01.06.2007 · IWW-Abrufnummer 071774
Urteil vom 27.07.2006 – 2 O 186/05
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landgericht Bad Kreuznach
IM NAMEN DES VOLKES
Schlussurteil
Aktenzeichen: 2 O 186/05
Verkündet am 27.07.2006
In dem Rechtsstreit
....
hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Kolb als Einzelrichter
auf die mündliche Verhandlung
vom 20.07.2006
für Recht erkannt:
Die Klage gegen die Beklagten zu 1), 3) und 4) wird abgewiesen.
Die Klägerin hat über die Kostenentscheidung des Teilurteils vom 17.11.2005 hinaus die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt mit der Klage Rückzahlung eines Teilbetrages von gezahltem Architektenhonorar. Sie nimmt die ### und das ### in Anspruch. Nach Abweisung der Klage gegen ### durch Teilurteil vom 17.11.2005 hat sie die Klage auf die Gesellschafter der ### erweitert.
Die Klägerin hat durch Ingenieurvertrag vom 29.06./01.07.1999, ergänzt durch Vertrag vom 25.10./02.11.1999 die ###, vertreten durch ###, die Planung von Umbauarbeiten an 9 Wohngebäuden der ### übertragen. U.a. wurden die Grundleistungen der Leistungsphasen 6 und 7 des § 15 AOAI beauftragt, jedoch ohne
- Einholen von Angeboten
- Zusammenstellen der Verdingungsunterlagen für alle Leistungsbereiche
- Verhandlungen mit den Bietern
- Mitwirken bei der Auftragserteilung.
Ferner sollte ein Leistungsverzeichnis mit geschätzten Preisen als Kostenanschlag von der Beklagten erstellt werden.
Auf die Schlussrechnung der Beklagten hat die Klägerin insgesamt 802.657,12 DM geleistet. Der Honorarberechnung für die Leistungsphasen 5, 6 und 7 hat die Beklagte den Kostenanschlag nach den von ihr geschätzten Preisen zugrunde gelegt. Die Klägerin hat dies akzeptiert und nach geringfügigen Kürzungen in anderen Punkten das geltend gemachte Honorar gezahlt.
Aufgrund späterer Überprüfung ist die Beklagte zur Auffassung gelangt, dass nicht die geschätzten .Preise des Kostenanschlags, sondern die wesentlich niedrigeren Preise nach dem Submissionsergebnis als Kostenanschlag für die Honorarberechnung zu Grunde zu legen sei. Sie hat eine Nachberechnung durchgeführt und eine Überzahlung von 49.455,95 EUR ermittelt, die sie mit der Klage geltend macht.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagten zu 1), 3) und 4) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 49.455,95 EUR nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.10.2004 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten zu 1) und 4) bestreiten ihre Passivlegitimation. Passivlegitimiert sei allein der Beklagte zu 3). Die ### sei erst nach Abschluss des vorliegenden Vertrages gegründet worden. Aus dem Vertrag sei deshalb allein der Beklagte zu 3) verpflichtet.
Die Beklagten erheben ferner die Einrede der Verjährung und machen geltend, dass den anrechenbaren Kosten nach dem Kostenanschlag die von der Beklagten geschätzten Preise für das erstellte Leistungsverzeichnis maßgebend seien. Darüber hinaus erklären sie die Aufrechnung mit folgenden Gegenansprüchen:
Den Beklagten stünde ein weiteres Architektenhonorar von 45.408,35 EUR zu. Der Ingenieurvertrag schließe die Anwendung des § 10 (3a) HOAI aus. Bei den Umbauarbeiten an den Wohngebäuden sei es aber zwingend erforderlich, die vorhandene Bausubstanz technisch und gestalterisch zu verarbeiten. Dies sei bei den anrechenbaren Kosten zu berücksichtigen, so dass der Ausschluss des § 10 (3a) HOAI wegen Unterschreitung der Honorarmindestsätze gem. § 4 HOAI nichtig sei. Unter Zugrundelegung der anrechenbaren Kosten der mitverarbeiteten Bausubstanz ergebe sich ein weiterer Honoraranspruch von 45.408,35 EUR.
Die Renovierung der neuen Wohngebäude sei in 3 Losen ausgeschrieben worden. Dadurch sei die sogenannte Wiederholungsregelung im Ingenieurvertrag zum großen Teil außer Kraft gesetzt worden. Für die ersten Gebäude eines jeden Loses seien 100 % anzusetzen und für die beiden weiteren wegen Wiederholung jeweils 50 %. Nach dieser Berechnungsweise ergäbe sich ein weiteres Honorar von 23.995,68 EUR.
Schließlich habe die Klägerin zu Unrecht Übersetzungskosten von 9.988,60 EUR aus der Honorarforderung gestrichen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Rainer Eich vom 09.03.2006 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Rückforderungsanspruch nicht zu. Den Beklagten steht das gezahlte Architektenhonorar zu.
