06.11.2001 · IWW-Abrufnummer 011326
Landesarbeitsgericht Sachsen: Urteil vom 26.05.2000 – 2 Sa 995/99
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Sächsisches Landesarbeitsgericht
2. Kammer
2 Sa 995/99
1 CA 1359/99 ArbG Bautzen
Im Namen des Volkes
Verkündet am: 26. Mai 2000
Urteil
In dem Rechtsstreit XXX
hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - 2. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht xxx als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Herrn xxx und xxx
auf die mündliche Verhandlung vom 26.05.2000
für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Schluß-Urteil des Arbeitsgerichts Bautzen vom 13.10.1999 ? 1 Ca 1359/99 ?
abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen, soweit hierüber nicht zugunsten des Klägers durch Teilanerkenntnisurteil des Arbeitsgerichts Bautzen vom 13.10.1999 ? 1 Ca 1359/99 ? erkannt ist.
Von den Kosten im ersten Rechtszug trägt der Kläger ? ausgehend von einem Streitwert in Höhe von 15.600,00 DM ? 75/100, der Beklagte 25/100.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger bei einem Streitwert von 11.700,00 DM allein.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit von Kündigungen sowie um Prozeßbeschäftigung. In dem Berufungsverfahren geht es außerdem um Auflösungsanträge.
Der zu dem Zeitpunkt der Kündigungen 53jährige Kläger ist ledig.
Er steht bei dem beklagten Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes in einem seit 1980 rechnenden Arbeitsverhältnis.
Aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom 03.11.1981 war eine Tätigkeit als Krankentransporteur mit der Arbeitsaufgabe abgemacht, alle Fahrten entsprechend der Weisungen der Disponenten und des Leiters Krankentransport durchzuführen.
Durch schriftlichen Arbeitsvertrag vom 15.02.1993 ist eine Tätigkeit des Klägers als Rettungshelfer im Rettungsdienst des Beklagten abgemacht.
Die letzte monatliche Vergütung des Klägers beträgt 4.552,95 DM brutto.
Dem Beklagten wurde aufgrund Vertrages mit dem Landreis ... vom 21.01.1992 die Durchführung des Rettungsdienstes im Rettungsdienstbereich des Landkreises ... übertragen. In Ausführung des Vertrages betreibt der Beklagte Rettungswachen, darunter eine in .... § 11 Abs. 2 des Vertrages verlangt, von dem Beklagten, daß das eingesetzte Personal fachlich und gesundheitlich geeignet und zuverlässig sein muß.
Die Tätigkeit des Beklagten beinhaltet die Durchführung von Notfallrettung und Krankentransport nach dem sächsischen Rettungsdienstgesetz. Hierzu werden Rettungstransportwagen und Krankentransportwagen vorgehalten.
Solche Fahrzeuge hat der bei der Rettungswache ... eingesetzte Kläger zu führen.
Im Jahre 1989 kam es, noch unter dem Kreiskomitee ... des Deutschen Roten Kreuzes der DDR, zu einem Disziplinarverfahren mit dem Kläger. Hierüber wurde ein Protokoll gefertigt, das auszugsweise folgenden Inhalt hat:
?...
Am 24. Juni 1989 gegen 19:00 Uhr wurde eine Alkoholüberprüfung im Krankentransport ... bei den anwesenden Krankentransporteuren Kam. ..., ... u. ... durchgeführt.
Dabei verfärbte sich das Teströhrchen bei Kam. ...
Damit war Kam. ... nicht mehr einsatzfähig. Der Leiter KT/SMH, Kam. ..., verständigte den Kreissekretär über den Vorfall. Nach meinem Eintreffen konnte ich mich davon überzeugen.
In der darauf geführten Aussprache wurde Kam. ... vom Dienst entlassen. Seine Arbeitszeit belief sich von 18.00 Uhr bis Sonntag 6.00 Uhr. Es wurde ein Disziplinarverfahren für Montag, den 26. Juni 1989 angekündigt.
In der am 26.06.89 durchgeführten Aussprache wurden die Fakten noch einmal dargelegt. Kam. ... bestätigte, daß er gegen Mittag Alkohol getrunken habe, aber nur eine geringe Menge (2 Doppelte [unleserlich; eine maschinengeschriebene 4 scheint mit einer 2 handschriftlich übermalt zu sein]) und dieser Alkohol sich bis zum Dienstbeginn abgebaut haben müßte.
Kam. ... erläuterte, daß er kein Verständnis habe, wenn ein Krankentransporteur, der durch seine Tätigkeit die Folgen von Alkoholgenuß kennt, mit Restalkohol zum Dienst antritt. Solche Kollegen sind für eine Tätigkeit als Krankentransporteur nicht geeignet.
Kam. ... legte in seinen Ausführungen die Verwerflichkeit des Genusses von Alkohol vor Dienstantritt nochmals dar. Er forderte Kam. ... auf, seine Tätigkeit beim Krankentransport aufzugeben und forderte die disziplinarische Bestrafung des Kam. ...
