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01.09.2023 · IWW-Abrufnummer 237138

Landesarbeitsgericht Hamburg: Urteil vom 16.01.2023 – 5 Sa 14/22


In dem Rechtsstreit
Verkündet am:
16. Januar 2023
erkennt das Landesarbeitsgericht Hamburg, Fünfte Kammer,
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Januar 2023
durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht XXX
als Vorsitzenden,
den ehrenamtlichen Richter XXX,
den ehrenamtlichen Richter XXX
für Recht:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten und unter ihrer Zurückweisung im Übrigen wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 10. Februar 2022 - 29 Ca 236/21 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 82.607,14 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 21. Juli 2021 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte zu 85/100 und der Kläger zu 15/100 zu tragen.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten nach der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses über Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit einer nicht gewährten Tantieme.

Der am XX. April 19XX geborene Kläger war seit dem 16. März 2020 bei der Beklagten als Development Director für das Ressort Schiffe (Containerschiffe/Hospitalschiffe/Hotelschiffe) beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Eigenkündigung des Klägers mit Ablauf des 31. Dezember 2020.

Die Beklagte ist eine Tochtergesellschaft der X. AG und innerhalb der Unternehmensgruppe für die Entwicklung sowie für das Management von vorhandenen, neuen und erworbenen Projekten und Beteiligungen im In- und Ausland zuständig. Sie unterhält Containerschiffe, die an Reedereien zum Transport von Fracht zur Verfügung gestellt werden.

Zu den Aufgaben des Klägers gehörte die Umsetzung der Geschäftsidee der Beklagten, modulare, containerbasierte Hospitalschiffe zu bauen, also Schiffe, auf denen in einer Art Baukastenmodell unterschiedliche medizinische Module etwa mit einer Chirurgie oder einer Seuchenbekämpfungsstation untergebracht werden können. Ziel war es, diese Schiffe mit flexibler medizinischer Ausstattung an Regierungen oder die Weltgesundheitsorganisation für den Einsatz in Krisengebieten zu vermieten. Dieses Geschäftskonzept sowie damit zusammenhängend die Konstruktion von Schiffen mit den dazu kompatiblen Hospitalcontainern sind bislang einzigartig und sollte von der Beklagten und intern bei der Beklagten vom Kläger völlig neu entwickelt und begleitet werden.

Dem Arbeitsverhältnis lagen die Stellenbeschreibung vom 11. Februar 2020 (Anlage K 2 - Bl. 74 d.A.) und der Anstellungsvertrag vom 17./25. Februar 2020 (Anlage K 1 - Bl. 63 d.A.) zugrunde. Der Anstellungsvertrag regelt:

"§ 4

Vergütung, freiwillige Leistungen

4.1 Der Mitarbeiter erhält für seine Tätigkeit ein festes Jahresgehalt von EUR 180.000,- brutto ... zahlbar in zwölf gleichen monatlichen Teilbeträgen von EUR 15.000,- brutto ... jeweils am Monatsende.

4.2 [1] Der Mitarbeiter kann darüber hinaus eine erfolgsabhängige variable Vergütung ('Tantieme') erzielen. [2] Die jährliche Tantieme beträgt maximal EUR 180.000,- brutto ... [3] Die Festlegung einer Tantieme und deren Höhe hängen von dem Erreichen von Zielen ab, deren drei wesentliche Kriterien jedes Jahr, erstmals zum Ende der Probezeit, zwischen dem Mitarbeiter und der Gesellschaft vereinbart werden. [4] Sollten die drei Kriterien nicht zwischen dem Mitarbeiter und der Gesellschaft vereinbart werden, werden diese seitens der Gesellschaft nach billigem Ermessen vorgegeben. [5] Die Tantieme wird je nach Erreichungsgrad der vereinbarten oder vorgegebenen Ziele durch den Arbeitgeber nach seinem Ermessen fixiert. [6] Im Falle des Ein- oder Austritts während eines Kalenderjahres wird eine eventuelle Tantieme zeitanteilig, gerechnet nach Kalendermonaten und für Teile von Kalendermonaten nach Kalendertagen, ausgezahlt. [7] Ein Rechtsanspruch auf eine Tantieme besteht nicht. [8] Wird dem Mitarbeiter eine Tantieme gewährt, erfolgt dies freiwillig mit der Maßgabe, dass auch durch eine wiederholte Zahlung kein Rechtsanspruch, weder dem Grunde noch der Höhe nach, weder für die Vergangenheit noch die Zukunft, begründet wird.

4.3 ... [2] Sollte der Mitarbeiter für ein Kalenderjahr eine erfolgsabhängige Tantieme erhalten, wird diese innerhalb von zwei Wochen nach Festlegung ausgezahlt. [3] Voraussetzung ist, dass das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt ist.

...

4.10 Eine Tantiemen- oder Sonderzahlung ist zurückzugewähren, wenn das Anstellungsverhältnis innerhalb von sechs Monaten nach Auszahlung seine Beendigung - gleich aus welchem Rechtsgrund - findet.

...

§ 13

Beendigung des Anstellungsverhältnisses, Probezeit

...

13.2 Das Anstellungsverhältnis kann von beiden Seiten während der ersten drei Monate unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von vier Wochen gekündigt werden ('Probezeit').

..."

Ab dem 11. Juni 2020 kam es zu Unstimmigkeiten bzw. zum Zerwürfnis des Klägers mit der Beklagten und dem Hauptaktionär und Aufsichtsratsvorsitzenden der Unternehmensgruppe, der die Beklagte angehört, Herrn X.. Hintergrund war ein Streit um den ausreichenden Versicherungsschutz der Schiffe.

Am 16. Juni 2020 drohte Herr X. dem Kläger mit einer Entlassung und äußerte in dem Gespräch, dass er sich eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht vorstellen könne. Dem Kläger wurde vor die Wahl eines Aufhebungsvertrags oder einer fristlosen Entlassung gestellt. In der Folgezeit kam es zum Streit zwischen den Parteien über die ordnungsgemäße Erstellung von Tätigkeitsberichten, die krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers sowie die Rahmenbedingungen, unter denen der Kläger seine Arbeitsleistung erbringen sollte, insbesondere durch fehlenden uneingeschränkten Zugriff auf Dokumente und Probleme mit der IT. Ein ungehinderter Zutritt zum Gebäude der Beklagten, in dem sich das Büro des Klägers befand, wurde dem Kläger verwehrt. Die Einzelheiten sind zwischen den Parteien streitig.

Mit E-Mail vom 25. Juni 2020 forderte der Kläger die Beklagte auf, in Verhandlungen über eine Zielvereinbarung einzutreten.

Vom 26. Juni 2020 bis zum 03. August 2020 war der Kläger arbeitsunfähig infolge Krankheit.

Mit Schreiben vom 30. Juni 2020 (Anlage K 5 - Bl. 78 d.A.) erteilte die Beklagte dem Kläger drei Abmahnungen, über deren Wirksamkeit ein gerichtlicher Streit anhängig war (Arbeitsgericht Hamburg - 21 Ca 215/21 -), der nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien vom Kläger für erledigt erklärt wurde.

Am 04. August 2020 unternahm der Kläger einen Arbeitsversuch, der erfolglos abgebrochen wurde.

Vom 05. bis zum 18. August 2020 war der Kläger weiterhin arbeitsunfähig infolge derselben Krankheit.

Mit Schreiben vom 05. August 2020 (Anlage K 11 - Bl. 88 d.A.) forderte die Beklagte den Kläger unter Bezugnahme auf § 4 Nr. 4.2 Anstellungsvertrag auf, bis zum 07. August 2020 einen Vorschlag zum Abschluss einer Zielvereinbarung zu übermitteln.

Mit Schreiben vom 13. August 2020 (Anlage K 12 - Bl. 89 d.A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit:

"Da Sie mir auch keinen Vorschlag zum Abschluss einer Zielvereinbarung zugesandt haben, erhalten Sie in der Anlage unsere Zielvorstellungen für dieses Kalenderjahr 2020 mit der Bitte um Ihre Rückmeldung bis zum 19.08.2020."

Als Anlage war dem Schreiben der Beklagten die "Konkrete Zielvereinbarung - drei wesentliche Kriterien/Ziele für das verbleibende Geschäftsjahr 2020" (Anlage K 13 -Bl. 90 d.A.) beigefügt.

Unter dem 19. August 2020 (Anlage K 19 - Bl. 97 d.A.) übersandte der Kläger der Beklagten seinen Entwurf zu einer Zielsetzung. In der begleitenden E-Mail des Klägers (Anlage K 18 - Bl. 96 d.A.) heißt es:

"die mir seitens der X. Management vorgelegte Zielvereinbarung vom 13.08.2020 ist aus meiner Sicht unangemessen, da meine seit März 2020 ausgeführten Tätigkeiten darin völlig ausgeblendet sind.

Eine Zielvereinbarung sollte aber das gesamte Rumpfjahr 2020 abbilden.

Ich sende Ihnen darum meinen Vorschlag zu einer Zielvereinbarung mit der Bitte um Ihre Rückmeldung."

Mit Schreiben vom 26. August 2020 (Anlage K 41 - Bl. 127 d.A.) antwortete die Beklagte:

"Zielvereinbarung für 2020 - Festlegung der Ziele

Sehr geehrter Herr ... [Kläger],

nachdem Sie sich zunächst gänzlich geweigert hatten, an dem Abschluss einer Zielvereinbarung mitzuwirken, unterbreiteten Sie uns mit E-Mail vom 19. August 2020 doch noch einen Gegenvorschlag zu einer Zielvereinbarung.

Ihr Vorschlag zielt darauf ab, dass die Gesellschaft für etwas 'Selbstverständliches' eine erfolgsabhängige variable Vergütung zahlen soll. Eine erfolgsabhängige Vergütung dient jedoch nicht dazu, die reguläre Arbeitsleistung oder das Tagegeschäft als Development Director zu vergüten, sondern das Erreichen besonderer Ziele zu honorieren. Dies gilt erst recht bei einer Führungskraft wie Ihnen, die bereits für die Erbringung ihrer Tätigkeiten ein jährliches Bruttofestgehalt von EUR 180.000 erhält.

Darüber hinaus sind Ihre 'Wunschziele' teilweise vergangenheitsbezogen. Ihrem Vorschlag fehlt es insoweit an der gebotenen Anreizwirkung. Auf die 'seit März 2020' angeblich von Ihnen ausgeführten Tätigkeiten kann schließlich auch deshalb nicht abgestellt werden, weil Ziffer 4.2 des Arbeitsvertrages die erstmalige Vereinbarung von Zielen frühestens zum Ende der Probezeit vorsieht und Sie im Anschluss an Ihre Probezeit krankgeschrieben waren.

Vor diesen Hintergründen lehnen wir Ihren Gegenvorschlag zu einer Zielvereinbarung ab, und machen von unserem vertraglich vereinbarten Recht Gebrauch, die Ziele nach billigem Ermessen einseitig festzulegen. Dabei orientieren wir uns an den Zielvorgaben, die wir Ihnen mit Schreiben vom 13. August 2020 vorgelegt haben. Anhaltspunkte dafür, dass diese Zielvorgaben nicht billigem Ermessen entsprechen könnten, liegen nicht vor.

Dennoch haben wir uns im Rahmen der Ermessenausübung dazu entschieden, die Fristen für das Erreichen der Zielvorgaben zu Ihre[n] Gunsten einheitlich bis zum 21.12.2020 zu verändern.

Wir legen daher hiermit folgende Ziele für das Jahr 2020 nach billigem Ermessen fest:

Konkrete Zielvorgaben - drei Kriterien/Ziele für das verbleibende Geschäftsjahr 2020

1. Beschreibung und Kostenkalkulation für das Geschäftsmodell: Einsatz von Hospitalschiffen

Vorlage des ausgearbeiteten Geschäftskonzepts zum Einsatz der Containerschiffe als Hospital- und Hotelschiffe auf dem Weltmarkt unter Beschreibung des Geschäftsmodells und der konkreten Geschäftsabläufe vom Erwerb der Containerschiffe, deren Umbau und Entwicklung der Spezialcontainer, der Personaleinsatzplanung - eigene HR und Einsatz von Fremdfirmen - zur Konvertierung der Containerschiffe bis hin zum Dienstleistungsangebot vor Ort, unterteilt nach Einsatz in Katastrophen und akuten Hilfsgebieten, allgemeinen Bedarfsgebieten für mobile Hospitäler und Tourismusgebieten.

Dazu kaufmännische Ein- und Ausgabenkalkulation der Leistungskette pro jeweilig erworbenen Containerschiff vom Erwerb, dem Einsatz als Containerschiff bis zu seinem Umbau, dem Umbau selbst unter Berücksichtigung der zu erwerbenden und auszustattenden Container bis hin zu seinem ersten Einsatz als Hospitalschiff unter der Annahme, dass der erste Einsatz im Dezember 2020 erfolgt mit kalkulatorischer Gewinnermittlung pro Schiff im Fall seiner Vermietung unter Stellung des Personal[s] und der kompletten Dienstleistung für die jeweiligen Konstellationen (Katastropheneinsatz mit Vollausstattung, Akute Hilfsgebiete mit Spezialausstattung, allgemeine Bedarfsgebiete mit reiner Diagnostik-ausstattung oder Ausstattung eines Hospitals der generellen Versorgung).

