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20.05.2020 · IWW-Abrufnummer 215767

Oberlandesgericht Zweibrücken: Beschluss vom 14.11.2017 – 5 U 42/17

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Oberlandesgericht Zweibrücken

Beschluss vom 14.11.2017

Az.: 5 U 42/17

In dem Rechtsstreit
M... S... P... G..., vertreten durch d. Geschäftsführer T... H... und A... Z..., K..., 6... S...
- Beklagte und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. M..., S..., 6... K...
gegen
C... S... G..., vertreten durch d. Geschäftsführerin C... S..., A... P..., 6... H...
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte S..., K..., 6... H...

wegen Forderung aus Bauvertrag

hat der 5. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxx, die Richterin am Oberlandesgericht xxx und den Richter am Amtsgericht xxx
auf die am selben Tag bei Gericht eingegangene Berufung der Beklagten vom 19.05.2017 gegen das ihr am 30.05.2017 zugestellte Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 11.05.2017
gemäß § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung einstimmig
am 14.11.2017 beschlossen:

Tenor:
  1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 11.05.2017 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
  3. Das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 11.05.2017 ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.Der Beklagten bleibt vorbehalten, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
  4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 34.647,83 € festgesetzt.
Gründe

I.

Die Klägerin begehrt für von ihr an einem Bauvorhaben "M... S..., L... / S..." durchgeführte Innenputz- und Wärmedämmarbeiten die Zahlung verbleibenden Werklohns gegenüber der Beklagten. Den hierüber zwischen den Parteien geschlossenen Bauvertrag hatte die Klägerin nach § 648a Abs. 5 BGB gekündigt, nachdem sie die Beklagte für einen von ihr seinerzeit bezifferten offenen Anspruch von 76.327,17 € einschließlich 5 % für Nebenleistungen mit außergerichtlichem Schreiben vom 26.04.2016, Anlage K 6a, erfolglos zur Leistung einer Sicherheit aufgefordert hatte.

Das Landgericht hat der Klage der Klägerin vollumfänglich stattgegeben und die Beklagte mit Urteil vom 11.05.2017, auf dessen Tatbestand wegen der Feststellungen in erster Instanz und der dort gestellten Anträge Bezug genommen wird, in der Hauptsache zur Zahlung von 34.647,83 € verurteilt.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzlichesZiel der Klageabweisung weiterverfolgt.

Die Beklagte macht geltend, die nach § 648a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 BGB ausgesprochene Kündigung der Klägerin sei unwirksam gewesen, ebenso das erfolgte Abnahmeverlangen der Klägerin. Es sei ein Verstoß gegen das Kooperationsverbot gegeben. Zum Zeitpunkt des Sicherungsverlangens hätten der Klägerin nur 9,53 % der Gesamtvergütung für teilweise erbrachte, im Wesentlichen aber nicht erbrachte Leistungen gefehlt [90,47 % habe sie bereits erhalten gehabt]. Die Klägerin habe treuwidrig gehandelt, indem sie zu diesem Zeitpunkt und unter diesen konkreten Umständen (Meinungsverschiedenheiten über die Frage erheblicher Gegenforderungen wegen Ersatzvornahmen, Gegenforderungen aus Gerüststandzeiten, Schadenersatzforderungen aus verspätet oder nicht erbrachter Teilleistungen usw.) ohne Vorankündigung unmittelbar eine Sicherung verlangt habe, auf berechtigte Einwendungen des Vertragspartners nicht eingegangen sei, sondern ohne erneute Kontaktaufnahme die Kündigung ausgesprochen habe.

Soweit das Landgericht ausgeführt habe, die Klägerin habe die Beklagte zur Abnahme aufgefordert, es habe am 01.07.2017 (gemeint offensichtlich 01.07.2016) eine gemeinsame Aufmaßnahme gegeben und die Abnahme hätte mit dem Architekten stattgefunden, stelle sich die Frage, welchen Sinn ein Aufmaß im Falle eines Globalpauschalvertrages habe. Das Landgericht verkenne außerdem den elementaren Unterschied zwischen einer Aufmaßnahme sowie einer technischen und rechtsgeschäftlichen Abnahme. Alleine die technische Abnahme sei Aufgabe des Architekten. Das Landgericht habe auch unberücksichtigt gelassen, dass die Beklagte mit ihrer Klageerwiderung sowohl die allein ihr zustehende rechtsgeschäftliche Abnahme sowie die Abnahmereife bzw. Abnahmefähigkeit bestritten habe. Die Abrechnung habe im Streit gestanden.