Der BLG-Vorsitzende äußerte, daß er solche Verhaltensweise nicht billigt.
Kam. ... äußerte sich, daß dies nicht mehr vorkäme.
Die Aussprache wurde durch den Disziplinarvorgesetzten mit der Festlegung beendet, daß am Donnerstag, den 28. Juni 1989 ? 6.00 Uhr im Krankentransport das Disziplinarverfahren vor dem Kollektiv abgeschlossen wird.
...?
Eine anwendbare ?Rahmendienstanweisung Rettungsdienst des Deutschen Roten Kreuzes? bestimmt unter einer Ziffer 4.4. Alkoholgenuß/Drogen und Arzneimittel/Rauchen im ersten Absatz:
?Während des Dienstes und in erforderlicher Zeit davor ist Alkoholgenuß untersagt.?
Die vom Kläger unterzeichnete Arbeitsschutzbelehrung 1999 enthält unter dem Stichwort ?Einhaltung der StVO? folgendes (wörtlich):
? Es ist untersagt rauchen und Alkohol während der Arbeitszeit.?
Am 29.06.1999 erschien der Kläger um 6.30 Uhr zum Dienst. Auf der Fahrt zur Arbeitsstelle mit seinem privaten Pkw war er um 5.49 Uhr durch Polizeibeamte einer Alkoholkontrolle unterzogen worden. Nach dem Vorbringen des Beklagten wurde hierbei eine Blutalkoholkonzentration von 0,81 Promille festgestellt; später hat der Beklagte die Konzentration mit 0,85 Promille angegeben. In der Berufungsverhandlung hat der Kläger eine Konzentration von 0,5 Promille eingeräumt.
Noch von dem Kontrollort aus informierte der Kläger den mit ihm gemeinsam zum Dienst ab 6.00 Uhr eingeteilten Rettungsassistenten ... von der Kontrolle und teilte gleichzeitig mit, daß er demzufolge seinen Dienst etwas verspätet antreten werde. Vor Antritt des Dienstes gegen 6.30 Uhr teilte der Kläger dem ... mit, daß er zunächst nicht wie sonst als Rettungssanitäter üblich ein Fahrzeug führen könne, weil anläßlich der Polizeikontrolle Restalkohol festgestellt worden sei. Dies hatte zur Folge, daß bei einer anschließenden Fahrt, die nicht mit einem Rettungseinsatz verbunden war, sondern die beiden Personen vielmehr zu einer Werkstatt führte, der Rettungsassistent ... das Fahrzeug führte.
Ein Mitglied der Geschäftsführung des Beklagten oder den Leiter Rettungsdienst oder sonst einen Vorgesetzten informierte der Kläger nicht.
Kurz vor 10.00 Uhr fragte der Dezernent für öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landrates ... bei dem Geschäftsführer des Beklagten nach, ob der Kläger seinen Dienst angetreten habe. Dies wurde bestätigt. Daraufhin teilte der Dezernent mit, daß sich der Kläger um 5.49 Uhr einer Alkoholkontrolle habe unterziehen müssen und daß dabei (so vom Beklagten vorgetragen) 0,8 Promille in der Atemluft festgestellt und daraufhin eine Blutentnahme angewiesen worden sei.
Daraufhin wurde der Kläger durch den Geschäftsführer des Beklagten sofort aus dem Dienst genommen.
Das gegen den Kläger eingeleitete Ordnungswidrigkeitenverfahren ist nach Zahlung eines Bußgeldes mittlerweile erledigt.
Bereits mit Schreiben vom 22.06.1999, dem Kläger zugegangen am 23.06.1999, hatte es der Beklagte aus mittlerweile weggefallenen dringenden betrieblichen Erfordernissen heraus unternommen, das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31.12.1999 zu kündigen. Diese Kündigung wird inzwischen auf mehrere ? strittige ? Fälle von alkoholisierten Dienstantritten des Klägers vor dem 29.06.1999 gestützt.
Diese Kündigung hatte der Kläger zunächst bei dem Arbeitsgericht Bautzen angegriffen.
Mit Klagerweiterung vom 08.07.1999 hat er sich auch gegen eine schriftliche fristlose Kündigung vom 02.07.1999, ohne sich zu deren Zugangszeitpunkt zu verhalten, gewandt. Diese Kündigung ist allein auf den Vorfall vom 29.06.1999 gestützt.
Ausweislich der Niederschrift über die öffentliche Sitzung des Arbeitsgerichts vom 13.10.1999 hat der Kläger erklärt, daß er keine Probleme mit Alkohol habe, auch nicht in der Vergangenheit.
Die gegen die erste Kündigung gerichtete Kündigungsschutzklage ist am 30.06.1999 bei dem Arbeitsgericht eingegangen, die Klagerweiterung am 12.07.1999.
