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20.10.2020 · IWW-Abrufnummer 218376

Europäischer Gerichtshof: Urteil vom 08.10.2020 – C-641/19

Diese Entscheidung enhält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.



„Urteil des Gerichtshofs (Sechste Kammer) vom 8. Oktober 2020. EU gegen PE Digital GmbH. Vorlage zur Vorabentscheidung ‒ Verbraucherschutz ‒ Richtlinie 2011/83/EU ‒ Art. 2 Nr. 11, Art. 14 Abs. 3 und Art. 16 Buchst. m ‒ Fernabsatzvertrag ‒ Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen ‒ Widerrufsrecht ‒ Pflichten des Verbrauchers im Widerrufsfall ‒ Bestimmung des Betrags, der vom Verbraucher für die vor Ausübung des Widerrufsrechts erbrachten Leistungen zu zahlen ist ‒ Ausnahme vom Widerrufsrecht bei Lieferung digitaler Inhalte. Rechtssache C-641/19.“

Urteil des Gerichtshofs (Sechste Kammer) vom 8. Oktober 2020 Urteil des Gerichtshofs (Sechste Kammer) vom 8. Oktober 2020.#EU gegen PE Digital GmbH.#Vorlage zur Vorabentscheidung ‒ Verbraucherschutz ‒ Richtlinie 2011/83/EU ‒ Art. 2 Nr. 11, Art. 14 Abs. 3 und Art. 16 Buchst. m ‒ Fernabsatzvertrag ‒ Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen ‒ Widerrufsrecht ‒ Pflichten des Verbrauchers im Widerrufsfall ‒ Bestimmung des Betrags, der vom Verbraucher für die vor Ausübung des Widerrufsrechts erbrachten Leistungen zu zahlen ist ‒ Ausnahme vom Widerrufsrecht bei Lieferung digitaler Inhalte.#Rechtssache C-641/19.

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Sechste Kammer)

8. Oktober 2020(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung ‒ Verbraucherschutz ‒ Richtlinie 2011/83/EU ‒ Art. 2 Nr. 11, Art. 14 Abs. 3 und Art. 16 Buchst. m ‒ Fernabsatzvertrag ‒ Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen ‒ Widerrufsrecht ‒ Pflichten des Verbrauchers im Widerrufsfall ‒ Bestimmung des Betrags, der vom Verbraucher für die vor Ausübung des Widerrufsrechts erbrachten Leistungen zu zahlen ist ‒ Ausnahme vom Widerrufsrecht bei Lieferung digitaler Inhalte“

In der Rechtssache C-641/19

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Amtsgericht Hamburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 23. August 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 30. August 2019, in dem Verfahren

EU

gegen

PE Digital GmbH

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung der Richterin C. Toader in Wahrnehmung der Aufgaben des Kammerpräsidenten sowie der Richter M. Safjan (Berichterstatter) und N. Jääskinen,

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‒        von EU, vertreten durch Rechtsanwalt T. Meier-Bading,

‒        der PE Digital GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt C. Rohnke,

‒        der belgischen Regierung, vertreten durch P. Cottin und S. Baeyens als Bevollmächtigte,

‒        der Europäischen Kommission, vertreten durch B.-R. Killmann und C. Valero als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Nr. 11, Art. 14 Abs. 3 und Art. 16 Buchst. m der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2011, L 304, S. 64).

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen EU als Verbraucherin und der PE Digital GmbH über den Betrag, der Letzterer zusteht, nachdem EU das Recht auf Widerruf des zwischen ihnen geschlossenen Vertrags ausgeübt hat.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3        In den Erwägungsgründen 4, 19 und 50 der Richtlinie 2011/83 wird ausgeführt:

„(4)      … Die Harmonisierung bestimmter Aspekte von im Fernabsatz … geschlossenen Verbraucherverträgen ist unabdingbar, wenn ein echter Binnenmarkt für Verbraucher gefördert werden soll, in dem ein möglichst ausgewogenes Verhältnis zwischen einem hohen Verbraucherschutzniveau und der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen bei gleichzeitiger Wahrung des Subsidiaritätsprinzips gewährleistet ist.



