16.01.2007 · IWW-Abrufnummer 070142
Sozialgericht Koblenz: Urteil vom 05.10.2006 – S 11 KR 537/05
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
S 11 Kr 537/05
verkündet am 5.10.2006
Sozialgericht Koblenz
Urteil
In dem Rechtsstreit XXX
hat die 11. Kammer des Sozialgerichts Koblenz auf die mündliche Verhandlung vom 5.10.2006 durch XXX für Recht erkannt:
1. Der Bescheid der Beklagten vom 03.08,2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.10.2005 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, den vom Kläger ab 01.06.2005 zu zahlenden Beitrag ohne Berücksichtigung der Erbschaft des Klägers nach seiner am 26.01.2005 verstorbenen Mutter zu berechnen.
3. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
4. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der vom Kläger für den Zeitraum vom 01.06.2005 bis 31.05.2006 zu entrichtenden Beiträge als freiwillig Krankenversicherter.
Der am 07.11.1957 geborene Kläger ist seit dem 01.08.2003 freiwillig versichertes Mitglied bei der Beklagten. Über Erwerbseinkommen verfügt der Kläger seit diesem Zeitpunkt nicht. Der Kläger lebte mit seiner Mutter. bis zu deren Tod am 26.01.2005 in einem der Mutter gehörenden Eigenheim. Mit Bescheid vom 04.02.2004 lehnte die Verbandsgemeindeverwaltung M. als zuständiger 80zialhilfeträger die Gewährung von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt ab, da der Bedarf des Klägers. durch die Einkünfte der Mutter gedeckt werden könne. Die Beklagte stufte den Kläger unter Zugrundelegung von monatlichen Einnahmen in Höhe von 360,00 ? für den Zeitraum vom 01.02.2004 bis 31.07.2004 in die Gruppe der anderen freiwillig Versicherten mit einem Mindestbeitragsbemessungswert von 805,00 ? ein und setzte den monatlichen Beitrag zur Krankenversicherung auf 108,68 ? fest (Bescheid vom 07.05.2004). Auf den Antrag des Klägers vom 09.08.2004 erfolgte eine entsprechende Beitragseinstufung für den Zeitraum bis 31.01.2005 (Bescheid vom 12.08.2004). Vom 01.01.2005 bis 31.05.2005 erhielt der Kläger Grundsicherungsleistungen bei Erwerbsminderung vom zuständigen Sozialhilfeträger, die Beklagte setzte für den Zeitraum vom 01.02.2005 bis 31.07.2005 den monatlich zu zahlenden Beitrag zur freiwilligen Krankenversicherung auf 107,07 ? fest.
Mit Bescheid vom 02.06.2005 hob der Sozialhilfeträger den Bewilligungsbescheid vom 09.12.2004 mit Wirkung vom 01.06.2005 auf, da der Kläger nicht bedürftig sei. Er habe von seiner am 26.01.2005 verstorbenen Mutter J. F. gemäß dem vorgelegten Erbschein vom 09.05.2005 sowie Ablichtungen verschiedener Sparbücher einen Erbanteil nebst diverser Haushaltsgegenstände in Höhe von 43.217,18 ? geerbt. Nachdem die Beklagte vom Kläger hierüber Mitteilung erhalten hatte, setzte sie mit Bescheid vom 03.08.2005 für den Zeitraum' vom 01.06.2005 bis 31.05.2006 den monatlich zu zahlenden Beitrag zur Krankenversicherung auf 468,83 ? .fest. Dabei ging sie von einem monatlichen Einkommen in Höhe von 3.601,43 ? (43.217,18 ?: 12 Monate) aus und berücksichtigte die monatliche Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung von 3.525,00 ? im Kalenderjahr 2005. Im Namen und im Auftrag der Pflegekasse der Krankenkasse setzte sie die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung auf 68,74 ? fest.
