesetzten Gefäße unterschieden sich in ihren Abmessungen nicht; lediglich die Bodenplatte sei unterschiedlich tief eingezogen. Bei einer weiteren Änderung der Bodenplatte nach oben seien auch kleinere Volumina möglich. Das Müllaufkommen auf ihrem Grundstück sei - wie auch bei weiteren Einwohnern deutlich geringer als von der Satzung angenommen. Sie könnten auf Leerungsprotokolle verweisen, wonach sie tatsächlich weniger Abfuhren in Anspruch genommen hätten als vorgeschrieben, wobei der 60 I fassende Behälter in keinen Falle restlos gefüllt gewesen sei. Dies könnten sie durch Fotografien belegen. Soweit die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts in Münster ein personenbezogenes Müllkonzept für zulässig erachte, stelle das Gericht jedoch klar, dass die Verwaltung auch das Gebot berücksichtigen müsse, wirksame Anreize zur Vermeidung, Getrennthaltung und Verwertung von AbfälIen zu schaffen. Dies werde in der Satzung des Stadtbetriebes nicht hinreichend verwirklicht. Namentlich seien Abfallgemeinschaften nur bis maximal fünf Personen zulässig und das Mindestleerungsvolumen betrage 60 I in vier Wochen. Damit sei die Satzung selbst unter Berücksichtigung des weiten Ermessensspielraums der Gemeinden rechtswidrig. Ältere Gerichtsentscheidungen auch des Oberverwaltungsgerichts berücksichtigten nicht hinreichend die Tendenzen, nach denen immer weniger Restmüll anfalle.

Die KIäger beantragen,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 4. Dezember 2006 und der Widerspruchsbescheide vom 23. April 2007 zu verpflichten, ihnen unter Rücknahme des bislang vorgehaltenen Abfallgefäßes einen Restmüllbehälter von 30 I Rauminhalt zur Verfügung zu stellen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er trägt vor: Der Stadtbetrieb habe in seiner Satzung die verschiedenen Anreize zur Abfallvermeidung, -trennung und -verwertung ausreichend dargelegt. Die Sparmöglichkeiten, welche die Kläger nach der Abfallsatzung hätten, seien umfassend in den Widerspruchsbescheiden erläutert worden. Die Mindestgröße des Restabfallgefäßes sei mit 60 I zutreffend festgelegt worden. Bei der Bestimmung der Abfallmenge pro Person und Woche gäbe es keine allgemein gültigen Richtwerte. Jede abfallentsorgungspflichtige Gemeinde müsse für ihr Gebiet z. B. durch entsprechende Beobachtungen der Befüllungsgrade bei den Restmüllgefäßen ein Mindestvolumen pro Person und Woche festlegen. Diese Ermittlung bedürfe jedoch keiner Rechtfertigung durch wissenschaftlich abgesicherte Erkenntnisse oder durch Gutachten. Insoweit sei die Anwendung von Wahrscheinlichkeitsmaßstäben statthaft. Der aktuelle Maßstab von 15 I pro Person in 14 Tagen sei ein wahrscheinlichkeitsnaher Wert. Soweit sich das Volumen im Vergleich zur früheren Rechtslage erhöht habe, solle damit sichergestellt werden, dass die grauen Abfallsäcke reduziert und illegale Müllablagerungen vermieden würden. lm Jahre 2000 habe er - der Beklagte - 27.700 graue Säcke ausgegeben, während deren Anzahl im Jahre 2002 bei 6.863 Säcken gelegen habe. Im Übrigen habe man beobachtet, dass früher die Müllgefäße oft überfüllt gewesen seien, so dass die Deckel hoch gestanden hätten und die Abfälle verdichtet bzw. gepresst worden seien. Eine Verpflichtung, das genaue Abfallvolumen für einzelne Haushalte festzulegen, bestehe nicht. In X. sei das festgelegte Mindestvolumen vergleichsweise niedrig und es könne durch Aussetzen der Leerungen weiter reduziert werden. Selbst bei Abfallsortierung und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass im Haushalt der Kläger keine Windeln mehr anfielen, entständen dort typische Restabfälle. Deren Menge weise Schwankungen auf, was sich auch daran zeige, dass die Kläger im Jahre 2006 mehr als die vorgeschriebenen Leerungen in Anspruch genommen hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig. Das Gericht hat das Rubrum auf der Seite der Beklagten von Amts wegen geändert. Nach § 78 Abs. 1 Nr. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit § 5 Abs. 2 des Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung sind Verpflichtungsklagen gegen dir Behörde zu richten, die den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat. Im vorliegenden Fall wurde der Antrag der Kläger vom 28. November 2006 mit Schreiben des Beklagten vom 4. Dezember 2006 ausdrücklich abgelehnt. Wenngleich das betreffende Schriftstück weder als "Verwaltungsakt" noch als "Bescheid“ oder als "Verfügung" bezeichnet wird und es entgegen § 58 Abs. 1 VwGG auch keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, erfüllt es alle Merkmale eines Verwaltungsakts. Dieser wurde vom Vorstand des Stadtbetriebes erlassen, der den Betrieb nach § 4 Abs. 4 Satz 1 BS "nach außen" vertritt; nach § 6 Abs. 1 BS wird er hierbei vom Verwaltungsrat überwacht. Behörden im Sinne des Verwaltungsprozessrechts sind solche Stellen, die durch organisationsrechtliche Rechtssätze gebildet, vom Wechsel ihrer Amtsinhaber unabhängig und nach der einschlägigen Zuständigkeitsregelung berufen sind, unter eigenem Namen für den Staat oder einen anderen Träger öffentlicher Verwaltung durch Verwaltungsakt zu entscheiden, vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NW), Beschluss vom 14. Mai 1985 - 3 A 135/85 -, Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte Band 38 S. 80.

