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17.05.2022 · IWW-Abrufnummer 229208

Finanzgericht Münster: Urteil vom 23.03.2022 – 7 K 2350/19 AO

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Münster


Tenor:

Der gegenüber dem Kläger zu 1. ergangene Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und Bergmannsprämie vom 13.10.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.07.2019 wird dahingehend geändert, dass der geschuldete Betrag um X EUR (Lohnsteuer von x EUR, Solidaritätszuschlag von y EUR und römisch-katholische Kirchensteuer von z EUR) verringert wird.

Der gegenüber dem Kläger zu 2. ergangene Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und Bergmannsprämie vom 13.10.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.07.2019 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leisten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1
Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Nachforderung von Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer für die Erstattung der Kosten für die regelmäßige Einholung von erweiterten Führungszeugnissen einer Vielzahl von Arbeitnehmern der Kläger.

2
Die Kläger gehören zum Arbeitgeberkreis des Generalvikariats des Bistums X-Stadt. Sie beschäftigen als freie Träger ArbeitnehmerInnen im sozialen Bereich (z.B. Geistliche, LehrerInnen, ErzieherInnen, SozialarbeiterInnen).

3
Nach der Ordnung zur Prävention gegen sexualisierte Gewalt an Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen für die Diözese X-Stadt (PrävO) vom 11.04.2014 (veröffentlicht im Kirchlichen Amtsblatt ….., Stück …., Nr. ….) haben sich die kirchlichen Rechtsträger (u.a.) folgende Verpflichtungen auferlegt:

4
In § 2 Abs. 7 heißt es: „Mitarbeitende sowie ehrenamtlich Tätige im Sinne dieser Ordnung sind alle Personen einschließlich Kleriker und Ordensangehörige, die im Rahmen ihrer haupt-, neben- oder ehrenamtlichen Tätigkeit Minderjährige, schutz- oder hilfebedürftige Erwachsener beaufsichtigen, betreuen, erziehen, ausbilden oder vergleichbaren Kontakt zu ihnen haben. Soweit eine Ausführungsbestimmung nichts Abweichendes regelt, sind Honorarkräfte, Praktikanten, Freiwilligendienstleistende und Mehraufwandsentschädigungskräfte (1-Euro-Jobber) auch Mitarbeitende im Sinne dieser Ordnung.“

5
In § 4 heißt es u.a.:

6
„(1) Kirchliche Rechtsträger tragen Verantwortung dafür, dass nur Personen mit der Beaufsichtigung, Betreuung, Erziehung oder Ausbildung von Minderjährigen und Schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen betraut werden, die neben der erforderlichen fachlichen auch über die persönliche Eignung verfügen.

7
(…)

8
(3) Personen im Sinne von § 2 Abs. 7 dürfen in keinem Fall eingesetzt werden, wenn sie rechtskräftig wegen einer in § 2 Abs. 2 oder 3 genannten Straftat verurteilt worden sind.“

9
In § 5 heißt es unter (1) weiter: „Zur Erfüllung ihrer Verpflichtung aus § 4 haben sich kirchliche Rechtsträger von Personen gemäß § 2 Abs. 7 bei der Einstellung bzw. Beauftragung und nachfolgend im regelmäßigen Abstand von fünf Jahren entsprechend den gesetzlichen und arbeitsrechtlichen Regelungen, insbesondere des Bundeskinderschutzgesetzes, sowie der zu diesem Paragrafen erlassenen Ausführungsbestimmung ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen zu lassen. (…)“

10
Die Ausführungsbestimmungen zu § 5 PrävO (veröffentlicht im Kirchlichen Amtsblatt des Jahres …, Bl. ….) enthalten unter 1. folgende Regelung: „Die Aufforderung zur Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses enthält die Bescheinigung der beruflichen Tätigkeit, die zur Beantragung des erweiterten Führungszeugnisses berechtigt. Die anfallenden Kosten für die Erteilung trägt der kirchliche Rechtsträger. Ausgenommen ist die Kostenübernahme bei Neueinstellungen.“

11
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die PrävO samt Ausführungsbestimmungen (Bl. 23ff. der Rechtsbehelfsakte betreffend den Kläger zu 1.) Bezug genommen.