Auch mit den in der Klageerwiderung zur Schlüssigkeit der Schlussrechnungsforderung thematisierten Einwendungen habe sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt.

Die Beklagte rügt ferner die Unzuständigkeit des Erstgerichts.

Darüber hinaus führe die fehlende Vorlage von Bauproduktenachweisen durch die Klägerin zur Unbegründetheit der Klage.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Urteils vom 11.05.2017 die Klage abzuweisen, hilfsweise als derzeit unbegründet abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihres Vorbringens.

Im Wesentlichen macht sie geltend, der gesamte Vortrag der Beklagten zur angeblichen Unwirksamkeit der Kündigung (§ 648a Abs. 5 Satz 1 BGB) sei verspätet. Die Beklagte lasse erstmalig geltend machen, dass der angeforderte Sicherungsbetrag nicht aufgeschlüsselt und nicht nachvollziehbar gewesen sei. Aus der eigenen Berechnung der Beklagten (gemäß auf den 27.07.2015 datierten Schreibens) habe sich im Übrigen sogar ein Sicherungsbetrag von 80.077,67 € ergeben (noch ohne Berücksichtigung des Zuschlages für Nebenkosten). Das Sicherungsverlangen sei nicht Mittel gewesen, um anderweitige Verhandlungen durchzusetzen, sondern allein zu dem Zweck erfolgt, eine Sicherheit zu erhalten und im Falle des fruchtlosen Fristablaufs keine weiteren Leistungen mehr erbringen zu müssen, die sodann ungesichert gewesen wären.

Die Beklagte bestreite nunmehr - ebenfalls verspätet - die Vollmacht der in ihrem Auftrag tätigen Architekten vom 01.07.2016. Die Klägerin habe aufgrund des Verhaltens der Beklagten von einer solchen Bevollmächtigung ausgehen dürfen. Ausweislich des als Anlage K 3 vorgelegten Schreibens der Beklagten seien die Architekten in die Vertragsverhandlungen und auch in die weitere Koordinierung des Bauvorhabens unmittelbar seitens der Beklagten eingebunden gewesen. Darüber hinaus habe die Beklagte die Architekten zu dem Abnahmetermin vom 01.07.2016 entsandt. Zumindest die Grundsätze der Anscheins- oder Duldungsvollmacht lägen vor.

Der Einwand einer angeblich fehlenden Prüffähigkeit sei substantiiert nicht erhoben worden, insbesondere auch nicht innerhalb von 2 Monaten nach Zugang der Schlussrechnung. Darüber hinaus sei die Schlussrechnung sogar ausweislich der in Anlage K 9 vorgelegten Prüfung vom 01.08.2016 geprüft worden.

Aufgrund der abgenommenen Leistungen habe die Klägerin keinen Bauprodukte-Nachweis zu erbringen. Darüber hinaus lasse die Beklagte nichts dazu vortragen, dass ein entsprechendes Verlangen der Bauaufsichtsbehörde gemäß § 78 Abs. 1 LBO überhaupt vorliege. Dies werde mit Nichtwissen bestritten. Auch dieser gesamte Vortrag sei verspätet. Gleichwohl sei klarzustellen, dass den Architekten der Beklagten mit Schreiben vom 28.05.2015 sämtliche Revisionsunterlagen einschließlich Konformitätserklärungen und bauaufsichtlicher Zulassungen übersendet worden seien.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf die dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat die Parteien mit Beschluss vom 20.09.2017 darauf hingewiesen, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das angefochtene Urteil durch einstimmigen Beschluss wegen offensichtlich fehlender Erfolgsaussicht zurückzuweisen (Bl. 165 bis 172 d.A.).

