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24.03.2022 · IWW-Abrufnummer 228244

Finanzgericht Münster: Urteil vom 07.02.2022 – 9 V 2784/21 F

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Münster


Tenor:

Die Vollziehung des Bescheides über die Ablehnung der Feststellung der Höhe eines Sanierungsertrages (§ 3a Abs. 4 Satz 1 EStG) für das Jahr 2013 vom 04.08.2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.11.2020 wird bis einen Monat nach Abschluss des Klageverfahrens dahingehend ausgesetzt, dass vorläufig von einem Sanierungsertrag i.S. des § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG in Höhe von X € auszugehen ist.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
 
Gründe:
1
I.

2
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Feststellungsbescheid von der Vollziehung auszusetzen ist bzw. hilfsweise eine einstweilige Anordnung zu erlassen ist.

3
Die Antragstellerin betreibt eine Fremdenpension mit Restauration in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG. Komplementärin ist die nicht am Vermögen der Antragstellerin beteiligte E Verwaltungs GmbH & Co. KG, Kommanditisten sind Herr T 1 (5%) und Frau T 2 (95%). Der Kommanditist T 1 hatte den Pensionsbetrieb im Mai 1997 von seinem Vater übernommen und zunächst als Einzelunternehmen fortgeführt. Ab dem Jahr 2005 wurde das Einzelunternehmen im Ganzen an die Antragstellerin verpachtet und seitdem im Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten T 1 bei der Antragstellerin ausgewiesen. Die Einkünfte aus diesem Betrieb werden nach § 179 Abs. 1 AO i.V.m. § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) AO gesondert und einheitlich festgestellt. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb betrugen in den Jahren:

4
2005 X € (für den Zeitraum vom 01.07.2005 bis 31.12.2005)
5
2006 X €
6
2007 X €
7
2008 X €
8
2009 X €
9
2010 X €
10
2011 X €
11
2012 X €

12
Zum 31.12.2012 wies die Antragstellerin in ihrer Gesamthandsbilanz als Eigenkapital das Kommanditkapital i.H.v. X € aus und unter den Aktiva u.a. Forderungen gegen Kommanditisten i.H.v. X € sowie unter den Verbindlichkeiten u.a. solche gegenüber ihren Gesellschaftern i.H.v. insgesamt X €. Die Bilanz zum Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten T 1 ergab ein negatives Kapital i.H.v. X € (u.a. Grundstücke und andere Anlagen i.H.v. X € und Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten i.H.v. X €). Die Zinsaufwendungen 2012 im Bereich des Sonderbetriebsvermögens beliefen sich auf knapp X €.

13
Mit Schreiben vom 30.11.2012 nahm die Bank 1 ein Vergleichsangebot an, wonach die Bank 1 gegen Zahlung eines Einmalbetrages i.H.v. X € auf ihre weitergehenden Forderungen verzichtete. Wegen der weiteren Einzelheiten, einschließlich des vorhergehenden Schriftwechsels mit der Bank 1, wird auf die insoweit vom Antragsteller zu den Steuerakten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

14
Die Antragstellerin reichte ihre Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2013 am 26.02.2015 beim Antragsgegner ein. Mit der Abgabe der Erklärung beantragte sie, einen in der übermittelten Gewinnermittlung enthaltenen Gewinn in Höhe von X € als Sanierungsgewinn aus sachlichen Billigkeitsgründen nicht zu berücksichtigen und den Gewinn bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung gem. § 163 AO entsprechend niedriger festzustellen. Spätestens seit dem Jahr 2001 hätten im Einzelunternehmen „Pension E“ Liquiditätsprobleme bestanden, der Betrieb habe nur durch bankseitige Überbrückungskredite und den Einsatz von Lebensversicherungen aufrechterhalten werden können. Im Jahr 2005 seien jedoch sämtliche Mittel erschöpft gewesen. Das Einzelunternehmen sei an die Antragstellerin verpachtet worden und die Bank 1 habe das gesamte Engagement im Oktober 2005 gekündigt. Durch eine getroffene Zahlungsvereinbarung mit der Bank 1 sei die sonst drohende Zwangsversteigerung der Betriebsimmobilie zunächst abgewendet worden. Im Jahr 2010 habe sich die Situation jedoch zugespitzt, weil ein direkter Wettbewerber der Antragstellerin, dessen Betrieb direkt an das Grundstück der Antragstellerin angrenze, einen erheblichen Erweiterungs- und Erneuerungsbau durchgeführt habe. Hierdurch sei der tatsächlich schlechte Zustand der Betriebsimmobilie der Antragstellerin noch offensichtlicher ins Auge gefallen. Im April 2011 hätten neue Verhandlungen mit Banken begonnen, um die scheinbar ausweglose Situation des Betriebes der Antragstellerin zu verändern. Ergebnis sei gewesen, dass die Bank 1 gegen eine Vergleichszahlung in Höhe von X € Euro auf die in Höhe von etwa X € valutierenden Darlehen verzichtet habe. Zur Finanzierung der Vergleichssumme sowie zur Finanzierung der notwendigsten Investitionen (zweckgebunden bis zu X €) sei ein neues Darlehen bei der Bank 2 aufgenommen worden. Eine Sanierungsbedürftigkeit liege vor, denn ab dem Jahr 2005 sei der gesamte Kreditsaldo mit monatlich X € bedient worden, was nur zur Bedienung der Zinsen, nicht aber mehr zur Tilgung des Darlehens ausgereicht habe. Instandhaltungsmaßnahmen hätten nicht mehr im erforderlichen Umfang durchgeführt werden können. Ohne die Sanierungsmaßnahme wäre der Betrieb insolvent geworden. Nach der Umschuldung sei es möglich, die Kredite der Bank 2 zu bedienen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das Schreiben der damaligen Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 25.02.2015 verwiesen.

