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15.02.2007 · IWW-Abrufnummer 063033

Landgericht Landshut: Urteil vom 05.04.2006 – 2HK O 2592/05

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landgericht Landshut

2HK O 2592/05
verkündet am 5.4.2006

In dem Rechtsstreit XXX

wegen Forderung

erlässt die 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Landshut durch den Richter am Landgericht XXX aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29.3.2006 am 5.4.2006 im Namen des Volkes folgendes

Endurteil:

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist für die beklagte Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

IV. Der Streitwert des Verfahrens wird auf 57.500,-- EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um ein Maklerhonorar.

Die Klägerin ist Versicherungsmaklerin. Der Beklagte ist Inhaber des Einzelunternehmens XXX. Der Beklagte betraute die Klägerin mit Maklervollmacht und Maklervertrag vom 14.09.2004 (Anl. K1 u. K 2) mit der Wahrnehmung seiner Versicherungsangelegenheiten. Hierbei vereinbarten die Parteien, daß die Tätigkeit der Klägerin nicht von den Versicherern durch Courtagen/ Prämien vergütet werden soll, sondern die Klägerin courtage-/ prämienfrei Versicherungen für den Beklagten abschließen und von diesem unmittelbar honoriert werden soll. Insofern wurden courtagefreie Nettotarife vereinbar. Gemäß Ziffer 2. der Honorarvereinbarung vom 14.09.2004 (Anl. K 3) wurde zwischen den Parteien folgendes festgelegt:

"Zur Abgeltung der Tätigkeiten des Maklers im Zusammenhang mit der Betreuung/Vermittlung courtagefreier Versicherungsverträge für den Auftraggeber wird zwischen den Vertragsparteien ein Honorar vereinbart.

Das Honorar beträgt ab 01.01.2005 jährlich EUR 115.000,-- und wird zwischen den Vertragsparteien jährlich neu verhandelt, erstmals zum 01.01.2006".

Gemäß Ziffer 5. ?Laufzeit/Kündigung" des Maklervertrages vom 14.09.2004 (Anl. K 2) wurde der Maklervertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen. Er kann von beiden Parteien jederzeit, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist, gekündigt werden. Die Kündigung bedarf der Schriftform.

Mit Schreiben vom 28.06.2005 an die Klägerin kündigte der Beklagte den bestehenden Maklervertrag zum 30.06.2005 (Anl. K 5). Die Klägerin berechnete dem Beklagten ein Maklerhonorar für den Zeitraum vom.01.07.2005 bis 01.01.2006 in Höhe von 57.500,-- EUR mit Rechnung vom 14.07.2005 (Anl. K 4) .

Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagte sei trotz der Kündigung des. Maklervertrages zum 30.06.2005 verpflichtet, das Honorar für das gesamte. Kalenderjahr 2005 zu entrichten. Aus der unzweideutigen und klaren Formulierung folge, daß die Parteien eine für das volle Kalenderjahr geltende Gesamtvergütung wollten und auch vereinbart hätten. Die quartalsweise Rechnungsstellung sei gegenüber dem Beklagten aus Kulanz erfolgt, um ihm eine zeitliche Entlastung zu gewähren. Hätten die Parteien nicht ein Kalenderjahreshonorar als Gesamthonorar gewollt, so hätten sie das Honorar nach Monaten oder Quartalen festlegen können.

Darüber hinaus gelte der "Schicksalsteilungsgrundsatz auch bei wie hier vereinbarten provisionsfreien Nettotarifen. Dieser Grundsatz besage, daß die dem Makler zustehende Courtage im Bereich der Nettotarife das Schicksal der Prämie "im Guten wie im Bösen" teilt.
Bei einem Maklerwechsel folge daraus, daß im Bereich der Sachversicherungen bei. einjährigen Verträgen der 1. Makler die Courtage bis zum Ablauf des Jahres erhalte, in dem der Maklerwechsel stattfinde. Die von der Klägerin in den Jahren 2004/2005 vermittelten bzw. betreuten Versicherungsverträge würden allesamt frühestens zum 31.12.2005 ablaufen.

Schließlich führe auch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise unter besonderer Berücksichtigung der übrigen Tätigkeit des Versicherungsmaklers zum gleichen Ergebnis.

Die Klägerin beantragt daher:

Der Beklagte wird verurteilt, an die, Klägerin 57.500,-- EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz p.a. seit 30.07.2005 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt:

Klageabweisung.