Die Beklagte hat hierzu mit am 13.10.2017 eingegangenem Schriftsatz vom 19.05.2017 (offensichtliches Datumsversehen) eine Stellungnahme abgegeben (Bl. 175 bis 182 d.A.).

II.

Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung der Beklagten offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist nicht geboten (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Nr. 3, Nr. 4 ZPO).

1. Zur Begründung verweist der Senat zunächst auf seinen Hinweisbeschluss vom 20.09.2017. Die am 13.10.2017 eingegangene Stellungnahme der Beklagten gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung.

1.1. Soweit die Beklagte im Zusammenhang mit der Geltendmachung einer Unwirksamkeit der Kündigung der Klägerin, Ziff. 1., 1.1. a) des vorgenannten Senatsbeschlusses, vorträgt, eine Zurückweisung verspäteten Vorbringens nach § 531 Abs. 2 ZPO sei nur dann möglich, wenn zum Sachverhalt in zweiter Instanz Gesichtspunkte aufgeführt würden, die in erster Instanz hätten vorgetragen werden können, ist dies zutreffend.

Da die Voraussetzungen einer Treuwidrigkeit nach § 242 BGB, auf die sich die Beklagte offenbar berufen möchte, von Amts wegen zu berücksichtigen sind (vgl. Grüneberg, Palandt, BGB, Komm., 75. Aufl. 2016, § 242 BGB, Rdnr. 21) und zum Sachverhalt in erster Instanz insoweit vorgetragen war, ist dieses Vorbringen in zweiter Instanz zu würdigen. Dass und warum kein treuwidriges Verhalten der Klägerin im Zusammenhang mit der Geltendmachung des Sicherungsverlangens vorlag, wurde indessen mit Senatsbeschluss vom 20.09.2017 bereits begründet.

Soweit die Beklagte sich auf eine fehlende Nachvollziehbarkeit der Forderungsberechnung beruft, ist das Landgericht bei Würdigung des Vorbringens der Parteien zutreffend davon ausgegangen, dass die Auftragssumme auf 623.432,02 € erhöht worden war. Die Klägerin hat hierzu unter Bezugnahme auf die Anlage K 4 [= bestätigendes Schreiben der von den Beklagten beauftragten Architekten vom 15.02.2016] und K 7 [= Schreiben der Beklagten vom "27.07.2015"] vorgetragen. Das Vorbringen der Beklagten mit dem bloßen Hinweis, dass die Schlussrechnung unklar gewesen sei, insbesondere mit einem Pauschalbetrag von 565.250,- € als Summe des Pauschalauftrags zu eröffnen gewesen wäre, ist demnach unerheblich.

Hinsichtlich der Ziff. 1., 1.1. b) des Senatsbeschlusses vom 20.09.2017 ergibt sich aus dem weiteren Vorbringen der Beklagten gemäß am 13.10.2017 eingegangenem Schriftsatz nichts Erhebliches.

Die Beklagte beruft sich auf das Bestehen von Gegenforderungen und verweist in diesem Zusammenhang auf das von der Klägerin als Anlage K 7 vorgelegte Schreiben der Beklagten vom "27.07.2015". Die Klägerin habe damit die Einwendungen der Beklagten selbst vorgelegt.

Die von der Beklagten nunmehr in Bezug genommene Anlage K 7, ihr Schreiben vom "27.07.2015", weist eine Nettoauftragssumme von 630.422,29 €, brutto mithin 750.202,53 €, aus. Abzüglich der darin genannten Zahlungen blieb ein Differenzbetrag i.H.v. 80.077,67 €, also mehr als die von der Klägerin im Rahmen von § 648a Abs. 1 BGB begehrte Sicherheit.

Soweit sich die Beklagte also mit vorgenanntem Schreiben auf von ihr benannte Abzugspositionen berufen hat, stehen diese dem Sicherungsverlangen der Klägerin nicht entgegen, § 648a Abs. 1 Sätze 3 u. 4 BGB. Die Klägerin hat diesbezüglich bereits mit der Klageschrift darauf verwiesen, auch nach eigenen Berechnungen der Beklagten habe ein Sicherungsbedürfnis in Höhe von mindestens 80.077,67 € bestanden. Dem ist die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten. Eines rechtlichen Hinweises nach § 139 ZPO bedurfte es bei dieser prozessualen Lage nicht.