15
Mit Datum vom 17.12.2015 erließ der Antragsgegner einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG für das Streitjahr 2013 gegenüber der Antragstellerin, in dem er die Einkünfte aus Gewerbebetrieb ohne Abzug eines Sanierungsgewinns in der laut Gewinnermittlung erklärten Höhe von X € feststellte.

16
Hiergegen legte die Antragstellerin Einspruch ein, den der Antragsgegner mit Einspruchsentscheidung vom 05.01.2018 als unbegründet zurückwies, da über die Frage der Berücksichtigung des geltend gemachten Sanierungsgewinns nicht im Feststellungsverfahren, sondern in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden sei. Die Einspruchsentscheidung wurde bestandskräftig.

17
Parallel zum Feststellungsverfahren lehnte der Antragsgegner den Antrag der Antragstellerin auf Gewährung einer Billigkeitsmaßnahme nach §§ 163, 222 und 227 AO im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Sanierungsgewinn mit separatem Bescheid vom 26.01.2016 ab. Auch gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin Einspruch ein, den der Antragsgegner ebenfalls mit Einspruchsentscheidung vom 05.01.2018 als unbegründet zurückwies. Hiergegen erhob die Antragstellerin eine Verpflichtungsklage nach §§ 163, 227 AO vor dem Finanzgericht Münster (Az: 9 K 184/18 AO). In diesem Klageverfahren fand am 28.01.2019 ein Erörterungstermin vor dem damals zuständigen Berichterstatter, Richter am Finanzgericht N, statt. Im Protokoll heißt es: „Erörtert wird insbesondere die verfahrensrechtliche Problematik, dass die vorliegende Klage das Billigkeitsverfahren betrifft, während § 3a EStG das Festsetzungsverfahren betrifft.“ Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll des Erörterungstermins (Bl. 53 f der Gerichtsakte im Verfahren 9 K 184/18 AO) verwiesen.

18
Im weiteren Verlauf des Verfahrens 9 K 184/18 AO wies der inzwischen zuständige Berichterstatter, Richter am Finanzgericht S, den damaligen Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin, Herrn Steuerberater C, darauf hin, dass die Klage keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte. Der damalige Prozessbevollmächtigte teilte Herrn S mit, dass er nach der aktuellen Rechtslage (rückwirkende Geltung von § 3a EStG als Steuerbefreiungsvorschrift) eigentlich im Festsetzungs- bzw. Feststellungsverfahren hätte klagen müssen. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung habe diese Möglichkeit aber noch nicht bestanden und er habe deswegen nur im Billigkeitsverfahren klagen können. Der frühere Berichterstatter habe im Erörterungstermin mitgeteilt, dass er diese verfahrensrechtliche Situation ebenfalls für unbefriedigend gehalten habe und man die Klage möglicherweise rechtsschutzgewährend auslegen müsse. Herr S wies den damaligen Prozessbevollmächtigten darauf hin, dass sich dies so zwar nicht aus dem Protokoll ergebe, sagte aber zu, sich noch Gedanken zur verfahrensrechtlichen Rechtslage zu machen und sich dann wieder - vor einer Ladung zur mündlichen Verhandlung - zu melden (Telefonvermerk vom 12.02.2020, Bl. 56 der Gerichtsakte im Verfahren 9 K 184/18 AO).

