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20.07.2021 · IWW-Abrufnummer 223604

Kammergericht Berlin: Urteil vom 30.04.2021 – 6 U 1015/20

1.

Wird bei der elektronischen Öffnungsüberwachung der Fenster eines Museums, in dem sich u. a. gegen Einbruchdiebstahl versicherte Objekte befinden, die Überwachung für ein Fenster deaktiviert, weil Schließdefekte dieses Fensters Fehlalarme ausgelöst haben, um die elektronische Überwachung der übrigen im selben Schaltkreis befindlichen Fenster wieder betreiben zu können, und wird der Schließdefekt des Fensters über einen längeren Zeitraum nicht repariert, so liegt wertungsmäßig die Ursache der Gefahrerhöhung in dem unabhängig vom Willen des Versicherungsnehmers eingetretenen Defekt des Fensters, so dass lediglich eine anzeigepflichtige objektive (ungewollte) Gefahrerhöhung im Sinne des § 23 Abs. 3 VVG vorliegt und keine gemäß § 23 Abs. 1 VVG verbotene subjektive (gewillkürte) Gefahrerhöhung im Sinne des § 23 Abs. 1 VVG, auch wenn isoliert in der Deaktivierung der Öffnungssicherung ein aktives Tun liegt.
2.

Hat der Repräsentant des arbeitsteilig organisierten Versicherungsnehmers im Bereich der sogen. Risikoverwaltung Kenntnis von dem gefahrerhöhenden Umstand und dessen gefahrerhöhenden Charakter, ist diese Kenntnis dem Versicherungsnehmer zuzurechnen, weil der Repräsentant in seinem Zuständigkeitsbereich zugleich Wissensvertreter ist.




Die tatsächliche Weiterleitung des Wissens risikoverwaltender Repräsentanten an das vertretungsberechtigte Organ und/oder dessen vertragsverwaltende Repräsentanten ist eine Frage der inneren Organisation des Versicherungsnehmers, die allein im Risikobereich des Versicherungsnehmers liegt, so dass die fehlende Weiterleitung des Wissens der Leistungskürzung wegen Verletzung der Anzeigepflicht durch den Versicherungsnehmer gemäß § 26 Abs. 2 VVG nicht entgegen steht.

In dem Rechtsstreit
A.
- Kläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte
Streithelferin u. Berufungsklägerin:
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte
gegen
B. Versicherungs-Aktiengesellschaft,
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte
hat das Kammergericht - 6. Zivilsenat - durch die Vorsitzende Richterin am Kammergericht Reinhard, die Richterin am Kammergericht Reifenrath und den Richter am Kammergericht Ninnemann aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 09.03.2021 für Recht erkannt:
Tenor:

Auf die Berufungen des Klägers und der Streithelferin wird das Urteil der Zivilkammer 4 des Landgerichts Berlin vom 17. März 2020 unter Zurückweisung der Rechtsmittel im Übrigen geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die C. Bank auf das Konto ...., lautend auf den Kläger, 1.260.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 % p.a. auf 2.100.000,00 EUR für den Zeitraum vom 28. März 2017 bis zum 16. Januar 2018 und aus 1.260.000,00 EUR für den Zeitraum vom 17. Januar 2018 bis zum 13. Dezember 2018 sowie in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf diesen Betrag seit dem 14. Dezember 2018 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 62 % und die Beklagte 38 % zu tragen. Die durch die Nebenintervention verursachten Kosten werden zu 38 % der Beklagten auferlegt. Im Übrigen trägt die Nebenintervenientin ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien und der Nebenintervenientin wird gestattet, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 105 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei beziehungsweise die Nebenintervenientin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 105 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe

I.

Der Kläger begehrt als Versicherter die Zahlung der zwischen der Streithelferin und der Beklagten vereinbarten Versicherungssumme wegen der Entwendung der Goldmünze "BIG MAPLE LEAF" aus dem X-Museum in Berlin am 27. März 2017. Die Zahlung soll an die im Tenor genannte Bank erfolgen, an die der Kläger den Anspruch aus dem Versicherungsvertrag mit dem als Anlage K 21 eingereichten Vertrag vom 15. September 2017 abgetreten hat.

Der Kläger ist Eigentümer der genannten Goldmünze. Er hatte mit der Streithelferin zunächst einen ersten Leihvertrag abgeschlossen. Ausstellungsort war das X-Museum in Berlin. Auf den Leihvertrag vom 14.10./6.11.2010 wird verwiesen (K 1). Die Streithelferin und der Kläger schlossen am 3. Januar 2013 einen erneuten Leihvertrag ab (K 3). Dabei wurde die Streithelferin durch den Generaldirektor der Y-Museen vertreten. In diesem Vertrag wurde der Versicherungswert mit 4,2 Mio. EUR statt wie bisher mit 3,5 Mio. EUR angegeben. In § 7 des Vertrages ist geregelt, dass die Leihgaben vom Entleiher bei der Firma Z., Versicherungsmakler, zur Versicherung angemeldet werden.

Die Streithelferin ist eine bundesunmittelbare Stiftung des öffentlichen Rechts. Sie wurde gegründet mit dem Gesetz vom 25. Juli 1957 (BGBl. I, S. 841 = StiftG). Auf sie sind das Eigentum und sonstige Vermögensrechte des ehemaligen Landes Preußen an Kulturgütern, insbesondere Archiv-, Bibliotheks-, Museumsbestände und sonstige Kunstsammlungen oder wissenschaftliche Sammlungen einschließlich Inventar übergegangen. Auch das Eigentum an Grundstücken, die überwiegend zur Unterbringung dieser Kulturgüter bestimmt waren oder dienten, ist auf die Stiftung übergegangen, § 2 StiftG. Organe der Streithelferin sind der Stiftungsrat, der aus Vertretern der Bundesländer gebildet wird, der Präsident sowie ein Beirat, der den Stiftungsrat und den Präsidenten zu beraten hat, § 5 StiftG. Der Präsident hat die Beschlüsse des Stiftungsrates auszuführen und die laufenden Angelegenheiten der Stiftung wahrzunehmen.

Die innere Ordnung der Streithelferin wird durch eine Satzung geregelt. Gemäß § 7 Abs. 1 dieser Satzung vertritt der Präsident die Stiftung gerichtlich und außergerichtlich.

Zur Streithelferin gehören (s. ihr auf der Internetseite aufrufbares Organigramm) gehören die Y-Museen, geleitet durch einen Generaldirektor, sowie die ..... Zu den Y-Museen gehört auch das Münzkabinett im X-Museum, in dem die Münze ausgestellt werden sollte und in der Folgezeit auch wurde. Der dem Generaldirektor unterstellten Generaldirektion ist das Referat III - Sicherheit - untergeordnet, dessen Leiter im Jahr 2017 und in den Jahren davor der als Zeuge benannte H. war und zu dem auch der Leiter der Wachdienste G. gehörte.

Die Streithelferin unterhielt zwei Kunst-Generalpolicen mit den Nummern 10400 und 10401 (Bl. I/93 d. A.). Letztere hat die Streithelferin als Anlage ST 1 zur Akte gereicht. Führender Versicherer war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses die A. Art Versicherungs AG. Zu den Einzelheiten des Versicherungsvertrages vom 10.9./3.12. 2003 wird auf die Anlage ST 1 verwiesen. Versichert waren Transporte, vorübergehende Aufenthalte (z.B. Ausstellungen, kurzfristige Depotlagerungen, Zwischenlagerungen sowie Dauerleihgaben) von Kunstgegenständen im Rahmen der Bedingungen dieses Vertrages. Die Beklagte ist diesem Versicherungsvertrag durch einen Nachtrag am 16./28.12. 2011 beigetreten mit einer Beteiligung von 50% (Bl. I/50 d.A.). Sie ist seit dem 1. Januar 2012 führender Versicherer (Bl. I/93 d. A.).

Die Streithelferin schloss über das oben genannte Maklerunternehmen am 19./20. Dezember 2012 eine gesonderte Einzelversicherung mit der Beklagten über die hier in Rede stehende Goldmünze ab. Dem Kläger wurde ein "Versicherungszertifikat / Einzel-Police" der Maklerin übermittelt, in dem/der bestätigt wird, dass gegenüber dem Kläger für Rechnung, wen es angeht, die Versicherung für die Goldmünze übernommen wurde. Zu den Einzelheiten des Inhalts der Einzelpolice wird auf die Anlage K 4 verwiesen. Der Abschluss der Einzelversicherung für die Goldmünze erfolgte, weil der Kläger die Goldmünze als Sicherheit für eine beabsichtigte Kreditaufnahme verwenden wollte (Bl. I/92 d.A.). Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Ausstellungsversicherung (AVB Ausstellung 2008) - überreicht als Anlage K 11 und K 28 - zugrunde sowie die Sonderbedingungen zu den AVB Ausstellungen 2008 für Kunstausstellungs-Versicherungen (Bl. II/149 d. A.).

Zum Inhalt von Vertragsverhandlungen hat die Streithelferin vorgetragen, dass der für das Maklerunternehmen tätige Dr. E. mit dem Mitarbeiter der Beklagten Dr. von F. erörtert habe, ob der "Risikoort Bode-Museum" vor Abschluss der Einzelpolice besichtigt werden solle. Dieser habe erklärt, dass dies nicht erforderlich sei (Bl. I/94 d. A.).

Die Goldmünze wurde am 27. März 2017 aus dem X-Museum entwendet. Das X-Museum liegt an der Spitze der Museumsinsel, der Haupteingang ist über eine Brücke zu erreichen. An zwei Seiten ist das Museum von Wasser umgeben. Hinter dem X -Museum befindet sich das P-Museum. Ursprünglich bestand ein Übergang zwischen beiden Häusern. Dieser besteht nicht mehr. Zwischen beiden Häusern verläuft die Bahntrasse für die S-Bahn und die Deutsche Bahn. Am X-Museum ist der alte Übergang noch teilweise als Vorbau vorhanden, der unmittelbar an die Bahntrasse grenzt und diese noch um ca. 3,5 Meter überragt. Der Erdgeschossbereich des Museums ist videoüberwacht. Die restliche Gebäudefront mit dem Bereich der Abdeckung des Vorbaus war in einem zwischen den Parteien streitigen Zeitraum durch am P-Museum installierte Kameras ebenfalls videoüberwacht. Im Zeitpunkt des Diebstahls waren diese Kameras nicht mehr installiert. Deinstalliert wurden sie im Zusammenhang mit Arbeiten zur Sanierung der Gesimse am P-Museum. Nach der Behauptung der Beklagten erfolgte die Demontage im Jahr 2015 (Bl. I/35 d. A.), nach dem Vortrag der Streithelferin ist der Abbau bereits im Jahr 2007 (Bl. I/74 d. A.) vorgenommen worden.

