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16.01.2002 · IWW-Abrufnummer 020069

Stellungnahme vom 01.11.2001 – 56/01


Berlin, im November 2001
Nr. 56 / 2001

Stellungnahme

des Strafrechtsausschusses des DeutschenAnwaltVereins

Mitglieder: Rechtsanwalt und Notar Eberhard Kempf, Frankfurt (Vorsitz)
Rechtsanwalt und Notar Günter Bandisch, Bremen
Rechtsanwalt Rüdiger Deckers, Düsseldorf
Rechtsanwalt Rainer Endriß, Freiburg
Rechtsanwalt Prof. Dr. Rainer Hamm, Frankfurt a.M.
Rechtsanwältin Gabriele Jansen, Köln
Rechtsanwalt Dr. Stefan König, Berlin
Rechtsanwalt Georg Prasser, Stuttgart
Rechtsanwalt Michael Rosenthal, Karlsruhe
Rechtsanwalt Prof. Dr. Franz Salditt, Neuwied
Rechtsanwältin Dr. Heide Sandkuhl, Potsdam
Rechtsanwalt Dr. Rainer Spatscheck, Köln

Rechtsanwältin Tanja Albert, Berlin (Geschäftsführerin des DAV)


zu der
Aufnahme der Steuerhinterziehung in den Vortatenkatalog
der Geldwäsche (§ 261 StGB) und der Einführung eines
Verbrechenstatbestandes ?Gewerbsmäßige Steuerhinterziehung?
als § 370a AO

Berichterstatter: Rechtsanwalt und Notar Eberhard Kempf, Frankfurt a.M.
Rechtsanwalt Dr. Rainer Spatscheck, Köln

Verteiler:

Bundesministerium des Innern
Bundesministerium der Justiz
Rechtsausschuss und Innenausschuss des Deutschen Bundestages
Vorsitzender des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages, Prof. Dr. R. Scholz
Vorsitzende des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, Ute Vogt
Landesjustizverwaltungen
Bundesgerichtshof
Generalbundesanwaltschaft

Vorstand des Deutschen Anwaltvereins
Landesverbände des Deutschen Anwaltvereins
Vorsitzende der Gesetzgebungsausschüsse des Deutschen Anwaltvereins
Strafrechtsausschuss des Deutschen Anwaltvereins
Geschäftsführender Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Strafrecht des Deutschen Anwaltvereins
Strafrechtsausschuss der Bundesrechtsanwaltskammer
Vorsitzende des Strafrechtsausschusses des KAV, BAV
Vorsitzende des Forums Junge Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte des DAV

Deutscher Strafverteidiger e.V., Frau Regina Michalke
Regionale Strafverteidigervereinigungen
Organisationsbüro der Strafverteidigervereinigungen und -initiativen

Arbeitskreise Recht der im Bundestag vertretenen Parteien
Deutscher Richterbund

Strafverteidiger-Forum (StraFo)
Neue Zeitschrift für Strafrecht, NStZ
Strafverteidiger

Prof. Dr. Jürgen Wolter, Universität Mannheim
ÖTV, Abteilung Richterinnen und Richter
Deutscher Juristentag (Präsident und Sekretär)
Prof. Dr. Schöch, LMU München

Stellungnahme des Strafrechtsausschusses des DAV zu der Aufnahme der Steuerhin-terziehung in den Vortatenkatalog der Geldwäsche (§ 261 StGB) und der Einführung eines Verbrechenstatbestands ?Gewerbsmäßige Steuerhinterziehung? als § 370 a AO

Berichterstatter: Rechtsanwalt und Notar Eberhard Kempf
Rechtsanwalt Dr. Rainer Spatscheck

I. Die vorgeschlagene Gesetzesänderung

Die Bundesregierung plant im Rahmen der aktuellen Gesetzesvorhaben, den Straftatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) in den Katalog der tauglichen Vortaten einer Geldwäsche (§ 261 StGB) einzubeziehen. Dem Ausschuss liegt ein Vorschlag vor, einen eigenen Verbrechenstatbestand der ?Gewerbsmäßigen Steuerhinterzie-hung? in § 370 a AO zu schaffen. Dieser soll lauten:

?Mit Freiheitsstrafe von 12 Monaten bis zu 10 Jahren wird bestraft, wer (in großem Ausmaß) gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande Steuern verkürzt oder nicht berechtigte Steuervorteile erlangt.?