Der Beklagte ist der Ansicht, daß lediglich vereinbart wurde, daß das Honorar jährlich 115.000,-- EUR betrage, es sei gerade nicht vereinbart worden, daß für jedes angefangene Jahr 115.000,-- EUR zuzahlen sind. Gemäß Ziffer 5. des Maklervertrages könne der Vertrag von beiden Parteien jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. In Verbindung mit Ziffer 2. der Honorarvereinbarung, wonach das Honorar für ein ganzes Jahr 115.000,-- EUR betrage, ergebe sich, daß bei Kündigung zum Halbjahr sich das Honorar um die Hälfte, also auf 57.500,-- EUR reduziere. Deshalb stehe der Klägerin für das 2. Halbjahr 2005 kein Honorar zu.

Der Schicksalsteilungsgrundsatz, der von der Rechtsprechung und Literatur im Rahmen der hergebrachten Bruttopolicen entwickelt wurde, sei im Falle der Vereinbarung von Nettopolicen nicht anwendbar. Da die Courtageregelung an die Provisionsregelung für Versicherungsvertreter angelehnt werde, gelte für sie mangels abweichender Vereinbarung § 92 IV HGB analog. Der Courtageanspruch entstehe aufschiebend bedingt erst mit Zahlung der Prämie, aus der dieser finanziert wird. Daraus folge der Schicksalteilungsgrundsatz: Die Courtage teilt das Schicksal der Prämie "im Guten wie im Bösen". Bei wie hier verwendeten Nettotarifen mit der Maßgabe, daß zwischen Makler und Kunden ein Direkthonorar vereinbart wird, gelte der Schicksalsteilungsgrundsatz nach neuerer Rechtsprechung nicht.

Der Beklagte wendet schließlich ein, daß die gegenständliche Honorarvereinbarung wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig sei.

Beweis wurde nicht erhoben.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage erweist sich als unbegründet.

I.
Durch die Kündigung des Maklervertrages vom 28.06.2005 zum 30.06.2005 durch den Beklagten besteht kein Anspruch der Klägerin auf das Honorar für die 2. Jahreshälfte 2005.

1. Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt eine Auslegung der Honorarvereinbarung vom 14.09.2005, daß kein Gesamtjahreshonorar in Höhe von 115.000,-- EUR für jedes angefangene Jahr vereinbart wurde, sondern das Honorar jährlich 115.000,-- EUR beträgt und bei vorzeitiger Kündigung nur für die Tätigkeit bis zur Kündigung bei entsprechender Quotelung des Jahreshonorars verlangt werden kann.
Die gebotene Auslegung anhand der §§ 133, 157 BGB orientiert sich hier am Wortlaut von Ziffer 2. der Honorarvereinbarung und Ziffer 5. des Maklervertrages, wonach der Maklervertrag jederzeit von beiden Parteien ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden kann. Die Zusammenschau dieser beiden Klauseln ergibt eindeutig, dass keinesfalls ein Pauschaljahreshonorar von 115.000,-- EUR unabhängig von der Laufzeit des Maklervertrages gewollt war. Das jederzeitige Kündigungsrecht ohne Einhaltung von Kündigungsfristen würde in's Leere laufen, wenn der Beklagte trotz vorzeitiger Kündigung etwa in den ersten Wochen oder Monaten eines Jahres das gesamte Jahreshonorar von 115.000,-- EUR bezahlen müßte. Das jederzeitige Kündigungsrecht würde insofern zu Lasten des Beklagten ad absurdum geführt. Allein aus der Verwendung des Begriffes "jährlich" kann nicht geschlossen werden, daß das gesamte Honorar in Höhe von 115.000,-- EUR für jedes angefangene Jahr unabhängig von der Vertragsdauer zu zahlen ist. Diesbezüglich gehen Unklarheiten zu Lasten der beweisbelasteten Klägerin, diese hätte in Ziffer 2. der Honorarvereinbarung insbesondere im Hinblick auf das jederzeitige Kündigungsrecht eine klarstellende Regelung treffen müssen. Der Begriff "jährlich" kann und muß bei einer vertraglich zugelassenen vorzeitigen Vertragsauflösung durch Kündigung nur so ausgelegt werden, daß das Honorar entsprechend der angefallenen Wochen oder Monate während der Vertragslaufzeit zu quoteln ist. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, daß auch etwa bei Arbeitsverträgen oftmals ein Jahresgehalt oder bei Kfz.-Versicherungsverträgen eine Jahresgebühr vereinbart wird. Gerade im letztgenannten Falle ist die Kfz.-Jahresgebühr im Voraus fällig und kann bei entsprechender Kündigung des Versicherungsvertrages während des Jahres anteilsmäßig zurückgefordert werden. Aus diesen Erwägungen insbesondere in der Zusammenschau mit der jederzeitigen Kündigungsmöglichkeit im Wege einer Vertragsauslegung hat die Klägerin grundsätzlich keinen Anspruch auf das Honorar für die Zeit vom 1.7.2005 bis 1.1.2006 aus der getroffenen Honorarvereinbarung.

