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22.02.2008 · IWW-Abrufnummer 080181

Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 12.09.2007 – 12 K 7078/05 B

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Berlin-Brandenburg

12 K 7078/05 B

Lohnsteuer

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg -12. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 12. September 2007

durch

den Präsidenten des Finanzgerichts

die Richterin am Finanzgericht

den Richter am Finanzgericht sowie

die ehrenamtlichen Richter ... ... ... ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Lohnsteuer-Voranmeldung für Juni 2004 vom 5. Juli 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Februar 2005 wird mit der Maßgabe geändert, dass die von der Klägerin einzubehaltende und an den Beklagten abzuführende Lohnsteuer um 1.710,43 EUR herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin betreibt die Herstellung, Montage und Wartung von Aufzügen und Fahrtreppen. Hierzu beschäftigt sie unter anderem Neubau- und Kundendienstmonteure. Die Tätigkeit der Kundendienstmonteure ist durch einen täglich mehrfachen Ortswechsel geprägt. Demgegenüber werden die Neubaumonteure zwar ebenfalls an wechselnden Einsatzstellen tätig, jedoch wird ihre Tätigkeit nicht durch einen täglich mehrfachen Ortswechsel geprägt. An einigen Tagen suchen die Neubaumonteure Einsatzstellen auf, die mehr als 30 km von ihrer Wohnung entfernt sind; an anderen Tagen ist die Entfernung geringer. Teilweise sind die Neubaumonteure an einer Einsatzstelle maximal drei Monate tätig, teilweise auch länger.

Die Klägerin stellt ihren Monteuren betriebliche Kraftfahrzeuge auch für Fahrten zwischen ihrer Wohnung und dem jeweiligen Einsatzort zur Verfügung. Bei den Kraftfahrzeugen handelt es sich nach Angabe der Klägerin kraftfahrzeugsteuerrechtlich um Lastkraftwagen, und zwar vom Opel Corsa, mit und ohne Rücksitzbank, über Opel Combo mit Kastenaufbau bis zu Lieferwagen in der Größe eines VW-Busses bzw. eines Mercedes- Transporters; in sämtlichen Fahrzeugen befänden sich im Laderaum fest eingebaute Regalsysteme zur Aufnahme des benötigten Werkzeugs und der häufig verwendeten Ersatzteile. In den größeren Lieferwagen biete der Laderaum auch Platz zum Transport größerer (sperriger) Teile, während bei den kleineren Fahrzeugen (Corsa, Combo) der Laderaum durch die festen Regaleinbauten fast vollständig ausgefüllt sei.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass auch insoweit, als keine Einsatzwechseltätigkeit gemäß R 37 Abs. 5 der Lohnsteuerrichtlinien -LStR- bzw. R 38 Abs. 3 der Einkommensteuerrichtlinien - EStR- vorliege, in der Ermöglichung der Nutzung der betrieblichen Kraftfahrzeuge durch die Monteure für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte lohnsteuerlich kein geldwerter Vorteil (Sachzuwendung) gemäß §§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2, 8 Abs. 2 S. 2 bis 5 des Einkommensteuergesetzes - EStG - zu sehen sei.

Dementsprechend legte die Klägerin gegen die von ihr für den Monat Juni 2004 beim Beklagten eingereichte Lohnsteueranmeldung, in der sie den Sachbezug für die strittigen Fahrten versteuert hatte, mit Schreiben vom 6. August 2004 Einspruch ein.

Durch Einspruchsentscheidung vom 10. Februar 2005 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Hiergegen richtet sich die vorliegende, rechtzeitig erhobene Klage.