Der Kläger hat vorgetragen, nicht gegen ein Alkoholverbot verstoßen zu haben. Er sei nicht dienstunfähig zum Dienst angetreten. Auch habe er gerade das Führen eines Fahrzeuges vermieden. Als der Leiter der Rettungswache erschienen sei, habe er diesen informiert, daß er in eine Polizeikontrolle geraten und deshalb zu spät gekommen sei. Von dem Restalkohol habe er allerdings keine Mitteilung gemacht.
Der Kläger beantragt,
1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung des Beklagten vom 22.06.1999, ihm zugegangen am 23.06.1999, zum 31.12.1999 aufgelöst wird,
2. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 02.07.1999 aufgelöst wird,
3. den Beklagten zu verurteilen, ihn für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsanträgen zu den im Arbeitsvertrag vom 03.11.1981 geregelten Arbeitsbedingungen als Krankentransporteur bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung weiterzubeschäftigen,
4. den Beklagten zu verurteilen, ihm ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis, das sich auf Führung und Leistung erstreckt, zu erteilen.
Der Beklagte hat unter Anerkennung des Klageantrages zu 4.
Klageabweisung
beantragt.
Nach der Auffassung des Beklagten rechtfertigt sich die außerordentliche fristlose Kündigung daraus, daß der Kläger in seiner Eigenschaft als Rettungsdienstfahrer vorsätzlich gegen mehrfache und ihm immer wieder in die Erinnerung gerufene absolute Alkoholverbote verstoßen habe. Bei der festgestellten Alkoholkonzentration könne darüber hinaus von Dienstuntüchtigkeit ausgegangen werden. Jedenfalls hätte der Kläger den Dienst nicht antreten dürfen, ohne sich zuvor einer vorgesetzten Person zu offenbaren. Eine Abmahnung sei angesichts des schwerwiegenden Vertragsverstoßes hier entbehrlich. Im übrigen sei der Kläger aufgrund des Vorkommnisses aus dem Jahre 1989 vorgewarnt gewesen. Jedenfalls fruchteten Abmahnungen bei ihm nicht.
Der Beklagte hat sich zur Begründung seiner Kündigung auch darauf bezogen, welchen Eindruck der Vorfall bei seinem Auftraggeber und in der Öffentlichkeit hinterlassen habe.
Hinsichtlich des Klageantrages zu 4. hat das Arbeitsgericht ein Teilanerkenntnisurteil erlassen.
Die übrigen Anträge hat das Arbeitsgericht im Wege des Schluß-Urteils ausgeurteilt.
Gegen dieses dem Beklagten am 13.10.1999 zugestellte Schluß-Urteil wendet sich dieser mit seiner am 12.11.1999 eingegangenen und am 13.12.1999, einem Montag, begründeten Berufung.
Der Beklagte verteidigt weiter beide Kündigungen. Die streitgegenständliche fristlose Kündigung solle das Arbeitsverhältnis, so die ebenfalls angegriffene ordentliche Kündigung nicht greife, jedenfalls ihrerseits ordentlich beenden (Umdeutung).
Jedenfalls erstrebt der Beklagte die Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Parteien durch Auflösungsantrag: Die fristlose Kündigung werde getragen durch eine Reihe von Unzumutbarkeitserwägungen, die einer Fortbeschäftigung des Klägers im Wege stünden. Diese Umstände rechtfertigten jedenfalls die antragsgemäße Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Der Kläger stelle eine Gefahr dar für Kollegen und für den Rettungsdienst. Er biete keine Gewähr für die Einhaltung des Alkoholverbotes. Der Kläger lege kein loyales Verhalten und Auftreten gegenüber ihm, seinem Arbeitgeber, an den Tag. Auch betreibe der Kläger durchgängig Vertuschungsversuche.
Der Beklagte beantragt im Ergebnis,
die Klage unter Abänderung des Schluß-Urteils des Arbeitsgerichts Bautzen vom 13.10.1999 ? 1 Ca 1359/99 ? abzuweisen, hilfsweise jedoch das Arbeitsverhältnis der Parteien, bezogen auf die Kündigung vom 22.06.1999, zum 31.12.1999 aufzulösen, höchsthilfsweise, bezogen auf die umzudeutende fristlose Kündigung vom 02.07.1999, das Arbeitsverhältnis zu dem sich insoweit ergebenden Kündigungszeitpunkt aufzulösen.
Der Kläger beantragt
die Zurückweisung der Berufung.
Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil. Er bezieht sich auf sein Vorbringen in dem ersten Rechtszug.
Der Kläger macht geltend, daß den Beklagten seine, des Klägers, Weiterbeschäftigung nicht unzumutbar sei. Schließlich habe ihn der Beklagte nach dem erstinstanzlichen Urteil zu unveränderten Bedingungen fortbeschäftigt.
Der Kläger macht insbesondere geltend, daß er, so ein Alkoholverbot überhaupt bestehe, erstmalig und einmalig gegen den Arbeitsvertrag verstoßen habe. Dies rechtfertige für sich bestenfalls eine Abmahnung, die jedenfalls auch nicht entbehrlich sei. In Rechnung zu stellen seien sein Lebensalter und seine lange Betriebszugehörigkeit.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens beider Parteien wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
A.
Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klage ist, soweit hierüber nicht schon zugunsten des Klägers durch Teilanerkenntnisurteil des Arbeitsgerichts Bautzen erkannt wurde, bereits hinsichtlich der streitgegenständlichen außerordentlichen fristlosen Kündigung vom 02.07.1999 unbegründet. Auf die Wirksamkeit der ebenfalls angegriffenen ordentlichen Kündigung vom 22.06.1999 kommt es daher ebensowenig an wie auf die Wirksamkeit einer in eine ordentliche Kündigung umgedeuteten fristlosen Kündigung vom 02.07.1999. In beiden Fällen würde das Arbeitsverhältnis erst nach der fristlosen Kündigung enden. Insoweit besteht für die Klage kein Rechtsschutzinteresse. Die Auflösungsanträge fallen zur Entscheidung nicht an. Denn gestellt sind sie lediglich für den Fall der Unwirksamkeit der einen oder beider Kündigungen.
I.
Nach § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Nach § 626 Abs. 2 BGB kann die Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Diese Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.
1.
Die Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist ist evident. Der Kündigungsgrund stammt vom 29.06.1999. Das Kündigungsschreiben datiert auf den 12.07.1999. Die auf die fristlose Kündigung bezogene Klagerweiterung datiert vom 08.07.1999. Daraus ergibt sich, daß der Kläger das Kündigungsschreiben, auch wenn er zum Zugangszeitpunkt nichts vorträgt, vor Ablauf der Zwei-Wochen-Frist erhalten haben muß.
2.
Eine kündigungsrelevante Tatsache i. S. der Regelung des § 626 Abs. 1 BGB stellt es insbesondere dar, wenn eine Arbeitsvertragspartei in schwerwiegender Weise gegen ihre Vertragspflichten verstößt.
a)
Bei der Beurteilung einer im Zusammenhang mit alkoholbedingtem Fehlverhalten des Arbeitnehmers stehenden Kündigung ist zunächst im Einzelfall abzugrenzen, ob verhaltensbedingte Gründe vorliegen oder ob die strengen Maßstäbe einer personenbedingten Kündigung aus Krankheitsgründen anzuwenden sind. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist Alkoholabhängigkeit eine Krankheit im medizinischen Sinne. Von krankhaftem Alkoholismus ist auszugehen, wenn infolge psychischer und physischer Abhängigkeit gewohnheits- und übermäßiger Alkoholgenuß trotz besserer Einsicht nicht aufgegeben oder reduziert werden kann. Eine Kündigung wegen Pflichtverletzung, die auf Alkoholabhängigkeit beruht, ist in der Regel sozialwidrig bzw. unwirksam, weil dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Pflichtverletzung kein Schuldvorwurf zu machen ist. Beruht dagegen die Pflichtverletzung wegen Alkoholisierung im Betrieb nicht auf Alkoholabhängigkeit, kommt eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht (Einzelheiten und mit zahlr. Nachweisen BAG vom 26.01.1995 ? 2 AZR 649/94 ? EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 46).
Nicht kommt es hier aus Anlaß der streitgegenständlichen außerordentlichen fristlosen Kündigung darauf an, ob eine hochgradige Alkoholisierung des Klägers im Privatbereich Rückschlüsse auf seine Zuverlässigkeit als Berufsfahrzeugführer zuläßt. Abgesehen davon, daß dies weitgehend im Beurteilungsspielraum des Tatsachengerichts liegt (BAG vom 04.06.1997 ? 2 AZR 526/96- EzA § 626 n. F. 168), geht es hier um eine Alkoholisierung im Dienst, was die Gewichte noch zu Lasten des Klägers verschiebt.
b)
Hier liegt eine nicht auf Alkoholabhängigkeit beruhende Pflichtverletzung wegen Alkoholisierung im Betrieb vor:
(1)
Ausschließlich maßgebend sind hier die Grundsätze zur verhaltensbedingten Kündigung wegen Alkoholmißbrauchs. Der Beklagte hat die Kündigung auf arbeitsvertragliche Pflichtverletzung gestützt. Aus dem eigenen Vorbringen des Klägers ergibt sich, daß er keine Probleme mit Alkohol hat. Er ist also nicht alkoholabhängig. Damit kann er für einschlägige Pflichtverletzungen zur Verantwortung gezogen werden.
(2)
Aus Ziffer 4.4. der Rahmendienstanweisung ergibt sich ein absolutes Alkoholverbot. Alkoholgenuß ist hier nicht nur während des Dienstes untersagt, sondern auch in ?erforderlicher Zeit davor?. Dies bedeutet nichts anderes, als daß nicht alkoholisiert zum Dienst erschienen werden darf. Gerade darin verwirklicht sich der Zweck des Zusatzes ?in erforderlicher Zeit?. Andernfalls könnte unmittelbar vor Dienstantritt oder in Pausen, eben außerhalb des Dienstes, Alkohol in beliebiger Menge genossen werden. Das Verbot will ersichtlich nicht nur den physischen Genuß von Alkohol während des Dienstes verhindern, sondern auch die sich aus einem davor oder während einer Unterbrechung ergebenden Wirkungen von Alkoholgenuß im Dienst unterbinden.
