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06.02.2024 · IWW-Abrufnummer 239485

Finanzgericht Köln: Urteil vom 19.10.2023 – 11 K 1802/22

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Köln


Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

1
Tatbestand:

2
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung für die Ablösung eines Darlehens im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung für 2018 als Werbungkosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen ist.

3
Der Kläger ist pensionierter „(…)“ und wurde im Streitjahr mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielte neben Versorgungsbezügen Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit sowie aus der Vermietung und Verpachtung von drei bebauten Grundstücken. Seine Ehefrau erzielte Einkünfte aus selbständiger Arbeit.

4
Hinsichtlich der Einkünfte aus der Vermietung des Objekts „A Straße 00“ in F machte der Kläger unter anderem Schuldzinsen von  Euro als Werbungkosten geltend. Das bei Anschaffung im Jahr 2006 darlehensfinanzierte Objekt wurde Mitte 2018 veräußert.

5
Der Beklagte setzte die Einkommensteuer zunächst mit Bescheid vom .2020 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erklärungsgemäß fest und forderte unter anderem zu den geltend gemachten Schuldzinsen von  Euro Nachweise und Erläuterungen an.

6
Mit Schreiben vom 00.8.2020 erläuterte der steuerliche Berater des Klägers, dass sich der Betrag von  Euro aus Schuldzinsen und einer Vorfälligkeitsentschädigung zusammensetze. Für die vorzeitige Rückzahlung des Darlehens (Nr. …) belastete die finanzierende J-Bank dem Kläger am 00.7.2018 eine Vorfälligkeitsentschädigung von  Euro. Der Veräußerungserlös des Objekts sei zur Tilgung des Darlehens verwendet worden. Zudem seien mit dem überschießenden Restbetrag die Darlehen der übrigen Vermietungsobjekte (teilweise) zurückgeführt worden, so dass sich die Zinslast insoweit in den Folgejahren reduziere. Vor diesem Hintergrund sei die Vorfälligkeitsentschädigung als „vorweggenommener Werbungskostenabzug“ berücksichtigungsfähig.

7
Der Beklagte folgte dem nicht und erließ mit Datum vom .2021 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für 2018, in dem er die Vorfälligkeitsentschädigung nicht mehr als Werbungskosten berücksichtigte. Gleichzeitig hob er den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

8
Hiergegen legten der Kläger und seine Ehefrau ‒ vertreten durch ihren steuerlichen Berater ‒ am .2021 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom .2022 zurückwies. Für nähere Einzelheiten wird auf das Einspruchsschreiben nebst Anlage sowie die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

9
Hiergegen hat der Kläger am 2022 Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, dass die Voraussetzungen für einen Abzug der Vorfälligkeitsentschädigung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung vorlägen. Die Zahlung der Entschädigung stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Das Objekt „A Straße 00“ habe erst nach dem Auszug des Mieters „wirtschaftlich sinnvoll“ verkauft werden können. Der Verkauf habe der „Umsetzung einer altersgemäßen Schuldenentlastung“ gedient. Der überschießende Verkaufserlös sei für die Rückführung von Darlehen verwendet worden, die zur Finanzierung der übrigen Vermietungsobjekte aufgenommen worden seien. Da insoweit künftig aufgrund der geringeren Zinsbelastungen höhere Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt würden, sei der Klage „im Rahmen des Vertrauensschutzes“ stattzugeben. Die anderen Vermietungsobjekte seien hinsichtlich der Zinszahlungen „entlastet“ worden. Dies ergebe sich aus den Berechnungen des Klägers im Schriftsatz vom .2022, auf die für nähere Einzelheiten Bezug genommen wird. Die Vorfälligkeitsentschädigung sei im Übrigen keine „Vertragsstrafe“, sondern ein Entgelt bzw. ein Schadensersatz in Form einer „Zinsausgleichszahlung“. Es sei eine rein „unternehmerische“ Entscheidung, ein Objekt erst nach dem Auszug des Mieters und trotz Fälligkeit einer Vorfälligkeitsentschädigung zu veräußern. Ein Abwarten mit dem Verkauf bis zum Auslaufen der Zinsbindung sei „wirtschaftlich unsinnig“. Es liege jedenfalls auch unter zeitlichen Gesichtspunkten ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Zahlung der Entschädigung und der Erzielung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vor. Schließlich sei der Beklagte „durch das Vorfälligkeitsentgelt im Jahre 2018 nicht beschwert, da zugleich die bisherigen Abschreibungs- und Zinskosten in einem höheren Umfang nicht mehr entstanden“ seien. Die noch im Vorjahr für das veräußerte Objekt angefallenen Abschreibungen und Zinsen seien 2018 in dieser Höhe nicht mehr entstanden. Im Übrigen müsse der Beklagte verstehen, dass er ‒ der Kläger ‒ nach „50-jähriger erfolgreicher Berufstätigkeit“ seine „Vermögensverhältnisse ordne“, damit diese für seine Erben und die „Gesellschaft (Fiskus, Erbschaftsteuer) übersichtlich“ seien.

