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10.03.2021 · IWW-Abrufnummer 221045

Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 14.12.2020 – 9 K 1266/17

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Hessisches Finanzgericht
9. Der Senat

14.12.2020


Tenor

Der Bescheid für 2011 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom 07.01.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.06.2017 wird gegenüber dem Kläger zu 1. insoweit geändert, als die Einkommensteuer um 10.500,00 EUR niedriger festgesetzt wird. Der Bescheid für 2012

über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom 14.01.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.06.2017 wird gegenüber dem Kläger zu 1. insoweit geändert, als die Einkommensteuer um 10.500,00 EUR niedriger festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Gerichtskosten trägt der Kläger zu 1. zu 23 %, die Klägerin zu 2. zu 50 % und der Beklagte zu 27 %. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1. trägt der Beklagte zu 54 %. Im Übrigen trägt jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger zu 1. vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung im Zusammenhang mit der Nutzung einer spanischen Immobilie.

Die Kläger sind Eheleute, die in den Streitjahren 2010-2012 gemeinsam bei dem Beklagten zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Die Kläger hatten bis in das Jahr 2007 mit ihren beiden Kindern ihren Familienwohnsitz in einer Immobilie in Mallorca. Diese Immobilie bestand nach spanischem Grundstücksrecht aus mehreren Teilen, wobei manche Teile im direkten Eigentum des Klägers zu 1. standen und andere Teile über zwei spanische Kapitalgesellschaften gehalten wurden, an denen die Kläger jeweils hälftig beteiligt waren („A“ und „B“). Solange die Kläger in dieser Immobilie ihren Familienwohnsitz hatten, zahlten sie an die beiden Kapitalgesellschaften jeweils eine Miete i.H.v. monatlich 1.000,00 EUR. Im Jahr 2007 verlegten die Kläger ihren Familienwohnsitz nach Deutschland. Nach dem Umzug stellten die Kläger auch die Mietzahlungen an die spanischen Kapitalgesellschaften ein. Im Jahr 2013 wurde die Immobilie verkauft, wobei dies hinsichtlich derjenigen Teile, welche sich im Vermögen der Kapitalgesellschaften befanden, dadurch erfolgte, dass die Anteile an den Gesellschaften vollständig an den Erwerber der Immobilie veräußert wurden.

Der Kläger zu 1. legte die Immobilienveräußerung in der Einkommensteuererklärung der Kläger für das hier nicht streitige Jahr 2013 offen (vgl. Bl. 2 f. der Einkommensteuerakte 2013). Er bezifferte dabei die Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile mit insgesamt 3.606.920,00 EUR und den Verkaufserlös mit insgesamt 9.286.905,33 EUR (vgl. Bl. 17 der Einkommensteuerakte 2013).

Der Beklagte teilte den Klägern daraufhin mit, dass er aufgrund der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (Urteil vom 12.06.2013 - I R 109-111/10, BStBl. II 2013, 1024) beabsichtige, für die Streitjahre jeweils eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) wegen der unentgeltlichen Selbstnutzung der Immobilie anzusetzen. Dabei wies er darauf hin, dass sich die Höhe der vGA nach der Marktmiete richte und gemäß §§ 3 Nr. 40 Buchst. d Satz 2, 32d Abs. 2 Nr. 4 Einkommensteuergesetz --EStG-- vollständig dem individuellen Steuersatz zu unterwerfen sei (vgl. Bl. 43 f. des Sonderbandes 2013).

Der Kläger zu 1. wandte dagegen ein, dass es sich bei der betreffenden Immobilie nicht um eine klassische Ferienimmobilie, sondern um den Erstwohnsitz seiner Familie bis zum Jahr 2007 gehandelt habe. Nach dem in diesem Jahr erfolgten Umzug nach Deutschland sei die Immobilie zum Verkauf angeboten worden. Im Jahr 2008 sei jedoch aufgrund der Wirtschaftskrise die Nachfrage völlig eingebrochen, sodass es erst nach einer langsamen Wiederbelebung des Marktes im Jahr 2013 möglich gewesen sei, die Immobilie zu verkaufen. In dieser Verkaufsphase sei die Immobilie nicht als Feriendomizil genutzt worden; vielmehr habe sich nur die Klägerin zu 2. in regelmäßigen Abständen dort aufgehalten, um nach dem Rechten zu sehen und die Immobilie für Besichtigungstermine herzurichten (vgl. Bl. 54 des Sonderbandes 2013). Im Ergebnis sei den Klägern deshalb gar kein für die Annahme einer vGA erforderlicher Vermögensvorteil zugeflossen, denn soweit überhaupt Übernachtungen der Gesellschafter in der Immobilie stattgefunden hätten, seien diese im Interesse der Gesellschaft erfolgt, sodass diese ersparten Übernachtungskosten im Gegenzug der Gesellschaft hätten in Rechnung gestellt werden können (vgl. Bl. 58 des Sonderbandes 2013). Im Übrigen habe die spanische Finanzverwaltung keinen Anlass für Korrekturen nach spanischem Steuerrecht bezüglich der Leistungsbeziehungen zwischen Gesellschaftern und Gesellschaft gesehen, was dazu führe, dass die deutsche Finanzverwaltung nicht einseitig eine vGA fingieren könne (vgl. Bl. 86 des Sonderbandes 2013).