Unabhängig davon ergibt sich jedenfalls ein absolutes Alkoholverbot aufgrund der vor der Kündigung vom Kläger selbst unterzeichneten Arbeitsschutzbelehrung 1999. Dort ist Alkohol während der Arbeitszeit untersagt. Alkohol ?während der Arbeitszeit? ist nicht nur der Genuß von Alkohol, sondern eben gerade auch das Versehen der Arbeit, auch der Dienstantritt, in alkoholisiertem Zustand.
Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, daß und warum die genannten Alkoholverbote hier unwirksam sein sollten.
Der Kläger hat gegen das bestehende absolute Alkoholverbot objektiv verstoßen.
Gründe, die den Dienstantritt im alkoholisierten Zustand rechtfertigen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Der Kläger hat gegen das bestehende Alkoholverbot vorsätzlich verstoßen:
Er wußte aufgrund der vorangegangenen Alkoholkontrolle, daß er ? noch - alkoholisiert war. Der Grad der Alkoholisierung spielt für die Frage des Verstoßes bei einem absoluten Alkoholverbot keine Rolle. Der Vorsatz ergibt sich aus der vom Kläger selbst eingeräumten Kenntnis um die vorhandene und auch festgestellte Restalkoholisierung. Anders wäre auch nicht zu erklären, warum er eben aus diesem Grund bei der anstehenden Fahrt nicht die Fahrzeugführung übernommen hat.
Auch war dem Kläger die Vertragswidrigkeit seines Tuns bewußt. Denn ihm war jedenfalls aufgrund der letzten der Kündigung vorhergehenden Arbeitsschutzbelehrung das Alkoholverbot bekannt, weswegen er das Führen seines Fahrzeuges dem Kollegen Schwienke überließ.
Sein Verstoß war mithin auch schuldhaft. Entschuldigungsgründe sind ebenfalls weder geltend gemacht noch ersichtlich.
(3)
Jedenfalls hat der Kläger auch gegen ein relatives Alkoholverbot verstoßen.
Als Arbeitnehmer ist der Kläger Versicherter in der gesetzlichen Unfallversicherung. Damit gelten für ihn die Vorschriften der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, in Sonderheit die berufsgenossenschaftlichen Vorschriften. Deren allgemeine Vorschriften (VGB 1) vom 01.04.1977 in der Fassung vom 01.07.1991 in der aktualisierten Fassung 1998 und die Durchführungsanweisungen vom April 1996 sehen im einzelnen folgendes vor (Abdruck bei Spinnarke/Schork, Arbeitssicherheitsrecht, Band 3, Loseblatt, Stand der 5. Ergänzungslieferung März 2000, Stellnummer 7001):
Nach § 38 VGB 1 (Genuß von Alkohol) Abs. 1 dürfen sich Versicherte durch Alkoholgenuß nicht in einen Zustand versetzten, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können. Nach Abs. 2 jener Vorschrift dürfen Versicherte, die infolge Alkoholgenusses o. a. berauschender Mittel nicht mehr in der Lage sind, ihre Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen, mit Arbeiten nicht beschäftigt werden. Nach der Dienstanweisung zu § 38 Abs. 1 VBG 1 gestattet die darin enthaltene Forderung eine auf die betrieblichen Gegebenheiten bezogene praxisnahe Regelung in jedem Einzelfall. Sie gestattet auch, bei der Beurteilung einer Gefährdung unter Berücksichtigung der Eigenart des Betriebes und der ausgeübten Tätigkeit strenge Maßstäbe anzulegen. Der Konsum von Spirituosen lasse in der Regel eine Gefährdung vermuten. Betriebliche Verbote, die jeglichen Genuß von alkoholischen Getränken während der Arbeitszeit und der Arbeitspausen untersagten, könnten nach Vereinbarung zwischen Unternehmer und Betriebsvertretung ausgesprochen werden.
Der Kläger befand sich jedenfalls bei Antritt seines Dienstes durch Alkoholgenuß noch in einem Zustand, durch den er sich selbst oder andere hätte gefährden können.
Der Zustand ergibt sich aus der Wertung des Gesetzgebers, wonach ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er 0,25 Milligramm/Liter oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt (§ 24 a Abs. 1 Nr. 2 StVG). Dieser Regelung hätte es nicht bedurft, wenn sich ein derart alkoholisierter Fahrzeugführer noch in einem gefährdungsfreien Zustand befände. Hier hat der Kläger aufgrund des Ergebnisses der Berufungsverhandlung auch einen der beiden maßgebenden Werte erfüllt.
