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18.03.2021 · IWW-Abrufnummer 221207

Oberlandesgericht Hamm: Urteil vom 28.01.2021 – 21 U 54/19

Diese Entscheidung enhält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.



Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 29.3.2019 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Essen, 17 O 90/18, teilweise abgeändert und klarstellend wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 89.800,33 € als abzurechnende schadensersatzrechtliche Vorfinanzierung der Mängelbeseitigung sowie 2.217,45 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.5.2018 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche weiteren Schäden zu ersetzen, die ihm bzgl. des Gebäudes „X2“, I-Weg ##, ##### F, durch die Beseitigung der in den Gutachten des Gerichtssachverständigen Dr.-Ing. G Nr. ###1/16 vom 29.7.2016 und Nr. ###1 E/17 vom 24.7.2017 festgestellten Mängel entstehen bzw. die als Minderwert des Gebäudes verbleiben, wobei ein Mitverschulden des Klägers in Höhe von 50% hinsichtlich des Mangels in Form zu kleiner Bewegungsflächen vor den Wohnungseingangstüren der Wohneinheiten 3, 5, 6, 7, 8, 11, 13, 14, 15, 16, 19, 21, 22, 23, 24 und 27 sowie eines verbleibenden Minderwerts des Gebäudes infolge fehlender Bewegungsflächen an den Enden der Laubengänge und zu kleiner Bewegungsflächen im Bereich der Wohnungseingangstüren der Wohneinheiten 4, 12 und 20 innen sowie ein Mitverschulden in Höhe von 33,3% hinsichtlich des Mangels einer nicht schwellenlosen und nicht niveaugleichen Ausführung der Fenstertüren zu den Balkonen bzw. Terrassen jeweils anspruchsmindernd zu berücksichtigen sind.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 45% und die Beklagten als Gesamtschuldner 55%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des für die jeweils andere Partei vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht jene vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
 
1

Gründe
2

I.
3

Der klagende Verein nimmt die Beklagten aufgrund mangelhafter Architektenleistungen in Anspruch. Er betreibt als Träger Einrichtungen der Alten- und Krankenpflege, darunter auch eine Einrichtung für betreutes Wohnen unter der Adresse L-Straße ## in F. Im Jahr 2008 beabsichtigte er deren Erweiterung durch den Neubau eines zusätzlichen Gebäudes mit 27 Wohneinheiten, das als „X2“ bezeichnet wurde, während das schon vorhandene Objekt „X1“ genannt wurde und als Referenz dienen sollte.
4

Die Beklagten betrieben zu dem Zeitpunkt unter der Bezeichnung C ein Architekturbüro in F.
5

Mit der Planung bei dem Bauvorhaben (BV) „X2“ in F2 war zunächst aufgrund Vertrags vom 26.3.2009 (Anl. K1.1, Bl. 17-25) der Architekt H beauftragt, der die Genehmigungsplanung, auf deren Grundlage die Baugenehmigung erteilt wurde, und anschließend die Ausführungsplanung erarbeitete. Der Bauantrag vom 29.9.2008 wurde am 22.10.2008 eingereicht (Bl. 96). Der Architektenvertrag sah vor, dass bei der Vorbereitung der Vergabe gem. Leistungsphase 6 (LP 6) der Architekt H mit den Beklagten kooperieren sollte. Im Rahmen der Erbringung der Leistungen aus den LP 6 und 7 wurden die Beklagten zunächst als dessen Subplaner tätig.
6

Weil sich in Zusammenhang mit der Erstellung der Ausführungsplanung durch den Architekten H Probleme ergaben, insbesondere hinsichtlich deren EDV-mäßiger Verarbeitung, erfolgte dann - Schreiben des Architekten H vom 11.9.2009 (K1.2, Bl. 26) sowie der Beklagten vom 25.2.2010 (K2, Bl. 39-40) entsprechend ‒ im Mai 2010, einen Monat vor Beginn der Erdarbeiten, eine unmittelbare Beauftragung der Beklagten mit einem Teil der Leistungen aus der LP 5. Die Ausführungsplanung des Architekten H sollte eigentlich übernommen werden, musste aber wegen Inkompatibilität der CAD-Systeme im Wesentlichen neu erstellt werden. Deshalb sollte vom Kläger für die Leistungen der LP 5 ein Honorar in Höhe von 12,5 v.H. an die Beklagten gezahlt werden. Außerdem wurden die Beklagten vom Kläger noch mit sämtlichen Grundleistungen aus den LP 8 und 9 beauftragt.
7

Zur Spezifizierung der zu erbringenden Planungsleistungen wurden dem Architekten H und den Beklagten die „Betriebsbeschreibung Betreutes Wohnen I-Weg“ (Bl. 98 ff.), welche auch Bestandteil der mit dem Bauantrag eingereichten Unterlagen war, sowie die Broschüre „Qualitätssiegel betreutes Wohnen für ältere Menschen Nordrhein-Westfalen“ (Bl. 104 ff.) übergeben. Die Betriebsbeschreibung sah unter Ziff. 1.1 ausdrücklich das Ziel vor, die Anforderungen des Qualitätssiegels zu erfüllen.
8

Nachdem er den Beklagten im Anschluss an die Fertigstellung des Gebäudes Mängel angezeigt hatte, leitete der Kläger ein selbständiges Beweisverfahren ein, das beim LG Essen unter dem Az. 17 OH 14/14 geführt wurde. Antragsgegner waren die Beklagten sowie der Architekt H. In dem selbständigen Beweisverfahren wurden ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen Dr.-Ing. G vom 29.7.2016 und ein Ergänzungsgutachten vom 24.7.2017 eingeholt.
9

Der Sachverständige hat Mängel festgestellt und dies u.a. insbesondere mit Verstößen gegen die baulichen Anforderungen an die Barrierefreiheit gem. DIN 18040-1 und 18040-2 sowie gem. DIN 18025-1 und 18025-2 in Bezug auf u.a. die Türschwellen und die Bewegungsflächen begründet. Dabei hat er auch auf § 55 LBauO NW Bezug genommen. Die Beklagten haben dagegen als Antragsgegner im selbständigen Beweisverfahren Einwendungen vorgebracht und sich dabei auf parteigutachterliche Stellungnahmen des Sachverständigen Dr.-Ing. N vom 8.11.2016 (Bl. 260-284 d. Beiakte) und vom 18.9.2017 (Bl. 365-369 d. Beiakte) gestützt, deren Inhalte sie sich zu eigen gemacht haben.
10

Die Kosten der zur Mängelbeseitigung erforderlichen Maßnahmen hat der Sachverständige G zuletzt ‒ einschließlich Nettobeträgen von pauschal 5.000 € für Baustelleneinrichtung und Nebenkosten sowie pauschal 12.000 € für Unvorhergesehenes - mit 142.292,50 € netto zuzüglich 15% Regiekosten, also insgesamt 163.636,38 € netto beziffert (S. 39-42 d. Ergänzungsgutachtens).
11

Der Kläger hat im Rechtsstreit unter Bezugnahme auf die Ergebnisse der Begutachtung im selbständigen Beweisverfahren vorgetragen, die Planungs- und Überwachungsleistungen der Beklagten seien mangelhaft erbracht worden, so dass das Ziel der Barrierefreiheit und Behindertengerechtigkeit nicht erreicht und die Anforderungen des Qualitätssiegels verfehlt würden. Deshalb hätten die Beklagten Zahlung in Höhe der voraussichtlichen Kosten der Mängelbeseitigung zu leisten.
12

Die Beklagten haben Mängel unter erneuter Bezugnahme auf die Stellungnahmen des Parteigutachters N (Bl. 84-113) und ihr darauf gestütztes Vorbringen im selbständigen Beweisverfahren, wonach zur Bewertung der technischen Sachverhalte nur die Betriebsbeschreibung des Betreibers sowie die Broschüre des Qualitätssiegels zugrunde zu legen seien, bestritten. Sie meinen insbesondere, § 55 LBauO NW sowie die DIN 18040-1 und 18040-2 seien unanwendbar. Maßgeblich sei zudem die Planung des Architekten H, die von ihnen zu übernehmen gewesen sei.
13

Wegen des Parteivorbringens und der gestellten Anträge im ersten Rechtszug im Einzelnen wird auf die Darstellung im Tatbestand des angefochtenen Urteils ‒ in Gestalt der Berichtigung vom 21.5.2019 ‒ Bezug genommen.
14