Mit Schreiben vom 11.08,2005, eingegangen bei der Beklagten am 17.08.2005, erhob der Kläger Widerspruch und trug zur Begründung vor, das ihm zugefallene Erbe stelle Vermögen und kein Einkommen dar. Mit Widerspruchsbescheid vom 31.10.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, für freiwillige Mitglieder werde die Beitragsbemessung durch die Satzung der Krankenkasse geregelt. Dabei sei sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtige. Beitragspflichtige Einnahmen der freiwillig versicherten Mitglieder seien die Gesamtbezüge. Als Gesamtbezüge würden nach § 19 Abs. 4 ihrer Satzung die Bruttobezüge, d. h. das Arbeitsentgelt und alle Einnahmen und Geldmittel, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung angesehen. Bezüge, die nicht regelmäßig monatlich zufließen, seien für die Beitragsbemessung für 12 Monate monatlich mit einem Zwölfte I der monatlichen Bezüge zu berücksichtigen. Der Kläger bestreite seitdem 01.06.2005 seinen Lebensunterhalt ausschließlich aus der Erbschaft. Da die Erbschaft seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bestimme und er diese für seinen laufenden Lebensunterhalt verwende, sei der einmalig gezahlte Betrag von 43.217,18 ? für 12 Monate vom 01.06.2005 bis 31.05.2006 monatlich mit einem Zwölftel bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen.
Gegen den am 31.10.2005 abgesandten Widerspruchsbescheid richtet sich die am 01.12.2005 beim Sozialgericht Koblenz eingegangene Klage.
Der Kläger trägt vor, die von der Beklagten vorgenommene Beitragsbemessung sei nach den Bestimmungen des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB V) nicht gerechtfertigt. Das auf die Erbschaft entfallende Kapital sei nicht "Einnahme" im Sinne- der Beitragsbemessung, sondern stelle Vermögen dar. Selbst wenn man das auf die Erbschaft entfallende Kapital als berücksichtigungsfähige Einnahme ansehen wolle, fehle für die Verteilung auf 12 Monate eine satzungsmäßige Regelung. Die von der Beklagten zugrunde gelegte Satzungsbestimmung regele die Berücksichtigungsfähigkeit solcher Bezüge, die dem Versicherten zwar nicht regelmäßig monatlich, aber dennoch regelmäßig zuflössen und folglich auf die Erbschaft als zweifellos nicht regelmäßige Einnahme nicht anwendbar sei. Hauptanwendungsfall für diese Regelung seien vielmehr Leistungen wie das jährlich gezahlte Weihnachtsgeld oder das häufig in zwei Raten gezahlte Urlaubsgeld, ,die als - regelmäßige - Einnahmen satzungsgemäß mit dem gezwölfteten Jahresbetrag berücksichtigt würden. Für einen davon zu unterscheidenden einmaligen Kapitalzufluss, wie vorliegend im Fall der Erbschaft, enthalte die Satzung indes keine entsprechende Regelung, weshalb die von der Beklagten insoweit vorgenommene Berücksichtigung .der Erbschaft bei der Beitragsbemessung unrechtmäßig sei. Die Erbschaft sei nicht vergleichbar mit Überschussanteilen aus Kapitalversicherungen oder Gewinnen aus Beteiligungen. Sie stehe in keinerlei Beziehung zu irgendeiner Art von wiederkehrenden Versorgungsbezügen, die einer Beitragspflicht unterliegen könnten.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 03.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.10.2005 aufzuheben und den von ihm ab 01.06.2005 zu zahlende Beitrag ohne Berücksichtigung der Erbschaft nach seiner am 26.01.2005 verstorbenen Mutter zu berechnen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält ihre Entscheidungen für rechtmäßig.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklag ten. Der Akteninhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.
Die Beklagte ist nicht berechtigt, die dem Kläger nach seiner am 26.01.2005 verstorbenen Mutter zugeflossene Erbschaft bei der Berechnung der Beitragshöhe ab 01.06.2005 der Beitragsberechnung zugrunde zu legen.