12
Der Beklagte führte für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis zum 31.12.2016 eine Lohnsteueraußenprüfung (LStAP) bei den Klägern durch. Die Prüfer vertraten die Auffassung, dass die von den Klägern erstatteten Aufwendungen für die Erteilung von erweiterten Führungszeugnissen in den jeweils laufenden Beschäftigungsverhältnissen als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu erfassen und wie folgt der Nachbesteuerung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes ‒ EStG ‒ zu unterwerfen seien (vgl. Tz. 2.3.1. der Prüfungsberichte vom 28.09.2017):

13

Kläger zu 1.

Jahr

Steuersatz

Betrag

LSt

SolZ

rk. KiSt

2016

45 %

xx

x

y

z


Kläger zu 2.

Jahr

Steuersatz

Betrag

LSt

SolZ

rk. KiSt

2016

45 %

aa

a

b

c



14
Die Kläger stellten im Rahmen der Außenprüfung einen Antrag auf Pauschalierung der Nachforderungen gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.

15
Die Feststellungen der LStAP führten u.a. zum Erlass von Nachforderungsbescheiden über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und Bergmannsprämie jeweils vom 13.10.2017 gegenüber den Klägern.

16
Gegen diese Bescheide legten die Kläger jeweils Einspruch ein, den sie damit begründeten, dass die Rechtsauffassung der LStAP hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der Kostenerstattung für erweiterte Führungszeugnisse der Arbeitnehmer unrichtig sei. Die Erstattung der anfallenden Kosten in Höhe von x € pro Arbeitnehmer stelle keinen Arbeitslohn, sondern Auslagenersatz i.S.d. § 3 Nr. 50 EStG dar. Die Leistung sei daher steuerfrei. Zum Nachweis der Verpflichtung der Kläger zur Übernahme der in Rede stehenden Kosten und der Veranlassung dieser durch ein überwiegendes betriebliches Interesse der Kläger verwiesen diese auf die PrävO. Die kirchlichen Rechtsträger trügen nach dieser Verordnung die Verantwortung dafür, dass nur Personen mit der Beaufsichtigung, Erziehung und Ausbildung von Minderjährigen und schutz- und hilfesuchenden Erwachsenen betraut werden, die neben erforderlichen fachlichen auch über die persönliche Eignung verfügten. Um dieser Verpflichtung nachkommen zu können, sei die regelmäßige Überprüfung der erweiterten polizeilichen Führungszeugnisse der Arbeitnehmer notwendig. Weiterhin nahmen die Kläger auf die Ausführungsbestimmungen zu § 5 PrävO Bezug, in dem sie sich zur Übernahme der Kosten verpflichtet hätten. Ferner habe die in Rede stehende Kostenerstattung keinen Entlohnungscharakter, der betriebliche Zweck stehe ganz überwiegend im Vordergrund, eine Sanktionierung der Arbeitnehmer im Falle der Nichtvorlage des erweiterten Führungszeugnisses in Form einer Kündigung sei nicht erkennbar, da die Anforderungen der PrävO an die kirchlichen Rechtsträger gerichtet seien und somit nur diesen im Falle der Nichtbeachtung Nachteile entstünden. Dies ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ‒ BFH ‒ (unter Verweis auf Urteile vom 28.03.2006 VI R 24/03, BStBl II 2006, 473; vom 12.02.2009 VI R 32/08, BStBl II 2009, 462 sowie vom 26.07.2007 VI R 64/06, BStBl II 2007, 892).

17
Mit Einspruchsentscheidungen vom 09.07.2019 sowie vom 19.07.2019 wies der Beklagte die Einsprüche der Kläger als unbegründet zurück. Er begründete dies damit, dass die Kläger als Arbeitgeber im Sinne des EStG tätig seien. Das EStG und die Lohnsteuerdurchführungsverordnung (LStDV) bestimmten den Betriff des Arbeitgebers zwar nicht näher, jedoch ergebe sich aus dem in § 1 Abs. 2 LStDV angeführten Begriffen „Dienstverhältnis“ und „Arbeitnehmer“, dass der Arbeitgeber derjenige Beteiligte am steuerlichen Dienstverhältnis ist, dem der Arbeitnehmer ‒ abhängig und weisungsgebunden ‒ seine Arbeitskraft schulde.