Mit ihrem am 29.3.2019 verkündeten Urteil hat die 17. Zivilkammer des Landgerichts Essen die Beklagten als Gesamtschuldner antragsgemäß verurteilt, an den Kläger 163.636,38 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.3.2018 sowie weitere 3.137,91 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.5.2018 zu zahlen, und festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche weiteren Schäden zu ersetzen, die ihm bzgl. des Gebäudes „X2“, I-Weg ##, ##### F, durch die Beseitigung der in den Gutachten des Gerichtssachverständigen Dr.-Ing. G Nr. ###1/16 vom 29.7.2016 und Nr. ###1 E/17 vom 24.7.2017 festgestellten Mängel entstehen bzw. die als Minderwert des Gebäudes verbleiben.
15

Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagten aus §§ 280 I, 634 Nr. 4 BGB zu, weil die erbrachten  Planungs‒ und Bauüberwachungsleistungen mangelhaft gewesen seien. Das Werk weise nicht die vereinbarte Beschaffenheit auf, weil die nach den maßgeblichen Normen geltenden Anforderungen an die Barrierefreiheit nicht eingehalten seien. Insbesondere sei gem. § 55 III BauO NRW a.F. hier § 55 I BauO NRW a.F. unabhängig davon einschlägig, ob das Gebäude öffentlich zugänglich sei.
16

Aufgrund der im selbständigen Beweisverfahren durchgeführten Beweisaufnahme stehe gem. §§ 286, 493 I ZPO fest, dass die Vorgaben der DIN 18040-1 und 18040-2 in Bezug auf die Außenschwellen der Eingangstüren und die Fenstertürschwellen, auf die Bewegungsflächen vor den Eingangstüren der Wohneinheiten 3, 5, 6, 7, 8, 11, 13, 14, 15, 16, 19, 21, 22, 23, 24 und 27 außen sowie bei den Wohneinheiten 4, 12 und 20 innen, auf die Handläufe im zentralen Treppenhaus sowie auf die Anordnung einer Bewegungsfläche vom wenigstens 180 x 180 cm nach einer Länge von höchstens 15 m nicht eingehalten seien. Der Sachverständige habe sich mit den von den Beklagten gegen die Ergebnisse seines Erstgutachtens erhobenen Einwendungen eingehend auseinandergesetzt und insbesondere überzeugend dargelegt, dass in der DIN 18040-2 lediglich die bereits zuvor in der zum Ausführungszeitpunkt geltenden Vorgängernorm DIN 18024-2 niedergelegten anerkannten Regeln der Technik übernommen habe.
17

Die Kosten der Mangelbeseitigung habe der Sachverständige, soweit eine solche mit vertretbarem Aufwand möglich sei, auf 163.636,38 € geschätzt. Hinsichtlich dieses Betrags sei das Vorfinanzierungsrisiko von den Beklagten zu tragen. Da unklar sei, wie lange die baulichen Maßnahmen dauern und welcher Aufwand dabei durch die Unterbringung von Bewohnern und Mobiliar aus der Einrichtung entstehe, sei auch der Feststellungsantrag zulässig und begründet.
18

Dagegen wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung, indem sie zunächst unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen rügen, dass § 55 BauO NRW a.F. nicht anwendbar sei. § 55 III BauO NRW a.F. komme keine eigenständige tatbestandliche Bedeutung zu, sondern setze die Anwendbarkeit gem. § 55 I BauO NRW a.F. voraus. Daran fehle es hier jedoch, weil der „X2“ ein reines Wohngebäude und nicht öffentlich zugänglich sei. Deshalb seien auch die Normen der DIN 18040-1, 18040-2, 18024-2, 18025-1 oder 18025-2 nicht maßgeblich.
19

Darüber hinaus meinen sie, selbst nicht mit einer Neuerstellung der Ausführungsplanung beauftragt gewesen zu sein. Vielmehr hätte es ihnen ausschließlich oblegen, die fertige Ausführungsplanung des Architekten H in CAD-Pläne zu übertragen. Dazu sei es zwar erforderlich gewesen, die Pläne neu zu erstellen, deren Überprüfung sei indes nicht ihre Aufgabe gewesen. Deshalb seien in Bezug auf die LP5 gem. § 15 HOAI a.F. auch nur 12,5 v.H. abgerechnet worden. Zu einer Überprüfung der Planung habe auch deshalb keine Veranlassung bestanden, weil diese zuvor bereits einer Bewertung durch die für die Vergabe des Qualitätssiegels betreutes Wohnen für ältere Menschen Nordrhein-Westfalen zuständige Fa. J unterzogen und nicht beanstandet worden sei.
20

Die Beklagten sind der Auffassung, weder bei der Umsetzung der Ausführungsplanung in CAD-Pläne noch anlässlich der Bauüberwachung Anlass und Gelegenheit zur Fehlerkorrektur gehabt zu haben, weil die genehmigte Planung für die Bauausführung maßgeblich sei. Die Raummaße seien vorgegeben gewesen. Bei einer Änderung der Planung wäre ein neuer Bauantrag auf Grundlage einer ab LP 2 zu wiederholenden Neuplanung erforderlich gewesen und man hätte wahrscheinlich nur 4 statt 5 Appartements je Etage errichten können.
21

Die im Einzelnen festgestellten Mängel lägen nicht vor. Eine schwellenlose Ausführung der Eingänge sei wegen des offenen Laubengangs technisch nicht möglich gewesen. Die DIN-Normen seien nicht anwendbar und wegen der räumlichen Verhältnisse auch nicht einzuhalten gewesen. Jedenfalls beruhe ein etwaiger Mangel maßgeblich auf der fehlerhaften Genehmigungsplanung des Architekten H, so dass sich der Kläger insofern ein ganz überwiegendes Mitverschulden anrechnen lassen müsse.
22

Die Beklagten beantragen,     die angefochtene Entscheidung aufzuheben (abzuändern) und die Klage abzuweisen;sowie hilfsweise,     die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen.
23

Der Kläger beantragt,     die Berufung zurückzuweisen.
24

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Bezugnahme auf seinen bisherigen Vortrag und meint, die Beklagten seien vertraglich zur Überprüfung der zunächst vom Architekten H erstellten Ausführungsplanung verpflichtet gewesen, weil sie sich zur Herstellung der Ausführungsplanung einschließlich Detailplanung im Schreiben vom 25.2.2010 bereit erklärt hätten. Tatsächlich sei auch ein Teil der Probleme im Rahmen der durch die Beklagten fortgeschriebenen und fertiggestellten Ausführungsplanung behoben worden. Er meint, ein Mitverschulden wegen Mängeln der früheren Planung sei ihm den Beklagten gegenüber nicht anzurechnen, weil der Grund für deren Beauftragung gerade der Verdacht gewesen sei, dass die Genehmigungsplanung des Architekten H nicht fachgerecht wäre. Außerdem habe diese noch eine kostenneutrale Umplanung erlaubt.
25

Der Senat hat die Parteien persönlich angehört und Beweis erhoben durch Einholung einer ergänzenden mündlichen Begutachtung durch den Sachverständigen Dr.-Ing. G. Wegen der Ergebnisse dieser weiteren Sachaufklärung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8.12.2020 nebst Berichterstattervermerk Bezug genommen (Bl. 370-375).
26

II.
27

Die zulässige Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg, denn die Klage ist nicht im vom Landgericht zuerkannten Umfang begründet. Die Berufung ist indes unbegründet, soweit sie sich gegen die Haftung der Beklagten dem Grunde nach wendet, denn die Klage ist überwiegend begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagten ein Schadensersatzanspruch aus §§ 280 I, 634 Nr. 4 BGB zu.
28

1.
29

Das Bestehen eines Werkvertrags zwischen den Parteien ist unstreitig. Daher kommt es in diesem Zusammenhang auch nicht darauf an, dass der von Klägerseite in Ablichtung zur Akte gereichte Vertrag nicht unterzeichnet ist. Vielmehr steht für den Senat schon gem. §§ 529 I, 314 ZPO fest, dass der Kläger im Mai 2010 den Auftrag an die Beklagten erteilte, u.a. die weitere Erarbeitung der Ausführungsplanung gem. LP 5 nach § 15 HOAI a.F. zu übernehmen.
30

