14.02.2008 · IWW-Abrufnummer 080484
Finanzgericht München: Urteil vom 23.10.2007 – 6 K 3092/05
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Az.: 6 K 3092/05
Finanzgericht München
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In der Streitsache XXX
wegen Einkommensteuer 2000 und 2001
hat das Finanzgericht München, 6. Senat, durch XXX aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2007 für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Rechtsmittelbelehrung XXX
Gründe:
I.
Streitig ist für die Veranlagungszeiträume 2000 und 2001 die Berücksichtigung von Prozess-und Anwaltskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Die Kläger sind zusammenveranlagte Ehegatten.
Der Kläger erzielte in den Streitjahren - neben anderen Einkünften - Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Der Kläger hat 1990 von seiner Schwester ein Vermietungsobjekt (Getränkemarkt) erworben. Bei dem Erwerb wurde vereinbart, dass der Kläger die in Zusammenhang mit dieser Immobilie bestehende Zahlungsverpflichtung der Schwester an den Vater, bzw. die Mutter, auf deren Lebenszeit einen monatlichen Betrag von 2.500 DM als Leibrente zu leisten, übernimmt. Dieser Getränkemarkt wurde auch in den Streitjahren vermietet.
Mit den Einkommensteuererklärungen für 1990 bis 1992 machte der Kläger die Zahlungen in vollem Umfang als dauende Last bei den Sonderausgaben geltend. Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) erkannte, auch nach finanzgerichtlicher Klärung, die Zahlungen des Klägers lediglich mit dem Ertragsanteil als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung an. In Zusammenhang mit Zivilprozessen auf Schadensersatz wegen Falschberatung gegen den damaligen steuerlichen Berater entstanden dem Kläger im VZ 2000 Anwalts- und Prozesskosten in Höhe von 22.882,20 DM und Anwaltskosten im Jahr 2001 in Höhe von 9.109.48 DM. Diese Kosten machte der Kläger in den jeweiligen Einkommensteuererklärungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend.
Das FA erkannte diese Beträge im Rahmen der Einkommensteuerveranlagungen für 2000 und 2001 nicht an.
Gegen den Einkommensteuerbescheid für 2000 vom 18. Juni 2002, bzw. gegen den Einkommensteuerbescheid für 2001 vom 1. August 2002 legten die Kläger jeweils Einspruch ein.
Änderungsbescheide vom 29. August 2002 für den VZ 2001 bzw. jeweils vom 4. Juli 2005 ergingen aus hier nicht entscheidungsrelevanten Gründen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 6. Juli 2005 wurden die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen:
- Die steuerliche Qualifikation von Beratungs- und Prozesskosten richte sich nach dem zugrundeliegenden Streitgegenstand. Zweck des Prozesses gegen den ehemaligen Steuerberater sei es gewesen, die nach Meinung des Klägers falsche Beratung hinsichtlich des Sonderausgabenabzugs verursachte Einkommensteuermehrbelastung im Wege des Schadensersatzes auszugleichen. Ein derartiger Schadensersatz wäre steuerfrei, er fiele unter keine Einkunftsart des Einkommensteuergesetzes.
- Der Prozess habe keine Auswirkung auf den Zufluss oder die Miethöhe gehabt, er habe nicht deren Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung gedient. Ein Abzug als Werbungskosten komme nicht in Betracht.
- Die Prozesskosten seien auch keine Steuerberatungskosten im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Der Begriff Steuerberatungskosten umfasse die Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen dadurch entstehen, dass er zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten und zur Wahrung seiner steuerlichen Rechte fremde Hilfe in Anspruch nehmen müsse. Die dem Kläger entstandenen Prozesskosten dienten nicht der steuerlichen Beratung. Ihre Ursachen lägen in der Durchsetzung eines zivilrechtlichen Schadensersatzanspruches.
Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Klage vom 11. August 2005:
- Durch den Schadensersatzprozess seien die Führung des „Unternehmens Mietobjekt“ und damit die Erzielung von Mieteinkünften betroffen gewesen. Der Zivilprozess wäre nicht denkbar gewesen, wenn sich die Kläger nicht entschlossen hätten, durch die Übernahme des Mietobjekts weitere Einkünfte zu erzielen. Bei erfolgreicher Geltendmachung der Schadensersatzansprüche wären als Konsequenz Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung erzielt worden.