FRIST: 21. Dezember 2020

2. Aufbau einer Organisations- und Kontrollstruktur zum Einsatz von HR (eigene und fremde) sowie Fremdfirmen

Beschreibung und Implementierung einer Organisations-, Einsatz-, Kontroll- und Kostenüberwachungsstruktur für den Einsatz von eigenen und fremden Mitarbeitern sowie Fremdfirmen für den Erwerb der Containerschiffe, deren Vercharterung bis zum Umbau in ein Hospitalschiff einschließlich der für diese Zwecke entwickelten Container sowie deren Einsatz vor Ort als Hospitalschiff einschließlich der zu erbringenden Hilfsleistungen durch medizinisches Personal.

FRIST: 21. Dezember 2020

3. Entwicklung eines Versicherungskonzepts

Entwicklung einer Versicherungslösung für potentiell Interessierte, im Katastrophenfall wie Zerstörung von wesentlichen Einrichtungen oder Häusern im eigenen Land durch einen Hurrican oder Tsunami binnen kürzester Frist auf ein Hospitalschiff zugreifen zu können mit entsprechender Kosten-Nutzen-Kalkulation und Analyse abstrakt sowie anhand von Fallanalysen für Einsatzorte in der Karibik und Afrika und Bestimmung der Einsatz- oder Versicherungsprämie pro Jahr.

FRIST: 21. Dezember 2020

Wir weisen der guten Ordnung halber darauf hin, dass ein Rechtsanspruch auf eine Tantieme nach dem Arbeitsvertrag nicht besteht."

Mit Schreiben vom 26. Oktober 2020 (Anlage K 85 - Bl. 183 d.A.) stellte die Beklagte den Kläger "ab sofort wegen Corona vom Dienst frei", weil eine andere Mitarbeiterin der Beklagten an Corona erkrankt war. Mit E-Mail vom 06. November 2020 (Anlage K 86 - Bl. 184 d.A.) forderte die Beklagte den Kläger auf, ab dem 09. November 2020 wieder zum Dienst zu erscheinen.

Vom 18. bis zum 25. November 2020 war der Kläger arbeitsunfähig infolge einer anderen Krankheit.

Vom 26. November 2020 bis zum 31. Dezember 2020 gewährte die Beklagte dem Kläger Erholungsurlaub.

Schließlich kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis der Parteien unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zum 31. Dezember 2020. Eine Tantieme zahlte die Beklagte an den Kläger nicht.

Der Kläger hat vorgetragen, dass er einen Anspruch auf Schadensersatz habe, weil die Beklagte gegen ihre Pflichten aus dem Anstellungsvertrag verstoßen habe, indem sie mit ihm keine Verhandlungen über eine Zielvereinbarung geführt habe. Er habe die Beklagte mit E-Mail vom 25. Juni 2020 aufgefordert, mit ihm in Verhandlungen über eine Zielvereinbarung zu treten, und mit E-Mail vom 19. August 2020 die Anpassung der Zielvereinbarung ersucht, ohne dass die Beklagte hierauf richtig eingegangen wäre. Stattdessen habe sie zunächst lediglich einen Vorschlag vorgelegt und dann die Ziele einseitig vorgegeben, ohne diese zuvor zu verhandeln. Die Zielvorgabe vom 26. August 2020 entspreche nicht billigem Ermessen. Auch wenn die vorgegebenen Ziele in der Sache grundsätzlich erreichbar seien, müsste er gleichwohl im Rumpfjahr 2020 ein komplettes Konzept erarbeiten, was in der von der Beklagten erwarteten Detaillierung unrealistisch sei. Die drei Punkte in der Zielvereinbarung beinhalteten im Ergebnis nicht weniger als die komplette Erfüllung des arbeitsvertraglich geschuldeten Aufgabenbereichs innerhalb des ersten Jahres. Außerdem habe die Beklagte durch ihr Verhalten ihn von einer zielführenden Arbeit ferngehalten und ihm die Zielerreichung unmöglich gemacht. Sie habe mit Kontaktverboten eine Kommunikation mit Kollegen unterbunden, ihm den ungehinderten Zugang zum Gebäude verwehrt, ihm zeitweilig keinen Zugang zum Internet ermöglicht und ihm Arbeitsmittel vorenthalten. Es sei ihm die Herausgabe von Daten verweigert worden. EDV-Probleme seien nicht behoben worden. Die Regelung im Anstellungsvertrag, wonach die Auszahlung der variablen Vergütung an den ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses anknüpfe, sei unwirksam. Auch der Freiwilligkeitsvorbehalt sei unwirksam. Hieraus resultiere sein Anspruch auf Schadensersatz, der zeitanteilig für die Zeit vom 16. Juni 2020, dem Ende der Probezeit, bis zum 31. Dezember 2020 zu berechnen sei. Zeiten seiner Arbeitsunfähigkeit seien bei der Bestimmung des Schadensersatzes unerheblich.

Der Kläger hat mit der am 13. Juli 2021 beim Arbeitsgericht Hamburg eingegangenen und der Beklagten am 20. Juli 2021 (Bl. 191 d.A.) zugestellten sowie durch Schriftsatz vom 16. Dezember 2021 (Bl. 261 [271] d.A.) hinsichtlich des Klageantrages zu 2. zurückgenommenen Klage erstinstanzlich zuletzt beantragt (Sitzungsprotokoll des Arbeitsgerichts vom 10. Februar 2022 - Bl. 292 [293] d.A.):

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 97.000,00 € (brutto) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

2. ... [zurückgenommen - Bl. 271 d.A.]

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat entgegnet, ein Anspruch des Klägers auf Schadensersatz bestehe nicht. Der Schadensersatzanspruch könne nicht darauf gestützt werden, dass keine Verhandlungen stattgefunden hätten. Der Anstellungsvertrag treffe für den Fall, dass eine Zielvereinbarung nicht zustande komme, eine Regelung. In diesem Fall könne sie die Ziele nach billigem Ermessen vorgeben, was sie getan habe. Demgegenüber habe der Kläger die Probezeit berücksichtigt haben wollen, die jedoch bei der Zielvereinbarung nach der Regelung des Anstellungsvertrags außen vor habe bleiben sollen. Außerdem habe sich sein Vorschlag auf die bereits arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit bezogen, die mit dem Grundgehalt ausreichend honoriert sei. Die von ihr vorgegebenen Ziele seien erreichbar und realistisch gewesen. Der Kläger habe diese ohne überobligatorische Leistungen erreichen können. Dies werde vom Kläger auch eingeräumt. Im Übrigen müsse im Falle der Unbilligkeit eine richterliche Ersatzbestimmung erfolgen. Sie habe die Arbeit des Klägers nicht behindert. Etwaige Computerprobleme seien zeitnah behoben worden. Nach der Rückkehr aus der Langzeiterkrankung habe der Kläger auch Zugang zu den erforderlichen Daten gehabt. Die Zusage der Tantieme im Anstellungsvertrag stehe unter einem Freiwilligkeitsvorbehalt. Dieser sei auch wirksam, weil die Regelungen zur Tantieme individuell vereinbart seien, sodass es sich nicht um allgemeine Geschäftsbedingungen handele. Zudem stehe die Tantieme nach § 4 Nr. 4.3 Anstellungsvertrag unter dem Vorbehalt, dass das Arbeitsverhältnis ungekündigt sei. Schließlich sei bei einem etwaigen Schadensersatzanspruch zu berücksichtigen, dass der Kläger auch die von ihm mit E-Mail vom 19. August 2020 vorgeschlagenen Ziele verfehlt habe. Er habe keines der drei Ziele auch nur ansatzweise erreicht. Zudem sei ein etwaiger Schadensersatzanspruch um Zeiten der Arbeitsunfähigkeit zu kürzen.

Das Arbeitsgericht Hamburg hat durch Urteil vom 10. Februar 2022 - 29 Ca 236/21 - (Bl. 295 d.A.) der Klage stattgegeben, hinsichtlich des Zinsantrages "seit 28. August 2021". Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die zulässige Klage sei begründet. Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 97.000,00 € brutto nebst Zinsen zu. Die Beklagte habe ihre vertraglichen Pflichten bei der Vereinbarung bzw. der Vorgabe der Jahresziele für das Jahr 2020 verletzt. Dem Anspruch des Klägers stehe der Freiwilligkeitsvorbehalt nicht entgegen. Eine anteilige Kürzung für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit des Klägers erfolge nicht.

Dem Kläger stehe ein Schadensersatzanspruch dem Grunde nach zu. Die Beklagte habe gegen ihre vertraglichen Pflichten verstoßen, indem sie jedenfalls keine Ziele vorgegeben habe, die billigem Ermessen entsprochen hätten. Insofern bedürfe es keiner Entscheidung, ob der Schadensersatzanspruch auch darauf gestützt werden könnte, dass die Beklagte nicht mit dem ernsthaften Willen zur Einigung über die Ziele für das Jahr 2020 verhandelt oder durch ihr Verhalten die Zielerreichung vereitelt hätte. Die Beklagte habe nicht substantiiert dargelegt, dass die Ziele, die dem Kläger mit Schreiben vom 26. August 2020 vorgegeben worden seien, billigem Ermessen entsprochen hätten. Vielmehr habe der Kläger vorgetragen, dass die Ziele letztlich den erfolgreichen vollständigen Abschluss des von ihm durchzuführenden Projekts beinhaltet hätten - jedoch bereits innerhalb des ersten "Rumpfjahres" nämlich vom 16. März 2020 bzw. nach Ablauf der Probezeit vom 17. Juni 2020 bis zum 31. Dezember 2020. Dem sei die Beklagte nicht entgegengetreten. Weder habe sie dargelegt, dass die Tätigkeit des Klägers nur auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2020 angelegt gewesen wäre, noch, dass die Ziele bis zum Ablauf des Kalenderjahrs erreichbar gewesen wären. Sie habe sich im Wesentlichen lediglich auf die pauschale Behauptung beschränkt, dass "für einen Development Director, der über die vom Kläger angegebene betriebswirtschaftliche Expertise verfügt, die drei Ziele sowohl inhaltlich als auch zeitlich realistisch (waren)" (Schriftsatz vom 15. November 2021, S. 8 - Bl. 229 d.A.). Ohne einen konkreten Sachvortrag, wie sie zu dieser Bewertung komme, sei der angebotene Zeuge nicht zu hören gewesen. Hierbei hätte es sich um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis gehandelt, weil durch die Zeugenvernehmung der wesentliche Sachverhalt erst hätte ermittelt werden müssen. Auch der Verweis auf den Vortrag des Klägers in der Klagschrift, wonach die vorgegebenen Ziele erfüllbar gewesen wären, vermöge einen schlüssigen Vortrag nicht zu ersetzen und sei in der Zitierung offensichtlich unvollständig. Der Kläger habe in der Klagschrift ausgeführt (S. 58 - Bl. 60 d.A.): "Die uneingeschränkte Verwirklichung des kompletten Konzepts im Rumpfjahr 2020 in einer Detaillierung, wie von der Beklagten in deren Zielvorgabe (Anlage K 41) vorgegeben, war jedoch unrealistisch und entsprach nicht billigem Ermessen." Damit habe sich der Kläger deutlich gegen den vorgegebenen zeitlichen Rahmen gewendet. Insofern sei davon auszugehen, dass die Beklagte dem Kläger eine Zielvorgabe gemacht habe, die auch bei überobligatorischem Einsatz innerhalb eines kurzen Zeitraums nicht bzw. nicht vollständig zu erreichen gewesen sei. Der Arbeitgeber könne sich aber seiner Verpflichtung zur Zahlung der für den Fall der Zielerreichung zugesagten Vergütung im Fall der Zielvereinbarung nicht dadurch entziehen, dass er zwar verhandele, jedoch in sein Angebot Ziele einstelle, die der Arbeitnehmer nicht erreichen könne.

Eine gerichtliche Ersatzzielbestimmung sei nicht vorzunehmen. Eine solche Verpflichtung folge entgegen der Ansicht der Beklagten nicht aus § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB. Zwar sehe diese Regelung vor, dass bei einer Leistungsbestimmung, die nicht der Billigkeit entspreche, die Bestimmung durch Urteil getroffen werde. Nach Ablauf des Leistungszeitraums sei jedoch Unmöglichkeit eingetreten (§ 275 BGB). Eine nachträgliche Festlegung von Zielen könne den mit einer Zielvorgabe verbundenen Motivationsgedanken nicht mehr erfüllen, zumal auch für eine Ersatzbestimmung wesentlicher Vortrag der Beklagten fehle. Die von der Beklagten im Schriftsatz vom 15. November 2021 (S. 19 f. - Bl. 240 f. d.A.) genannten Gesichtspunkte beträfen nicht den Inhalt einer Zielvorgabe, sondern die Bewertung, ob der Kläger etwaige Ziele erreicht habe bzw. überhaupt hätte erreichen können.

Dem Schadensersatzanspruch stehe weder der Freiwilligkeitsvorbehalt in § 4 Nr. 4.2 Anstellungsvertrag entgegen noch § 4 Nr. 4.3 Anstellungsvertrag, wonach Voraussetzung der Tantiemezahlung ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis sei. Dabei könne offenbleiben, ob es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen handele, wofür einiges spreche, oder um eine individuelle ausgehandelte Regelung.