18
Die von den Klägern an ihre Arbeitnehmer gewährte Erstattung der Kosten für ein erweitertes Führungszeugnis stelle steuerpflichtigen Arbeitslohn i.S.v. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar. Welche Einnahmen zum Arbeitslohn gehörten, sei unter Beachtung der Vorschriften des § 19 Abs. 1 EStG und § 2 LStDV sowie der hierzu ergangenen Rechtsprechung zu entscheiden. Danach gehörten zum Arbeitslohn grundsätzlich alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die durch ein individuelles Dienstverhältnis veranlasst seien. Ein Veranlassungszusammenhang zwischen Einnahmen und einem Dienstverhältnis sei anzunehmen, wenn die Einnahmen dem Empfänger nur mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zuflössen und sich als Ertrag seiner nichtselbstständigen Arbeit darstellten. Die letztgenannte Voraussetzung sei erfüllt, wenn sich die Einnahmen im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft erwiesen. Leistungen des Arbeitgebers, mit denen er Werbungskosten des Arbeitnehmers ersetze, seien nur steuerfrei, soweit dies gesetzlich bestimmt sei. Eine solche Bestimmung liege für die hier streitigen Zahlungen der Kläger nicht vor.

19
Nach der Systematik des EStG liege Arbeitslohn zunächst auch insoweit vor, als der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Zufluss stehende Ausgaben als Werbungskosten von den Einnahmen abziehen könne. Das EStG unterscheide zum einen zwischen Einnahmen und Ausgaben und regele diese außerdem strikt getrennt voneinander. Im Falle der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit seien die Regelung der §§ 8, 11 Abs. 1 EStG einerseits und des § 9 EStG andererseits zu beachten. Folglich sei eine Saldierung von Einnahmen und Ausgaben nicht ohne weiteres zulässig. Auch hier sei eine besondere Regelung erforderlich, wenn Einnahmen wegen der damit verbuchten Ausgaben nicht als steuerpflichtiger Arbeitslohn erfasst werden sollen.

20
§ 3 Nr. 50 EStG erfasse nicht den Ersatz von Werbungskosten. Eine Ausnahme ließe der BFH zwar im Falle der aufgrund eines tarifvertraglichen Anspruchs erfolgten Erstattung von Instandhaltungskosten eines privaten Musikinstruments an der Orchestermusiker zu. Die Erstattung der Kosten erfolgte jedoch im Gegensatz zum hier streitigen Fall infolge eines tarifvertraglichen Anspruchs. Die Regelung in der PrävO sei nicht Bestandteil eines Tarifvertrages, sondern lediglich eine interne Verordnung. Insofern sei das Ergebnis der oben erwähnten Entscheidung des BFH hier nicht einschlägig. Die grundsätzlichen Ausführungen des BFH bestätigten jedoch seine ‒ des Beklagten ‒ Rechtsauffassung, dass es sich bei den hier in Rede stehenden Aufwendungen nicht zwangsläufig um solche im überwiegenden betrieblichen Interesse handele.

21
Ein Vorteil werde dann aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt, wenn im Rahmen einer Gesamtwürdigung aus den Begleitumständen zu schließen sei, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck im Vordergrund stehe. In diesem Fall des ‒ ganz überwiegend ‒ eigenbetrieblichen Interesses könne ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden. Nach ständiger BFH-Rechtsprechung sei dagegen Arbeitslohn anzunehmen, wenn neben dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers vorliege.

22
Im vorliegenden Falle bestehe seitens des Arbeitnehmers durchaus ein Eigeninteresse daran, das geforderte Führungszeugnis vorzulegen, um die mit der Nichtvorlage verbundenen beruflichen Nachteile zu vermeiden. Die Entstehung solcher Nachteile erscheine entgegen den Ausführungen der Kläger wahrscheinlich, da die Verweigerung der Vorlage des geforderten Zeugnisses ein Misstrauen des Arbeitgebers wecken und auf eine mangelnde persönliche Qualifizierung hindeuten könne. Eine Sanktionierung durch den Arbeitgeber, z.B. durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sei nicht auszuschließen.

23
Diese Rechtsauffassung werde auch in der Literatur vertreten. Übernehme der Arbeitgeber ohne tarifvertragliche Verpflichtung die Kosten für Führungszeugnisse der Arbeitnehmer, handele es sich um steuerpflichtigen Werbungskostenersatz (Schönker/Plenker in Schönfelder/Plenker, Lexikon für das Lohnbüro 2019, 61. Aufl. 2019, Auslagenersatz).