1.2. Soweit die Beklagte unter Bezugnahme auf Ziff. 1.2 a) und b) des o.g. Senatsbeschlusses eine rechtsgeschäftliche Abnahme in Abrede stellt, hat die Klägerin mit ihrer Klageschrift auf die Kündigung und Aufforderung zur Abnahme unter Vorschlag von Abnahmeterminen verwiesen. Sodann habe - so das weitere klägerische Vorbringen - am 01.07.2016 eine gemeinsame Aufmaßnahme sowie die Abnahme durch den hierzu seitens der Beklagten entsendeten Architekten, dort Herrn M... F..., stattgefunden. Entgegen des Vortrages in der Klageerwiderung, Ziff. 2.), Seite 2, auf den sich die Beklagte nunmehr beruft, hat die Klägerin also zu Grund, Inhalt und Datum der Erklärung vorgetragen. Der Tatsachenvortrag zu der von der Klägerin behaupteten Abnahme war mithin unstreitig (§ 138 Abs. 3 ZPO). Insbesondere trägt die Beklagte selbst nicht vor, dass der von ihr entsendete Architekt im Abnahmetermin gegenüber der Klägerin in irgendeiner Weise deutlich gemacht hätte, zu einer rechtsgeschäftlichen Abnahme nicht bevollmächtigt zu sein, dass sich seine Arbeit lediglich auf eine Abnahme aus technischer Sicht hätte beziehen sollen o.Ä.

Die Frage, ob bei dem am 01.07.2016 unstreitig durchgeführten Termin durch die Beklagte, vertreten durch den entsendeten Architekten, eine rechtsgeschäftliche Abnahme erklärt wurde, ist eine Rechtsfrage, die vorliegend zu bejahen ist. Der von der Beklagten zum Abnahmetermin entsendete Architekt hat diese in Anscheins- bzw. Duldungsvollmacht der Beklagten erklärt. Die Klägerin hat mit dem als Anlage K 8 vorgelegten Schreiben vom 14.06.2016 den Werkvertrag gekündigt und die Beklagte - und nicht etwa den Architekten - zur Abnahme aufgefordert und zugleich Abnahmetermine vorgeschlagen. Es war Sache der Beklagten, dass an dem Termin ein zur Abnahme bevollmächtigter Vertreter teilnimmt. Da hierauf zum Termin vom 01.07.2016 unstreitig der besagte Architekt von der Beklagten entsendet wurde, muss sich die Beklagte dessen Abnahme zurechnen lassen. Dass die Klägerin auf dessen Bevollmächtigung vertrauen durfte, ergibt sich zusätzlich aus dem Umstand, dass die von der Beklagten beauftragten Architekten bereits seit Vertragsschluss in die vertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien involviert waren, z.B. in die Vereinbarung eines Zahlungsplanes (vgl. Anlage K 3).

Wenn nach dem Abschluss eines Bauvertrages ein Termin zur Erstellung eines Verhandlungsprotokolls vereinbart wird und der Auftragnehmer dazu einen mit der Sache befassten sachkundigen Mitarbeiter entsendet, muss sich der Auftragnehmer nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die rechtsgeschäftlichen Erklärungen dieses Mitarbeiters im Wege der Anscheinsvollmacht zurechnen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 27.01.2011, Az.: VII ZR 186/09, zitiert nach Juris; Werner, in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Aufl., Rdnr. 1357). Nichts anderes kann gelten, wenn - wie vorliegend - der Auftragnehmer zur Abnahme unter Vorschlag von Abnahmeterminen aufgefordert wird und er zum Termin einen mit der Sache befassten Architekten entsendet. Entgegen der Auffassung der Beklagten stellt dies die Grundsätze des Werkvertrags- und Architektenrechts nicht auf den Kopf, sondern folgt aus den Grundsätzen der Anscheins- und Duldungsvollmacht, die auch im Rahmen der Vollmacht eines entsendeten Architekten Berücksichtigung zu finden haben (vgl. zu diesen Grundsätzen auch Ellenberger, in: Palandt, BGB, Komm., 75. Aufl. 2016, § 167 BGB, Rdnr. 8, und § 172 BGB, Rdnr. 8 ff.). Wird ein Architekt vom Besteller zu einem Abnahmetermin entsandt, so wird für ihn eine Anscheinsvollmacht begründet (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 01.03.2000, Az.: 1 U 576/99, zitiert nach Juris; Ellenberger a.a.O., § 167 BGB, Rdnr. 8). Die von der Beklagten zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 17.06.2004, Az.: VII ZR 337/02, hier zitiert nach Juris) befasst sich mit der Frage, ob die einem Architekten erteilte Vollmacht eine Vertragsänderung umfasst und verneint diese. Mit dem hier zu entscheidenden Fall hat das nichts gemein.

