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11.09.2006 · IWW-Abrufnummer 062690

Amtsgericht Münster: Urteil vom 31.07.2006 – 48 C 1403/06

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


48 C 1403/06

AMTSGERICHT MÜNSTER

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

Klägers,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Steller & Kollegen, Stiftsplatz 13, 67655 Kaiserslautern 117/06S09

gegen

den LVM Landwirtschaftlicher Versicherungsverein Münster a.G., vertr.d.d.Vorstand, Koldering 21,48151 Münster,

Beklagter,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Fahlberg und Partner, AG-Fach 427, Bahnhofstraße 10, 48143 Münster 433/06B07

hat das Amtsgericht Münster
im schriftlichen Verfahren gemäß § 495 a ZPO durch die Richterin Lange
am 31.07.2006
für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 532,90 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.03.2006 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.)

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet. Der klägerischen Partei steht gegen die beklagte Partei der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von 532,90 ? gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB, 3 Nr. 1 PflVG zu.

Der Kläger ist aktivlegitimiert. Nach einem Verkehrsunfall mit einem Leasingfahrzeug ist der Leasingnehmer zur Geltendmachung des gesamten Sachschadens und der Nutzungsausfallentschädigung jedenfalls dann aktivlegitimiert, wenn der Leasinggeber ihm den gesamten Sachschaden abgetreten hat (KG Berlin, VRS 104, 92). Aber auch aus eigenem Recht, nämlich aus der Verletzung des unmittelbaren Besitzes, kann der Kläger als Leasingnehmer Schadensersatzansprüche geltend machen. Der Kläger hat vorliegend - sogar ausdrücklich durch den Beklagten bestätigt - vorgetragen, dass die Leasinggeberin ihm die ihr aus dem Eigentumsrecht zustehenden Schadensersatzansprüche abgetreten hat. Damit ist der Kläger zur Geltendmachung der aus dem Verkehrsunfall entstandenen Schäden in vollem Umfang ermächtigt.

Grundsätzlich kann der Kläger im Rahmen der von ihm geltend gemachten Schadensersatzansprüche bei einem Verkehrsunfall auch Ersatz der Kosten der Beauftragung eines Rechtsanwalts verlangen, da diese regelmäßig als im Sinne von § 249 BGB als erforderlich zur Rechtsverfolgung anzusehen sind. Vorliegend rechtfertigt auch der Umstand, dass eine Leasinggesellschaft Eigentümerin des Fahrzeuges ist, keine andere Beurteilung. Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob der Kläger einen eigenen oder aber einen abgetretenen Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten geltend macht. Denn auch die Leasinggesellschaft wäre zur Geltendmachung dieser Kosten berechtigt gewesen. Rechtsanwaltskosten sind nur dann nicht als im Sinne des §249 BGB erforderlich anzusehen, wenn es sich um einen einfach gelagerten Schadensfall handelt, bei dem die Haftung nach Grund und Höhe derart eindeutig ist, dass aus Sicht des Geschädigten kein Anlass zu Zweifeln an der Ersatzpflicht des Schädigers besteht und der Geschädigte geschäftlich gewandt ist (BGHZ 127, 348 f.) Bei der Leasinggeberin handelt es sich um keine (juristische) Person, die im Bereich der Abwicklung und Regulierung von Verkehrsunfallsachen als im Sinne der obigen Definition geschäftlich gewandt anzusehen ist. Denn die Master Lease GmbH ist in dem Bereich Leasingverträge tätig und nicht darauf ausgerichtet, Schadensersatzansprüche aus Verkehrsunfällen zu verfolgen. Eine "geschäftliche Gewandtheit" kann die Leasinggeberin folgerichtig nur in den Bereichen Gestaltung, Abschluss und Abwicklung von Leasingverträgen entwickeln, nicht jedoch in der sehr umfangreichen und von dem Kerngeschäft der Leasinggesellschaft abweichenden Materie des Verkehrsunfallrechts.
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass auf Grund der Vielzahl der im Eigentum der Leasinggeberin stehenden Fahrzeuge die Leasinggeberin öfter als der Normalbürger, der in den meisten Fällen lediglich über ein Fahrzeug verfügt, im Bereich der Schadensabwicklung bei Verkehrsunfällen tätig werden muss. Dass die im Bereich des Unfallrechts entwickelten Rechtsgrundsätze besonders vielfältig sind, soll nur beispielhaft mit den verschiedenen Abrechnungsmöglichkeiten der fiktiven oder konkreten Schadensabrechnung oder der zahlreichen Schadenspositionen (Wertminderung, Umbaukosten, Zulassungskosten, Mehrwertsteuer, Mietwagen, Nutzungsausfall etc.) begründet werden. Auch wenn die Leasinggeberin gelegentlich der von ihr abgeschlossenen Verträge mit der Schadensregulierung von Verkehrsunfällen zu tun hat, kann darin keine, mit dem Fachwissen eines Rechtsanwalts vergleichbare geschäftliche Gewandtheit gesehen werden. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der in diesem Rechtsstreit gegenständliche Verkehrsunfall offensichtlich nicht sehr kompliziert war. Daher wäre der Beklagte auch gegenüber der Leasinggesellschaft als Eigentümerin zum Ausgleich der Kosten eines beauftragten Rechtsanwalts verpflichtet gewesen.