24
Zur Begründung ihrer Klagen, die der Senat zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat, betonen die Kläger ihre Verpflichtung aus § 5 Abs. 1 PrävO i.V.m. den hierzu ergangenen Ausführungsbestimmungen. Der Aufwand für die Einholung des Führungszeugnisses unterfalle der Regelung des § 3 Nr. 50 EStG. Diese Vorschrift sei deklaratorisch, soweit er Auslagenersatz erfasse (BFH-Urteil vom 28.03.2006 VI R 24/03, BStBl II 2006, 473). Hier liege Auslagenersatz und kein Arbeitslohn vor, da der Auslagenersatz im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolge. Soweit der Beklagte dieses Interesse mit dem Argument, dass auch der Arbeitnehmer ein nicht unerhebliches Interesse daran habe, die mit der Nichtvorlage verbundenen beruflichen Nachteile zu vermeiden, verneine, so sei dieses Interesse der Arbeitnehmer nicht relevant. Würde die Auffassung des Beklagten zutreffen, könne es keinen nicht steuerbaren Aufwendungsersatz geben. Denn berufliche Nachteile hätte der Arbeitnehmer in jedem Fall, wenn er sich weigere, eine vom Arbeitgeber gewünschte kostenauslösende Maßnahme mitzutragen.

25
Wäre die Auffassung des Beklagten richtig, müsste Arbeitslohn auch dann vorliegen, wenn der Arbeitgeber selbst das Führungszeugnis beantrage und die Kosten dafür entrichten würde. Das wäre offensichtlich falsch. Es könne aber nichts anderes gelten, wenn der Arbeitgeber öffentlich-rechtlich nicht berechtigt sei, ein Führungszeugnis für einen Arbeitnehmer zu beantragen, er deshalb darauf bestehe, dass der Arbeitnehmer den Antrag stelle und die Kosten des Arbeitnehmers übernehme.

26
Im Übrigen beziehen die Kläger sich auf die Begründung ihrer Einsprüche.

27
Der Kläger zu 1. beantragt,

28
den Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und Bergmannsprämie vom 13.10.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.07.2019 dahingehend zu ändern, dass der geschuldete Betrag um X EUR (Lohnsteuer von x EUR, Solidaritätszuschlag von y EUR und römisch-katholische Kirchensteuer von z EUR) verringert wird,

29
hilfsweise, die Revision zuzulassen.

30
Der Kläger zu 2. beantragt,

31
den Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und Bergmannsprämie vom 13.10.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.07.2019 aufzuheben,

32
hilfsweise, die Revision zuzulassen.

33
Der Beklagte beantragt,

34
die Klage abzuweisen,

35
hilfsweise, die Revision zuzulassen.

36
Zur Begründung nimmt er Bezug auf seine Ausführungen in den Einspruchsentscheidungen.

37
Der Senat hat in dieser Sache am 23.03.2022 verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.

Entscheidungsgründe

38
A. Der Nachforderungsbescheid betreffend den Kläger zu 1. über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und Bergmannsprämie vom 13.10.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.07.2019 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger zu 1. in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ‒ FGO ‒), soweit der geschuldete Betrag um X EUR (Lohnsteuer von x EUR, Solidaritätszuschlag von y EUR und römisch-katholische Kirchensteuer von z EUR) zu verringern ist. Der Nachforderungsbescheid betreffend den Kläger zu 2. über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und Bergmannsprämie vom 13.10.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.07.2019 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger zu 2. in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

39
I. Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG kann auf Antrag des Arbeitgebers zugelassen werden, dass die Lohnsteuer mit einem unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 38a EStG zu ermittelnden Pauschalsteuersatz erhoben wird, soweit in einer größeren Anzahl von Fällen Lohnsteuer nachzuerheben ist, weil der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig einbehalten hat. Die Erhebung von Lohnsteuer setzt notwendig voraus, dass steuerpflichtiger Arbeitslohn vorliegt (§ 38 Abs. 1 Satz 1 EStG).

40
II. Der Beklagte hat die Kläger zu Unrecht wegen der Kostenerstattung für die Einholung von Führungszeugnissen im Abstand von fünf Jahren in Anspruch genommen. Es handelt sich bei den Erstattungsbeträgen nicht um Arbeitslohn (hierzu unter 1.), sondern um steuerfreien Auslagenersatz nach § 3 Nr. 50 EStG (hierzu unter 2.).

41
1. Bei den Zahlungen, mit denen die Kläger die Kosten für die Einholung der polizeilichen Führungszeugnisse erstatteten, handelt es sich nicht um Arbeitslohn.