Im Falle allgemeiner Geschäftsbedingungen benachteilige die Vertragsgestaltung den Kläger unangemessen und sei nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Bereits die äußere Form spreche dafür, dass es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen handele, die von der Beklagten gestellt worden seien. Der Arbeitsgericht enthalte zahlreiche formelhafte Klauseln enthält und sei nicht auf die individuelle Vertragssituation abgestimmt. So seien die Parteien durchgehend abstrakt als "Gesellschaft" und "Mitarbeiter" bezeichnet. In § 17 Nr. 17.2 Anstellungsvertrag werde auf den Vorrang der Individualabrede im Sinne von § 305b BGB hingewiesen, was nur dann erforderlich sei, wenn die Beklagte ansonsten vorformulierte Vertragsbedingungen gestellt habe. Der damit verbundene Anschein, dass die Vertragsbedingungen zur Mehrfachverwendung formuliert worden seien, sei von der Beklagten als Verwenderin zu widerlegen. Die Beklagte habe aber nicht vorgetragen, dass die Vertragsbedingungen ernsthaft zur Disposition gestellt und von den Parteien ausgehandelt worden wären. Sowohl der Freiwilligkeitsvorbehalt als auch die Bindung einer Tantiemezahlung an ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis im Auszahlungszeitraum stelle eine unangemessene Benachteiligung des Klägers dar. Sie sei dann gegeben, wenn der Arbeitgeber von der Leistungsbestimmung für ein bestimmtes Geschäftsjahr absehen dürfe, obwohl der Arbeitnehmer in diesem Geschäftsjahr seine Arbeitsleistung erbracht habe und die Leistung auch Teil der Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gewesen sei. Insofern könne sich die Beklagte nach Ablauf des Leistungszeitraums auf den Freiwilligkeitsvorbehalt nicht berufen, nachdem der Kläger seine Leistung erbracht habe, um sich von einer etwaigen Zahlungsverpflichtung zu lösen. Entsprechendes gelte für den Vorbehalt in § 4 Nr. 4.3 Anstellungsvertrag, wonach sich der Kläger in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden müsse. Eine solche Klausel benachteilige den Arbeitnehmer unangemessen und sei deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Der Wert der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber hänge von ihrer Qualität und vom Arbeitserfolg ab, regelmäßig jedoch nicht von der reinen Verweildauer des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis. Die Belohnung zunehmender Beschäftigungsdauer als solcher stehe nicht in einem Verhältnis zur Qualität und zum Erfolg der Arbeitsleistung. Die einmal erbrachte Arbeitsleistung gewinne auch regelmäßig nicht durch bloßes Verharren des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis nachträglich an Wert.

Sollte es sich in § 4 Anstellungsvertrag um eine individuell ausgehandelte Vertragsklausel handeln, könne sich die Beklagte auf den Freiwilligkeitsvorbehalt nicht berufen, um sich von eingegangen Zahlungsverpflichtungen für die Vergangenheit zu lösen. Indem sie dem Kläger für das Kalenderjahr 2020 konkrete Zielvorgaben gemacht habe, habe sie ein etwaiges Wahlrecht, das ihr ein - wirksamer - Freiwilligkeitsvorbehalt böte, ausgeübt. Von dem einmal ausgeübten Wahlrecht könne die Beklagte nicht für die Vergangenheit zurücktreten. Im Übrigen verstieße die Berufung auf den Freiwilligkeitsvorbehalt für die Vergangenheit gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) in der Erscheinungsform des widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra factum proprium"). Die Beklagte habe durch eine Zielvorgabe im Sinne von § 4 Nr. 4.2 Anstellungsvertrag den Kläger zur Leistungserbringung motiviert und damit das Vertrauen geschaffen, dass sie nach der Vorleistung durch den Kläger nach Ablauf des Kalenderjahres und damit des Leistungszeitraums die Tantiemeregelung zur Anwendung bringen werde. Dann könne sich die Beklagte für die Vergangenheit auf die angebliche Unverbindlichkeit nicht berufen. Auch auf den Vorbehalt, dass das Arbeitsverhältnis im Auszahlungszeitraum ungekündigt bestehen müsse, könne sich die Beklagte nicht berufen. Die Beklagte verstoße gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), weil sie den Kläger einseitig in seinem beruflichen Fortkommen unverhältnismäßig beeinträchtige, ohne dass dies durch schutzwürdige Interessen der Beklagten gerechtfertigt wäre. Durch die Tantiemeregelung werde dem Kläger in Aussicht gestellt, sein Jahresgehalt zu verdoppeln. Zugleich werde die Auszahlung daran geknüpft, dass im Auszahlungszeitpunkt ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis bestehe, wobei keine Einschränkung erfolge, welche Vertragspartei die Kündigung erklärt bzw. durch ihr Verhalten veranlasst habe. Auf der anderen Seite sei die Tantiemezahlung ausschließlich an die Erreichung vereinbarter bzw. vorgegebener Ziele innerhalb des Kalenderjahrs geknüpft. Eine etwaige Betriebstreue sei hingegen keine weitere Voraussetzung. Der Kläger trete damit in Vorleistung. Werde die Tantiemezahlung in Höhe von 100% des Jahresgrundgehalts trotz vollständiger Erbringung der Leistungspflichten durch den Kläger daran geknüpft, dass er weder zum Ende des Kalenderjahres noch bis zur Auszahlung sein Arbeitsverhältnis kündige, werde er in seiner durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit unverhältnismäßig eingeschränkt. Da die Kündigungsfrist für den Kläger innerhalb des ersten Beschäftigungsjahrs vier Monate und ab dem zweiten Beschäftigungsjahr sechs Monate betrage, wäre der Kläger innerhalb eines wesentlichen Teils des Jahres an einer Kündigung gehindert gewesen, selbst wenn die Beklagte durch ihr Verhalten einen wesentlichen Grund für eine Eigenkündigung des Klägers gesetzt hätte. Demgegenüber sei kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse der Beklagten erkennbar, den Kläger mit der Tantiemezahlung an dem Arbeitsverhältnis festzuhalten. Auf ein solches Interesse berufe sie sich auch nicht. Weiterhin verstieße es gegen den Rechtsgedanken aus § 162 BGB, wenn sich die Beklagte aufgrund der Eigenkündigung des Klägers von einer etwaigen Leistungspflicht befreien könnte. Die Beklagte habe durch ihr Verhalten die Eigenkündigung des Klägers zumindest maßgeblich mitbeeinflusst. Bereits nach dem Zerwürfnis ab dem 11. Juni 2020 habe Herr X., von dessen bestimmendem Einfluss auf die Unternehmensgruppe und damit auf die Beklagte auszugehen sei, geäußert, dass man sich eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht hätte vorstellen können und das Arbeitsverhältnis mit einem Aufhebungsvertrag oder einer fristlosen Entlassung habe beenden wollen. Einen Anlass dafür habe der Kläger nicht geboten. In der Folgezeit habe die Beklagte dem Kläger keinen ungehinderten Zugang zum Gebäude und der EDV eingeräumt, was für einen Mitarbeiter in der gehobenen Position des Klägers als unangemessen anzusehen sei. Ein ernsthafter Wille zur Verhandlung über eine Zielvereinbarung, wie es in § 14 Nr. 4.1 Anstellungsvertrag vorsehe, habe nicht stattgefunden. Letztlich seien dem Kläger Ziele einseitig vorgegeben worden, bei denen nicht erkennbar sei, dass sich die Beklagte um die Einhaltung der Grenzen billigen Ermessens bemüht hätte. Zusammengenommen habe die Beklagte die Eigenkündigung des Klägers durch ihr Verhalten bewusst beeinflusst, weshalb ihr im Gegenzug nach dem Rechtsgedanken des § 162 BGB zu versagen sei, sich von eingegangenen Zahlungsverpflichtungen nach der Vorleistung des Klägers zu lösen.

Die Höhe des Schadens sei anteilig für den Zeitraum vom Ablauf der Probezeit bis zum 31. Dezember 2020 zu bestimmen und ausgehend von 180.000,00 € brutto bei einer vollständigen Zielerreichung zeitratierlich zu berechnen. Auszugehen sei davon, dass der Kläger bei einer Vorgabe der Ziele, die billigem Ermessen entsprochen hätten, diese vollständig erreicht hätte. Aus dem unsubstantiierten Vortrag der Beklagten ergebe sich nicht, dass der Kläger auch diese Ziele nicht bzw. nicht vollständig erreicht hätte. Der Umstand, dass der Kläger Ziele vorgeschlagen habe, die nach dem Vortrag der Beklagten ebenfalls nicht erreicht worden wären, vermöge den Schadensersatzanspruch weder auszuschließen noch zu mindern. Die Beklagte habe diese Ziele weder vereinbart noch zum Gegenstand von Verhandlungen gemacht. Insofern könnten die vom Kläger vorgeschlagenen Ziele nicht als Maßstab einer etwaigen Zielvereinbarung dienen. Eine solche sei von der Beklagten abgelehnt worden. Die Beklagte habe aber auch nicht vorgetragen, dass diese alternativen Ziele dem Grundsatz der Billigkeit entsprochen hätten. Insofern könne sie sich nicht darauf berufen, dass der Kläger auch sonst seine Ziele nicht erreicht hätte. Die weiteren von der Beklagten vorgetragenen Gesichtspunkte (Schriftsatz vom 15. November 2021, S. 19 - Bl. 240 d.A.) ließen in ihrer Pauschalität keinen Schluss zu, dass der Kläger auch realistische Ziele nicht erreicht hätte. Insbesondere habe die Beklagte nicht dargelegt, welche Fortschritte mit dem Projekt realistisch gewesen wären, warum der Kläger keine Managementqualitäten gezeigt habe und inwiefern sich dies auf die Zielerreichung ausgewirkt hätte, welche Rolle die Dokumentationspflichten bei der Zielerreichung hätten spielen sollen und aus welchem Grund das hohe Fixeinkommen ein relevanter Aspekt bei der Leistungsbewertung hätte sein sollen. Auch eine anteilige Kürzung des Schadensersatzanspruchs aufgrund der Krankheitszeiten des Klägers erfolge nicht. Bei der Zielvorgabe komme es darauf an, ob und in welchem Umfang der Kläger die vorgegebenen Jahresziele erreiche. Insofern knüpfe die Zielerreichung nicht daran, ob der Kläger für den gesamten Zeitraum des Bestehens des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf Vergütung gehabt habe oder aber ob ein Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 3 EFZG nach Ablauf von sechs Wochen zeitweilig nicht bestanden habe. Insofern unterscheide sich der vorliegende Fall von den Sachverhalten, die den von der Beklagten angeführten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zugrunde gelegen hätten. Bei diesen sei es um ein dreizehntes Monatsgehalt gegangen, bei dem davon auszugehen gewesen sei, dass es sich um Entgelt für die monatlich erbrachte Arbeitsleistung handele, das jedoch aufgespart und erst am vereinbarten Fälligkeitstermin ausbezahlt werde (BAG, Urteil vom 21. März 2001 - 10 AZR 28/00 -, zu II 2 b der Gründe). Denn im vorliegenden Fall lasse sich die Ziel-erreichung erst zum vorgegebenen Stichtag ermitteln, ohne dass es auf die monatlich zu erbringende Arbeitsleistung ankäme.

Der Zinsanspruch folge aus §§ 288, 291 ZPO. Die Klage sei der Beklagten am 20. Juli 2021 zugestellt worden, sodass die Schuld ab dem 21. Juli 2021 zu verzinsen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses am 03. März 2022 (Bl. 319 d.A.) ihr zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 09. März 2022 (Bl. 320 d.A.) beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Auf den am 14. April 2022 (Bl. 331 d.A.) beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Antrag ist die Berufungsbegründungsfrist bis zum 03. Juni 2022 verlängert worden (Bl. 334 d.A.). Die Berufungsbegründung ist am 03. Juni 2022 (Bl. 341 d.A.) beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

Die Beklagte hält das arbeitsgerichtliche Urteil für unzutreffend und trägt vor, wegen der Sonderregel des § 315 Abs. 3 BGB bleibe für einen Schadensersatzanspruch kein Raum. Selbst wenn man dies anders beurteilte, wären die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch des Klägers nicht erfüllt. Sie habe ihre vertraglichen Pflichten nicht verletzt. Ihre Zielvorgaben an den Kläger hätten billigem Ermessen entsprochen. Außerdem scheitere ein Schadensersatzanspruch daran, dass dem Kläger kein Schaden entstanden sein könne. Die Annahme, dass der Kläger andere Zielvorgaben erreicht hätte, sei auch wegen seiner exorbitant hohen Fehlzeiten abwegig. Wäre ein Zahlungsanspruch des Klägers zu bejahen, wäre dieser zu kürzen.