Der Beklagte erließ gleichwohl für die Streitjahre Einkommensteuerbescheide, in welchen er jeweils bei den Kapitaleinkünften des Klägers zu 1. eine vGA i.H.v. 42.000,00 EUR hinzurechnete (vgl. Bl. 2 ff. des Sonderbandes Einspruchsverfahren ESt 2010-2012). Dabei erfolgte für das Jahr 2010 eine Besteuerung der vGA zum persönlichen Steuersatz der Kläger, wohingegen in den Jahren 2011 und 2012 die Besteuerung mit dem Abgeltungsteuersatz des § 32d Abs. 1 EStG erfolgte. In den Erläuterungen der Bescheide für 2010 und 2011 ist jeweils ausgeführt, dass als Wertansatz für die vGA eine marktübliche Miete von monatlich 3.500,00 EUR x 12 Monate = 42.000,00 EUR angenommen worden sei.

Hiergegen legte der Kläger zu 1. jeweils Einspruch ein, wobei er zur Begründung auf den bisherigen Schriftwechsel verwies (vgl. Bl. 1 des Sonderbandes Einspruchsverfahren ESt 2010-2012). Nachdem der Beklagte die Klägerin zu 2. zum Einspruchsverfahren hinzugezogen hatte, wies er die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 12.06.2017 als unbegründet zurück (vgl. Bl. 10 ff. des Sonderbandes Einspruchsverfahren ESt 2010-2012). Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass es für den Ansatz einer vGA weder auf die Dauer der tatsächlichen jährlichen Immobiliennutzung noch auf die behauptete Veräußerungsabsicht ankomme. Außerdem habe der Kläger zu 1. seine Angaben nicht konkretisiert. Tatsächlich sei die Immobilie in den Streitjahren regelmäßig von den Klägern genutzt worden. Bei der Bemessung der vGA habe sich der Beklagte entsprechend der vom BFH aufgestellten Grundsätze nicht an der Kostenmiete, sondern an der Marktmiete orientiert. Nach den im Internet veröffentlichten Anzeigen werde in Mallorca für ein typisches Herrenhaus durchaus eine monatliche Kaltmiete von 4.000,00 EUR gezahlt. Der vom Beklagten geschätzte Wert liege ‒ auch angesichts des Werts der Immobilie ‒ daher im unteren Bereich der erzielbaren Miete.

Die Kläger haben am 07.07.2017 Klage erhoben. Sie wiederholen im Wesentlichen das Vorbringen des Klägers zu 1. aus dem Einspruchsverfahren, wobei sie es dahingehend konkretisieren, dass im Streitzeitraum entweder der Kläger zu 1. oder die Klägerin zu 2. die Immobilie ca. zwei Mal pro Quartal inspiziert hätten. Diese Aufenthalte hätten jeweils zwei bis drei Tage gedauert. Die Kläger hätten mit ihren Kindern ihre Ferien im Streitzeitraum an anderen Orten erbracht. Weder eine kurzfristige noch eine langfristige Vermietung der Immobilie seien infrage gekommen. Auf eine kurzfristige Vermietung an Touristen hätte das soziale Umfeld allergisch reagiert. Sie sei auch nicht ohne weiteres rechtlich zulässig gewesen, sondern hätte in Form einer Hotelunternehmung gekleidet werden müssen. Eine längerfristige Vermietung wäre ebenfalls sehr schwierig gewesen, weil für hochwertig möblierte und auf spezielle Bedürfnisse zugeschnittene Objekte zu dieser Zeit kein Markt bestanden habe. Zudem bedeute eine längerfristige Vermietung einer Immobilie in Spanien faktisch auch, dass diese unverkäuflich sei, weil man einen Mieter nur sehr schwer tatsächlich zum Auszug bewegen könne, wenn er dies nicht wolle. Das Vorgehen des Beklagten führe außerdem zu einer offensichtlichen Verletzung des Grundsatzes der Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 63 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union --AEUV--.