Nach der Dienstanweisung war i. S. der Regelung in § 38 Abs. 1 VBG 1 aufgrund des hier eingeräumten Konsums von Alkohol eine Gefährdung zu vermuten. Diese Vermutung ist jedenfalls nicht dadurch ausgeräumt, daß der Kläger das Steuer dem Kollegen ... überlassen hat. Entscheidend ist die abstrakte Gefährdung (?können?). Sie ist keine solche als bloßer Beifahrer.
Auch gegen dieses relative Alkoholverbot hat der Kläger aufgrund des unstrittigen Teils seiner Alkoholisierung bei Dienstantritt objektiv und vorsätzlich (aus den vorerwähnten Gründen) verstoßen. Auch insoweit sind Rechtfertigungsgründe weder vorgetragen noch ersichtlich. Das gleiche gilt f ür Entschuldigungsgründe.
3.
Der Kündigungsgrund ist hier auch wichtig. Die Vertragsverletzung des Klägers wiegt schwer. Auch die gebotene Interessenabwägung führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung:
Der Kläger hat auf die Erst- bzw. Einmaligkeit des Vorfalls, sein Alter, seine Beschäftigungsdauer und die Fortbeschäftigung durch den Beklagten hingewiesen, um zu begründen, daß und warum sein Beschäftigungsinteresse das Lösungsinteresse des Beklagten überwiegt. Die vom Kläger angesprochenen Umstände sind jedoch weder für sich noch in ihrer Summe stichhaltig. Unabhängig davon überwiegen die das Lösungsinteresse begründenden Tatsachen.
Zunächst ist nicht richtig, daß der Kläger erstmals wegen Alkohol am Arbeitsplatz auffällig geworden wäre. Dies belegt jedenfalls das Disziplinarverfahren aus dem Jahre 1989. Der Kläger mag sich heute auf die Zweifelhaftigkeit des damals bei ihm angewendeten Alkoholtests berufen. Immerhin eingeräumt hat der Kläger jedoch ausweislich des vom Beklagten vorgelegten Protokolls die Einnahme von Alkohol vor Dienstantritt. Lediglich hat er ausweislich des Protokolls durch Selbsteinschätzung gemeint, der Alkohol hätte bereits abgebaut sein müssen.
Das Lebensalter des Klägers und seine langjährige Beschäftigung wiegen schwer. Mit Blick auf das aus alkoholisierter Arbeit resultierende Gefährdungspotential macht es allerdings keinen Unterschied, ob die Alkoholisierung bei einem 53jährigen oder bei einem 35jährigen festgestellt wird. Andersherum wird gerade bei einem 53jährigen eine bessere Einsichtsfähigkeit zu erwarten sein. Entsprechendes gilt für die Beschäftigungsdauer. Gerade aufgrund seiner langjährigen Beschäftigung und der jährlichen Arbeitsschutzbelehrungen ist mit fortschreitender Beschäftigungsdauer eine bessere Vertragstreue zu erwarten als bei einem möglicherweise erst kurzfristig beschäftigten Mitarbeiter. Im übrigen ist das Arbeitsverhältnis der Parteien jedenfalls nicht beanstandungsfrei verlaufen, wie der Vorfall aus dem Jahre 1989 zeigt.
Hinsichtlich der erfolgten Weiterbeschäftigung ist darauf zu verweisen, daß maßgebend für die Frage der Kündbarkeit die Umstände zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung sind. Im übrigen ist der Kläger zunächst nicht weiterbeschäftigt worden. Erst später hat sich der Beklagte dem diesbezüglichen Ausspruch in dem angefochtenen Urteil gebeugt und auch beugen müssen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit aus dem angefochtenen Urteil wäre realistischerweise weder auszuschließen noch einstweilen einzustellen gewesen, selbst wenn das eine oder das andere beantragt worden wäre. Denn arbeitsgerichtliche Urteile sind nach ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung vorläufig vollstreckbar. Ausschluß oder Einstellung dieser Rechtsfolge setzt die Gefahr des Entstehens eines nicht zu ersetzenden Nachteils voraus. Dies gelingt im Vollstreckungsverfahren hinsichtlich eines Weiterbeschäftigungsantrages, der in einem ordentlichen Erkenntnisverfahren ausgeurteilt wurde, erfahrungsgemäß nicht. Anderenfalls müßte beispielsweise der Vorsitzende der Berufungskammer ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter auf einen Einstellungsantrag hin die Wirksamkeit der Kündigung und damit des Weiterbeschäftigungsverlangens beurteilen. Das ist ihm jedoch nicht nachgelassen. Im übrigen ist, wie gesagt, eine verhaltensbedingte Kündigung zu beurteilen. Durch ein Wohlverhalten nach Kündigung und während eines laufenden Kündigungsschutzprozesses ändert sich an den Vertragsverstößen, die die Kündigung verursacht haben, rückwirkend nichts.