Über dem Vorbau befindet sich in der Gebäudefront des Museums ein vierflügeliges Fenster, vor dem eine Vorsatzscheibe aus Glas angebracht war. Die Vorsatzscheibe sollte verhindern, dass sich Personen über den Vorbau am Fenster zu schaffen machen, um den Zugang zu den dahinterliegenden Räumen zu erlangen. Die Vorsatzscheibe war bereits vor dem Diebstahl am 21. März 2017 beschädigt worden, wobei auch ein Haltebolzen für die Vorsatzscheibe durchtrennt und mit einem schwarzen Klebeband umwickelt worden war (vgl. K 13, S. 23 unten; K 17, dort Fragen und Antworten zu Nr. 7 und 8). Es gab für das Fenster eine elektronische Verschluss-, Öffnungs- und Durchbruchsicherung. Für die Öffnungsüberwachung waren alle vier Flügel mit Magnetkontakten ausgestattet, der Kontaktnehmer befand sich auf dem Fensterrahmen. Die Kontakte waren gemeinsam auf eine Meldelinie an der Einbruchmeldeanlage geschaltet, und zwar in Reihe. Die Fensterflügel sind im unteren Bereich normal als Schwingflügel zu öffnen. Oben befinden sich Kippflügel, die über ein Gestänge mit "Schlupfkupplung" zu bedienen sind. An dem Fenster kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Alarmmeldungen, weil die Kippflügel teilweise witterungsbedingt klemmten, so dass der Magnetkontakt nicht geschaltet werden konnte. Auch wenn die unteren Fensterflügel stark angeschlagen wurden, verringerte sich die Kraft der auf dem Fensterrahmen angebrachten Magnete, so dass der Kontakt nicht mehr korrekt schaltete. Der untere rechte Fensterflügel des Fensters klemmte im Rahmen. Dieses Problem beim Verschluss führte ebenfalls zu einem Alarm der Öffnungsüberwachung für dieses Fenster. Das Fenster des Raumes ist Teil eines größeren Sicherheitsbereichs, zu dem neben der Durchbruch- und Öffnungsüberwachung zahlreicher anderer Fenster u. a. auch die Bewegungsmelder dahinter liegender Räume gehören. Zum Zeitpunkt des Diebstahls war die Öffnungsüberwachung an dem Fenster wegen der genannten Probleme, die Fehlalarme für dieses Fenster auslösten, deaktiviert, um die Einbruchmeldeanlage für die weiteren Räume wieder ohne permanente Alarmmeldung betreiben zu können, während die Durchbruchsicherung - Alarm bei einem Zerbrechen der Verglasung - aktiv war. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Streithelferin zu den technischen Zusammenhängen wird auf den Schriftsatz vom 10.10.2019 S. 1 f zu Ziffer 1, Bl. I/71 f. d. A., auf deren Berufungsbegründung S. 5 Ziffer 3., I/165, und auf die Anlage K 17 zu Ziffer 4. verwiesen.

Der Fensterriegel an dem unteren - von innen gesehen - rechten Flügel war demontiert, das Öffnen des Flügels war jedoch mit einem "Baustellenschlüssel" möglich.

In dem Raum hinter diesem Fenster mit der Nr. XYZ befand sich ein Umkleideraum für das Aufsichtspersonal, das tagsüber im Museum tätig war. Die Tür zum angrenzenden Treppenhaus konnte von innen mit einer "Panikklinke" geöffnet werden, so dass zur Öffnung ein Schlüssel nicht erforderlich war.

Die Parteien streiten darüber, wie lange vor dem Einbruch die Öffnungssicherung bereits deaktiviert war.

Nach den Ermittlungsergebnissen der Polizei (Akte der Staatsanwaltschaft Berlin ..... - im Folgenden: Ermittlungsakte) war es wegen der inaktiven Öffnungssicherung für dieses Fenster einem Mitarbeiter des Aufsichtspersonals, der bestimmungsgemäß Zugang zu dem Umkleideraum hatte, möglich, den rechten unteren Fensterflügel unbemerkt zu entriegeln und nur zuzudrücken. Durch das Klemmen des Flügels im Rahmen fiel dies dem Wachpersonal, das nach dem Vorbringen der Streithelferin die Fenster abends auf Verschluss zu prüfen hatte, nicht auf. Die Öffnungssicherung, die tagsüber deaktiviert war, wurde abends wieder in Betrieb genommen - nicht jedoch für den Raum XYZ. Die Täter gelangten von der Bahntrasse mittels einer Leiter auf das Dach des Vorbaus, durchtrennten dort die Bolzen im oberen Bereich der Vorsatzverglasung und bogen die Scheibe herunter. Anschließend konnten sie ohne Gewaltanwendung den Fensterflügel aufdrücken und unbemerkt in den Herrenumkleideraum gelangen.

Das unbemerkte Vordringen zur Münze war den Tätern möglich, weil wegen des Rundgangs eines Wachmanns die Bewegungsmelder im Innern des Museums deaktiviert waren. Die Türen, die die Täter auf dem Weg zur Münze passieren mussten, waren nach der Entdeckung der Tat mit Keilen fixiert. Nach den Ermittlungen der Polizei blieb jedoch die Sicherung der Außenfenster und -türen des Museums angeschaltet, wenn der Wachmann seinen Rundgang durch das Museum unternahm. Beim Rundgang des Wachmanns war ein sogenanntes "Wächterlicht" im Museum eingeschaltet. Dieses Licht war von außen von den Tätern zu sehen, so dass sie wissen konnten, wann die Bewegungsmelder im Innern des Museums deaktiviert waren und wo sich der Wachmann ungefähr befand.

Die Täter zerstörten die Vitrine der Goldmünze mit einer mitgebrachten Axt, legten die Münze auf ein Rollbrett (sogen. Hund) und transportierten sie zurück zum Umkleideraum. Von dort brachten sie die Münze durch das Fenster auf das Vordach, warfen sie auf die Bahntrasse und transportierten sie mit einer Schubkarre auf der Bahntrasse über die Spree. Anschließend warfen sie die Münze in den M-Park, seilten sich von der Bahntrasse ab und flüchteten mit einem Fahrzeug in Richtung N-Straße. Die Vitrine, in der die Goldmünze aufbewahrt wurde, war nicht gesondert alarmgeschützt.

Die Beklagte hat vorprozessual die Informationen durch die Streithelferin, die sich in den Anlagen K 16 und K 17 finden und auf die verwiesen wird, erhalten. Darauf hat sie zusammen mit dem Schreiben vom 16. Januar 2018 (bei K 24) eine Zahlung von 840.000,- EUR ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleistet und sich aufgrund erheblicher Herabsetzung des Sicherheitsniveaus auf ein Recht zur Leistungskürzung von 80 % wegen zumindest grob fahrlässiger Vornahme bzw. Duldung einer Gefahrerhöhung aufgrund Herabsetzung des Sicherheitsniveaus berufen.

Zu den weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie zum Inhalt des streitigen Parteivorbringens im ersten Rechtszug sowie zu den vor dem Landgericht gestellten Anträgen wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil wegen vollständiger Leistungsfreiheit der Beklagten infolge vorsätzlicher subjektiver Gefahrerhöhung seitens der Streithelferin abgewiesen. Zu den Einzelheiten der Erwägungen des Landgerichts wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Hiergegen richten sich die Berufungen des Klägers und der Streithelferin, die gemeinsam in vollem Umfang das Klagebegehren weiter verfolgen.

Beide berufen sich zusammengefasst darauf, dass nicht der für eine Gefahrerhöhung erforderliche Dauerzustand vorgelegen habe. Der Defekt am Fenster und die dadurch bedingte Deaktivierung der Öffnungssicherung sei erst wenige Tage vor dem Schaden erfolgt.

Die Deaktivierung sei auch nicht von einem Repräsentanten für den Bereich der Risikoverwaltung vorgenommen worden. Die Voraussetzungen eines Repräsentanten habe allein der Leiter des Referats Sicherheit H. erfüllt. Dieser sei jedoch - auch wenn er einen Arbeitsauftrag zur Reparatur des Fensters im Februar 2014 unterzeichnet habe - davon ausgegangen, dass die Mängel zeitnah wieder behoben werden. Er habe von einem dauerhaften Defekt keine Kenntnis gehabt. Da die Deaktivierung der Öffnungssicherung wegen eines Defekts am Fensterflügel der Herrenumkleide erfolgt sei mit dem Ziel, die Öffnungssicherung für die weiteren Bereiche der Alarmanlage wieder ohne dauernden Fehlalarm, ausgelöst durch den Defekt an diesem Fenster, in Betrieb nehmen zu können, sei eine Gefahrerhöhung allenfalls gegen den Willen der Streithelferin eingetreten und hätte deshalb auch allenfalls eine Anzeigepflicht auslösen können. Herr H. sei jedoch nicht vertragsverwaltender Repräsentant der Streithelferin gewesen. Er habe keine Zuständigkeit im Bereich der Kommunikation mit der Beklagten in Versicherungsdingen gehabt. Eine Zurechnung seines Verhaltens scheide deswegen aus. Auch eine Wissenszurechnung könne nicht erfolgen.

Jedenfalls sei keine erhebliche Gefahrerhöhung eingetreten, weil die Beklagte jegliche Risikoprüfung unterlassen habe, so dass eine elektronische Öffnungsüberwachung weder vom vertraglich vorausgesetzten Gefahrniveau umfasst gewesen sei noch das Funktionieren der Öffnungsüberwachung eine Rolle für den Entschluss der Beklagten, den konkreten Versicherungsvertrag einzugehen, eine Rolle gespielt habe. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei auch eine Gefahrenkompensation für den Ausfall der Öffnungssicherung durch das Demontieren der Griffe gegeben. Es liege jedenfalls kein Gefahrerhöhungsvorsatz bei der Streithelferin vor. Schließlich seien die Regelungen über Leistungsfreiheit durch Gefahrerhöhungen hier abbedungen durch die Klausel, dass auch durch Mitarbeiter der Streithelferin grob fahrlässig verursachte Schäden vom Versicherungsschutz umfasst seien.

Der Kläger und die Streithelferin beantragen,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte zu verurteilen,

Euro 3.360.000,00 nebst Zinsen in Höhe von 4% p.a. aus Euro 4.200.000,00 für den Zeitraum vom 28.03.2017 bis 16.01.2018 und aus Euro 3.360.000,00 für den Zeitraum vom 17.01.2018 bis 13.12.2018 sowie in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus Euro 3.360.000,00 Euro seit dem 14.12.2018 an die C. Bank .. auf das Konto .... lautend auf den Kläger, zu zahlen,

hilfsweise,

die Revision aus den Gründen des Schriftsatzes vom 25. März 2021 zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und verweist ergänzend auf ihren erstinstanzlichen Vortrag zur fehlenden Fälligkeit und weitere Gesichtspunkte zur Gefahrerhöhung wie dem Fehlen einer Überprüfung des von der Drittfirma übermittelten Aufsichtsmitarbeiters W., der einschlägig vorbestraft gewesen sei. Die weiteren Umstände ließen sich dem Gutachten vom 24. April 2017 des von ihr beauftragten Dipl.-Ing. K.D. O. entnehmen.