Die Kläger haben beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2010 vom 28.12.2015 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 12.06.2017 insoweit abzuändern, als in ihm Steuern auf verdeckte Gewinnausschüttungen festgesetzt werden,

den Einkommensteuerbescheid 2011 vom 07.01.2016 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 12.06.2017 insoweit abzuändern, als in ihm Steuern auf verdeckte Gewinnausschüttungen festgesetzt werden,

den Einkommensteuerbescheid 2012 vom 14.01.2016 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 12.06.2017 insoweit abzuändern, als in ihm Steuern auf verdeckte Gewinnausschüttungen festgesetzt werden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der Jahre 2011 und 2012 hat der Beklagte zunächst angekündigt, Änderungsbescheide zu erlassen. Hintergrund der Änderung ist, dass der Beklagte nunmehr davon ausgeht, dass auch für die Jahre 2011 und 2012 die vGA mit dem persönlichen Steuersatz der Kläger zu versteuern sei. Tatsächlich sind entsprechende Änderungsbescheide jedoch nicht ergangen. Hinsichtlich des grundsätzlichen Ansatzes der vGA hält der Beklagte an seiner bisherigen Auffassung fest.

Dem Senat haben vier Bände Einkommensteuerakten, ein Sonderband 2013, ein Sonderband Einspruchsverfahren ESt 2010-2012, ein Sonderband für Kläger zu 1. und ein Sonderband für Verständigungsverfahren vorgelegen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist betreffend die Klägerin zu 2. bereits unzulässig. Bezüglich des Klägers zu 1. ist die Klage hinsichtlich der Streitjahre 2011 und 2012 begründet, hinsichtlich des Streitjahres 2010 unbegründet.

1. Der Klägerin zu 2. fehlt die Klagebefugnis i.S.d. § 40 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung --FGO--. Die streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheide sind gegenüber der Klägerin zu 2. bestandskräftig, da diese keinen Einspruch eingelegt hat. Die formelle Bestandskraft hindert das Gericht an der Sachprüfung der Klage der Klägerin. Daran vermag auch die Hinzuziehung der Klägerin zum Einspruchsverfahren nichts zu ändern. Denn die Hinzuziehung als solche begründet allein noch nicht die Klagebefugnis des Hinzugezogenen. Es muss vielmehr entweder eine zusätzliche materiell-rechtliche oder zumindest eine formelle Beschwer der Hinzugezogenen i.S.d. § 40 Abs. 2 FGO hinzutreten. Daran fehlt es hier. Materiell-rechtlich wurde die Klägerin durch die Einspruchsentscheidung nicht zusätzlich beschwert, weil die Einspruchsentscheidung die angefochtenen Bescheide, die der Klägerin gegenüber bestandskräftig waren, nicht zum Nachteil der Kläger änderte. Die formelle Beschwer setzt voraus, dass die Hinzugezogene Anträge im Verfahren des Hauptbeteiligten stellt und dass diese Anträge zurückgewiesen werden. Beides war nicht gegeben (vgl. zu allem BFH-Beschluss vom 05.07.2006 - X B 114/05, BFH/NV 2006, 1869 m.w.N. aus der Rechtsprechung).

Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Einspruch des Klägers zu 1. auch im Namen der Klägerin zu 2. eingelegt wurde. Derjenige Einspruchsführer, der im eigenen Namen und zugleich für seinen Ehepartner Einspruch einlegen will, muss dies ausdrücklich tun. Es kann nicht stillschweigend davon ausgegangen werden, dass ein Ehegatte auch für den mit ihm zusammenveranlagten Ehepartner Einspruch einlegen will (vgl. Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Juli 2017, § 357 AO Rn. 13). In dem Einspruchsschreiben des Klägers zu 1. heißt es explizit: „Ich möchte gegen diese Bescheide hiermit Einspruch einlegen…“ (vgl. Bl. 1 des Sonderbandes Einspruchsverfahren). Die Annahme einer Bevollmächtigung scheidet deshalb aus.

2. Die Einkommensteuerbescheide 2011 und 2012 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger zu 1. in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Der Einkommensteuerbescheid 2010 ist hingegen rechtmäßig.

a) Der Beklagte hat zu Recht dem Grunde nach in den Streitjahren jeweils eine vGA im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen angesetzt.

Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1 und 2 EStG in der Fassung der Streitjahre gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen u.a. Gewinnanteile und sonstige Bezüge aus Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung; zu den sonstigen Bezügen gehören auch vGA. Anteile in diesem Sinne sind auch Anteile an einer spanischen GESELLSCHAFT (vgl. BFH-Urteil vom 12.06.2013 - I R 109-111/10, BStBl. II 2013, 1024).

