18.12.2023 · IWW-Abrufnummer 238781
Kammergericht Berlin: Beschluss vom 18.09.2023 – 22 W 31/23
Ein Notar, der die zu einer Eintragung erforderliche Erklärung beglaubigt, ist als Einreicher grundsätzlich auch als Verfahrensbevollmächtigter anzusehen. Die Zustellung der die Eintragung ablehnenden Entscheidung an ihn, setzt deshalb den Lauf der Beschwerdefrist nach § 63 Abs. 1 FamFG in Gang.
Kammergericht Berlin
Beschluss vom 18.09.2023
Tenor:
Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 31. Januar 2023 wird als unzulässig verworfen.
Gründe
I.
Bei dem Beteiligten handelt es sich um einen in Gründung befindlichen Verein. Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 18. Juni 2021 zur UR-Nr. des Notars Dr. B meldeten die gewählten Vorstandsmitglieder den Beteiligten zur Eintragung in das Vereinsregister an. In der Anmeldung bevollmächtigten die unterzeichnenden Vorstandsmitglieder die Angestellten des beglaubigenden Notars, Erklärungen, Bewilligungen und Anträge zur Ergänzung oder Änderung der Anmeldung abzugeben, soweit diese zur Behebung behördlicher oder gerichtlicher Beanstandungen zweckdienlich sind. Sie beauftragten und bevollmächtigten den Notar zudem, den Vollzug der Anmeldung im Vereinsregister zu bewirken und alle hierzu erforderlichen und sinnvollen Erklärungen abzugeben und Maßnahmen zu treffen. Die Eintragungsnachricht wurde auch an den Notar erbeten. Der Anmeldung waren die Gründungssatzung und das Protokoll der Gründungsversammlung beigefügt.
Mit Schreiben vom 30. Juni 2021 erbat das Amtsgericht einen Nachweis für die Gemeinnützigkeit des Vereins und beanstandete, dass gemäß § 4 Abs. 4 der Vereinssatzung Ehrenmitglieder nicht zur Teilnahme an Mitgliederversammlungen berechtigt seien. Es bat um Einreichung des satzungsändernden Beschlusses sowie eines vollständigen und vom Vorstand unterschriebenen Exemplars der aktualisierten Satzung.
Nach Beantragung einer Fristverlängerung übersandte der Notar am 05. November 2021 auf die Zwischenverfügung den satzungsändernden Beschluss, eine aktualisierte Satzung sowie eine Erklärung des Vorstands über die Finanzierung des Vereins.
Mit weiterer Zwischenverfügung vom 14. Januar 2022 wies das Amtsgericht darauf hin, dass der Wortlaut des § 7 Abs. 1 der eingereichten, aktualisierten Satzung nicht mit dem Wortlaut der Gründungssatzung übereinstimme und eine entsprechende Änderung nicht beschlossen worden sei. Nachdem der Notar zunächst Fristverlängerung beantragt hatte, reagierte er auf weitere Erinnerungen des Amtsgerichts nicht.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 31. Januar 2023 den Antrag des Beteiligten vom 18. Juni 2021 auf Eintragung in das Vereinsregister zurückgewiesen. Der Beschluss ist dem Notar ausweislich des von ihm unterzeichneten Empfangsbekenntnisses am 07. Februar 2023 zugestellt worden. Die an den Beteiligten übersandte Ausfertigung des Beschlusses konnte zunächst nicht zugestellt werden, da der Empfänger nicht zu ermitteln war. Der Inhalt des Rückbriefes ist dem Beteiligten sodann mit Schreiben vom 09. Februar 2023 an die Anschrift des 1. Vorsitzenden übersandt worden.
Mit Schriftsatz vom 09. März 2023 - eingegangen beim Amtsgericht am 10. März 2023 - hat der Beteiligte über seinen (damaligen) Verfahrensbevollmächtigten Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 31. Januar 2023 eingelegt und mit Schreiben des (jetzigen) Verfahrensbevollmächtigten vom 24. Mai 2023 eine weitere durch den 1. Vorsitzenden unterzeichnete Satzung eingereicht.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Kammergericht mit einem Beschluss vom 08. Juni 2023 zur Entscheidung vorgelegt.