Nach § 240 Abs. 1 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB V) wird für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung durch die Satzung geregelt. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Die Satzung der Krankenkasse muss nach § 240 Abs. 2 SGB V mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitgliedes berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind. Während bei den einzelnen Gruppen versicherungspflichtiger Personen die beitragspflichtige Einnahmen gruppentypisch geregelt und auf bestimmte Einnahmearten begrenzt sind (§§ 226ff SGB V), ist das bei den vielgestaltigen Gruppen freiwillig Versicherter weder möglich noch angemessen. Deshalb kommen bei freiwillig Versicherten wesentlich mehr Einnahmearten als beitragspflichtige Einnahmen in Betracht oder sind als solche jedenfalls diskutabel (KassKomm/Peters, § 240 SGB V RdNr. 6).
Im Gegensatz zu der bis zum 31.12.1988 geltenden Regelung in § 180 Reichsversicherungsordnung (RVO) ist die Basis der in Betracht kommenden Einnahmen durch § 240 SGB V erweitert worden. Nunmehr ist nach dem Gesetzeswortlaut sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die "gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit" des freiwillig Versicherten berücksichtigt. Die Neuregelung ist im Entwurf des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) wie folgt begründet worden (BT-Drucksache 11/2237, Seite 225 zu § 249 des Entwurfs):
"Die Vorschrift ermöglichtes allen Krankenkassen, das Beitragsrecht für freiwillige Mitglieder autonom in der Satzung zu regeln. Dieses Recht hatten bisher nur die Ersatzkassen. Damit können sachgerechte Sonderregelungen insbesondere für Selbständige und einkommenslose freiwillig versicherte Ehegatten getroffen werden. Bei der Beitragsgestaltung ist die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds zu berücksichtigen, d.h. alle Einnahmen und Geldmittel, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte, sind ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung der Beitragsbemessung zugrunde zu legen. Diese Regelung bedeutet aber auch; dass der Beitragsberechnung nicht automatisch bestimmte Einnahmen zum Lebensunterhalt unterstellt werden können; ohne dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit geprüft wird. Ein freiwilliges Mitglied darf beitragsmäßig nicht geringer belastet werden als ein vergleichbarer versicherungspflichtig Beschäftigter. Insoweit werden der Gestaltungsfreiheit der Krankenkasse Grenzen gesetzt"
Nach § 19 Abs. 4 Satz 1 der Satzung der Beklagten sind beitragspflichtige Einnahmen der freiwillig versicherten Mitglieder die Gesamtbezüge. Als Gesamtbezüge gelten die Bruttobezüge, ihnen zuzurechnen sind das Arbeitsentgelt und alle Einnahmen und Geldmittel, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung; ein Existenzgründungszuschuss nach § 4211 SGB 111 zählt nicht zu den Gesamtbezügen. Bezüge, die nicht regelmäßig monatlich zufließen, sind für die Beitragsbemessung für 12 Monate monatlich mit einem Zwölftel der jährlichen Bezüge zu berücksichtigen.
Diese generalklauselartige Satzungsbestimmung der Beklagten kann ausreichen, um bei freiwilligen Mitgliedern die Einnahmen anzusetzen, die bei vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen .sind und die mindestens auch bei freiwilligen Mitgliedern berücksichtigt werden müssen (BSG 22.05.2003 - B 12 KR 12/02 R). Die dem Kläger nach seiner Mutter zugeflossene Erbschaft gehört nicht zu einer der Einnahmearten versicherungspflichtig Beschäftigter, die bei diesen zur Beitragsbemessungsgrenze zugrunde gelegt werden.