Wenn eine Gesellschaft eine in ihrem Gesellschaftsvermögen vorhandene Immobilie ihren Gesellschaftern unentgeltlich ganzjährig zur jederzeitigen Nutzung überlässt und auf die Zahlung marktüblicher Entgelte verzichtet, führt dies bei den Gesellschaftern zu Kapitaleinkünften gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG (BFH, a.a.O.). Denn der Gewinnverzicht der Gesellschaft beruht auf einer verhinderten Vermögensmehrung in Gestalt der marktüblichen Entgelte, die nach der insoweit maßgebenden deutschen Regelungslage geeignet ist, bei der Gesellschaft nach den auch insoweit einschlägigen Maßstäben des § 8 Abs. 3 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz --KStG-- eine vGA auszulösen (BFH, a.a.O.).

Der Senat teilt nicht die Auffassung der Kläger, dass vorliegend eine vGA deshalb ausscheide, weil die Immobilie in den Streitjahren wenn überhaupt nur zu sehr kurzen Aufenthalten genutzt worden sei, welche den Zweck gehabt hätten, den Verkaufsprozess der Immobilie zu fördern.

aa) Es ist bereits zweifelhaft, ob dem Vorbringen der Kläger, dass die Immobilie im Zeitraum 2007-2013 zum Verkauf angeboten worden sei und Aufenthalte nur zur Förderung des Verkaufsprozesses stattgefunden haben sollen, gefolgt werden kann. Auf Aufforderung des Gerichts, Nachweise über die behaupteten Verkaufsbemühungen sowie die Aufenthalte der Kläger in der betreffenden Immobilie im Streitzeitraum vorzulegen, haben die Kläger im Wesentlichen nur einen Maklervertrag aus dem Jahr 2008, eine E-Mail des Maklerunternehmens aus demselben Jahr, wonach sich der Verkaufsprozess schwierig gestalte, und eine weitere E-Mail aus dem Jahr 2013, in dem das Maklerunternehmen eine Besichtigung mit dem späteren Käufer ankündigt, vorgelegt. In diesem Zusammenhang ist nicht nachvollziehbar, dass es für den Zeitraum zwischen 2008 und 2013 keinerlei Nachweise über Verkaufsbemühungen geben soll. Hinsichtlich der Aufenthalte der Kläger in der Immobilie sind nur drei Flugtickets über Aufenthalte in der Zeit vom 29.07.-01.08.2009, vom 08.03.-11.03.2010 und vom 27.05.-29.05.2013 vorgelegt worden. Das tatsächliche Ausmaß der Aufenthalte der Kläger in der Immobilie lässt sich daraus kaum erschließen.

bb) Selbst wenn man aber dem Vorbringen der Kläger folgt und davon ausgeht, dass die (kurzen) Aufenthalte der Kläger in der Immobilie nur dazu dienten, deren Verkaufsprozess zu fördern, steht dies der Annahme einer vGA nicht entgegen. Dies folgt daraus, dass die Kläger im Streitzeitraum jederzeit die Möglichkeit hatten, die Immobilie unentgeltlich zu nutzen und diese Möglichkeit auch mehrmals wahrnahmen.

Soweit die Kläger zunächst dagegen einwenden, dass die Einräumung der Nutzungsmöglichkeit im vorliegenden Fall nicht festgestellt sei, ist darauf hinzuweisen, dass die Kläger weder in tatsächlicher noch rechtlicher Hinsicht daran gehindert waren, die Immobilie zu Aufenthalten zu nutzen. Weder war die Immobilie anderweitig vermietet noch gab es Gesellschafterbeschlüsse der spanischen Kapitalgesellschaften, wonach den Klägern die Nutzung untersagt worden wäre. Tatsächlich haben die Kläger auch bereits nach ihrem eigenen Vortrag die Immobilie zu Unterkunftszwecken genutzt, wenn auch im Hinblick auf die behaupteten Verkaufsbemühungen.

In Rechtsprechung und Literatur wurde soweit ersichtlich bislang kaum erörtert, ob die bloße unentgeltliche Nutzungsmöglichkeit einer zum Gesellschaftsvermögen gehörenden (Ferien-)Immobilie durch die Gesellschafter zu einer vGA führt. Golombek (in: BB 2014, 855, 858 f.) hat diese Frage verneint unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 16.12.1992 - I R 32/92, BStBl. II 1993, 399. Dieses Urteil betraf eine Aktiengesellschaft, die satzungsgemäß ihren Aktionären Ferienwohnungen zur zeitlich vorübergehenden Nutzung nach Maßgabe eines Wohnungsberechtigungspunktesystems überließ. Der BFH entschied, dass die Aktionäre durch die Überlassung einen sonstigen Bezug aus Aktien i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG erzielten. Der Zufluss dieses Beteiligungsertrages erfolgte nach Auffassung des BFH nicht schon mit dem Abschluss des Vertrages über die unentgeltliche Nutzung einer bestimmten Ferienwohnung, sondern erst im Zeitpunkt der Nutzungsüberlassung der einzelnen Wohnung, wobei diese nicht notwendigerweise die Nutzung durch den Aktionär voraussetzte. Vielmehr konnte dieser auf die Nutzung des ihm eingeräumten Vorteils verzichten. Er konnte denselben auch durch einen anderen nutzen lassen. So gesehen erschöpften sich laut BFH die Einkünfte der Aktionäre aus Kapitalvermögen in der ihnen eingeräumten Möglichkeit, eine bestimmte Ferienwohnung in einem bestimmten Zeitraum unentgeltlich zu nutzen.

