26.01.2007 · IWW-Abrufnummer 063488
Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 06.04.2006 – 3 K 1524/04
Fortdauer der Einkunftserzielungsabsicht trotz vertragswidriger Weiternutzung durch Mieter und gleichzeitiger Veräußerungsabsicht bei Eigentümer
HESSISCHES FINANZGERICHT
Geschäftsnummer: 3 K 1524/0
URTEIL
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit XXX
w e g e n Einkommensteuer 2002
hat der 3. Senat des Hessischen Finanzgerichts
mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung
in der Sitzung vom 6. April 2006
unter Mitwirkung XXX
für Recht erkannt:
1. Der Bescheid über Einkommensteuer 2002 vom 08.02.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.03.2004 wird in der Weise geändert, dass die Einkommensteuer auf x.xxx,-- EUR festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens haben
für den 1. Verfahrensabschnitt (Zeit vom Eingang des Klageschriftsatzes bis zum Eingang des Schriftsatzes vom 20.03.2006)
die Kläger zu 44 v.H. und der Beklagte zu 56 v.H.
sowie für den 2. Verfahrensabschnitt (nachfolgende Zeit)
die Kläger zu 14 v.H. und der Beklagte zu 86 v.H. zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
4. Der Streitwert wird
für den 1. Verfahrensabschnitt auf 2.670,-- EUR
und für den 2. Verfahrensabschnitt auf 1.735,-- EUR
festgesetzt.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger zu 1. die Absicht, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, schon allein dadurch aufgegeben hat, dass er über die vermietete Wohnung einen Kaufvertrag abgeschlossen und im zeitlichen Zusammenhang damit gegenüber den bisherigen Mietern die Kündigung des Mietvertrages und sodann die Räumung der Wohnung betrieben hat. Dem Rechtsstreit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:
Seit 1992 war der Kläger zu 1. Eigentümer einer Wohnung in dem Gebäude
X -Straße in R . Er hatte diese Wohnung ständig an fremde Personen vermietet, zuletzt an die Eheleute T (Mietvertrag vom 15.03.1999).
Am 12.06.2001 schloss der Kläger zu 1. mit Herrn S einen notariellen Vertrag, durch den er sich zum Verkauf der vorgenannten Wohnung verpflichtete. Unter Abschn. V Nr. 1 des Vertrages war Folgendes vereinbart: Die Besitzübergabe sollte zum 01.09.2001 erfolgen. Bedingung hierfür war jedoch, dass die Mieter bis zu diesem Termin die Wohnung geräumt haben sollten.
Durch Schriftsatz seines damaligen Prozessbevollmächtigten vom 08.10.2001 erhob der Kläger zu 1. vor dem Amtsgericht R Klage mit dem Antrag, die Eheleute T zur Räumung der Wohnung zu verurteilen. Zur Begründung machte er geltend: Die Eheleute T befänden sich derzeit mit den Mieten für die Monate Juni, Juli, September und Oktober 2001 in Rückstand. Deswegen habe er den Mietvertrag mit Schreiben vom 27.09.2001 gekündigt. Die dort gesetzte Räumungsfrist hätten die Eheleute T nicht eingehalten. Die Angelegenheit sei auch deshalb besonders eilig, weil er, der Kläger zu 1., sich durch den Kaufvertrag vom 12.06.2001 verpflichtet habe, die Wohnung in geräumtem Zustand an den Käufer zu übergeben.
Im Laufe des weiteren Verfahrens vor dem Amtsgericht ließ der Kläger zu 1. durch seinen Prozessbevollmächtigten außerdem vortragen: Er habe bereits am Anfang des Jahres 2001 beschlossen, die Wohnung zu veräußern. Schon zu dieser Zeit seien die Eheleute T in Zahlungsschwierigkeiten gewesen (Schriftsatz vom 20.11.2001).