- Vorliegend könne nicht von Bedeutung sein, ob die Leistungsstörung, die der Kläger in seiner Eigenschaft als Unternehmer rüge, zu einer Belastung im privaten oder unternehmerischen Bereich geführt habe, da ausschließlich Ansprüche aus einem Vertrag gerichtlich geltend gemacht worden seien, der aus unternehmerischer Motivation heraus geschlossen worden sei und damit den unternehmerischen Bereich des Klägers betreffe.
- Derselbe Sachverhalt bei einer GmbH hätte unproblematisch zu Betriebsausgaben geführt.
- Hilfsweise komme ein Ansatz der Prozess- und Anwaltskosten als weitere Streuerberatungskosten in Betracht. Hierunter fielen alle durch die Unübersichtlichkeit des Steuerrechts erwachsenden Beratungskosten, die in Zusammenhang mit dem Besteuerungsverfahren stünden.
Änderungsbescheide für die Streitjahre vom 22. August 2005 für 2005 enthalten erweiterte Vorläufigkeitsvermerke, die Höhe der jeweiligen Steuerfestsetzung blieb unverändert.
Die Kläger beantragen,
1. unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids für 2000 vom 18. Juni 2002, in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 6. Juli 2005, geändert durch Bescheid vom 22. August 2005, die Einkommensteuer für 2000 auf 30.658,08 € (= 59.962 DM) herabzusetzen;
2. unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids für 2001 vom 1. August 2002, in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 6. Juli 2005, geändert durch Bescheid vom 22. August 2005, die Einkommensteuer für 2001 auf 27.714,07 € (= 54.204 DM) herabzusetzen;
3. die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären;
4. hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Beschluss vom 18. April 2007 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Einspruchsentscheidung vom 6. Juli 2005, die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Am 23. Oktober 2007 fand der Termin der mündlichen Verhandlung statt. Auf die Niederschrift wird verwiesen.
II.
1.) Die Klage ist unbegründet.
a) Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes –EStG–) sind alle Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Voraussetzung für die Berücksichtigung von Werbungskosten ist, dass ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 15. November 2005 IX R 3/04, BFH/NV 2006, 667).
Prozesskosten teilen als Folgekosten die einkommensteuerrechtliche Qualifikation derjenigen Aufwendungen, die Gegenstand des Prozesses waren. Prozesskosten des Vermieters sind Werbungskosten, wenn der Rechtsstreit sachlich mit dem Mietverhältnis zusammenhängt.
Dieser sachliche Zusammenhang fehlt im Streitfall. Ein unmittelbarer Zusammenhang der Schadensersatzprozesse mit dem Mietverhältnis besteht nicht. Aber auch ein wirtschaftlicher Zusammenhang ist nicht gegeben. Dies haben die Kläger selbst dadurch dokumentiert, dass sie die Zahlungen an die Eltern in vollem Umfang als dauernde Last bei den Sonderausgaben berücksichtigt haben wollten. Der „Schaden“ der Kläger liegt also nicht darin, dass bei der Ermittlung ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu ihrem Nachteil abgewichen worden wäre. Wäre den Klägern ein Schadensersatz zugesprochen worden, hätte dies zu keinen Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung geführt, denn es hätte sich weder um Entgelt für eine Nutzungsüberlassung oder um Ersatz für Ausgaben, die zuvor als Werbungskosten abgezogen wurden, gehandelt.
Der Hinweis auf eine Abziehbarkeit entsprechender Aufwendungen bei einer GmbH geht schon deswegen fehl, weil eine Kapitalgesellschaft aus körperschaftsteuerlicher Sicht über keine außerbetriebliche Sphäre verfügt (ständigen Rechtsprechung des BFH, vgl. Urteil vom 22. August 2007 I R 32/06, veröffentlicht am 24. Oktober 2007).
b) Es handelt sich aber auch nicht um Steuerberatungskosten im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG a.F.. Auch wenn der Begriff der Steuerberatungskosten weit auszulegen ist, ist erforderlich, dass die Aufwendungen für eine Beratung in steuerlichen Angelegenheiten entstanden sind. Die streitgegenständlichen Prozesskosten betreffen einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch und dienten nicht einer steuerlichen Beratung.
2.) Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 FGO gegeben ist.
3.) Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.