Die Beklagte behauptet, die Öffnungsüberwachung sei bereits 2014 deaktiviert worden. Dies sei dem Sachverständigen O. vor Ort mitgeteilt worden und entspreche auch dem Ermittlungsergebnis. Im Übrigen ergebe sich schon aus der Anklageschrift vom 21.9.2018, S. 30 unter Verweis auf Bd. VII Bl. 94, 110, 112 der Ermittlungsakte, dass das Fenster bereits seit 2013 defekt gewesen sei und die Sicherungseinrichtungen deaktiviert gewesen seien. Ein Arbeitsauftrag sei bereits am 13. August 2013 aufgenommen, aber bis zum Diebstahl der Münze nicht abgearbeitet worden. Am 17. Februar 2014 sei ein weiterer von dem Zeugen H. unterzeichneter, bei dem Diebstahl noch nicht abgearbeiteter Arbeitsauftrag zur Reparatur des Fensters aufgenommen worden, damit das korrekte Funktionieren von Öffnungs- und Verschlussüberwachungselementen der Sicherheitstechnik wieder gewährleistet werden könne. Hinzukomme, dass die Streithelferin den Einbruchsversuch eine Woche vor der Tat ignoriert habe. Bei der Erheblichkeit der Gefahrerhöhung sei auch der Wert der Münze zu berücksichtigen.

Die Beklagte sei beim Vertragsschluss vom Bestehen einer elektronischen Öffnungsüberwachung ausgegangen. Ohne Öffnungsüberwachung sämtlicher Fenster wäre das Risiko des Diebstahls der Münze nicht oder nur gegen eine erheblich höhere Prämie übernommen worden. Eine Öffnungsüberwachung entspreche der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt und werde als selbstverständlich bei der Ausstellung von Kunstgegenständen vorausgesetzt. Deswegen habe seinerzeit für die Beklagte keine Veranlassung bestanden, die vorhandenen Sicherungen zu erfragen.

Zu den Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Senat hat die aus der Verfügung vom 26. Januar 2021 und aus der Sitzungsniederschrift vom 9. März 2021 ersichtlichen Hinweise erteilt, zu denen die Parteien und die Streithelferin Stellung genommen haben.

II.

Die Berufungen des Klägers und der Streithelferin sind zulässig. In der Sache haben die Rechtsmittel teilweise Erfolg. Im Übrigen sind die Berufungen zurückzuweisen.

Dem Kläger steht aus dem Versicherungsvertrag zwischen der Streithelferin und der Beklagten vom 19./20. Dezember 2012 (Einzelpolice = K 4) ein Anspruch auf Zahlung eines weiteren Betrages von 1,26 Mio. Euro an die Zessionarin zu. Im Übrigen ist die Klage unbegründet und zutreffend vom Landgericht als unbegründet abgewiesen worden.

1) Das Bestehen eines Versicherungsvertrages zwischen der Streithelferin und der Beklagten in Form der Einzelpolice ist unstreitig. Gleiches gilt für die Stellung des Klägers als versicherter Person.

2) Der Versicherungsfall durch die Entwendung der versicherten Goldmünze am 27. März 2017 aus dem X-Museum nach einem Einbruch der Täter in das Gebäude ist eingetreten. Auch darüber streiten die Parteien nicht.

3) Der Anspruch auf Zahlung der Versicherungsleistung, die der Höhe nach - 4,2 Mio. EUR - unstreitig ist, ist auch fällig. Entgegen der Ansicht der Beklagten sind die Ermittlungen zum Sachverhalt abgeschlossen. Die Beklagte hat selbst einen Gutachter beauftragt, der am 24. April 2017 eine schriftliche Stellungnahme erarbeitet hat. Die Strafverfolgungsbehörden und die Polizei haben ihre Ermittlungen abgeschlossen. Die Beklagte hatte Gelegenheit, die Ermittlungsakten einzusehen. Soweit sie sich darauf beruft, ihr sei das Sicherheitskonzept des X-Museums gemäß der "Nutzeranforderung Sicherheitstechnik" vom 20. Februar 1999 nicht bekannt, steht dies der Fälligkeit der Versicherungsleistung nicht entgegen. Denn die hier in Rede stehende Einzelpolice ist erst später abgeschlossen worden. Die Beklagte hatte Gelegenheit, vor Abschluss des Versicherungsvertrages bei der Streithelferin Fragen nach dem Sicherheitskonzept zu stellen, wenn sie dies für ihre Risikoprüfung für erforderlich hielt. Dies ist nicht geschehen. Deshalb ist die vorgenannte Unterlage für die Regulierungsentscheidung der Beklagten ohne Bedeutung.

4) Die Beklagte ist jedoch gemäß § 26 Abs. 2 S. 1 VVG in Verbindung mit § 26 Abs. 1 S. 2 VVG berechtigt, die Leistung um 50 % zu kürzen, weil der Streithelferin vorzuwerfen ist, grob fahrlässig die Anzeige einer eingetretenen Gefahrerhöhung im Sinne des § 23 Abs. 3 VVG unterlassen zu haben, wobei der Versicherungsfall mehr als einen Monat nach dem Zeitpunkt eingetreten ist, zu dem die Anzeige der Beklagten hätte zugegangen sein müssen. Unstreitig war der Beklagten die eingetretene Gefahrerhöhung bis zum Eintritt des Versicherungsfalls nicht bekannt.

Die Gefahrerhöhung ist hier als Folge der von der Streithelferin vorgetragenen Defekte der Fensterflügel in dem Herrenumkleideraum eingetreten. Diese Defekte am oberen Kippflügel sowie am rechten unteren Flügel führten dazu, dass die Öffnungssicherung der elektronischen Sicherungsüberwachung nicht mehr funktionierte, sondern stets einen Alarm wegen einer Öffnung des Fensters in diesem Raum anzeigte. Dieser Umstand hatte zur Folge, dass durch die permanente Alarmmeldung auch die Öffnungssicherung für weitere auf diese Anlage aufgeschaltete Fensterflügel in anderen Räumen des Museums ohne Funktion war. Deswegen wurde das Fenster im Herrenumkleideraum aus der Öffnungssicherung herausgenommen, um die Alarmanlage mit der Öffnungssicherung wenigstens in den übrigen aufgeschalteten Räumen wieder in Betrieb nehmen zu können.

Die Gefahrerhöhung ist zu dem Zeitpunkt eingetreten, zu dem das Fenster bei Ansatz einer normalen Reparaturzeit hätte instandgesetzt sein können und müssen. Ab diesem Zeitpunkt war das Deaktivieren der Öffnungssicherung in diesem Raum als dauerhafter Zustand anzusehen. Die Gefahrerhöhung trat spätestens im Jahr 2014 ein.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs soll durch die Bestimmungen der §§ 23 ff. VVG das Gleichgewicht zwischen Prämienaufkommen und Versicherungsleistung aufrechterhalten bleiben: Der Versicherer soll nicht gezwungen sein, sich an einem Versicherungsvertrag festhalten zu lassen, obwohl sich die Risikolage so geändert hat, dass nach den Erkenntnissen der Versicherungsmathematik und den Grundsätzen der Versicherungstechnik die Erhebung einer höheren Prämie geboten gewesen wäre. Von einer Gefahrerhöhung kann demnach nur dann gesprochen werden, wenn nachträglich eine Gefahrenlage eingetreten ist, bei welcher der Versicherer den in Frage stehenden Versicherungsvertrag entweder überhaupt nicht oder jedenfalls nicht zu der vereinbarten Prämie abgeschlossen hätte. Es kommt nicht auf einzelne Gefahrumstände an, sondern darauf, wie sich die Gefahrenlage im Ganzen seit der Antragstellung entwickelt hat. Dabei sind alle aus dem Parteivortrag ersichtlichen gefahrerheblichen Tatsachen in Betracht zu ziehen (BGH, Beschluss vom 20. Juni 2012 - IV ZR 150/11 -, Rn. 11, juris; BGH, Urteil vom 11. Dezember 1980 - IVa ZR 18/80 -, BGHZ 79, 156-162, Rn. 6, juris; BGH, Urteil vom 8. Juli 1987 - IVa ZR 19/86, VersR 1987, 921 unter 2). Soweit gefahrerhöhenden Umständen gefahrvermindernde entgegenstehen, sind sie gegeneinander abzuwägen (BGH, Urteil vom 16. Juni 2010 - IV ZR 229/09 -, BGHZ 186, 42-51, Rn. 16, juris; BGHZ 79, 156, 158; BGH, Urteil vom 5. Mai 2004 - IV ZR 183/03 - Rn. 23, juris).

Die Annahme einer Gefahrerhöhung setzt weiter voraus, dass der neue Zustand erhöhter Gefahr mindestens von einer solchen Dauer sein muss, dass er die Grundlage eines neuen natürlichen Gefahrenverlaufs bilden kann und so den Eintritt des Versicherungsfalles zu fördern geeignet ist (BGH, Urteil vom 16. Juni 2010 - IV ZR 229/09 -, BGHZ 186, 42-51, Rn. 16, juris; BGH, Urteil vom 27. Januar 1999 - IV ZR 315/97 - Rn. 9, juris).

Von einer Gefahrerhöhung kann begrifflich nur dann gesprochen werden, wenn die Gefahrenlage sich verändert hat; die Annahme einer Gefahrerhöhung ist mit der Annahme einer gleichbleibenden Gefahrenlage unvereinbar (BGH, Urteil vom 15. November 1978 - IV ZR 103/77 -, Rn. 25, juris). Das Feststellen einer Gefahrerhöhung setzt deshalb eine Vertragsauslegung voraus. Es ist unter Berücksichtigung der Regelung des § 27 VVG festzustellen, von welcher Gefahrenlage die Vertragsparteien bei Abgabe der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers ausgingen und ob - gemessen an diesen Vorstellungen - nur eine unerhebliche Erhöhung der Gefahr eingetreten ist oder ob nach den Umständen als vereinbart anzusehen ist, dass die Gefahrerhöhung mitversichert sein soll. Zur Gefahrenlage bei Vertragsschluss rechnen dabei nicht nur die Gefahren, die von der versicherten Sache in unbenutztem Zustand ausgehen; vielmehr sind auch vor allem diejenigen Risiken in Betracht zu ziehen, die mit dem bestimmungsgemäßen und von den Vertragsparteien vorausgesetzten Gebrauch der Sache verbunden sind (BGH, Urteil vom 15. November 1978 - IV ZR 103/77 -, Rn. 25, juris). Zwar sollte die versicherte Goldmünze nicht "benutzt" werden, da sie jedoch in den Räumen des X-Museums ausgestellt war, kommt es auf die "Benutzung" des Gebäudes mit seinen Einrichtungen und Ausstattungsgegenständen sowie den Sicherheitsvorkehrungen an.

aa) Der hier in Rede stehende Sachverhalt ist dadurch gekennzeichnet, dass die Streithelferin bereits seit dem 10. September 2003/3. Dezember 2003 durch eine Kunst-General-Police Versicherungsschutz für Gefahren und Schäden unter anderem für Dauerleihgaben eingedeckt hatte (SH 1, Nr. 1.4.3). Diesem Versicherungsvertrag ist die Beklagte durch einen Nachtrag Ende des Jahres 2011 zu 50% beigetreten. Ab dem 1. Januar 2012 war sie der führende Versicherer dieses Vertrages. In diesem Vertrag hatten die Vertragsparteien in 12.2 der schriftlichen Vereinbarungen vereinbart, dass, solange sich in den eigenen Ausstellungsräumen niemand aufhält, die Türen und Fenster und alle Öffnungen der Ausstellungsräume ordnungsgemäß verschlossen gehalten werden müssen. Daneben mussten alle bei Vertragsschluss vorhandenen und zusätzlich vereinbarten Sicherungen voll gebrauchsfähig erhalten und betätigt werden, soweit nichts Abweichendes vereinbart wurde. Der bei Abschluss dieses Vertrages führende Versicherer hatte in 16.1 der schriftlichen Vereinbarungen bestätigt, dass ihm bei Abschluss des Vertrages alle Umstände vom Versicherungsnehmer bekannt gemacht wurden, die für die Übernahme der Gefahr erheblich waren.