Das Amtsgericht verurteilte ? dem Antrag des Klägers zu 1. entsprechend ? die Eheleute T zur Räumung der Wohnung. Hierzu führte es u. a. aus: Der Kläger zu 1. sei zur fristlosen Kündigung des Mietvertrags berechtigt gewesen, weil die Eheleute T mit mindestens drei Monatsmieten im Rückstand gewesen seien. Er habe daher einen Anspruch auf Räumung der Wohnung. Der Vortrag der Eheleute T , es hätte im Laufe des Jahres 2001 zwischen den Mietparteien eine Absprache über ein mietfreies Wohnen gegeben, sei im Ergebnis unsubstantiiert. Nach den Gesamtumständen des Falles bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger zu 1. auf seinen Anspruch zur Zahlung der Miete verzichtet habe (Urteil vom 27.03.2002).
Da die Eheleute T nicht bereit waren, dem vorgenannten Urteil freiwillig Folge zu leisten, beauftragte der Kläger zu 1. den Gerichtsvollzieher mit der Zwangsräumung. Diese wurde dann am 26.08.2002 vollzogen.
Obwohl nunmehr die Voraussetzungen für die Übergabe der Wohnung an den Käufer S gegeben waren, konnte der Vertrag vom 12.06.2001 nicht mehr durchgeführt werden, weil Herr S zwischenzeitlich in Zahlungsschwierigkeiten geraten war. Der Kläger zu 1.erklärte deshalb den Rücktritt vom Vertrag. Mit notariellem Vertrag vom 30.12.2002 verkaufte er die Wohnung sodann an eine andere Person. Dieser Vertrag wurde wie vereinbart durchgeführt.
In ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2002 machten die Kläger in Bezug auf den Kläger zu 1. bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung folgende Angaben:
- Mieteinnahmen 0 EUR
- Absetzung für Abnutzung (AfA) ./. 1.850 EUR
- Schuldzinsen ./. 4.174 EUR
- Umlagen ./. 2.674 EUR
- Rechtsanwaltskosten ./. 1.840 EUR
- Werbungskostenüberschuss ./. 10.538 EUR
Der Steuererklärung waren zur Erläuterung der Aufwendungen Unterlagen beigefügt, und zwar über die Schuldzinsen eine Bescheinigung der kreditgebenden Bank, über die Umlagen eine Aufstellung des Hausverwalters. Hieraus ergibt sich, dass die angegebenen Beträge sich auf das ganze Kalenderjahr 2002 beziehen. Zu den Rechtsanwaltskosten war eine Abschlussrechnung beigefügt. Danach setzt sich der angegebene Gesamtbetrag aus folgenden Teilbeträgen zusammen:
- Gerichtsvollzieherkosten 146,00 EUR
- Kosten für Leistungen des Spediteurs 786,48 EUR
- Rechtsanwaltsgebühr für den Räumungsauftrag 148,24 EUR
- Notargebühr für die Beurkundung des Kaufvertrags
vom 12.06.2001 763,86 EUR
- Gesamtbetrag 1.839,52 EUR
Bei der Festsetzung der Einkommensteuer 2002 ließ das Finanzamt den geltend gemachten Werbungskostenüberschuss unberücksichtigt. Zur Erläuterung führte es aus: Der Verlust aus Vermietung und Verpachtung könne nicht mehr anerkannt werden, weil in Bezug auf die Eigentumswohnung des Klägers zu 1. im Streitjahr keine Einnahmeerzielungsabsicht vorgelegen habe. Diese Absicht sei bereits im Jahre 2001 durch den erstmaligen Versuch, die Wohnung zu veräußern, aufgegeben worden.
Den hiergegen gerichteten Einspruch der Kläger wies das Finanzamt als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies es auf eine Reihe von Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) zum Erfordernis der Einkünfteerzielungsabsicht. In Bezug auf den streitigen Sachverhalt führte es weiter aus: Die Tatsache, dass der Kläger zu 1. in Bezug auf seine Wohnung die Einkünfteerzielungsabsicht bereits im Jahre 2001 aufgegeben habe, werde nicht nur durch den am 12.06.2001 abgeschlossene Kaufvertrag, sondern auch durch die Kündigung des Mietvertrages sowie die anschließend betriebene Zwangsräumung dokumentiert. Unter Würdigung aller Umstände des Streitfalles sei ? für die Zeit nach der Rückabwicklung des vorgenannten Kaufvertrages - nicht davon auszugehen, dass der Kläger zu 1. die Wohnung habe weiter vermieten wollen (Einspruchsentscheidung vom 29.09.2004).
Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Rechtsschutzbegehren weiter. Hierzu machen sie im Wesentlichen geltend, die Rechtsprechung des BFH spreche ? anders als nach Auffassung des Finanzamts ? nicht gegen das Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht.
Das Finanzamt hält demgegenüber an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest. Zur Begründung hat es zunächst nur auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung verwiesen.
In mehreren Hinweisschreiben hat der Berichterstatter des Senats den Beteiligten die Sach- und Rechtslage erläutert. Dabei hat er sowohl gegenüber dem Finanzamt (s. u. 1) als auch gegenüber den Klägern (s. u. 2 und 3) Zweifel an den bisher vertretenen Rechtsauffassungen geäußert. Hierzu hat er u. a. ausgeführt: (1) Bei Aufwendungen, die (noch) auf die Zeit der Vermietung entfielen, sei typisierend anzunehmen, dass sie der Einkünfteerzielung dienten. Denn solange der Vermieter dem Mieter die Nutzung der Mietsache entgeltlich überlasse, dauere seine Vermietungstätigkeit an. Erst mit dem Wegfall des Nutzungsrechts des Mieters ende die Vermietungstätigkeit (Hinweis auf Rechtsprechung des BFH). Der Kläger zu 1. habe seine Eigentumswohnung bis zum Zeitpunkt der Zwangsräumung tatsächlich zur Erzielung von Vermietungseinkünften genutzt. Die Tatsache, dass er im Streitjahr keine Mieteinnahmen mehr gehabt habe, sei unerheblich. (2) Bei Aufwendungen, die durch die Räumung der Mietsache angefallen seien, müssten die Voraussetzungen des Werbungskostenabzugs nach anderen Gesichtspunkten geprüft werden. Denn die Aufwendungen müssten nicht nur objektiv in einem inneren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Vermietungstätigkeit stehen, sondern auch subjektiv der Erzielung entsprechender Einnahmen dienen (Hinweis auf BFH-Rechtsprechung). Nach diesen Grundsätzen seien die hier geltend gemachten Rechtsanwaltskosten zu prüfen. Dabei seien auch Äußerungen zu berücksichtigen, die der Kläger zu 1. in dem von ihm angestrengten Mietrechtsprozess gemacht habe. Im Übrigen sei die Höhe der vorgenannten Rechtsanwaltskosten noch klärungsbedürftig. (3) Bei den laufenden Kosten (AfA, Schuldzinsen, Umlagen), die für die Zeit nach der Räumung der Wohnung angefallen seien, fehle offensichtlich ein innerer Zusammenhang mit der bisherigen Vermietungstätigkeit.
Anknüpfend an die Hinweise des Berichterstatters tragen die Kläger nunmehr weiter vor: In Bezug auf den Teil der laufenden Kosten, der auf die Zeit nach der Räumung der Wohnung entfalle, nähmen sie die Klage zurück. Des Weiteren schr änkten sie in Bezug auf die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten ihr Klagebegehren in der Weise ein, als jetzt nur der Betrag von 932,48,-- EUR (Gerichtsvollzieherkosten 146,00,-- EUR, Kosten für Leistungen des Spediteurs 786,48 EUR) geltend gemacht werde. Hinsichtlich dieser Räumungskosten hielten sie an ihrem Klageantrag fest, und zwar aus folgenden Gründen: Die Räumung habe ohnehin betrieben werden müssen, um überhaupt einen wirtschaftlichen Nutzen aus der Wohnung ziehen zu können. Der Kläger zu 1. habe insofern ausschließlich das Ziel verfolgt, die Mieter unter allen Umständen loszuwerden, da diese zum einen keine Miete mehr zahlten und zum anderen auf seine Kosten Wasser, Strom und Gas verbrauchten. Daher habe er auch vor dem Amtsgericht R als ?weiteres Argument? vorgetragen, die Wohnung solle verkauft werden. Nach alledem habe die Zwangsräumung vordergründig mit der Vermietungstätigkeit im Zusammenhang gestanden.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
