Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

14.12.2006 · IWW-Abrufnummer 063670

Europäischer Gerichtshof: Urteil vom 27.04.2006 – C-443/04, C-444/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (Dritte Kammer)

27. April 2006(*)

?Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ? Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c ? Befreiungen ? Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung ärztlicher und arztähnlicher Berufe erbracht werden ? Therapeutische Behandlungen durch einen Physiotherapeuten und eine Psychotherapeutin ? Definition der arztähnlichen Berufe durch den betreffenden Mitgliedstaat ? Ermessen ? Grenzen?

In den verbundenen Rechtssachen C‑443/04 und C‑444/04

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) mit Entscheidungen vom 15. Oktober 2004, beim Gerichtshof eingegangen am selben Tag, in den Verfahren

H. A. Solleveld (C‑443/04) und

J. E. van den Hout‑van Eijnsbergen (C‑444/04)

gegen

Staatssecretaris van Financiën

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter J. Malenovski, S. von Bahr, A. Borg Barthet und A. Ó Caoimh (Berichterstatter),

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. Oktober 2005,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

? von Herrn Solleveld, vertreten durch A. B. Schoonbeek, advocaat,

? von Frau van den Hout-van Eijnsbergen, vertreten durch F. D. Kouwenhoven, belastingadviseur,

? der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster und D. J. M. de Grave als Bevollmächtigte,

? der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch P. van Nuffel und D. Triantafyllou als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 15. Dezember 2005

folgendes

Urteil

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung des Artikels 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ? Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie).

Diese Ersuchen ergehen im Rahmen zweier Rechtsstreitigkeiten von Herrn Solleveld, einem Physiotherapeuten, und Frau van den Hout-van Eijnsbergen, einer Psychotherapeutin, gegen den Staatssecretaris van Financiën (Staatssekretär für Finanzen) über Entscheidungen des Inspecteur van de Belastingdienst ? Ondernemingen (Leiter der Abteilung ?Unternehmen? der staatlichen Finanzverwaltung, im Folgenden: Inspecteur), mit denen die Befreiung der von den Klägern im Rahmen ihrer jeweiligen beruflichen Tätigkeit durchgeführten Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin von der Mehrwertsteuer abgelehnt wurde.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

Artikel 13 Teil A Absatz 1 der Sechsten Richtlinie bestimmt:

?Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:

?

c) die Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe erbracht werden;

??

Nationales Recht

Die Vorschriften im Bereich der Mehrwertsteuer

Nach Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe g des Umsatzsteuergesetzes (Wet op de omzetbelasting) 1968 vom 28. Juni 1968 (Stb. 1968, Nr. 329, im Folgenden: Umsatzsteuergesetz 1968) in der vor dem 1. Dezember 1997 geltenden Fassung sind von der Umsatzsteuer befreit:

?die Dienstleistungen von anderen Ärzten als Tierärzten, von Psychologen, Logopäden, Krankenpflegern und Geburtshelfern; die Dienstleistungen von Personen, die einen arztähnlichen Beruf ausüben, für den auf der Grundlage des Gesetzes über arztähnliche Berufe ? Regeln aufgestellt worden sind ??.

Seit dem 1. Dezember 1997 sind nach Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe g des Umsatzsteuergesetzes 1968 von der Umsatzsteuer befreit:

?die Dienstleistungen von Personen, die einen Beruf ausüben, für den im oder gemäß dem Gesetz über die Berufe in der individuellen Gesundheitsfürsorge ? Regeln aufgestellt worden sind ??.

Die Vorschriften im Bereich der Gesundheitsfürsorge

Bis zu seiner Aufhebung im Jahr 1997 sah das Gesetz über die arztähnlichen Berufe (Wet op de paramedische beroepen) vom 21. März 1963 (Stb. 1963, Nr. 113) in seinem Artikel 1 Absatz 2 vor:

?Dieses Gesetz ist nicht auf die Krankenpflege und im Übrigen nur auf die arztähnlichen Berufe anwendbar, für die auf der Grundlage von Artikel 2 durch Verordnung Regeln aufgestellt worden sind.?