Ein solcher Straftatbestand wäre als Verbrechen gemäß § 261 Abs. 1 Nr. 1 StGB automa-tisch taugliche Vortat der Geldwäsche. § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB soll im übrigen dahin ge-hend ergänzt werden, dass auch gewerbsmäßige Steuerhinterziehung zur tauglichen Vortat von Geldwäsche wird

?für unrechtmäßig erlangte Steuervorteile sowie für Vermögensbestandtei-le, hinsichtlich derer Abgaben hinterzogen worden sind.?

Der Deutsche Anwaltsverein wendet sich entschieden gegen eine derartige Änderung der bestehenden Rechtslage. Die vorgeschlagene Gesetzesänderung würde in unverhältnismäßiger Weise die Rechtsberatung des Steuerbürgers in einer Vielzahl von Besteuerungs-, Steuerstreit- und Steuerstrafverfahren beeinträchtigen. Zudem enthält der Vorschlag einige gesetzestechnische Fehler und versteckte, gravierende Änderungen der geltenden Gesetzessystematik.

II. Geldwäsche und Steuerhinterziehung

1. Die Vorschrift der Geldwäsche in § 261 StGB wurde 1992 zur Bekämpfung der sogenannten ?organisierten Kriminalität? - also bestimmten und besonders strukturierten Fällen der Schwerkriminalität - in das Gesetz eingefügt, um die Grenzli-nie zwischen legaler und Schattenwirtschaft deutlicher zu markieren. Zum einen soll dadurch verhindert werden, dass die Herkunft von kriminell erwirtschafteten Gewinnen verschleiert und diese Erträge in den allgemeinen Wirtschaftskreislauf eingeschleust werden. Hierzu wird deren gezieltes Verbergen oder Verschleiern unter Strafe gestellt (Abs. 1). Zum anderen sollen die erzielten Gewinne ver-kehrsunfähig gemacht und der Vortäter auf diesem Wege isoliert werden. Zu diesem Zweck wird bereits die Annahme der aus bestimmten Vortaten stam-menden Beträge unter Strafe gestellt (Abs. 2).

2. Der Straftatbestand ist bereits in seiner derzeitigen Form gesetzestechnisch missglückt. Insbesondere der vom Gesetz vorausgesetzte Zusammenhang zwi-schen der Vortat und dem tatbestandlichen ?Gegenstand? - durch das Gesetz mit dem Verb ?herrühren? beschrieben - war von Beginn an unklar und ist dies noch heute. Während nämlich Hehlerei (§ 259 StGB) nur an der ganz konkret aus der Vortat stammenden Beute möglich ist, also z.B. nur an den Geldscheinen verübt werden kann, die aus einem Bankraub stammen, und die sog. ?Ersatzhehlerei? nicht strafbar ist, lässt § 261 StGB jedes ?Herrühren? aus einer Vortat ausrei-chen. Wenn aus Betrug stammendes Geld in das Vermögen des Vortäters ein-mal integriert ist, ?infiziert? es damit das ganze Vermögen, ohne dass der Ge-setzgeber dem eine Grenze gezogen hätte.

3. Die Steuerhinterziehung, alles andere als ein typische Straftat organisierter Kri-minalität, gehört also nicht in die Kategorie der Delikte, wegen der der Tatbe-stand der Geldwäsche eingeführt wurde. Konsequenterweise blieb die Steuerhin-terziehung in dem zwischenzeitlich mehrfach erweiterten Vortatenkatalog des § 261 StGB bislang unerwähnt. Steuerhinterziehung ist zwar oftmals eine Be-gleittat, kaum einmal aber die Ursprungstat, aus der die vom Gesetzgeber sei-nerzeit ins Auge gefassten kriminellen Gewinne stammen. Dies gilt gerade im Hinblick auf den großen Bereich der Ertragsteuern. Die zu besteuernden Erträge müssen hier zwangsläufig zunächst aus anderen (legalen) Einkunftsquellen ent-springen, ehe ein Teil dieser Erträge vom Staat als Steuer beansprucht und dann ggf. hinterzogen werden kann. In den überwiegenden Fällen schließen sich Ver-mögensstraftaten und Steuerhinterziehung bereits deshalb aus, weil strafbarer Erwerb nicht steuerbar ist. Steuerhinterziehung ist insofern ein Delikt der ?erspar-ten Aufwendungen? beim Steuerpflichtigen, nicht aber ein Vergehen, welches ei-genständige Erträge hervorbringt. Allein im Bereich der Zölle und Verkehrsteuern sind Fälle denkbar, in denen Taten nach § 370 AO zur Erzielung von originär kriminellen Gewinnen begangen werden können. In der Praxis werden diese Fallkonstellationen, insbesondere die sog. ?Umsatzsteuerkarusselle? und die Fäl-le des Zigarettenschmuggels von der existierenden Regelung des § 261 StGB über den Tatbestand der kriminellen Vereinigung (§ 129 StGB) und des ge-werbsmäßigen Schmuggels bzw. der Steuerhehlerei (§§ 373, 374 AO) bereits als Vortaten von § 261 StGB erfasst.