Bei Abschluss des Vertrages mit dem Inhalt der Einzelpolice für die Goldmünze kommt es für die Beurteilung der Gefahrenlage darauf an, welche Sicherheitseinrichtungen die Vertragsparteien als gegebenen Sicherheitsstandard voraussetzten. Aus dem Umstand, dass die Beklagte vor Abschluss der Einzelpolice eine Besichtigung des Risikoortes X-Museum nicht für erforderlich hielt (Bl. I/94 d. A.), folgt nicht, dass die Vertragsparteien der Einzelpolice nicht von dem Vorhandensein und dem Betrieb bestimmter Sicherheitseinrichtungen ausgegangen sind. Nach den Umständen gingen die Vertragsparteien insoweit erkennbar davon aus, dass die bei Abschluss der Einzelpolice am X-Museum tatsächlich vorhandenen Sicherungseinrichtungen die Gefahrensituation charakterisierten und den Sicherheitsstandard für den Vertrag definierten.

Es kommt deshalb entgegen der Ansicht der Streithelferin nicht darauf an, ob die Beklagte insoweit vor Vertragsschluss Antragsfragen stellte, ob sie eine Gebäudebesichtigung vornahm und welche Sicherheitseinrichtungen ihr bekannt waren. Entscheidend war, dass die Beklagte erkennbar nicht ohne Risikoeinschätzung die Einzelpolice abschließen wollte. Sie vertraute erkennbar vielmehr der Streithelferin dahin, dass die tatsächlich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am X-Museum vorhandenen Sicherungseinrichtungen ausreichend waren und den Sicherheitsstandard, den beide Vertragsparteien voraussetzten, definierten. Diese Auslegung des Vertrages wird auch durch die Regelung in 5.1 der AVB Ausstellung 2008 bestätigt. Dort ist der Begriff der Gefahrerhöhung definiert. Eine Gefahrerhöhung liegt vor, wenn nach Abgabe der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers die tatsächlich vorhandenen Umstände so verändert werden, dass der Eintritt des Versicherungsfalls oder eine Vergrößerung des Schadens wahrscheinlicher wären. Auch danach kommt es auf die tatsächlich vorhandenen Umstände (Sicherungseinrichtungen) an.

Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Einzelpolice war nach dem Vortrag der Streithelferin an dem Fenster zum Umkleideraum eine zusätzliche Glasscheibe vor dem Fenster installiert, die nicht gesondert alarmgesichert war. Diese Scheibe verhinderte, dass eine Person aus dem geöffneten Fenster des Umkleideraumes herausklettern konnte. Ohne Zerstörung oder Entfernung der Scheibe konnte auch keine Person in den Umkleideraum einsteigen. Die Fensterflügel des Umkleideraumes waren mit einer Öffnungssicherung ausgestattet, die einen Alarm auslöste, wenn die Flügel nicht geschlossen waren, sondern geöffnet wurden oder bei Aktivierung der Alarmanlage offenstanden. Auf den Glasscheiben war eine Durchbruchsicherung installiert. Alarm wurde ausgelöst, wenn eine der Glasscheiben an den Fensterflügeln zerstört wurde. Außerhalb der Öffnungszeiten war Wachpersonal im Museum eingesetzt, das Kontrollgänge durchführte. Im Innern des Museums waren Bewegungsmelder installiert, die bei einem Eindringen von Personen Alarm auslösten.

Nicht vorhanden war nach dem Vortrag der Streithelferin bei Abschluss der Einzelpolice eine Videoüberwachung, die den Vorbau und die Fassade des X-Museums komplett überwachte. Die Streithelferin macht geltend, dass die Fassade des X-Museums auf der der Bahntrasse zugewandten Seite dauerhaft mit Videokameras überwacht werde, allerdings nur im Erdgeschossbereich (Bl. I/74 d. A.). In der Anlage K 17 hat sie der Beklagten vorprozessual mitgeteilt, dass die Videokamera mit Sicht auf das Restbauwerk bereits im Jahr 2007 - mithin vor Abschluss der Einzelpolice - im Zuge der Sanierung des Pergamonmuseums abgebaut wurde. Die Kamera sei eine von der Deutschen Bahn finanzierte Schutzmaßnahme während der Sanierung der Bahntrasse gewesen.

Die Beklagte hat behauptet, dass die Kameras erst ca. Ende 2015 entfernt worden seien. Es habe sich um Kameras mit Motion Detektion und automatischer Meldung an die Sicherheitszentrale gehandelt. Dieser Vortrag basiert auf den Angaben des von ihr beauftragten Gutachters Dipl.-Ing. O. in seiner Stellungnahme vom 24. April 2017 (Gutachten S. 14, 17). Aus dem Gutachten wird nicht klar, von wem der Gutachter diesen Zeitpunkt der Demontage erfahren haben will - Angaben des Herrn G. als Wachleiter sind zu Punkt 3.3 des Gutachtens detailliert festgehalten, eine Äußerung zu Kameras ist dort nicht aufgeführt, vielmehr sind die Ausführungen zu den Kameras als Ergebnis von Recherchen erfolgt. Auch auf Nachfrage des Senats ist kein weiterer Vortrag der Beklagten erfolgt. Eine Vernehmung des Dipl.-Ing. O. als Zeuge kommt nicht in Betracht, denn als Zeuge vom Hörensagen müsste zumindest klar sein, von welcher Person er Informationen erhalten haben soll. Einer Beweisaufnahme zu dieser Frage bedarf es auch deshalb nicht, weil die Beklagte dem Vortrag der Streithelferin nicht entgegengetreten ist, dass es sich bei der Videoüberwachung um eine temporäre zusätzliche Sicherungsmaßnahme für den Zeitraum handelte, währenddessen die Bahntrasse zwischen X-Museum und P.-Museum saniert wurde (Bl. I/74 d. A.).

bb) Für die Auslegung des konkreten Versicherungsvertrages spielt der Facility Report vom 29. Juli 2013 keine Rolle. Die Beklagte zitiert aus diesem Report zu F. b) die Antwort der Streithelferin auf die Frage, wo am Gebäude elektronische Sicherheitseinrichtungen funktionieren, d. h. installiert sind. Als Antwort der Streithelferin ist aufgeführt, dass sich diese an der Außenhaut des Gebäudes an den Fenstern ("on the perimeter of the building at the windows", Bl. I/35 d. A.) und innerhalb seiner Struktur befinden. Hieraus ergeben sich keine Sicherungsmaßnahmen, die über die bei Abschluss der Einzelversicherung tatsächlich vorhandenen Einrichtungen hinausgehen. Ohnehin ist der Report erst nach Abschluss der Einzelpolice erstellt worden. Auch wenn sich die Einzelpolice jeweils um ein Jahr verlängert, ist der Report nicht Gegenstand einer Sicherheitsvereinbarung für die Einzelpolice geworden. Die automatische Verlängerung eines Vertrages betrifft die zeitlich verlängerte Geltung eines mit einem konkreten Inhalt bestehenden Vertrages. Die Beklagte behauptet selbst nicht, dass sie bezüglich der Einzelpolice jährlich eine erneute Risikoprüfung vorgenommen und danach eine Willensübereinstimmung mit der Streithelferin über ein bestimmtes Sicherheitsniveau erzielt habe, bevor sie eine Verlängerung der Einzelpolice hingenommen hat.

cc) Bei der Auslegung der Einzelpolice ist auch der Vortrag der Beklagten zu berücksichtigen, wonach eine elektronische Öffnungsüberwachung an der Außenhaut eines Gebäudes der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt entspreche. Diese elektronische Öffnungsüberwachung habe sie bei Abschluss des Vertrages als selbstverständlich vorausgesetzt. Die Streithelferin hat bestätigt, dass rund 90 % der deutschen Museen nur noch durch den Einsatz von Alarmtechnik gesichert sind. Sie behauptet auch nicht, dass sie davon ausgegangen sei, dass die Beklagte die Einzelpolice habe abschließen wollen, ohne dass eine übliche elektronische Öffnungsüberwachung von Fenstern am X-Museum vorhanden ist. Soweit die Streithelferin im Übrigen argumentiert, dass sie zusätzlich zu der von ihr im X-Museum installierten Alarmtechnik auch Wachpersonal einsetze, spielt diese Überlegung allenfalls für die Frage eine Rolle, ob die Streithelferin auf den Einsatz von Wachpersonen ohne Mitteilung an die Beklagte verzichten durfte, ohne die vertraglich vorausgesetzte Gefahrenlage zu verändern. Darum geht es hier jedoch nicht.

dd) Für die Feststellung einer Gefahrerhöhung kommt es deshalb darauf an, ob ein Beobachter, der die fraglichen Umstände kennt, allein aufgrund dieser Kenntnis eine Erhöhung der Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Versicherungsfalles feststellen kann (BGH, Beschluss vom 20. Juni 2012 - IV ZR 150/11 -, Rn. 8, juris; HK-VVG/Karczewski, 4. Aufl. 2020, VVG § 23 Rn. 13).

b) Das dauerhafte Herausnehmen des Fensters des Umkleideraumes aus der elektronischen Öffnungsüberwachung führte zu einer Erhöhung der Wahrscheinlichkeit eines Einbruchs in das Museum mit dem Ziel eines Diebstahls der Münze.

aa) Das Fenster des Umkleideraumes war ein in besonderem Maße sicherheitsrelevanter Bereich des X-Museums. Bei der Beurteilung der Gefahrrelevanz der Deaktivierung der Öffnungssicherung ist von Bedeutung, dass es hier nicht nur um die Sicherung der Münze gegen Diebstahl geht. Es geht auch darum, dass mögliche Brandstiftungen oder Attentate auf das Museum an sich verhindert werden, die die versicherte Münze gefährden könnten. Dieses Risiko erhöht sich jedoch bereits, wenn Täter unbemerkt in das Gebäude eindringen können. Diese Möglichkeit des Eindringens von Tätern in das Gebäude durch das Fenster des Umkleideraumes bestand mit besonders hoher Wahrscheinlichkeit gegenüber anderen Fenstern des X-Museums.