(19)      ‚Digitale Inhalte‘ bezeichnet Daten, die in digitaler Form hergestellt und bereitgestellt werden, wie etwa Computerprogramme, Anwendungen (Apps), Spiele, Musik, Videos oder Texte, unabhängig davon, ob auf sie durch Herunterladen oder Herunterladen in Echtzeit (Streaming), von einem körperlichen Datenträger oder in sonstiger Weise zugegriffen wird. Verträge über die Bereitstellung von digitalen Inhalten sollten in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fallen. … Verträge über digitale Inhalte, die nicht auf einem körperlichen Datenträger bereitgestellt werden, [sollten] für die Zwecke dieser Richtlinie weder als Kaufverträge noch als Dienstleistungsverträge betrachtet werden. Für derartige Verträge sollte der Verbraucher ein Widerrufsrecht haben, es sei denn, er hat während der Widerrufsfrist dem Beginn der Vertragserfüllung zugestimmt und zur Kenntnis genommen, dass er infolgedessen sein Widerrufsrecht verliert. …



(50)      Der Verbraucher sollte auf der einen Seite sein Widerrufsrecht auch dann ausüben können, wenn er die Erbringung von Dienstleistungen vor Ende der Widerrufsfrist gewünscht hat. Auf der anderen Seite sollte der Unternehmer sichergehen können, dass er für die von ihm erbrachte Leistung angemessen bezahlt wird, wenn der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausübt. Der anteilige Betrag sollte ausgehend vom vertraglich vereinbarten Gesamtpreis berechnet werden; falls der Verbraucher jedoch nachweist, dass der Gesamtpreis selbst unverhältnismäßig ist, wird der zu zahlende Betrag auf der Grundlage des Marktwertes der erbrachten Dienstleistung berechnet. Der Marktwert sollte festgelegt werden, indem der Preis einer zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses von anderen Unternehmern erbrachten gleichwertigen Dienstleistung zum Vergleich herangezogen wird. Wünscht der Verbraucher, dass die Dienstleistung vor Ende der Widerrufsfrist erbracht wird, so sollte er dies von daher ausdrücklich und, bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, auf einem dauerhaften Datenträger verlangen. Ebenso sollte der Unternehmer den Verbraucher auf einem dauerhaften Datenträger über eine etwaige Verpflichtung informieren, die Kosten entsprechend dem Anteil der bereits erbrachten Dienstleistung zu zahlen. …“

4        Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) dieser Richtlinie bestimmt:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnen die Ausdrücke



6.      ‚Dienstleistungsvertrag‘ jeden Vertrag, der kein Kaufvertrag ist und nach dem der Unternehmer eine Dienstleistung für den Verbraucher erbringt oder deren Erbringung zusagt und der Verbraucher hierfür den Preis zahlt oder dessen Zahlung zusagt;



11.      ‚digitale Inhalte‘ Daten, die in digitaler Form hergestellt und bereitgestellt werden;

…“

5        Art. 7 („Formale Anforderungen für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge“) Abs. 3 der Richtlinie lautet:

„Möchte ein Verbraucher, dass die Dienstleistung oder die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, oder von Fernwärme während der Widerrufsfrist gemäß Artikel 9 Absatz 2 beginnt, so fordert der Unternehmer den Verbraucher dazu auf, ein entsprechendes ausdrückliches Verlangen auf einem dauerhaften Datenträger zu erklären.“

6        Art. 9 („Widerrufsrecht“) Abs. 1 der Richtlinie 2011/83 sieht vor:

„Sofern nicht eine der Ausnahmen gemäß Artikel 16 Anwendung findet, steht dem Verbraucher eine Frist von 14 Tagen zu, in der er einen Fernabsatz- oder einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag ohne Angabe von Gründen und ohne andere Kosten als in Artikel 13 Absatz 2 und Artikel 14 vorgesehen widerrufen kann.“

7        In Art. 14 („Pflichten des Verbrauchers im Widerrufsfall“) dieser Richtlinie heißt es:

„…

(3)      Übt ein Verbraucher das Widerrufsrecht aus, nachdem er ein Verlangen gemäß Artikel 7 Absatz 3 oder Artikel 8 Absatz 8 erklärt hat, so zahlt er dem Unternehmer einen Betrag, der verhältnismäßig dem entspricht, was bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher den Unternehmer von der Ausübung des Widerrufsrechts unterrichtet, im Vergleich zum Gesamtumfang der vertraglich vereinbarten Leistungen geleistet worden ist. Der anteilige Betrag, den der Verbraucher an den Unternehmer zu zahlen hat, wird auf der Grundlage des vertraglich vereinbarten Gesamtpreises berechnet. Ist der Gesamtpreis überhöht, so wird der anteilige Betrag auf der Grundlage des Marktwerts der erbrachten Leistung berechnet.