10
Der Kläger beantragt,

11
den Einkommensteuerbescheid für 2018 vom .2021 sowie die hierzuergangene Einspruchsentscheidung aufzuheben.

12
Der Beklagte beantragt,

13
die Klage abzuweisen.

14
Der Beklagte verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung. Die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung sei nicht als Werbungkosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen. Bei der Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung im Zuge der Veräußerung von Immobilien werde der durch die Aufnahme eines Darlehens zur Finanzierung der Anschaffungskosten einer der Vermietung dienenden Immobilie begründete wirtschaftliche Zusammenhang mit einer bisherigen Vermietungstätigkeit überlagert bzw. ersetzt von einem neuen, durch die Veräußerung ausgelösten Veranlassungszusammenhang. Nur bei einem z.B. nach § 23 Abs. 1 Satz 1 EStG steuerbaren Veräußerungsvorgang sei die Vorfälligkeitsentschädigung bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes oder -verlustes berücksichtigungsfähig. Die Vorfälligkeitsentschädigung könne hingegen nicht „ersatzweise“ bei den Werbungskosten im Zusammenhang mit der bisherigen Vermietung geltend gemacht werden. Der ursprüngliche Zusammenhang des Darlehens mit der Anschaffung der Immobilie zu Vermietungszwecken bestehe im Fall der vorzeitigen Auflösung des Darlehens nach der Veräußerung des Objektes nicht mehr. Daher könnten die Aufwendungen für die vorzeitige Ablösung des Darlehens auch nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung angesetzt werden. Unbeachtlich sei, ob der Veräußerungserlös für die Tilgung von Darlehen anderer Vermietungsobjekte genutzt werde. Ein steuerlich relevanter Zusammenhang mit den aus den anderen Objekten erzielten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sei nicht ersichtlich.

15
Das Gericht hat dem Kläger mit Schreiben vom .2022 einen Hinweis zur Frage der Abzugsfähigkeit einer Vorfälligkeitsentschädigung als Werbungskosten erteilt.

16
Entscheidungsgründe:

17
1.

18
Die Klage ist unbegründet.

19
Der Einkommensteuerbescheid für 2018 vom .2021 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

20
Der Beklagte hat die Aufwendungen für die Vorfälligkeitsentschädigung von Euro zu Recht nicht steuermindernd berücksichtigt.

21
a)

22
Die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung stellt keine Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung dar.

23
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Werbungskosten sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie durch diese Einkünfte veranlasst sind. Zu den Werbungskosten zählen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG auch Schuldzinsen, soweit sie mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Insoweit kommt es darauf an, ob das Darlehen, für das die Schuldzinsen gezahlt werden, zur Erzielung von Vermietungseinkünften aufgenommen und tatsächlich verwendet wurde. Zu den Schuldzinsen zählt auch die zur vorzeitigen Ablösung eines Darlehens gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 11.2.2014 ‒ IX R 42/13, BStBl. II 2015, 633 und vom 14.1.2004 ‒ IX R 34/01, BFH/NV 2004, 1091, jeweils m.w.N.).

24
b)

25
Die vom Kläger gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung steht nicht in dem für den Abzug als Werbungkosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erforderlichen wirtschaftlichen Zusammenhang.

26
Wirtschaftlich betrachtet ist die Vorfälligkeitsentschädigung das Ergebnis einer auf die vorzeitige Darlehnsablösung gerichtete Änderung des Darlehensvertrages. Erst mit dieser Modifizierung des Vertragsinhalts steht dem Darlehensgeber eine seine Interessen wahrende Vorfälligkeitsentschädigung zu, wobei diese vertragliche Änderungsvereinbarung steuerrechtlich das „auslösende Moment“ für die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung darstellt (vgl. nur BFH-Urteil vom 11.2.2014 ‒ IX R 42/13, BStBl. II 2015, 633). Besteht die Verpflichtung des Darlehensgebers zur Einwilligung in eine vorzeitige Darlehensablösung gegen angemessene Vorfälligkeitsentschädigung gerade aus dem Grund, weil für eine beabsichtigte Grundstücksveräußerung eine Ablösung des Kredits und der damit zusammenhängenden grundpfandrechtlichen Belastung erforderlich ist, liegt ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Veräußerung des Grundstücks vor (vgl. nur BFH-Urteil vom 11.2.2014 ‒ IX R 42/13, BStBl. II 2015, 633 m.w.N.). Bei der Leistung einer Vorfälligkeitsentschädigung im Zuge der Veräußerung von Immobilien wird daher der unter Umständen zunächst bestehende und durch die Aufnahme eines Darlehens zur Finanzierung der Anschaffungskosten einer der Vermietung dienenden Immobilie begründete wirtschaftliche Zusammenhang mit einer bisherigen Vermietungstätigkeit überlagert bzw. ersetzt von einem neuen, durch die Veräußerung ausgelösten Veranlassungszusammenhang (vgl. BFH-Urteil vom 11.2.2014 ‒ IX R 42/13, BStBl. II 2015, 633 m.w.N.). Ist dieser Veräußerungsvorgang ‒ z.B. nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ‒ steuerbar, ist die Vorfälligkeitsentschädigung als Veräußerungskosten in die Ermittlung des Veräußerungsgewinnes oder -verlustes einzustellen. Ist der Veräußerungsvorgang nicht steuerbar, kann die Vorfälligkeitsentschädigung nicht „ersatzweise“ als Werbungskosten im Zusammenhang mit der bisherigen steuerbaren Tätigkeit ‒ wie vorliegend der Vermietung und Verpachtung ‒ geltend gemacht werden (vgl. insgesamt BFH-Urteil vom 11.2.2014 ‒ IX R 42/13, BStBl. II 2015, 633).