Die Auffassung der Klägerin, der Honorarermittlung sei für die Leistungsphasen 5, 6 und 7 der von ihr ermittelte Kostenanschlag zugrunde zu legen, geht fehl. Maßgebend ist vielmehr der von den Beklagten ermittelte Kostenanschlag für das Leistungsverzeichnis nach geschätzten Reisen, den die Beklagten vertragsgemäß zu liefern hatten und geliefert haben.
Für die Honorarberechnung sind jeweils die Kostenermittlungsarten, die in der jeweiligen Leistungsphase der HOAI dem Leistungsumfang entsprechen, der vertraglich vereinbart ist (vergl. BGH BauR 1998, 813; BGH BauR 99,1467).
Ist das Vertragsverhältnis vor der nächsten Kostenermittlung beendet - wie hier, weil die Beklagte die Ermittlung des Kostenanschlags nach § 15 Leistungsphase 7 nicht geschuldet haben - so ist der Architekt nicht verpflichtet, nach dieser nächsten Kostenermittlung - die ihm nicht obliegt - abzurechnen. Er kann vielmehr sein Honorar nach der letzten von ihm erstellten Kostenermittlung berechnen (vergl. Werner-Pastor, der Bauprozess, 11. Aufl., Rn 837). Dies ist hier der vertraglich geschuldete Kostenanschlag nach geschätzten Preisen des Leistungsverzeichnisses.
Die Beklagten sind ihren Pflichten in vollem Umfang nachgekommen. Treu und Glauben verpflichten sie ebenfalls nicht, sich Unterlagen der Klägerin zu verschaffen, um einen nicht geschuldeten Kostenanschlag nach Submissionspreisen zu erstellen - der nach oben oder unten von dem Kostenanschlag nach geschätzten Preisen des Leistungsverzeichnisses abweichen kann - nur um für die Leistungsphasen 5 - 7 möglichst genaue anrechenbare Kosten zu ermitteln (vergl. dazu BGH BauR 1999, 265).
Der ### hat in seinen ersichtlich von überragender Sachkunde getragenen Gutachten unter Ziff. 5.6.1 auf der Grundlage des geschätzten Kostenanschlags der Beklagten ein Gesamthonorar für die Gebäudeplanung von 772.680,08 DM und von weiteren 25.304,06 DM für die sonstigen Leistungen ermittelt. Insgesamt ergibt sich danach ein Honorar von 797.984,14 DM. Unstreitig hat die Kl ägerin 802.657,12 DM an die Beklagten gezahlt. Gleichwohl liegt eine Überzahlung nicht vor. Den Beklagten steht der gesamte gezahlte Betrag zu. Dies ergibt sich aus der Unwirksamkeit der Vereinbarung des § 10 (3a) HOAI.
Die Parteien haben die Anwendung des § 10 ( 3a) HOAI ausgeschlossen. Dies führt zu einer Unterschreitung des Mindestsatzes und ist gemäß § 4 HOAI unwirksam.
§ 10 (3a) HOAI bestimmt, dass eine vorhandene Bausubstanz, die technisch oder gestalterisch mitverarbeitet wird, bei den anrechenbaren Kosten angemessen zu berücksichtigen ist. Dies haben die Parteien, obwohl infolge der Umbauarbeiten vorhandene Bausubstanz technisch und gestalterisch mitzubearbeiten war, ausgeschlossen. Diese Regelung führt zu einer Unterschreitung der Mindestsätze des Honorars nach der HOAI. Eine solche Unterschreitung muss nicht ausdrücklich und unmittelbar folgen, sie kann auch etwa dadurch erfolgen, dass zu geringe anrechenbare Kosten oder eine zu niedrige Honorarzone o.ä. vereinbart wird (vergl. Werner-Pastor a.a.O. Rn. 720).
Ein Ausnahmefall für eine Unterschreitung der Mindestsätze ist nicht erkennbar. Das Honorar der Beklagten bestimmt sich somit ungeachtet des Ausschlusses von § § 10 (3a) HOAI nach den Mindestsätzen der HOAI.
Der ### hat unter Berücksichtigung der Mitverarbeitung der vorhandenen Bausubstanz ein Honorar von 810.667,60 'DM für die Leistungen bei den Gebäuden und von 25.304,06 DM für die sonstigen Leistungen, insgesamt 835.971,86 DM errechnet. Dies ist das Mindesthonorar nach HOAI, das den Beklagten zusteht. Da ihnen lediglich 802.657,12 DM gezahlt worden ist, steht ihnen jedenfalls der erhaltene Betrag zu und die Rückforderungsklage ist abzuweisen.
Auf die Frage der Verjährung und der Passivlegitimation kommt es danach ebenso wenig an, wie auf die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen der Beklagten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus 709 ZPO.