Kein Schadensersatzanspruch dem Grunde nach: Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei der Anwendungsbereich der §§ 280 ff. BGB nicht eröffnet. Wollte man fälschlicherweise zugunsten des Klägers unterstellen, dass die Zielvorgaben an den Kläger nicht billigem Ermessen entsprochen hätten, ergäben sich die Rechtsfolgen aus § 315 Abs. 3 BGB. Für einen Schadensersatzanspruch bliebe also selbst in einem solchen nur unterstellten Fall kein Raum. Die arbeitsvertragliche Ausgangssituation (vgl. § 4 Nr. 4.2 Anstellungsvertrag) stelle sich so dar, dass sie ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht in Bezug auf die Zielvorgaben habe, wenn eine Zielvereinbarung - aus welchen Gründen auch immer - zwischen den Parteien nicht zustande komme. Hiervon sei auch der Kläger zutreffend ausgegangen. Zu dieser hier maßgebenden vertraglichen Konstellation verhalte sich das arbeitsgerichtliche Urteil aber nicht. Vielmehr bezögen sich die Ausführungen des Arbeitsgerichts auf den hier nicht einschlägigen Fall, dass die Arbeitsvertragsparteien für den Fall einer unterbliebenen Zielvereinbarung kein Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitgebers vereinbart hätten und die Arbeitsvertragsparteien aus vom Arbeitgeber zu vertretenden Gründen bis zum Ablauf der Zielperiode keine Zielvereinbarung schlössen. Ein solcher Fall liege hier aber nicht vor. Dies habe offensichtlich auch das Arbeitsgericht erkannt, wenn es ausführe, dass "die vorstehenden Erwägungen zur unterlassenen Zielvereinbarung auch bei einem Fehlen einer Zielvorgabe bzw. einer Zielvorgabe, die nicht billigem Ermessen entspricht", gölten. Diese Auffassung des Arbeitsgerichts sei unzutreffend. Die Rechtsprechung zum Fall einer gänzlich unterbliebenen Zielvereinbarung sei auf den Streitfall nicht übertragbar. Selbst wenn man zu Unrecht unterstellte, dass die von ihr einseitig festgelegten und vom Kläger verfehlten Ziele nicht billigem Ermessen entsprochen hätten, wäre der Anwendungsbereich der §§ 280 ff. BGB nicht eröffnet, weil die Sonderregel des § 315 BGB entgegenstehe, nach der sich die Rechtsfolgen aus § 315 Abs. 3 BGB ergäben. Danach hätte der Kläger als Unterworfener der Leistungsbestimmung im Fall ihrer Unbilligkeit keinen Anspruch auf Schadensersatz, sondern lediglich einen Anspruch auf richterliche Ersatzzielbestimmung. Anders als das Arbeitsgericht meine, stehe der Vorrangigkeit des § 315 Abs. 3 BGB dabei nicht entgegen, dass die "Anreizfunktion" einer Zielvorgabe bei einer Ersatzbestimmung der Ziele nach Ende der Zielperiode nicht mehr erreicht werden könne. § 315 Abs. 3 BGB enthalte keine zeitliche Beschränkung. Zwar habe das Bundesarbeitsgericht über diese Frage bislang nicht entscheiden müssen, jedoch sei sowohl vom Bundesgerichtshof als auch von Landesarbeitsgerichten wiederholt erkannt worden, dass bei unterbliebenen Zielvorgaben das Gericht die Ziele gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB auch nach Ablauf des Leistungszeitraums noch zu bestimmen hat bzw. hätte. Die vom Arbeitsgericht vorgenommene Analogie zu den Grundsätzen für Zielvereinbarungen scheitere schon daran, dass keine planwidrige Regelungslücke bestehe. Der Gesetzgeber habe sich dafür entschieden, die Folgen einer unbilligen Leistungsbestimmung durch § 315 BGB gesondert zu regeln, was von den Gerichten hinzunehmen sei. Das weitere vom Arbeitsgericht angeführte Argument, dass die nachträgliche Ermittlung angemessener, fallbezogener Ziele durch die Gerichte regelmäßig mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden oder sogar gar nicht möglich wäre, überzeuge nicht. Das Bundesarbeitsgericht habe klargestellt (BAG, Urteil vom 03. August 2016 - 10 AZR 710/14 -, Rn. 30), dass die richterliche Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB auf Grundlage des gesamten Vortrags der Parteien zu treffen sei. Eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn bestehe somit nicht. Jede Partei sei im Sinne einer Obliegenheit gehalten, die für ihre Position sprechenden Umstände vorzutragen, damit sie vom Gericht berücksichtigt werden könnten. Zugleich habe das Bundesarbeitsgericht auch einen Lösungsweg für den Fall aufgezeigt, dass es nach vollständiger Ausschöpfung des Prozessstoffs weiter an greifbaren Anhaltspunkten für die Leistungsbestimmung fehle. In dem Fall habe eine Festsetzung entsprechend § 287 ZPO zu unterbleiben - mit der Konsequenz der Klageabweisung. Ginge man mit dem Arbeitsgericht davon aus, dass das Gericht auf Grundlage des Parteivorbringens keine Ersatzzielbestimmung vornehmen könnte, wäre die Klage also schon aus diesem Grunde abzuweisen. Dieses Ergebnis sei sachgerecht, weil die Situation und Interessenlage bei einer Zielvorgabe eine andere sei als bei einer Zielvereinbarung. Während ein Arbeitgeber eine Zielvereinbarung immer nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers abschließen könne, sei der Arbeitgeber bei einer einseitigen Zielvorgabe im Rahmen des billigen Ermessens frei und an Vorgaben nicht gebunden. Der Schluss, dass ein Arbeitnehmer seine Ziele wahrscheinlich erreicht hätte, könne bei einer Zielvorgabe insofern nicht gezogen werden. Deshalb sei eine auf eine unterbliebene oder (vermeintlich) unbillige Zielvorgabe gestützte Zahlungsklage abzuweisen, wenn der Arbeitnehmer - wie hier - nicht darlege, welche Ziele der Arbeitgeber hätte festlegen müssen und dass er selbst diese Ziele auch erreicht hätte. Anderes lasse sich den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 12. Dezember 2007 und vom 13. Oktober 2021, auf die das Arbeitsgericht Hamburg seine abweichende Position stütze, nicht entnehmen. Dort habe das Bundesarbeitsgericht einen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers für den Fall der unterbliebenen Zielvereinbarung anerkannt. Es habe dagegen nicht entschieden, dass seine Rechtsprechung zur unterbliebenen Zielvereinbarung auf Zielvorgaben übertragbar sein solle.

Keine Pflichtverletzung ihrerseits: Letztlich könne dahinstehen, ob ein Schadensersatzanspruch dem Grunde nach in Betracht komme. Denn sie habe entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts nicht gegen ihre vertraglichen Pflichten verstoßen. Ihre Zielvorgaben an den Kläger hätten dem Grundsatz billigen Ermessens entsprochen. Dies ergebe sich aus mehreren Gesichtspunkten, die jeweils für sich betrachtet eine Pflichtverletzung ihrerseits ausschlössen:

Das Arbeitsgericht sei zwar im rechtlichen Ansatzpunkt zutreffend davon ausgegangen, dass eine Leistungsbestimmung billigem Ermessen entspreche, wenn die wesentlichen Umstände abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden seien. Möchte ein Arbeitnehmer die Leistungsbestimmung nicht gegen sich gelten lassen, habe er aber konkret anzugeben, weshalb die Bestimmung unbillig sein solle. Weiter habe das Arbeitsgericht zu Recht angenommen, dass für die Ausübungskontrolle der Zeitpunkt maßgebend sei, zu dem der Arbeitgeber als Bestimmungsberechtigter die Ermessensentscheidung zu treffen habe. Abzustellen sei demnach auf den 26. August 2020, also auf den Zeitpunkt, an dem sie von ihrem vertraglich vereinbarten Recht Gebrauch gemacht habe, die drei Zielkriterien nach billigem Ermessen gegenüber dem Kläger festzulegen. Dabei hätte das Arbeitsgericht aber richtigerweise zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass die drei Zielvorgaben an den Kläger billigem Ermessen entsprochen hätten. So habe sie bereits etwa zwei Wochen zuvor, am 13. August 2020 (Anlage K 13), ihre Zielvorstellungen an den Kläger vorab per E-Mail "mit der Bitte um Ihre Rückmeldung" übersandt. Sie habe dem Kläger damit die Gelegenheit eingeräumt, Einwände oder Bedenken gegen die unterbreiteten Ziele zu äußern. Der Kläger habe ihren Vorschlag in seiner Antwort-Mail vom 19. August 2020 (Anlage K 18) ausschließlich mit der Begründung abgelehnt, dass die Ziele das gesamte Rumpfjahr 2020, und damit auch die vom Kläger bereits absolvierte dreimonatige Probezeit, hätten abbilden sollen. Weitere Einwände oder Bedenken gegen die Zielvorschläge habe der Kläger nicht erhoben. Insbesondere habe der Kläger ihr gegenüber keine zeitlichen Bedenken geäußert oder auch nur angedeutet. Mit diesem einzigen Einwand des Klägers und mit dessen Gegenvorschlag habe sie sich eingehend auseinandergesetzt und diese im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung berücksichtigt, wie durch ihre Erläuterungen in ihrem Schreiben vom 26. August 2020 (Anlage K 41) an den Kläger dokumentiert sei. Bei der gebotenen ex-ante-Betrachtung habe für sie hingegen kein Anlass bestanden, an der Angemessenheit des für die Zielerfüllung vorgegebenen zeitlichen Rahmens zu zweifeln. Der Kläger habe sich trotz Möglichkeit zur Stellungnahme, von der er mit seiner E-Mail vom 19. August 2020 Gebrauch gemacht habe, nicht gegen den zeitlichen Rahmen gewandt. Da es für die Billigkeit der Leistungsbestimmung auf den Zeitpunkt der Ermessensentscheidung ankomme, sei es rechtlich irrelevant, ob der Kläger diesen (unzutreffenden) Einwand später im Prozess erhoben habe. Dies gelte erst recht vor dem Hintergrund, dass sie sich bei der Ausarbeitung der Ziele von einem externen Steuerberater fachlich habe beraten lassen und der Steuerberater, der solche Projekte wie die des Klägers regelmäßig begleite, die Zielvorgaben an den Kläger zeitlich und inhaltlich als realistisch befunden habe (Zeugnis Schulte).

Hierauf komme es letztlich nicht an. Denn die Behauptung des Klägers, dass die Zielvorgaben den erfolgreichen vollständigen Abschluss des von ihm durchzuführenden Projekts beinhaltet hätten, sei abstrus und falsch. Der Kläger hätte die Ziele ohne überobligatorischen Arbeitseinsatz innerhalb der vorgesehenen Zeit erreichen können. Der Kläger sei bei ihr nicht als "Projektleiter Hospitalschiffe", sondern als Development Director für das gesamte Ressort Schiffe (Containerschiffe, Hospitalschiffe, Hotelschiffe u. ä.) eingestellt worden. Er habe im Rahmen seines vertraglichen Aufgabengebiets zwar insbesondere das Geschäftskonzept bezüglich der Hospitalschiffe eigenverantwortlich umsetzen sollen, jedoch habe es sich dabei nicht um eine "Dauer"- oder "Endlos"-Aufgabe gehandelt. Vielmehr zeige die arbeitsvertragliche Übertragung des Gesamtressorts Schiffe an den Kläger, dass dieser als Development Director mit weiteren Projekten und Aufgaben habe befasst werden sollen. Weder der Vertrag noch die Stellenbeschreibung hätten eine Beschränkung des Aufgabengebietes des Klägers auf den Zweig "Hospitalschiffe" enthalten. Zudem habe der Kläger ihr auf Verlangen Organtätigkeiten für mit ihr verbundene Gesellschaften geschuldet. Auf das Vorstehende komme es jedoch nicht an. Denn die von ihr vorgegebenen Ziele, die nach dem eigenen Vorbringen des Klägers "grundsätzlich (in der Sache) zu erfüllen gewesen" wären, hätten nicht den erfolgreichen Abschluss des ihm anvertrauten Projekts "Hospitalschiffe" beinhaltet, wie der Kläger unzutreffend behaupte. Gegenstand der Zielvorgaben seien drei Teilaufgaben zur Vorbereitung der nächsten Projektphase gewesen, nämlich: die Beschreibung und Kostenkalkulation für das Geschäftsmodell: Einsatz von Hospitalschiffen; der Aufbau einer Organisations- und Kontrollstruktur zum Einsatz von HR (eigene und fremde) sowie Fremdfirmen; die Entwicklung eines Versicherungskonzepts. Diese drei Einzelaufgaben seien inhaltlich miteinander verzahnt. Sie hätten hierbei nicht unter der Prämisse gestanden, dass das Projekt bis Dezember 2020 hätte abgeschlossen sein sollen, sondern sie hätten der Konzepterarbeitung und -beschreibung sowie der Kalkulation der mit dem Geschäftsmodell verbundenen Planausgaben und -einnahmen ("Projektplanung") gedient. Es sei bei den Zielvorgaben um die Erarbeitung von Grundlagen für die spätere Fortentwicklung des Projekts gegangen. Die Granularität eines Geschäftskonzeptes und der darin abgebildeten Prämissen seien dabei nicht fix, sondern sie orientierten sich nach allgemeinem Verständnis stets an dem jeweiligen Stand des Projektfortschritts. Im damaligen Projektstadium habe die grundsätzliche Evaluierung des Geschäftsmodells in seinen verschiedenen Einsatzszenarien im Vordergrund gestanden. Dass in diesem Projektstadium noch nicht sämtliche technischen, regulatorischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Fragestellungen abschließend geklärt seien, sei irrelevant. Zum einem habe sie eine solche abschließende Klärung nicht vom Kläger verlangt und zum anderen ändere dies nichts daran, dass der Kläger in dem gesetzten Zeitfenster die Aufgaben hätte erledigen können. In den Zielvorgaben fänden sich nicht einmal bestimmte Anforderungen an die Ausführung der vom Kläger erwarteten Darlegungen.