III. Allgemeine Konsequenzen der vorgeschlagenen Gesetzesänderung

Der vorliegende Gesetzesvorschlag sprengt die empfindliche Systematik des Geldwäschetatbestands. Er führt zu einer Reichweite des Straftatbestands von unabsehbarem Ausmaß.

1. Da im Regelfall der Steuerhinterziehung ?der Vorteil? des Täters darin besteht, dass die rechtlich entstandene Steuerschuld nicht abgeführt wird, taucht der vermögenswerte Vorteil im Vermögen des Täters nicht eindeutig abgrenzbar auf. Die ?Befreiung? von der Steuerpflicht betrifft vielmehr das Gesamtvermögen.

2. Der Gesetzesentwurf versucht dieses Problem zu umgehen, indem er den Beg-riff des Tatobjekts für die Steuerhinterziehung in § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB des Entwurfs erweitert um die ?Vermögensbestandteile, hinsichtlich derer Abgaben hinterzogen worden sind?. Bliebe es bei dieser Formulierung, dürfte zum Bei-spiel niemand an einer erbrechtlichen oder eherechtlichen Auseinandersetzung von Vermögen mitwirken, bei dem es eine Steuerhinterziehung im Sinne des Entwurfs gegeben hat.

3. Ob aber überhaupt eine solche Abgrenzung der betroffenen Vermögensbestand-teile vom Gesamtvermögen möglich ist, erscheint äußerst fraglich, da der Bun-desgerichtshof im Zusammenhang mit der Auslegung von § 257 StGB (Begüns-tigung) entschieden hat (Az: 5 StR 746/97 vom 26.10.1998, wistra 1999, 103), dass sich der ?Vorteil? der Vortat im Falle der Steuerhinterziehung im gesamten Vermögen des Betroffenen darstellt, wenn sich darin - unabtrennbar - die nicht abgeführte Steuerlast befindet. Damit würde im Ergebnis jedermann, der Geld von einem Täter der Steuerhinterziehung annimmt, nach der Gesetzesänderung den objektiven Tatbestand der Geldwäsche nach § 261 Abs. 2 StGB erfüllen! Über die Strafbarkeit entscheidet dann nur noch, ob der Leistungsempfänger die Begehung einer Steuerhinterziehung durch seinen Gegenüber (z.B. bei einer ?auffälligen? Barzahlung) für möglich hält oder auch nur leichtfertig darüber hin-wegsieht (vgl. § 261 Abs. 5 StGB).

4. Die vom Gesetzgeber angestrebte ?Isolation? des Vortäters ließe sich mittels Aufnahme der Steuerhinterziehung in den Vortatenkatalog tatsächlich perfektionie-ren. Sie würde in einem abstrusen Ausmaß eintreten. Sobald öffentlich bekannt ist, dass gegen bestimmte Personen (vgl. bspw. die durch die Presse öffentlich bekannt gewordenen Ermittlungsverfahren gegen bekannte Sportler oder Politi-ker) ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren geführt wird, wäre die Allge-meinheit im Sinne des § 261 StGB bösgläubig. Die betroffenen Beschuldigten könnten noch nicht einmal Alltagsgeschäfte tätigen, ohne dass ihre Geschäfts-partner der Gefahr ausgesetzt wären, wegen einer Straftat nach § 261 StGB ver-folgt zu werden. Ein Unternehmen, hinsichtlich dessen bekannt wird, dass der Vorwurf der Steuerhinterziehung erhoben wird, müsste den Geschäftsbetrieb einstellen. Denn fortan dürften die Lieferanten kein Geld mehr annehmen und die Arbeitnehmer keinen Lohn mehr empfangen ﷓ schließlich wäre jede Bezah-lung, wenn sich die Vorwürfe als richtig herausstellen, ein taugliches Geldwä-scheobjekt.