19
Mit Hinweisschreiben vom 13.02.2020 (Bl. 57 f. der Gerichtsakte im Verfahren 9 K 184/18 AO) hat der Berichterstatter S den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin im Verfahren 9 K 184/19 AO darauf hingewiesen, dass (der erst nach Klageerhebung mit Rückwirkung versehene) § 3a EStG nicht im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens (sondern nur im Rahmen des Festsetzungs- bzw. Feststellungsverfahrens) geprüft werden könne. Eine Auslegung der Klage dahingehend, dass sie gegen den Feststellungsbescheid gerichtet sei, dürfte nicht in Betracht kommen, weil zum Zeitpunkt der Klageerhebung aufgrund der damals geltenden Rechtslage keine Veranlassung bestanden habe, den Feststellungsbescheid anzufechten. Der Berichterstatter hat die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass die Klage daher bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte und angefragt, ob die Klage zurückgenommen werde.

20
Am 07.05.2020 beantragte die Antragstellerin die Änderung der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a EStG nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 2 AO dahingehend, den im steuerlichen Gewinn enthaltenen Sanierungsgewinn in Höhe von X € aus sachlichen Billigkeitsgründen bei der Festsetzung nicht zu berücksichtigen und den steuerlichen Gewinn gem. § 163 AO entsprechend niedriger festzusetzen. Im Erörterungstermin vom 28.01.2019 hätte der Vertreter der Antragstellerin erklärt, dass er allen verfahrensrechtlichen Erfordernissen zustimme, erforderliche Anträge auf Anwendung des § 3a EStG stelle und auch die Änderung der Feststellung selbst für zutreffend halte. Da der Antrag auf Anwendung des § 3a EStG keiner besonderen Form bedürfe, gelte dieser Antrag bereits am 28.01.2019 im Rahmen des Erörterungstermins als gestellt. Der Antrag auf Anwendung des § 3a EStG stelle ein rückwirkendes Ereignis dar.

21
Mit Bescheid vom 04.08.2020 lehnte der Antragsgegner den Antrag der Antragstellerin vom 07.05.2020 auf Änderung der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2013 ab.

22
Hiergegen legte die Antragstellerin am 31.08.2020 Einspruch ein, zugleich beantragte sie beim Antragsgegner die Aussetzung der Vollziehung (AdV).

23
Mit Schreiben vom 25.09.2020 lehnte der Antragsgegner den AdV-Antrag ab.

24
Mit Einspruchsentscheidung vom 13.11.2020 wies der Antragsgegner den Einspruch der Antragstellerin als unbegründet zurück. Eine Änderung des Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a EStG für das Jahr 2013 sei nicht mehr zulässig, weil die Feststellungsfrist abgelaufen sei. Die Feststellungsfrist habe im Streitfall mit Ablauf des Kalenderjahres 2015 begonnen, da die Feststellungserklärung für das Jahr 2013 am 26.02.2015 beim Antragsgegner eingegangen sei. Die vierjährige Feststellungsfrist sei daher mit Ablauf des Jahres 2019 abgelaufen. Die Antragstellerin habe die Änderung der gesonderten und einheitlichen Feststellung erst mit Schreiben vom 07.05.2020 und damit nach Ablauf der Feststellungsfrist beantragt. Aus dem Protokoll des Erörterungstermins vom 28.01.2019 ergebe sich nicht, dass bereits seinerzeit tatsächlich ein entsprechender Antrag gestellt worden sei. Außerdem habe zum damaligen Zeitpunkt bereits eine bestandskräftige Feststellung für das Jahr 2013 vorgelegen. Zudem stelle die rückwirkende Änderung steuerrechtlicher Normen kein rückwirkendes Ereignis i.S.v. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar. Im Übrigen seien auch die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 3a EStG im Streitfall nicht erfüllt.

25
Hiergegen hat die Antragstellerin am 16.12.2020 Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen 9 K 3511/20 F beim erkennenden Senat anhängig ist.

26
Mit Schreiben vom 04.01.2021 (Bl. 76 der Gerichtsakte im Verfahren 9 K 184/18 AO) hat die Antragstellerin die Klage im Verfahren 9 K 184/18 AO zurückgenommen.

27
Am 11.11.2021 hat die Antragstellerin den streitgegenständlichen Antrag auf AdV beim Finanzgericht gestellt. Es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheids vom 04.08.2020. Der Ablauf der Festsetzungsfrist sei wegen des Antrags auf Änderung der Gewinnfeststellung 2013 und auf Anwendung des § 3a EStG im Erörterungstermin vom 28.01.2019 gehemmt. Die Ausübung des Wahlrechts könne auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO liege vor, wenn die Wahlrechtsausübung selbst Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes sei. Wegen des Vorliegens der Voraussetzungen eines Sanierungsertrags im Sinne von § 3a EStG verweist die Antragstellerin auf die Ausführungen im Verfahren 9 K 184/18 AO.