Aus der Vorlageentscheidung in der Rechtssache C‑444/04 ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Eintragung in das Register der Psychotherapeuten zur Zeit der Geltung des Gesetzes über die arztähnlichen Berufe in der Verordnung über die Eintragung von Psychotherapeuten (Besluit inzake registratie van psychotherapeuten, Stert. 1986, Nr. 149, im Folgenden: Verordnung von 1986) geregelt waren. Es ist unstreitig, dass diese Verordnung keine Verordnung im Sinne des Gesetzes über die arztähnlichen Berufe darstellt.

Das Gesetz über die Berufe in der individuellen Gesundheitsfürsorge (Wet op de beroepen in de individuele gezondheidszorg) vom 11. November 1993 (Stb. 1993, Nr. 655) in der 1997 geänderten Fassung (im Folgenden: BIG-Gesetz) sieht in seinem Artikel 3 Absatz 1 vor:

?Es werden Register eingerichtet, in denen derjenige, der die in und gemäß diesem Gesetz aufgestellten Eintragungsvoraussetzungen erfüllt, auf Antrag eingetragen wird als: Arzt, Zahnarzt, Apotheker, Gesundheitsfürsorgepsychologe, Psychotherapeut, Physiotherapeut, Geburtshelfer, Krankenpfleger.?

Handlungen im Fachgebiet eines Physiotherapeuten im Sinne des BIG-Gesetzes sind in Artikel 29 des BIG-Gesetzes und in Artikel 5 der Verordnung über die Ausbildungsanforderungen und das Fachgebiet des Physiotherapeuten (Besluit opleidingseisen en deskundigheidsgebied fysiotherapeut) vom 13. Oktober 1997 (Stb. 1997, Nr. 516, im Folgenden: Verordnung von 1997) definiert und aufgeführt. Nach Artikel 5 Absatz 1 dieser Verordnung umfassen diese Handlungen u. a. die Untersuchung des Patienten auf das Vorliegen einer Einschränkung oder Gefährdung seiner Bewegungsfunktionen und deren Behandlung mit physiotherapeutischen Methoden. Nach Artikel 5 Absatz 2 gehören zu diesen Methoden die Bewegungstherapie, Massagetherapie und Anwendung physischer Stimuli mit Ausnahme von ionisierenden Strahlen.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

Rechtssache C‑443/04

Herr Solleveld ist Physiotherapeut und als solcher in das Register nach dem BIG-Gesetz eingetragen. Neben seiner Tätigkeit als ?klassischer? Physiotherapeut ist Herr Solleveld auch im Bereich der so genannten ?Störfelddiagnostik? tätig, in dem er eine spezielle Zusatzausbildung in Deutschland gemacht hat. Aus der Vorlageentscheidung ergibt sich, dass dabei besonders auf Störungen im Kiefer und im Mund geachtet wird, die durch Röntgenaufnahmen und Mundstrommessungen sowie elektrodermale und intraorale Untersuchungen festgestellt werden. Diese Tätigkeit beruht auf der Auffassung, dass eine eingehende Untersuchung des Kiefers, des Gebisses und der Mundhöhle zur Lokalisierung von Ursachen für Schmerzen und Krankheiten führen und der Ansatz für eine auf eine Heilung des Patienten oder eine Besserung seines Zustandes gerichtete Behandlung sein kann.

Die Tätigkeit von Herrn Solleveld in diesem Bereich besteht zunächst darin, eine Diagnose zu erstellen, um zu bestimmen, ob die Beschwerden, über die der Patient klagt, mit ?Störfeldern? im Kieferbein oder im Gebiss zusammenhängen. Ist dies der Fall, erstellt Herr Solleveld einen Behandlungsplan. Dieser umfasst hauptsächlich Anwendungen mit Softlaserstrahlen, homöopathische medikamentöse Behandlungen und manuelle Therapie. Vor dieser Behandlung überweist Herr Solleveld den Patienten möglicherweise auch an einen Zahnarzt oder einen Kieferchirurgen.

