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13.12.2007 · IWW-Abrufnummer 073876

Bundesfinanzhof: Urteil vom 18.10.2007 – VI R 57/06

Überlässt ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer ein Kraftfahrzeug für dessen private Nutzung, können einzelne vom Arbeitnehmer selbst getragene Kraftfahrzeugkosten als Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn der Nutzungsvorteil nach der sog. Fahrtenbuchmethode ermittelt wird. Dagegen kommt ein Werbungskostenabzug nicht in Betracht, wenn der Nutzungsvorteil pauschal nach der sog. 1 %-Regelung bemessen wird.


Gründe:

I. Streitig ist, ob ein Arbeitnehmer bei seiner Einkommensteuerveranlagung die von ihm selbst getragenen Treibstoffkosten für einen ihm vom Arbeitgeber überlassenen PKW als Werbungskosten geltend machen kann, wenn ihm der Nutzungsvorteil für den PKW nach der sog. 1 %-Regelung einkünfteerhöhend angerechnet worden war.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hatte bis 31. Dezember 2001 ein von seinem Arbeitgeber überlassenes Firmenfahrzeug auch zur privaten Nutzung zur Verfügung. Der sich aus dieser Fahrzeugüberlassung ergebende Nutzungswert wurde im Streitjahr (2001) nach der 1 %-Regelung in Höhe von ... DM ermittelt und angesetzt. Nachdem der Kläger mit seinem Arbeitgeber am 6. April 2001 vereinbart hatte, das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2001 zu beenden, und er mit sofortiger Wirkung freigestellt war, trug der Arbeitgeber die Kosten für den PKW weiter (Leasingkosten einschließlich Steuer, Versicherung, GEZ); die laufenden Betriebskosten (Tanken und Wagenwäsche) trug der Kläger ab diesem Zeitpunkt allerdings selbst.

In der gemeinsamen Einkommensteuererklärung des Klägers und seiner Ehefrau, der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), machte der Kläger für das Streitjahr die von ihm selbst getragenen Benzinkosten in Höhe von 4 551 DM als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend.

Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage hatte im Hinblick auf im Revisionsverfahren nicht mehr streitige Punkte Erfolg, wurde aber hinsichtlich der geltend gemachten Treibstoffkosten durch das Finanzgericht (FG) aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2006, 1662 veröffentlichten Gründen abgewiesen.

Mit der Revision wenden sich die Kläger gegen die Nichtberücksichtigung der vom Kläger getragenen Treibstoffkosten.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

unter Abänderung der Vorentscheidung weitere Werbungskosten in Höhe von 4 551 DM bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen und die Einkommensteuer dementsprechend herabzusetzen.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, soweit die Klage abgewiesen wurde, und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Die vom Kläger selbst getragenen Treibstoffkosten für das überlassene Fahrzeug können nur dann berücksichtigt werden, wenn der Wert der privaten Nutzung nach der sog. Fahrtenbuchmethode ermittelt wird. Ob dies im Streitfall zutrifft, muss noch ermittelt werden.

1. Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehören auch Vorteile aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung. Der Vorteil ist nach § 8 Abs. 2 Satz 2 ff. EStG entweder pauschal nach der sog. 1 %-Regelung oder individuell nach der sog. Fahrtenbuchmethode zu bewerten (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. November 2006 VI R 95/04, BFHE 215, 252, BStBl II 2007, 269, m.w.N.). Dabei kommt die zuletzt genannte Methode nur in Betracht, wenn die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden (näher zu den beiden Bewertungsmethoden Senatsurteil in BFHE 215, 252, BStBl II 2007, 269).

a) Wie sich aus der Formulierung in § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG "die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen" (vgl. dazu BFH-Urteil vom 14. September 2005 VI R 37/03, BFHE 211, 215, BStBl II 2006, 72) ergibt, gehen in die Vorteilsermittlung auch solche Kraftfahrzeugkosten ein, die nicht der Arbeitgeber getragen hat. Folgerichtig sind die vom Arbeitnehmer selbst getragenen Kraftfahrzeugkosten grundsätzlich Aufwendungen zur Erwerbung des Nutzungsvorteils i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG.

b) Indessen können solche individuellen Kosten bei der typisierenden sog. 1 %-Regelung keine Berücksichtigung finden, weil die Höhe des so bemessenen Nutzungswerts nicht von den individuellen Kosten abhängt. Wie sich aus dem Rangverhältnis der sog. 1 %-Regelung gegenüber der Fahrtenbuchmethode ergibt, ist die individuelle Kostenzusammensetzung nur von Bedeutung, wenn die gesamten Kosten des konkret zu beurteilenden Fahrzeugs belegt sind und das Verhältnis der Privatfahrten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen ist. Demgemäß würde der Zweck der gesetzlichen Gesamtregelung verfehlt, wenn bei der pauschalen Bewertung des Nutzungsvorteils nach der 1 %-Regelung individuelle Aufwendungen des Arbeitnehmers Berücksichtigung fänden.

2. Die Sache ist nicht spruchreif. Sollte der Nutzungsvorteil aus der Fahrzeugüberlassung beim Kläger nach der sog. 1 %-Regelung zu erfassen sein, wäre die Revision unbegründet und daher zurückzuweisen. Sollte dagegen der Kläger ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt haben und die gesamten Kraftfahrzeugkosten belegen können, wären die vom Kläger getragenen Aufwendungen für den Treibstoff des überlassenen Fahrzeugs als Werbungskosten zu berücksichtigen. Die diesbezüglichen Feststellungen wird das FG noch zu treffen haben.

RechtsgebietEStG 2001VorschriftenEStG 2001 § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2, EStG 2001 § 8 Abs. 1, EStG 2001 § 8 Abs. 2, EStG 2001 § 9 Abs. 1, EStG 2001 § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1

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