Der Kläger kann schließlich für die Beauftragung des Rechtsanwaltes die Geschäftsgebühr nach 2400 VV in der Höhe 1,3 geltend machen. Dass eine Beauftragung durch den Kläger - und nicht durch die Leasinggeberin - erfolgt ist, hat der Kläger durch Vorlage einer entsprechenden Vollmacht belegt. Auch wenn der Beklagte bestreitet, ?dass der Kläger ordnungsgemäß einen anwaltlichen Vertretungsauftrag erteilte (...)", ist der dem Kläger obliegende Beweis damit geführt. Einen geeigneten Gegenbeweis hat der Beklagte nicht angetreten. Unter Zugrundelegung des unstreitigen Gegenstandswertes von 5.379,57 ? ergibt sich daher eine Geschäftsgebühr von 439,40 ?. Zuzüglich der Auslagenpauschale von 20,00 und der Mehrwertsteuer steht dem Kläger demnach ein Anspruch in Höhe von 532,90 ? zu.

Der Kläger war nicht auf eine Geschäftsgebühr von nur 1,0 zu verweisen, da die vom Klägeranwalt geforderte Geschäftsgebühr von 1,3 nicht unbillig und daher bindend ist (§ 14 Abs. 1 S. 4 RVG i.V.m. § 315 Abs. 3 S. 2 BGB). Gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt bei Rahmengebühren die Vergütung im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Grundsätzlich ist die von dem Anwalt vorgenommene Bestimmung auch verbindlich, es sei denn, sie lässt Ermessensfehler erkennen. Lediglich dann, wenn der Anwalt seine Gebühr in einer sachfremden, nicht nachvollziehbaren Weise berechnet, kann das Gericht in das grundsätzlich dem Anwalt vorbehaltene Bestimmungsrecht eingreifen und die Berechnung zum Nachteil des Anwalts korrigieren (vgl. hierzu LG Münster, Az.: 8 S 302/05, Urteil vom 23.03.2006; LG Münster, Az.: 3 S 144/05, Urteil vom 17.11.2005). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Umfang der klägerseits entfalteten anwaltlichen Tätigkeit hinsichtlich der Schadensregulierung ist richtigerweise als im durchschnittlichen Bereich angesiedelt anzusehen. Von dem Beklagten unbestritten sind von dem Klägeranwalt folgende Tätigkeiten entfaltet worden: Der Rechtsanwalt wurde am 11.01.1006 mit der Abwicklung des Unfalls vom 10.01.2006 beauftragt. Mit anwaltlichem Schreiben vom 11.01.2006 wurde der Schaden bei dem Beklagten angezeigt.
Auf Grund der Beschädigungen wurde ein Sachverständigengutachten eingeholt. Die Einholung wurde vom Rechtsanwalt vorab telefonisch mit der Reparaturbetrieb Jacob GmbH abgestimmt. Der Rechtsanwalt überprüfte unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich um ein Leasingfahrzeug handelte, die einzelnen Schadenspositionen. Diesbezüglich fanden telefonische Abstimmung mit der Leasinggeberin statt. Mit Schreiben vom 27.02.2006 wurde der Schaden dem Beklagten gegenüber beziffert. Der Beklagte glich die Mietwagenkosten nur teilweise aus. Die Erstattung der Rechtsanwaltskosten verweigerte der Beklagte, wie dieser Rechtsstreit dokumentiert, gänzlich. Auch wurde die Aktivlegitimation des Klägers nicht anerkannt, so dass es auch diesbezüglich einer Auseinandersetzung mit dem Beklagten bedurfte.

Bei dieser von der Beklagten nicht bestrittenen Sachlage kann der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit nicht als unterdurchschnittlich angesehen werden. Auch bei Berücksichtigung der weiteren Bemessungskriterien wie Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Klägerin rechtfertigen die Annahme einer durchschnittlichen Tätigkeit des Anwalts. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass die Haftungsfrage zwischen den Parteien von vornherein unstreitig gewesen ist. Der Umfang der von dem Anwalt entfalteten Tätigkeit rechtfertigt bereits eine Geschäftsgebühr von 1,3, aus der sich dann die Berechnung wie oben erfolgt ergibt.

Der geltend gemachte Zinsanspruch und die weiteren Nebenforderungen sind aus dem Gesichtspunkt des Verzuges begründet (§§ 288 Abs. 1 J Abs. 2, 291 BGB).

Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Sache weder eine grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist. Das Berufungsgericht hat in den oben aufgeführten Entscheidung bereits entschieden, dass es die Angemessenheit der Höhe des Gebührensatzes nach den hier angewendeten Grundsätzen für maßgebend ansieht, wobei es bei eindeutiger Haftungslage und der Beschränkung der anwaltlichen Tätigkeit auf ein "Abfassen eines Abrechnungsschreibens" und eine "Geltendmachung der hierdurch entstandenen Kosten" lediglich eine Gebühr von 1,0 als angemessen erachtet. Im übrigen hänge die Frage der Angemessenheit von der im Einzelfall entfalteten anwaltlichen Tätigkeit ab, welche vorliegend wie darlegt mit 1,3 anzusetzen war. Die Überprüfung dieses, hier gegenständlichen Einzelfalls ist jedoch weder von grundsätzlicher Bedeutung noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

RechtsgebietNr. 2400 VV RVGVorschriften§ 249 Abs. 1 BGB

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