die Einspruchsentscheidung vom 29.03.2004 aufzuheben und den Bescheid über Einkommenssteuer 2002 vom 08.02.2004 in der Weise zu ändern, dass betreffend den Kläger zu 1. bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ein Werbungskostenüberschuss in Höhe von 6.732,-- EUR (Einnahmen 0 EUR, AfA 1.233,-- EUR, Schuldzinsen 2.783,-- EUR, Umlagen 1.783,-- EUR, Rechtsanwaltskosten 933,-- EUR) berücksichtigt wird.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Anknüpfend an die Hinweise des Berichterstatters trägt es nunmehr vor: Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sei ein Werbungskostenabzug nur so lange möglich, als der Vermieter dem Mieter die Nutzung der Mietsache entgeltlich überlasse. Eine Nutzungsüberlassung gegen Entgelt sei im Falle des Klägers zu 1. nicht gegeben. Dieser habe während des Streitjahres die Wohnung nicht mehr zur Einkünfteerzielung eingesetzt gehabt. Dies folge aus der Kündigung des Mietverhältnisses und der dadurch bewirkten Vertragswidrigkeit der weiteren Nutzung durch die Mieter. Seit Abschluss des Kaufvertrages vom 12.06.2001 habe der Kläger zu 1. ausschließlich die Veräußerung der Wohnung geplant und betrieben. Eine ernsthafte Absicht, die Wohnung nochmals anderweitig zu vermieten, sei nicht erkennbar. Der Umstand, dass die Fortdauer der Nutzungsüberlassung von den Mietern in vertragswidriger Weise erzwungen worden sei, bewirke auf Seiten des Klägers nicht ein Weiterbestehen der Einkünfteerzielungsabsicht. Etwas anderes hätte nur dann gelten können, wenn der Kläger zu 1. im Zusammenhang mit der Kündigung des Mietvertrages nicht ausschließlich den Verkauf der Wohnung betrieben hätte. Für die Frage, wie lange die Einkunftserzielungsabsicht auf Seiten des Klägers zu 1. bestanden habe, sei das Datum der Zwangsräumung unmaßgeblich. Ansonsten würde die steuerliche Beurteilung des Sachverhalts von Zufälligkeiten abhängen.
Der Senat hat die die streitige Wohnung betreffenden Einheitswertakten des Finanzamts und die Akten des Amtsgerichts R über den dort anhängig gewesenen Mietrechtsprozess (Kläger zu 1. gegen die Eheleute T, Aktenzeichen
??. ) zum vorliegenden Verfahren hinzugezogen. Diese Vorgänge sowie die den Streitfall betreffenden Akten des Finanzamts waren Gegenstand des Verfahrens.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zum überwiegenden Teil begründet.
1. Das Finanzamt ist zu Unrecht von der Annahme ausgegangen, der Kläger zu 1. habe während des Streitjahres in Bezug auf die von den Eheleuten T vertragswidrig weiter genutzte Wohnung keine Einkunftserzielungsabsicht mehr gehabt.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erzielt, wer ein Grundstück gegen Entgelt zur Nutzung überlässt und beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung des Grundstücks einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen (Einkünfteerzielungsabsicht). In Bezug auf den objektiven Tatbestand dieser Einkunftsart ist das derjenige, der die rechtliche oder tatsächliche Macht hat, eines der in § 21 Abs. 1 EStG genannten Wirtschaftsgüter anderen entgeltlich auf Zeit zur Nutzung zu überlassen, und der damit Träger der Rechte und Pflichten aus einem Miet- oder Pachtvertrag ist. Von der in subjektiver Hinsicht erforderlichen Einkünfteerzielungsabsicht ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG grundsätzlich auszugehen; sie kann insoweit nur in Ausnahmefällen verneint werden. Dies gilt auch dann, wenn nach dem Beginn der Vermietungstätigkeit das Grundstück aufgrund eines neu gefassten Entschlusses veräußert wird. Die Einkünfteerzielungsabsicht kann zwar später entfallen mit der Folge, dass die einkommensteuerrechtlich relevante Tätigkeit entfällt. Stellt der Steuerpflichtige seine auf Einkünfteerzielung gerichtete Tätigkeit ein, sind die bis zur Beendigung der Vermietungstätigkeit entstandenen Aufwendungen jedoch weiterhin durch die urspr ünglich zur Erzielung von Einkünften begonnene und unverändert fortgeführte Tätigkeit veranlasst (ständige Rechtsprechung des BFH; vgl. BFH-Urteil vom 11.03.2003 IX R 16/99, BFH/NV 2003, 1043 m. w. N.).
