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09.07.2020 · IWW-Abrufnummer 216741

Bundesfinanzhof: Beschluss vom 28.04.2020 – IX B 121/19

NV: Die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG gilt nach dem Gesetzeswortlaut nur für solche Aufwendungen, die innerhalb von drei Jahren "nach" der Anschaffung vom Steuerpflichtigen getragen werden. Vor der Anschaffung des Grundstücks vom Steuerpflichtigen getätigte Aufwendungen sind nach den allgemeinen handelsrechtlichen Abgrenzungskriterien als Anschaffungs-, Herstellungs- oder Erhaltungsaufwand steuerlich zu berücksichtigen.


Tenor:

Die Beschwerde des Beklagten wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 13.11.2019 ‒ 2 K 2304/17 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.



Gründe

1


Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Zulassung der Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—, dazu unter 1.) noch zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO, dazu unter 2.) geboten.


2


1. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu.


3


a) Grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn sich die Beantwortung der Rechtsfrage ohne Weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das Finanzgericht (FG) in seiner Entscheidung getan hat; denn es bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, wenn die Rechtslage eindeutig ist (vgl. BFH-Beschluss vom 29.08.2019 ‒ II B 79/18, BFH/NV 2020, 22, m.w.N.).


4


b) Nach diesen Grundsätzen ist die vom Beklagten und Beschwerdeführer (Finanzamt —FA—) für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage, ob die Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes (EStG), nach der zu den Herstellungskosten eines Gebäudes auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen zählen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, auch auf Aufwendungen anzuwenden ist, die vor der Anschaffung anfallen, nicht klärungsbedürftig. Denn diese Rechtsfrage ist anhand des eindeutigen Gesetzeswortlauts offensichtlich so zu beantworten, wie es die Vorinstanz in dem angegriffenen Urteil getan hat.


5


Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats gehören zu den Aufwendungen i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Einordnung sämtliche Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, die im Rahmen einer "im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes" vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung anfallen und nicht nach Satz 2 der Vorschrift ausdrücklich ausgenommen sind (BFH-Urteile vom 14.06.2016 ‒ IX R 25/14, BFHE 254, 236, BStBl II 2016, 992; IX R 15/15, BFHE 254, 246, BStBl II 2016, 996; IX R 22/15, BFHE 254, 251, BStBl II 2016, 999); die genannte gesetzliche Regelung ordnet den tatbestandlich erfassten Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwand fiktiv den Herstellungskosten des Gebäudes zu. Dies gilt nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut indes nur für solche Aufwendungen, die "innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung" vom Steuerpflichtigen getragen werden. Vor der Anschaffung des Grundstücks vom Steuerpflichtigen getätigte Aufwendungen sind nach den allgemeinen handelsrechtlichen Abgrenzungskriterien als Anschaffungs-, Herstellungs- oder Erhaltungsaufwand steuerlich zu berücksichtigen. Hiervon ist zutreffend auch das FG ausgegangen.


6


Das FA trägt keine durchgreifenden Gesichtspunkte vor, die —jenseits des klaren Wortlauts— für eine Anwendung der Norm auf den vorliegenden Sachverhalt sprechen. Insbesondere der in der Beschwerdebegründung erhobene, auf Literaturstimmen (vgl. hierzu etwa Stobbe in Herrmann/Heuer/Raupach, § 6 EStG Rz 164; Schubert/Gadek in Beck Bil‒Komm., 12. Aufl., § 255 HGB Rz 33 f.) gegründete Einwand, dass auch vor dem Anschaffungszeitpunkt vom Steuerpflichtigen getragene Aufwendungen im Einzelfall zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten gerechnet werden müssen (wie dies das FG im Streitfall auch hinsichtlich einzelner Aufwandspositionen des Klägers und Beschwerdegegners getan hat), kann eine Ausweitung des Regelungsbereiches der Norm auf einen nach dem Willen des Gesetzgebers lediglich fiktiv als Herstellungskosten eines Gebäudes zu behandelnden Anschaffungs-, Herstellungs- oder Erhaltungsaufwand nicht rechtfertigen.


7


2. Die Zulassung der Revision ist auch nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Dieser Zulassungsgrund stellt einen Spezialfall des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO dar und setzt ebenfalls das Vorliegen einer hinreichend bestimmten und im Allgemeininteresse liegenden, klärungsbedürftigen und klärbaren Rechtsfrage voraus. Daran fehlt es hier.


8


3. Von einer weiter gehenden Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.


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