Der Kläger hätte die drei Ziel-Aufgaben innerhalb eines Zeitrahmens von maximal zwei bis drei Monaten somit problemlos bewerkstelligen können. Für einen Diplom-Kaufmann mit fundiertem betriebswirtschaftlichen und strategischem Know-how wäre dies aus den dargelegten Gründen auch dann ohne überobligatorischen Einsatz möglich gewesen, wenn er darüber hinaus weitere Projekte betreut hätte. Vorliegend sei der Kläger noch nicht einmal in andere Projekte bei ihr involviert. Ihm sei mit dem Projekt "Hospitalschiffe" lediglich ein Großprojekt anvertraut worden. Er habe auch keine Organtätigkeiten für mit ihr verbundene Gesellschaften leisten müssen, obwohl der Anstellungsvertrag diese Möglichkeit vorgesehen habe (§ 2 Nr. 2.2 Anstellungsvertrag). Zudem sei der Kläger bei ihr kaum mit administrativen Tätigkeiten befasst gewesen, die mit durchschnittlich etwa 30 Minuten pro Arbeitstag zu veranschlagen seien - einschließlich der vom Kläger vertraglich geschuldeten Dokumentationstätigkeiten. Im Übrigen habe der Kläger lediglich die Arbeitsaufgabe erhalten, eine Übersicht und Abrechnung zu den einzelnen Containerschiffen zusammenzustellen, was er innerhalb eines Tages hätte bewerkstelligen können und müssen. Der Kläger hätte die drei Ziele ohne Beeinträchtigung durch sein Tagesgeschäft ausarbeiten können. Ein überobligatorischer Arbeitseinsatz wäre dafür nicht nötig gewesen. Der Kläger hätte keine Überstunden leisten müssen, um die drei Aufgaben vor Antritt seines Resturlaubs vollständig abarbeiten zu können. Die drei Aufgabenstellungen hätten keine "unrealistische Detaillierung" verlangt (vgl. Einzeldarstellung in der Berufungsbegründung, S. 16-18 - Bl. 350 R-351 R d.A.).

Kein Schaden. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers scheitere zudem daran, dass dem Kläger kein Schaden entstanden sei. Das Arbeitsgericht habe einen Schaden unter dem Aspekt des entgangenen Gewinns (§ 252 BGB) mit der Begründung bejaht, dass davon auszugehen wäre, dass der Kläger bei einer Vorgabe anderer Ziele, die billigem Ermessen entsprochen hätten, diese vollständig erreicht hätte. Diese Annahme sei abwegig und falsch. Als entgangen im Sinne von § 252 Abs. 2 BGB gelte nur der Gewinn, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen mit Wahrscheinlichkeit habe erwartet werden können. Hier sei es aber auszuschließen oder jedenfalls höchst unwahrscheinlich, dass der Kläger bei einer Vorgabe anderer Ziele, die billigem Ermessen entsprochen hätten, diese auch erreicht hätte. Dies wiederum gleich aus mehreren Gründen:

Gegen die Hypothese, dass der Kläger andere Zielvorgaben erfüllt hätte, spreche bereits der Umstand, dass es sich hierbei um Zielvorgaben handele, bei deren Festlegung sie im Rahmen billigen Ermessens frei und an Vorgaben nicht gebunden gewesen sei. Auch das Bundesarbeitsgericht vertrete hierzu keine abweichende Position. Zwar habe es in dem vom Arbeitsgericht angeführten Urteil vom 17. Dezember 2020 entschieden, dass bei einer Zielvereinbarung "im Grundsatz" davon auszugehen wäre, dass ein Arbeitnehmer vereinbarte Ziele erreicht hätte, wenn besondere Umstände diese Annahme nicht hätten erschüttern können. Allerdings beziehe sich diese Rechtsprechung auf Zielvereinbarungen und nicht auf arbeitgeberseitige Zielvorgaben, die ein Arbeitgeber im Rahmen des billigen Ermessens auch gegen den Willen des Arbeitnehmers einseitig festlegen dürfe. Und bei einer Zielvorgabe bestehe keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein Arbeitnehmer seine Ziele auch erreicht hätte.

Insbesondere wegen der konkreten Umstände des vorliegenden Einzelfalles hätte das Arbeitsgericht es nicht als wahrscheinlich (§ 252 Satz 2 BGB) erachten dürfen, dass der Kläger andere Ziele vollständig oder auch nur teilweise erreicht hätte. Denn selbst wenn man den Grundsatz, dass ein Arbeitnehmer vereinbarte Ziele erreicht hätte, mit dem Arbeitsgericht auch auf Zielvorgaben erstreckte, sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass besondere Umstände diese Annahme ausschließen könnten, die hier gegeben seien. Eine fiktive Zielerreichung durch den Kläger könne schon deshalb nicht als wahrscheinlich beurteilt werden, weil der Kläger in der Zielperiode, also in dem Zeitraum nach Beendigung der Probezeit bis zum 31. Dezember 2020, an insgesamt 69 Tagen arbeitsunfähig ausgefallen sei. Der Leistungszeitraum für den Bonus vom 17. Juni 2020 bis zum 31. Dezember 2020 habe aber insgesamt nur 140 Arbeitstage umfasst. Davon habe der Kläger an 27 Arbeitstagen urlaubsbedingt und an weiteren 69 Tagen krankheitsbedingt gefehlt. Insgesamt habe der Kläger in dem betreffenden Leistungszeitraum an 96 von 140 Arbeitstagen überhaupt nicht zur Verfügung gestanden, was einer Fehlzeitenquote von 69% entspreche. Selbst wenn man die Urlaubstage ausklammerte, hätte der Kläger an 69 von 113 Tagen wegen Arbeitsunfähigkeit gefehlt, was einer krankheitsbedingten Ausfallrate von 61% entspreche. Die Annahme, dass ein Arbeitnehmer, der in dem Bonuszeitraum derart massive Fehlzeiten gehabt habe und etwa nur die Hälfte der Tage verfügbar gewesen sei, fiktive andere Zielvorgaben vollständig oder auch nur zum Teil erreicht hätte, sei völlig fernliegend und widerspreche jeglichen Erfahrungen in der Arbeitswirklichkeit. Darüber hinaus erschüttere auch der Umstand, dass der Kläger die von ihm selbst vorgeschlagenen Ziele ebenfalls verfehlt habe, die falsche Annahme des Arbeitsgerichts, dass der Kläger andere Zielvorgaben, die dem Grundsatz der Billigkeit entsprochen hätten, erfüllt hätte. Das hiergegen angeführte Argument des Arbeitsgerichts, dass sie den Vorschlag des Klägers abgelehnt habe, erschließe sich nicht. Denn die gemäß § 252 BGB vorzunehmende Prognose, dass der Kläger in einem Alternativszenario die Zielvorgaben wahrscheinlich erreicht hätte, setze denklogisch eine Gegenüberstellung mit hypothetischen Zielvorgaben voraus. Hätten die Parteien die Zielvorschläge des Klägers vereinbart, wären diese Ziele nicht mehr hypothetisch, sondern Bestandteil der Zielvereinbarung selbst. Eine Gegenüberstellung der tatsächlichen mit der hypothetischen Vermögenslage wäre dann gar nicht möglich. Da der Kläger ihr die Ziele zudem selbst vorgeschlagen habe, könne es ferner nicht darauf ankommen, ob diese "Wunsch-Ziele" billigem Ermessen entsprochen hätten. Wenn der Kläger nicht einmal seine eigenen "Wunsch-Ziele" erreiche, rechtfertige dies erst recht den Schluss, dass er auch andere Zielvorgaben, die dem Grundsatz der Billigkeit entsprochen hätten, vermutlich ebenfalls verfehlt hätte. Für die Annahme des Arbeitsgerichts, dass der Kläger bei fiktiven anderen Zielvorgaben sogar die für ihn nach dem Anstellungsvertrag maximal erreichbare Tantieme verdient hätte, gebe es dagegen keine Tatsachengrundlage.

Kürzung eines etwaigen Anspruchs wegen Krankheitszeiten. Wäre ein Schadensersatzanspruch des Klägers zu bejahen, wäre dieser jedenfalls anteilig um die Zeiten, in denen der Kläger sich außerhalb des sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraums befunden habe und daher keinen Entgeltfortzahlungsanspruch gehabt habe, zu kürzen. Die Ansicht des Arbeitsgerichts, dass eine Kürzung nur bei "Entgelt für die monatlich erbrachte Arbeitsleistung" angezeigt wäre, sei unzutreffend. Sie finde in dem vom Arbeitsgericht herangezogenen Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 21. März 2001 - 10 AZR 28/00 - keine Stütze. Vielmehr habe das Bundesarbeitsgericht dort betont, dass eine Kürzung auch ohne entsprechende Kürzungsvereinbarung bei "arbeitsleistungsbezogenen Sonderzahlungen" zu erfolgen hätte. Als arbeitsleistungsbezogene Sonderzahlungen gölten nicht nur 13. Monatsgehälter oder sonstige Zuwendungen für die monatlich erbrachte Arbeitsleistung, sondern auch Sonderzahlungen, die an das Erreichen von Zielen geknüpft seien und/oder die einen wesentlichen Anteil der Gesamtvergütung ausmachten, mithin auch der hier in Rede stehende Tantieme-Anspruch. Und ebenso wie bei einem sog. 13. Monatsgehalt beziehe sich der vermeintliche Tantieme-Anspruch des Klägers auf einen konkreten Leistungszeitraum, den der Kläger auf die Zeit vom 16. Juni 2020 (Ende der Probezeit) bis zum 31. Dezember 2020 festlege. Dass dieser Leistungszeitraum sich nicht auf einen Kalendermonat, sondern auf sechseinhalb Monate erstreckt habe, könne bei der rechtlichen Bewertung keinen Unterschied ausmachen. Entscheidend sei, dass es sich um eine sog. arbeitsleistungsbezogene Sonderzahlung und damit um Arbeitsvergütung handele. Verlange ein Arbeitnehmer aber Arbeitsvergütung, müsse er entweder Arbeit verrichtet oder einer der Tatbestände vorgelegen haben, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regele. Für Zeiten, in denen ein Arbeitnehmer sich außerhalb des sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraums (§ 3 EFZG) befunden habe, komme ein Anspruch auf variable Vergütung damit von vornherein nicht in Betracht.

Die Beklagte beantragt (Sitzungsprotokoll des Landesarbeitsgerichts vom 16. Januar 2023 - Bl. 413 [376, 343] d.A.),

das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 10. Februar 2022 - 29 Ca 236/21 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und erwidert auf die Berufungsbegründung, die Beklagte unternehme auch in zweiter Instanz den untauglichen Versuch zu begründen, dass sie dem Kläger billigem Ermessen entsprechende Ziele vorgegeben hätte und an deren Erfüllung ernsthaft interessiert gewesen wäre. Dabei verkürze die Beklagte den Sachverhalt im Wesentlichen darauf, dass die einseitig vorgegebenen Ziele angemessen gewesen wären, und negiere, dass sie sich, ohne dass es auf eine Ermessensausübung ankäme, schadensersatzpflichtig gemacht habe, weil sie zum einen von vornherein nicht zur einseitigen Zielsetzung berechtigt gewesen sei, weil sie zuerst hätte verhandeln müssen, und zum anderen alles daran gesetzt habe, jede sinnvolle Zielerreichung durch ihn aktiv und vorsätzlich zu vereiteln.

Die Beklagte sei bereits in zeitlicher Hinsicht viel zu spät mit einer Zielvereinbarung an ihn herangetreten. Der Anstellungsvertrag sehe im Zusammenhang mit der Tantieme vor, dass "erstmals zum Ende der Probezeit drei Ziele vereinbart" werden sollten. § 4 Nr. 4.2 Anstellungsvertrag gebe im Hinblick auf die Tantieme eine zweistufige Vorgehensweise vor. Die Tantieme habe in einem ersten Schritt von der Vereinbarung dreier Kriterien zwischen Mitarbeiter und Gesellschaft abhängig sein sollen. Erst bei Scheitern dieser Vereinbarung habe die Beklagte in einem zweiten Schritt berechtigt sein sollen, die Ziele einseitig nach billigen Ermessen vorzugeben.