Da Herr Solleveld keine Mehrwertsteuer auf die Leistungen im Bereich der Störfelddiagnostik entrichtet hatte, ergingen an ihn Nacherhebungsbescheide für die Zeit vom 1. Januar 1994 bis zum 31. Dezember 2000. Die von ihm dagegen eingelegten Einsprüche wurden vom Inspecteur zurückgewiesen. Diese ablehnenden Entscheidungen beruhen u. a. auf der Stellungnahme des Inspecteur voor de Gezondheidszorg (Inspecteur für Gesundheitsfürsorge), nach der die Störfelddiagnostik nicht zum Fachgebiet eines Physiotherapeuten im Sinne der Artikel 29 des BIG-Gesetzes und 5 der Verordnung von 1997 gehört.

Mit Urteil vom 18. November 2002 wies der Gerechtshof Amsterdam die Klage von Herrn Solleveld gegen die seine Einsprüche zurückweisenden Entscheidungen ab und begründete dies in erster Linie damit, dass nicht anzunehmen sei, dass dieser die in Rede stehenden Heilbehandlungen als Physiotherapeut erbracht habe.

Herr Solleveld legte gegen dieses Urteil Kassationsbeschwerde beim Hoge Raad der Nederlanden ein. In seiner Vorlageentscheidung stellt dieses Gericht fest, dass die in Rede stehenden Heilbehandlungen von Herrn Solleveld nicht als Berufsangehöriger im Sinne des BIG-Gesetzes erbracht würden, und fragt sich, ob sie nicht doch von der Mehrwertsteuer befreit sein müssten, da sie zum einen subjektiv zu dem Zweck erbracht würden, zur medizinischen Behandlung des Patienten beizutragen, und sich zum anderen aus dem vom Gerechtshof Amsterdam festgestellten Sachverhalt ergebe, dass 40 % der Patienten von Herrn Solleveld von einem Arzt oder Zahnarzt an ihn überwiesen worden seien und die meisten Versicherungsgesellschaften jedenfalls bei Bestehen einer Zusatzversicherung für so genannte alternative Behandlungsmethoden die Behandlungskosten erstatteten.

Der Hoge Raad der Nederlanden hat daher beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen, dass von der Mehrwertsteuer Handlungen befreit sind, die ? allesamt im Rahmen der Störfelddiagnostik ? in der Erstellung einer Diagnose, der Empfehlung einer Therapie und der eventuellen Durchführung einer Behandlung bestehen, auch wenn diese Handlungen nicht zur Ausübung eines von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen oder arztähnlichen Berufes ? durch denjenigen, der die Handlungen verrichtet ? gehören?

Rechtssache C‑444/04

Frau van den Hout-van Eijnsbergen übt die Tätigkeit einer selbständigen Psychotherapeutin aus, für die sie ein Diplom als Pädagogin besitzt. Nachdem der Geneeskundig Hoofdinspecteur voor de Geestelijke Volksgezondheid (Medizinischer Hauptinspecteur für geistige Gesundheit der Bevölkerung) festgestellt hatte, dass sie die in der Verordnung von 1986 festgelegten Voraussetzungen erfüllte, wurde sie 1988 als Psychotherapeutin in das Register nach dieser Verordnung eingetragen.

Da Frau van den Hout-van Eijnsbergen keine Mehrwertsteuer auf die im Rahmen ihrer Tätigkeit erbrachten Leistungen entrichtet hatte, ergingen an sie Nacherhebungsbescheide für die Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 31. Dezember 1995. Der von ihr dagegen eingelegte Einspruch wurde vom Inspecteur zurückgewiesen.

Mit Urteil vom 20. März 2003 wies der Gerechtshof Den Haag die Klage von Frau van den Hout-van Eijnsbergen gegen die ihren Einspruch zurückweisende Entscheidung ab und begründete dies in erster Linie damit, dass unter ?Dienstleistungen von Ärzten und Psychologen? im Sinne des Artikels 11 Absatz 1 Buchstabe g des Umsatzsteuergesetzes 1968 in seiner für die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Steuerjahre maßgeblichen Fassung ausschließlich Dienstleistungen von Personen zu verstehen seien, die befugt seien, den Titel eines Arztes oder Psychologen zu tragen.