Entgegen Golombek stützt das BFH-Urteil vom 16.12.1992 die Auffassung, dass die bloße unentgeltliche Nutzungsmöglichkeit der Immobilie in Palma durch die Kläger ausreichte, um eine vGA anzunehmen. Dies ergibt sich daraus, dass der BFH in seinem zu entscheidenden Fall den Zuflusszeitpunkt des sonstigen Bezuges i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG im Zeitpunkt der Nutzungsüberlassung annahm und dabei keine tatsächliche Nutzung durch den Gesellschafter verlangte, sondern vielmehr die Möglichkeit zur Nutzung der Immobilie ausreichen ließ.

Auch dem Grundlagenurteil des BFH zur vGA bei einer spanischen Ferienimmobilie (Urteil vom 12.06.2013 - I R 109-111/10, BStBl. II 2013, 1024) lässt sich ‒ entgegen Milatz/Christopeit (in: BB 2015, 1750, 1752) ‒ nicht entnehmen, dass es für den Ansatz einer vGA auf die tatsächliche Immobiliennutzung durch die Gesellschafter ankäme (wie hier: Rengers, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand 150. EL November 2019, § 8 KStG Rn. 536). Den Gesellschaftern in diesem Urteilsfall stand die spanische Immobilie ganzjährig unentgeltlich zur Verfügung, wobei die Gesellschafter die Immobilie in den Streitjahren „bei verschiedenen Aufenthalten“ zu eigenen Wohnzwecken nutzten. Obwohl dadurch deutlich wird, dass die Immobilie von den Gesellschaftern nicht ganzjährig genutzt wurde, finden sich in dem Urteil keinerlei Hinweise darauf, dass der BFH die Berechnung der vGA durch das Finanzamt im konkreten Fall, nämlich den Ansatz einer monatlichen Miete, die auf das gesamte Jahr hochgerechnet wird, beanstanden würde.

Weiterhin hat das Finanzgericht --FG-- Niedersachsen in dem Fall einer Schweizer Ferienimmobilie ausdrücklich festgehalten, dass es für den Ansatz einer vGA unerheblich sei, ob die Immobilie nur drei Monate oder das ganze Jahr über von dem Gesellschafter genutzt worden sei; die Immobilie habe dem Gesellschafter das ganze Jahr hindurch zur Verfügung gestanden, sodass der gesamte Jahresmietwert als vGA anzusetzen sei (vgl. FG Niedersachsen, Urteil vom 21.08.2003 - 11 K 499/98, EFG 2004, 124; die Nichtzulassungsbeschwerde war erfolglos, BFH, Beschluss vom 02.03.2005 - VIII B 298/03, BFH/NV 2005, 1528).

Wenn die Kläger in diesem Zusammenhang ausführen, dass ihr Verhalten den beiden Gesellschaften sogar zugutegekommen sei, da die Aufenthalte der Kläger nur der Förderung des Verkaufsprozesses gedient hätten, so ist dem entgegen zu halten, dass es bei einem fast sechsjährigen Leerstand einer Immobilie kaum einen gewissenhaften Geschäftsführer gäbe, der nicht versuchen würde, durch eine ‒ auch nur kurzfristige und übergangsweise ‒ Vermietung Einnahmen zu generieren (vgl. zum Maßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers bei Beurteilung einer vGA nur BFH-Urteil vom 13.11.1996 - I R 126/95, BFHE 182, 358). Soweit die Kläger dagegen wiederum vorgebracht haben, dass weder eine kurz- noch langfristige Vermietung in Betracht gekommen sei, ist anzumerken, dass die von den Klägern insoweit vorgebrachten Gründe keine absoluten rechtlichen Hindernisse darstellen, sondern im Wesentlichen nur auf wirtschaftlichem bzw. organisatorischen Mehraufwand beruhen. Im Übrigen sind diese Hindernisse nur behauptet, aber nicht nachgewiesen.