Die Tantieme habe ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Probezeit verdient werden können. Für jeden danach ohne eine Zielvereinbarung verstrichenen Tag sei die Erbringung seiner Leistung zur Erreichung von realistischen Zielen aus Gründen, die von der Beklagten zu vertreten gewesen seien, unmöglich geworden. Ausweislich der vertraglichen Regelung hätte die Beklagte die Verhandlungen über die Zielvereinbarung mit Ablauf des 16. Juni 2022 zu initiieren gehabt. Seitens der Beklagten sei diesbezüglich nichts geschehen. Er sei es gewesen, der am 25. Juni 2020 (Anlage K 3) seine Zielvereinbarung in Erinnerung gerufen habe. Auf Beklagtenseite sei dann unstreitig zunächst nichts geschehen. Die Beklagte habe bis zum 05. August 2020 benötigt, um ihn aufzufordern, seine Vorstellungen innerhalb von zwei Tagen bis zum 07. August 2020 zu übermitteln (Anlage K 11). In diesem Zeitraum sei er krank gewesen, sodass die Beklagte gewusst habe, dass er deshalb weder in der Lage noch verpflichtet gewesen sei, eine Arbeitsleistung zu erbringen, also auch keinen Vorschlag für eine Zielvereinbarung zu unterbreiten. Erst mit Schreiben vom 13. August 2020 (Anlage K 12) habe die Beklagte einen "Vorschlag" zum Abschluss einer Zielvereinbarung übermittelt. Zum damaligen Zeitpunkt möge der Beklagten noch bewusst gewesen sein, dass sie mit dem Kläger über die Ziele zu verhandeln hatte, weil sie in ihrem Schreiben vom 13. August 2020 (Anlage K 12) noch ausführe: "Sofern Sie hieraus oder zu unseren Zielvorstellungen noch Rücksprachebedarf haben, können wir uns gerne am 19.08.2020 direkt austauschen." Am 19. August 2020 habe die Beklagte jedoch entgegen ihrer Ankündigung mit ihm nicht über seine Ziele gesprochen, sondern ihm seinen Laptop weggenommen und ihn in ein Büro ohne Arbeitsausstattung gesperrt. Dagegen habe er am 19. August 2020, dem ersten Tag seiner Arbeitsfähigkeit, unverzüglich reagiert und der Beklagten seine Vorstellungen für eine Zielvereinbarung übermittelt und zu seinem Vorschlag die Beklagte um Rückmeldung gebeten (Anlage K 18). Damit habe er eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er bereit gewesen sei, über die Zielvereinbarung zu verhandeln, in der Erwartung, dass die Beklagte mit ihm über die unterschiedlichen Vorstellungen sprechen würde. Die Beklagte habe jedoch jede sinnvolle Verhandlung über die Zielvereinbarung verweigert und erst am 26. August 2020, mithin mehr als zwei Monate nach der eigentlichen Frist zur Vereinbarung von drei Zielen, vertragswidrig eine einseitige Zielvorgabe vorgelegt. Dass die Beklagte nicht bereit gewesen sei, über die Ziele zu verhandeln, ergebe sich zunächst aus dem Wortlaut ihres Schreibens vom 26. August 2020 (Anlage K 41): "[...] lehnen wir ihren Gegenvorschlag zu einer Zielvereinbarung ab und machen von unserem vertraglichen Recht Gebrauch, die Ziele nach billigem Ermessen einseitig festzulegen." Die mit Schreiben der Beklagten vom 13. August 2020 noch "vorgeschlagenen" Ziele (Anlagen K 12 und K 13) seien nunmehr mit neuer Erledigungsfrist unverändert einseitig festgelegt worden. Dabei habe die Beklagte gewusst, dass diese Ziele weder in der alten noch in der neuen Frist erreichbar sein würden, dieses in der schon bis zu diesem Zeitpunkt und bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses intensiv gelebten Absicht, alles zu tun, um ihn daran zu hindern, an diesem Projekt und damit auch an seinen Zielen auch nur einen Handschlag zu arbeiten. Sein Gegenvorschlag, die Ziele auch vergangenheitsbezogen zu definieren, hätte dazu beigetragen, die Unterlassung der Beklagten, bereits ab dem 16. Juni 2020 mit ihm über eine Zielvereinbarung zu verhandeln, zu heilen. Die Weigerung der Beklagten, diesen im Verhandlungswege möglichen Weg mitzugehen, habe dazu geführt, dass die Zielerreichung für ihn aus Gründen, die die Beklagte zu vertreten habe, unmöglich geworden sei.

Das Arbeitsgericht habe - aus dessen Sicht folgerichtig - seinen umfangreichen Vortrag zu den vorsätzlichen Vereitelungshandlungen der Beklagten nicht mehr gewürdigt, weil es bereits an einer früheren Stufe der rechtlichen Prüfung zum zutreffenden Ergebnis gelangt sei. Gleichwohl sei in Erinnerung gerufen, dass sich der Sachverhalt nicht darauf beschränke, dass die Beklagte nicht über Ziele verhandelt und/oder zu Recht oder zu Unrecht irgendwelche Ziele vorgegeben habe, sondern dass im Hintergrund noch das von der Beklagten weder in der ersten Instanz noch in der Berufung ernsthaft in Abrede gestellte Verhalten der Beklagten ihm gegenüber im Zusammenhang mit der Führung des Arbeitsverhältnisses stehe, das ihn an jeder sinnvollen Arbeit an welchen Zielen auch immer gehindert habe. Schon das Unterlassen, Verhandlungen mit ihm zu führen, begründe seinen Schadenersatzanspruch. Ebenso die ausführlich dargelegten Vereitelungshandlungen. Auf die Ausführungen in der Klageschrift (ab Seite 21 unten) werde verwiesen. Auf die Frage, ob die später von der Beklagten gesetzten Ziele billigem Ermessen entsprochen hätten, komme es damit nicht an. Die Beklagte hätte es möglicherweise in die Hand gehabt, durch eine andere vertragliche Vereinbarung die Zielerreichung ohne vorherige Verhandlungen unter ihr billiges Ermessen zu stellen. Das habe sie aber nicht getan. Sie habe den zeitlichen Beginn für den Lauf der variablen Vergütung auf den Zeitpunkt nach Ablauf der Probezeit festgelegt und ausdrücklich Verhandlungen über die Ziele vorgegeben. Wenn sich die Beklagte nicht an ihren eigenen Vertrag halte, handele sie pflichtwidrig. Dies gehe nicht zu seinen Lasten.

Auch die Ausführungen, mit denen die Beklagte versuche, ihre vertragswidrig einseitige Festlegung der Ziele als billigem Ermessen entsprechend darzustellen und damit von der eigentlichen Problematik abzulenken, lägen neben der Sache. Ein einfacher Blick in die von der Beklagten vorgelegten Zielvorgabe (Anlage K 41), die gerade keine "Zielvereinbarung" sei, zeige, dass es - jedenfalls nach deren Wortlaut - auf keinen Fall darum habe gehen können, ein grobes Konzept vorzulegen. Diese Ziele seien für niemanden erfüllbar gewesen.

Die Zielvorgabe der Beklagten (Anlage K 41) verlange im ersten Punkt ein "ausgearbeitetes Geschäftskonzept zum Einsatz der Containerschiffe" und "die Beschreibung des Geschäftsmodells und der konkreten Geschäftsabläufe vom Erwerb der Containerschiffe, deren Umbau und Entwicklung der Spezialcontainer, der Personaleinsatzplanung [...] bis hin zum Dienstleistungsangebot vor Ort, unterteilt nach Einsatz in Katastrophen- und akuten Hilfsgebieten, allgemeinen Bedarfsgebieten für mobile Hospitäler und Tourismusgebieten." Allein in diesem ersten Satz liege die Vorgabe, dass er ein "ausgearbeitetes Geschäftskonzept" für den Einsatz der noch nicht existenten Schiffe, der aus allen Teilen der Welt zu rekrutierenden Besatzungen und dieses unter unterschiedlichen Nutzungsbedingungen überall auf der Welt hätte vorlegen sollen. Es sei unstreitig, dass mit diesem Projekt Neuland habe betreten werden sollen. Er hätte nahezu jede einzelne Information neu generieren und/oder aus jedem Ort der Welt beschaffen müssen. Für solch elementare Fragen wie den Brandschutz und die Versicherungen sei er auf die Zuarbeit von Versicherungen und Behörden angewiesen gewesen, auf deren Arbeitstempo er keinen Einfluss gehabt hätte. Als er noch habe arbeiten dürfen, habe sich das Problem eröffnet, dass es für ein Schiff unterschiedliche Anforderungen an die Sicherheitsbestimmungen, insbesondere den Brandschutz und an die Versicherungen gegeben habe, je nachdem, ob das Schiff auf dem Meer unterwegs gewesen sei (dann Schiff) oder stationär in einem Hafen gelegen habe (dann analog einem Krankenhausgebäude). Es liege auf der Hand, dass bereits dieses erste so formulierte Ziel, das im Wesentlichen die Erfüllung der kompletten Arbeitsaufgabe in etwas weniger als drei Monaten vorgesehen habe, nicht erreichbar gewesen sei. Der erste Punkt der Zielvorgabe verlange dann weiter die "kaufmännische Ein- und Ausgabenkalkulation der Leistungskette pro jeweilig erworbenem Containerschiff vom Erwerb, dem Einsatz als Containerschiff bis zu seinem Umbau, dem Umbau selbst unter Berücksichtigung der zu erwerbenden und auszustattenden Container, bis hin zu einem ersten Einsatz als Hospitalschiff, unter der Annahme, dass der erste Einsatz im Dezember 2020 erfolgt mit kalkulatorischer Gewinnermittlung pro Schiff im Fall seiner Vermietung und Erstellung des Personals und der kompletten Dienstleistung für die jeweiligen Konstellationen." Als man ihm ab dem 26. Juni 2020 den Zugang zu seinem Account und damit zu allen seinen bisherigen Informationen selbst in der Zeit seiner Erkrankung abgeschnitten habe, habe das Projekt sowohl technisch wie auch kaufmännisch am Anfang gestanden und sei in nahezu allen Bereichen "Neuland" gewesen. Nur eines der vielen erheblichen technischen Probleme, die er noch aktiv mitbekommen habe, bevor man ihn von allen Informationen und jeder Korrespondenz abgeschnitten habe, an deren Lösung die Projektgesellschaft zu arbeiten gehabt habe, die aber für die von ihm zu leistenden Kalkulationen erheblich gewesen seien, habe darin bestanden, dass die chinesische Werft darauf hingewiesen habe, dass die Traglast des Schiffskörpers zu gering für die geplanten Aufbauten wäre. Das Schiff wäre - vereinfacht ausgedrückt - oben zu schwer geworden, sodass die Gefahr eines "Umkippens" bestanden hätte. Eine Lösung, die darin bestanden hätte, das Schiff auch unten - quasi als Gegengewicht - schwerer zu machen, hätte zur Folge gehabt, dass das Schiff entweder insgesamt zu schwer geworden und gesunken wäre oder dass man alternativ auf einen Teil der Hospital-Containeraufbauten hätte verzichten müssen, was nicht gewünscht gewesen sei. Vor dem Hintergrund, dass bereits im Zeitpunkt der eigentlich geschuldeten Zielvereinbarung und erst recht im August 2020 (einseitige Zielvorgabe an ihn) erhebliche technische Probleme bezüglich des Umbaus des ersten Schiffes bekannt geworden seien, sei es schlicht unrealistisch, dass ein erster Einsatz im Dezember 2020 hätte erfolgen können. Schon gar nicht sei es möglich gewesen, die im Raum stehenden Mehrkosten auch nur größenordnungsmäßig zu erfassen. Allein die Vorgabe an ihn, die kaufmännische Ein- und Ausgabenseite ohne jede Grundlage, was der Umbau auch nur eines Schiffes realistisch kosten werde, zu kalkulieren, mache die Vorgabe in der "Zielvereinbarung" unangemessen. Das habe aber nicht nur den Umbau der Schiffe betroffen, sondern auch die gesamte Kalkulation für die notwendigen Container-Module, in denen die jeweiligen medizinischen Stationen hätten untergebracht werden sollen und für die zu den genannten Zeitpunkten außer der Idee noch nichts Konkretes vorgelegen habe. Gleichwohl habe die Beklagte in ihrer Zielvorgabe ohne jegliche Präzedenzwerte eine "Ein- und Ausgabekalkulation für alles verlangt, was noch zusätzlich zum Umbau der Schiffe an Kosten anfallen werde.

Unter Punkt 2 der Zielvorgabe sei von ihm "die Errichtung der kompletten Organisation zum Betrieb der Schiffe" abverlangt worden, woran deutlich werde, dass Ziele hätten gesetzt werden sollen, die objektiv nicht erfüllbar gewesen seien. Er hätte danach ohne Kenntnis der tatsächlich umgesetzten medizinischen Aufbauten der Schiffe für alle Eventualitäten zu kalkulieren gehabt, welches in Schichten wechselnde Personal (Ärzte, Krankeschwestern, Laborpersonal bis hin zum Hilfspersonal und der Besatzung des jeweiligen Schiffes) erforderlich gewesen wäre und was dieses Personal an beliebigen Orten der Welt kosten würde.

Unter Punkt 3 der Zielvereinbarung gehe es um die "Entwicklung eines Versicherungskonzeptes", womit jedoch nicht die Versicherung für die Schiffe gemeint gewesen sei, was unter Punkt 1 der Zielvorgabe gefallen sei. Hinter diesem Ziel habe das Konzept gestanden, wie man laufende Einnahmen unabhängig von den eher zufällig auftretenden Naturkatastrophen, Kriegen, etc. hätte generieren können. Die Idee sei gewesen, dass durch Naturkatastrophen besonders gefährdete Regionen regelmäßig dafür hätten bezahlen sollen, das Recht zu haben, im Katastrophenfall auch sofort ein Hospitalschiff gestellt zu bekommen. Auch hier habe die Zielvereinbarung eine sehr tief gehende Detaillierung in Gestalt einer "entsprechenden Kosten-Nutzen-Kalkulation" verlangt. Er hätte kalkulieren sollen, wie hoch die "Versicherungsprämie" für ein "gefährdetes" Land hätte sein müssen, damit sich das Konzept für die Beklagte gerechnet hätte, dieses anhand von nicht bekannten Ausgangsparametern im Hinblick auf Baukosten, Unterhaltungskosten und Personalkosten, und dieses innerhalb eines Zeitraumes zwischen Ende August und explizit dem 21. Dezember 2020 und dieses alles aus einem Büro mit minimalistischem technischem Equipment heraus. Soweit die Beklagte die einzelnen Punkte ihrer Zielvorgabe nun bagatellisierend beschreibe, um die vermeintliche Erreichbarkeit dieser Ziele zu belegen, fänden sich im Text der Zielvorgaben (Anlage K 41) die in der Berufungsbegründung vorgetragenen Einschränkungen und Relativierungen nicht wieder. Es werde seinen Grund haben, dass bis heute kein einziges der geplanten Schiffe im Einsatz sei. Das hätte sich möglicherweise im Rahmen einer Verhandlung zwischen den Parteien über die Zielvereinbarung klären lassen. Zu dieser Verhandlung sei es aber aus Gründen, die ausschließlich die Beklagte zu vertreten habe, nicht gekommen.