42
a. Steuerpflichtiger Arbeitslohn ist dadurch gekennzeichnet, dass dem Arbeitnehmer Einnahmen (Bezüge oder geldwerte Vorteile) zufließen, die "für" seine Beschäftigung gewährt werden (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG, § 2 Abs. 1 LStDV). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH gehört zum Arbeitslohn jeder gewährte Vorteil, der durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst ist. Der erforderliche Veranlassungszusammenhang ist gegeben, wenn der Vorteil nur deshalb gewährt wird, weil der Zurechnungsempfänger Arbeitnehmer des Arbeitgebers ist, der Vorteil also mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird, und wenn sich die Leistung des Arbeitgebers im weitesten Sinn als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (z.B. BFH-Urteile vom 26.06.2003 VI R 112/98, BStBl II 2003, 886; vom 19.11.2015 VI R 74/14, BStBl II 2016, 303; vom 10.03.2016 VI R 58/14, BStBl II 2016, 621; vom 01.10.2020 VI R 11/18, BStBl II 2021, 352 sowie vom 15.12.2021 VI R 32/19, juris). Dagegen sind solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen. Ein Vorteil wird dann aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt, wenn im Rahmen einer Gesamtwürdigung aus den Begleitumständen zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht. In diesem Fall des „ganz überwiegend“ eigenbetrieblichen Interesses kann ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden. Die danach erforderliche, in erster Linie vom Finanzgericht als Tatsacheninstanz vorzunehmende Gesamtwürdigung hat insbesondere Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seine besondere Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck zu berücksichtigen (ständige Rechtsprechung des BFH, z.B. Urteil vom 22.06.2006, VI R 21/05, BStBl II 2006, 915 m.w.N.). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen der Intensität des eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers und dem Ausmaß der Bereicherung des Arbeitnehmers. Je höher aus der Sicht des Arbeitnehmers die Bereicherung anzusetzen ist, desto geringer zählt das aus der Sicht des Arbeitgebers vorhandene eigenbetriebliche Interesse. Tritt das Interesse des Arbeitnehmers gegenüber dem des Arbeitgebers in den Hintergrund, kann eine Lohnzuwendung zu verneinen sein. Ist aber ‒ neben dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers ‒ ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben, so liegt die Vorteilsgewährung nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers und führt zu Lohnzuwendung (BFH-Urteil vom 22.06.2006 VI R 21/05, BStBl II 2006, 915).

43
b. In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist ein überwiegendes betriebliches Interesse der Kläger an der Einholung der erweiterten Führungszeugnisse zu bejahen und damit kein Arbeitslohn i.S.v. § 19 EStG anzunehmen.

44
Für ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse spricht bereits, dass sich die Regelungen der PrävO an die Kläger und nicht an die Beschäftigten richten. Die Kläger sind an die Regelungen der PrävO als das für sie unmittelbar geltende kirchliche Recht gebunden. Nach § 5 Abs. 1 PrävO trifft sie als Arbeitgeber die Verpflichtung, sich im regelmäßigen Abstand von fünf Jahren ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen zu lassen und ‒ nach den hierzu ergangenen Ausführungsbestimmungen ‒ die insoweit anfallenden Kosten hierfür zu tragen. Die Kläger sind nicht in der Lage, sich dieser Verpflichtung zu entziehen. Soweit die Arbeitnehmer diese Aufwendungen zunächst selbst tragen, so tun sie dies im unmittelbaren Interesse der Kläger.

45
Neben diesen ausdrücklichen Verpflichtungen spricht auch die vorliegend vorzunehmende Gesamtwürdigung für ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse der Kläger. Die Regelungen zur PrävO beruhen u.a. auf den Erfahrungen der Katholischen Kirche aufgrund des sog. „Missbrauchsskandals“. Der Zweck dahinter besteht maßgeblich darin, Minderjährige und Schutz- sowie Hilfebedürftige vor sexualisierter Gewalt zu schützen. Es soll verdeutlicht werden, dass sämtliche Träger im Tätigkeitsbereich der Diözese X-Stadt ihrer Verpflichtung und Verantwortung in ihren jeweiligen Arbeitsbereichen, insbesondere im Bereich der Jungendarbeit, nachkommen und einen aktiven Beitrag für das Wohl und den Schutz der ihnen anvertrauten Personen leisten. Der Verordnungsgeber legt dabei erkennbaren Wert auf den Einsatz von Mitarbeitern frei von strafrechtlichen Verfehlungen und adressiert diese Verantwortung an die Träger. Dieser Zwecksetzung dient auch die Einholung der erweiterten Führungszeugnisse sämtlicher Mitarbeiter i.S.v. § 2 Abs. 7 PrävO „entsprechend den gesetzlichen und arbeitsrechtlichen Regelungen, insbesondere des Bundeskinderschutzgesetztes“. Durch die Vorlage der Führungszeugnisse werden die Kläger als Arbeitgeber in die Lage versetzt, ggf. arbeitsrechtliche oder disziplinarische Konsequenzen ziehen zu können.