Die generalklauselhafte Benennung der berücksichtigungsfähigen "Einnahmen und sonstigen Geldmittel reicht aus, um neben den in § 240 SGB V ausdrücklich genannten, bei versicherungspflichtig Beschäftigten beitragspflichtigen Einnahmen solche anderen Einnahmen der Beitragsbemessung zugrunde zulegen, die bereits in der ständigen Rechtsprechung vom BSG als Einnahmen zum Lebensunterhalt anerkannt worden sind. Aus dem Gesamtzusammenhang der Regelungen des § 240 SGB V ergeben sich zudem Grundsätze der Beitragsbemessung, die eine ausdrückliche Satzungsregelung erübrigen oder abweichende Bestimmungen in der Satzung nicht zulassen (BSG, 19.10.2000 - B 12 KR 1/00 R). Darüber hinaus ist dem Satzungsgeber gestattet und aufgetragen, die Einzelheiten der Beitragsbemessung für die freiwilligen Mitglieder -. ausgerichtet an der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des jeweiligen Mitglieds - in der Satzung so konkret zu regeln, dass für typische Sachverhalte eine einheitliche Bewertung sichergestellt ist. Die Krankenkassen können etwa Bestimmungen darüber treffen, welche Einnahmearten zu berücksichtigen sind, in welcher Rangfolge sie heranzuziehen sind, dass einmalige Einnahmen mit einem Zwölftel des zu erwartenden Jahresbetrages monatlich anzusetzen und wie steuerliche Vergünstigungen zu behandeln sind. Stößt die Feststellung der beitragspflichtigen Einnahmen auf erhebliche Schwierigkeiten oder stehen hierfür verschiedene Berechnungsweisen zur Verfügung und lassen sich dem Gesetz keine eindeutigen Bewertungsmaßstäbe entnehmen, setzt die Berücksichtigung der Einnahmen insoweit eine konkretisierende Satzungsregelung voraus.
Zu den Einnahmen und Geldmitteln, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte und die keine nähere Erwähnung in der Satzung der Beklagten benötigen, gehören neben den Einnahmen versicherungspflichtig Beschäftigter die Einnahmen und Geldmittel aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung sowie Einnahmen aus Altersrenten, die aufgrund eines privatrechtlichen Versicherungsvertrages in Form einer Leibrente auf Lebenszeit gezahlt werden (BSG, 06.09.2001 - B 12 KR 5/01 R).
§ 19 Abs. 4 Satz 1 der Satzung der Beklagten stellt auf die Gesamtbezüge des freiwilligen versicherten Mitglieds ab. Die nähere Definition in § 19 Abs. 4 Satz 2 der Satzung knüpft an das Arbeitsentgelt an und verweist ferner auf alle Einnahmen und Geldmittel, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte. Der Begriff der Gesamtbezüge wird im Bereich des SGB V oder der allgemeinen Vorschriften des SGB V an keiner Stelle verwandt. Wie das BSG bereits entschieden hat (Urteil vom 28.04.1987 - 12 RK 50/85), kann diese Bezeichnung weder dem Gesamteinkommen im Sinne des § 16' des Vierten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) noch anderen Einkommensbegriffen gleichgesetzt werden. Zu den "Gesamtbezügen" gehören daher gemäß § 19 Abs. 4 Satz 2 der Satzung der Beklagten neben dem Arbeitsentgelt ;alle Einnahmen und Geldmittel, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung. Die Satzungsregelung der Beklagten ist allerdings so weit gefasst, dass darunter auch Bezüge fallen, mit denen eine wie bei Pflichtmitgliedern einnahmenorientierte, bei freiwilligen Mitgliedern allerdings erweiterte Bemessungsgrundlage verlassen wird. Sie würde etwa auch Unterhaltszahlungen, Schmerzensgelder, Geschenke und einen über die Berücksichtigung von Einkünften hinausgehenden Vermögensverzehr erfassen (BSG, 22.05,2003, a.a.O.). Um eine ausreichende Bestimmtheit der abgabenrechtlichen Regelungen zu gewährleisten, ist wenigstens in Grenzbereichen zwischen beitragspflichtigen und nicht mehr beitragspflichtigen Einnahmen zunächst eine spezielle Satzungsregelung erforderlich. Die Krankenkassen können ihre Pflicht zur Satzungsregelung nicht durch Generalklauseln allgemein der Rechtsprechung überlassen. Nur bei Satzungsregelungen, die für die nicht bereits anerkannten beitragspflichtigen Einnahmen wenigstens in einem gewissen Um. fang konkretisierte Regelungen zulassen, können die Mitglieder erkennen, mit welchen Beitragsbelastungen sie zu rechnen haben. Nur so ist auch eine gleichmäßige Behandlung aller freiwilligen Mitglieder einer Kasse gewährleistet. Das Gesetz lässt den Krankenkassen bei der Heranziehung, von Einnahmen einen gewissen Spielraum. Es müssen nicht Einnahmen jeder Art und in voller Höhe zur Beitragsberechnung herangezogen werden (BSG, 22.05.2003, a.a.O.).