Ob es gelingen kann, solche Konsequenzen durch das Merkmal der Gewerbs-mäßigkeit einzugrenzen, wäre wegen der mit den Jahressteuererklärungen Jahr für Jahr neu begangenen Taten außerordentlich zweifelhaft.

IV. Konsequenzen für die Rechtsberatung in Steuer- und Steuerstrafsachen

Die Aufnahme der Steuerhinterziehung in den Vortatenkatalog des Geldwäschetatbestands würde in besonderer Weise Rechtsberatung in Steuer- und in Steuerstraf-sachen nahezu unmöglich machen. Dies gilt für Fälle einer tatsächlich begangenen oder von den Ermittlungsbehörden im Rahmen eines ersten ?Verdachts? zu Unrecht angenommenen Steuerhinterziehung gleichermaßen. Eine Beschränkung der Geset-zesänderung auf besonders schwere Hinterziehungsfälle wird an diesem Ergebnis wenig ändern können.

Nach der neuesten Rechtsprechung des BGH sind die Regelungen des § 261 StGB ohne jede Einschränkung auf die Tätigkeit von Strafverteidigern und Rechtsanwälten anzuwenden (BGH 2 StR 513/00 vom 4.7.2001, NJW 2001, 2891). Unbeachtlich al-ler Einwände, die gegen diese Rechtsprechung zu erheben sind, wäre eine weitere Folge der geplanten Änderung des § 261 StGB, dass die zumindest faktische Ver-hinderung von Wahlverteidigung auf den großen Bereich der Steuerstrafverteidigung ausgedehnt würde. Auch für eine steuerliche - und letztlich allgemeine - Beratung dürfte der Rechtsanwalt nach Kenntnis des Vorwurfs der Steuerhinterziehung kein Honorar mehr annehmen. Selbst wenn der Berater kein sicheres Wissen von der Steuerhinterziehung seines Mandanten hat, sondern es nur für möglich hält, dass die vorangegangene Behandlung der steuerlichen Angelegenheiten durch den Mandan-ten den Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt, ändert dies das Dilemma des Anwalts nicht. Denn eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche ist nicht auf die sichere Kenntnis vom Vorliegen einer Vortat beschränkt. Im Gegenteil, selbst wenn der An-walt nur grob fahrlässig verkennt, dass eine Steuerhinterziehung vorliegen könnte, macht er sich wegen leichtfertiger Geldwäsche nach § 261 Abs. 5 StGB strafbar.

Die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige (§ 371 AO) hilft zunächst zwar dem so beratenen Mandanten, nicht aber dem Anwalt: Denn dieser persönliche Strafausschließungsgrund hat keinen Einfluss auf das Vorliegen einer rechtswidrigen Vor-tat im Sinne des Geldwäschetatbestands. Dadurch wird aber letztlich die Beratung bei einer Selbstanzeige unmöglich gemacht.

Prozessual kommt hinzu, dass der Anwalt persönlich bei vorliegendem Verdacht der Vortat automatisch in den Verdacht der Geldwäsche gerät. Infolge dieses Ver-dachts können gegen den Anwalt, wie gegen seinen Mandanten, prozessuale Zwangsmittel wie Durchsuchung und Beschlagnahme (§§ 94, 102 StPO), eine Tele-fonüberwachung (§ 100 a StPO) oder eine akkustische Wohnraumüberwachung (§ 100 c StPO) angeordnet werden.

V. Die vorgesehene Beschränkung auf besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung

Die Folgen einer Aufnahme der Steuerhinterziehung in den Katalog des § 261 StGB werden sich nicht auf bestimmte und besonders beschriebene Fälle der ?schweren? Steuerhinterziehung beschränken lassen.