II.
1. Die Beschwerde ist bereits unzulässig. Die nach §§ 58 Abs. 1, 374 Nr. 4 FamFG statthafte Beschwerde ist nicht innerhalb der Beschwerdefrist von einem Monat nach § 63 Abs. 1 FamFG eingelegt worden.
a) Nach § 63 Abs. 3 Satz 1 FamFG beginnt die Frist jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten. Für die Bewirkung der schriftlichen Bekanntgabe durch Zustellung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 FamFG beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt der formrichtigen Zustellung nach den §§ 166 ff. ZPO. Ist für den Beteiligten ein Verfahrensbevollmächtigter tätig, so ist entsprechend § 172 ZPO i.V.m. § 15 Abs. 2 Satz 1 FamFG die schriftliche Bekanntgabe an diesen ausschlaggebend; bei mehreren Verfahrensbevollmächtigten läuft die Frist mit der ersten schriftlichen Bekanntgabe an einen der Bevollmächtigten (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 08. März 2004 - II ZB 21/03 -, Rn. 6, juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11. November 2011 - 2 UF 227/11 -, Rn. 12, juris).
Damit begann die Beschwerdefrist, über die in dem angefochtenen Beschluss zutreffend belehrt worden ist, mit der Zustellung bei dem die Anmeldung einreichenden Notar am 07. Februar 2023 und endete mit Ablauf des 07. März 2023 (§ 188 Abs. 2 BGB i.V.m. § 16 Abs. 2 FamFG, § 222 Abs. 1 ZPO). Die Beschwerde der damaligen Prozessbevollmächtigten des Beteiligten ging hingegen erst am 10. März 2023 ein und war daher nicht mehr fristwahrend.
b) Der Lauf der Beschwerdefrist wurde mit der Zustellung bei dem Notar in Lauf gesetzt, da er Verfahrensbevollmächtigter i.S.d. § 172 ZPO i.V.m. § 15 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 FamFG ist. Ist die zu einer Eintragung erforderliche Erklärung von einem Notar beurkundet oder beglaubigt, gilt dieser nach § 378 Abs. 2 FamFG als ermächtigt, im Namen des zur Anmeldung Berechtigten die Eintragung zu beantragen. Zur Begründung dieser sogenannten Vollmachtsvermutung genügt die Vorlage der von dem Notar beurkundeten oder beglaubigten Erklärung (vgl. Eickelberg in: Sternal, 21. Auflage, 2023, § 378 FamFG, Rn. 13). Der Notar wird als Vertreter bzw. Bevollmächtigter i.S.d. § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 FamFG des zur Anmeldung Berechtigten tätig (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 18. April 2011 - 12 W 631/11 -, Rn. 26, juris; Krafka, Registerrecht, 11. Auflage, 2019, Rn. 126). Die Vertretungsmacht erstreckt sich dabei auf alle Verfahrenshandlungen, die zur Registereintragung erforderlich sind, und umfasst auch die Entgegennahme von Zustellungen, insbesondere von Ablehnungsbeschlüssen (vgl. KG, Beschluss vom 7. Februar 2012 - 25 W 4/12 -, Rn. 7, juris; Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Beschluss vom 29. April 2014 - 5 UF 16/14 -, Rn. 7, juris; Eickelberg in: Sternal, 21. Auflage, 2023, § 378 FamFG, Rn. 14-17; Otto in: BeckOK FamFG, 47. Ed. 1.8.2023, § 378 FamFG, Rn. 17-19).