Die maßgebenden Satzungsvorschriften der Beklagten enthalten für die Heranziehung der hier streitigen Erbschaft des Klägers keine ausdrückliche Regelung. Eine solche Regelung wäre jedoch vorliegend erforderlich, um Einnahmen, die auf einem Vermögensverzehr beruhen, der Beitragspflicht zu unterwerfen. Aus der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ergibt sich keine Beitragspflicht von. Leistungen der hier streitigen Art.
Darüber hinaus beeinträchtigt die Heranziehung von Einnahmen der vorliegenden Art ohne ausdrückliche zumindest satzungsrechtliche Regelung die durch Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschützte wirtschaftliche Handlungsfähigkeit des Versicherten. Im Rahmen dieses Grundrechts kann der Versicherte grundsätzlich selbst bestimmen, wie er das ihm zur Verfügung stehende Vermögen wirtschaftlich verwertet. Erwirbt er Immobilien oder wird das Vermögen als Geldwert bei einem Kreditinstitut angelegt, sind lediglich die Kapitaleinkünfte bzw. die Mieteinnahmen im Rahmen des freiwilligen Krankenversicherungsverhältnisses berücksichtigungsfähig. Entnimmt der Versicherte regelmäßig ()der unregelmäßig einen Teil des Kapitals zum privaten Verbrauch, sind diese Einnahmen nicht der Beitragsbemessung zugrunde zu legen. Bestreitet der Versicherte - freiwillig oder gezwungen - seinen Lebensunterhalt durch Vermögensverzehr, bedarf es für die Heranziehung dieses Vermögens als Grundlage der Beitragsbemessung einer rechtlichen Regelung im Gesetz oder in der Satzung. Eine solche Regelung kann nicht lediglich durch einen Beitragsbescheid vorgenommen werden.
Darüber hinaus greift die Heranziehung einer Erbschaft im Rahmen der Beitragsbemessung der freiwilligen Krankenversicherung in das gemäß Artikel 14 Abs. 1 GG grundgesetzlich geschützte Erbrecht ein. Auch deshalb ist zumindest die ausdrückliche Heranziehung ererbten Vermögens zur Beitragsbemessung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung durch eine Satzungsbestimmung, wenn nicht sogar durch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung geboten. Zwar kann auch das Erbrecht durch die Auferlegung von Abgaben und Steuern in gewissem Maße beeinträchtigt werden, dies erfordert jedoch eine rechtliche Grundlage, die im vorliegenden Fall fehlt. Die generalklauselartige Regelung der Beklagten in § 19 Abs. 4 der Satzung ist jedenfalls nicht geeignet, eine Heranziehung des vom Kläger ererbten Vermögens zur Beitragsbemessung zu rechtfertigen.
Nach alledem hat die Klage in der Sache Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Kammer hat nach § 161 Abs. 2 i. V. m. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG die Sprungrevision zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die Frage, ob ererbtes Vermögen bei freiwillig versicherten Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung zur Beitragsbemessung herangezogen werden kann, ist bisher höchstrichterlich nicht geklärt.