28
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

29
den Bescheid vom 04.08.2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung 15.11.2020 dergestalt von der Vollziehung auszusetzen, dass vorläufig von dem erklärten Sanierungsgewinn ausgegangen wird,

30
hilfsweise, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung gem. § 114 FGO zu verpflichten, den außerordentlichen Ertrag in Höhe von X € bei der Gewinnfeststellung außer Ansatz zu lassen.

31
Der Antragsgegner beantragt,

32
den Antrag abzulehnen.

33
Er ist der Auffassung, der gestellte AdV-Antrag sei bereits unzulässig, weil er für das Klageverfahren bislang keinen AdV-Antrag abgelehnt habe. Der AdV-Antrag vom 31.08.2020 und die Ablehnung vom 25.09.2020 hätten das vorgelagerte Einspruchsverfahren betroffen. Aber auch in der Sache habe der AdV-Antrag keinen Erfolg, da die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2013 im Jahr 2020 nach den Vorschriften der Abgabenordnung nicht mehr geändert werden könne, weil mit Ablauf des Jahres 2019 Feststellungsverjährung eingetreten gewesen sei.

34
Wie sich aus der Einspruchsentscheidung des Antragsgegners vom 05.01.2018 zur Ablehnung einer Billigkeitsmaßnahme ergibt, ist dieser außerdem der Auffassung, dass die Antragstellerin selbst nicht sanierungsbedürftig sei. Sie habe in keinem Jahr ihres Bestehens einen Verlust ausgewiesen und sei auch keinen Vollstreckungsmaßnahmen ausgesetzt gewesen. Im Falle der Überschuldung des Sonderbetriebsvermögens eines Gesellschafters sei das Merkmal der Sanierungsbedürftigkeit nur dann gegeben, wenn die Gesellschaft als solche ohne den Schuldenerlass in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten wäre. Die Antragstellerin sei lediglich Pächterin der Geschäftsimmobilie und eine drohende Zwangsvollstreckung des Grundbesitzes hätte nicht zu einer Beendigung des Pachtverhältnisses geführt. Gegen eine Sanierungsbedürftigkeit spreche auch, dass der Geschäftsbetrieb trotz der Kündigung der Darlehen im Jahr 2005 über viele Jahre habe fortgeführt werden können. Eine möglicherweise bestehende Sanierungsbedürftigkeit hinsichtlich der Bausubstanz der Immobilie sei nicht gleichzusetzen mit einer Sanierungsbedürftigkeit im Sinne des Steuerrechts. Im Hinblick auf die Sanierungsfähigkeit und Sanierungseignung fehle es an der Vorlage geeigneter Unterlagen (Prognoserechnung, Businessplan, Liquiditätsplan für die nächsten Jahre) aus denen sich ergebe, dass das Unternehmen nach der Sanierung rentabel fortgeführt werden könne. Auch das Vorliegen einer Sanierungsabsicht sei zweifelhaft, da bereits zu Beginn der Verhandlungen festgestanden habe, dass die Bank 1 ihre Geschäftsbeziehungen beenden und durch die Bank 2 ersetzt werden würde. Soweit die Antragstellerin zum Beleg der Sanierungsabsicht auf ein Schreiben der Bank 1 vom 09.03.2015 verweise, so sei dieses Schreiben nicht aussagefähig, da es zwei Jahre nach Abschluss der Vergleichsverhandlungen abgefasst worden sei.

35
Der Senat hat die Akten der Verfahren 9 K 184/18 AO und 9 K 3511/20 F beigezogen.

36
II.

37
1. Der AdV-Antrag ist zulässig.

38
a) Der Antrag ist ‒ entgegen der Auffassung des Antragsgegners ‒ nicht deshalb unzulässig, weil der Antragsgegner im Klageverfahren keinen Antrag abgelehnt hat. Es genügt eine einmalige Ablehnung durch das Finanzamt, der Steuerpflichtige muss nicht in jedem Stadium des Verfahrens einen neuen AdV-Antrag stellen (BFH, Beschluss vom 24.02.2012 ‒ IX B 146/11, BStBl. II 2012, 335; Birkenfeld, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, FGO, § 69 Rdn. 1083 f.).

39
b) Der AdV-Antrag ist auch statthaft.

40
Zwar kann in den Fällen, in denen die Änderung eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes im Wege der Verpflichtungsklage angestrebt wird, einstweiliger Rechtsschutz nur durch eine einstweilige Anordnung gem. § 114 FGO gewährt werden (BFH, Beschluss vom 16.12.1997 ‒ XI S 41/97, BFH/NV 1998, 615).