27
Der Kläger hat das Objekt „Astraße 00“ veräußert und mit dem Veräußerungserlös das seinerzeit zur Finanzierung des Objekts aufgenommene Darlehen abgelöst. Vor diesem Hintergrund fehlt es hinsichtlich der von ihm für die vorzeitige Ablösung des Darlehens gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung nach den obigen Grundsätzen ‒ die sich der Senat zu eigen macht ‒ an dem für den Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erforderlichen wirtschaftlichen Zusammenhang.

28
c)

29
Anhaltspunkte dafür, dass die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung als Finanzierungskosten eines der Einkunftserzielung dienenden Objektes zu beurteilen wäre (vgl. vormals z.B. BFH-Urteile vom 23.4.1996 ‒ IX R 5/94, BStBl. II 1996, 595 und vom 14.1.2004 ‒ IX R 34/01, BFH/NV 2004, 1091), sind nicht ersichtlich und vom Kläger zudem nicht nachgewiesen.

30
Der insoweit erforderliche notwendige wirtschaftliche Zusammenhang besteht, wenn bereits im Zeitpunkt der Veräußerung eines Grundstücks anhand objektiver Umstände der endgültig gefasste Entschluss feststellbar ist, mit dem nach der vorzeitigen Ablösung des Darlehens verbleibenden Veräußerungserlös wiederum konkret bestimmtes Grundvermögen anzuschaffen, das dem Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dient (vgl. BFH-Urteil vom 23.4.1996 ‒ IX R 5/94, BStBl. II 1996, 595). Hierzu reicht es nicht aus, dass der Steuerpflichtige die bloße Absicht hat, den empfangenen Restkaufpreis z.B. zum Ablösen von auf einem anderen (vermieteten) Haus lastenden Krediten zu verwenden. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus einem neuen bzw. anderen Objekt ergibt sich allenfalls dann, wenn der Steuerpflichtige bereits bei der Veräußerung ‒ z.B. im Kaufvertrag selbst oder zumindest beim Abschluss des Kaufvertrages ‒ im Vorhinein so unwiderruflich über den verbleibenden Restkaufpreis verfügt, dass er ihn unmittelbar in seiner Verwendung zum Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung mit einem bestimmten Objekt festlegt. Hierfür ist erforderlich, dass der Steuerpflichtige den nach Ablösung des das Veräußerungsobjekt betreffenden Darlehens noch verbleibenden Veräußerungserlös durch eine entsprechende Anweisung an den Zahlenden unmittelbar zur (Teil)Rückführung eines ein Vermietungsobjekt betreffendes Darlehn verwandt hat. Verbleibende Zweifel gehen zu Lasten des Steuerpflichtigen; er trägt die Feststellungslast für die den Steueranspruch mindernden Tatsachen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt z.B. BFH-Urteil vom 23.4.1996 ‒ IX R 5/94, BStBl. II 1996, 595 m.w.N.).

31
Ein Werbungskostenabzug kommt nach den vorgenannten Grundsätzen  nicht in Betracht. Der Kläger hat eine unwiderrufliche Verfügung über den verbleibenden Restveräußerungserlös trotz des gerichtlichen Hinweises vom .2022 weder vorgetragen noch nachgewiesen. Seinem Vortrag ist vielmehr zu entnehmen, dass er den das abzulösende Darlehn überschießenden Veräußerungserlös zunächst selbst vereinnahmt und sodann nach seiner Entscheidung zur Teilrückführung einzelner Darlehn verwendet hatte.

32
d)

33
Eine Berücksichtigung der Vorfälligkeitsentschädigung im Rahmen der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften scheidet bereits deshalb aus, weil die Veräußerung mehr als zehn Jahre nach der Anschaffung des Objekts erfolgte und § 23 Abs. 1Nr. 1 EStG keine Anwendung findet. Dementsprechend hat der Beklagte zu Recht aus der Veräußerung des Objekts keine Einkünfte aus § 23 EStG erfasst.

34
2.

35
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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