46
Zu beachten ist auch, dass sich die Verpflichtung zur Vorlage eines Führungszeugnisses nicht nur aus der PrävO, sondern auch aus staatlichem Recht ergibt. Durch den Verweis auf das Bundeskinderschutzgesetz nimmt § 5 Abs. 1 PrävO Bezug auf die ‒ durch dieses Gesetz novellierte ‒ Vorschrift des § 72a des Achten Sozialgesetzbuchs (SGB VIII). Nach § 72a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII dürfen Träger öffentlicher Jugendhilfe für die Wahrnehmung der Aufgaben in der Kinder- und Jugendhilfe keine Person beschäftigen oder vermitteln, die rechtskräftig wegen einer der in dieser Vorschrift genannten Straftaten verurteilt worden ist. Dies gilt nach § 72a Abs. 2 SGB VIII auch für die Träger der freien Jugendhilfe, zu denen auch die Kläger zu zählen sind. Gemäß § 72a Abs. 1 Satz 2 SGB VIII sollen sich die jeweiligen Träger in regelmäßigen Abständen ein Führungszeugnis nach § 30 Abs. 5 und § 30a Abs. 1 des Bundeszentralregistergesetzes (BZRG) sowohl für haupt-, neben- als auch für ehrenamtliche Personen vorlegen lassen. Im Bereich der Jugendhilfe entspricht und konkretisiert die Regelung des § 5 PrävO damit die Regelung des § 72a SGB VIII. Auch wenn § 72a SGB VIII insoweit eine „soll“-Vorschrift darstellt, so trifft die Träger dennoch grundsätzlich eine Verpflichtung zur regelmäßigen Einholung der Führungszeugnisse, von der nur in Ausnahmefällen Abstand genommen werden darf.

47
Die PrävO geht indes über den Regelungsbereich des Bundeskinderschutzgesetzes hinaus, indem sie auch den Bereich von schutz- und hilfebedürftigen Erwachsenen umfasst. Aber auch in diesem Bereich besteht nach Auffassung des Senats ein überwiegend betriebliches Interesse der Kläger.

48
Ebenso wie im Bereich der Jugendhilfe bringt die PrävO im Bereich der hilfe- und schutzbedürftigen Erwachsenen zum Ausdruck, dass die Verantwortung der Katholischen Kirche auch in diesem Bereich im Vordergrund stehen soll. Die Schutzbedürftigkeit dieser Erwachsenen ist vergleichbar mit der von Kindern und Jugendlichen. Sämtliche (sowohl haupt-, neben- als auch ehrenamtliche) Mitarbeiter ‒ so die betriebsfunktionale Vorgabe ‒ sollen entsprechend den zu vermittelnden eigenen Werten und zum Schutz vor sexualisierter Gewalt im eigenen Verantwortungsbereich ohne strafrechtliche Verfehlungen tätig werden. Dieses Ziel wird durch § 5 PrävO gesetzt und mit der Einholung der erweiterten Führungszeugnisse in verobjektivierbarer Weise entsprochen. Die Regelungen sollen zum Ausdruck bringen, dass die Kläger Verantwortung übernehmen und Kenntnis über strafrechtlich bedeutsame Verurteilungen erlangen möchten. Es ist vor allem Sache der Kläger und es liegt ganz maßgeblich auch in ihrem Verantwortungsbereich als Arbeitgeber, durch entsprechende Schutzmaßnahmen die ihnen anvertrauten Minderjährigen und Schutzbedürftigen durch Aufsichtsmaßnahmen zu schützen.