Frau van den Hout-van Eijnsbergen legte gegen dieses Urteil Kassationsbeschwerde beim Hoge Raad der Nederlanden ein. In seiner Vorlageentscheidung führt dieses Gericht aus, dass vernünftigerweise nicht zu bezweifeln sei, dass die von selbständigen Psychotherapeuten durchgeführten Behandlungen einen therapeutischen Zweck verfolgten, und stellt fest, dass Psychotherapeuten auch dann nicht zu den in Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe g des Umsatzsteuergesetzes 1968 in seiner für den Rechtsstreit maßgeblichen Fassung aufgeführten Berufsgruppen gehörten, wenn sie die gesetzlichen Voraussetzungen für die Eintragung erfüllten und tatsächlich in das Register der Psychotherapeuten eingetragen worden seien. Diese Bestimmung in ihrer ab dem 1. Dezember 1997 geltenden Fassung sehe aber nunmehr vor, dass von Psychotherapeuten erbrachte Heilbehandlungen von der Umsatzsteuer befreit seien. Es sei daher fraglich, ob die abschließende Aufzählung der ärztlichen Berufe im Umsatzsteuergesetz 1968 in seiner früheren Fassung ausreiche, um die in Rede stehenden Heilbehandlungen von der Befreiung nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie auszunehmen.

Der Hoge Raad der Nederlanden hat daher beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen, dass von der Mehrwertsteuer psychotherapeutische Handlungen befreit sind, die von einer diesen Beruf ausübenden Person, die die oben angeführten gesetzlichen Anforderungen für die Eintragung erfüllt und in das Register der Psychotherapeuten eingetragen ist, verrichtet werden, auch wenn diese Handlungen nicht zur Ausübung eines von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen oder arztähnlichen Berufes ? durch denjenigen, der die Handlungen verrichtet ? gehören?

Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 21. Januar 2005 sind die Rechtssachen C‑443/04 und C‑444/04 zu gemeinsamem schriftlichem und mündlichem Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

Die Vorlagefragen

Mit seinen Fragen möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die in Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie vorgesehene Befreiung von der Mehrwertsteuer für Behandlungen gilt, die von einem Physiotherapeuten oder einer Psychotherapeutin außerhalb des Rahmens der Ausübung der im Recht des betreffenden Mitgliedstaats definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe durchgeführt werden.

Bei wörtlicher Auslegung des Artikels 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie muss der Behandelnde, um in den Genuss der Befreiung nach dieser Bestimmung zu gelangen, zwei Voraussetzungen erfüllen, nämlich erstens ?Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin? durchführen und zweitens diese ?im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe? erbringen.

Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass die von den Klägern der Ausgangsverfahren durchgeführten Behandlungen Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin im Sinne dieser Bestimmung darstellen, da sie zum Zweck der Diagnose, der Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen vorgenommen werden und somit einen therapeutischen Zweck haben (Urteil vom 20. November 2003 in der Rechtssache C‑307/01, D?Ambrumenil und Dispute Resolution Services, Slg. 2003, I‑13989, Randnr. 57).

Die Fragen des vorlegenden Gerichts gehen vielmehr dahin, ob von diesen Behandlungen angenommen werden kann, dass sie gemäß der zweiten Voraussetzung des Artikels 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie im Rahmen der Ausübung der im nationalen Recht definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe erbracht wurden.

Insoweit ergibt sich aus den Vorlageentscheidungen, dass die fraglichen Behandlungen in der Rechtssache C‑444/04 von einer Person durchgeführt wurden, die zum im Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt keinen der im nationalen Recht im Hinblick auf die Mehrwertsteuerbefreiung definierten arztähnlichen Berufe ausübte, während sie in der Rechtssache C‑443/04 zwar von einer Person durchgeführt wurden, die einen solchen arztähnlichen Beruf ausübte, aber nicht in das im nationalen Recht definierte Fachgebiet dieses Berufes fielen.

Das vorlegende Gericht möchte mit seiner Frage in der Rechtssache C‑444/04 also insbesondere wissen, inwieweit die Mitgliedstaaten für die Zwecke der Mehrwertsteuerbefreiung nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie bestimmte Berufe von der Definition der arztähnlichen Berufe im nationalen Recht ausnehmen dürfen, während es in der Rechtssache C‑443/04 im Wesentlichen wissen möchte, ob die Mitgliedstaaten bestimmte spezifische Heiltätigkeiten im Bereich der Humanmedizin von dieser Definition ausnehmen dürfen.

