03.07.2000 · IWW-Abrufnummer 000700
Landgericht Potsdam: Beschluss vom 25.01.2000 – 24 Os 175/99
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
24 Os 175/99
78 e Owi 249/99
Amtsgericht Potsdam
Landgericht Potsdam
Beschluß
In der Bußgeldsache
hat die 4. große Strafkammer des Landgerichts Potsdam
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht Flücken,
die Richterin am Landgericht. Soltani-Teschner und
die Richterin am Amtsgericht Meybohm ,
am 25. Januar 2000 beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen wird der Beschuß des Amtsgerichts Potsdam vom 5. Oktober 1999 aufgehoben.
Die dem Beschwerdeführer entstandenen notwendigen Aussagen werden auf 440,80 DM festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werde der Staatskasse auferlegt.
Gründe:
Mit Bußgeldbescheid vom 03.05.1999 hat das Polizeipräsidium Oranienburg dem Beschwerdeführer wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit ein Bußgeld in Höhe von 110,00 DM zzl. 36,00 DM Kosten und Auslagen auferlegt. Hiergegen hat der Beschwerdeführer durch seinen Verteidiger mit Schreiben vom 17.05.1999 fristgemäß Einspruch eingelegt und gleichzeitig Akteneinsicht beantragt. Mit Verfügung vom 29.06.1999 hat das Polizeipräsidium Oranienburg den Bußgeldbescheid vom 03.05.1999 wegen fehlender Beweise aufgehoben und dies dem Verteidiger des Beschwerdeführers mitgeteilt Mit Schreiben seines Verteidigers vom 04.08.1999 hat der Beschwerdeführer beantragt, die ihm entstandenen notwendigen Auslagen gemäß § 467 a Abs. 1 Satz 1 StPO in Verbindung mit § 105 OWiG der Landeskasse aufzuerlegen und diese auf 440,80 DM festzusetzen. Daraufhin hat das Polizeipräsidium Oranienburg mit Bescheid vom 19.09.1999 die der Landeskasse aufzuerlegenden notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers auf 266,80 DM festgesetzt. Der Bescheid wurde dem Verteidiger am 23.08-1999 zugestellte. Mit Fax vom 02.09,1999, welches am selben Tag beim Polizeipräsidium Oranienburg eingegangen ist, hat der Beschwerdeführer Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Das Amtsgericht Potsdam hat mit dem angefochtenen Beschluß vom 05.10.1999 den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet verworfen und zur Begründung ausgeführt, es handle sich bei dem vorliegenden Verfahren um ein Masseverfahren, welches sich zwar in seiner Bedeutung für den Betroffenen etwa von denjenigen abhebe, welche aufgrund einfacher Parkverstöße eingeleitet werden, diesem Umstand sei jedoch schon damit hinreichend Rechnung getragen, daß ein Betrag von 200,00 DM festgesetzt worden sei. :
Gegen diesen Beschluß, der dem Verteidiger am 11.10.1999 zugestellt wurde, hat dieser mit , Schreiben vom 12.10.1999, welches am 13.10.1999 bei Gericht eingegangen ist, sofortige Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt er aus, es handle sich vorliegend um eine Sache von erheblicher Bedeutung, da dem Beschwerdeführer ernsthafte berufliche und existentielle Beeinträchtigungen im Hinblick auf die bereits angelaufenen Punkte im Verkehrszentralregister gedroht hätten. Aus diesem Grund sei auch eine ausführliche Besprechung mit dem Betroffenen erforderlichgewesen.
Die gemäß § 108 OWiG in Verbindung mit § 311 StPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Zu Unrecht hat das Amtsgericht in dem angefochtenen Beschluß den Kostenfestsetzungsbescheid des Polizeipräsidiums Oranienburg aufrechterhalten.
Die vom Beschwerdeführer der Höhe nach begehrten Auslagen sind angemessen. Zwar ist die von einem Anwalt gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO getroffene Bestimmung der Rahmengebühr gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 BRAGO dann unverbindlich, wenn ein Dritter - wie hier die Staatskasse - die Gebühren zu ersetzen hat und die getroffene Bestimmung unbillig ist. Jedoch ist die vom Verteidiger des Beschwerdeführers beantragte Festsetzung der Gebühr nach §§ 105, 83 Abs. 1 Nr. 3, 84 Abs. 2 Ziffer 1 BRAGO in Höhe von 350,00 DM nach Auffassung der Kammer nicht unbillig. Unbilligkeit ist dann anzunehmen, wenn eine Bewertung des Sachverhaltes nach den Merkmalen des § 12 Abs. 1 BRAGO zu dem Ergebnis führt, daß sie von der Bewertung, die der Rechtsanwalt vorgenommen hat, derart abweicht, daß diese Bewertung unter dem Gesichtspunkt der Gebührengerechtigkeit nicht mehr vertretbar erscheint und der Ermessensspielraum des Rechtsanwalts daher einer Einschränkung bedarf. Eine erhebliche Abweichung ist anzunehmen, wenn der anwaltliche Ansatz von der Vorstellung des Gerichts um mehr als 20 o/o abweicht.
Die vom Verteidiger des Beschwerdeführers vorgenommene Gebührenbestimmung übersteigt diese Grenze nicht, denn unter Berücksichtigung der Merkmale des § 12 Abs. 1 BRAGO hält die Kammer den unter der Mittelgebühr, liegenden Ansatz des Verteidigers von 350,00 DM für angemessen.
Da ein Strafverfahren allgemein anerkannt ist, daß in durchschnittlichen Verfahren von der Mittelgebuhr auszugehen ist, muß dies auch im Bußgeldverfahren gelten. Denn Bußgeldverfahren wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten sind durchschnittliche Bußgeldsachen. Die in der Rechtsprechung teilweise vertretene Auffassung, im Hinblick auf die abgedrehten Geldbußen, die ein entscheidendes Indiz für die Bedeutung der Angelegenheit darstellten, sei in alltäglichen Ordnungswidrigkeiten nur eine unteren Bereich des jeweiligen Rahmens liegende Gebühr angemessen, ist abzulehnen. Das Delikt als solches, wie auch die Höhe des angedrohten Bußgeldes, können nicht allein maßgebend für die Höhe der Gebühr sein. Die begehrte Gebühr ist vielmehr anhand der Bemessungskriterien des § 12 BRAGO zu überprüfen. Davon ausgehend, sind Bußgeldverfahren wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten, die außer der verhängten Geldbuße für den Betroffenen keine weiteren Auswirkungen haben, mit einer unter der Mittelgebühr liegenden Gebühr abzugelten. Dem hat der Verteidiger mit seinem Kostenantrag Rechnung getragen und eine unterhalb der Mittelgebühr liegende Gebühr beantragt Bei der .Festsetzung der Gebühr war vorliegend zu berücksichtigen, daß es sich bei der Angelegenheit um eine Sache von unterdurchschnittlicher Bedeutung handelt, da die Verhängung eines Bußgeldes von nur 110,00 DM im Raum sind. Andererseits mußte der Betroffene aber auch mit der Eintragung von Punkten im Verkehrszentralregister rechnen. Dies ist für ihn als Berufskraftfahrer und Fuhrunternehmer von gesteigerter Bedeutung, so daß die Angelegenheit nicht aisganz geringfügig eingestuft werden kann. Weiterhin war bei der Bemessung der Gebühr der deutlich unterdurchschnittliche Tätigkeitsaufwand des Verteidigers zu berücksichtigen, Es handelt sich um einen einfach gelagerten Fall und die in der Akte dokumentierte Tätigkeit des Verteidigers beschränkte auch bis zur Einstellung des Verfahrens im wesentlichen auf die Akteneinsicht sowie den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid. Rechnet man noch die notwendigen Besprechungen mit dem Betroffenen dazu, und berücksichtigt die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Betroffenen - mangels näherer Angaben als durchschnittlich, so erscheint die vom Verteidiger geltend gemachte, unter der Mittelgebühr liegende, Gebühr angemessen.
Der Gebührenanspruch errechnet sich daher wie folgt:
Gebühr gemäß §§ 105, 83 Abs. 1 Nr. 3, 84 Abs. 2 BRAGO 350;00 DM
Kommunikationspauschale § 26 BRAGO 30,00 DM
16 0/0 MwSt 60,60 DM
= 440,60 DM
Die Kostenentscheidung folgt aus einer analogen. Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO.
Flücken
Richterin, am Landgericht Soltani-Teschner befindet sich im Urlaub und kann daher nicht unterschreiben.
Flücken
Meybohm