Dabei steht weiterhin fest, dass der Auftragserteilung insbesondere das Schreiben der Beklagten vom 25.2.2010 (K2) vorausgegangen war, auf dessen Grundlage die Parteien eine Vergütung dieses Leistungsteils mit 12,5 v.H. vereinbarten. Die Grundleistungen aus den LP 8 und 9 waren unstreitig ebenfalls den Beklagten übertragen, die dafür jeweils die volle Vergütung erhalten sollten.
31

a)
32

Um den seitens der Beklagten geschuldeten Leistungsumfang zu ermitteln, ist eine Auslegung der abgegebenen Erklärungen erforderlich. Die unter Beachtung von §§ 133, 157 BGB vorzunehmende Auslegung individualvertraglicher Vereinbarungen, in deren Rahmen in erster Linie der von den Parteien gewählte Wortlaut und der dem Wortlaut zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigen ist (BGH NJW 2002, 3248, 3249; NJW 2000, 2099), muss stets den Grundsatz der beiderseits interessengerechten Auslegung berücksichtigen (BGH NJW-RR 2005, 34, 36; NJW 2002, 3248, 3250; NJW 2000, 2099). Der Zweck der Abrede und die Interessenlage der Parteien sind zu berücksichtigen (BGH, Urteil v. 5.10.2014, Az. XII ZR 111/12, BeckRS 2014, 21522 [Rz. 48]; Jauernig/Mansel, BGB, 16. Aufl., § 133 Rn. 9). Die Leistungsbeschreibung eines Bauvertrags ist vor diesem Hintergrund als sinnvolles Ganzes auszulegen (BGH NJW 1999, 2432).
33

b)
34

Angesichts des Inhalts des Schreibens vom 25.2.2010 (K2) umfasste der Auftrag der Beklagten zumindest auch die Grundleistungen des Bereitstellens der Arbeitsergebnisse als Grundlage für die anderen an der Planung fachlich Beteiligten einschließlich der Koordination und Integration von deren Leistungen sowie die Fortschreibung der Ausführungsplanung aufgrund der gewerkeorientierten Bearbeitung während der Objektausführung. Denn die Beklagten tragen selbst vor, dass die Erstellung der Planung mittels CAD ihrerseits insbesondere auch die Berücksichtigung von Rohrschächten, Vorsatzschalen und Installationen erforderte. Das ergab sich auch so aus dem o.g. Schreiben, in dem die Beklagten erklärten, dass die Abrechnung mit 12,5 v.H. für sie eine erhebliche finanzielle Einbuße bedeute, weil die erforderliche Neuerstellung der Pläne an sich dem gesamten Umfang der Leistungsphase 5 entspreche.
35

Die Beklagten wurden demnach ‒ bei beiderseits interessengerechter Auslegung der abgegebenen Erklärungen - nicht mit einer rein schematischen Übertragung einer fertigen Ausführungsplanung in ein CAD-System beauftragt, sondern im Umfang von mindestens der Hälfte der vorgesehenen Grundleistungen der Leistungsphase 5 des § 15 HOAI a.F. zumindest mit der Fortschreibung und gewerkebezogenen Anpassung der Planung. Ihr Leistungssoll umfasste demnach maßgebliche Bestandteile der Ausführungsplanung, zu denen jedenfalls im Rahmen der gewerkebezogenen Anpassung auch die Anfertigung der Detailplanung gehörte. Das folgt u.a. bereits aus dem unbestrittenen Vortrag des Klägers, dass vom Architekten H nur 14 Ausführungspläne erstellt wurden, von den Beklagten hingegen 32, also mehr als doppelt so viele, aber auch aus der eigenen Darstellung der Abläufe durch die Beklagten. Der Beklagte zu 1) hat vor dem Senat unter Bezugnahme auf Punkt 7 des Protokolls der Baubesprechung vom 8.6.2010 (Bl. 319-320) geschildert, dass hinsichtlich der zu verlegenden Steigleitungen eine inhaltliche Konkretisierung der Planung erforderlich war. Die insoweit anfallenden Planungsleistungen sollten als Geisteswerk von den Beklagten erbracht werden und wurden Gegenstand der genannten Ausführungspläne. Dementsprechend wurden durch die Beklagten, wie sich ebenfalls aus den Protokollen der Baubesprechungen ergibt, auch Grundrisse geändert.
36

c)
37

Ob die Architektenleistungen der Beklagten abgenommen wurden, ist für das Bestehen des Anspruchs unerheblich, soweit hier ein solcher auf Schadensersatz neben der Leistung wegen im Bauwerk bereits verkörperter Mängel geltend gemacht wird. Bei derartigen Mängeln, die durch eine Nacherfüllung nicht beseitigt würden, handelt es sich um Mangelfolgeschäden. Deren Ersatz richtet sich nach § 280 I BGB (vgl. BGH NJW 2019, 1867, 1868).
38

2.
39

Die aufgrund des Vertrags von den Beklagten im Rahmen der Ausführungsplanung und der Bauüberwachung erbrachten Leistungen sind mangelhaft im Sinne von § 633 II S. 1 BGB.
40

a)
41

Die Planung eines Architekten ist mangelhaft, wenn sie nicht die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Der vertraglich geschuldete Erfolg bestimmt sich nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten Leistung oder Ausführungsart, sondern auch danach, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll. Eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit liegt deshalb auch dann vor, wenn der mit dem Vertrag verfolgte Zweck des Werks nicht erreicht wird und das Werk seine vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfüllt. Das gilt unabhängig davon, ob die Parteien eine bestimmte Leistung, wie zum Beispiel ein bestimmtes Planungsdetail, vereinbart haben. Maßgeblich ist insoweit die Übereinstimmung der Planung mit der von den Parteien entwickelten gemeinsamen Vorstellung von dem zu errichtenden Objekt (BGH NZBau 2013, 244, 245; NZBau 2011, 746;  Koeble in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl., 11. Teil Rn. 721).
42

b)
43

Aufgrund der im selbständigen Beweisverfahren durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass die auch von den Beklagten erarbeitete und im Rahmen der Bauüberwachung umgesetzte Planung funktional mangelhaft ist, weil das Vertragsziel nicht erreicht wurde, das Objekt barrierefrei und behindertengerecht zu errichten, so dass die Anforderungen des Qualitätssiegels betreutes Wohnen für ältere Menschen Nordrhein-Westfalen erfüllt würden. Die dazu im Urteil des Landgerichts getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind nicht zu beanstanden und deshalb gem. § 529 I ZPO auch der Beurteilung des Falls durch den Senat zugrunde zu legen. Die Beklagten zeigen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Tatsachenfeststellung insofern unvollständig oder unrichtig wäre, nicht auf.
44

aa)
45

Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit einer auf sachverständige Begutachtung gestützten Tatsachenfeststellung können sich aus dem Gutachten oder der Person des Gutachters ergeben, wenn z.B. das Gutachten in sich widersprüchlich oder unvollständig ist, der Sachverständige erkennbar nicht sachkundig war, sich die Beurteilungsgrundlage durch zulässige Noven verändert hat oder es neue wissenschaftliche Erkenntnismöglichkeiten zur Beantwortung der Beweisfrage gibt (BGH NJW 2003, 3480, 3481; Ball in Musielak/Voit, ZPO, 16. Aufl., § 529 Rn. 18; Zöller/Heßler, ZPO, 33. Aufl., § 529 Rn. 9). Die z.B. auf ein abweichendes (Partei-)Gutachten gestützten Einwendungen haben, wenn dieses dem Sachverständigen anlässlich einer ergänzenden Begutachtung zur Kenntnis gegeben wurde und er zu den sich daraus ergebenden Gesichtspunkten Stellung genommen hat, ausreichend Berücksichtigung gefunden (vgl. OLG Düsseldorf, NJW 2013, 618, 620).
46

bb)
47

Auf Grundlage dieser Kriterien ergeben sich keine Zweifel bezüglich der Überzeugungskraft der Begutachtung. Vielmehr bestätigt das eigene Vorbringen der Beklagten unter Bezugnahme auf die parteigutachtlichen Stellungnahmen des Sachverständigen N die Richtigkeit der Beweisergebnisse und der darauf beruhenden Feststellungen des Landgerichts.
48

aaa)
49

Der Sachverständige G hat in seinem Ergänzungsgutachten vom 24.7.2017 (dort S. 27) zutreffend ausgeführt, dass unstreitig als Erfolg der zu erbringenden Planungsleistungen die mangelfreie Errichtung eines Gebäudes geschuldet war, dass der Darstellung in der Betriebsbeschreibung Betreutes Wohnen I-Weg entspricht. Diese Einschätzung, wonach sich die Beurteilung der Leistung der Beklagten maßgeblich nach der auch zum Gegenstand der Baugenehmigung gewordenen Betriebsbeschreibung zu richten habe, deckt sich mit der des Parteigutachters N und ist wegen der vorrangigen Bedeutung vertraglicher Beschaffenheitsvereinbarungen und der nach dem Vertrag vorausgesetzten Funktion des Werks rechtlich zutreffend.
50