Insoweit ergibt sich aus dem Wortlaut des Artikels 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie eindeutig, dass diese Bestimmung den Begriff ?arztähnliche Berufe? nicht selbst definiert, sondern hierfür auf die Definition in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten verweist.

Es ist daher Sache jedes einzelnen Mitgliedstaats, in seinem innerstaatlichen Recht die arztähnlichen Berufe zu bestimmen, in deren Rahmen die Durchführung von Heilbehandlungen nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie von der Mehrwertsteuer befreit ist. Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass diese Bestimmung den Mitgliedstaaten insoweit ein Ermessen einräumt (Urteil vom 6. November 2003 in der Rechtssache C‑45/01, Dornier, Slg. 2003, I‑12911, Randnr. 81).

Dieses Ermessen bezieht sich nicht nur auf die Festlegung der für die Ausübung dieser Berufe erforderlichen Qualifikationen, sondern auch auf die Festlegung der spezifischen Heiltätigkeiten im Bereich der Humanmedizin, die zu diesen Berufen gehören. Da die verschiedenen von den Behandelnden erworbenen Qualifikationen diese nämlich nicht zwangsläufig darauf vorbereiten, alle Arten von Behandlungen durchzuführen, darf ein Mitgliedstaat im Rahmen der Ausübung seines Ermessens davon ausgehen, dass die Definition der arztähnlichen Berufe unvollständig wäre, wenn sie lediglich allgemeine Anforderungen an die Qualifikation der Behandelnden stellen würde, ohne festzulegen, für welche Behandlungen diese im Rahmen ihres jeweiligen Berufes qualifiziert sind

Das Ermessen, über das die Mitgliedstaaten insoweit verfügen, ist jedoch nicht unbegrenzt.

Zwar sind die Mitgliedstaaten, wie die niederländische Regierung geltend macht, nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 vor Buchstabe a der Sechsten Richtlinie befugt, die Bedingungen für die Befreiungen festzulegen, um deren korrekte und einfache Anwendung zu gewährleisten.

Entgegen dem Vorbringen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften ist jedoch festzustellen, dass das Ermessen, über das die Mitgliedstaaten bei der Definition der arztähnlichen Berufe verfügen, diese dazu ermächtigt, einen bestimmten Beruf, wie z. B. den des Psychotherapeuten in der Rechtssache C‑444/04, nicht als einen arztähnlichen Beruf anzusehen und ihn von der Mehrwertsteuerbefreiung nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie auszunehmen, und zwar ungeachtet des Umstands, dass dieser Beruf hinsichtlich bestimmter Aspekte im nationalen Recht besonders geregelt ist.

Darüber hinaus ist zwar, wie die niederländische Regierung vorträgt, die korrekte und einfache Anwendung der Mehrwertsteuerbefreiung nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie gewährleistet, wenn die Befreiung, wie in der Rechtssache C‑443/04 für die Leistungen der Physiotherapeuten, den Personen vorbehalten ist, die die in den nationalen Rechtsvorschriften über die arztähnlichen Berufe genannten beruflichen Qualifikationen besitzen, und nur für die in diesen Rechtsvorschriften festgelegten spezifischen Heiltätigkeiten im Bereich der Humanmedizin gilt, für die diese Qualifikationen erworben wurden.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes kann das Erfordernis einer korrekten und einfachen Anwendung den Mitgliedstaaten jedoch keine Befugnis verleihen, gegen die Ziele der Sechsten Richtlinie oder die Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, insbesondere den Grundsatz der Gleichbehandlung, der im Bereich der Mehrwertsteuer im Grundsatz der steuerlichen Neutralität zum Ausdruck kommt, zu verstoßen (vgl. Urteile Dornier, Randnrn. 42 und 69, vom 26. Mai 2005 in der Rechtssache C‑498/03, Kingscrest Associates und Montecello, Slg. 2005, I‑4427, Randnrn. 29 und 52, und vom 12. Januar 2006 in der Rechtssache C‑246/04, Turn- und Sportunion Waldburg, Slg. 2006, I‑0000, Randnrn. 44 bis 46).