Der Vorstand des Stadtbetriebs erfüllt alle diese Merkmale, so dass er als Behörde des .Betriebes der richtige Beklagte ist. vgl. insoweit auch - zur Behördeneigenschaft der Werkleitung eines kommunalen Eigenbetriebs - OVG NW, Urteil vom 7. Dezember 1988 - 22 A 1013/88 -, Die öffentliche Verwaltung (DÖV) 1989 S. 594.

Das nach damaligem Recht vor der Erhebung der Verpflichtungsklage vorgeschriebene Vorverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Spätestens mit dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 1. März 2007 stand zu diesem Zeitpunkt ein wirksamer Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid des Beklagten im Raum, der auch nicht verfristet war, weil dem angefochtenen Verwaltungsakt die Rechtsbehelfsbelehrung fehlte (vgl. hierzu § 58 Ab:s. 2 VwGO). In Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO hat der Beklagte den Widerspruch mit seinen Bescheiden vom 23. April 2007 zurückgewiesen. Damit war der Klageweg eröffnet.

In der Sache hat die Klage allerdings keinen Erfolg. Die Kläger können nicht beanspruchen, dass der Beklagte ihnen eine Mülltonne von 30 I Inhalt zur Verfügung stellt. Sie werden deshalb durch die dieses Begehren ablehnende Entscheidung nicht rechtswidrig in ihren Rechten verletzt im Sinne von § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

Eine Verpflichtungsklage ist begründet, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Rechtsvorschrift erfüllt sind, die als Rechtsfolge die Erteilung des begehrten Verwaltungsakts normiert. Eröffnet die Rechtsvorschrift der Behörde, gegen die sich die Klage richtet, einen Ermessensspielraum, setzt die Begründetheit der Verpflichtungsklage zudem eine Reduzierung des Ermessens voraus; andernfalls kann lediglich ein sogenanntes Bescheidungsurteil ergehen, mit welchem der Beklagte verpflichtet wird, über den bei ihm angebrachten Antrag neu zu entscheiden. Im vorliegenden Fall ist eine Anspruchsgrundlage für das Begehren der Kläger nicht gegeben.

Die Abfallentsorgungssatzung der Stadt X. (S. ) regelt abschließend, unter welchen Voraussetzungen und auf welche Weise die im Stadtgebiet gelegenen Grundstücke mit Abfallbehältern zu versorgen sind. Die Bestimmungen dieser Satzung sind entgegen der Rechtsansicht der Kläger wirksam.