cc) Auf die vom BFH in seinem Grundlagenurteil zur vGA bei einer spanischen Ferienimmobilie (Urteil vom 12.06.2013 - I R 109-111/10, BStBl. II 2013, 1024) angestellten Erwägungen zur Einordnung der vGA in die Verteilungsnormen des Doppelbesteuerungsabkommens mit Spanien von 1966 --DBA Spanien 1966-- kommt es hier nicht an. Der BFH hat insoweit Überlegungen angestellt, ob die vGA unter Art. 10 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 DBA Spanien 1966 oder unter Art. 21 DBA Spanien 1966 zu subsumieren sei. Diese Frage ist jedoch nicht entscheidungserheblich, da in beiden Fällen Deutschland ein Besteuerungsrecht zusteht und die Frage nur Relevanz für die etwaige Anrechnung spanischer Steuern hat. Spanische Steuern sind jedoch nach Auskunft der Kläger hinsichtlich des hier streitigen Sachverhalts nicht entstanden.

Soweit die Kläger darauf verwiesen haben, dass die spanischen Steuerbehörden in dem hier zu beurteilenden Sachverhalt keinen Anlass für eine Korrektur nach spanischem Steuerrecht gesehen haben und deshalb der einseitige Ansatz einer vGA durch die deutsche Steuerverwaltung ausscheide, ist darauf hinzuweisen, dass die Besteuerung der vGA zu Lasten des Dividendenbeziehers sowohl im Quellenstaat als auch im Ansässigkeitsstaat unabhängig davon ist, ob dieselbe bei der ausschüttenden Gesellschaft festgestellt und gewinnerhöhend erfasst wurde (vgl. Wassermeyer/Kaeser, in: Wassermeyer, DBA, Stand 148. EL Januar 2020, OECD-MA 2017 Art. 10 Rn. 116). Weder das Recht der Doppelbesteuerungsabkommen noch das innerstaatliche Recht verlangen einen Gleichlauf in dem Ansatz einer vGA auf Gesellschafts- und Gesellschafterebene (vgl. BFH-Urteil vom 19.06.2007 - VIII R 54/05, BStBl. II 2007, 830; Brühl/Weiss, in: Ubg 2017, 510, 511 f., 514, 521; a.A. Kohlhaas, BB 2017, 474, 478, der wenig überzeugend dem Wohnsitzfinanzamt des Gesellschafters generell das Recht abspricht, eigenständig eine vGA festzustellen, weil dies eine Kompetenzüberschreitung bedeuten und gegen das Steuergeheimnis verstoßen soll).

dd) Der von den Klägern gerügte Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 63 AEUV liegt nicht vor. Die Annahme einer vGA in Fällen wie dem vorliegenden trifft die Gesellschafter unabhängig davon, ob sie in eine inländische oder in eine ausländische Kapitalgesellschaft investieren. Es liegt somit keine Diskriminierung ausländischer Investitionsformen vor, wie es der Fall in dem von den Klägern herangezogenen BFH-Urteil vom 24.07.2018 (I R 75/16, BStBl. II 2019, 806) bezüglich § 8b Abs. 7 KStG a.F. war (die Vorschrift regelte, dass von bestimmten Dividenden aus Anteilen an einer ausländischen ‒ und eben nur einer ausländischen ‒ Gesellschaft fünf vom Hundert als Betriebsausgaben galten, die mit den Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang standen).

b) Es kann dahingestellt bleiben, ob der Beklagte die Höhe der vGA zu Recht mit der Marktmiete angesetzt hat.

Für die Bewertung einer vGA in Fällen wie dem vorliegenden ist in der Rechtsprechung des BFH anerkannt, dass auf Ebene der Gesellschaft die Kostenmiete anzusetzen ist, welche sich nach der Zweiten Berechnungsverordnung (II. BV) ermittelt (vgl. nur BFH-Urteil vom 27.07.2016 - I R 12/15, BStBl. II 2017, 217). Ob dies auch für die Bewertung der vGA auf Ebene des Gesellschafters gilt, ist nicht vollends geklärt. Diese Bewertung richtet sich grundsätzlich bei einer nicht in Geld bestehenden vGA nach § 8 Abs. 2 EStG und muss nicht mit der Bewertung auf Ebene der Gesellschaft identisch sein (vgl. Buge, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Stand Oktober 2019, § 20 EStG Rn. 87 m.w.N.). Gleichwohl wird in Rechtsprechung und Literatur auch im Hinblick auf die Bewertung des dem Gesellschafter aus einer verbilligten Wohnraumüberlassung zufließenden Vorteils vertreten, dass dieser Vorteil in Höhe der Kostenmiete zufließe; der Vorteil des Gesellschafters liege nicht in einer verbilligten Nutzung, sondern darin, dass er das genutzte Wirtschaftsgut nicht selbst anschaffen und unterhalten müsse (vgl. Beschluss des FG Berlin-Brandenburg vom 24.04.2017 - 10 V 1044/17, EFG 2017, 1087 mit zustimmender Anmerkung von Tiedchen [durch nicht dokumentierten Beschluss des BFH aufgehoben]; Gebel/Merz, DStZ 2011, 145, 148 ff.).