c) Etwas anderes würde nur gelten, wenn der Notar die Registeranmeldung lediglich als Bote übermittelt hätte, wobei der Notar grundsätzlich deutlich zum Ausdruck bringen sollte, in welcher Funktion er die Anmeldung einreicht (vgl. Eickelberg in: Sternal, 21. Auflage, 2023, § 378 FamFG, Rn. 24; Harders in: Bumiller/Harders/Schwamb, 13. Auflage, 2022, § 378 FamFG, Rn. 3-6). Der Notar hat hier keine Erklärung abgegeben; insbesondere hat er nicht angegeben, dass er lediglich als Bote tätig wird. Vielmehr enthält die Registeranmeldung den Auftrag und die Bevollmächtigung des Notars, den Vollzug der Anmeldung im Vereinsregister zu bewirken und alle hierzu erforderlichen oder sinnvollen Erklärungen abzugeben und Maßnahmen zu treffen. Darüber hinaus werden die Angestellten des Notars bevollmächtigt, Erklärungen, Bewilligungen und Anträge zur Ergänzung oder Änderung der Anmeldung abzugeben, soweit diese zur Behebung behördlicher oder gerichtlicher Beanstandungen zweckdienlich sind. Der Notar war mithin nach dem Inhalt der Anmeldung berechtigt, Erklärungen abzugeben und Änderungen vorzunehmen, um den Vollzug der Anmeldung zu gewährleisten. Dies spricht aber dafür, dass er als Vertreter des Beteiligten tätig werden sollte. Darüber hinaus ist der Notar auf die Zwischenverfügung des Amtsgerichts vom 30. Juni 2021 zunächst durch die Beantragung einer Fristverlängerung und sodann durch eine (Teil-) Erledigung der Zwischenverfügung auch tatsächlich tätig geworden, ohne dass er es beanstandet hätte, dass die Zwischenverfügung an ihn gerichtet und übersandt worden ist. Auf die weitere Zwischenverfügung des Amtsgerichts vom 14. Januar 2022, deren Nichterledigung schließlich zu der angegriffenen Zurückweisung der Eintragung geführt hat, reagierte der Notar ebenfalls zunächst mit der Beantragung einer Fristverlängerung und kündigte später auf telefonische Nachfrage das Einreichen einer ergänzten Satzung ein. Nicht nur der Inhalt der Registeranmeldung, sondern auch das Verhalten des Notars macht somit deutlich, dass dieser als Vertreter und Bevollmächtigter des Beteiligten tätig werden sollte und tätig geworden ist.
Soweit in der Beschwerdebegründung darauf verwiesen wird, dass in der Anmeldung die Eintragungsnachricht "auch" an den beglaubigenden Notar erbeten worden ist, folgt hieraus nichts anderes. Wenn der Notar die Anmeldung als Vertreter eingereicht hat, so ist die Eintragung regelmäßig sowohl ihm als auch den Beteiligten bekannt zu machen (vgl. Eickelberg in: Sternal, 21. Auflage, 2023, § 378 FamFG, Rn. 16). Durch diese Bitte kann mithin nicht darauf geschlossen werden, dass der Notar lediglich als Bote tätig werden sollte.
2. Die Beschwerde ist darüber hinaus auch unbegründet. Die mit der Anmeldung eingereichte Gründungssatzung regelt in § 7 Abs. 1, dass "durch Beschluss der Mitgliederversammlung [...] der Vorstand um bis zu ein (1) weiteres Vorstandsmitglied auf insgesamt fünf (5) Vorstandsmitglieder erweitert werden" kann. Die auf die Zwischenverfügung vom 30. Juni 2021 eingereichte aktualisierte Satzung regelt hingegen in § 7 Abs. 1, dass "durch Beschluss der Mitgliederversammlung [...] der Vorstand um bis zu zwei (2) weitere Vorstandsmitglieder erweitert werden" kann, ohne dass ersichtlich geworden wäre, dass eine entsprechende Änderung beschlossen worden ist. Mit der Beschwerdebegründung ist nunmehr eine weitere Version der Satzung eingereicht worden, deren § 7 Abs. 1 vorsieht, dass "durch Beschluss der Mitgliederversammlung [...] der Vorstand um bis zu ein (1) weiteres Vorstandsmitglied erweitert werden" kann. Es liegt somit weiterhin bzw. erneut eine Abweichung zur Gründungssatzung vor, ohne dass eine satzungsändernde Beschlussfassung ersichtlich wäre.
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Die Verpflichtung, die Gerichtskosten zu tragen, ergibt sich aus dem Gesetz, vgl. § 22 Abs. 1 GNotKG, Nr. 19116 KV-GNotKG. Anlass, die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten vorzusehen, sieht der Senat nicht.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde scheidet aus, weil es an den Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 FamFG fehlt.