In der Betriebsbeschreibung war unter Ziff. 1.1 ausdrücklich angegeben, dass behindertengerechte, barrierefreie Wohnungen und Zugänge insbesondere für bedürftige und ältere Menschen geboten werden sollten. Die Wohnungsausstattung hatte gem. Ziff. 2.3 barrierefrei und behindertengerecht zu sein. Soweit in diesem Zusammenhang unter Ziff. 2.1 außerdem die seinerzeit gültigen DIN 18024-1, 18025-1 und 18025-2 als Maßstab der Beurteilung benannt wurden, war dies angesichts des Zusammenhangs mit den genannten Attributen als Konkretisierung in Bezug auf die Kriterien der beabsichtigten Zertifizierung mit dem Qualitätssiegel Betreutes Wohnen für ältere Menschen auszulegen. In der Gesamtschau waren auf dieser Grundlage Barrierefreiheit und Behindertengerechtigkeit unzweifelhaft als Beschaffenheit des Werks bestimmt, und bei der Auslegung dieser Beschaffenheitsvereinbarung gem. §§ 133, 157 BGB sind neben den vertraglichen Bestimmungen sowohl die gesetzlichen als auch die technischen Normen, die sich zu den insoweit geltenden Anforderungen verhalten, zu Rate zu ziehen (vgl. Jansen/v. Rintelen in Kniffka u.a., Bauvertragsrecht, 3. Aufl., § 631 Rn. 827-828).
51

bbb)
52

Auf Grundlage der Erkenntnisse aus der Beweisaufnahme ist ohne weiteres davon auszugehen, dass schon in Verbindung mit den Bestimmungen in §§ 49 II, 55 III BauO NRW a.F. die in Bezug auf den Begriff der Barrierefreiheit geltenden anerkannten Regeln der Technik u.a. den DIN 18024 und 18025 zu entnehmen waren. Das gilt hier umso mehr infolge der ausdrücklichen Nennung der DIN-Normen als Grundlage zur Beurteilung des Bauwerks unter Ziff. 2.1 der Betriebsbeschreibung und in der Broschüre des Qualitätssiegels. Infolge der Angaben in der Betriebsbeschreibung sind allerdings nicht nur die dort genannten DIN 18024-1, 18025-1 und 18025-2 maßgeblich, sondern auch die DIN 18040-1 und 18040-2, denn es kommt auf die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Abnahme auch dann an, wenn diese sich nach dem Vertragsschluss geändert haben (BGH NJW 2018, 391, 393). Da die Beklagten unstreitig auch mit den Grundleistungen der Leistungsphase 9 beauftragt waren und die Vereinbarung einer vorgezogenen Teilabnahme weder konkret vorgetragen noch ersichtlich ist, kann von einer Abnahme ihrer Planungsleistungen vor Inkrafttreten der DIN 18040-1, 18040-2 und 18040-3 nicht ausgegangen werden. Ihre Planung musste dementsprechend gewährleisten, dass auch nach Abschluss der Bauarbeiten alle zu dem Zeitpunkt allgemein anerkannten Anforderungen an Barrierefreiheit und Behindertengerechtigkeit eingehalten würden.
53

Dementsprechend ist unerheblich, ob der originäre Anwendungsbereich von § 55 BauO NRW a.F. hier eröffnet war oder nicht, weil jedenfalls aufgrund der gewählten Formulierungen unzweideutig bestimmt war, dass als werkvertraglicher Erfolg die Errichtung eines den definierten Anforderungen entsprechenden Gebäudes mit barrierefreier und behindertengerechter Ausstattung geschuldet war. Für das inhaltliche Verständnis dieser Vorgabe war u.a. § 55 BauO NRW in der seinerzeit geltenden Fassung maßgeblich. Zweifel an der Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen dazu, dass die DIN 18024 und 18025 durch die DIN 18040 abgelöst wurden und dabei die zum Bauzeitpunkt geltenden Regeln im Wesentlichen unverändert übernommen worden sind, bestehen nicht und werden mit der Berufung auch nicht aufgezeigt.
54

ccc)
55

Im Übrigen ist die vom Landgericht vorgenommene systematische und telelogische Auslegung von § 55 I, III BauO NRW ohnehin nicht zu beanstanden.
56

Ziel der §§ 49 II und 55 BauO NRW a.F. war, eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Das geht über die bloße Vermeidung rechtlicher Benachteiligungen hinaus. Die Gewährleistung von Teilhabe am Leben in der Gesellschaft bezieht sich auf die tatsächliche Lebenswirklichkeit, die so zu beeinflussen ist, dass Behinderte grundsätzlich die Möglichkeit erhalten sollen, in gleicher Weise am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, wie nicht behinderte Menschen (OVG Münster, NvwZ-RR 2012, 433, 434). Bei der Auslegung der Normen ist daher in den Blick zu nehmen, dass die Regelungen, ebenso wie § 49 BauO NRW in der aktuellen Fassung, der Umsetzung des gesetzgeberischen Ziels der verbesserten Teilhabe behinderter Menschen am gesellschaftlichen Leben dienen sollten, wobei im Rahmen der Novelle 2018 lediglich die Vorschriften über die Barrierefreiheit von Wohnungen und von öffentlich zugänglichen baulichen Anlagen zusammengefasst wurden (Henke in BeckOK Bauordnungsrecht NRW, Stand 1.12.2019, § 49 BauO NRW 2018 Rn. 3).
57

Dementsprechend sprechen der Gesetzeszweck ebenso wie Systematik und Wortlaut der Regelung dafür, dass für Wohngebäude, die explizit für die Nutzung durch alte und behinderte Menschen bestimmt sind, gem. § 55 III BauO NRW a.F. die Anforderungen der Barrierefreiheit in allen Bereichen des Gebäudes unabhängig davon zu gelten haben, ob dieses dem Zugang durch die Allgemeinheit gewidmet ist oder nicht. Es ist nicht ersichtlich, dass und aus welchem Grund die für öffentliche, also allgemein für behinderte und nicht behinderte Menschen zugängliche Gebäude geltenden Anforderungen an die eine Teilhabe körperlich beeinträchtigter Menschen ermöglichenden baulichen Gegebenheiten strenger sein sollten als die Anforderungen an ein Gebäude, das Wohnungen speziell für alte und behinderte Menschen bieten soll.
58

ddd)
59

Angesichts dessen bestehen keine Zweifel an der Sachkunde des Sachverständigen G. Vielmehr hat dieser die von ihm vorgenommenen Wertungen nachvollziehbar anhand der Betriebsbeschreibung einerseits und der maßgeblichen technischen Normen andererseits begründet. Auch bei der ergänzenden Befragung durch den Senat hat der Sachverständige fundierte und sorgsam abgewogene Angaben gemacht. Auf sachliche Einwendungen ist er argumentativ eingegangen und hat dabei umfassende Erfahrung und Sachkenntnis erkennen lassen.
60

c)
61

Die Beklagten können sich nicht damit entlasten, dass ihnen die Grundleistungen der Leistungsphase 5 nicht in vollem Umfang übertragen waren, denn sie haben jedenfalls die Hälfte des dafür regelmäßig vorgesehenen Anteils der Vergütung von 25 v.H. gefordert und erhalten. Dabei mussten sie zwar die Ausführungsplanung nicht vollständig neu erarbeiten, weil bereits die vom Architekten H entwickelte Ausführungsplanung vorlag. Da ihr Auftrag allerdings zumindest die Grundleistungen des Bereitstellens der Arbeitsergebnisse als Grundlage für die anderen an der Planung fachlich Beteiligten einschließlich der Koordination und Integration von deren Leistungen sowie die Fortschreibung der Ausführungsplanung aufgrund der gewerkeorientierten Bearbeitung während der Objektausführung umfasste, schuldeten sie auch die Mangelfreiheit der Ergebnisse ihrer Leistungen. In diesem Zusammenhang hatten sie auch die Übereinstimmung der gesamten Planung mit den vertraglichen Vorgaben sowie den anerkannten Regeln der Technik zu gewährleisten. Dass auch die Beklagten ihr vertragliches Leistungssoll derart verstanden, bestätigt im Ergebnis auch die eigene Erklärung des Beklagten zu 1) gegenüber dem Senat. Denn die Beklagten hätten keinen Anlass zu einer Nachfrage bezüglich der räumlichen Abgrenzung der Abstellräume gehabt, wenn ihnen nicht klar gewesen wäre, dass sie die Ausführungsplanung anzupassen und dabei die sich aus der beabsichtigten Zertifizierung ergebenden Anforderungen zu beachten hatten.
62