Entgelt in dem vorgenannten Sinne ist zwar regelmäßig die von dem Mieter zu entrichtende Miete (s. § 535 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches, BGB) einschließlich der Betriebskosten (Nebenkosten bzw. Umlagen, s.§§ 556 ff. BGB). Allerdings werden bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung u. U. auch Zahlungen erfasst, die vom Mieter als Entschädigung bzw. Schadensersatz geleistet werden. Solche Leistungen sind dann steuerbar, wenn sie nicht wegen einer Vermögensschädigung, etwa der Beschädigung oder Zerstörung der Mietsache, sondern als Nutzungsentschädigung erbracht werden (vgl. Schmidt-Drenseck, Einkommensteuergesetz, 24. Aufl., § 21 Rdnr. 65 Stichwörter ?Entschädigung? und ?Schadensersatz?).
Nutzungsentschädigungen der vorgenannten Art können auch Zahlungen sein, die der Mieter nach Ablauf der Mietzeit an den Vermieter leistet, weil er diesem die Rückgabe der Mietsache in vertragswidriger Weise vorenthält. Dies gilt selbst dann, wenn es dabei um eine Entschädigung für den Ausfall von Einnahmen geht, die der Vermieter bei einer anderweitigen Vermietung in höherem Umfang als bisher erhalten hätte (vgl. BFH-Urteil vom 05.05.1971 I R 166/69, BStBl II 1971, 624).
Eine steuerlich relevante Tätigkeit im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG kann auch dann vorliegen, wenn dem Steuerpflichtigen überhaupt kein Nutzungsentgelt, sei es in Form einer regulären Miete, sei es in Form einer Nutzungsentschädigung bzw. einer Schadensersatzleistung, zufließt. Maßgebend ist dabei der Umstand, dass der Steuerpflichtige im Rahmen seiner Tätigkeit die Absicht verfolgt, ein Nutzungsentgelt zu erhalten. So ist in der Rechtsprechung des BFH anerkannt, dass Aufwendungen, die schon vor dem Zufluss von Einnahmen angefallen sind, einkommensteuerlich berücksichtigt werden können (vorab entstandene Werbungskosten), und dass dies auch gilt für Aufwendungen, die letztendlich nicht zum Erfolg geführt haben (vergebliche Werbungskosten; vgl. Beschluss des Großen Senats vom 04.07.1990 GrS 1/89, BStBl II 1990, 830 unter C. III. 2. a; s. a. Schmidt-Drenseck, a. a. O., § 9 Rdnr. 35 ff.). Eine steuerlich relevante Tätigkeit wird also auch angenommen in Fällen, bei denen die entsprechenden Einnahmen entweder am Anfang oder insgesamt fehlen. Dann muss nach Auffassung des Senats Entsprechendes gelten für den Fall, dass zum Ende der Tätigkeit die beabsichtigten Einnahmen ausfallen.
a) Nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen hat der Kläger zu 1. bis zum Tag der Zwangsräumung für die an die Eheleute T überlassene Wohnung ? entgegen der Auffassung des Finanzamts ? den Tatbestand des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG erfüllt.