(4)      Der Verbraucher hat nicht aufzukommen für:

a)      Dienstleistungen, die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, oder von Fernwärme, die während der Widerrufsfrist ganz oder teilweise erbracht wurden, wenn

i)      der Unternehmer es unterlassen hat, die Informationen gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben h oder j bereitzustellen oder

ii)      der Verbraucher nicht ausdrücklich gemäß Artikel 7 Absatz 3 und Artikel 8 Absatz 8 verlangt hat, dass die Erbringung der Leistung während der Widerrufsfrist beginnen soll, oder

b)      die vollständige oder teilweise Bereitstellung von digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, wenn

i)      der Verbraucher sich nicht zuvor ausdrücklich damit einverstanden erklärt hat, dass die Erfüllung des Vertrags vor Ablauf der Frist von 14 Tagen gemäß Artikel 9 beginnt, oder

ii)      der Verbraucher nicht zur Kenntnis genommen hat, dass er mit seiner Zustimmung sein Widerrufsrecht verliert, oder

iii)      der Unternehmer es unterlassen hat, eine Bestätigung gemäß Artikel 7 Absatz 2 oder Artikel 8 Absatz 7 zur Verfügung zu stellen.

…“

8        Art. 16 („Ausnahmen vom Widerrufsrecht“) der Richtlinie bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten sehen bei Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen kein Widerrufsrecht nach den Artikeln 9 bis 15 vor, wenn



m)      digitale Inhalte geliefert werden, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, wenn die Ausführung mit vorheriger ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers und seiner Kenntnisnahme, dass er hierdurch sein Widerrufsrecht verliert, begonnen hat.“

Deutsches Recht

9        Nach der Definition in § 312f Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sind digitale Inhalte bei „nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen Daten, die in digitaler Form hergestellt und bereitgestellt werden“, gegeben.

10      § 356 („Widerrufsrecht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen“) BGB bestimmt in Abs. 5:

„Das Widerrufsrecht erlischt bei einem Vertrag über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten auch dann, wenn der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags begonnen hat, nachdem der Verbraucher

1.      ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt, und

2.      seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er durch seine Zustimmung mit Beginn der Ausführung des Vertrags sein Widerrufsrecht verliert.“

11      § 357 („Rechtsfolgen des Widerrufs von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen mit Ausnahme von Verträgen über Finanzdienstleistungen“) Abs. 8 und 9 BGB lautet:

„(8)      Widerruft der Verbraucher einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen oder über die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom in nicht bestimmten Mengen oder nicht begrenztem Volumen oder über die Lieferung von Fernwärme, so schuldet der Verbraucher dem Unternehmer Wertersatz für die bis zum Widerruf erbrachte Leistung, wenn der Verbraucher von dem Unternehmer ausdrücklich verlangt hat, dass dieser mit der Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt. Der Anspruch aus Satz 1 besteht nur, wenn der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche ordnungsgemäß informiert hat. Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen besteht der Anspruch nach Satz 1 nur dann, wenn der Verbraucher sein Verlangen nach Satz 1 auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt hat. Bei der Berechnung des Wertersatzes ist der vereinbarte Gesamtpreis zu Grunde zu legen. Ist der vereinbarte Gesamtpreis unverhältnismäßig hoch, ist der Wertersatz auf der Grundlage des Marktwerts der erbrachten Leistung zu berechnen.

(9)      Widerruft der Verbraucher einen Vertrag über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten, so hat er keinen Wertersatz zu leisten.“

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

12      PE Digital, eine Gesellschaft mit Sitz in Deutschland, betreibt die Partnervermittlungs-Website „Parship“ (www.parship.de). Sie bietet ihren Nutzern zwei Formen der Mitgliedschaft an, nämlich die kostenlose Basis-Mitgliedschaft mit sehr eingeschränkter Kontaktmöglichkeit zu anderen Nutzern und die zahlungspflichtige sogenannte Premium-Mitgliedschaft für eine Dauer von 6, 12 oder 24 Monaten. Die Premium-Mitgliedschaft ermöglicht den Nutzern, während der Dauer ihrer Mitgliedschaft mit allen anderen Premium-Mitgliedern ‒ d. h. deutschlandweit über 186 000 Nutzern ‒ Kontakt aufzunehmen und mit ihnen Nachrichten und Bilder auszutauschen.