Hätte die Beklagte unmittelbar nach Ende der Probezeit nach dem 16. Juni 2020 mit ihm zielführende Gespräche über eine Zielvereinbarung geführt, und ihn danach in seinem gewohnten Umfeld und mit den gewohnten Hilfsmitteln arbeiten lassen, hätte er angemessene und realistische Ziele auch erreicht. Indem die Beklagte ihn - jedenfalls ab dem 16. Juni 2020 - an jeder vernünftigen Arbeit gehindert habe, komme es auf die hypothetische Frage, was geschehen wäre, wenn er in der Zeit danach nicht krank geworden oder wenn die Zielvereinbarung zu einem früheren Zeitpunkt getroffen worden wäre, nicht an. Denn es bestehe die sichere Gewissheit, dass die Beklagte ihn auch bei einer früheren Genesung den ab dem 04. August 2020 beschriebenen Schikanen ausgesetzt hätte. Er habe unwidersprochen vorgetragen, dass die Beklagte ihm den Zugang zu seinen Arbeitsmitteln bereits ab dem 28. Juni 2020 abgeschnitten habe. Es hätte deswegen keinen Unterschied gemacht, ob er nicht krank geworden wäre, weil er den seit dem 04. August 2020 gelebten Schikanen der Beklagten dann schon zu einem früheren Zeitpunkt ausgesetzt gewesen wäre. Seine konsequente Behinderung an der Erbringung seiner Arbeitsleistung während des gesamten Restjahres ab dem Tag seiner Genesung durch die Beklagte sei ein sicheres Indiz dafür, dass genau diese Beeinträchtigungen von der Beklagten auch im Falle seiner früheren Genesung gelebt und umgesetzt worden wären.

Hinsichtlich des ergänzenden Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird verwiesen auf die Berufungsbegründung vom 03. Juni 2022 (Bl. 343 d.A.), die Berufungsbeantwortung vom 06. Juli 2022 (Bl. 359 d.A.) und den Schriftsatz der Beklagten vom 27. September 2022 (Bl. 372 d.A.) sowie - nach dem Hinweisbeschluss des Landesarbeitsgerichts vom 05. Oktober 2022 (Bl. 378 d.A.) - auf die Schriftsätze der Beklagten vom 18. November 2022 (Bl. 386 d.A.), des Klägers vom 22. Dezember 2022 (Bl. 394 d.A.) und der Beklagten vom 10. Januar 2023 (Bl. 410 d.A.). Wegen des Sachvortrags der Parteien und der von ihnen überreichten Unterlagen, ihrer Beweisantritte und ihrer Rechtsausführungen im Übrigen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt einschließlich der Sitzungsprotokolle Bezug genommen (§ 69 Abs. 2 und 3 ArbGG).

Entscheidungsgründe

A.

Die Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg. Sie ist zulässig, aber nur teilweise begründet und im Übrigen unbegründet.

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt sowie begründet worden (§ 64 Abs. 1, 2 und 6, § 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 519 Abs. 1 und 2, § 520 Abs. 1 und 3, § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

II. Die Berufung ist teilweise begründet, weil die zulässige Klage nur teilweise begründet und im Übrigen unbegründet ist. Der Kläger hat gegen die Beklagte wegen nicht abgeschlossener Zielvereinbarung einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe einer anteiligen Tantieme in Höhe von lediglich 82.607,14 € brutto (§ 280 Abs. 1 und 3 BGB i.V.m. § 283 Satz 1, § 252 BGB) nebst gesetzlichen Zinsen seit dem 21. Juli 2021.

1. Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, kann der Gläubiger nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB Ersatz des hieraus entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Nach § 280 Abs. 3 BGB kann der Gläubiger Schadensersatz statt der Leistung allerdings nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281 BGB, des § 282 BGB oder des § 283 BGB verlangen. Insoweit bestimmt § 283 Satz 1 BGB, dass der Gläubiger, sofern der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis Abs. 3 BGB nicht zu leisten braucht, unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen kann (BAG, Urteil vom 17. Dezember 2020 - 8 AZR 149/20 -, Rn. 29).

2. Die Beklagte hat ihre nach § 4 Nr. 4.2 Satz 3 Arbeitsvertrag bestehende Pflicht verletzt, mit dem Kläger für die Zeit nach Ablauf der Probezeit eine jährliche Zielvereinbarung auf eine "erfolgsabhängige variable Vergütung (Tantieme)" zu schließen.

a) Die Beklagte war verpflichtet, mit dem Kläger erstmals zum Ende der Probezeit eine jährliche Zielvereinbarung zu schließen. Dies ergibt die Auslegung des Arbeitsvertrags.

aa) Der Arbeitsvertrag der Parteien ist ein Formularvertrag im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil er einseitig von der Beklagten dem Kläger gestellt worden ist. So hat die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 17. Januar 2020 (Anlage K 90 - Bl. 401 d.A.) mitgeteilt, sie werde alsbald den ordentlichen, üblichen Anstellungsvertrag ausfertigen, der gerade von ihrer Rechtsabteilung formuliert werde. Als Formularvertrag ist er nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Grundsätzen auszulegen.

bb) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist (BAG, Urteil vom 17. Dezember 2020 - 8 AZR 149/20 -, Rn. 33, m.w.N.).

cc) Die Auslegung von § 4 Nr. 4.2 Arbeitsvertrag nach diesen Grundsätzen ergibt, dass die Beklagte dem Kläger nach Ablauf der in § 13 Nr. 13.2 Arbeitsvertrag bestimmten Probezeit von drei Monaten zusätzlich zu der in § 4 Nr. 4.1 Arbeitsvertrag geregelten Vergütung eine kalenderjährliche erfolgsabhängige variable Vergütung (Tantieme) schuldete, wobei die Bestimmungen über die Voraussetzungen, die Höhe und die Auszahlung dieser zusätzlichen Vergütungen von den Parteien im Wege einer Zielvereinbarung zu treffen waren.

(1) Der Arbeitsvertrag regelt insoweit, dass die Festlegung einer Tantieme und deren Höhe von dem Erreichen von Zielen abhängen, deren drei wesentliche Kriterien jedes Jahr, erstmals zum Ende der Probezeit, zwischen den Parteien vereinbart werden (§ 4 Nr. 4.2 Satz 3 Arbeitsvertrag).

(2) Die Bestimmungen über die Voraussetzungen, die Höhe und die Auszahlung der erfolgsabhängigen variablen Vergütung waren nach § 4 Nr. 4.2 Satz 3 Arbeitsvertrag nicht einseitig von der Beklagten im Wege von Zielvorgaben, sondern von den Parteien im Wege einer Zielvereinbarung zu treffen.

(a) Zielvereinbarungen und Zielvorgaben unterscheiden sich grundlegend. Bei Zielvereinbarungen sind nach der vertraglichen Regelung die Ziele, von deren Erfüllung die Bonuszahlung abhängt, von den Arbeitsvertragsparteien gemeinsam festzulegen. Hingegen werden Zielvorgaben allein vom Arbeitgeber getroffen, dem dafür ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB eingeräumt wird (BAG, Urteil vom 17. Dezember 2020 - 8 AZR 149/20 -, Rn. 37; BAG, Urteil vom 12. Dezember 2007 - 10 AZR 97/07 -, Rn. 16).

(b) Für eine Auslegung von § 4 Nr. 4.2 Satz 3 Arbeitsvertrag dahin, dass die Be-stimmungen über die Voraussetzungen, die Höhe und die Auszahlung der erfolgsabhängigen variablen Vergütung im Wege einer zwischen den Parteien abzuschließenden Zielvereinbarung zu treffen waren, spricht bereits der Wortlaut der Klausel, in der es heißt: "Die Festlegung einer Tantieme und deren Höhe hängen von dem Erreichen von Zielen ab, deren drei wesentliche Kriterien jedes Jahr, erstmals zum Ende der Probezeit, zwischen dem Mitarbeiter und der Gesellschaft vereinbart werden." Danach wurde nicht vereinbart, dass ausschließlich die Beklagte die Bestimmungen träfe oder einseitig vorgäbe, sondern die Parteien gemeinsam. Dies wird bestätigt durch die hierzu im scheinbaren Widerspruch stehende Regelung des Folgesatzes, in dem es heißt (§ 4 Nr. 4.2 Satz 4 Arbeitsvertrag): "Sollten die drei Kriterien nicht zwischen dem Mitarbeiter und der Gesellschaft vereinbart werden, werden diese seitens der Gesellschaft nach billigem Ermessen vorgegeben." Zwar enthält dieser Folgesatz die weitere Vereinbarung einer Zielvorgabe, dies aber lediglich nachrangig gegenüber dem zunächst von den Parteien zu unternehmenden Versuch, Ziele mit drei wesentlichen Kriterien jährlich gemeinsam zu vereinbaren. Erst wenn diese drei Kriterien zwischen den Parteien nicht vereinbart werden, soll die Beklagte diese Kriterien nach billigem Ermessen vorgeben, mithin einseitig bestimmen dürfen. Damit unterscheiden die Regelungen in § 4 Nr. 4.2 Satz 3 und 4 Arbeitsvertrag sehr bewusst zwischen einer vorrangigen Zielvereinbarung der Parteien und einer nachrangigen Zielvorgabe durch die Beklagte. Dieses differenzierende Verständnis wird weiter bestätigt durch § 4 Nr. 4.2 Satz 5 Arbeitsvertrag, wonach die Tantieme "je nach Erreichungsgrad der vereinbarten oder vorgegebenen Ziele durch den Arbeitgeber nach seinem Ermessen fixiert" wird.

(c) Allerdings stehen die Regelungen in § 4 Nr. 4.2 Satz 3 und 4 Arbeitsvertrag nur in einem scheinbaren Widerspruch zueinander, weil selbst für den Fall, dass es zu keiner vorrangigen einvernehmlichen Vereinbarung von Zielen und deren drei wesentlichen Kriterien zwischen den Parteien kommen sollte, die Beklagte nicht berechtigt wäre, diese Kriterien nach billigem Ermessen einseitig zu bestimmen. Denn die Regelung in § 4 Nr. 4.2 Satz 4 Arbeitsvertrag über eine nachrangige, ersatzweise Zielvorgabe durch die Beklagte ist unwirksam. Sie benachteiligt den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, weil die Bestimmung nicht klar und verständlich ist (§ 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB). Es fehlt die erforderliche Bestimmung von rechtlichen Voraussetzungen dafür, wann die Ziele zwischen den Parteien als "nicht vereinbart" gelten sollen, sodass die Beklagte nachrangig auf die einseitige Vorgabe von Zielen ausweichen könnte. Solche inhaltlichen Voraussetzungen fehlen in § 4 Nr. 4.2 Arbeitsvertrag völlig. Ihre Bestimmung ist aber erforderlich, weil anderenfalls unklar bliebe, ob die Parteien eine Zielvereinbarung oder eine Zielvorgabe vereinbart haben, die jeweils unterschiedliche tatbestandliche Voraussetzungen und Rechtsfolgen haben. Wäre es der Beklagten "ohne weiteres" gestattet, ohne jede ernsthafte Verhandlung über eine gemeinsam zu treffende Zielvereinbarung das Bemühen hierum zu unterlaufen, liefe auch die Bestimmung über eine vorrangig abzuschließende Zielvereinbarung leer. Die Beklagte könnte die Verhandlung von Zielen grundlos verweigern, um sogleich die Ziele einseitig vorgeben zu können. Dies entspräche aber nicht der in § 4 Nr. 4.2 Satz 3 und 4 Arbeitsvertrag bestimmten Reihenfolge von dem vorrangigen Bemühen um eine Zielvereinbarung und erst nach deren Scheitern dem nachrangigen Recht der Beklagten, die Ziele einseitig vorzugeben. Die Unwirksamkeit der Bestimmung über die Zielvorgabe führt dazu, dass allein die Grundsätze über die Durchführung und das Scheitern einer Zielvereinbarung anzuwenden sind.

b) Die Beklagte hat ihre Pflicht aus § 4 Nr. 4.2 Satz 3 Arbeitsvertrag schuldhaft verletzt, mit dem Kläger für die Zeit nach dem Ablauf der 3-monatigen Probezeit eine jährliche Zielvereinbarung zu schließen. Denn bis zum Ablauf der maßgebenden Zielperiode, dies wäre mit Ablauf des 15. Juni 2021 gewesen, allerdings abgekürzt durch die Eigenkündigung des Klägers zum Ablauf des 31. Dezember 2020, ist keine Zielvereinbarung zwischen den Parteien zustande gekommen, die es dem Kläger ermöglicht hätte, bei Erfüllung von deren Voraussetzungen die erfolgsabhängige variable Vergütung zu verdienen. Bei der Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB wird das Verschulden des pflichtwidrig handelnden Schuldners vermutet (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB).

3. Der Kläger kann von der Beklagten den Ersatz des Schadens verlangen, der dadurch eingetreten ist, dass die Beklagte ihrer Verpflichtung, für die Zeit nach dem Ablauf der 3-monatigen Probezeit eine jährliche Zielvereinbarung zu schließen, schuldhaft nicht nachgekommen ist (§ 280 Abs. 1 und 3 BGB i.V.m. § 283 BGB).

a) Zwar tritt der Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB - im Gegensatz zu den Ansprüchen aus den §§ 281 bis 283 BGB - nicht an die Stelle, sondern neben den Erfüllungsanspruch. Um einen Erfüllungsanspruch geht es aber nicht, wenn der Arbeitnehmer - wie hier - nach Ablauf der Zielperiode den ihm für den Fall der Zielerreichung zugesagten Bonus verlangt. Der Kläger beansprucht nicht die gemeinsame Festlegung von Zielen und verfolgt damit nicht einen Erfüllungsanspruch. Er begehrt vielmehr Schadensersatz statt der Leistung. Dieser steht ihm gemäß § 280 Abs. 3 BGB nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen u. a. des § 283 BGB zu. Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen seine arbeitsvertragliche Verpflichtung, mit dem Arbeitnehmer für eine Zielperiode Ziele festzulegen, an deren Erreichen eine Bonuszahlung geknüpft ist, löst jedenfalls nach Ablauf der Zielperiode nach § 280 Abs. 3 BGB i.V.m. § 283 Satz 1 BGB grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch aus (BAG, Urteil vom 17. Dezember 2020 - 8 AZR 149/20 -, Rn. 45; BAG, Urteil vom 12. Dezember 2007 - 10 AZR 97/07 -, Rn. 46).