Dem Kläger zu 1. stand gegenüber den Eheleuten T für die Zeit nach Ablauf der Räumungsfrist bis zum Tag der Zwangsräumung ein Entschädigungsanspruch zu. Dieser ergibt sich aus § 546a Abs. 1 BGB. Danach kann der Vermieter, wenn der Mieter die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurückgibt, für die Dauer der Vorenthaltung als Entschädigung die vereinbarte Miete oder die Miete verlangen, die für vergleichbare Sachen ortsüblich ist. Daneben konnte der Kläger zu 1. gemäß § 546 Abs. 2 i. V. m. § 571 Abs. 1 BGB weiteren Schadensersatz nach den allgemeinen schuldrechtlichen Regeln verlangen. Hätte er die vorgenannten Entschädigungs- bzw. Schadensersatzleistungen während des Streitjahres tatsächlich erhalten, wären sie nach den Grundsätzen des BFH-Urteils in BStBl II 1971, 624 als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen gewesen. Eine steuerlich relevante Tätigkeit im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG wäre für das Streitjahr dann nicht zweifelhaft.
Allein aufgrund der Tatsache, dass der Kläger zu 1. während des Streitjahres weder Mietzahlungen noch irgendwelche Entschädigungsleistungen von den Eheleuten T erhalten hat, ist das Weiterbestehen der steuerlich relevanten Tätigkeit weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht in Frage gestellt. So war der Kläger zu 1. auch noch nach dem Ablauf der Räumungsfrist ? wie dargelegt ? weiterhin Träger von Rechten und Pflichten aus dem (gekündigten) Mietvertrag. Zudem hatte er immer noch die Absicht, ein Entgelt für die Nutzungsüberlassung zu erhalten. Dass er auf seine Entgeltsansprüche verzichtet haben könnte, ist nach den Gesamtumständen des Falles nicht erkennbar. So hat das Amtsgericht R in dem den Kläger zu 1. und die Eheleute T betreffenden Urteil ausdrücklich dargelegt, ein Verzicht auf die im Jahr 2001 fällig gewordenen Monatsmieten habe nicht vorgelegen. Für die Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB kann nichts anderes gelten.
b) Entgegen der Auffassung des Finanzamts ändert sich an dem vorstehenden Ergebnis nichts durch den Umstand, dass der Kläger zu 1. durch das vertragswidrige Verhalten der Eheleute T gezwungen worden ist, diesen auch nach Ablauf der Räumungsfrist die Wohnung zur Nutzung zu überlassen.
Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) kommt es im Steuerrecht grundsätzlich nicht darauf an, ob das (zivilrechtliche) Rechtsverhältnis, das dem steuererheblichen Sachverhalt zugrunde liegt, Bestand hat oder nicht. Entscheidend ist vielmehr, wie sich der Sachverhalt in wirtschaftlicher Hinsicht darstellt.
Das vertragswidrige Verhalten der Eheleute T hat in dem vorstehenden Zusammenhang nur Auswirkungen auf die zivilrechtlichen Gegebenheiten. Der Entgeltsanspruch gründet sich nicht mehr auf den Mietvertrag, sondern unmittelbar auf das Gesetz (§ 546a BGB). Am wirtschaftlichen Gehalt dieses Entgeltanspruchs hat sich jedoch nichts geändert.
c) Unerheblich ist des Weiteren das Vorbringen des Finanzamts, der Kläger zu 1. habe im zeitlichen Zusammenhang mit der Kündigung des Mietvertrages die Veräußerung der Wohnung betrieben.
Maßgebend für die Annahme einer steuerlich relevanten Tätigkeit im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG und damit für die Abziehbarkeit von Werbungskosten ist das Bestehen eines Mietverhältnisses (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 1043). Solange das Mietverhältnis Bestand hat, ist in typisierender Betrachtung davon auszugehen, dass Aufwendungen, die bis dahin angefallen sind, der Einkünfteerzielung dienen und damit als Werbungskosten abziehbar sind (vgl. BFH-Urteil vom 14.12.2004 IX R 34/03, BStBl II 2005, 343).
Entgegen der Auffassung des Finanzamts waren die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger zu 1. und den Eheleuten T im Streitjahr noch nicht beendet. Das Vertragsverhältnis hatte sich lediglich in ein gesetzliches Abwicklungsverhältnis gewandelt. Die wirtschaftlichen Auswirkungen waren ? wie dargelegt ? die gleichen geblieben. Hieran vermag die Tatsache nichts zu ändern, dass der Kläger zu 1. neben der Kündigung auch den Verkauf der Wohnung an Herrn S betrieben hat. Denn insoweit ist die oben dargelegte Typisierung nicht berührt.
2. Nicht zu den (negativen) Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehören die Aufwendungen, die dem Kläger zu 1. durch die Zwangsräumung der Wohnung entstanden sind. Diese Aufwendungen sind nicht in dem erforderlichen Maß durch das vorstehend beschriebene Mietverhältnis veranlasst.
Werbungskosten sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind Werbungskosten grundsätzlich alle durch diese Einkunftsart veranlassten Aufwendungen. Nach der Rechtsprechung des BFH liegt eine derartige Veranlassung vor, wenn (objektiv) ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der auf Vermietung und Verpachtung gerichteten Tätigkeit besteht und (subjektiv) die Aufwendungen zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden. Sind Aufwendungen aber nicht (allein) durch die Einnahmeerzielung (§ 21 Abs. 1 EStG), sondern auch, und zwar nicht unerheblich, durch die private Lebensführung veranlasst (§ 12 Nr. 1 EStG), können sie nicht als Werbungskosten abgezogen werden (BFH-Urteil vom 07.07.2005 IX R 38/03, BStBl II 2005, 760 m. w. N.).
Eine nicht unerhebliche (Mit-) Veranlassung durch die private Lebensführung ist insbesondere dann zu prüfen, wenn der Vermieter Aufwendungen mit dem Ziel tätigt, die bisher vermietete Wohnung später entweder selbst nutzen oder ggf. veräußern zu können. So ist ein Werbungskostenabzug ausgeschlossen, wenn der Vermieter an den Mieter eine Abfindung zahlt für die Räumung einer Wohnung, die er dann anschließend selbst nutzt (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 2005, 760). Entsprechendes gilt, wenn der Vermieter an die finanzierende Bank eine Entschädigung für die vorzeitige Beendigung des Darlehensvertrags leistet, um die bisher vermietete Wohnung anschließend lastenfrei veräußern zu können (vgl. BFH-Urteil vom 23.09.2003 IX R 20/02, BStBl II 2004, 57).
Ein Werbungskostenabzug kommt ferner dann nicht in Betracht, wenn der Vermieter zur Beendigung eines Räumungsprozesses an den bisherigen Mieter eine Abfindung zahlt in der Erwartung, dadurch die Bedingungen für die Veräußerung des Vermietungsobjekts (leichterer Verkauf, höherer Kaufpreis) zu verbessern. In einem solchen Fall stehen die mit der Veräußerung stehenden Absichten im Vordergrund. Der durch die bisherige Vermietungstätigkeit bedingte Veranlassungszusammenhang tritt demgegenüber zurück. Die Rechtsprechungsgrundsätze, wonach Erhaltungsaufwendungen, die während der Vermietungstätigkeit durchgeführt werden, in typisierender Weise noch dem Bereich der Einkünfteerzielung zugeordnet werden, stehen dem nicht entgegen (vgl. BFH-Urteil vom 23.02.1988 IX R 151/86, BFH/NV 1989, 485, sowie BFH-Urteil in BStBl II 2005, 760).
In ähnlicher Weise verhält es sich im Streitfall. Der Kläger zu 1. hat die Räumung gegenüber den Eheleuten T zu einem nicht unwesentlichen Teil in der Absicht betrieben, die Wohnung zu möglichst günstigen Bedingungen verkaufen zu können. Dies ergibt sich insbesondere aus folgenden Umständen:
(1) Der Kläger zu 1. hatte sich in dem Vertrag vom 12.06.2001 dem Käufer S gegenüber verpflichtet, die Wohnung in geräumtem Zustand zu übergeben (s. dort unter Abschn. V Abs. 1 Nr. 1). Hätte er unter den gegeben Verhältnissen (insbesondere angesichts der Zahlungsschwierigkeiten der Mieter) den Käufer zum Eintritt in den bestehenden Mitvertrag bewegen müssen, wäre der Verkauf der Wohnung ? wenn überhaupt ? nur zu einem deutlich geringeren Kaufpreis möglich gewesen.