49
In diesem Rahmen ist ferner zu berücksichtigen, dass die Arbeitnehmer kein bedeutsames eigenes Interesse an der Einholung eines Führungszeugnisses haben. Die mit der Kostenerstattung einhergehende „Bereicherung“ der Arbeitnehmer im Sinne der Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 22.06.2006 VI R 21/05, BStBl II 2006, 915 sowie vom 01.10.2020 VI R 12/18, BStBl II 2021, 356) ist als sehr gering zu bewerten. Zwar besteht  in Bezug auf den Erhalt des Arbeitsplatzes auch ein eigenes Interesse der Arbeitnehmer in Form eines „Störungsvermeidungsinteresses“. Denn der Arbeitnehmer belegt mit der Vorlage des Führungszeugnisses die Unbedenklichkeit seines Einsatzes in den als besonders sensibel erachteten Arbeitsbereichen der Kläger. Auch kann sich aus § 241 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzesbuches (BGB) eine Pflicht des Arbeitnehmers ergeben, ein erweitertes Führungszeugnis vorzulegen (vgl. Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 26.01.2018 10 Sa 1122/17, NZA-RR 2018, 460). Allerdings richten sich sowohl die Verpflichtung in § 72a SGB VIII als auch die Regelung des § 5 PrävO an die jeweiligen Träger bzw. die Arbeitgeber und nicht an die Arbeitnehmer. Den Trägern bzw. Arbeitgebern obliegt es, die ihnen Schutzbefohlenen zu schützen. Den Trägern ist es vor diesem Hintergrund verboten, einschlägig vorbestrafte Mitarbeiter in sensiblen Tätigkeitsbereichen zu beschäftigen oder einzusetzen. Dagegen trifft die Arbeitnehmer lediglich eine ‒ aus den Pflichten der Kläger ‒ abgeleitete Verpflichtung. Auch führt das Führungszeugnis zu keiner Bereicherung der Arbeitnehmer, da sie jedenfalls im laufenden Arbeitsverhältnis keine eigenständige Verwendungsmöglichkeit für ein derartiges Zeugnis (z.B. für Bewerbungen) haben. Ist ein Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsverhältnisses zur Durchführung einer Maßnahme, an welcher er kein eigenes Interesse hat, verpflichtet, so spricht dies für ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers (vgl. BFH-Urteil vom 17.09.1982 VI R 75/79, BStBl II 1983, 39, 41 zu Vorsorgeuntersuchungen der leitenden Angestellten).

50
Diese betriebsfunktionale Zielsetzung eines objektiven und einheitlichen einwandfreien Bildes ist auch nicht auf angestellte Mitarbeiter beschränkt. Vielmehr bezieht die PrävO darüber hinaus ehrenamtliche Tätige mit ein, um ihrer Zielsetzung zu entsprechen. Dies verdeutlicht, dass die Diözese X-Stadt in den betroffenen Tätigkeitsbereichen sicher gehen möchte, ihren Zielvorgaben vollumfänglich in der Fläche zu entsprechen und zu gewährleisten, dass Missbräuche in ihren Tätigkeitsfeldern ausgeschlossen oder ggf. verhindert werden können.

51
Gegen ein bedeutsames Interesse der Arbeitnehmer spricht auch, dass sie nur deshalb das Führungszeugnis vorlegen müssen, weil grundsätzlich allein sie nach §§ 30, 30a BZRG antragsberechtigt sind. Hätten die Arbeitgeber die Möglichkeit, die erweiterten Führungszeugnisse selbst einzuholen, so wäre zu erwarten, dass sie dieser ihnen auferlegten gesetzlichen und eigenen Verpflichtung selbst nachkommen und dementsprechend auch die Kosten tragen würden.

52
Zudem sind die Kläger als Arbeitgeber auch auf der Grundlage einer entsprechenden Anwendung von § 670 BGB während des bestehenden Arbeitsverhältnisses zur Erstattung der Kosten verpflichtet (so jedenfalls Landesarbeitsgericht Hessen Urteil vom 21.04.2015, 15 Sa 1062/14, juris; Rechtsgutachten des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht e.V. (DIJUF) vom 14.07.2005 ‒ J 3.309 Sch, JAmt, 2005, 348; M. Otto in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 670 BGB (Stand: 01.02.2020), Rn. 38; Wocken, SRa 2006, 78, 80; Weber/Wocken, JAmt 2012, 62, 65 sowie Schwab in Dauner-Lieb/Langen, BGB Schuldrecht, 4. Auflage 2021, § 670 BGB Rn 6a; a.A. lediglich Braun LGP, 2017, 76). Das Bestehen eines gesetzlichen Erstattungsanspruchs entsprechend § 670 BGB spricht für ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse (vgl. BFH-Urteil vom 21.08.1995 VI R 30/95, BStBl II 1995, 906).