Beantragt ein Steuerpflichtiger, seine Heiltätigkeiten im Bereich der Humanmedizin als Teil der Ausübung arztähnlicher Berufe anzuerkennen, damit er in den Genuss der Mehrwertsteuerbefreiung nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie gelangt, so haben die nationalen Gerichte daher unter Berücksichtigung des mit dieser Bestimmung verfolgten Zieles und des dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem innewohnenden Grundsatzes der steuerlichen Neutralität zu prüfen, ob die zuständigen Behörden die Grenzen des ihnen mit dieser Bestimmung eingeräumten Ermessens beachtet haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. September 2002 in der Rechtssache C‑141/00, Kügler, Slg. 2002, I‑6833, Randnr. 56, Urteile Dornier, Randnr. 69, und Kingscrest Associates und Montecello, Randnr. 52).

Was erstens das mit Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie verfolgte Ziel betrifft, so soll die dort aufgestellte Voraussetzung, dass die Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten arztähnlichen Berufe erbracht werden müssen, gewährleisten, dass die Befreiung nur für Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin gilt, die von Personen erbracht werden, die die erforderlichen beruflichen Qualifikationen besitzen (Urteil Kügler, Randnr. 27). Daher sind nicht alle Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin von der Mehrwertsteuer befreit, sondern nur diejenigen, die unter Berücksichtung der beruflichen Ausbildung der Behandelnden eine ausreichende Qualität aufweisen.

Daraus folgt, dass der Ausschluss eines bestimmten Berufes oder einer bestimmten spezifischen Heiltätigkeit im Bereich der Humanmedizin von der im nationalen Recht im Hinblick auf die Befreiung nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie aufgestellten Definition der arztähnlichen Berufe durch sachliche Gründe gerechtfertigt sein muss, die sich auf die beruflichen Qualifikationen der Behandelnden und damit auf Erwägungen im Zusammenhang mit der Qualität der erbrachten Leistungen beziehen.

Was zweitens den dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem innewohnenden Grundsatz der steuerlichen Neutralität angeht, so ist daran zu erinnern, dass es dieser Grundsatz nach der Rechtsprechung verbietet, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln (Urteile vom 23. Oktober 2003 in der Rechtssache C‑109/02, Kommission/Deutschland, Slg. 2003, I‑12691, Randnr. 20, und Kingscrest Associates und Montecello, Randnr. 54).

Bei der Prüfung, ob Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin gleichartig sind, sind jedoch im Hinblick auf die Befreiung nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie und des mit dieser Bestimmung verfolgten Zieles die beruflichen Qualifikationen der Behandelnden zu berücksichtigen. Da diese nämlich nicht gleich sind, können die Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin nur insoweit als gleichartig angesehen werden, als sie für die Behandelten eine gleichwertige Qualität aufweisen.

Daraus folgt, dass der Ausschluss eines Berufes oder einer spezifischen Heiltätigkeit im Bereich der Humanmedizin von der im nationalen Recht im Hinblick auf die Mehrwertsteuerbefreiung nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie aufgestellten Definition der arztähnlichen Berufe nur dann gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität verstößt, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Personen, die diesen Beruf oder diese Tätigkeit ausüben, für die Durchführung solcher Heilbehandlungen über berufliche Qualifikationen verfügen, die gewährleisten können, dass diese Behandlungen denjenigen qualitativ gleichwertig sind, die von Personen erbracht werden, die nach den betreffenden nationalen Rechtsvorschriften in den Genuss der Befreiung gelangen.

Es obliegt demnach dem vorlegenden Gericht, unter Berücksichtigung all dieser Erwägungen zu bestimmen, ob der Ausschluss des Berufes des Psychotherapeuten in der Rechtssache C‑444/04 und der von einem Physiotherapeuten durchgeführten Störfelddiagnostik in der Rechtssache C‑443/04 aus dem Rahmen der Ausübung arztähnlicher Berufe im Hinblick auf die Mehrwertsteuerbefreiung nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie die Grenzen des den Mitgliedstaaten mit dieser Bestimmung eingeräumten Ermessens überschreitet.