(2) Der Kläger zu 1. hatte schon längere Zeit, bevor er das Mietverhältnis gegenüber den Eheleuten kündigte, die Absicht verfolgt, die Wohnung zu veräußern. So hatte er in dem vor dem Amtsgericht R anhängig gewesenen Mieträumungsprozess durch seinen damaligen Prozessbevollmächtigten vortragen lassen, einen entsprechenden Entschluss habe er schon Anfang des Jahrs 2001 gefasst.
Den Klägern ist zuzugestehen, dass die streitigen Räumungskosten auch in einem gewissen Veranlassungszusammenhang mit der bisherigen Vermietungstätigkeit stehen. So war es sicherlich notwendig, ?die Mieter unter allen Umständen loszuwerden?, um den durch die Zahlungsunfähigkeit (bzw. Zahlungsunwilligkeit) der Mieter entstandenen Schaden in Grenzen zu halten. Des Weiteren dürfte die Androhung der Zwangsräumung ein ggf. noch sinnvolles Mittel gewesen sein, die Mieter zur Zahlung der ausstehenden Mieten bzw. der geschuldeten Mietentschädigung zu bewegen. Allerdings ist diesen Gesichtspunkten nicht ein solches Gewicht beizumessen, dass der Zusammenhang mit der Absicht der Veräußerung, damit also die (Mit-) Veranlassung durch die private Lebensführung im Sinne des § 12 Nr. 1 EStG, nur von unerheblicher Bedeutung wäre.
An dem vorstehenden Ergebnis ändert sich auch nichts durch den Umstand, dass die Eheleute T ? wie von dem Kläger zu 1. in dem Mieträumungsprozess geltend gemacht ? sich schon längere Zeit in Zahlungsschwierigkeiten befunden haben. Denn er Kläger zu 1. hatte sich im Hinblick auf die bisher aufgetretenen Probleme zunächst entschlossen, sich um die Veräußerung der Wohnung zu bemühen. Erst zu einem späteren Zeitpunkt, und zwar im zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss des Kaufvertrags vom 12.06.2001, kam es dann zu ernsteren Auseinandersetzungen mit den Eheleuten T und in der Folgezeit zur Kündigung des Mietverhältnisses.
4. Die festzusetzende Einkommensteuer errechnet sich folgt:
zu versteuerndes Einkommen
lt. Bescheid vom 08.02.2004 xx.xxx EUR
./. negative Einkünfte aus
Vermietung und Verpachtung
- Einnahmen 0 EUR
- AfA 1.233 EUR
- Schuldzinsen 2.783 EUR
- Umlagen 1.783 EUR 5.799 EUR
zu versteuerndes Einkommen
laut Urteil xx.xxx EUR
festzusetzende Einkommensteuer
nach der Splittingtabelle x.xxx EUR
5. Die Kosten des Verfahrens waren gemäß § 136 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unter den Beteiligten nach dem Verhältnis ihres Obsiegens bzw. Unterliegens zu teilen. Dabei war in Anbetracht dessen, dass die Kläger ihr Klagebegehren im Laufe des Verfahrens eingeschränkt haben, das Verhältnis des Obsiegens bzw. Unterliegens nach dem zuerst gestellten Klageantrag (1. Verfahrensabschnitt) sowie nach dem zuletzt gestellten Klageantrag (2. Verfahrensabschnitt) zu bestimmen (vgl. zur Kostenentscheidung bei Ermäßigung des Klageantrags: Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 136 Anm. 5).
6. Der Streitwert war gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes in der bis zum 30.06.2004 geltenden Fassung (GKG a.F.) durch Beschluss vom Prozessgericht festzusetzen, weil dies im Hinblick auf die Besonderheiten des Streitfalles als angemessen anzusehen ist. Die Höhe des Streitwerts war gemäß § 13 Abs. 2 GKG a.F. nach der beantragten Steuerminderung zu bestimmen. Dabei war sowohl für den zuerst als auch für den zuletzt gestellten Klageantrag jeweils gesondert ein Streitwert festzusetzen (vgl. zur Streitwertfestsetzung bei Änderungen im Laufe des Verfahrens: Gräber/Ruban, a. a. O., Vor § 135 Anm. 34).
6. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 und § 155 FGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).