Der Stadtbetrieb X. war befugt, die Abfallsatzung aufzustellen. Nach § 114 a Abs. 1 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westtalen (GO NW) kann die Gemeinde Unternehmen und Einrichtungen in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts errichten. Hierbei kann sie nach § 114 a Abs. 3 Satz 2 GO NW der Anstalt das Recht einräumen, an der Stelle der Gemeinde Satzungen für das der Anstalt übertragene Aufgabengebiet zu erlassen; ferner kann die Gemeinde zu Gunsten der Anstalt einen Anschluss- und Benutzungszwang vorschreiben, sofern die Voraussetzungen des § 9 GO NW erfüllt sind. Von diesen Bestimmungen hat die Stadt X. (S. ) rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht. Namentlich hat der Rat am 15. Juni 2000 zu Gunsten des Stadtbetriebes einen auf die öffentlichen Abwasseranlagen und die städtische Abfallbeseitigung bezogenen Anschluss- und Benutzungszwang festgelegt. Wenngleich die Abfallbeseitigung nicht ausdrücklich in § 9 GO NW als möglicher Gegenstand des Anschluss- und Benutzungszwanges genannt wird, findet diese Bestimmung über § 9 Abs. 1 a Satz 2 LAbfG auf die Abfallbeseitigung entsprechende Anwendung. Formelle Fehler der Satzung sind nach alledem nicht festzustellen.

Die materiellen Einwände, welche die Kläger gegen das Satzungsrecht des Stadtbetriebes erheben, greifen nicht durch. Insoweit machen sie zunächst geltend, auf ihrem Grundstück falle derart wenig Abfall in der Form des Restmülls an, dass sie lediglich eine 30 I fassende Tonne benötigten, die zudem nur alle vier Wochen geleert werden müsse. In der Rechtsprechung ist es indessen seit langem anerkannt, dass den zuständigen Körperschaften bei der Festlegung der Mindestabfallbehälterkapazität ein Ermessen eingeräumt ist, das gerichtlich nur eingeschränkt überprüft werden kann. Zusammenfassend führt das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 19. Dezember 2007 - 7 BN 6.07 -, zitiert nach "Juris", hierzu folgendes aus:

"Gemäß § 12 Abs. 2 AbfallS ist für Abfälle aus privaten Haushaltungen für jede Personn, die auf dem Grundstück wohnt, eine Mindestabfallbehälterkapazität von 15 I pro Woche bereitzuhalten. Für gewerbliche Siedlungsabfälle stellt die Satzung auf Einwohnergleichwerte ab, wobei nach Anlage 2 auf dem anschlusspflichtigen Grundstück beschäftigte Personen mit einem Ansatz von 0, 25 in Einwohnergleichwerte umgerechnet werden. Ist insoweit für jeden vollen Einwohnergleichwert eine Mindestabfallbehälterkapazität von 15 I pro Woche bereitzuhalten, so reduziert sich damit die vorzuhaltende Behälterkapazität gegenüber privaten Haushaltungen auf ein 1/4 je Person. Diese Differenzierung nach dem Herkunftsbereich der Abfälle ist sachgemäß. Wenn in Ziffer 1 der Anlage 2 in Bezug auf den Herkunftsbereich der Abfälle solche aus Industrie und Handwerk und solche aus öffentlichen Verwaltungen gleichgestellt werden, ohne bei der jeweiligen Branche einen Publikumsverkehr zu berücksichtigen, verstößt auch dies in einer solch typisierenden Betrachtungsweise nicht gegen den Gleichheitssatz. Dabei mag eine weitere Differenzierung der in Ziffer 1 der Anlage 2 zusammengefassten Herkunftsbereiche möglich sein, sie ist aber nicht geboten.
Denn im Rahmen seines Ermessens ist der Satzungsgeber nicht gehalten, den jeweils gewählten Maßstab derart weit auszudifferenzieren, dass möglichst jedem Einzelfall - im Sinne einer Einzelfallgerechtigkeit - entsprochen wird. Mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG ist bei festgestellter ungleicher Betroffenheit nur zu fragen, ob für die Differenzierung oder Nichtdifferenzierung sachlich einleuchtende Gründe bestehen, nicht hingegen, ob der Satzungsgeber die jeweils zweckmäßigste und gerechteste Lösung gefunden hat (Beschluss vom 25. März 1985 - BVerwG 8 B 11.84 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 53). Eine willkürliche Satzungsgestaltung kann ihm nur vorgeworfen werden, wenn sich kein sachlicher, aus der Natur der Sache einleuchtender Grund für eine Ungleichbehandlung finden lässt (UrteiI vom 21. Oktober 1994 - BVerwG 8 C 21.92 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 71 m.w.N.). Dieses satzungsgeberische Ermessen verbietet den Gerichten folglich auch die Prüfung, ob der vernünftigste, gerechteste oder wirklichkeitsnächste Maßstab gewählt worden ist (Beschluss vom 25. März 1985 - BVerwG 8 B 11.84 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 53). Dabei kann das Entscheidungsermessen des Satzungsgebers zusätzlich insbesondere vom Gesichtspunkt der Praktikabilität geleitet werden (Beschluss vom 19. März 1981 - BVerwG 8 B 10.81 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 2)."

Auch in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen ist geklärt, dass es rechtlich erlaubt und geboten ist, die Menge des zu erwartenden Abfalls durch Richtwerte pauschalierend zu quantifizieren und danach die Behältergröße für den einzelnen Haushalt nur noch eingeschränkt flexibel zu bestimmen, vgl. dazu den den Parteien bekannten Beschluss des OVG vom 23. März 2006 14 A 1219/04 -, nicht veröffentlicht.

Von dieser Befugnis zur Pauschalierung hat der Stadtbetrieb X. (S. ) im vorliegenden Fall rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht. Namentlich hat er nicht gleichsam "aufs Blaue" Abfallmengen festgeschrieben, die keinen Bezug zum realen Aufkommen haben. Nach der im Tatbestand dieses Urteils wiedergegebenen Historie war sich der Verwaltungsrat des Stadtbetriebes stets darüber im Klaren, dass die festzulegenden Mindestabfallmengen einen deutlichen Bezug zur Realität haben müssen. Dies zeigt eindeutig der Beschluss vom 2. April 2001, in dem zunächst 15 I Restmüll je Person für 14 Tage angenommen und gleichzeitig verlangt wurde, im folgenden Jahr Erfahrungen zu sammeln. Zwar erschließt sich aus der beigezogenen Akte betreffend den Erlass der Abfallentsorgungssatzung nicht eindeutig, auf welche Weise der Verwaltungsrat diese Erfahrungen eingeholt und in seine weiteren Entscheidungen eingebunden hat. Jedenfalls hat er die Überlegungen des zuständigen kommunalen Spitzenverbandes aus der Begründung zur Mustersatzung dieses Verbandes aufgegriffen, in denen ein Mindest-Restmüllvolumen von 15 I pro Person und Woche empfohlen wird. Nachdem diese Menge in § 11 AES bereits um die Hälfte unterschritten wird, indem dort als Mindestabfallmenge je Person lediglich 15 I in 14 Tagen bestimmt werden, bestand für den Verwaltungsrat des Stadtbetriebes keine Veranlassung, noch eingehendere Untersuchungen dazu anzustellen, wie hoch das Abfallaufkommen in X. (S. ) tatsächlich ist. Schließlich haben die mit dem Schriftslatz des Beklagten vom 2. April 2008 vorgelegten Zahlen wie auch die vom Gericht ausgewertete Abfallbilanz 2004 gezeigt, dass die in § 11 AES genannten Werte jedenfalls nicht überhöht sind. Der von den Klägern mehrfach angesprochenen "Anreizfunktion" zur Vermeidung, Getrennthaltung und Verwertung von Abfällen wird danach hinreichend entsprochen. Im Übrigen ist diese Anreizfunktion" nicht der alleinige Gesichtspunkt, an dem sich der Satzungsgeber bei der Aufstellung einer Abfallsatzung zu orientieren hat. Bei der Bemessung der Mindestmenge an Restabfällen, die über die öffentliche Abfallbeseitigung wegzuschaffen sind, muss auch in den Blick genommen werden, dass kein Anreiz entstehen darf, Restabfälle in die Landschaft zu kippen, sie über "gelbe Säcke" oder "grüne Tonnen" abholen zu lassen oder sie auf andere Weise rechtswidrig zu entsorgen. Allerdings heißt es zu diesem Gesichtspunkt in dem in der mündlichen Verhandlung erörterten Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 28. April 2005 - 14 A 2956/04 -, der Beklagte jenes Verfahrens habe die Kausalität einer geringen Dimensionierung des Behältervolumens für eine illegale Entsorgung lediglich behauptet, nicht jedoch dargelegt. Im vorliegenden Fall verhält es sich indessen durchaus anders. Der Beklagte hat nämlich in seinem Schriftsatz vom 25. Januar 2008 den Zusammenhang zwischen der Mindestbehältergröße und der Inanspruchnahme der sogenannten "grauen Säcke" sehr deutlich aufgezeigt. Ausweislich der dort mitgeteilten Zahlen besteht bei vielen Haushalten - und das wohl nicht nur in X. (S. ) - die Neigung, im Zweifelsfalle einer kleineren Mülltonne den Vorzug zu geben, um auf diese Weise Gebühren zu sparen. Dass sich hierbei manche Grundstückseigentümer in beträchtlichem Umfang verschätzen, wird aus der vom Beklagten dargestellten Kausalität deutlich. Der eine oder andere Abfallbesitzer wird aus Kostengründen geneigt sein, keinen grauen Abfallsack zu erwerben, sondern den "gelben Sack" in Anspruch zu nehmen, den er ohnehin in Küche oder Keller bereit hält. Auch unter dem Gesichtspunkt, dass kein Anreiz zur illegalen Abfallbeseitigung geschaffen werden darf, erweist sich danach die von dem Stadtbetrieb X. (S. ) gefundene Lösung als sachgerecht.

Die in der Abfallentsorgungssatzung genannten Mindestabfallmengen sind auch nicht unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung eingehend diskutierten Abfalldichte fehlerhaft. Die insoweit von dem Beklagten in seinem Schriftsatz vom 2. April 2008 mitgeteilte Annahme einer Abfalldichte von 0,25 Tonnen je Kubikmeter bewegt sich jedenfalls innerhalb einer vertretbaren Bandbreite. So wird beispielsweise im "Umweltbericht 2003" der (ehemaligen) Deutschen Ausgleichsbank (im Internet verfügbar über die Seiten www.kfw.de und dort mittels des Suchbegriffs "Abfalldichte") in der Tabelle 16 für hausmüllähnlichen gewerblichen Abfall wie auch für gemischte Siedlungsabfälle eine Abfalldichte von 0,3 Tonnen je Kubikmeter angenommen. Legte man der von dem Beklagten auf Blatt 2 seines Schriftsatzes vom 2. April 2008 ausgewiesenen Tabelle diesen Wert zugrunde, beliefe sich das Restabfallvolumen pro Einwohner in 14 Tagen immer noch auf 12,68 Liter bis 13,99 Liter. Das in § 11 Abs. 2 Buchstabe a AES ausgewiesene Behältervolumen erweist sich danach als nicht überhöht, zumal es statthaft ist, eine gewisse Volumenreserve einzuplanen, damit auch von Fall zu Fall aufkommende Abfallspitzen schadlos beseitigt werden können.
Soweit die Kläger unter Bezugnahme auf den bereits zitierten Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 23. März 2006 beanstanden, anders als in dem dort entschiedenen Fall bestehe in X. (S. ) keine Möglichkeit, das Mindestrestabfallbehältervolumen auf Antrag zu senken, nehmen sie nicht hinreichend die in § 15 Abs. 1 AES getroffene Regelung zur Kenntnis. Danach sind sie ohne Weiteres, also auch ohne einen zuvor bei dem Beklagten zu stellenden Antrag, befugt, bei 26 Regelabfuhren im Jahr auf 13 Abfuhren zu verzichten, indem sie ihre Mülltonne nur alle vier Wochen an die Straße stellen. Machen die Kläger hiervon Gebrauch, vermindert sich die Mindestabfallmenge des § 11 Abs. 2 AES um bis zur Hälfte der dort genannten Werte. Eine darüber noch hinausgehende Möglichkeit zur Reduzierung verlangt auch die in § 9 LAbfG bezeichnete "Anreizfunktion" offensichtlich nicht.

Nach alledem erweisen sich die Einwendungen der Kläger gegen die Wirksamkeit der Abfallentsorgungssatzung des Stadtbetriebs X. (S. ) als nicht begründet. Nach der Bestimmungen dieser Satzung müssen sie für ihren fünf Personen umfassenden Haushalt eine Mülltonne von 60 I Fassungsvermögen vorhalten.

Einen Rechtsanspruch darauf, dass ihnen der Beklagte ein kleineres Gefäß zur Verfügung stellt, besteht danach nicht.

Die Kammer glaubt den Klägern ohne weiteres, dass sie das ihrem Haushalt zugewiesene Behältervolumen während zahlreicher Wochen des Jahres nicht in Anspruch nehmen. Es wurde indessen schon weiter oben mitgeteilt, dass die Gemeinden und deren Eigenbetriebe grundsätzlich befugt sind, Mindestabfallmengen festzusetzen und hierbei zu pauschalieren. Dass die Kläger auf diese Weise Gebühren entrichten müssen für Abfälle, die bei ihnen gar nicht anfallen, lässt sich nicht vermeiden.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO.

Die Kammer sieht davon ab, die Berufung zuzulassen weil die in § 124 Abs. 2 Nrn. 3 oder 4 VwGO bezeichneten Voraussetzungen nicht vorliegen.

RechtsgebieteVerwaltungsrecht, AbfallrechtVorschriften§ 9 Abs. 1 LAbfG

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