Wenn man der letztgenannten Ansicht folgte und die Kostenmiete als relevanten Zufluss ansähe, ergäbe sich Folgendes: Nach der Rechtsprechung des BFH ist zur Ermittlung der Kostenmiete zunächst eine Kapitalverzinsung nach § 20 II. BV anzusetzen. Diese richtet sich gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 II. BV nach dem marktüblichen Zinssatz für erste Hypotheken. Er kann gemäß § 23a Abs. 1 Nr. 1 II. BV ermittelt werden aus dem durchschnittlichen Zinssatz der durch erste Hypotheken gesicherten Darlehen, die zu dieser Zeit von Kreditinstituten oder privatrechtlichen Unternehmen, zu deren Geschäften üblicherweise die Hergabe derartiger Darlehen gehört, zu geschäftsüblichen Bedingungen für Bauvorhaben an demselben Ort gewährt worden sind. Es kommt somit auf die durchschnittlichen spanischen Hypothekenzinsen im Streitzeitraum an. Die Hypothekenzinsen wurden im Streitzeitraum in Spanien laut den dazu verfügbaren Quellen in der Regel als Summe aus dem EURIBOR-Zinssatz für 12 Monate und einem Zuschlag von ca. 1 Prozentpunkt gebildet (vgl. z.B. https://www.affidata.de/sh/immobilien-kaufen/hypothekenzinsen-darlehen-spanien; https://www.immobilien-portal-mallorca.de/ratgeber/mallorca-immobilien-ratgeber/anwaelte-notare-sowie-weitere-beteiligte-und-dienstleister/dienstleister-im-finanzierungsbereich.html). Der EURIBOR-Zinssatz für 12 Monate schwankte im Streitzeitraum um die 1 % (vgl. z.B. www.euribor-rates.eu). Der Senat erachtet somit eine Kapitalverzinsung von 2 % für angemessen, die auf die Anschaffungskosten anzuwenden ist.

Die genaue Höhe der Anschaffungskosten der in dem Gesellschaftsvermögen der beiden spanischen Kapitalgesellschaften vorhandenen Teile der Immobilie wurden von den Klägern im Verwaltungsverfahren nicht beziffert. Der Kläger zu 1. hat jedoch im Verwaltungsverfahren spanische Steuerbilanzen für das Jahr 2008 vorgelegt. In diesem Jahr waren die im Jahr 2002/2003 angeschafften Immobilienteile noch mit insgesamt 3.324.577,49 EUR aktiviert (vgl. Bl. 122, 136 des Sonderbandes 2013). Der Kläger zu 1. hat außerdem die Anschaffungskosten der Anteile an den beiden Kapitalgesellschaften mit insgesamt 3.606.920,00 EUR beziffert (vgl. Bl. 17 der Einkommensteuerakte 2013). Dabei ist zu beachten, dass nach übereinstimmendem Vortrag der Beteiligten das Gesellschaftsvermögen der beiden Gesellschaften fast ausschließlich aus dem Immobilienvermögen bestand. Der Senat geht deshalb von Anschaffungskosten von rund 3.500.000,00 EUR aus, sodass sich eine Kapitalverzinsung i.H.v. rund 70.000,00 EUR ergibt. Bei der Berechnung der Kostenmiete kämen zur Kapitalverzinsung noch die Absetzung für Abnutzung (AfA) und ein angemessener Gewinnaufschlag hinzu (vgl. BFH-Urteil vom 27.07.2016 ‒ I R 12/15, BStBl. II 2017, 217). Bereits der Betrag der Kapitalverzinsung ist jedoch erheblich höher als die vom Beklagten angesetzte Marktmiete i.H.v. 42.000,00 EUR. Damit bliebe es selbst bei Maßgeblichkeit der Kostenmiete aufgrund des finanzgerichtlichen Verböserungsverbots (vgl. dazu Ratschow, in: Gräber, FGO, 9. Aufl. 2019, § 96 Rn. 51 m.w.N.) bei dem Ansatz der vGA mit einer Höhe von 42.000,00 EUR.