Da eine rechtsgeschäftliche Abnahme nachgewiesen ist, kommt es in der vorliegenden Konstellation auf eine weitergehende Abgrenzung zwischen Aufmaßnahme, technischer und rechtsgeschäftlicher Abnahme nicht an.

Auch aus dem weiteren Vorbringen der Beklagten im Zusammenhang mit dem Aufmaß, das unstreitig unter Beteiligung des für die Beklagte tätigen Architekten gemeinsam erfolgt ist, ergibt sich kein Anlass für eine anderweitige Entscheidung. Aus den Umständen einer vereinbarten Pauschalvergütung mit unstreitig erfolgten Nachträgen und eines auf Aufmaß und Leistungsstand bezogenes Schreiben der Klägerin vom 14.06.2016 (Anlage K 8), das dann tatsächlich ein gemeinsames Aufmaß zur Folge hatte, lässt sich eine Unschlüssigkeit der Klage nicht herleiten.

1.3. Soweit die Beklagte unter Bezugnahme auf Ziff. 1.2. b) sowie auch Ziff. 1.2. c) und Ziff. 1.3. des Senatsbeschlusses vom 20.09.2017 die Auffassung vertritt, die Klage beruhe auf einer nicht prüfbaren Abrechnung, kann dem nicht gefolgt werden. Zunächst ist anzumerken, dass die Parteien vorliegend die VOB/B nicht zum Gegenstand des Vertrages gemacht haben, so dass § 14 VOB/B keine Anwendung findet. Im Weiteren haben die Architekten die Schlussrechnung tatsächlich geprüft, was dem Einwand, die Rechnung sei nicht prüffähig, bereits die Grundlage entzieht. Die Klägerin hat im Übrigen die Schlussrechnung vom 20.07.2016 (Anlage K 9) vorgelegt und dargetan, eine Abrechnung für nicht erbrachte Leistungen nicht vorgenommen zu haben, was sich aus dieser Anlage auch ersehen lässt. Die Klägerin hat, nachdem die Schlussrechnung durch die von der Beklagten beauftragten Architekten geprüft und dabei gegenüber dem von der Klägerin geltend gemachten Betrag einen Zahlbetrag von 25.807,67 € ermittelt wurde, mit Schreiben vom 12.10.2016, Anlage K 10, einen weiteren Betrag i.H.v. 8.840,16 € gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Diesen hat sie nach einzelnen Positionen aufgeschlüsselt. Mit der Klageschrift hat sie zu den diesen Positionen erneut Vortrag gehalten. Das pauschale Bestreiten der Beklagten, die Klage beruhe auf einer nicht prüfbaren Abrechnung, ist aufgrund des substantiierten Vortrages der Klägerin hierzu mithin unbeachtlich, § 138 Abs. 2 u. 3 ZPO.

Mangels eines ausreichenden Bestreitens der Richtigkeit der von ihren Architekten geprüften Schlussrechnung war auch nicht Beweis hierüber zu erheben (vgl. BGH, Urteil vom 25.08.2016, Az.: VII ZR 193/13, zitiert nach Juris).