Die Klägerin trägt vor, es sei kein geldwerter Vorteil für die Ermöglichung der Fahrten von der Wohnung der Monteure zu den Einsatzstellen lohnsteuerlich zu erfassen, weil für die Nutzungsüberlassung der Fahrzeuge ein ganz überwiegendes eigenbetriebliches Arbeitgeberinteresse bestehe. Jedes der Fahrzeuge sei mit Material und Werkzeug ausgerüstet, ohne das die Monteure nicht tätig werden könnten. Dies bedeute, dass zu den Einsatzstellen nicht nur die Monteure, sondern auch das Material und die Werkzeuge befördert werden müssten. Dies sei nur unter Verwendung der betrieblichen Lkw möglich. Würde der Monteur morgens und abends die Zentrale beziehungsweise die Stützpunkte von ihr, der Klägerin, aufsuchen müssen, um dort das Fahrzeug in Empfang zu nehmen bzw. dieses wieder abzugeben, würde seine tägliche Arbeitszeit gemäß den gesetzlichen bzw. tarifvertraglichen Regelungen morgens bereits mit dem Erreichen der Zentrale bzw. des Stützpunktes beginnen und abends erst mit der Rückkehr in die Zentrale bzw. den Stützpunkt enden. Dies bedeute, dass die Fahrten von der Zentrale bzw. dem Stützpunkt zum Einsatzort und vom Einsatzort zur Zentrale bzw. zum Stützpunkt Bestandteil der täglichen Arbeitszeit wären. Effektiv würde der Monteur somit statt rund acht Stunden gegebenenfalls nur rund sechs Stunden täglich seiner Arbeit nachgehen. Mithin könne er nur ein wesentlich geringeres Arbeitspensum bewältigen. Dies würde angesichts der großen Anzahl der bei ihr, der Klägerin, beschäftigten Monteure zu erheblichen finanziellen Einbußen des Unternehmens führen. Durch die Nutzungsüberlassung der betrieblichen Fahrzeuge auch für die Fahrten zwischen Wohnung und Einsatzort sei der Monteur in der Lage, den jeweiligen Einsatzort direkt, das heißt ohne den Umweg über die Zentrale beziehungsweise den Stützpunkt, aufzusuchen. Seine tägliche Arbeitszeit beginne in diesem Fall gemäß den gesetzlichen bzw. tarifvertraglichen Regelungen morgens erst mit dem Erreichen des Einsatzortes und ende abends bereits mit dem Verlassen des Einsatzortes. Auf diese Weise gehe keinerlei Arbeitszeit für Hin- und Rückfahrten verloren.

Würden die Monteure ihre Fahrzeuge täglich in der Zentrale bzw. in den Stützpunkten abholen und abgeben, so würde dies zudem einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand durch die Ausgabe und Entgegennahme von Schlüsseln und Fahrzeugpapieren verursachen sowie eine erhebliche Zahl von Abstellplätzen erforderlich machen. Da die überwiegende Zahl der Stützpunkte innerörtlich organisiert sei, stehe ausreichender Parkraum für die Fahrzeuge nicht zur Verfügung. Bundesweit handele es sich um ca. 1.200 Fahrzeuge, entsprechende Mehrkosten würden durch die geschilderte Handhabung vermieden.

Ergänzend hat die Klägerin durch Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 10. September 2007 ausgeführt, dass ein Aufsuchen eines der beiden Zentrallager bzw. einer der acht Stützpunkte ("Handlager") der Klägerin durch die Monteure nur im Ausnahmefall erforderlich sei. Die Monteure würden die von ihnen benötigten Materialwünsche auf elektronischem Wege an die Abrechnungsstelle übermitteln; Transportunternehmen nähmen die Materiallieferungen nachts im Wege der sog. Kofferraumbelieferung vor. Für jedes Fahrzeug der Klägerin sei hinterlegt, in welchem Adressumfeld es abgestellt sei; die Fahrer der Transportunternehmen verfügten über sog. Typen-Generalschlüssel für alle von der Klägerin eingesetzten Fahrzeugtypen der Monteure und würden die bestellten Materialien im Laufe der Nacht in das Fahrzeug des jeweiligen Monteurs hineinlegen. Dieser könne dann am folgenden Morgen mit dem Material direkt zum Kunden fahren und dort seine Arbeit ohne Unterbrechung fortsetzen.

Schließlich weist die Klägerin darauf hin, dass in einigen Fällen die Besonderheit bestehe, dass Monteure Bereitschaftsdienst hätten und zur Schadenminderung ein möglichst schnelles Erreichen der Einsatzstelle erforderlich sei. Dies könne von Seiten des Unternehmens nur dann gewährleistet werden, wenn der Monteur ständig einen direkten Zugriff auf den Lkw habe.

Folglich sei die Fahrzeugüberlassung nicht durch das individuelle Arbeitsverhältnis, sondern durch übergeordnete allgemeine Erwägungen, nämlich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen, veranlasst, womit sie nicht der Lohnsteuer unterliege.