Die Planungsleistung entsprach nicht der vereinbarten Beschaffenheit, so dass ein Mangel anzunehmen ist. Ob dieser bereits in der vorliegenden Genehmigungsplanung angelegt war, ist in diesem Zusammenhang zunächst unerheblich, weil ein entsprechender Bedenkenhinweis unstreitig nicht erfolgte. Ein solcher wäre indes zur Vermeidung einer Haftung erforderlich gewesen, weil die Beklagten für den Eintritt des funktionalen Werkerfolgs einzustehen haben. Der Unternehmer ist verpflichtet, bindende Anordnungen des Auftraggebers und die Vorleistungen anderer Unternehmer auf ihre Eignung für eine mangelfreie Herstellung des eigenen Werks zu prüfen, und darf nicht einfach darauf vertrauen, dass der Vorunternehmer ‒ hier der Architekt H - nach der üblichen Vorgehensweise gearbeitet hat (BGH BauR 2011, 1652, 1653; Jurgeleit in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl., 5. Teil Rn. 64-65).
63

d)
64

Schließlich sind auch die im Rahmen der Bauüberwachung erbrachten Leistungen der Beklagten als mangelhaft anzusehen, weil der nach dem Vertrag vorausgesetzte Erfolg der Herstellung von barrierefreien und behindertengerechten Wohneinheiten nicht verwirklicht worden ist. Zumindest teilweise, z.B. betreffend die zu kurzen Handläufe, hätte auch im Rahmen der Bauüberwachung die vereinbarte Beschaffenheit noch sichergestellt werden können, ohne dass dies im Ergebnis geschehen wäre.
65

3.
66

Die Berufung der Beklagten ist allerdings teilweise begründet, soweit sie sich gegen die Höhe des als abrechenbarer schadensersatzrechtlicher Vorfinanzierungsanspruch zuerkannten Betrags und die Feststellung der umfassenden Ersatzpflicht hinsichtlich aller etwaigen weiteren Schäden wendet.
67

Nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH kann der Besteller im Rahmen des § 280 I BGB einen schadensersatzrechtlichen Vorfinanzierungsanspruch geltend machen. Ein umfassender Ausgleich des verletzten Interesses des Bestellers im Rahmen des Schadensersatzanspruchs gem. §§ 634 Nr. 4, 280 I BGB wegen Planungs- oder Überwachungsfehlern, die sich im Bauwerk bereits verwirklicht haben, erfordere danach nämlich auch die Überwälzung der Vorfinanzierung auf den Architekten in Form der vorherigen Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrags an den Besteller. Zur Begründung wird als wesentlicher Gesichtspunkt angeführt, dass nach §§ 634 Nr. 2, 637 BGB dem Besteller im Verhältnis zu dem mangelhaft leistenden Bauunternehmer die Nachteile und Risiken einer Vorfinanzierung durch die Gewährung eines Vorschussanspruchs abgenommen werden. Diese für das Werkvertragsrecht getroffene Wertung des Gesetzgebers sei auch für Planungs- oder Überwachungsfehler des Architekten, die sich im Bauwerk bereits verwirklicht haben, zu berücksichtigen (BGH NZBau 2018, 201, 206 [Rz. 67]).
68

a)
69

Die Beklagten wenden zu Recht ein, dass ein dem Kläger gem. § 278 BGB zurechenbares Mitverschulden im Sinne von § 254 I BGB anspruchsmindernd zu berücksichtigen ist, weil unstreitig die Planungs- und Bauüberwachungsleistungen der Beklagten auf Grundlage der bereits vorliegenden Planung zu erarbeiten waren und diese Planung Mängel aufwies, die für den mangelhaften Zustand des Bauwerks mitursächlich geworden sind. Die von den Beklagten im Rahmen der Ausführungsplanung zu erbringenden Grundleistungen aus der Leistungsphase 5 gem. § 15 HOAI a.F. mussten insbesondere auf Grundlage der Genehmigungsplanung erstellt werden, die Grundlage der erteilten Baugenehmigung war.
70

Eine vom Inhalt der Baugenehmigung abweichende Ausführungsplanung ist nämlich mit dem Risiko eines Einschreitens der Baubehörde verbunden, die sowohl Bußgelder verhängen als auch ggf. einen Rückbau anordnen kann, so dass sie als erheblich mangelhaft anzusehen wäre (OLG Brandenburg, NJW-RR 2017, 850, 852). Die Beweisaufnahme hat in diesem Zusammenhang bestätigt, dass jedenfalls Bauform und Abmessungen des Gebäudes durch die Genehmigungsplanung endgültig festgelegt werden. Außerdem sollte unstreitig die zuerst vom Architekten H erarbeitete Ausführungsplanung von den Beklagten übernommen und integriert werden, soweit dies möglich war. Aus diesem Grund sollte die Vergütung der Beklagten nur die Hälfte des eigentlich für die Ausführungsplanung gem. LP 5 vorgesehenen Honorars betragen.
71

aa)
72

Mängel die bereits in der Genehmigungsplanung angelegt waren, beruhen demnach nicht allein auf Fehlern der durch die Beklagten erstellten Ausführungsplanung. Das hat, wie die Beklagten zutreffend anführen, der Sachverständige G im Hinblick auf die zu kleinen Bewegungsflächen vor den Wohnungseingangstüren und die fehlende Bewegungsfläche in den mehr als 15 m langen Laubengängen ausdrücklich klargestellt. Schon in seinen schriftlichen Gutachten hat er darauf hingewiesen, dass eine Korrektur im Rahmen der Ausführungsplanung jedenfalls Mehrkosten verursacht hätte. Dasselbe gilt bezüglich einer für die Barrierefreiheit notwendigen niveaugleichen und schwellenlosen Ausführung der Fenstertüren, denn schon die Genehmigungsplanung beinhaltete eine Höhendifferenz zwischen den Balkonflächen und den Fußböden innen.
73

Die Mitverantwortung des Auftraggebers für Fehler seiner Planer kommt auch dann in Betracht, wenn er die Planung anderen Baubeteiligten, wie z.B. Fachplanern, die eigene Planungsleistungen erbringen, zur Verfügung gestellt hat (Jurgeleit in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, a.a.O., 5. Teil Rn. 97). Da die Beklagten nur mit einem Teil der Planungsleistungen beauftragt waren, die zudem teilweise baubegleitend zu erbringen sein sollten, nachdem die Baugenehmigung bereits auf Grundlage der durch den Architekten H erstellten Planung erteilt worden war, durften sie grundsätzlich ‒ wie ein Fachplaner oder regelmäßig ein bauüberwachender Architekt ‒ darauf vertrauen, dass ihnen durch den Kläger fehlerfreie Planungsunterlagen überlassen würden. Soweit das wegen Mängeln der vom Objektplaner aufgestellten Genehmigungsplanung, auf der ihr Werk fußen musste, nicht der Fall war, muss sich der Kläger dessen Verschulden entsprechend § 278 BGB zurechnen lassen, weil er gegen seine Obliegenheit, den Beklagten die für die Erbringung ihrer vertraglich übernommenen Leistungen benötigte Planung mangelfrei zur Verfügung zu stellen, verstieß (vgl. BGH NJW 2019, 421, 426; NZBau 2017, 164, 166; NZBau 2013, 519, 521).
74

bb)
75

Ein Mitverschulden des Klägers ist nicht deswegen ausgeschlossen, weil die mit der Ausführungsplanung beauftragten Beklagten verpflichtet waren, die ihnen überlassenen Pläne auf Fehler und Widersprüche zu überprüfen, denn das ist lediglich für die Frage bedeutsam, ob ihnen hinsichtlich der Mängel der von ihnen erstellten Planung, die auf der Übernahme fehlerhafter Vorgaben aus der vom Architekten H erstellten Planung beruhten, überhaupt ein tatbestandsmäßiges Verschulden zur Last gelegt werden kann (vgl. BGH NZBau 2017, 164, 166; NZBau 2013, 519, 521). Zwar kann ein Mitverschulden des Bauherren als Auftraggeber nicht angenommen werden, wenn nach Kündigung eines Architektenvertrags ein anderer Architekt umfassend beauftragt wird und Teile der vom ersten Architekten gefertigten Planung übernimmt, die Mängel aufweisen (BGH NZBau 2017, 164, 166; OLG Karlsruhe, NJW-Spezial 2010, 238). Das setzt aber voraus, dass der Auftragsumfang für beide Architekten gleichermaßen umfassend ist, so dass eine Arbeitsteilung zwischen ihnen nicht vorgesehen ist. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, sondern der Architekt H sollte weiterhin bei dem Bauvorhaben tätig sein und hat weiterhin Leistungen erbracht. Die von den Beklagten zu erbringenden Planungs- und Bauüberwachungsleistungen sollten auf den zuvor von ihm fertig gestellten Planungen aufbauen, während sich der Leistungsumfang nicht überschneiden sollte.
76