13      Zur Premium-Mitgliedschaft gehört insbesondere die sogenannte Kontaktgarantie, mit der das Zustandekommen einer bestimmten Anzahl von Kontakten zu anderen Nutzern garantiert wird. Als Kontakt zählt dabei jede von dem betreffenden Nutzer gelesene Textantwort auf eine von ihm verschickte Nachricht sowie eine vom Nutzer erhaltene Nachricht, auf die hin er mindestens zwei Textnachrichten mit dem anderen Nutzer ausgetauscht und gelesen hat.

14      Durchschnittlich werden in der ersten Woche der Premium-Mitgliedschaft 31,3 Nachrichten, in der zweiten Woche 8,9 Nachrichten, in der dritten Woche 6,1 Nachrichten, in der vierten Woche 5,1 Nachrichten und ab der fünften Woche weniger als fünf Nachrichten versendet und empfangen.

15      Für jedes Mitglied wird unmittelbar nach der Anmeldung ausgehend von einem etwa dreißigminütigen Persönlichkeitstest zu partnerschaftsrelevanten Eigenschaften, Gewohnheiten und Interessen automatisiert eine Auswahl von Partnervorschlägen aus demselben Bundesland erstellt. Bei einer 12-monatigen Premiummitgliedschaft macht diese Auswahl bereits nahezu die Hälfte aller Partnervorschläge aus, die das Mitglied während der Vertragslaufzeit erhält. Der Algorithmus für den Persönlichkeitstest wurde unter der Leitung eines Diplompsychologen erstellt und entwickelt. Premium-Mitglieder erhalten das computergenerierte Testergebnis in Form eines 50-seitigen „Persönlichkeitsgutachtens“; von Basis-Mitgliedern kann es gegen Entgelt als Teilleistung erworben werden.

16      Am 4. November 2018 schloss EU als Verbraucherin mit PE Digital einen Vertrag über eine Premium-Mitgliedschaft für zwölf Monate zu einem Preis von 523,95 Euro (im Folgenden: in Rede stehender Vertrag). Dieser Preis lag mehr als doppelt so hoch wie der, den PE Digital manchen anderen ihrer Nutzer für dieselbe Vertragsdauer im selben Jahr berechnete. PE Digital belehrte EU entsprechend den Anforderungen des Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 3 EGBGB über ihr Widerrufsrecht, und diese bestätigte PE Digital, dass Letztere mit der vertraglichen Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnen solle.

17      Nachdem EU den in Rede stehenden Vertrag am 8. November 2018 widerrufen hatte, stellte ihr PE Digital einen Betrag von insgesamt 392,96 Euro als Wertersatz in Rechnung.

18      EU erhob beim Amtsgericht Hamburg (Deutschland) Klage auf Rückzahlung sämtlicher an PE Digital geleisteter Zahlungen.

19      Gestützt auf den vom Juni 2014 datierenden Leitfaden der Europäischen Kommission zur Richtlinie 2011/83, insbesondere auf dessen Abschnitt 6.5.1 betreffend Art. 14 Abs. 3 dieser Richtlinie, ist das vorlegende Gericht der Ansicht, dass dann, wenn die Gesamtleistung unterscheidbare Teilleistungen enthalte, die vereinbarungsgemäß nicht alle gleichzeitig erbracht würden, für die Berechnung des dem Unternehmer zustehenden Abgeltungsbetrages deren jeweiliger Laufzeit Rechnung zu tragen sei.

20      Hinsichtlich der Berechnung des „Betrag[s], der verhältnismäßig dem entspricht, was bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher den Unternehmer von der Ausübung des Widerrufsrechts unterrichtet, im Vergleich zum Gesamtumfang der vertraglich vereinbarten Leistungen geleistet worden ist“ im Sinne von Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2011/83 zieht das vorlegende Gericht die Berücksichtigung nicht nur der vom Unternehmer erbrachten Leistung, sondern auch des Wertes der Leistung, der sich realisiert habe und dem Verbraucher zugutegekommen sei, in Betracht.