41
Im Streitfall geht der Senat im Wege der rechtsschutzgewährenden Auslegung jedoch davon aus, dass die Antragstellerin nicht die Änderung des Bescheides über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) AO, sondern den Erlass eines Bescheides über die gesonderte Feststellung nach § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG begehrt, der einen gegenüber dem Feststellungsbescheid nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) AO eigenständigen Verwaltungsakt darstellt (Kobor in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3a Rdn. E7; Seer in: Kirchhof/Seer, EStG, § 3a Rdn. 54). Sinngemäß hat der Antragsgegner diesen Antrag mit Bescheid vom 04.08.2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.11.2020 abgelehnt.

42
Insoweit ist der Senat der Auffassung, dass ‒ ebenso wie in den Fällen der Ablehnung des Erlasses negativer Gewinnfeststellungsbescheide (BFH, Beschluss vom 14.04.1987 ‒ GrS 2/85, BStBl. II 1987, 637) ‒ trotz der Statthaftigkeit einer Verpflichtungsklage in der Hauptsache ‒ ein effektiver einstweiliger Rechtsschutz nur im Wege der AdV gewährt werden kann. Hierfür spricht, dass die Weigerung des Finanzamts in den Fällen der gesonderten Feststellung, einen zusätzlichen Feststellungsbescheid nach § 3a Abs. 4 EStG zu erlassen, der Weigerung zur Steuerfreistellung des Anierungsertrags in einem Steuerbescheid entspricht. Letzterem Falle liegt aber zweifelsohne eine Anfechtungssituation zugrunde.

43
2. Der AdV-Antrag ist auch begründet.

44
a) Gem. § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO soll das Gericht der Hauptsache auf Antrag den Verwaltungsakt aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Außerdem kann unter den vorgenannten Voraussetzungen auch eine Aufhebung der Vollziehung (§ 69 Abs. 3 Satz 3 FGO) erfolgen.

45
Ernstliche Zweifel im Sinne des § 69 Abs. 2 FGO liegen vor, wenn bei Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von entscheidungserheblichen Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, BFH, Beschluss vom 16.05.2019 ‒ XI B 13/19, BFH/NV 2019, 1043). Bei der notwendigen Abwägung im Einzelfall sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Die AdV setzt jedoch nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes sprechenden Gründe überwiegen. Vielmehr genügt es, dass der Erfolg des Rechtsbehelfs ebenso nicht auszuschließen ist wie der Misserfolg (BFH, Beschluss vom 23.08.2007 ‒ VI B 42/07, BStBl. II 2007, 799). Dagegen begründet eine vage Erfolgsaussicht noch keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes (BFH, Beschluss vom 11.06.1968 ‒ VI B 94/67, BStBl. II 1968, 657). Im gerichtlichen Verfahren über einen Antrag auf AdV beschränkt sich der Prozessstoff wegen der Eilbedürftigkeit des Verfahrens auf die dem Gericht vorliegenden Unterlagen, insbesondere die Akten der Behörde oder andere präsente Beweismittel. Das Gericht muss den Sachverhalt in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht weiter aufklären (BFH, Beschluss vom 14.02.1989 ‒ IV B 33/88, BStBl. II 1989, 516).

46
b) Nach diesen Grundsätzen bestehen im Streitfall ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheids vom 04.08.2020.

47
aa) Es bestehen - entgegen der Auffassung des Antragsgegners - ernstliche Zweifel daran, dass die Feststellungsfrist im Streitfall bereits abgelaufen ist.

48
(1) Gem. § 181 Abs. 1 Satz 1, § 169 Abs. 2 Nr. 4 AO beträgt die Festsetzungsfrist bzw. Feststellungsfrist vier Jahre und beginnt mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist (§ 170 Abs. 1 AO). Abweichend von § 170 Abs. 1 AO beginnt die Frist, wenn eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen ist, gem. § 181 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist.

49
Nach diesen Grundsätzen wäre die Feststellungsfrist unabhängig von der zwischen den Beteiligten streitigen Frage einer etwaigen Antragstellung im Erörterungstermin am 28.01.2019 im Streitfall abgelaufen, da die Feststellungsfrist mangels Verpflichtung zur Abgabe einer Feststellungserklärung gem. § 3a Abs. 4 S. 1 EStG mit Ablauf des Jahres 2013 begonnen und am 31.12.2017 abgelaufen wäre.

50
(2) Abweichend von den vorgenannten Grundsätzen beginnt in den Fällen des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO die Festsetzungsfrist jedoch mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem das Ereignis eintritt (§ 175 Abs. 1 Satz 2 AO), d.h. sie beginnt neu zu laufen (Klomp in: BeckOK AO, § 175 Rdn. 160).