Dass im Übrigen die Ermittlung der Höhe der Marktmiete (42.000 EUR jährlich) durch den Beklagten mit Fehlern behaftet wäre, haben die Kläger nicht vorgetragen und ist auch sonst ‒ insbesondere angesichts des Veräußerungserlöses von rund 9 Mio. EUR ‒ nicht ersichtlich.

c) Die Einkommensteuerbescheide 2011 und 2012 sind jedoch insoweit rechtswidrig, als der Beklagte die vGA mit dem Abgeltungsteuersatz nach § 32d Abs. 1 EStG besteuert hat. Mit Wirkung des Veranlagungszeitraums 2011 wurde die Bestimmung des § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG in das Gesetz eingefügt, wonach der Abgeltungsteuersatz nicht gilt für u.a. sonstige Bezüge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, soweit sie das Einkommen der leistenden Körperschaft gemindert haben (Wortlaut in der Fassung der Streitjahre 2011 und 2012). Da wie oben erwähnt nach Auskunft der Kläger eine der vGA entsprechende Korrektur bei den spanischen Kapitalgesellschaften nicht erfolgt ist, liegen die Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG vor. Die Kläger haben dagegen zwar eingewandt, dass die Vorschrift nur auf Leistungen von unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften Anwendungen finde. Eine solche Einschränkung lässt sich dem Gesetz jedoch nicht entnehmen. Wenn der BFH ausführt, dass Anteile an Gesellschaften i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1 und 2 EStG auch Anteile an ausländischen Kapitalgesellschaften sein können, wenn diese ihrem Typus nach der entsprechenden deutschen Gesellschaft vergleichbar sind, und dies nach Auffassung des BFH für die spanische Gesellschaft der Fall ist, so kann konsequenterweise im Rahmen des § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG in der Fassung der Streitjahre, der auf § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG verweist, nichts anderes gelten.

In den Jahren 2011 und 2012 ist die vGA in Höhe von 42.000,00 EUR somit dem persönlichen Steuersatz der Kläger zu unterwerfen. Da die Kläger in diesen Jahren Einkünfte (mit Ausnahme derjenigen, die dem Abgeltungsteuersatz unterliegen) im negativen sechsstelligen Bereich erzielt haben, fällt im Ergebnis in den Jahren 2011 und 2012 keine Steuer auf die vGA an und die vom Beklagten fälschlicherweise festgesetzte (Abgeltung-)Steuer i.H.v. jeweils 10.500 EUR ist wie aus dem Tenor ersichtlich zu korrigieren. Der Beklagte hat zwar insoweit ausgeführt, dass sich entsprechende Verlustvor- und -rückträge nach § 10d EStG verringern würden. Diese etwaigen weiteren Folgerungen sind jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Es wird Aufgabe des Beklagten sein, diese Folgerungen im Rahmen der Grenzen des § 10d Abs. 1 Sätze 3 und 4, Abs. 4 Sätze 4-6 EStG zu ziehen.

Der im Tenor dieses Urteils niedergelegte Änderungsausspruch wird auch nicht dadurch gehindert, dass die Kläger sich selbst gegen die Anwendung des § 32 Abs. 2 Nr. 4 EStG gewandt haben. Zwar darf das Gericht gemäß § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO nicht über das Klagebegehren hinausgehen. Klagebegehren (bzw. früher „Streitgegenstand“) im steuergerichtlichen Verfahren ist jedoch nicht das einzelne Besteuerungsmerkmal, sondern die Rechtmäßigkeit des die Steuer festsetzenden Steuerbescheids (vgl. Großer Senat des BFH, Beschluss vom 17.07.1967 - GrS 1/66, BStBl. II 1968, 344). Der Antrag der Kläger richtet sich auf die Beseitigung der durch die vGA ausgelösten steuerlichen Mehrbelastung in den angegriffenen Einkommensteuerbescheiden. Dieses Ziel wird für die Jahre 2011 und 2012 durch die Anwendung des § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG erreicht. Etwaige steuerliche Mehrbelastungen in Folge- oder vorangegangenen Jahren sind für die Grenze des § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO unbeachtlich.

Im Streitjahr 2010 wurde die vGA vom Beklagten hingegen mit dem persönlichen Steuersatz der Kläger besteuert, obwohl die Vorschrift des § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG für dieses Streitjahr noch keine Anwendung findet. Das Vorgehen des Beklagten ist gleichwohl korrekt, da es auf der Anwendung der Günstigerprüfung des § 32d Abs. 6 EStG beruht.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO nach Maßgabe der sog. Baumbach’schen Formel (vgl. Ratschow, in: Gräber, FGO, 9. Aufl. 2019, § 135 Rn. 24). Die Klägerin zu 2. ist mit ihrer Klage vollständig unterlegen, während der Kläger zu 1. zu 54 % obsiegt hat.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

Die Revision ist gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zuzulassen.

RechtsgebieteEStG, KStGVorschriften§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, § 8 Abs. 3 S. 2 KStG, § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG

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