Der neue streitige Vortrag des Klägers im Schriftsatz vom 6.11.2020, Zweifel an der Fähigkeit des Architekten H, der komplexen Planungsaufgabe gerecht zu werden, seien Grund für die Beauftragung der Beklagten gewesen, so dass es deren Aufgabe gewesen sei, die bestehende Planung ihres Vorgängers im Lichte dieser Zweifel zu überarbeiten und ggf. zu revidieren, ist gem. § 531 II ZPO präkludiert, weil der Kläger nicht darlegt, warum ihm dieser Vortrag nicht bereits im ersten Rechtszug möglich gewesen sein soll. Vor allem aber ist er für den Senat unbeachtlich, weil er mit den bindenden Feststellungen im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils unvereinbar ist. Danach steht nämlich gem. §§ 529 I, 314 ZPO fest, dass die Ausführungsplanung durch die Beklagten weitergeführt werden sollte und die Beklagten die vom Architekten H erstellten CAD-Ausführungspläne in ihrem System nicht verarbeiten konnten, so dass aufgrund dessen die gesamten Ausführungspläne durch die Beklagten neu erstellt werden mussten. Dementsprechend kann nicht angenommen werden, dass konkrete Zweifel an der Mangelfreiheit der zumindest in Abstimmung mit der Fa. J erarbeiteten Genehmigungsplanung und der darauf fußenden Ausführungsplanung des Architekten H in Bezug auf die Barrierefreiheit und Behindertengerechtigkeit bestanden und die Beklagten deshalb diesbezüglich mit Mängeln hätten rechnen müssen.
77

cc)
78

Die Höhe des dem Kläger zuzurechnenden Mitverschuldens ist im Rahmen einer wertenden Betrachtung aller Umstände zu bestimmen. Dabei ist hier zwischen den unterschiedlichen baulichen Mängeln zu differenzieren, die nach den Ergebnissen der Beweisaufnahme einer Bewertung der Wohnanlage als behindertengerecht und barrierefrei entgegenstehen.
79

aaa)
80

Hinsichtlich der zu kleinen Bewegungsflächen ist das dem Kläger wegen der von Beginn an mangelhaften Planung zuzurechnende Mitverschulden als erheblich und als dem eigenen Verursachungsbeitrag der Beklagten gleichgewichtig anzusehen. Weil durch die zum Gegenstand der Baugenehmigung gewordene Planung die Kubatur des Gebäudes festgelegt war, hätte eine Fehlerkorrektur im Rahmen der Ausführungsplanung zwingend flächenmäßige Einbußen in anderen Bereichen erfordert. Der Sachverständige hat in diesem Zusammenhang klar erklärt, dass dann eine Wohnung kleiner geworden wäre.
81

Die Mitverschuldensquote beträgt demgemäß 50% bezüglich des Aufwands, der infolge der Neuherstellung des Wärmedämmverbundsystems und bei den damit zusammenhängenden Arbeiten im Bereich der Eingänge der Wohnungen 3, 5, 6, 7, 8, 11, 13, 14, 15, 16, 19, 21, 22, 23, 24 und 27 entsteht.
82

bbb)
83

Zwar war ausweislich der Erläuterungen des Sachverständigen auch die nicht niveaugleiche Ausführung der Schwellen im Bereich der Fenstertüren schon in der Genehmigungsplanung angelegt, so dass diese auch insofern mangelhaft war. Jedoch wäre eine Korrektur dieses Details mit der Ausführungsplanung technisch ohne weiteres möglich gewesen, so dass bezüglich dieses Mangels das Verschulden der Beklagten als überwiegend anzusehen ist. Es kann als doppelt so schwerwiegend wie der Mangel der vom Kläger gestellten Ausgangsplanung angesehen werden, so dass sich ein gem. §§ 254 I, 278 BGB anzurechnendes Mitverschulden des Klägers von ca. 33,3 % ergibt.
84

ccc)
85

Hinsichtlich der weiteren aufgrund der Beweisaufnahme feststehenden Mängel ist ein dem Kläger als Mitverschulden zurechenbarer Mangel der Genehmigungsplanung nicht feststellbar. Der Sachverständige G hat überzeugend ausgeführt, dass die Probleme bei den Griffen an den Türen der Bäder sowie bezüglich der Länge der Handläufe allein auf die Ausführungsplanung zurückzuführen sind, weil derartige Details nicht schon Gegenstand der frühen Planungsstadien sind, sondern üblicherweise erst anlässlich einer Bemusterung festgelegt werden. Ähnliches gilt im Hinblick auf die konkrete Ausführung der Türschwellen, die im Rahmen der Ausführungsplanung als Magnet-Doppeldichtungsschwellen hätten festgelegt werden müssen.
86

dd)
87

Soweit von einem zurechenbaren Mitverschulden auszugehen ist, muss dieses auch im Rahmen des Feststellungsbegehrens berücksichtigt werden. Das Gericht darf grundsätzlich nicht über einen Feststellungsantrag befinden, ohne zugleich über den erhobenen Mitverschuldenseinwand zu entscheiden. Die Quote des Mitverschuldens ist bereits im Feststellungsurteil auszusprechen; es ist unzulässig, dies dem nachfolgenden Leistungsklageverfahren vorzubehalten (BGH NJW-RR 2012, 880, 881; Sacher in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, a.a.O., 17. Teil Rn. 26).
88

Der Mitverschuldensanteil des Klägers ist dementsprechend auch zu berücksichtigen, wenn und soweit bei der Beseitigung der jeweiligen Mängel Mehrkosten anfallen. Dabei muss wiederum zwischen den einzelnen Mängeln und dem zu ihrer Beseitigung erforderlichen Aufwand unterschieden werden, weil dafür nur teilweise und in verschiedenem Ausmaß Mängel der den Beklagten vom Kläger gestellten Planungsgrundlage ursächlich geworden sind.
89

Außerdem kommt grundsätzlich auch ein bleibender Minderwert des Gebäudes bzw. des bebauten Grundstücks in Betracht. Da die Wertermittlung wegen der Vermietungsabsicht nach dem Ertragswertverfahren zu erfolgen hätte (BGH NJW 1970, 2018, 2019; OLG Brandenburg, Urteil v. 28.01.2014, 2 U 8/10, BeckRS 2014, 2451) und nach den vom Kläger gemachten Angaben alle Wohneinheiten seit Längerem belegt sind, erscheint ein nennenswerter Minderwert zwar fernliegend. Er kann aber nicht ausgeschlossen werden, weil eine Beseitigung der im Fehlen der Bewegungsflächen am Ende der Laubengänge sowie im Bereich der Eingangstüren der Wohneinheiten 4, 12 und 20 innen liegenden Mängel - unter Erhaltung der baulichen Verhältnisse im Übrigen - technisch nicht möglich ist. Das wegen der mangelhaften Genehmigungsplanung anzunehmende Mitverschulden beträgt bezüglich eines etwaigen Minderwerts daher ebenfalls 50%.
90

b)
91

Des Weiteren machen die Beklagten berechtigterweise geltend, dass im Rahmen der Bestimmung des Schadens unter Berücksichtigung der haftungsausfüllenden Kausalität von entscheidender Bedeutung ist, in welcher Weise der Kläger reagiert hätte, wenn die Beklagten die sich hinsichtlich der Barrierefreiheit ergebenden Probleme der Planung erkannt und zur Disposition gestellt hätten. Dem anschaulichen Hinweis des Sachverständigen G auf die Möglichkeit der Fehlerkorrektur unter Inkaufnahme von Mehrkosten entsprechend kommt es darauf an, ob und inwieweit die Kosten der Mängelbeseitigung im Verhältnis der hier streitenden Parteien teilweise auch schon zum Zeitpunkt der ursprünglichen Errichtung des Gebäudes als erhöhte Baukosten zusätzlich angefallen wären. Der pauschale Einwand des Klägers zum Zeitpunkt der Beauftragung der Beklagten sei eine Umplanung noch kostenneutral möglich gewesen, ist mit den Ausführungen des Sachverständigen im Gutachten und anlässlich seiner Befragung durch den Senat zur Bedeutung der Genehmigungsplanung und den technischen Möglichkeiten der Fehlerkorrektur im Rahmen der Ausführung nicht vereinbar, zumal die Beklagten zu Recht anführen, dass auch die vertragliche Vorgabe der Anzahl von 27 Wohneinheiten bei feststehender Kubatur des Gebäudes einzuhalten war.
92

aa)
93

Wenn die Beklagten im Rahmen der Ausführungsplanung Fehler der genehmigten Planung unter Inkaufnahme von Mehrkosten korrigiert hätten, wäre ihre Leistung insofern mangelfrei gewesen. Hätte der erwünschte Erfolg nur durch Vergabe von Zusatzaufträgen oder eines gemessen an der Leistungsbeschreibung ‒ etwa im LV - anderen, teureren Auftrags erreicht werden können, so muss der Auftraggeber die Mehrkosten grundsätzlich tragen. Der Unternehmer darf nicht mit den Kosten solcher Maßnahmen belastet werden, um die das Werk bei ordnungsgemäßer Ausführung von vornherein teurer geworden wäre. Zur Bezifferung dieser Sowieso-Kosten sind diejenigen Mehraufwendungen zu ermitteln, die bei Befolgung des mit der Mängelbeseitigung vorgesehenen Konzepts entstanden wären. Kosten, um die das Werk von vornherein teurer geworden wäre, sind auf den Preisstand einer seinerzeit ordnungsgemäßen Errichtung zu beziehen. Mehrkosten aus späteren Preiserhöhungen sind ersatzpflichtiger Schaden (vgl. BGH BauR 2007,  700, 702; Jurgeleit in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, a.a.O., 5. Teil Rn. 77; Merl in Kleine-Möller/Merl/Glöckner, Handbuch Baurecht, 5. Aufl., § 15 Rn. 777).
94