51
Gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat. Der Antrag auf Anwendung des § 3a EStG stellt nach herrschender Auffassung in der Literatur ein solches rückwirkendes Ereignis dar (so Hasbach, DB 2019, 871, 874 f.; Seer, in: Kirchhof/Seer, EStG, § 3a Rdn. 6a; Krumm, in: Heuermann/Brandis, EStG, § 3a Rdn. 4; Bleschick, in: BeckOK EStG, § 3a Rdn. 39; Reddig, HFR 2021, 438; a.A. Förster/Hechtner, DB 2019, 10, 12: rückwirkende Gesetzesänderung kein rückwirkendes Ereignis). Hierfür spricht, dass die Regelung des § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG, die eine rückwirkende Ausübung des Antragsrechts vorsieht, anderenfalls weitgehend leerliefe. Einer (unerwünschten) zeitlich uferlosen Ausübung des Wahlrechts kann nach Auffassung des Senates dadurch begegnet werden, dass für den Beginn der Festsetzungsfrist gem. § 175 Abs. 1 Satz 2 AO auf den Zeitpunkt der erstmals eröffneten Wahlmöglichkeit abzustellen ist. Die gesetzliche Wahlmöglichkeit bestand erst mit der Einführung des § 3a EStG durch das Gesetz zur Vermeidung von USt-Ausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11.12.2018, so dass ‒ selbst wenn man von einer Antragstellung erst im Jahr 2020 ausginge ‒ im Antragszeitpunkt die vierjährige Feststellungsfrist noch nicht abgelaufen wäre.

52
c) Nach summarischer Prüfung kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit des Sanierungsertrages nach § 3a EStG im maßgeblichen Zeitpunkt des Schuldenerlasses ganz oder teilweise vorgelegen haben.

53
Gem. § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG sind Betriebsvermögensmehrungen oder Betriebseinnahmen aus einem Schuldenerlass zum Zwecke einer unternehmensbezogenen Sanierung im Sinne des Absatzes 2 (Sanierungsertrag) steuerfrei. Eine unternehmensbezogene Sanierung liegt gem. § 3a Abs. 2 EStG vor, wenn der Steuerpflichtige für den Zeitpunkt des Schuldenerlasses die Sanierungsbedürftigkeit und die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, die Sanierungseignung des betrieblich begründeten Schuldenerlasses und die Sanierungsabsicht der Gläubiger nachweist.

54
Nach summarischer Prüfung auf Basis der präsenten Beweismittel liegen die Voraussetzungen einer unternehmensbezogenen Sanierung gem. § 3a Abs. 2 EStG im Streitfall zumindest möglicherweise vor.

55
aa) Nach bisheriger Aktenlage kommt ernsthaft in Betracht, dass das Unternehmen der Antragstellerin sanierungsbedürftig war. Ein Unternehmen ist dann sanierungsbedürftig, wenn es ohne die Sanierung nicht fortgeführt werden kann (Bleschick, in: BeckOK EStG, § 3a Rdn. 285). Dies erfordert eine Prüfung der Ertrags- und der Finanzlage, des Verhältnisses der liquiden Mittel zur Höhe der Schuldenlast und der Gesamtleistungsfähigkeit des Unternehmens (BFH, Urt. vom 14.03.1990 - I R 64/85, BStBl II 1990, 810; BFH, Urt. vom 22.04.1998 - XI R 48/95, BFH/NV 1998, 1214). Jedenfalls dann, wenn ein Insolvenzantragsgrund vorliegt, liegt auch die Sanierungsbedürftigkeit vor. Zwar dürfte eine Kreditunwürdigkeit nicht genügen. Allerdings besteht eine Insolvenzantragspflicht nicht nur bei Zahlungsunfähigkeit, sondern gem. § 18 InsO bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit (Krumm in: Brandis/Heuermann, EStG, § 3a Rdn. 24; Bleschick in: BeckOK EStG, § 3a Rdn. 285). Für die Frage der Sanierungsbedürftigkeit einer Personengesellschaft ist auf das Unternehmen der Gesellschaft abzustellen und auch das Vermögen solcher Personen in die Beurteilung einzubeziehen, die für die Unternehmensverbindlichkeiten haften, wie etwa ein persönlich unbeschränkt haftenden Gesellschafter (BFH, Urt. vom 27.01.1998 -- VIII R 64/96, BStBl II 1998, 537). Bei einer Überschuldung des Sonderbetriebsvermögens eines Gesellschafters ist das Merkmal der Sanierungsbedürftigkeit nur dann gegeben, wenn die Gesellschaft als solche ohne den Schuldenerlass in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten wäre (BFH, Urt. vom 28.03.2000 ‒ VIII R 43/99, BFH/NV 2000, 1330).