1. Die Steuerfahndung geht zu Beginn ihrer Ermittlungen stets von dem größten denkbaren Steuerschaden aus. Gleichzeitig wird aber auch der Anwalt bei seiner Beurteilung des Falls - aus Gründen äußerster Vorsicht für den Mandanten e-benso wie zum eigenen Schutz - von der denkbar schlechtesten Konstellation ausgehen müssen. Zu diesem Zeitpunkt, zu Beginn des Steuerfahndungsverfah-rens, operieren alle Verfahrensbeteiligte noch auf der Grundlage eines bloßen Tatverdachts. Jede Beschränkung auf besonders schwere Fälle der Steuerhin-terziehung wird durch den beschriebenen Automatismus konterkariert werden, da alle Beteiligte gezwungen sind, auf der Grundlage eines denkbar weitgehenden Tatverdachts zu handeln. Die Beschränkung des § 261 StGB auf be-sonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung - wie immer sie auch ausfallen mag - wird demnach tatsächlich in weit mehr Fällen zu den oben beschriebenen Konsequenzen führen, als es sich aus der Textfassung des Entwurfs ergibt.

2. Die vorliegende Formulierung der Beschränkung auf eine ?(in großem Ausmaß) gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande? begangene Steuerhinterziehung erweist sich als schlechthin untauglich.

3. Das Merkmal ?gewerbsmäßig? liegt nach ständiger Rechtsprechung des BGH bereits vor, wenn der Täter in der Absicht handelt, sich durch die wiederholte Begehung von Straftaten eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen (vgl. nur STREE, aaO, vor § 52 Rn. 95 mit Nachweisen zur Rspr.).

Die Hinterziehung von Ertragsteuern bezieht sich aber stets auf eine mit Einkünf-teerzielungsabsicht ausgeübte Tätigkeit. Man nehme nur die verbreitete Form der Steuerhinterziehung durch Nichterklärung von Zinseinkünften: Selbstver-ständlich dienen diese Einkünfte auch dem Lebensunterhalt, so dass das Merk-mal der Gewerbsmäßigkeit in jedem dieser Fälle erfüllt wäre.

4. Die pauschale Begrenzung der als Vortat geeigneten besonderen Fällen auf Verkürzungssummen ?großen Ausmaßes? ist schon wegen der inhaltlichen Unbestimmtheit dieses Begriffs ungeeignet.

V. Konsequenzen der Einführung eines Verbrechenstatbestands

Nach dem vorliegenden Vorschlag zur Änderung der Gesetzeslage soll ein besonde-rer Verbrechenstatbestand der Steuerhinterziehung eingeführt werden.
Die Einführung des Verbrechenstatbestands ist offensichtlich vorrangig im Hinblick auf den Vortatenkatalog des § 261 StGB konzipiert worden. Vor einem solchen Vor-gehen - die Erstreckung des Geldwäschetatbestands durch Schaffung eines neuen Verbrechenstatbestands erreichen zu wollen - kann nicht eindringlich genug gewarnt werden. An die Verbrechenseigenschaft knüpft eine Vielzahl von strafgesetzlichen und strafprozessualen Vorschriften an. Eine derartige Gesetzesänderung hätte weit-reichende materiellrechtliche (z.B. Strafbarkeit der versuchten Anstiftung, § 30 StGB) und vor allem prozessuale Konsequenzen (keine Zuständigkeit des Strafrichters, § 25 GVG; keine Einstellungsmöglichkeit nach §§ 153 ff. StPO; notwendige Verteidi-gung, § 140 StPO; Einsatz verdeckter Ermittler, § 110 a StPO; kein Erlass eines Strafbefehls, § 407 StPO etc.). Es erscheint fraglich, ob diese weitreichende Ände-rung bei Formulierung des Gesetzesvorschlags überhaupt bedacht wurde. Wer eine derart umfassende Änderung des geltenden Rechtszustands herbeiführen will, muss sich darüber klar sein, dass dies nicht nur den Steuerstrafprozess in der derzeit prak-tizierten Form erheblich gefährden würde, sondern einem potentiellen Steuerhinter-zieher die Möglichkeit, Rechtsrat einzuholen, verwehren würde. Als Konsequenz blie-be, dass entweder die für den Staat kostenintensive Pflichtverteidigerbestellung zur Regel würde oder in Zukunft die häufig moderierende Funktion des Beraters, der in der Vielzahl der Fälle aufgrund seiner Erfahrung und Rechtskenntnis verfahrensbe-schleunigend eingreift, wegfiele und Ermittlungsbehörden sowie Gerichte ausschließ-lich mit dem schutzlosen Betroffenen direkt zu tun hätten. Das Leitbild der freien Ad-vokatur wäre jedenfalls beschädigt.

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