21      Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts ist die Abgeltung, die der Verbraucher dem Unternehmer im Fall des Widerrufs des geschlossenen Vertrags nach Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2011/83 und § 357 Abs. 8 BGB zu zahlen hat, zu berechnen, indem als Erstes die einzelnen vertraglich vorgesehenen Teilleistungen voneinander abgegrenzt würden. Als Zweites sei der Preis der einzelnen Teilleistungen unter Berücksichtigung ihres Wertes für den Durchschnittsverbraucher in Anbetracht des Vertragszwecks zu bestimmen, wofür Statistiken über das Verhalten der Verbraucher heranzuziehen seien. Als Drittes seien die Teile des zu zahlenden Betrags für die einzelnen Teilleistungen einerseits anhand des Umfangs, in dem die Teilleistungen bereits erbracht worden seien, und andererseits im Hinblick auf den Wert der erbrachten Leistungen zu errechnen. Als Viertes ergebe die Addition der so berechneten Beträge die vom Verbraucher geschuldete Gesamtsumme.

22      Insoweit könne allerdings in der Übermittlung des Persönlichkeitsgutachtens zu Beginn der Erfüllung des in Rede stehenden Vertrags ‒ als abgrenzbare Teilleistung ‒ eine Bereitstellung von nicht auf einem körperlichen Datenträger gelieferten digitalen Inhalten gesehen werden, was zur Anwendung der Ausnahmebestimmungen des Art. 14 Abs. 4 Buchst. b Ziff. ii und des Art. 16 Buchst. m der Richtlinie 2011/83 sowie von § 356 Abs. 5 und § 357 Abs. 9 BGB führen würde.

23      Diese Auslegung führte jedoch dazu, dass dem Verbraucher das Widerrufsrecht versagt würde, und griffe damit in seine Rechte ein.

24      Unter Bezugnahme auf Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2011/83 im Licht ihres 50. Erwägungsgrundes vertritt das vorlegende Gericht im Übrigen die Auffassung, dass ein Gesamtpreis, der doppelt so hoch sei wie der Preis, der anderen Nutzern für dieselbe Leistung in Rechnung gestellt werde, nicht „überhöht“ im Sinne dieser Bestimmung sei, solange er den Marktwert der erbrachten Dienstleistung nicht erreiche oder nur unwesentlich überschreite.

25      Unter diesen Umständen hat das Amtsgericht Hamburg beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2011/83 mit Hinblick auf deren 50. Erwägungsgrund dahin gehend auszulegen, dass der vom Verbraucher zu leistende „Betrag, der verhältnismäßig dem entspricht, was bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher den Unternehmer von der Ausübung des Widerrufsrechts unterrichtet, im Vergleich zum Gesamtumfang der vertraglich vereinbarten Leistungen geleistet worden ist“, bei einem Vertrag, nach dessen Inhalt keine einheitliche Leistung geschuldet ist, sondern eine sich aus mehreren Teilleistungen zusammensetzende Gesamtleistung, rein zeitanteilig zu berechnen ist, wenn zwar der Verbraucher für die Gesamtleistung zeitanteilig bezahlt, aber die Teilleistungen unterschiedlich schnell erbracht werden?

2.      Ist Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2011/83 dahin gehend auszulegen, dass der vom Verbraucher zu leistende „Betrag, der verhältnismäßig dem entspricht, was bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher den Unternehmer von der Ausübung des Widerrufsrechts unterrichtet, im Vergleich zum Gesamtumfang der vertraglich vereinbarten Leistungen geleistet worden ist“, auch dann rein zeitanteilig zu berechnen ist, wenn eine (Teil-)Leistung zwar kontinuierlich erbracht wird, aber zu Beginn der Vertragslaufzeit einen höheren oder niedrigeren Wert für den Verbraucher hat?

3.      Sind Art. 2 Nr. 11 der Richtlinie 2011/83 und Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie (EU) 2019/770 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (ABl. 2019, L 136, S. 1) dahin gehend auszulegen, dass auch solche Dateien „digitale Inhalte“ im Sinne von Art. 2 Nr. 11 der Richtlinie 2011/83 und Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2019/770 darstellen können, die als Teilleistung im Rahmen einer vornehmlich als „digitale Dienstleistung“ im Sinne des Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie 2019/770 erbrachten Gesamtleistung bereitgestellt werden, mit der Folge, dass der Unternehmer das Widerrufsrecht nach Art. 16 Buchst. m der Richtlinie 2011/83 hinsichtlich der Teilleistung zum Erlöschen bringen könnte, der Verbraucher aber, falls dem Unternehmer dies nicht gelänge, den Vertrag insgesamt widerrufen könnte und wegen Art. 14 Abs. 4 Buchst. b Ziff.  ii der Richtlinie 2011/83 für diese Teilleistung keinen Abgeltungsbetrag zu leisten hätte?