56
Letztere Frage kann erst im Rahmen des Hauptverfahrens abschließend geklärt werden.

57
Das Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters T 1 war überschuldet. Außerdem war von dessen (drohender) Zahlungsunfähigkeit auszugehen, da ‒ was zwischen den Beteiligten unstreitig ist ‒ seit längerer Zeit ausschließlich Zins- aber keine Tilgungsleistungen mehr auf dessen Darlehen bei der Bank 1 erbracht wurden. Auch deckt das in der Selbstauskunft gegenüber der Bank 1 am 23.01.2012 erklärte Privatvermögen des Herrn T 1 das in der Sonderbilanz ausgewiesene negative Kapital bei weitem nicht ab. Die Antragstellerin selbst hatte anscheinend Forderungen gegenüber Herrn T 1.

58
Es erscheint des Weiteren eher naheliegend, dass auch die Gesellschaft als solche ohne den Schuldenerlass zugunsten des Gesellschafters T 1 in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten wäre. Im Falle einer Zwangsversteigerung des Grundstückes wäre der Antragstellerin trotz des auch in diesem Fall grundsätzlich fortbestehenden Pachtvertrages (§ 593b i.V.m. § 566 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--, § 57 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung --ZVG--) möglicherweise die Betriebsgrundlage entzogen worden, da der Ersteher berechtigt wäre, das Miet- oder Pachtverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen (§ 57a ZVG). Außerdem beruhte der Betrieb der Antragstellerin wesentlich auf der persönlichen Mitarbeit des Kommanditisten T 1 und diese Mitarbeit wäre im Falle einer Vollstreckung in das Sonderbetriebsvermögen möglicherweise beendet worden (vgl. BFH, Urt. vom 27.01.1998 ‒ VIII R 64/96, BStBl. II 1998, 537). Entgegen der Auffassung des Antragsgegners genügt es deshalb zur Verneinung einer Sanierungsbedürftigkeit der Antragstellerin nicht, dass die Antragstellerin Gewinne erzielt hat und ausgehend von dem vorliegenden Jahresabschluss zum 31.12.2012 im Zeitpunkt des Forderungserlasses nicht überschuldet war. Denn neben dem bereits angesprochenen drohenden Entzug des Betriebsgrundstücks als entscheidender Betriebsgrundlage stand außerdem die Werthaltigkeit ihrer Forderungen gegenüber Herrn T 1 in Frage. Des Weiteren war der Wert der persönlichen Mitarbeit der Eheleute T in den vom Antragsgegner angeführten steuerlichen Gewinnen enthalten, und es erscheint in derartigen Fällen noch nicht geklärt, ob bei der Bestimmung der Ertragskraft des jeweiligen Unternehmens ein angemessener (kalkulatorischer) Unternehmerlohn zu berücksichtigen ist (offen gelassen durch BFH, Urt. vom 14.03.1990 - I R 129/85, BStBl II 1990, 955, bejaht zuvor von der Vorinstanz).

59
Die Klärung der Ertrags- und Vermögensituation der Komplementär-GmbH muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Ausgehend von den geringen Gewinnanteilen derselben liegt bisher die Annahme nahe, dass diese nicht in der Lage gewesen wäre, die Antragstellerin finanziell wesentlich zu unterstützen.

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bb) Nach summarischer Prüfung war das Unternehmen möglicherweise auch sanierungsfähig und der in Rede stehende Schuldenerlass zur Sanierung geeignet.

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Die Sanierungsfähigkeit/Sanierungseignung ist gegeben, wenn das Überleben des Unternehmens durch den Schuldenerlass und ggf. weitere Sanierungsmaßnahmen bei objektiver Beurteilung gesichert ist (BFH, Beschluss vom 28.11.2016 ‒ GrS 1/15, BStBl. II 2017, 393). Abzustellen ist insbesondere auf die Ertragslage und die Höhe des Betriebsvermögens vor und nach der Sanierung, auf die Kapitalverzinsung durch die Erträge des Unternehmens und darauf, ob das Unternehmen die Zins- und Tilgungsleistungen für die verbliebenen Verbindlichkeiten aus den voraussichtlich positiven Zahlungsüberschüssen der künftigen Geschäftstätigkeit leisten kann (vgl. Bleschick in: BeckOK EStG, § 3a Rdn. 295; Krumm, in: Brandis/Heuermann, EStG, § 3a Rdn. 25).