Denn unter dem Fenster befindet sich ein Vorbau, der über eine aufgestellte Leiter von der Bahntrasse aus für Täter zu erreichen war. Diese konnten sich auf der Bahntrasse dem Vorbau auch mit einer Leiter unbemerkt nähern, denn unstreitig bestand keine Videoüberwachung mit automatischer Alarmmeldung bei Bewegungen am Vorbau oder auf dem Dach des Vorbaus. Auf dem Vorbau konnten sich Täter an dem Fenster, ohne dafür an der Fassade heraufklettern zu müssen, auf einer verhältnismäßig komfortablen "Arbeitsfläche" mit Werkzeugen am Fenster zu schaffen machen, um in das Gebäude einzudringen. Dies hatte auch die Streithelferin erkannt und eine zusätzliche, schwere Vorsatzscheibe vor dem Fenster angebracht. Diese war jedoch nicht alarmgesichert und konnte von außen ohne Meldung durch eine Alarmanlage mit Werkzeugen von Tätern abmontiert oder zerstört werden.

bb) Der Umkleideraum selbst war ebenfalls sicherheitsrelevant, weil sich dort das Aufsichtspersonal, das von Drittunternehmen gestellt wurde, umzog. Dies barg die Gefahr, dass in den Kreis dieser "museumsfremden" Personen von Tätern zur Tatvorbereitung ein Gehilfe als "Insider" eingeschleust wurde. Dieser konnte versuchen, unbemerkt das Fenster des Umkleideraumes zu präparieren, um ein Eindringen der Täter in das Museum zu ermöglichen. War das Fenster aus der alarmauslösenden Öffnungsüberwachung herausgenommen, war es für einen "Insider" möglich, durch ein Anlehnen des geöffneten Fensterflügels im Rahmen ein Eindringen von Tätern ohne Alarmauslösung in das Museum zu ermöglichen. Denn sie mussten das Fensterglas nicht zerbrechen, um das Fenster zu öffnen. Die in Betrieb befindliche Alarmüberwachung auf Glasbruch (Durchbruchsicherung) war deshalb nicht geeignet, die Öffnungsüberwachung zu ersetzen.

Die Sicherheitsrelevanz des Umkleideraumes folgt auch daraus, dass die Tür des Raumes mit einer Panikklinke versehen war, die sich von innen öffnen ließ. Dadurch konnten in das Museum durch das Fenster eingedrungene Täter den Umkleideraum ohne Schwierigkeiten verlassen und weiter in den Innenbereich des Museums vordringen. Der eigene Vortrag der Streithelferin zeigt, dass sie die Öffnungs- und Verschlusssicherung des Fensters im Umkleideraum für gefahrrelevant hielt. Denn das Fenster sollte instandgesetzt werden, damit die Öffnungssicherung auch für dieses Fenster wieder aktiviert werden konnte. Auch das Abmontieren des Griffs am rechten Fensterflügel sollte dazu dienen, eine Öffnung dieses Flügels zu unterbinden.

cc) Bei Betrachtung aller Umstände wurde die durch das Deaktivieren der Öffnungssicherung des Fenster im Umkleideraum geschaffene erhöhte Gefahrenlage für den Eintritt des Versicherungsfalls nicht durch andere Umstände kompensiert.

(1) Das Abmontieren des Fenstergriffs war keine sichere Maßnahme, denn das Fenster konnte gleichwohl mit einem "Baustellenschlüssel" geöffnet werden. Durch den fehlenden Fenstergriff war für das Wachpersonal bei einem Rundgang und einem Blick in den Umkleideraum nicht erkennbar, ob der Fensterflügel ohne Griff tatsächlich verriegelt war. Zusätzlich klemmte der Fensterflügel, so dass er in unverriegeltem Zustand angelehnt werden konnte und durch die Schwergängigkeit in dieser Stellung verblieb. Die Streithelferin hat selbst nicht behauptet, dass der Wachdienst nach dem abendlichen Aktivieren der Öffnungssicherung angewiesen war, jeden Tag in dem Umkleideraum von Hand den Verschlusszustand des Fensters ohne Griff mit einem entsprechenden Werkzeug (wie dem abmontierten Riegel oder einem Baustellenschlüssel) zu überprüfen.

(2) Der Umstand, dass unter Umständen nur ein begrenzter Personenkreis von der Deaktivierung der Öffnungssicherung für das Fenster wusste, spielt für die Beurteilung der Gefahrensituation keine Rolle, denn es bestand das erkennbare Risiko, dass ein "Insider" erprobte, ob ein geöffneter Fensterflügel bemerkt werden würde oder beim nächsten Aufenthalt in der Umkleide noch geöffnet war.

(3) Weitere gefahrsenkende Maßnahmen hat die Streithelferin nicht ergriffen. Sie kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das Sicherheitsniveau im X-Museum durch den Einsatz von Wachpersonal sogar höher war als in anderen Museen in Deutschland. Denn diese Betrachtungsweise berücksichtigt nicht, dass nach der oben erfolgten Auslegung der Einzelpolice die Risikoeinschätzung der Beklagten auf der Basis der vorhandenen Sicherungsmaßnahmen der Streithelferin beruhte. Hinzu kommt, dass der Einsatz von Wachleuten im Gebäude nicht die Gefahr kompensieren kann, die durch ein unbemerktes Eindringen von Tätern in das Gebäude entsteht. Dabei ist auch zu beachten, dass das Wachpersonal bei den nächtlichen Rundgängen im Museum die jeweiligen Bewegungsmelder in den begangenen Bereichen abschaltete, um keinen Alarm auszulösen. Durch die Beleuchtung der jeweiligen Bereiche mit einem Notlicht war es für Täter von außen zu erkennen, wo sich das Wachpersonal ungefähr aufhielt. Dadurch war es den Tätern möglich, unbemerkt bis zur Goldmünze vorzudringen und mit der Beute wieder zu entkommen. Der Einsatz von Wachleuten im Museum ging deshalb immer temporär mit einer Schwächung der elektronischen Sicherung für das Museum einher.

c) Es lag auch eine dauerhafte Deaktivierung der Öffnungssicherung für das Fenster im Umkleideraum vor.

aa) Die Beklagte hat unter Hinweis auf zwei Arbeitsaufträge der Streithelferin aus dem August 2013 (EA, Bd. VII, Bl. 112) und Februar 2014 (EA, Bd. VII, Bl. 110), die sich in der Ermittlungsakte befinden und von denen die Beklagte mit Schriftsatz vom 18.2.2021, II/152, Kopien (befindlich im Anlagenband) zur Akte gereicht hat, geltend gemacht, dass die Öffnungssicherung seit dem Jahr 2014 deaktiviert sei. Dieser Vortrag beruht auf dem Inhalt einer von der Streithelferin selbst an die Ermittlungsbehörden übermittelten Liste, in der diese Aufträge als "offen" und damit als unerledigt gekennzeichnet sind (EA, Bd. VII, Bl. 105 ff., Hinweis Ziffer 1. am Schluss der Sitzung, II/168). Wegen der nicht beseitigten Mängel an dem Fenster ist nach dem Vortrag der Beklagten auch die Öffnungssicherung seit der Abschaltung nicht wieder in Betrieb genommen worden. Dieses Ergebnis wird gestützt durch den Inhalt des vom Kläger als Anlage K 13 überreichten Ermittlungsberichts (K 13, S. 9 f.), in dem ausgeführt ist, dass der Schaden an dem Fenster, der letztlich zur Deaktivierung darin verbauter Sicherungseinrichtungen für die Alarmanlage führte, bereits seit 2013 bekannt und gemeldet war. Warum bis zur Tat keine Beseitigung des Schadens erfolgt war, ließ sich laut dem Bericht nicht abschließend klären. Der Schadensumstand soll jedoch mehreren nicht mehr genau zu verifizierenden Mitarbeitern bekannt gewesen sein. Dem ist die Streithelferin nicht mit einem konkreten Vortrag entgegengetreten, wodurch sie ihrer Erklärungslast gemäß § 138 Abs. 2 ZPO nicht genügt hat, so dass der Vortrag der Beklagten als zutreffend zugrunde zu legen ist, zumal die Ermittlungsergebnisse, auf die sich die Beklagte stützt, gerade auf den Mitteilungen von Mitarbeitern der Streithelferin beruhen, und die Streithelferin vorprozessual selbst mitgeteilt hat, es könne nicht mehr nachvollzogen werden, wann die Öffnungsüberwachung am Fenster deaktiviert worden ist (K 16 und K 17, jeweils S. 5 zu Nr. 5). Wenn nunmehr im Rechtsstreit vorgetragen wird, dass es im X-Museum keine defekten Alarmscheiben gebe, Instandsetzungsarbeiten an defekten Türen immer durchgeführt werden und ein Riegelkontakt umgehend ersetzt werde, wenn dieser defekt sei (Bl. I/53 d. A.), ist dieser Vortrag zu einem wirksamen Bestreiten des Beklagtenvortrages nicht geeignet, weil er völlig vage ist und einen Bezug zu dem konkreten Fenster im Umkleideraum vermissen lässt. Gleiches gilt für den Vortrag, die zur Abschaltung der Öffnungsüberwachung führende Störung sei wenige Tage vor dem Einbruch aufgetreten (Bl. I/73 d. A.). Es fehlt jegliche Angabe dazu, wann genau der Defekt aufgetreten ist, vom wem er gemeldet und durch wen zu welchem Zeitpunkt die Öffnungssicherung für das Fenster im Umkleideraum deaktiviert wurde. Es fehlen auch jegliche Angaben dazu, wann der im Februar 2014 von Herrn H. erteilte Reparaturauftrag erledigt wurde und warum er in der Liste, die den Ermittlungsbeamten nach dem Diebstahl der Goldmünze überreicht wurde, immer noch als offen geführt wurde. Auch im zweiten Rechtszug bleibt der Vortrag der Streithelferin unpräzise. In der Berufungsbegründungsschrift ist davon die Rede, dass der Defekt "kurz zuvor" (Bl. I/162 d. A.) aufgetreten sei, die Deaktivierung der Öffnungssicherung "nur für den Zeitraum einer Reparatur des Defektes" (Bl. I/163 d. A.) und nur "wenige Tage vor dem Einbruch" - "jedenfalls weniger als einen Monat" - abgeschaltet worden sei (Bl. I/164, 170 d. A.). Dieser Vortrag lässt einen konkreten Tatsachenkern vermissen, weil wiederum nicht mitgeteilt wird, welche handelnden Personen zu welchem Zeitpunkt was getan haben. Die Streithelferin teilt nicht etwa bessere Kenntnisse gegenüber den vorprozessualen Angaben auf Grund weiterer Ermittlungen mit, sondern versucht eine juristische Wertung zu rechtfertigen, indem mit von Wertungen geprägten Angaben "gearbeitet" wird. Diesen Vortrag hat die Streithelferin trotz des Hinweises vom 26. Januar 2021 (Bl. II/137 d. A.) nicht präzisiert.