2. Der für die herkömmlichen Bruttopolicen entwickelte "Schicksalsteilungsgrundsatz" ist gem. neuester BGH-Rechtsprechung bei den hier vereinbarten Nettotarifen nicht anwendbar. Gemäß BGH III ZR 207/04 vom 20.1.2005 fehlt es an einer rechtlichen Grundlage dafür, den für die Bruttoversicherungspolice entwickelten Grundsatz, daß die Courtage des Versicherungsmaklers das Schicksal der Versicherungsprämie teilt, auf die unmittelbar vom Versicherungsnehmer zu zahlende Maklerprovision bei Abschluß einer Nettopolice zu übertragen. Bereits der rechtliche Ausgangspunkt dieses "Schicksalsteilungsgrundsatzes" in § 87 a III 2 HGB und § 92 IV HGB macht deutlich, dass es bei jener Regelung lediglich um eine Risikoverteilung zwischen dem Unternehmer und dem von ihm aus den Gewinnen des Vermittelten Geschäfts entlohnten Vermittler bei Störungen in der Ausführung des Vertrages geht. Für einen Risikoausgleich solcher Art ist im Verhältnis zwischen dem Versicherungsmakler und seinem Kunden schon im Ansatz kein Raum (VersR 2005/ S. 404). Das Gericht schließt sich dieser widerspruchsfreien Argumentation des BGH an. Mangels Anwendbarkeit hat die Klägerin entgegen der aufgrund Auslegung ermittelten Vertragsvereinbarung auch über den Schicksalsteilungsgrundsatz .keinen Anspruch auf die Klageforderung.

Auch führen wirtschaftliche Erwägungen der Klägerin zu keinem anderen Ergebnis. Vorliegend wurde im Rahmen der Vertragsfreiheit entgegen der übrigen Vereinbarung auf Basis von Bruttotarifen eine andere Gestaltungsweise gewählt. Das Risiko der Kündigung der Honorarvereinbarung ist hier Ausschluß der gewählten Vertragsgestaltung.
Durch die Vereinbarung von Nettotarifen konnten für beide Vertragsparteien Vor- u. Nachteile entstehen. So hätte beispielsweise der Beklagte das Honorar auch dann zahlen müssen, wenn die Klägerin keine einzige Versicherung vermittelt hätte. Insofern wurde ein erfolgsunabhängiges Honorar vereinbart zwischen den Parteien. Beide Parteien waren somit mit entsprechenden Vor- u. Nachteilen durch die vorliegende Vertragsgestaltung einverstanden. Daß im Ergebnis die Klägerin möglicherweise einen finanziellen Nachteil durch die vorzeitige Kündigung durch den Beklagten hinnehmen mußte und letztlich einen für sie nachteiligen Vertrag mit dem Beklagten geschlossen hat, kann die Vertragsfreiheit nicht aushebeln. Auch die von der Klägerin vorgetragenen Besonderheiten im Versicherungsrecht führen zu keinem anderen Ergebnis.

4. Im übrigen ist das Gericht der Auffassung, daß der Maklervertrag und die Honorarvereinbarung aufgrund eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig sind. Wenn ein Versicherungsmakler für seine versicherungsberatende Tätigkeit mit dem Versicherungsnehmer ein Honorar vereinbart, das unabhängig vom Erfolg einer Vertragsvermittlung bezahlt werden soll, dann überschreitet er das herkömmliche Berufsbild des Versicherungsmaklers und übt die Tätigkeit eines Versicherungsberaters als Haupttätigkeit aus, für die ihm nach § 1 Nr. 2 Rechtsberatungsgesetz die Erlaubnis fehlt (vgl. VVG, Prölls/Martin, 27. Auflage, nach § 48 Rdnr. 18).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit regelt sich nach § 709 ZPO.

Der Streitwert wurde nach § 3 ZPO nach dem Antrag der Klägerin festgesetzt.

RechtsgebieteBGB, HGBVorschriften§§ 133, 157 BGB, §§ 87a III 2 HGB, 92 IV HGB

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