Diese Grundsätze sind ohne weiteres auf die Planungsleistungen der Beklagten zu übertragen, auch wenn nicht diese selbst aufwendiger geworden wären, sondern die auf Grundlage der Planung in Auftrag zu gebenden Bauleistungen. Denn der geltend gemachte Schadensersatzanspruch bezieht sich gerade auf diese Bauleistungen und ihre Anpassung. Soweit der Kläger Ersatz der Kosten baulicher Maßnahmen beansprucht, die zur Herstellung der vertraglich geschuldeten Barrierefreiheit notwendig sind, muss er sich die Mehrkosten anrechnen lassen, die bei mangelfreier Planung schon 2010 für die entsprechende Ausführung zusätzlich angefallen wären.
95

bb)
96

Die Beweisaufnahme hat den Einwand der Beklagten bestätigt, dass in den vom Sachverständigen ermittelten Kosten der zur Beseitigung der funktionalen Mängel erforderlichen Baumaßnahmen Sowiesokosten enthalten sind, weil bei entsprechender Korrektur der Ausführungsplanung entsprechend den Anforderungen an die Barrierefreiheit die zur Umsetzung der Planung notwendigen Bauleistungen teurer geworden wären. Hinsichtlich der einzelnen Positionen der Kostenschätzung sind demzufolge Mehrkosten, die bei vertragsgerechter Ausführung ohnehin angefallen wären, in Abzug zu bringen:
97

aaa) Wohnungseingangstüren
98

Die Kosten der Mangelbeseitigung sind mit insgesamt 43.267,50 € angenommen worden. Der Sachverständige hat im Gutachten unter Bezugnahme auf die maßgeblichen Normen nachvollziehbar begründet, warum eine feste Bodenschwelle technisch nicht zwingend erforderlich war. Die Beklagten legen nur grundsätzliche Bedenken dar, ohne konkret auf die baulichen Verhältnisse einzugehen ‒ insbesondere ob und in welchem Ausmaß in F im Bereich der durch den Laubengang geschützten Türschwellen mit Frost zu rechnen war. Den Ausführungen des Sachverständigen zufolge handelt es sich bei dem System der Magnet-Doppeldichtungsschwelle um die einzige nach den technischen Regelwerken zulässige Sonderlösung für eine niveaugleiche Türschwelle, die ausreichenden Witterungsschutz bietet. Die Planung der Schwellen war Gegenstand der Ausführungsplanung.
99

Bei ordnungsgemäßer Planung wäre aber schon im Jahr 2010 der höhere Preis für die erforderlichen Magnet-Elemente aufzuwenden gewesen. Den Mehrpreis gegenüber den tatsächlich eingebauten Schwellen hat der Sachverständige mit ca. 400 € bis 500 € je Stück beziffert, so dass sich für 27 Wohneinheiten Sowiesokosten - bezogen auf den Herstellungszeitpunkt - in Höhe von insgesamt ca. 12.150 € schätzen lassen.
100

bbb) Bewegungsflächen vor den Wohnungeingangstüren
101

Die für die Schaffung ausreichender Bewegungsflächen vor den Wohnungseingangstüren der Wohneinheiten 3, 5, 6, 7, 8, 11, 13, 14, 15, 16, 19, 21, 22, 23, 24 und 27 aufzuwendenden Kosten hat der Sachverständige im Gutachten auf insgesamt 21.900,00 € geschätzt. Insbesondere muss das Wärmedämmverbundsystem (WDVS) aus- und neu eingebaut werden. Der höhere Preis der höherwertigen Wärmedämmung WLG 022 in nur 5 cm Stärke von 24 €/m² statt 9 €/m² für die 14 cm starken Dämmplatten WLG 035 hätte den Erklärungen des Sachverständigen zufolge bei Herstellung im Jahr 2010 Mehrkosten in Höhe von zwischen 65 € und 80 € je Eingang zur Folge gehabt.
102

Die neu zu dämmende Fläche hat der Sachverständige mit 4,5 m² je Eingang bemessen, so dass sich bei 16 betroffenen Wohnungen eine Gesamtfläche von 72 m² ergibt. Bei einem Mehrpreis von ca. 15 €/m² ergeben sich demnach Sowiesokosten in Höhe von 1.080 €.
103

ccc) Fenstertüren zu den Balkonen
104

Die Summe der Kosten des zur schwellenlosen Ausführung der Balkontüren erforderlichen baulichen Aufwands hat der Sachverständige im Gutachten vom 24.7.2017 mit 50.490,00 € beziffert. Darin sind sowohl die Umbaukosten als auch die Kosten der Anpassung der Höhenlage von Balkon bzw. Terrasse an die Höhe des Fußbodens im Innenraum enthalten. Der Sachverständige hat in diesem Zusammenhang anschaulich erläutert, dass schon die Genehmigungsplanung fehlerhaft war, weil sie einen Höhenversatz zwischen den Balkonflächen und dem Fußboden innen vorsah. Die gebotene Korrektur im Rahmen der Ausführungsplanung hätte einen, wenn auch geringen, baulichen Mehraufwand erfordert. Außerdem hätten auch insoweit wiederum von vornherein Magnet-Doppeldichtungsschwellen zu höheren Preisen eingebaut werden müssen, so dass die Sowiesokosten auf ca. 470 € je Wohneinheit geschätzt werden können. Demnach ergibt sich bezüglich dieser Position eine Summe von 12.690 €.
105

ddd) weitere Positionen
106

Wegen der Bügelgriffe an den Schiebetüren sowie der Handläufe an den Treppen im Treppenhaus sind keine Sowiesokosten in Abzug zu bringen. Aufgrund der Beweisaufnahme steht insoweit fest, dass diese Positionen alleiniger Gegenstand der Ausführungsplanung waren und daher von den Beklagten entsprechend hätten geplant werden müssen. Die Kosten von 3.375,00 € und 6.260,00 € sind deshalb unvermindert in Ansatz zu bringen.
107

cc)
108

Im Rahmen der Feststellung der Höhe des Schadensersatzes kann, auch wenn darüber nach Ausführung der Arbeiten abzurechnen sein wird, die in der Schadensschätzung enthaltene Pauschalposition von 12.000 € netto nicht in Ansatz gebracht werden. Der Sachverständige hat dazu auf Nachfrage des Senats erklärt, dass die von ihm geschätzte Summe den Minimalbetrag der Kosten bezeichne und die Position von 12.000 € für Unvorhergesehenes die denkbare Abweichung nach oben.
109

Der Schaden kann im Grundsatz anhand der Ausführungen im Gutachten gem. § 287 ZPO geschätzt werden, denn diese bieten genügend konkrete Anhaltspunkte, um als Grundlage einer Schadensschätzung ausreichend zu sein. Im Rahmen des § 287 ZPO ist allerdings der Mindestschaden zu schätzen. Sache des Gerichts ist es, unter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände die Grenze zu ermitteln, bis zu der für die Schätzung eines Schadens eine ausreichende Grundlage vorhanden ist (BGH NJW 2013, 525, 528). Da mit der Vorschusszahlung der Auftragnehmer das Insolvenzrisiko des Auftraggebers trägt, kann dieser als Vorschuss nur den Betrag fordern, der als notwendige Mangelbeseitigungskosten im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung feststeht (Jurgeleit in Kniffka/Koeble, a.a.O., Rn. 350). Diese Überlegung muss zwingend für einen als Ersatz für den Vorschussanspruch gem. § 637 III BGB angenommenen Vorfinanzierungsanspruch aus §§ 280 I, 634 Nr. 4 BGB gleichermaßen gelten.
110