Einer Vernehmung des als Zeugen benannten ehemaligen Leiters des Referats Sicherheit H. kommt deshalb nicht in Betracht. Dessen Vernehmung würde nicht erfolgen, um die Richtigkeit des Tatsachenvortrages zu bestätigen, sondern um die Tatsachen zu ermitteln, die die Streithelferin vor einer Beweiserhebung vortragen müsste. Die Beweisaufnahme würde auf eine unzulässige Ausforschung des Zeugen hinauslaufen.

bb) Allerdings ist zu berücksichtigen, dass nicht bereits der Defekt der Alarmanlage durch eine ständige Alarmmeldung wegen eines defekten Fensters eine Gefahrerhöhung begründete. Denn ein solcher Defekt am Fenster des Umkleideraums konnte - was die Vertragsparteien wussten und berücksichtigten - durch Abnutzung oder wegen einer Unaufmerksamkeit beim Benutzen des Fensters jederzeit durch Zufall eintreten. Diesen Umstand kalkulierte die Beklagte auch in ihre Risikobewertung ein. Die Beseitigung eines solchen Fehlers erforderte unter Berücksichtigung des organisatorischen Vorlaufs eine gewisse Zeitspanne, die hier nicht konkret bestimmt werden muss, weil diese Zeitspanne jedenfalls nicht mehrere Jahre betragen darf.

cc) Der Senat ist auch davon überzeugt, dass die Beklagte die Einzelpolice nicht mit dem konkreten Inhalt abgeschlossen hätte, wenn sie von einer dauerhaften Deaktivierung am Fenster im Umkleideraum gewusst hätte. Dies ergibt sich einerseits aus der oben dargestellten besonderen Bedeutung des Umkleideraumes als möglicher Einbruchsort und andererseits aus der obigen Auslegung des Vertrages, wonach die bei Abschluss der Einzelpolice am X-Museum tatsächlich vorhandenen Sicherungseinrichtungen die Gefahrensituation charakterisierten und den Sicherheitsstandard für den Vertrag definierten, so dass - wie auch in Ziffer 12.2. der Generalpolice vereinbart - die bei Vertragsschluss vorhandenen Sicherungen voll gebrauchsfähig zu erhalten und zu betätigen waren. Deshalb wäre gerade die Wiederinbetriebnahme und das Betreiben der Öffnungsüberwachung von der Beklagten im Zusammenhang mit dem Abschluss der Einzelpolice verlangt worden, da es sich um die übliche elektronische Sicherungseinrichtung zum Schutz vor einem Einbruch bei Museen handelt.

d) Entgegen der Ansicht der Beklagten und des Landgerichts ist die Gefahrerhöhung hier unabhängig vom Willen der Streithelferin eingetreten. Zwar ist das Deaktivieren der Öffnungssicherung in der Sicherungsanlage der Streithelferin eine aktive Handlung, dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass diese Deaktivierung für das Fenster im Herrenumkleideraum deshalb erfolgte, weil die elektronische Öffnungssicherung wegen der Defekte an den Fensterflügeln dieses Fensters nicht mehr fehlerfrei funktionierte. Es ist bereits eingangs dargelegt worden, dass wegen der Defekte am Fenster die Öffnungssicherung permanent eine Alarmmeldung zeigte und damit auch die Sicherung für andere Fenster in anderen Räumen, die auf die Anlage aufgeschaltet waren, nicht mehr funktionierte. Die Funktionsunfähigkeit der Öffnungsüberwachung war eingetreten, weil sich der Alarm nicht aktivieren ließ, wenn nur ein schadhaftes Fenster Alarm auslöste. Deshalb ist die Öffnungssicherung für das schadhafte Fenster in der Herrenumkleide aus der Alarmschaltung der Öffnungssicherung herausgenommen worden, um die Anlage für weitere Fenster in anderen Räumen wieder "scharfschalten" zu können. Es ging deshalb um die Minimierung eines Defektes an der elektronischen Öffnungssicherung, so dass nicht isoliert das Deaktivieren als positive subjektive Gefahrerhöhung im Sinne des § 23 Abs. 1 VVG zu qualifizieren ist, sondern der einheitlich zu sehende Sachverhalt bei normativer Betrachtungsweise als objektive Gefahrerhöhung im Sinne des § 23 Abs. 3 VVG. Da ein kurzfristiger Ausfall der Anlage wegen Wartungsarbeiten oder wegen der Zeit bis zu einer Reparatur ohnehin mitversichert war, weil es sich um vorhersehbare Ereignisse handelt, die der Versicherer deswegen in seine Kalkulation einbezieht, ist die Gefahrerhöhung jedoch nicht bereits im Zeitpunkt des Deaktivierens der Öffnungssicherung eingetreten, vielmehr ist die erhöhte Gefahr des Eintritts des Versicherungsfalls erst nach Ablauf einer für die Reparatur angemessenen Zeit eingetreten (s. o.). Die Gefahrerhöhung ist mithin durch das Unterlassen einer zeitnahen Reparatur des Fensters im Herrenumkleideraum entstanden. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt, dass eine subjektive Gefahrerhöhung im Sinne des § 23 Abs. 1 VVG nicht in Betracht kommt, wenn nur ein Unterlassen des Versicherungsnehmers im Hinblick auf Maßnahmen zur Schadensverhütung vorliegt. Eine subjektive Gefahrhöhung gem. § 23 Abs. 1 und 2 kann nur durch aktives Tun, nicht dagegen durch Unterlassen verwirklicht werden (BGH, Urt. vom 11. Dezember 1980 - IVa ZR 18/80 - Rn. 10, juris m. w. Nachweisen; Karczewski a.a.O. Rn. 25). Ein Versicherungsnehmer, der es unterlässt, eine von anderer Seite gegen seinen Willen herbeigeführte Gefahrerhöhung zu beseitigen (oder durch ihm mögliche und zumutbare Maßnahmen auszugleichen bzw. zu mindern), nimmt keine Gefahrerhöhung vor, da ihm nur eine gesetzliche Anzeigeobliegenheit auferlegt ist, nicht aber auch eine gesetzliche Obliegenheit, die Gefahrerhöhung wieder zu beseitigen (BGH, Urteil vom 21. Januar 1987 - IVa ZR 112/85 - (Rollgitterfall), Rn. 15, juris m. w. Nachw.).

e) Der Streithelferin waren die gefahrerhöhenden Umstände auch bekannt.

Die Feststellung einer Gefahrerhöhung setzt auf der subjektiven Seite des Versicherungsnehmers immer voraus, dass der Versicherungsnehmer die Umstände kennt, die eine Gefahrerhöhung begründen (BGH, Urteil vom 10. September 2014 - IV ZR 322/13 - Rn. 7; Karczewski a.a.O. Rn. 10). Zudem setzt die Kenntnis einer Gefahrerhöhung im Sinne des § 23 Abs. 3 VVG voraus, dass der Versicherungsnehmer weiß, dass diese gefahrerhöhenden Umstände den Charakter einer Gefahrerhöhung in sich tragen (BGH, a. a. O., Rn. 15). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.

aa) Da die Streithelferin eine juristische Person ist, kommt es für die Kenntnis der gefahrerheblichen Umstände und ihres gefahrerhöhenden Charakters auf das Wissen bei den vertretungsberechtigten Organen an. Dass diese satzungsmäßigen Organe die entsprechende Kenntnis hatten, legt die Beklagte nicht dar.

bb) Die notwendige Kenntnis bestand jedoch bei dem Leiter der Sicherheitsabteilung H. Diesen sieht die Streithelferin selbst als ihren Repräsentanten im Bereich der Risikoverwaltung an. Er war zuständig für die Instandhaltung und Wartung der Sicherheitseinrichtungen der Museumsgebäude der Y-Museen und damit auch für das X-Museum. Zu seinen eigenverantwortlich zu erfüllenden Aufgaben gehörte die anlagentechnische Ausstattung mit Gefahrmelde- und Sicherheitstechnik. Er war verpflichtet, die Instandhaltung und Wartung dieser Anlagen zu überwachen (Bl. I/168, 169 d. A.). Der Leiter der Sicherheitsabteilung war nicht nur Repräsentant der Streithelferin, sondern damit zugleich auch deren Wissensvertreter. Wissensvertreter ist, wer in nicht ganz untergeordneter Stellung vom Versicherungsnehmer zumindest in einem Teilbereich damit betraut ist, an dessen Stelle - oder an Stelle des dazu berufenen Organs - für das Versicherungsverhältnis rechtserhebliche Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen. Als Repräsentant ist anzusehen, wer in dem Geschäftsbereich, zu dem das versicherte Risiko gehört, aufgrund eines Vertretungs- oder ähnlichen Verhältnisses an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten und befugt ist, selbständig in einem gewissen, nicht ganz unbedeutenden Umfang für den Versicherungsnehmer zu handeln (Risikoverwaltung; BGHZ 122, 250, 252 f.; BGH, Urteil vom 23. Juni 2004 - IV ZR 219/03 -, Rn. 18, juris). Die Stellung als Repräsentant beinhaltet hier die Funktion als Wissensvertreter der Streithelferin. Im Gegensatz zum Repräsentanten braucht ein Wissensvertreter nicht in einem Geschäftsbereich von einiger Bedeutung eingesetzt sein, sondern kann überall im Betrieb oder der Organisation des Versicherungsnehmers tätig werden (vgl. BGH, Urteil vom 13. Mai 1970 - IV ZR 1058/68 - VersR 1970, 613, IV., zitiert nach juris). Der Unterschied besteht lediglich im Umfang der eigenverantwortlich für den Versicherungsnehmer zu erledigenden Aufgaben. Der Repräsentant ist in dem Bereich, in dem er selbständig für den Versicherungsnehmer handeln soll, auch dafür zuständig, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlichen Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen. Da Herr H. für die Instandhaltung und Wartung der Sicherheitseinrichtungen zuständig war, war er zur Erfüllung dieser Aufgabe auch dafür zuständig, für die Streithelferin zur Kenntnis zu nehmen, wenn Teile dieser Einrichtungen nicht funktionsfähig waren.