Gegen das Beschäftigungsinteresse des Klägers stehen auch zahlreiche weitere Faktoren:
Die Alkoholisierung des Klägers ist zu einem überraschenden Zeitpunkt in einem überraschenden Umfang auffällig geworden. Entweder hat er bis kurz vor Dienstantritt Alkohol genossen oder er hat dem Alkohol in einem Umfang zugesprochen, der auch nach Nachtruhe nicht bis zur Nüchternheit geführt hat. Entweder trifft die vom Kläger in der Berufungsverhandlung angegebene Trinkmenge nicht zu oder er hat bis kurz vor Dienstantritt getrunken. Nimmt man den Kläger beim Wort, muß das zweite zutreffen. Dann hätte der Kläger in Kenntnis des anstehenden Dienstbeginns und sogar noch kurz vor diesem Alkohol in einer dann immer noch zu einer Alkoholisierung von 0,5 Promille reichenden Menge zu sich genommen. Weder das eine noch das andere ist mit dem Alkoholverbot und mit der Tätigkeit des Klägers vereinbar.
Ganz entscheidend wiegt jedoch die Tätigkeit des Klägers.
Der Kläger muß zum einen ein Fahrzeug führen können. Ob er dazu hier straßenverkehrsrechtlich noch befugt war, spielt für die Frage nach dem Kündigungsgrund an sich keine Rolle. Aufgrund des zu Lasten des Klägers ausgegangenen Bußgeldverfahrens ergibt sich jedoch, daß der Kläger straßenverkehrsrechtlich eben nicht mehr hinter das Steuer eines Fahrzeuges gehört hätte. Wäre es dazu gekommen, hätte der Kläger nicht ein gewöhnliches Fahrzeug, sondern ein solches des Rettungsdienstes führen müssen. Fahrzeuge des Rettungsdienstes sind nach § 35 Abs. 5 a StVO von den Vorschriften dieser Verordnung befreit, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden. Der Kläger wäre m. a. W. unter Umständen in die Verlegenheit gekommen, nicht nur die Grundregeln des Straßenverkehrs, sondern jede Sonderregelung verletzen zu müssen. Dabei ist zu denken an die Regelungen über die Geschwindigkeit, den Abstand, das Überholen, das Vorbeifahren, die Benutzung von Fahrstreifen, die Vorfahrt, das Abbiegen, das Wenden, das Rückwärtsfahren, das Einfahren, das Anfahren usw. Mit jeder Abweichung von auch nur einer dieser Regeln h ätte der Kläger auch in nicht alkoholisiertem Zustand sich und Dritte (Beifahrer, Notärzte, Patienten, andere Verkehrsteilnehmer) gefährdet. Im alkoholisierten Zustand erhöht sich dieses Gefährdungspotential noch.
Zum anderen ist zu berücksichtigen, daß der Kläger nicht nur zu fahren hat, sondern auch Hilfe leisten muß. Fehler, die ihm hierbei unterlaufen, können die Gesundheit und das Leben Dritter gefährden oder zerstören. Es liegt auf der Hand, daß das Risiko bei einem alkoholisierten Helfer größer ist als bei einem nüchternen Retter.
Der Kläger macht zwar geltend, ja gar nicht gefahren zu sein und sich im übrigen nur auf einer Werkstattfahrt befunden zu haben. Bestenfalls haben er und Dritte dadurch gerade noch einmal Glück gehabt. Denn der Kläger hat gezeigt, daß er ungeachtet der ihm bekannten Alkoholisierung und der Alkoholverbote gleichwohl den Dienst antritt. Er kann zu keinem Zeitpunkt ausschließen, daß und bei welchem Einsatz er selbst tätig werden muß, weil so disponiert wird. Er hat den Beklagten auch nicht etwa der Gefahr enthoben, ihm möglicherweise einen selbst auszuführenden Einsatz anzuweisen. Denn er hat sich lediglich seinem Kollegen ... gegenüber offenbart. Gerade Vorgesetzte hat er nicht informiert. Das rechtfertigt übrigens auch den von dem Beklagten in der Berufungsverhandlung erhobenen Vorwurf der Vertuschung durch den Kläger. Richtigerweise hätte er sich angesichts der bestehenden Alkoholverbote unverzüglich als nicht dienstfähig melden oder abmelden müssen. Selbst eine spätere Meldung wäre auch riskant gewesen, weil die Wache des Beklagten dann im Not- oder Rettungsfall u. U. nicht mehr sofort einsatzbereit gewesen wäre.