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Die Frage der Sanierungsfähigkeit sowie die hiermit zusammenhängende Frage der Sanierungseignung kann auf Basis der präsenten Beweismittel im Aussetzungsverfahren nicht abschließend geklärt werden. Eine Sanierungsfähigkeit des Unternehmens sowie die Eignung des Schuldenerlasses zur Erreichung dieses Ziels erscheinen aber ernstlich möglich. Es ist nach summarischer Prüfung jedenfalls nicht fernliegend, dass die neu finanzierende Bank 2 ihre Kredite zur Modernisierung/Sanierung auf der Basis eines konkreten Sanierungsplans/-konzepts gewährt hat. Im Hauptsacheverfahren werden die Konditionen der neuen Darlehen und die aus damaliger Sicht voraussichtliche zukünftige Ertragslage der Antragstellerin näher zu prüfen sein.

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cc) Nach summarischer Prüfung erscheint es auch gerade noch hinreichend möglich, dass eine Sanierungsabsicht vorgelegen hat.

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An das Vorliegen der Sanierungsabsicht sind keine strengen Anforderungen zu stellen. Die Sanierungsabsicht wird vermutet, wenn der Schuldner sanierungsbedürftig ist und der Erlass geeignet war, die Sanierung herbeizuführen (Bleschick in: BeckOK EStG, § 3a Rdn. 237, Krumm in: Brandis/Heuermann, EStG, § 3a Rdn. 25). Unschädlich ist es insoweit, dass der Gläubiger mit dem Forderungserlass typischerweise auch eigene Motive verfolgt und der Schulderlass nur das Mittel zum Zweck ist, zumindest einen Teil seiner Restforderung oder eine Geschäftsbeziehung zu retten. Solche Motive sind unschädlich, sofern die Sanierungsabsicht mitentscheidend ist (BFH-Urteil vom 12.10.2005 ‒ X R 20/03, BFH/NV 2006, 713). Allerdings darf ‒ worauf der Antragsgegner zu Recht hinweist ‒ nach der BFH-Rechtsprechung die fremdnützige Sanierungsabsicht auch nicht völlig fehlen (vgl. BFH, Beschluss vom 27.11.2020 ‒ X B 63/20, BFH/NV 2021, 531).

65
Auf Basis der Aktenlage kann im Streitfall noch nicht abschließend beurteilt werden, ob auch die Sanierungsabsicht mitentscheidend für den Forderungserlass war. Unter anderem ist unklar, inwiefern die verzichtende Bank 1 ggf. weitere Geschäftsbeziehungen zur Antragstellerin oder deren Gesellschaftern unterhalten hat und welche Rolle die Bank 3 spielte. Die Bestätigung der Bank 1 vom 09.03.2015, wonach sie dem Vergleichsvorschlag auch in der Absicht, die Sanierung des Betriebes zu ermöglichen, gefolgt sei, dürfte allein nicht ausreichend sein, um die Frage der Sanierungsabsicht zu klären. Denn im Rahmen der damaligen Verhandlungen regte die Bank 1 einen freihändigen Verkauf des Grundstücks an (Schreiben vom 26.10.2012) und der Kläger ließ mitteilen, ein Käufer sei bereit, X € zu bieten, jedoch nicht mehr (Schreiben vom 12.11.2012). Daraufhin führte die Bank 1 unter Hinweis auf das Vergleichsangebot des Herrn T 1 aus: „Angabegemäß soll der Betrag durch Verkauf der uns haftenden Immobilie erbracht werden. Nach nochmaliger wohlwollender Prüfung des Angebotes und Rücksprache mit der Bank 3 stimmen wir dem Angebot zu.“ Die Aufklärung der Motivation des Forderungserlasses muss daher dem Hauptsacheverfahren ‒ ggf. durch Zeugenvernehmung der an den Verhandlungen beteiligten Mitarbeiter der Bank 1 ‒ vorbehalten bleiben.

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dd) Die Höhe des durch den Forderungsverzicht entstandenen Ertrages ist nach bisheriger Aktenlage unstreitig. Die Frage, ob und in welcher Höhe im Streitfall nicht abziehbare Beträge i.S. des § 3c Abs. 4 EStG vorliegen (nach Aktenlage eventuell Rechtsanwaltskosten) und ob auch der geminderte Sanierungsertrag festzustellen ist (vgl. dazu bejahend Levedag in: Schmidt, EStG, § 3a Rdn. 41; verneinend Seer in: Kirchhof/Seer, EStG, § 3a Rdn. 54), muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Beträge i.S. des § 3a Abs. 3 S. 2 Nr. 1-6 und 13 EStG sind nach Aktenlage nicht festzustellen, so dass etwaige insoweit bestehende verfahrensrechtliche Fragen vorliegend keiner Entscheidung bedürfen.

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3. Von der Anordnung einer Sicherheitsleistung (§ 69 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 FGO) sieht der Senat wegen der besonderen Belastungen des Beherbergungs- und Gastronomiegewerbes durch die Corona-Pandemie ab.

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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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