Auch insoweit ist deshalb die Berufung der Beklagten begründet.
111

c)
112

Außerdem umfasst der Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagten aus §§ 280 I, 634 Nr. 4 BGB die vom Sachverständigen in dessen Schätzung mit 21.343,88 € aufgenommenen Regiekosten nicht. Damit abgebildet sind nach der Erläuterung durch den Sachverständigen die Kosten der Planung und Überwachung der zur Sanierung nötigen Maßnahmen. Diesbezüglich sind indes die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nicht erfüllt, weil der Kläger weiterhin Erfüllung von den Beklagten verlangen kann.
113

aa)
114

Soweit nämlich die Arbeiten zur Mängelbeseitigung - noch über die Begutachtung im selbständigen Beweisverfahren hinaus - eine weitere Umplanung erfordern, handelt es sich dabei um Leistungen der Detailplanung, die auf entsprechenden Mängeln der Planungsleistungen der Beklagten beruhen und daher im Rahmen der Nacherfüllung gem. § 635 I BGB geschuldet sind. Ein Schadensersatzanspruch könnte sich insoweit demnach erst nach erfolgloser Fristsetzung oder bei deren Entbehrlichkeit ergeben, weil Schadensersatz statt der Leistung im Sinne von §§ 280 I, 281 BGB verlangt würde (vgl. Koeble in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, a.a.O., 11. Teil Rn. 721; Jurgeleit in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, a.a.O., 5. Teil Rn. 318). Ein solcher kann auch dann geltend gemacht werden, wenn noch keine Abnahme erfolgte, weil gem. § 281 IV BGB dann der Erfüllungsanspruch erlischt, so dass ein Abrechnungsverhältnis entsteht.
115

Hier ist allerdings, obwohl die Beklagten Mängel stets bestritten haben, eine Fristsetzung nicht entbehrlich gewesen, weil der Kläger sie nie zur Beseitigung der Planungsmängel im Wege der Nacherfüllung aufforderte. An die Annahme einer Erfüllungsverweigerung sind strenge Anforderungen zu stellen. Der Schuldner muss eindeutig zum Ausdruck bringen, er werde seinen Vertragspflichten nicht nachkommen (BGH NJW-RR 2014, 1512, 1513). Im Bestreiten eines Mangels liegt nicht ohne weiteres eine endgültige Verweigerung der Nacherfüllung; denn das Bestreiten ‒ auch das nachhaltige ‒ ist das prozessuale Recht des Schuldners. Dies gilt ganz besonders, wenn der Schuldner mit seinem Bestreiten erstmals im Prozess hervorgetreten ist. In einem solchen Fall müssen deshalb zu dem bloßen Bestreiten weitere Umstände hinzutreten, die einer von Anfang an bestehenden Weigerungshaltung Ausdruck geben, so dass ausgeschlossen erscheint, dass der Schuldner sich von einer Fristsetzung zur Nacherfüllung hätte umstimmen lassen (BGH NZBau 2009, 377, 378).
116

Davon ist hier schon aus dem Grund nicht auszugehen, dass die Beklagten sich ausdrücklich leistungsbereit erklärt haben.
117

bb)
118

Darüber hinaus besteht auf Seiten des Klägers auch kein Schaden in Höhe der für eine Überwachung der Mängelbeseitigung anfallenden Kosten. Vielmehr steht den Beklagten ein Nacherfüllungsrecht auch im Hinblick auf die Überwachung der Mängelbeseitigungsmaßnahmen zu, weil das zu ihren vertraglich übernommenen Leistungspflichten aus LP 9 gem. § 15 HOAI a.F. gehört (vgl. OLG Hamm, NZBau 2013, 313, 315; Jurgeleit in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, a.a.O., 5. Teil Rn. 317).
119

d)
120

Andererseits ist bei der Bezifferung der voraussichtlichen Kosten der Mängelbeseitigung die zwischenzeitlich eingetretene Preissteigerung als Schaden zu berücksichtigen, denn die Kostenschätzung des Sachverständigen stammt aus dem Jahr 2017 und beruht dementsprechend auf den seinerzeit bereits veröffentlichten und bekannten Preisen (vgl. Jurgeleit in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, a.a.O., 5. Teil Rn. 350).
121

Der Sachverständige hat hierzu erklärt, dass die heute zu erwartenden Kosten mit Hilfe einer an der Entwicklung des Baupreisindex orientierten prozentualen Anpassung realistisch abgebildet werden können. Der Baupreisindex für den Neubau von Wohngebäuden hat sich von 104,9 Punkten im 2. Quartal 2017 bis zum 3. Quartal 2020 auf 115,1 Punkte, also um 10,2 Punkte erhöht.
122

Letztlich kann demnach der als abzurechnende Vorfinanzierung der Mängelbeseitigung zu leistende Schadensersatz gem. § 287 ZPO folgendermaßen beziffert werden:
123

Kostenschätzung SV
    

1 Wohnungseingangstüren
    

 43.267,50 €

P1.1
    

 4.117,50 €
    

P1.2
    

 7.830,00 €
    

P1.3
    

 5.265,00 €
    

P1.4
    

15.525,00 €
    

P1.7
    

 2.835,00 €
    

P1.8
    

 3.645,00 €
    

P1.9
    

 4.050,00 €
    
    

2 Bewegungsflächen vor WE
    

 21.900,00 €

P2.1
    

 6.200,00 €
    

P2.2
    

 5.720,00 €
    

P2.3
    

 4.260,00 €
    

P2.4
    

 5.720,00 €
    
    

3 Fenstertüren zu Balkonen
    

 50.490,00 €

P3.1
    

 5.265,00 €
    

P3.2
    

15.525,00 €
    

P3.3
    

11.610,00 €
    

P3.4
    

 3.510,00 €
    

P3.5
    

 3.780,00 €
    

P3.6
    

 6.750,00 €
    

P3.7
    

 4.050,00 €
    
    

4 Bügelgriffe Bad
    

  3.375,00 €
    

5 Handläufe
    

  6.260,00 €

P5.1
    

 5.760,00 €
    

P5.2
    

   500,00 €
    
    

6 NebenK, Baustelleneinrichtung
    

  5.000,00 €
        
    

Nettosumme
    

130.292,50 €
        
    

Sowiesokosten
    
    

Wohnungseingangstüren
    

-12.150,00 €
    

Bewegungsflächen vor WE
    

- 1.080,00 €
    

Fenstertüren zu Balkonen
    

-12.690,00 €
        
    

Mitverschulden
    
    

Bewegungsflächen vor WE  50%
    

-10.410,00 €
    

Fenstertüren zu Balkonen  33%
    

-12.474,00 €
        
    

Nettosumme 2017
    

 81.488,50 €
    

Nettosumme 2020  (+10,2%)
    

89.800,33 €
124

4.
125

Die Berufung hat, schon weil sie zu einer Reduzierung der Hauptforderung führt, auch bezüglich der Nebenforderungen teilweise Erfolg. Dem Grunde nach sind jedoch auch die Nebenforderungen weitgehend begründet.
126

a)
127

Da die Beklagten eine schuldhafte Pflichtverletzung gem. § 280 I BGB in Verbindung mit §§ 634 Nr. 4, 633 II BGB zu vertreten haben, sind auch die Kosten zweckentsprechender Rechtsverfolgung als Mangelfolgeschaden zu ersetzen. Der Kläger durfte die Einschaltung eines Rechtsanwalts als erforderlich ansehen, um seine Gewährleistungsrechte durchzusetzen, und kann dementsprechend Erstattung der für die außergerichtliche Tätigkeit angefallenen Gebühren verlangen. Deren Höhe hat sich allerdings nach der tatsächlich begründeten Forderung zu bestimmen.
128

Bei einem Gegenstandswert von bis 95.000,00 € ergibt sich eine Gebührenforderung einschließlich Telekommunikationspauschale in Höhe von 1.863,40 € netto bzw. 2.217,45 € brutto.
129

b)
130

In Bezug auf die begründete Schadensersatzforderung des Klägers, sowohl wegen der Kosten der Mängelbeseitigung als auch hinsichtlich der Rechtsverfolgungskosten, besteht eine Zinsforderung gem. §§ 288 I, 291 BGB seit Rechtshängigkeit. Die Zustellung der Klage an den Beklagten zu 2) erfolgte am 30.5.2018 (Bl. 52). Zinsen sind demnach seit dem 31.5.2018 zu zahlen.
131

c)
132

Soweit das Landgericht Zinsen auf die Hauptforderung seit dem 14.3.2018 gem. §§ 280 I, II, 286 I, 288 I BGB zuerkannt hat, weil der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 27.2.2018 eine Frist zur Zahlung von 163.636,38 € bis zum 13.3.2018 gesetzt hatte, ist die Berufung begründet.
133

Weil sich im Ergebnis eine Hauptforderung in Höhe von nur ungefähr der Hälfte des seinerzeit angemahnten Betrags als begründet erweist, ist eine erhebliche Zuvielforderung des Klägers anzunehmen, die Verzug nicht begründen konnte, weil nicht anzunehmen war, dass er eine Zahlung in dieser Höhe als Erfüllung annehmen würde (vgl. BGH NJW 2020, 1962, 1972; NJW 2006, 3271, 3272).
134

III.
135

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 I, 97 I, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
136

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die aufgrund eingehender Beweisaufnahme getroffene Entscheidung keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat.

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