Der Zustand und das Verhalten des Klägers treffen den Betrieb des Beklagten im Nerv. Notfallrettung erfordert sofortige und uneingeschränkte Einsatzfähigkeit jedes einzelnen gerade in diesem Rahmen eingesetzten Mitarbeiters. Schädigt ein alkoholisierter Mitarbeiter in Ausführung seiner Tätigkeit Dritte, ist dies kein Privatproblem des Alkoholisierten. Dies fängt schon einmal damit an, daß viele Dritte sich der Tätigkeit des Alkoholisierten nicht entziehen können. So werden Beifahrer oder Ärzte auf die Rettungstransportwagen eingeteilt, ohne vorher gefragt zu werden. Aufgrund der ihnen gegenüber zu Rettenden obliegenden gesetzlichen Hilfspflichten werden sie die Einsätze in der Regel auch gar nicht in Frage stellen können. Sie können ebensowenig wie etwa Patienten oder Unfallopfer einem T ätigwerden des Klägers entgehen. Unterlaufen hier Fehler, ist nicht nur die zivil- und strafrechtliche Haftung des Kläger angesprochen, sondern auch diejenige des Beklagten bzw. seiner Organe oder sonst Verantwortlichen. Letzteres gilt in Sonderheit dann, wenn sie Personen, wie den Kläger, ?nicht aus dem Verkehr? ziehen. Kommt es zu Beschädigungen der Gesundheit oder des Lebens Dritter oder wird deren Eigentum oder dasjenige des Beklagten verletzt, müssen dafür ggf. auch noch Dritte einstehen. Dies gilt dann, wenn man ihnen mangelhafte Organisation deshalb nachweisen kann, weil sie eine bekannte Gefahrenquelle nicht beseitigt haben.
Hinsichtlich des Beklagten ist ergänzend darauf hinzuweisen, daß er sich als Dienstleister betätigt und einen einwandfreien Ruf benötigt, um Aufträge zu bekommen (siehe Vertragsklausel, die ?zuverlässiges? Personal fordert). Erbracht wird Dienstleistung in der Regel und im wesentlichen, jedenfalls hier, durch menschliche Arbeitsleistung. Daher versehrt es den Ruf des Beklagten, wenn die Personen, derer er sich zu Erbringung seiner Dienste bedient, diesen trotz Alkoholverbotes in alkoholisiertem Zustand versehen. Das Interesse des maßgebenden Vertragspartners des Beklagten zeigt sich hier schon darin, da ß sich ein Referent des Landkreises (!) wegen dieses Vorfalles an den Geschäftsführer des Beklagten gewandt hat. Dies zeigt weiter, daß jeder Schritt des Beklagten oder seiner Mitarbeiter, sei er auch noch so klein, Dritte oder sogar die Öffentlichkeit aufmerken läßt, wenn gegen Regelungen verstoßen wird, die im Umgang mit Dritten deren Schutz zu dienen bestimmt sind. Dies gilt umsomehr, als der Beklagte retten und nicht das in Notfällen ohnehin bestehende Risiko auch noch erhöhen soll.
II.
Hier kommt es auch nicht darauf an, ob der Kläger wegen gleichartiger Verfehlung in der Vergangenheit abgemahnt worden ist, obwohl das Protokoll über das Disziplinarverfahren aus dem Jahre 1989 den Zweck einer Abmahnung im Grunde erfüllt.
Entscheidend ist - und die hat die Rechtsprechung stets betont -, daß eine sofortige Kündigung ohne vorherige Abmahnung bei besonders groben Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers stets dann möglich ist, wenn dem Arbeitnehmer eine Pflichtwidrigkeit ohne weiteres erkennbar ist und er mit der Billigung seines Verhaltens durch den Arbeitgeber nicht rechnen konnte (BAG vom 26.08.1993 - 2 AZR 154/93 -, EzA § 626 BGB n. F. Nr. 148 m. w. N.).
Hier war für den Kläger ohne weiteres erkennbar, daß der eine Rettungswache betreibende Beklagte den Rettungseinsatz durch alkoholisierte Mitarbeiter nicht dulden kann. Anderenfalls hätte es seines - zu Recht so bezeichneten - Vertuschungsversuchs nicht bedurft.
B.
Die Kosten in dem ersten Rechtszug sind, gemessen an dem Obsiegen bzw. Unterliegen der Parteien am Gesamtstreitwert, aufgrund der Regelung in § 92 Abs. 1 ZPO zu quoteln. Bereits das Arbeitsgericht hat für das Teilanerkenntnisurteil für den Streit um das Zeugnis zu Recht eine Bruttomonatsvergütung des Klägers in Ansatz gebracht. Für die Kündigungssache sind, da die Auflösungsanträge bei der Bewertung außer Betracht bleiben, gemäß § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG drei weitere Monatsvergütungen als ein Vierteljahresbezug des Klägers hinzuzurechnen. Aus dem Umstand, daß der Kläger hinsichtlich des Zeugnisses obsiegt, hinsichtlich der Bestandsstreitigkeit aber unterliegt, ergibt sich die aus dem Tenor ersichtliche Verteilung der Kosten.
Die Kosten des Berufungsverfahrens jedoch hat der Kläger aufgrund der Regelung in § 91 Abs. 1 ZPO allein zu tragen, weil er hier in vollem Umfang unterlegen ist. Auszugehen war hier nur noch von dem Wert der Kündigungssache.
Dieses Urteil ist nicht anfechtbar. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann ihrerseits durch Beschwerde angefochten werden. Dies ist jedoch nur unter den in § 72 a ArbGG genannten Voraussetzungen möglich.
Gez. Dr. Spilger gez. Krieger gez. Berkes
Vorsitzender Richter ehrenamtlicher ehrenamtlicher
am Landesarbeitsgericht Richter Richter