Hiervon zu trennen sei der Umstand, dass die Monteure auch die Möglichkeit hätten, die Fahrzeuge in der übrigen Zeit (Freizeit) privat zu nutzen. Maßgebend für die Einräumung dieser privaten Nutzungsmöglichkeit sei, dass die Fahrzeuge ohnehin am Ort der Wohnung der Monteure abgestellt werden müssten. Insofern stehe es den über einen direkten Zugriff auf die Fahrzeuge verfügenden Monteuren frei, diese in angemessenem Umfang und -soweit nach deren Bauart möglich -auch für Privatfahrten zu nutzen; soweit Monteure von der privaten Nutzung der Fahrzeuge Gebrauch machten, werde der Sachbezug auch der Lohnbesteuerung unterworfen. Dem gegenüber bestehe die Verpflichtung, die Fahrzeuge für die Fahrten von der Wohnung zum Einsatzort zu verwenden unabhängig von der Möglichkeit der Privatnutzung in der übrigen Zeit.

Die Monteure hätten durch die direkte Fahrt von der Wohnung zur Einsatzstelle in der Regel keinen Vorteil, da die Arbeitszeit erst mit Erreichen des Einsatzortes beginne; der Vorteil liege allein beim Arbeitgeber, also ihr, der Klägerin, da sich die Nettoarbeitszeit der Arbeitnehmer auf diese Weise erhöhe.

Die Klägerin beantragt,

1. die Lohnsteuer-Voranmeldung für Juni 2004 vom 5. Juli 2004, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Februar 2005, mit der Maßgabe zu ändern, dass die von der Klägerin einzubehaltende und an den Beklagten abzuführende Lohnsteuer von 1.312.466,34 EUR um 1.710,43 EUR auf 1.310.755,91 EUR und der Solidaritätszuschlag von 63.101,61 EUR um 95,11 EUR auf 63.006,50 EUR herabgesetzt werden;

2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte meint, eine Zuwendung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer erfolge nicht bereits dann im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse, wenn für die Zuwendung betriebliche Gründe sprächen; denn jeder Art von Lohnzahlung läge eine betriebliche Veranlassung zu Grunde. Voraussetzung für die Annahme einer steuerlich unbeachtlichen Leistung, die allein im eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolge, sei, dass den entsprechenden Zuwendungen des Arbeitgebers von den Arbeitnehmern keinerlei Wert beigemessen werde. Das sei z.B. dann gegeben, wenn die Arbeitnehmer die Möglichkeit hätten, an bestimmten Einrichtungen des Arbeitgebers teilzuhaben, die sie als angenehm empfinden, ohne aber dadurch sonst erforderliche Ausgaben in gleicher Höhe einsparen zu können.

Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall; das eigene Interesse der Arbeitnehmer an der Überlassung der Dienstfahrzeuge für die Fahrten zwischen Wohnung und Einsatzstelle könne nicht vernachlässigt werden. Wären die Monteure verpflichtet, die Fahrzeuge nach Dienstschluss beim Arbeitgeber abzustellen und vor Dienstbeginn dort in Empfang zu nehmen, so müssten sie die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auf eigene Kosten durchführen. Somit könne ein eigenes Interesse der Arbeitnehmer an der Fahrzeugüberlassung auch für die Fahrten zwischen Wohnung und Einsatzstelle nicht verneint werden. Der Beklagte hält im Übrigen die Möglichkeit, mit einem Fahrzeug des Arbeitgebers - z.B. des Typs Opel Corsa, auch wenn es wegen der Regaleinbauten lediglich über zwei Sitzplätze verfüge -auch privat fahren zu dürfen, für sehr attraktiv.

Es treffe auch nicht zu, dass allein der Arbeitgeber ein betriebswirtschaftliches Interesse an einer möglichst effektiven Gestaltung der Arbeitszeiten seiner Arbeitnehmer habe; vielmehr liege es auch im Interesse der Arbeitnehmer, dass der Betrieb Kosten spart und effektiv arbeitet.

Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass die Gestellung von Kraftfahrzeugen für die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb in der Regel Arbeitslohn darstelle. Ausnahmen hiervon lasse der Gesetzgeber und ihm folgend die Rechtsprechung nur bei der Kraftfahrzeuggestellung in Fällen der Wohnungsrufbereitschaft zu.