(1) Da Herr H. selbst den Reparaturauftrag aus dem Februar 2014 unterzeichnet hat, war ihm der Mangel des Fensters und die daraufhin erfolgte Deaktivierung der Öffnungssicherung für dieses Fenster im Herrenumkleideraum bekannt. Entgegen der Ansicht der Streithelferin hatte der Repräsentant auch Kenntnis von der Dauerhaftigkeit der Deaktivierung. Die Streithelferin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, Herr H. sei davon ausgegangen, dass der Mangel zeitnah wieder beseitigt werden würde und er deshalb von einer dauerhaften Deaktivierung - bedingt durch ein Unterbleiben der Reparatur des Fensters - keine Kenntnis gehabt habe. Dem ist entgegenzuhalten, dass der Repräsentant die Kenntnis von der dauernden Deaktivierung der Öffnungssicherung schon deswegen hatte, weil er von dem Zeitablauf seit der Abschaltung wusste. Diese Kenntnis von der Herausnahme des Fensters in der Herrenumkleide aus der Öffnungssicherung der Alarmanlage wäre nur dann entfallen, wenn er positiv Kenntnis von der Reparatur des Fensters und der Mitteilung von einer wieder vorgenommenen Aktivierung der Öffnungssicherung erlangt hätte. Dies behauptet die Streithelferin jedoch nicht. Eine vage Hoffnung des Repräsentanten darauf, dass die Reparatur des Fensters durchgeführt werde, ist im Versicherungsverhältnis zwischen der Streithelferin und der Beklagten nicht schützenswert und kann zu keinen Vorteilen der Streithelferin als Versicherungsnehmerin in Form einer juristischen Person gegenüber einem Versicherungsnehmer als Einzelperson führen. Der Bundesgerichtshof hat in einer älteren Entscheidung zur Gefahrerhöhung im Bereich der Kaskoversicherung die Bedeutung einer Organisationspflicht des Betriebsinhabers in Ansehung der Überwachung seiner Fahrzeuge betont (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1964 - II ZR 32/63 - VersR 1964, 916 f. zu II.), dass der Inhaber des Betriebs sachgerechte Maßnahmen zur Überwachung der Fahrzeuge treffen und die Einhaltung dieser Maßnahmen überwachen muss. Diese Rechtsprechung ist nie geändert worden (vgl. weitere Nachweise aus der Rspr. zum Instruktions- und Überwachungsverschulden bei Wandt in Langheid/Wandt, MüKoVVG, 2. Aufl. 2016, § 28 Rn. 116 Fn. 368). Der Bundesgerichtshof betont auch in aktuellen Entscheidungen, dass es grundsätzlich nicht angehe, dass ein Geschäftsherr aus einer geschäftsorganisatorisch bedingten Wissensaufspaltung Vorteile zieht. Eine am Rechtsverkehr teilnehmende Organisation muss organisatorisch sicherstellen, dass die ihr ordnungsgemäß zugehenden, rechtserheblichen Informationen von ihren Entscheidungsträgern zur Kenntnis genommen werden können (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2021 - I ZR 20/17 - Rn. 41, juris; BGH Urteil vom 26. Mai 2020 - VI ZR 186/17 - Rn. 26, juris m. w. Nachw.). Gleiches gilt hier für den Repräsentanten H. der Streithelferin. Dieser muss seinen Arbeitsbereich entsprechend organisieren. Sein Hoffen auf eine Erledigung von Aufgaben durch Mitarbeiter in seinem Bereich begründet deswegen kein schutzwürdiges Vertrauen, weil er hinreichende Maßnahmen ergreifen muss, um sicherzustellen, dass ihn maßgebliche Informationen wie die Erledigung von Arbeiten oder eben auch die fehlende Abarbeitung erreichen. Seine Kenntnis vom Zeitablauf seit der Deaktivierung der Öffnungssicherung - und damit von der andauernden Abschaltung - war gegeben. Ein Hoffen auf Erledigung der Arbeiten am Fenster ist aus den vorstehenden Gründen nicht zu berücksichtigen. Nach den eigenen Ausführungen der Streithelferin in den vorprozessualen Antworten auf die Fragen der Beklagten (Anlagen K 16 und K 17, jeweils Fragen und Antworten zu den Ziffern 3. und 4.) war der Arbeitsbereich der Sicherheitsabteilung auch so organisiert, dass über die dort aufgeführten Formulare die Meldung und Abarbeitung von Defekten jeweils schriftlich niederzulegen und mitzuteilen war. Wenn also eine schriftliche Mitteilung über die Erledigung des Reparaturauftrages nicht vorlag, konnte Herr H. auch nicht davon ausgehen, dass die Reparatur gleichwohl erfolgt sei.

(2) Die Kenntnis des Repräsentanten von der Gefahrerheblichkeit ist ebenfalls gegeben. Denn als Leiter der Sicherungsabteilung waren ihm alle vorstehenden Umstände, die das Fenster in der Herrenumkleide zum besonderen Risikoort für ein Eindringen von Tätern in das X-Museum machten, bekannt. Herr Harras begründete den von ihm unterzeichneten Reparaturauftrag bezüglich der Fenster vom 17.2.2014 auch ausdrücklich mit dem Ziel, "dass das korrekte Funktionieren von Öffnungs- und Verschlussüberwachungselementen der Sicherheitstechnik wieder gewährleistet ist" (EA Bd. VII Bl. 110). Die Gefahrerheblichkeit eines Ausfalls der Sicherheitstechnik war ihm erkennbar bekannt.

(3) Keinen Erfolg hat die Streithelferin mit dem Argument, Herr H. sei nur Repräsentant der Streithelferin im Bereich der Risikoverwaltung gewesen. Er habe jedoch nicht die Aufgabe gehabt, gegenüber der Beklagten die Vertragsverwaltung in der Weise zu übernehmen, dass er eine Anzeige einer Gefahrerhöhung hätte tätigen müssen. Die Betrachtungsweise der Streithelferin übersieht dabei, dass es um die Zurechnung von Wissen des Repräsentanten als Wissen der Streithelferin geht und nicht um die Herrn H. vorzuwerfende Unterlassung der Anzeige einer Gefahrerhöhung gegenüber der Beklagten. Das Wissen des Repräsentanten wird der Streithelferin zugerechnet, was bedeutet, dass unterstellt wird, dass das zuständige Organ der Streithelferin Kenntnis von den Umständen hatte. Das nach der Satzung zuständige Organ - im Zweifel der Präsident - hatte dann bei Kenntnis der gefahrerhöhenden Umstände und bei Kenntnis des gefahrerheblichen Charakters das Weitere zu veranlassen, um die Anzeige an die Beklagte vorzunehmen. Setzte er hierzu vertragsverwaltende Repräsentanten ein, wie etwa seine Präsidialverwaltung, die die Anlagen K 16 und K 17 fertigte, so musste er diese informieren, indem er eine Weitergabe der Informationen des Sicherheitsleiters H. als risikoverwaltender Repräsentant an diese vertragsverwaltenden Repräsentanten organisierte. Die Zurechnung des Wissens des Repräsentanten H. an das vertretungsberechtigte Organ der Streithelferin erfolgt in entsprechender Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB. Die Frage der Weitergabe von Kenntnissen an vertragsverwaltende Repräsentanten durch das vertretungsberechtigte Organ der Streithelferin ist davon zu trennen und auch für die Entscheidung ohne Bedeutung, weil jedenfalls das vertretungsberechtigte Organ der Streithelferin die Anzeigeobliegenheit gegenüber der Beklagten zu erfüllen hat. Dies folgt entweder unmittelbar aus der Identitätsfiktion der Wissenszurechnung (vgl. Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 31 Auflage, § 28 Rn. 137) oder der Pflicht zur Organisation eines ordnungsgemäßen Informationsaustauschs, die ein Informationsweiterleitungspflicht und eine Informationsabfragepflicht beinhaltet (so BGH, Urteil vom 2.2.1996 - V ZR 239/94, BGHZ 132, 30-39, Rn. 21 f.; Hagen, Wissenszurechnung bei Körperschaften und Personengesellschaften als Beispiel richterlicher Rechtsfortbildung, DRiZ 1997, 157 ff., 160 f.). Nach beiden Begründungsansätzen hat die Wissenszurechnung jedenfalls zur Folge, dass der Versicherungsnehmer so behandelt wird, als habe er sich in Kenntnis der entsprechenden Tatsachen so verhalten, wie geschehen (Armbrüster a.a.O. Rn. 149).

(4) Ein Widerspruch zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14. März 2007 (IV ZR 102/03) besteht nicht. In dieser Entscheidung ging es darum, dass der faktische Geschäftsführer eines Pelzgroßhandels, der als mit der Vertragsverwaltung betrauter Repräsentant der Versicherungsnehmerinnen anzusehen war, (möglicherweise) durch eine vorsätzliche Brandstiftung den Versicherungsfall herbeigeführt hatte. Der Bundesgerichtshof hat in der zitierten Entscheidung ausgeführt, dass es dem Versicherungsnehmer nicht freistehen darf, den Versicherer dadurch schlechter und sich besserzustellen, dass er einen Dritten an seine Stelle hat treten lassen (BGH, a. a. O., Rn. 8, juris). Ferner hat er darauf hingewiesen, dass sich der Versicherungsnehmer ein Fehlverhalten des Repräsentanten, der allein mit der Vertragsverwaltung betraut ist, nur in Vertragsangelegenheiten zurechnen lassen muss (BGH, a. a. O., Rn. 9, juris). Der zur Entscheidung stehende Sachverhalt ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar.

f) Die Frist zur unverzüglichen Anzeige der Gefahrerhöhung gemäß § 23 Abs. 3 VVG war bei Eintritt des Versicherungsfalls bereits lange - deutlich länger als einen Monat, zu dem die Anzeige der Beklagten gemäß § 26 Abs. 2 S. 1 VVG hätte zugegangen sein müssen - abgelaufen.

g) Die Gefahrerhöhung war für den Eintritt des Versicherungsfalls nicht gemäß § 26 Abs. 3 Nr. 1 VVG folgenlos. Denn der unbemerkte Einbruch in das Museum und die Entwendung der Goldmünze ist durch den Ausfall der Öffnungssicherung erst ermöglicht worden.

h) Nach den hier vereinbarten AVB Ausstellungsversicherung hat die Beklagte Vorsatz der Streithelferin in Bezug auf die Verletzung der Anzeigepflicht, der eine vollständige Leistungsfreiheit rechtfertigen würde, zu beweisen. Dies ergibt sich aus den Ziffern 5.6 und 5.7 der AVB, in denen eine Vorsatzvermutung nicht enthalten ist. Für eine vorsätzliche Verletzung der Anzeigepflicht durch die Streithelferin liegen keine Anhaltspunkte vor. Gegen eine vorsätzliche Verletzung der Pflicht zur Anzeige einer Gefahrerhöhung spricht auch, dass kein Versicherungsnehmer grundlos seinen Versicherungsschutz gefährdet, indem er die Anzeige unterlässt. Auf die streitige Auslegung der Beweislastverteilung in § 26 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 VVG (vgl. hierzu: Karczewski a. a. O. Rn. 18) kommt es wegen der Regelung in den AVB nicht an.