Insoweit ist, was die Rechtssache C‑444/04 betrifft, von vornherein festzustellen, dass der Umstand, dass die Psychotherapeuten unabhängig von ihrem Rechtsstatus mehrwertsteuerrechtlich alle gleichbehandelt werden, entgegen dem Vorbringen der niederländischen Regierung irrelevant ist. Vielmehr ist, wie Frau van den Hout-van Eijnsbergen vorträgt, zu prüfen, ob der betreffende Mitgliedstaat die Tätigkeiten von Psychotherapeuten, die ein Pädagogikdiplom erworben haben, in den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Steuerjahren mehrwertsteuerrechtlich anders behandelt hat als die gleichen Tätigkeiten von Psychiatern und Psychologen.

Ist dies der Fall, so hat das vorlegende Gericht zu prüfen, ob Psychotherapeuten, die wie die Klägerin des Ausgangsverfahrens ein Pädagogikdiplom erworben haben, tatsächlich wie Psychiater und Psychologen über die beruflichen Qualifikationen verfügen, deren es bedarf, um die von der Klägerin vorgenommenen psychotherapeutischen Behandlungen durchführen zu können, und, wenn ja, ob sie im Hinblick auf die Ausübung dieser Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer befreit sind.

Ist dies zu bejahen, so überschreiten die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Rechtsvorschriften das Ermessen, über das die Mitgliedstaaten im Rahmen des Artikels 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie verfügen, nur dann, wenn die Qualität der von den Psychotherapeuten durchgeführten Behandlungen ? was vom vorlegenden Gericht anhand aller relevanten Umstände der bei ihm anhängigen Rechtssache zu beurteilen ist ? unter Berücksichtigung von deren beruflichen Qualitäten als derjenigen gleichartiger Behandlungen, die von Psychiatern, Psychologen oder Angehörigen anderer ärztlicher oder arztähnlicher Berufe durchgeführt werden, gleichwertig angesehen werden kann.

Insoweit kann das vorlegende Gericht insbesondere berücksichtigen, dass die Klägerin des Ausgangsverfahrens ein Pädagogikdiplom besitzt und die von ihr in den fraglichen Steuerjahren durchgeführten psychotherapeutischen Behandlungen in einem rechtlichen Rahmen, unter der Kontrolle der Medizinischen Inspektion für die Gesundheit der Bevölkerung und gemäß den in einer spezifischen Regelung festgelegten Bedingungen, deren Einhaltung durch die Eintragung in ein hierfür vorgesehenes Register bescheinigt wurde, erfolgten; diese Umstände sind geeignet, zu gewährleisten, dass sie über die für die Ausübung ihrer Tätigkeit erforderlichen beruflichen Qualifikationen verfügte.

In der Rechtssache C‑443/04 ist im Rahmen der Prüfung, ob der betreffende Mitgliedstaat das ihm nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie zustehende Ermessen überschritten hat, zu untersuchen, ob Behandlungen mittels Störfelddiagnostik von der Mehrwertsteuer befreit sind, wenn sie von Ärzten oder Zahnärzten durchgeführt werden.

Auf die entsprechende Frage hat die niederländische Regierung, ohne sich jedoch insoweit festlegen zu wollen, in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass nicht von vornherein ausgeschlossen sei, dass Ärzten wegen ihrer Fachkenntnisse und ihrer umfassenderen medizinischen Ausbildung die Befreiung von der Mehrwertsteuer für diese Behandlungen gewährt werde.

Unter diesen Umständen ist es Sache des vorlegenden Gerichts, unter Beachtung der Ausführungen in den Randnummern 44 und 45 des vorliegenden Urteils zu prüfen, ob der betreffende Mitgliedstaat dadurch, dass er die vom Kläger des Ausgangsverfahrens durchgeführten Behandlungen mittels Störfelddiagnostik nicht von der Mehrwertsteuer befreit hat, das Ermessen, über das er im Rahmen des Artikels 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie verfügt, überschritten hat, und zwar in Anbetracht der für Ärzte und Zahnärzte in Bezug auf die gleichen Behandlungen geltenden Mehrwertsteuerregelung und der Qualität der in diesem Rahmen jeweils geleisteten Behandlung.

Insoweit kann das vorlegende Gericht insbesondere berücksichtigen, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens als Physiotherapeut einen arztähnlichen Beruf im Sinne des nationalen Rechts des betreffenden Mitgliedstaats ausübt, dass er über eine spezifische Zusatzausbildung für diese Behandlungen verfügt und dass seine Patienten für diese Behandlungen oft von Ärzten oder Zahnärzten an ihn überwiesen werden.