Dem Senat haben bei seiner Entscheidung neben der Streitakte die vom Beklagten für die Klägerin zur Steuernummer ... geführten Lohnsteuer-Arbeitgeberakten (Bd. VIII) vorgelegen, auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

1. Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet. Die angegriffene Lohnsteueranmeldung, welche gemäß § 168 S. 1 der Abgabenordnung (AO) einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht, verletzt die Klägerin in ihren Rechten, da sie - partiell - rechtswidrig ist (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Zu Unrecht hat der Beklagte in der Überlassung von betrieblichen Kraftfahrzeugen der Klägerin an deren Arbeitnehmer für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einen geldwerten Vorteil gesehen und ihn der Lohnbesteuerung unterworfen.

a) Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit neben den Gehältern, Löhnen, Gratifikationen, Tantiemen und anderen Bezügen die Vorteile, die einem Arbeitnehmer für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH), der sich der Senat anschließt, muss ein vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft haben, um als Arbeitslohn angesehen zu werden. Dagegen sind Vorteile, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen, kein Arbeitslohn. Das ist der Fall, wenn ein Vorteil aus ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interessen des Arbeitgebers gewährt wird. Ein mit der Vorteilsgewährung einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers an der Erlangung des betreffenden Vorteils kann dann vernachlässigt werden. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen der Intensität des eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers und dem Ausmaß der Bereicherung des Arbeitnehmers dergestalt, dass das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers umso geringer zählt, je höher aus der Sicht des Arbeitnehmers die Bereicherung ist. Tritt das Interesse des Arbeitnehmers gegenüber dem des Arbeitgebers in den Hintergrund, kann eine Lohnzuwendung zu verneinen sein. Ist jedoch ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben, so liegt die Vorteilsgewährung nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers mit der Folge, dass vom Vorliegen von Arbeitslohn auszugehen ist (zum Ganzen vgl. BFH-Urteile vom 22. Juni 2006 - VI R 21/05, Bundessteuerblatt - BStBl. - II 2006, 915, unter II.1. der Gründe; vom 26. Juni 2003 - VI R 112/98, BStBl. II 2003, 886, unter II.1. der Gründe). Ob danach ein einem Arbeitnehmer gewährter Vorteil wegen des deutlichen Überwiegens des eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitnehmers nicht der Besteuerung zu unterwerfen oder wegen des erheblichen Eigeninteresses des Arbeitnehmers daran als Lohnzuwendung anzusehen ist, ist im Wege einer Gesamtwürdigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles wie Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seine besondere Geeignetheit für den im Einzelfall verfolgten betrieblichen Zweck, zu entscheiden (BFH in BStBl. II 2006, 915, a.a.O..; in BStBl. II 2003, 886 a.a.O..).

b) Im zu entscheidenden Fall ist danach davon auszugehen, dass die Klägerin ihren Arbeitnehmern mit der Überlassung der Fahrzeuge keinen Arbeitslohn zugewendet hat. Die unentgeltliche Überlassung von Fahrzeugen durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatfahrten - zu denen insoweit auch die hier im Streit stehenden Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gehören - führt zwar grundsätzlich zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit zu einem Lohnzufluss in diesem Sinne (vgl. Drenseck in Schmidt, EStG-Kommentar, 25. Aufl. 2006, § 19 Rz. 50, Stichwort: Kraftfahrzeuggestellung). Hier überwog das eigenbetriebliche Interesse der Klägerin jedoch das Interesse ihrer Arbeitnehmer an der Fahrzeuggestellung deutlich. Sie ersparte durch die von ihr gewählte Handhabung ganz erhebliche Kosten, weil die Nettoarbeitszeit der Monteure sich um die Zeiten der Fahrten von der Zentrale bzw. von den Stützpunkten effektiv erhöhte. Denn die Arbeitszeit der Monteure beginnt bei dem von der Klägerin gewählten Modell erst mit Erreichen der Einsatzstelle (Baustelle) und nicht bereits mit der Ankunft auf dem Firmengelände zwecks Entgegennahme der Fahrzeuge; dementsprechend endet die Arbeitszeit schon mit Verlassen der Baustelle und nicht erst mit Erreichen des Firmengeländes. Das Abstellen der Fahrzeuge auf dem Firmengelände der Klägerin würde zudem hohe Kosten durch die Schaffung von Parkplätzen für ca. 1.200 Fahrzeuge und die Organisation der Fahrzeugherausgabe zu Betriebsbeginn und die Rücknahme am Ende des Arbeitstages bedingen. Die Fahrzeugüberlassung verschaffte der Klägerin somit betriebswirtschaftliche Vorteile, die die ersparten Aufwendungen der Monteure bei weitem überwogen; hätte die Klägerin hingegen ihre Betriebsfahrzeuge nachts auf dem Firmengelände abstellen lassen, wäre sie gegebenenfalls nicht mehr wettbewerbsfähig gewesen, da sie gezwungen gewesen wäre, die unproduktiven Fahrzeiten ihrer Monteure sowie die weiteren hierdurch verursachten Kosten durch einen deutlich höheren Stundensatz gegenüber ihren Auftraggebern auszugleichen. Demgegenüber tritt das Interesse der Arbeitnehmer der Klägerin daran, ein Fahrzeug für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt zu bekommen, nach der Überzeugung des Senats in den Hintergrund. Für die Arbeitnehmer barg dies sogar Nachteile, weil sie ihre volle Arbeitszeit auf den jeweiligen Baustellen verbringen mussten, während es weniger anstrengend gewesen sein dürfte, jedenfalls einen Teil der Arbeitszeit auf die Fahrten zwischen der zentralen Betriebsstätte der Klägerin und der jeweiligen Einsatzstelle zu verwenden. Es ist auch zu vermuten, dass die Arbeitnehmer der Klägerin es jedenfalls teilweise vorgezogen hätten, mit ihrem eigenen Fahrzeug zunächst zur zentralen Betriebsstätte der Klägerin und erst von dort aus mit dem jeweiligen Baustellenfahrzeug weiterzufahren, sei es, weil das eigene Fahrzeug als komfortabler empfunden wurde als z.B. ein von der Klägerin zur Verfügung gestellter Opel Corsa, sei es, weil Fahrten mit einem "normalen" Fahrzeug insgesamt als angenehmer empfunden werden könnten als Fahrten mit Fahrzeugen der Größenordnung eines Transporters. Hinzu kommt, dass die Arbeitnehmer der Klägerin nicht die Möglichkeit hatten, auf die Vorteilsgewährung durch Überlassen der Firmenfahrzeuge zu verzichten; vielmehr waren sie arbeitsvertraglich hierzu gezwungen.

Der Umstand, dass den Arbeitnehmern - gegen entsprechende Lohnversteuerung - die Privatnutzung der Firmenfahrzeuge in der Freizeit gestattet war, führt nicht zur Annahme einer steuerpflichtigen Vorteilsgewährung hinsichtlich der hier allein strittigen Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb. Zutreffend hat die Klägerin insoweit den Standpunkt vertreten, dass die Überlassung der Fahrzeuge zu Privatfahrten einerseits und die Überlassung für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle andererseits getrennt zu beurteilen seien.

Gegen das hier gefundene Ergebnis der Gesamtwürdigung der Umstände spricht auch nicht die Entscheidung des BFH vom 25. Mai 2000 (VI R 195/98, abgedruckt in BStBl. II 2000, 690), nach der ausnahmsweise in der Kraftfahrzeuggestellung dann keine Vorteilsgewährung zu sehen sein kann, wenn sich die Fahrzeugüberlassung lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen des Arbeitgebers darstellt. Zwar hat der BFH hier herausgestellt, dass der entschiedene Fall ein besonders gelagerter Einzelfall sei; das schließt es jedoch nicht aus, auch den hier zu entscheidenden Fall unter Beachtung der unter 1.a) referierten Grundsätze als einen solchen anzusehen, in dem die Gewährung eines Vorteils zugunsten der Arbeitnehmer nicht als Zuwendung von Arbeitslohn anzusehen ist.

2. Soweit sich die Klage auch gegen die Festsetzung des Solidaritätszuschlags richtet, kann sie indes keinen Erfolg haben, weil die Klägerin hierdurch nicht beschwert im Sinne des § 40 Abs. 2 FGO ist. Die Lohnsteuerfestsetzung bildet im Verhältnis zur Säumniszuschlagfestsetzung einen Grundlagenbescheid (vgl. § 3 Abs. 2a des Solidaritätszuschlaggesetzes - SolZG -, § 171 Abs. 10 AO); gemäß § 351 Abs. 2 AO können Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid nur durch Anfechtung dieses Bescheides, nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheides angegriffen werden. In Konsequenz dessen ist eine Klage oder ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wegen der Festsetzung des Solidaritätszuschlags unzulässig, wenn und soweit sich der Steuerpflichtige mit seinem Begehren allein gegen die Besteuerungsgrundlagen des Steuerbescheides wendet (vgl. FG Düsseldorf, Beschluss vom 9. Januar 2004, 14 V 6204/03 A, m.w.N., veröffentlicht in [...]).

3. Der Senat hat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zugelassen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Der Beklagte hat die Kosten allein zu tragen, da die Klägerin nur zu einem geringen Teil - ca. 5 vom Hundert unterlegen ist und kein ungewöhnlich hoher Streitwert vorliegt (vgl. BFH, Beschluss vom 24. Mai 1993, - V B 33/93, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 1994, 133). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung - ZPO -.

RechtsgebieteEStG, AOVorschriftenEStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO § 168 S. 1

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