07.12.2006 · IWW-Abrufnummer 063595
Bundesfinanzhof: Urteil vom 07.11.2006 – VI R 58/04
Im Rahmen einer Betriebsveranstaltung an alle Arbeitnehmer überreichte Goldmünzen unterliegen nicht der Pauschalierungsmöglichkeit des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG.
Gründe:
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt ein Unternehmen. Sie beschäftigte in den Streitjahren 1999 und 2000 rund 100 Arbeitnehmer.
Im Rahmen der in den Streitjahren durchgeführten Weihnachtsfeiern erhielten die Arbeitnehmer der Klägerin Krügerrand-Goldmünzen im Wert von ca. 550 DM pro Stück. Die Übergabe der Münzen erfolgte in der Weise, dass in einem Vorraum zu dem eigentlichen Veranstaltungssaal, in dem das Weihnachtsessen stattfinden sollte, den Arbeitnehmern jeweils eine oder ausnahmsweise auch zwei Goldmünzen überreicht wurden. Die Übergabe der Münzen wurde vom Buchhalter der Klägerin aufgezeichnet. Der Wert der zugewendeten Goldmünzen betrug im Streitjahr 1999 insgesamt 58 603 DM und im Streitjahr 2000 insgesamt 65 508 DM. Diese Beträge unterwarf die Klägerin gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) dem Pauschsteuersatz von 25 v.H.
Im Anschluss an eine bei der Klägerin durchgeführte Lohnsteuer-Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Auffassung, die Goldmünzen seien nicht aus Anlass einer Betriebsveranstaltung zugewendet worden und versagte deshalb die Anwendung des Pauschsteuersatzes von 25 v.H. Das FA forderte von der Klägerin gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG Lohnsteuer sowie Kirchenlohnsteuer und Solidaritätszuschlag nach.
Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 282 veröffentlichten Gründen ab. Die Zuwendung der Goldmünzen sei nicht durch die Betriebsveranstaltungen veranlasst. Die Weihnachtsfeiern hätten nur eine günstige Gelegenheit dargestellt, die Münzen an jeden Beschäftigten auszugeben, ohne dass dadurch ein innerer Zusammenhang mit den Veranstaltungen hergestellt worden sei.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und den Nachforderungsbetrag herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision der Klägerin ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Zuwendung der Krügerrand-Goldmünzen nicht mit dem Pauschsteuersatz des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG besteuert werden konnte, sondern dem pauschalen Steuersatz des § 40 Abs. 1 EStG unterlag.
1. Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 v.H. erheben, wenn er Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen zahlt. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind dies nur solche Zuwendungen, die den Rahmen und das Programm der Betriebsveranstaltung betreffen (BFH-Urteil vom 7. Februar 1997 VI R 3/96, BFHE 182, 559, BStBl II 1997, 365). Neben dem Wert der Betriebsveranstaltung als solcher gehören hierzu auch Zuwendungen, die durch das Programm der Veranstaltung bedingt sind und für Betriebsveranstaltungen nicht untypisch sind. Zuwendungen, die mit der Betriebsveranstaltung nicht in einem sachlichen Zusammenhang stehen, sondern nur bei Gelegenheit der Veranstaltung überreicht werden, können folglich nicht nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG pauschal besteuert werden (vgl. Schmidt/Drenseck, EStG, 25. Aufl., § 40 Rz. 13; Wagner in Herrmann/Heuer/Raupach, § 40 EStG Anm. 38; Blümich/Heuermann, § 40 EStG Rz. 97; Trzaskalik, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 40 Rdnr. C 6; Seifert in Korn, § 40 EStG Rz. 31; Wierschem in Bordewin/Brandt, § 40 EStG Rz. 44). Zweck des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG ist es, für solche Betriebsveranstaltungen, die zum Zufluss von Arbeitslohn führen, die Möglichkeit einer günstigeren Pauschalbesteuerung durch den Arbeitgeber zu eröffnen. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Arbeitgeber in derartigen Fällen kaum die Möglichkeit hat, die von ihm zur Betriebsveranstaltung eingeladenen Arbeitnehmer im Wege des Lohnsteuerabzugs mit der auf die Betriebsveranstaltung entfallenden Lohnsteuer zu belasten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 182, 559, BStBl II 1997, 365).
2. Im Streitfall hat die Klägerin die Goldmünzen nicht aus Anlass der Betriebsveranstaltungen gewährt, wie das FG zutreffend erkannt hat. Sie hat vielmehr lediglich die Gelegenheit der Weihnachtsfeiern genutzt, um den Arbeitnehmern die frei verfügbaren Krügerrand-Münzen zu übergeben. Ein sachlicher Zusammenhang zwischen der Zuwendung der Goldmünzen und den Betriebsveranstaltungen bestand --entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung-- insbesondere auch nicht deshalb, weil die Klägerin die Weihnachtsfeiern programmgemäß so gestaltet hatte, dass den anwesenden Arbeitnehmern im Rahmen der Veranstaltungen die Münzen ausgehändigt wurden. Zum einen bedingt die Veranstaltung einer Weihnachtsfeier nicht die Ausgabe von Goldmünzen. Zum anderen ist die Zuwendung von Goldmünzen an alle bei einer Betriebsveranstaltung anwesenden Arbeitnehmer --anders als z.B. die Durchführung einer Tombola oder Verlosung-- eine für eine Betriebsveranstaltung untypische Programmgestaltung. Zudem hätte die Zuwendung der Goldmünzen auch völlig losgelöst von den Weihnachtsfeiern vorgenommen werden können. Unerheblich ist insoweit, ob die bedachten Arbeitnehmer einen Anspruch auf die Goldmünzen hatten oder ob ihnen noch Weihnachtsgeld zustand.
Zwar trifft es zu, dass die Gestaltung des Rahmens und des Programms einer Betriebsveranstaltung grundsätzlich Sache des Arbeitgebers ist. Indessen erlangt der Arbeitgeber hierdurch keine Dispositionsbefugnis über die seinem Tun zuzuordnenden Rechtsfolgen. Dementsprechend enthebt auch eine vom Arbeitgeber gewählte Programmgestaltung nicht davon, im Einzelfall zu prüfen, ob die in Frage stehende Zuwendung durch die betreffende Betriebsveranstaltung veranlasst war. Würde man für Fälle wie dem vorliegenden Zuwendungen "aus Anlass von Betriebsveranstaltungen" bejahen, so hätte dies zur Folge, dass man z.B. auch ein 13. Monatsgehalt oder eine Weihnachtsgratifikation pauschal mit 25 v.H. besteuern könnte, wenn nur die Auszahlung programmgemäß auf einer Betriebsveranstaltung vorgenommen würde. Dafür ist die Pauschalierungsmöglichkeit des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG nach ihrem oben dargelegten Zweck indessen nicht gedacht. Eine solche Auslegung entspricht auch nicht dem Wortlaut der Vorschrift. Im Schrifttum wird daher ebenfalls zu Recht die Auffassung vertreten, dass die Zuwendung von Goldmünzen an alle bei einer Betriebsveranstaltung anwesenden Arbeitnehmer grundsätzlich nicht zur Lohnsteuerpauschalierung nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG berechtigt (z.B. Blümich/Heuermann, § 40 EStG Rz. 97; Eisgruber in Kirchhof, EStG, 6. Aufl., § 40 Rn. 21; Seifert in Korn, § 40 EStG Rz. 31).