53
Nichts anderes folgt aus der Rechtsprechung des BFH zur Übernahme von Beiträgen zur Berufshaftpflichtversicherung angestellter Rechtsanwälte, wonach Arbeitslohn regelmäßig in Höhe des übernommenen Prämienanteils vorliegt, der auf die in § 51 Abs. 4 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) vorgeschriebene Mindestversicherungssumme entfällt und den der Rechtsanwalt zur Erfüllung seiner Versicherungspflicht nach § 51 Abs. 1 Satz 1 BRAO benötigt. Denn der BFH begründet den Entlohnungscharakter im Kern damit, dass ein Rechtsanwalt gesetzlich verpflichtet ist, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen, und dass ein Verstoß gegen diese Pflicht mit der Nichtzulassung zum Beruf oder der Entfernung aus diesem sanktioniert wird. Ein eigenes Interesse des angestellten Rechtsanwalts ergibt sich nach Auffassung des BFH daraus, dass die haftungsträchtige anwaltliche Tätigkeit die Gefahr in sich birgt, durch Regressforderungen in der beruflichen und damit persönlichen Existenz bedroht zu werden (vgl. BFH-Urteil vom 15.12.2021 VI R 32/19, juris; vom 01.10.2020 VI R 12/18, BStBl II 2021, 356 und vom 01.10.2020 VI R 11/18, BStBl II 2021, 352). Dagegen richtet sich die Verpflichtung zur Einholung eines erweiterten Führungszeugnisses ‒ wie bereits ausgeführt ‒ vorrangig an den Arbeitgeber. Auch führt das Führungszeugnis ‒ anders als der eigene Versicherungsschutz eines Rechtsanwalts ‒ zu keiner Bereicherung des Arbeitnehmers.

54
Nach alledem liegen nach Auffassung des Senats ganz erhebliche beachtliche betriebsfunktionale Gründe für die regelmäßige Einholung von erweiterten Führungszeugnissen vor (vgl. BFH-Urteil vom 14.11.2013 VI R 36/12, BStBl II 2014, 278). Bei der Einholung von erweiterten Führungszeugnissen durch die Arbeitnehmer und den daraus folgenden Kostenersatz der Kläger für ihre Mitarbeiten handelt sich nicht um eine Entlohnung, sondern um eine notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen (vgl. BFH-Urteil vom 19.11.2015 VI R 74/14, BStBl II 2016, 303).

55
2. Bei dem Kostenersatz handelt es sich vor diesem Hintergrund um steuerfreien Auslagenersatz i.S.v. § 3 Nr. 50 EStG.

56
a) Zahlungen des Arbeitsgebers, mit denen Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt werden, sind nach § 3 Nr. 50 EStG steuerfrei. Es handelt sich hierbei um nicht steuerbare Leistungen außerhalb des Arbeitslohnes. Denn derartige Zahlungen werden nicht für die Beschäftigung gezahlt und haben deshalb keinen Entlohnungscharakter; sie sind lediglich ein Vermögensausgleich der für den Arbeitgeber getätigten Aufwendungen und führen nicht zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers. § 3 Nr. 50 EStG hat daher nach ganz überwiegender Auffassung nur deklaratorische Bedeutung (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 28.03.2006 VI R 24/03, BStBl II 2006, 473; v. Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, ‒ K/S/M ‒, Einkommensteuergesetz, Stand: Mai 2013, § 3 Rdnr. B 50/4).

57
b) Bei den von den Klägerin gewährten Kostenersatz handelt es sich unter Berücksichtigung der Ausführungen des Senats unter A. II. 1. b um steuerfreien Auslagenersatz i.S.v. § 3 Nr. 50 EStG, da die Einholung von erweiterten Führungszeugnissen in regelmäßigen Abständen von fünf Jahren vor dem Hintergrund eines überwiegend betrieblichen Interesses der Kläger erfolgt. Die Mitarbeiter der Kläger verauslagen die Aufwendungen i.H.v. 13,00 € alle fünf Jahre „für den Arbeitgeber“ i.S.v. § 3 Nr. 50 EStG.

58
B. Die Kosten trägt nach § 135 Abs. 1 FGO der Beklagte. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

59
C. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

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