Nach Ablauf der Zeit, für die ein Arbeitgeber mit einem Arbeitnehmer Ziele zu vereinbaren hatte, ist die Festlegung von Zielen nicht mehr möglich. Eine Zielvereinbarung, die bei Zielerreichung einen Anspruch des Arbeitnehmers auf einen Bonus begründet, kann entsprechend dem Leistungssteigerungs- und Motivationsgedanken ihre Anreizfunktion nur dann erfüllen, wenn der Arbeitnehmer bereits bei der Ausübung seiner Tätigkeit die von ihm zu verfolgenden Ziele kennt und weiß, auf das Erreichen welcher persönlicher und/oder unternehmensbezogener Ziele der Arbeitgeber in dem jeweiligen Zeitraum besonderen Wert legt und deshalb bereit ist, bei Erreichen dieser Ziele den zugesagten Bonus zu zahlen. Eine dem Leistungssteigerungs- und Motivationsgedanken und damit dem Sinn und Zweck einer Zielvereinbarung gerecht werdende Aufstellung von Zielen für einen vergangenen Zeitraum ist nicht möglich. Die Festlegung von Zielen wird spätestens mit Ablauf der Zielperiode unmöglich im Sinne von § 275 Abs. 1 BGB, sodass der Arbeitnehmer nach § 280 Abs. 1 und 3 BGB i.V.m. § 283 Satz 1 BGB statt der Festlegung von Zielen Schadensersatz verlangen kann (BAG, Urteil vom 17. Dezember 2020 - 8 AZR 149/20 -, Rn. 46; BAG, Urteil vom 12. Dezember 2007 - 10 AZR 97/07 -, Rn. 47).

b) Im Streitfall sind die zusätzlichen Voraussetzungen des § 283 BGB erfüllt. Die maßgebende Zielperiode - die Zeit vom 16. Juni 2020 bis zum 15. Juni 2021, vorzeitig abgekürzt mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Eigenkündigung des Klägers zum 31. Dezember 2020 - ist abgelaufen, ohne dass es zu einer Zielvereinbarung gekommen wäre. Da die Anreizfunktion der Zielvereinbarung mit Ablauf der Zielperiode nicht mehr erreicht werden kann, ist Unmöglichkeit im Sinne von § 283 Satz 1 BGB eingetreten.

4. Der Höhe nach beläuft sich der von der Beklagten dem Kläger zu ersetzende Schaden auf 82.607,14 € brutto. Zwar ist dem Kläger infolge der Pflichtverletzung der Beklagten eine erfolgsabhängige variable Vergütung (Tantieme) wegen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2020 in lediglich anteiliger Höhe von (180.000,00 € x 6,5/12 =) 97.500,00 € brutto entgangen. Der ersatzfähige Schaden beträgt unter Nichtberücksichtigung von acht Arbeitstagen (180.000,00 € x 1/12 x 8/21 =) 5.714,29 € brutto sowie unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils des Klägers von 10% aber nur (91.785,71 € x 90% =) 82.607,14 € brutto.

a) Der Umfang des zu ersetzenden Schadens richtet sich nach den §§ 249 ff. BGB. Nach § 252 Satz 1 BGB umfasst der zu ersetzende Schaden auch den entgangenen Gewinn. Dazu gehört auch entgangener Verdienst aus abhängiger Arbeit und damit auch eine Bonuszahlung. Als entgangen gilt gemäß § 252 Satz 2 BGB der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. § 252 Satz 2 BGB enthält für den Geschädigten eine den § 287 ZPO ergänzende Beweiserleichterung. Der Geschädigte hat nur die Umstände darzulegen und in den Grenzen des § 287 ZPO zu beweisen, aus denen sich nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge oder den besonderen Umständen des Falls die Wahrscheinlichkeit des Gewinneintritts ergibt. Da die Beweiserleichterung der § 252 BGB, § 287 ZPO auch die Darlegungslast derjenigen Partei mindert, die Ersatz des entgangenen Gewinns verlangt, dürfen insoweit keine zu strengen Anforderungen gestellt werden (BAG, Urteil vom 17. Dezember 2020 - 8 AZR 149/20 -, Rn. 50; BAG, Urteil vom 12. Dezember 2007 - 10 AZR 97/07 -, Rn. 48). Dem Anwendungsbereich des § 287 Abs. 1 ZPO unterliegen sowohl die Feststellung des Schadens als auch dessen Höhe. Die Vorschrift dehnt für die Feststellung der Schadenshöhe das richterliche Ermessen über die Schranken des § 286 ZPO aus. Das Gesetz nimmt in Kauf, dass das Ergebnis der Schätzung mit der Wirklichkeit vielfach nicht übereinstimmt. Allerdings soll die Schätzung möglichst nahe an diese heranführen (BAG, Urteil vom 17. Dezember 2020 - 8 AZR 149/20 -, Rn. 51; BAG, Urteil vom 12. Dezember 2007 - 10 AZR 97/07 -, Rn. 49).

b) Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Arbeitnehmer vereinbarte Ziele erreicht hätte, wenn nicht besondere Umstände diese Annahme ausschließen. Solche besonderen Umstände hat der Arbeitgeber darzutun und gegebenenfalls zu beweisen (BAG, Urteil vom 17. Dezember 2020 - 8 AZR 149/20 -, Rn. 53; BAG, Urteil vom 12. Dezember 2007 - 10 AZR 97/07 -, Rn. 50). Ist allerdings eine Zielerreichung wegen Arbeitsunfähigkeit beeinträchtigt oder unterblieben, muss danach unterschieden werden, ob für diese Zeiten Entgeltfortzahlung geschuldet wird oder nicht. Soweit der Arbeitnehmer die Zielerreichung wegen Ausfallzeiten ohne Entgeltfortzahlungsanspruch verfehlt, kann er keine Ansprüche geltend machen. Soweit dies auf Zeiten mit Entgeltfortzahlungsansprüchen beruht, kann der Arbeitnehmer aufgrund des zwingenden Charakters der Entgeltfortzahlung verlangen, so gestellt zu werden, als sei er nicht arbeitsunfähig krank gewesen (Küttner/Griese, Personalbuch, 29. Aufl., "Zielvereinbarung", Rn. 17). Im Streitfall ist als Kürzungszeitraum für Arbeitsunfähigkeit ohne Entgeltfortzahlungsanspruch die Zeit vom 07. bis 18. August 2020 im Umfange von acht Arbeitstagen zum Nachteil des Klägers zu berücksichtigen. Um den zweiten Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit des Klägers vom 28. September 2020 bis zum 05. Oktober 2020 ist der Anspruch des Klägers nicht zu kürzen, weil es sich um eine neue Erkrankung gehandelt hat. Auch hinsichtlich der Freistellung wegen Corona vom 26. Oktober 2020 bis zum 08. November 2020 ist der Anspruch nicht zu kürzen, weil nicht der Kläger an Corona erkrankt war, sondern eine andere Mitarbeiterin der Beklagten und es sich lediglich um eine Vorsichtsmaßnahme der Beklagten zu ihrem Nachteil gehandelt hat. Auch um die Zeit vom 19. November 2020 bis zum 31. Dezember 2020, in welcher der Kläger den ihm rechtlich zustehenden Urlaub genommen hat, ist der Anspruch nicht zu kürzen.

c) Ferner ist nach § 254 Abs. 1 BGB ein Mitverschuldensanteil des Klägers von 10% anspruchsmindernd zu berücksichtigen.

aa) Ist in der Rahmenvereinbarung nicht ausdrücklich geregelt, dass der Arbeitgeber die Initiative zur Führung eines Gesprächs mit dem Arbeitnehmer über eine Zielvereinbarung zu ergreifen hat, und führt auch die Auslegung der Bonusregelung nicht zu einer alleinigen Pflicht des Arbeitgebers, die Verhandlungen über die Zielvereinbarung einzuleiten, ist bei einer nicht zustande gekommenen Zielvereinbarung nicht stets davon auszugehen, dass nur der Arbeitgeber die Initiative zu ergreifen und aufgrund seines Direktionsrechts ein Gespräch mit dem Arbeitnehmer über mögliche Ziele und deren Gewichtung anzuberaumen hatte. Vielmehr muss in einem solchen Fall auch der Arbeitnehmer die Verhandlungen über die Zielvereinbarung anregen. Insoweit reicht es allerdings aus, wenn er den Arbeitgeber zu Verhandlungen über die Zielvereinbarung auffordert (BAG, Urteil vom 17. Dezember 2020 - 8 AZR 149/20 -, Rn. 61; BAG, Urteil vom 12. Dezember 2007 - 10 AZR 97/07 -, Rn. 52 f.). Beruht das Nichtzustandekommen einer Zielvereinbarung auf Gründen, die sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer zu vertreten haben, ist ein Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers wegen der entgangenen erfolgsabhängigen Vergütung nicht ausgeschlossen. Trifft auch den Arbeitnehmer ein Verschulden daran, dass eine Zielvereinbarung unterblieben ist, ist dieses Mitverschulden des Arbeitnehmers nach § 254 BGB angemessen zu berücksichtigen (BAG, Urteil vom 17. Dezember 2020 - 8 AZR 149/20 -, Rn. 62; BAG, Urteil vom 12. Dezember 2007 - 10 AZR 97/07 -, Rn. 54).

bb) Danach trifft den Kläger ein Mitverschulden am Nichtzustandekommen einer Zielvereinbarung, das mit 10% anspruchsmindernd zu berücksichtigen ist.

(1) In § 4 Nr. 4.2 Arbeitsvertrag ist nicht ausdrücklich geregelt, dass die Beklagte als Arbeitgeberin die Initiative zur Führung eines Gesprächs mit dem Kläger über eine Zielvereinbarung zu ergreifen hat. Auch die Auslegung der Bestimmung führt nicht zu einer alleinigen Pflicht der Beklagten, die Verhandlungen über die Zielvereinbarung einzuleiten. Insoweit heißt es dort nur, dass die Festlegung einer Tantieme und deren Höhe von dem Erreichen von Zielen abhängen, deren drei wesentliche Kriterien jedes Jahr, erstmals zum Ende der Probezeit, zwischen dem Mitarbeiter und der Gesellschaft vereinbart werden (§ 4 Nr. 4.2 Satz 3 Arbeitsvertrag). Danach kann die Initiative für eine solche Regelung grundsätzlich von jeder Seite des Arbeitsvertrags ausgehen. Da der Kläger bis zum Ende der Probezeit Verhandlungen über eine Zielvereinbarung nicht angeregt hat, sondern völlig untätig geblieben ist, trifft ihn an dem Nichtzustandekommen einer Zielvereinbarung ein Mitverschulden.

(2) Der als angemessen anspruchsmindernd zu berücksichtigende Mitverschuldensanteil des Klägers beträgt 10%. Insoweit wirkt sich aus, dass der Arbeitnehmer, wenn er auch die Verhandlungen über die Zielvereinbarung anzuregen hat, dem Arbeitgeber keine möglichen Ziele nennen muss und dass bei den Verhandlungen über eine Zielvereinbarung in der Regel zunächst der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mögliche Ziele vorschlägt, auf die er besonderen Wert legt, während der Arbeitnehmer regelmäßig nur in quantitativer Hinsicht reagiert (vgl. auch: BAG, Urteil vom 17. Dezember 2020 - 8 AZR 149/20 -, Rn. 65; BAG, Urteil vom 12. Dezember 2007 - 10 AZR 97/07 -, Rn. 53).

5. Der Zinsanspruch des Klägers besteht nach § 291 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB ab dem Tag nach Zustellung der Klage (vgl. BAG, Urteil vom 16. Dezember 2021 - 8 AZR 498/20 -, Rn. 69). Damit begann die Verzinsungspflicht entsprechend § 187 Abs. 1 BGB mit Beginn des Tages, der dem Tag folgte, an dem das maßgebliche Ereignis, die Zustellung der Klage am 20. Juli 2021 (Bl. 191 d.A.), eintrat (vgl. BAG, Urteil vom 15. November 2000 - 5 AZR 365/99 -, Rn. 23, juris).

B.

I. Die Kosten des Rechtsstreits haben beide Parteien in Höhe ihres jeweiligen Unterliegens verhältnismäßig zu tragen (§ 92 Abs. 1 Satz 1, § 525 Satz 1 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 ArbGG).

II. Gegen dieses Urteil ist für die Beklagte die Revision an das Bundesarbeitsgericht zuzulassen, weil die rechtliche Bewertung einer AGB-rechtlichen Kombination von einer Zielvereinbarung mit einer Zielvorgabe grundsätzliche Bedeutung hat. Dagegen ist für den Kläger die Revision nicht zuzulassen, weil insoweit ein erforderlicher Zulassungsgrund nicht ersichtlich ist (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 ArbGG).

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