4.      Ist Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2011/83 mit Hinblick auf deren 50. Erwägungsgrund dahin gehend auszulegen, dass der für eine Dienstleistung vertraglich vereinbarte Gesamtpreis im Sinne des Art. 14 Abs. 3 Satz 3 der Richtlinie 2011/83 „überhöht“ ist, wenn er erheblich höher liegt, als der für eine inhaltlich identische Dienstleistung von demselben Unternehmer für dieselbe Vertragslaufzeit und auch im Übrigen unter denselben Rahmenbedingungen mit einem anderen Verbraucher vereinbarte Gesamtpreis?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten und zur zweiten Frage

26      Mit seiner ersten und seiner zweiten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2011/83 dahin auszulegen ist, dass zur Bestimmung des anteiligen Betrags, den der Verbraucher an den Unternehmer zu zahlen hat, wenn er ausdrücklich verlangt hat, dass die Ausführung des geschlossenen Vertrags während der Widerrufsfrist beginnt, und dann den Vertrag widerruft, auf den im Vertrag vereinbarten Preis für die Gesamtheit der vertraglich vorgesehenen Leistungen abzustellen und der geschuldete Betrag zeitanteilig zu berechnen ist oder ob dem Umstand Rechnung zu tragen ist, dass eine der vertragsgegenständlichen Leistungen dem Verbraucher vor dessen Widerruf in vollem Umfang erbracht wurde.

27      Nach Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2011/83 hat der Verbraucher, der vom Unternehmer den Beginn der Vertragsausführung vor Ablauf der Widerrufsfrist verlangt hat, wenn er in diesem Zusammenhang sein Widerrufsrecht ausübt, dem Unternehmer „einen Betrag [zu zahlen], der verhältnismäßig dem entspricht, was bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher den Unternehmer von der Ausübung des Widerrufsrechts unterrichtet, im Vergleich zum Gesamtumfang der vertraglich vereinbarten Leistungen geleistet worden ist“. Weiter wird in dieser Bestimmung klargestellt, dass „[d]er anteilige Betrag, den der Verbraucher … zu zahlen hat, auf der Grundlage des vertraglich vereinbarten Gesamtpreises berechnet [wird]“.

28      Der anteilige Betrag, den der Verbraucher gemäß Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2011/83 zu zahlen hat, ist grundsätzlich unter Berücksichtigung aller Leistungen zu berechnen, die Gegenstand des Vertrags sind, d. h. der Hauptleistung und der Nebenleistungen, die für die Erbringung dieser Hauptleistung erforderlich sind. Wenn nämlich die Vertragsparteien einen Preis für die erbrachten Leistungen vorsehen, entspricht dieser Preis grundsätzlich allen diesen Leistungen, Hauptleistungen wie Nebenleistungen.

29      Nur wenn der Vertrag ausdrücklich vorsieht, dass eine oder mehrere der Leistungen gleich zu Beginn der Vertragsausführung vollständig und gesondert zu einem getrennt zu zahlenden Preis erbracht werden, kann der Verbraucher sachgerecht entscheiden, ob er gemäß Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2011/83 ausdrücklich verlangen soll, dass der Unternehmer mit der Ausführung der Dienstleistung während der Frist für die Ausübung des Widerrufsrechts beginnt. Nur in einem solchen Fall ist daher bei der Berechnung des dem Unternehmer nach Art. 14 Abs. 3 dieser Richtlinie zustehenden Betrags der volle für eine solche Leistung vorgesehene Preis zu berücksichtigen.

30      Die vorstehend in den Rn. 28 und 29 vorgenommene Auslegung entspricht dem im vierten Erwägungsgrund der Richtlinie 2011/83 genannten Ziel, für ein möglichst ausgewogenes Verhältnis zwischen einem hohen Verbraucherschutzniveau und der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu sorgen (vgl. entsprechend Urteile vom 23. Januar 2019, Walbusch Walter Busch, C-430/17, EU:C:2019:47, Rn. 41, vom 27. März 2019, slewo, C-681/17, EU:C:2019:255, Rn. 39, und vom 10. Juli 2019, Amazon EU, C-649/17, EU:C:2019:576, Rn. 44).

31      Im vorliegenden Fall sah der in Rede stehende Vertrag aber keinen gesonderten Preis für irgendeine Leistung vor, die als von der in diesem Vertrag vorgesehenen Hauptleistung abtrennbar angesehen werden kann.

32      In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist auf die erste und die zweite Frage zu antworten, dass Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2011/83 dahin auszulegen ist, dass zur Bestimmung des anteiligen Betrags, den der Verbraucher an den Unternehmer zu zahlen hat, wenn er ausdrücklich verlangt hat, dass die Ausführung des geschlossenen Vertrags während der Widerrufsfrist beginnt, und dann den Vertrag widerruft, grundsätzlich auf den im Vertrag vereinbarten Preis für die Gesamtheit der vertragsgegenständlichen Leistungen abzustellen und der geschuldete Betrag zeitanteilig zu berechnen ist. Nur wenn der geschlossene Vertrag ausdrücklich vorsieht, dass eine oder mehrere der Leistungen gleich zu Beginn der Vertragsausführung vollständig und gesondert zu einem getrennt zu zahlenden Preis erbracht werden, ist bei der Berechnung des dem Unternehmer nach Art. 14 Abs. 3 dieser Richtlinie zustehenden Betrags der volle für eine solche Leistung vorgesehene Preis zu berücksichtigen.

Zur vierten Frage

33      Mit seiner vierten Frage, die an zweiter Stelle zu prüfen ist, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, nach welchen Kriterien zu beurteilen ist, ob der Gesamtpreis im Sinne von Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2011/83 überhöht ist.

34      Nach Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2011/83 „[wird, i]st der Gesamtpreis überhöht, … der anteilige Betrag auf der Grundlage des Marktwerts der erbrachten Leistung berechnet“.

35      Diese Bestimmung ist im Licht des 50. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2011/83 auszulegen, wonach der Marktwert festzulegen ist, indem der Preis einer zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses von anderen Unternehmern erbrachten gleichwertigen Dienstleistung zum Vergleich herangezogen wird.

36      Somit sind für die Beurteilung, ob der Gesamtpreis etwa überhöht ist, alle Umstände in Bezug auf den Marktwert der erbrachten Dienstleistung relevant, d. h. sowohl der Vergleich mit dem Preis, den der betreffende Unternehmer von anderen Verbrauchern unter den gleichen Bedingungen verlangt, als auch der Vergleich mit dem Preis einer von anderen Unternehmern erbrachten gleichwertigen Dienstleistung.

37      In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist auf die vierte Frage zu antworten, dass Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2011/83 im Licht deren 50. Erwägungsgrundes dahin auszulegen ist, dass für die Beurteilung, ob der Gesamtpreis im Sinne dieser Bestimmung überhöht ist, der Preis für die Dienstleistung, den der betreffende Unternehmer anderen Verbrauchern unter den gleichen Bedingungen anbietet, sowie der Preis einer zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses von anderen Unternehmern erbrachten gleichwertigen Dienstleistung zu berücksichtigen sind.

Zur dritten Frage

38      Mit seiner zuletzt zu prüfenden dritten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, welche Konsequenz für die Bestimmung des vom Verbraucher gemäß Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2011/83 an den Unternehmer zu zahlenden Betrags daraus zu ziehen ist, dass eine der Leistungen, die Gegenstand des geschlossenen Vertrags sind, die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger gelieferten digitalen Inhalten betrifft, die vom Verbraucher nach Art. 16 Buchst. m dieser Richtlinie nicht widerrufen werden kann.

39      Wie sich aus der Vorlageentscheidung ergibt, besteht die Leistung, die Gegenstand der dritten Frage ist, darin, dass dem Verbraucher das oben in Rn. 15 genannte Persönlichkeitsgutachten bereitgestellt wird.

40      In diesem Zusammenhang fragt sich das vorlegende Gericht nach der Relevanz von Art. 16 Buchst. m der Richtlinie 2011/83 im Ausgangsverfahren, nach dem die Mitgliedstaaten bei Fernabsatzverträgen über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger gelieferten digitalen Inhalten kein Widerrufsrecht vorsehen, wenn die Ausführung mit vorheriger ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers und seiner Kenntnisnahme, dass er hierdurch sein Widerrufsrecht verliert, begonnen hat.

41      Zu den „digitalen Inhalten“ ist darauf hinzuweisen, dass sie in Art. 2 Nr. 11 der Richtlinie 2011/83 als „Daten, die in digitaler Form hergestellt und bereitgestellt werden“ definiert werden.

42      Wie es im 19. Erwägungsgrund dieser Richtlinie heißt, werden als „‚digitale Inhalte‘ … Daten [bezeichnet], die in digitaler Form hergestellt und bereitgestellt werden, wie etwa Computerprogramme, Anwendungen (Apps), Spiele, Musik, Videos oder Texte, unabhängig davon, ob auf sie durch Herunterladen oder Herunterladen in Echtzeit (Streaming), von einem körperlichen Datenträger oder in sonstiger Weise zugegriffen wird“.

43      Art. 16 Buchst. m der Richtlinie 2011/83, der eine Ausnahme vom Widerrufsrecht darstellt, ist als unionsrechtliche Vorschrift, welche die zum Schutz der Verbraucher gewährten Rechte beschränkt, eng auszulegen (vgl. entsprechend Urteil vom 14. Mai 2020, NK [Planung eines Einfamilienhauses], C-208/19, EU:C:2020:382, Rn. 40 und 56 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

44      Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass Dienstleistungen wie die auf der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Partnervermittlungs-Website bereitgestellten, die dem Verbraucher die Erstellung, Verarbeitung oder Speicherung von Daten in digitaler Form oder den Zugang zu solchen Daten und die gemeinsame Nutzung der vom Verbraucher oder von anderen Nutzern der entsprechenden Dienstleistung in digitaler Form hochgeladenen oder erstellten Daten oder sonstige Interaktionen mit diesen Daten ermöglichen, als solche nicht als Lieferung „digitaler Inhalte“ im Sinne von Art. 16 Buchst. m der Richtlinie 2011/83 in Verbindung mit Art. 2 Nr. 11 und im Licht des 19. Erwägungsgrundes dieser Richtlinie angesehen werden können.

45      Ebenso wenig kann angenommen werden, dass die Erstellung eines Persönlichkeitsgutachtens wie des oben in Rn. 15 genannten im Rahmen einer Partnervermittlungs-Website unter die in Art. 16 Buchst. m in Verbindung mit Art. 2 Nr. 11 der Richtlinie 2011/83 vorgesehene Ausnahme fällt.

46      Nach alledem ist auf die dritte Frage zu antworten, dass Art. 16 Buchst. m in Verbindung mit Art. 2 Nr. 11 der Richtlinie 2011/83 dahin auszulegen ist, dass die Erstellung eines Persönlichkeitsgutachtens auf einer Partnervermittlungs-Website auf der Grundlage eines auf dieser Website durchgeführten Persönlichkeitstests keine Lieferung „digitaler Inhalte“ im Sinne dieser Bestimmung darstellt.

Kosten

47      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) für Recht erkannt:

1. Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates ist dahin auszulegen, dass zur Bestimmung des anteiligen Betrags, den der Verbraucher an den Unternehmer zu zahlen hat, wenn er ausdrücklich verlangt hat, dass die Ausführung des geschlossenen Vertrags während der Widerrufsfrist beginnt, und dann den Vertrag widerruft, grundsätzlich auf den im Vertrag vereinbarten Preis für die Gesamtheit der vertragsgegenständlichen Leistungen abzustellen und der geschuldete Betrag zeitanteilig zu berechnen ist. Nur wenn der geschlossene Vertrag ausdrücklich vorsieht, dass eine oder mehrere der Leistungen gleich zu Beginn der Vertragsausführung vollständig und gesondert zu einem getrennt zu zahlenden Preis erbracht werden, ist bei der Berechnung des dem Unternehmer nach Art. 14 Abs. 3 dieser Richtlinie zustehenden Betrags der volle für eine solche Leistung vorgesehene Preis zu berücksichtigen.

2. Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2011/83 im Licht deren 50. Erwägungsgrundes ist dahin auszulegen, dass für die Beurteilung, ob der Gesamtpreis im Sinne dieser Bestimmung überhöht ist, der Preis für die Dienstleistung, den der betreffende Unternehmer anderen Verbrauchern unter den gleichen Bedingungen anbietet, sowie der Preis einer zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses von anderen Unternehmern erbrachten gleichwertigen Dienstleistung zu berücksichtigen sind.

3. Art. 16 Buchst. m in Verbindung mit Art. 2 Nr. 11 der Richtlinie 2011/83 ist dahin auszulegen, dass die Erstellung eines Persönlichkeitsgutachtens auf einer Partnervermittlungs-Website auf der Grundlage eines auf dieser Website durchgeführten Persönlichkeitstests keine Lieferung „digitaler Inhalte“ im Sinne dieser Bestimmung darstellt.

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