Auf die Vorlagefragen ist demnach zu antworten:

? Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie ist dahin auszulegen, dass er den Mitgliedstaaten bei der Definition der arztähnlichen Berufe und der Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die zu diesen Berufen gehören, für die Zwecke der in dieser Bestimmung vorgesehenen Befreiung ein Ermessen einräumt. Bei der Ausübung dieses Ermessens haben die Mitgliedstaaten jedoch das mit dieser Bestimmung verfolgte Ziel, zu gewährleisten, dass die Befreiung nur für Leistungen gilt, die von Personen erbracht werden, die über die erforderlichen beruflichen Qualifikationen verfügen, und den Grundsatz der steuerlichen Neutralität zu beachten.

? Eine nationale Regelung, die den Beruf des Psychotherapeuten von der Definition der arztähnlichen Berufe ausnimmt, verstößt nur insoweit gegen dieses Ziel und diesen Grundsatz, als die psychotherapeutischen Behandlungen ? was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist ? von der Mehrwertsteuer befreit wären, wenn sie von Psychiatern, Psychologen oder Angehörigen anderer ärztlicher oder arztähnlicher Berufe durchgeführt würden, obwohl sie, von Psychotherapeuten erbracht, unter Berücksichtigung deren beruflicher Qualifikationen als qualitativ gleichwertig angesehen werden können.

? Eine nationale Regelung, die bestimmte, von Physiotherapeuten ausgeübte spezifische Heiltätigkeiten im Bereich der Humanmedizin, wie Behandlungen mittels Störfelddiagnostik, von der Definition dieses arztähnlichen Berufes ausnimmt, verstößt nur insoweit gegen dieses Ziel und diesen Grundsatz, als diese Behandlungen ? was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist ? von der Mehrwertsteuer befreit wären, wenn sie von Ärzten oder Zahnärzten erbracht würden, obwohl sie, von Physiotherapeuten durchgeführt, unter Berücksichtigung deren beruflicher Qualifikationen als qualitativ gleichwertig angesehen werden können.

Kosten

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ? Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass er den Mitgliedstaaten bei der Definition der arztähnlichen Berufe und der Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die zu diesen Berufen gehören, für die Zwecke der in dieser Bestimmung vorgesehenen Befreiung ein Ermessen einräumt. Bei der Ausübung dieses Ermessens haben die Mitgliedstaaten jedoch das mit dieser Bestimmung verfolgte Ziel, zu gewährleisten, dass die Befreiung nur für Leistungen gilt, die von Personen erbracht werden, die über die erforderlichen beruflichen Qualifikationen verfügen, und den Grundsatz der steuerlichen Neutralität zu beachten.

Eine nationale Regelung, die den Beruf des Psychotherapeuten von der Definition der arztähnlichen Berufe ausnimmt, verstößt nur insoweit gegen dieses Ziel und diesen Grundsatz, als die psychotherapeutischen Behandlungen ? was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist ? von der Mehrwertsteuer befreit wären, wenn sie von Psychiatern, Psychologen oder Angehörigen anderer ärztlicher oder arztähnlicher Berufe durchgeführt würden, obwohl sie, von Psychotherapeuten erbracht, unter Berücksichtigung deren beruflicher Qualifikationen als qualitativ gleichwertig angesehen werden können.

Eine nationale Regelung, die bestimmte, von Physiotherapeuten ausgeübte spezifische Heiltätigkeiten im Bereich der Humanmedizin, wie Behandlungen mittels Störfelddiagnostik, von der Definition dieses arztähnlichen Berufes ausnimmt, verstößt nur insoweit gegen dieses Ziel und diesen Grundsatz, als diese Behandlungen ? was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist ? von der Mehrwertsteuer befreit wären, wenn sie von Ärzten oder Zahnärzten erbracht würden, obwohl sie, von Physiotherapeuten durchgeführt, unter Berücksichtigung deren beruflicher Qualifikationen als qualitativ gleichwertig angesehen werden können.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

RechtsgebietUmsatzsteuerrechtVorschriften§ 4 Nr. 14 UStG

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr