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10.11.2006 · IWW-Abrufnummer 063284

Finanzgericht München: Urteil vom 23.06.2006 – 14 K 1035/03

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Az.: 14 K 1035/03

Finanzgericht München

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In der Streitsache XXX
Wegen Haftung für Umsatzsteuer 1998
Einkommensteuer 1998
Säumniszuschläge
hat der 14. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung XXX
auf Grund mündlicher Verhandlung vom 23. Juni 2005
für Recht erkannt:

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Rechtsmittelbelehrung XXX

Gründe:

I.

Die Kläger sind 1. und 2. Vorstand des B Fan Club e.V. (nachfolgend Fanclub).

Der Verein engagierte anlässlich seines 20-jährigen Bestehens für einen Auftritt am 7. August 1998 die Kapelle aus Italien zu einer Gage von 40.000 DM. Nach dem Engagementvertrag waren alle gesetzlich vorgeschriebenen Abgaben vom Veranstalter zu tragen.

Im Mai 2000 erhielten die Kläger ein Schreiben eines Steuerbüros, aus dem hervorging, dass sie beiliegende Steuerbescheinigungen ausfüllen und an das Büro zurückschicken sollten. Bei den Bescheinigungen handelte es sich um eine Steuerbescheinigung des Schuldners der Vergütung nach § 50a Abs. 5 Satz 7 des Einkommensteuergesetzes - EStG ? und eine Bescheinung zum Abzugsverfahren gem. § 52 Absatz 4 bzw. § 53 Abs. 7 der Umsatzsteuer- Durchführungsverordnung -- UStDV --.

Am 24. Mai 2000 reichte der Fanclub die Anmeldung über den Steuerabzug bei Vergütungen an beschränkt Steuerpflichtige und die Anmeldung der Umsatzsteuer im Abzugsverfahren beim Finanzamt (FA) ein. Am 18. Januar 2002 reichte der Fanclub eine geänderte Anmeldung über den Steuerabzug und am 18. Februar 2002 eine geänderte Anmeldung der Umsatzsteuer im Abzugsverfahren nach. Bei dem zugrunde gelegten Bruttohonorar von 59.626,62 DM ergaben sich danach folgende Steueranmeldungen:

Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 EStG 14.906,- DM = 7.621,32 ?
Solidaritätszuschlag zum Steuerabzug 819,94 DM = 419,23 ?
Umsatzsteuerabzug 3.900,68 DM = 1.994,39 ?

Die Vollstreckung in das Vermögen des Fanclubs blieb zum überwiegenden Teil erfolglos. Aufgrund des Vollstreckungsersuchens zahlte der Verein am 4. Dezember 2000 sein gesamtes Barvermögen in Höhe von 2.264,20 DM (= 1.157,67 ?) an das FA Dingolfing. Nach Abzug von 200,- DM Vollstreckungskosten verbuchte das FA anschließend 2064,20 DM (= 1.055,41 ?) auf die Umsatzsteuerrückstände des Fanclubs.

Mit Haftungsbescheiden jeweils vom 1. Oktober 2002 nahm das FA die Kläger für Steuerrückstände von 8.979,53 ? zuzüglich Säumniszuschläge von 2.046,54 ? in Anspruch. Die hiergegen eingelegten Einsprüche blieben erfolglos (vgl. Einspruchsentscheidungen vom 12. Februar 2003).

Mit ihren Klagen machen die Kläger im Wesentlichen Folgendes geltend:

Es fehle ihnen insbesondere das für eine Haftung notwendige Verschulden. Der Verein habe keinerlei Erfahrungen mit solchen Veranstaltungen gehabt. Dies sei auch der Grund dafür gewesen, dass man sich mit einem ortsansässigen Gastwirt zusammen getan habe, der die schwierigeren Aufgaben bei der Organisation des 3tägigen Fests übertragen bekommen habe.

Sie hätten eine relativ einfache Ausbildung oder eine Ausbildung mit vorwiegend praktischem Hintergrund, deswegen seien sie in steuerlichen Dingen unerfahren. Sie seien davon ausgegangen, dass sich die Musiker um ihre steuerlichen Angelegenheiten selbst kümmern würden, zumal im Vertrag keine Umsatzsteuer ausgewiesen worden sei.

Die Kläger beantragen, die Haftungsbescheide vom 1. Oktober 2002 und die hierzu ergangenen Einspruchsentscheidungen aufzuheben.

Das FA beantragt, die Klagen abzuweisen.

Das FA verweist in seiner Klageerwiderung im Wesentlichen auf die Begründung in der Einspruchsentscheidung.

Es weist ergänzend darauf hin, dass der im Vertrag verwendete Begriff ?gesetzlich vorgeschriebene Abgaben" auch die Steuern umfasst. Außerdem sei den Klägern vorzuwerfen, dass sie sich nicht bei einem Steuerberater oder beim FA erkundigt hätten.

II.

Die Klagen sind unbegründet.

Das Finanzamt hat die Kläger im Ergebnis zu Recht im Haftungswege in Anspruch genommen. Allerdings richtet sich die Haftung vorliegend (mit Ausnahme der Säumniszuschläge) nicht nach § 69 der Abgabenordnung 1977 (AO), sondern nach § 18 Abs. 8 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i.V.m. §§ 51, 54, 55 UStDV bzw. nach § 50a Abs. 5 des EStG i.V.m. § 73 g der Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV) jeweils in der im Streitjahr geltenden Fassung.

1. Nach § 55 UStDV haftet der Leistungsempfänger für die nach § 54 UStDV anzumeldende und abzuführende Steuer. Er hat in Fällen, in denen der leistende Unternehmer nicht im Inland ansässig ist, Umsatzsteuer nach den §§ 51, 54 UStDV nur dann einzubehalten, anzumelden und abzuführen, wenn er diese Nichtansässigkeit kennt oder wenn er an der Ansässigkeit des leistenden Unternehmers im Inland zweifelt oder insoweit Zweifel hätte haben müssen und wenn er diese Zweifel nicht durch eine Bescheinigung des für den am Leistungsaustausch beteiligten Unternehmer zuständigen Finanzamts ausräumt (§ 51 Abs. 3 Satz 3 UStDV).

a) Die Voraussetzungen für eine Haftungsinanspruchnahme der Kläger als Vereinsvorstände nach § 18 Abs. 8 UStG i.V.m. §§ 51, 54, 55 UStDV in der im Streitjahr geltenden Fassung liegen vor, denn der Fanclub war Empfänger von Leistungen der Musiker, die - was den Klägern bekannter - im Leistungszeitpunkt unstreitig in Italien ansässig waren.

b) Unerheblich ist, ob sich die Kläger (und damit der Fanclub) über ihre Pflichten im Abzugsverfahren geirrt haben, denn § 55 UStDV macht die Haftung nicht von einem Verschulden abhängig. Im Übrigen hätten sich die Kläger über das Abzugsverfahren auch unterrichten können und müssen.

c) Nicht zu beanstanden ist die Ermessensentscheidung des FA, die Kläger als Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen, denn eine Durchsetzung des Steueranspruchs gegen einen ausländischen Künstler ist nur unter erschwerten Umständen möglich.

d) Im Übrigen steht das Abzugsverfahren nach §§ 51 bis 53 UStDV auch mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang. Die Vorschriften verstoßen insbesondere nicht gegen das allgemeine Diskriminierungsverbot oder gegen die allgemeinen Grundfreiheiten (vgl. BFH-Urteil vom 13. Januar 2005 V R 12/02, veröffentlicht unter www.bundesfinanzhof.de).

2. Das FA hat die Kläger schließlich auch zu Recht gem. § 50a Abs. 5 Satz 5 EStG, § 73g Abs. 1 EStDV in Haftung genommen. Danach haftet der Schuldner von Vergütungen im Sinne des § 50a Abs. 4 EStG für die Einbehaltung und Abführung einer im Wege des Steuerabzugs zu erhebenden Steuer des beschränkt steuerpflichtigen Gläubigers dieser Vergütungen. Die in Italien ansässigen Musiker hatten als Vergütungsgläubiger weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz im Inland und war daher mit ihren inländischen Einkünften im Sinne des § 49 Abs. 1 EStG beschränkt steuerpflichtig.

3. Hinsichtlich der Säumniszuschläge hat das FA die Kläger zu Recht durch Haftungsbescheide vom 1. Oktober 2002 gem. § 69 Satz 1 und 2 AO in Anspruch genommen. Nach § 69 Satz 1 AO haften die in den §§ 34 und 35 AO bezeichneten Personen, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Als Vereinsvorstände (vgl. § 8 der Vereinssatzung vom 6. April 1997, Bl. 3 FA-Akte zu § 50a EStG) und damit als gesetzliche Vertreter waren die Kläger verpflichtet, die steuerliche Pflichten des Fanclubs zu erfüllen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 AO). Sie hatten insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den von ihnen verwalteten Mitteln des Fanclubs entrichtet werden (§ 34 Abs. 1 Satz 2 AO). Die Haftung umfasst nach § 69 Satz 2 AO auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

Der Fanclub, vertreten durch die beiden Vereinsvorstände, ist der Einbehaltung und Abführung der Steuerabzugsbeträge erst durch Abgabe der entsprechenden Erklärung am 24. Mai 2000 gefolgt. Des Weiteren haben die Kläger als Verantwortliche des Fanclubs nicht dafür gesorgt, dass die gemäß § 50a Abs. 5 Satz 3 EStG einzubehaltende (Einkommen-) Steuer bis zum 10. des dem Quartal folgenden Monats an das zuständige Finanzamt bzw. die entstandene Umsatzsteuer für eine sonstige Leistung eines im Ausland ansässigen Unternehmers abgeführt wird, so dass sie auch für die infolge der Nichtzahlung entstandenen Säumniszuschläge haften. Dabei hat das FA im Haftungsbescheid zu Recht berücksichtigt, dass der Fanclub ab 4. Oktober 2000 zahlungsunfähig war und hat die Haftung auf 50% der verwirkten Säumniszuschläge begrenzt.

Die Kläger haben die ihnen obliegenden steuerlichen Pflichten des Fanclubs auch grob fahrlässig verletzt. Das FA hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Kläger angesichts der Größenordnung der geplanten Veranstaltung zum 20jährigen Bestehen des Fanclubs und der damit verbundenen Verpflichtung von ausländischen Künstlern steuerliche Beratung hätten einholen müssen. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil der mit den Musikern abgeschlossene Vertrag die Klausel enthielt, dass sämtliche gesetzlich vorgeschriebenen Abgaben vom Fanclub getragen werden sollten. Dieser Umstand hätte die Kläger veranlassen müssen, qualifizierte steuerliche Hilfe in Anspruch zu nehmen und nicht wie geschehen, von der Kontaktaufnahme mit steuerlich erfahrenen Personen vollständig abzusehen.

Die Pflichtverletzung und das für die Haftung erforderliche Verschulden werden schließlich nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 23. Juni 1998 VII R 4/98, BStBl II 1998, 761) nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Kläger nicht - wie etwa ein angestellter GmbH-Geschäftsführer- entgeltlich und hauptberuflich, sondern nur ehrenamtlich für den Fanclub tätig waren.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

RechtsgebieteEStG, UStG, UStDVVorschriften§ 34 Abs. 1 AO, § 69 AO, § 73g EStDV, § 50a Abs. 5 EStG, § 54 UStDV, § 55 UStDV, § 51 UStDV, § 18 Abs. 8 UStG

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