i) Allerdings hat die Streithelferin die Anzeigepflicht grob fahrlässig verletzt. Denn gemäß § 23 Abs. 3 VVG hat der Versicherungsnehmer die Gefahrerhöhung, nachdem er von ihr Kenntnis erlangt hat, unverzüglich anzuzeigen. Die Gefahrerhöhung ist hier - wie oben ausgeführt - nach Ablauf einer angemessenen Reparaturfrist seit dem 17. Februar 2014 eingetreten, so dass die Anzeige im Anschluss daran unverzüglich, jedenfalls noch vor Ablauf des Jahres 2014 hätte erfolgen müssen. Indem die Streithelferin demgegenüber die seitdem erforderliche Anzeige über mehrere Jahre hinweg unterlassen hat, hat sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt bei der Erfüllung vertraglicher und gesetzlicher Anzeigepflichten gegenüber ihrem Versicherer in besonderem Maße verletzt. Die Streithelferin und der Kläger tragen keine Umstände vor, die die Streithelferin von dem Vorwurf einer besonders groben Sorgfaltswidrigkeit, die auch subjektiv nicht zu entschuldigen ist, entlasten könnten. Dabei kommt es nicht darauf an, dass in der Anlage K 28 die Beweislast für eine grob fahrlässige Verletzung der Anzeigepflicht bei der Beklagten liegt, Ziffern 5.6 und 5.7 der AVB Ausstellung 2008 (K 28). Denn die grobe Fahrlässigkeit folgt bereits aus den unstreitigen Umständen, entlastende Umstände sind nicht zu erkennen.

j) Die Beklagte ist deshalb berechtigt, ihre Leistung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen, § 26 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 26 Abs. 1 S. 2 VVG. Bei der Berücksichtigung aller vorgetragenen Umstände hält der Senat eine Leistungskürzung durch die Beklagte um 50 % für angemessen aber auch ausreichend. Dies entspricht einem Mittelwert und berücksichtigt hinreichend die lange Dauer der eingetretenen Gefahrerhöhung, die bereits maßgeblicher Grund für die Qualifizierung der Pflichtverletzung als grob fahrlässig ist, so dass nach der vom Senat vorgenommenen Würdigung der Umstände die von der Beklagten vorgenommene Kürzung auf 20 % nicht schon wegen der langen Dauer geboten ist. Berücksichtigt ist dabei auch der besondere Wert der zu sichernden Münze und der weitere Umstand, dass der Streithelferin bewusst war, dass entweder bereits im Jahr 20schon keine Videoüberwachung des Fensters der Herrenumkleide mehr vorhanden war oder aber - entsprechend dem Vortrag der Beklagten - im Jahr 2015 entfiel, ohne dass die Streithelferin diesen Umstand zum Anlass genommen hätte, die bereits zu diesem Zeitpunkt andauernde Gefahrerhöhung nun endlich gegenüber der Beklagten anzuzeigen. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass die unterbliebene Anzeige der Gefahrerhöhung nicht auf einem generell sorglosen Umgang mit dem versicherten Interesse oder mit den Belangen des Versicherers beruhte, sondern im Einzelfall ein Fehler in der Informationsweitergabe vom Repräsentanten H. an das zuständige Vertretungsorgan der Streithelferin vorlag. Insgesamt erscheint dem Senat deshalb eine Kürzungsquote im Bereich des Mittelwertes der Spanne von 0 % bis 100 % als sachgerecht.

Eine höhere Kürzungsquote ist auch nicht im Hinblick auf den Vorwurf der Beklagten gerechtfertigt, die Streithelferin hätte bei Überprüfung feststellen können, dass der später verurteilte Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma einschlägig vorbestraft war. Denn es handelt sich um einen Fehler im Einzelfall, der keine Gefahrerhöhung bedeutete, wenn sich die Streithelferin insoweit darauf verließ, dass das vertraglich gebundene Drittunternehmen nur geeignetes Aufsichtspersonal vermittelt und insoweit die eigenen vertraglichen Pflichten ordnungsgemäß erfüllte.

Die Nichtanzeige des Einbruchsversuchs der Täter rund eine Woche vor der Tat war nicht in der Quote zu berücksichtigen, weil nicht feststeht, dass der Repräsentant H. überhaupt bis zum Eintritt des Versicherungsfalls Kenntnis von diesem Umstand hatte. Jedenfalls wäre die Kündigungsfrist der Beklagten nach einer entsprechenden Anzeige noch nicht abgelaufen gewesen, als der Diebstahl der Goldmünze erfolgte.

4) Die Anwendung der Regeln über die Leistungsfreiheit bei Gefahrerhöhung sind auch nicht durch den konkreten Versicherungsvertrag abbedungen. Die Streithelferin macht geltend, dass hier in der Einzelpolice ausdrücklich geregelt sei, dass Schäden, die durch Mitarbeiter der Klägerin grob fahrlässig verursacht worden seien, vom Versicherungsschutz umfasst sein sollen. Richtig ist, dass in Nr. 4 nicht nur die genannte Regelung enthalten ist, sondern auch vereinbart ist, dass der Versicherungsschutz das Risiko des Diebstahls, der Veruntreuung oder Unterschlagung durch Mitarbeiter und Angestellte des Versicherungsnehmers oder des Versicherten umfassen soll. Dieser Umfang des Versicherungsschutzes, der bestimmte Arten der Herbeiführung des Versicherungsfalls umfasst, lässt jedoch keinen Schluss darauf zu, dass die Regelungen über die Gefahrerhöhung nicht gelten sollen. Die Rechtsfolgen von Obliegenheitsverletzung, der Gefahrerhöhung oder der Herbeiführung des Versicherungsfalls sind getrennt zu betrachten. Eine Auslegung der Einzelpolice führt zu dem Ergebnis, dass der Personenkreis der "Mitarbeiter und Angestellten" sich nicht auf die Organe der Streithelferin und die bestellten Repräsentanten in deren Wirkungskreis bezieht.

Der Streithelferin und der Beklagten war der Zusammenhang der Nr. 4 in der Einzelpolice mit der Klausel in Nr. 2.1.8 der AVB 2008 bekannt. Danach war ausgeschlossen die Gefahr des Diebstahls, der Veruntreuung oder Unterschlagung durch Angestellte des Versicherungsnehmers. Dieser Ausschluss bezieht sich auf das Handeln von solchen Personen, die in der Organisation der Streithelferin beschäftigt sind. Dies sind die Angestellten, die nicht Organe oder Repräsentanten der Streithelferin sind. Führen Organe oder Repräsentanten im Bereich der Risikoverwaltung den Versicherungsfall herbei, greift der Leistungsausschluss des § 81 Abs. 1 VVG ein. Der Risikoausschluss in der AVB Ausstellung 2008 macht deshalb nur Sinn, wenn die Tat von Personen begangen wird, die zwar beim Versicherungsnehmer oder Versicherten angestellt sind, deren Handeln aber gleichwohl nicht dem Versicherungsnehmer/Versicherten als eigenes zugerechnet wird. Für durch diese Personen herbeigeführte Versicherungsfälle würde deshalb in vollem Umfang Versicherungsschutz bestehen, wenn der Risikoausschluss nicht vereinbart wäre. Diesem vom Versicherer verfolgten Zweck - das Risiko der Haftung für das Handeln des vorgenannten Personenkreises nicht zu tragen - dient der Risikoausschluss. Durch den Wiedereinschluss des Risikos in Nr. 4, zweiter Spiegelstrich und drittletzter Spiegelstrich der schriftlichen Vereinbarungen soll erkennbar allein der Risikoausschluss in den AVB aufgehoben werden, wodurch die Schadensverursachung durch Mitarbeiter und Angestellte der Streithelferin wieder versichert ist. Eine Erweiterung der Regelung auf Organe der Versicherungsnehmerin bzw. deren Repräsentanten war dagegen erkennbar nach dem Sinnzusammenhang der vertraglichen Regelungen nicht bezweckt. Diese Auslegung des Vertrages hat zur Folge, dass es bei den Regelungen über die Gefahrerhöhung verbleibt. Denn der Versicherer schätzt das Risiko, dass Angestellte und Mitarbeiter der Streithelferin Ausstellungsstücke stehlen könnten, gerade auch unter Berücksichtigung der vorhandenen Sicherungseinrichtungen ein. Er wägt ab, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass es Mitarbeitern oder Angestellten der Streithelferin gelingen könnte, trotz der Sicherheitseinrichtungen des Museums Ausstellungsstücke zu entwenden. Diese Risikoeinschätzung ist damit identisch mit der Risikolage, die die Vertragsparteien bei Vertragsschluss vorausgesetzt haben und an der die Frage einer Gefahrerhöhung zu messen ist. Der Versicherer will jedoch erkennbar von einer Änderung einer Gefahrenlage informiert werden, um seine Risikoeinschätzung für diesen Fall neu vornehmen zu können. Deswegen spricht der weite Umfang des Versicherungsschutzes auch für die Herbeiführung des Versicherungsfalls durch Mitarbeiter oder Angestellte der Streithelferin gerade dafür, dass es bei der Anwendung der Regelungen über die Gefahrerhöhung in § 23 ff VVG verbleiben sollte.

5) Auf weitere Rechtsgrundlagen hat die Beklagte ihre Leistungsverweigerung nicht gestützt.

6) Die Höhe der von der Beklagten geschuldeten Versicherungsleistung steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Bei einem Versicherungswert der entwendeten Goldmünze in Höhe von 4,2 Mio. Euro entsprechen 50 % 2,1 Mio. Euro. Unter Berücksichtigung der von der Beklagten vorprozessual gezahlten 840.000,- Euro verbleibt eine offene Forderung in Höhe von 1.260.000,- Euro.

7) Der Anspruch auf die Verzinsung der Versicherungsleistung in Höhe von 4 % seit der Anzeige des Versicherungsfalls folgt aus Ziffer 15.2 der AVB Ausstellung 2008. Ab dem Zeitpunkt der Teilzahlung der Beklagten am 16. Januar 2018 verringerte sich der zu verzinsende Betrag. Der Kläger hat der Beklagten mit Schreiben vom 29. November 2018 eine Zahlungsfrist bis zum 13. Dezember 2018 gesetzt. Ab dem Folgetag ist der Zinsanspruch wegen Zahlungsverzuges der Beklagten mit der Versicherungsleistung gemäß den §§ 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 BGB begründet.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92, 101 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, denn die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt. Der Senat weicht von dieser Rechtsprechung nicht ab. Die Entscheidung beruht hier auf den Umständen im konkreten Einzelfall. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung nicht erforderlich, denn die Einzelfallentscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung anderer Gerichte ab. Zur Rechtsfortbildung eignet sich der hier in Rede stehende Streitstoff nicht.

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