1.4. Soweit die Beklagte unter Bezugnahme auf Ziff. 1.4. des vorgenannten Senatsbeschlusses auf die Unterschrift der angefochtenen Entscheidung durch drei Richter hinweist und vorträgt, die Verhandlung sei aber nur von einer Richterin geführt worden, ebenso die Beschlussfassung in der mündlichen Verhandlung, ist auf die Beweiskraft des Protokolls vom 11.05.2017 (Bl. 78 ff. d.A.) zu verweisen, § 165 ZPO. Dieses belegt, dass neben der Vorsitzenden Richterin zwei Handelsrichter anwesendwaren. Die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, sind fernerim Urteil enthalten, § 313 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Die Vorsitzende und der Handelsrichter Keller-Leist haben das Urteil auch unterschrieben, wobei die Vorsitzende in zulässiger Weise unter Angabe des Grundes (Urlaubsabwesenheit) die Verhinderung des weiteren Handelsrichters Hofmann an der Unterschriftsleistung vermerkt hat, § 315 Abs. 1 Sätze 1 u. 2 ZPO.

1.5. Der von der Beklagten zu Ziff. 1.5. des Senatsbeschlusses vom 20.09.2017 gehaltene weitere Vortrag vermag nichts daran zu ändern, dass infolge der stattgefundenen Abnahme sich die Beklagte auf eine etwaige (fehlende) Beibringung von Bauproduktenachweisen nicht berufen kann, § 640 Abs. 2 BGB. Etwaige aus Sicht der Beklagten fehlende Unterlagen waren der Beklagten bereitsbei Abnahme bekannt, ohne dass sie dies im Rahmen der Abnahme geltend gemacht hat.Die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung hat im Wesentlichen Fallkonstellationenzum Gegenstand, bei denen eine Abnahme gerade noch nicht stattgefunden hatte (vgl. OLG Bamberg, Urteil vom 08.12.2010, Az.: 3 U 93/09, zitiert nach Juris, dort Rdnr. 17 f.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.03.2011, Az.: I-21 U 6/07, zitiert nach Juris, dort Rdnr. 36; OLG Stuttgart, Urteil vom 31.03.2015, Az.: 10 U 46/14, zitiert nach Juris, dort Rdnr. 37; LG Frankenthal, Urteil vom 10.09.2015, Az.: 6 O 233/12, zitiert nach Juris, dort Rdnr. 14; OLG Köln, Urteil vom 16.03.2016, Az.: 16 U 63/15, zitiert nach Juris, Rdnr. 5 u. 112 ff.). Anders liegen die Dinge im vorliegenden Fall, in dem die Beklagte die Abnahme in Kenntnis etwaiger fehlender Unterlagen erklärt hat.

Die von der Beklagten in Bezug genommene Entscheidung des OLG Brandenburg (Urteil vom 14.04.2010, Az.: 4 U 19/09, zitiert nach Juris, dort insb. Rdnr. 42 ff.) gibt für den vorliegenden Sachverhalt nichts Relevantes her. Sie bezieht sich auf einen Schadenersatzanspruch aus §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB. Die dortige Klägerin schuldete werkvertraglich gegenüber Dritten die schlüsselfertige Errichtung eines Einfamilienhauses. Aufgrund einer durch die Baubehörde veranlassten Einmessung des Grundstücks wurde festgestellt, dass das Haus ca. 0,5 m zu hoch errichtet worden war und soweit nicht den Vorgaben der Baugenehmigung entsprach. Für die Herstellung der Bodenplatte hatte die Klägerin sich der Beklagten als Subunternehmerin bedient. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass ein Mangel der von der Beklagten gegossenen Bodenplatte vorlag, da diese den Festlegungen der Baugenehmigung nicht entsprochen habe. Dieser Mangel sei jedoch - so die weiteren Feststellungen des Gerichts - nicht auf ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten zurückzuführen. Es habe der ständigen Übung zwischen den Parteien entsprochen, dass die Beklagte die diversen Bauvorhaben anhand der Fundament- und Lagepläne ausführen konnte, weshalb die dort unterbliebene Anforderung der Baugenehmigung keine Pflichtverletzung der Beklagten dargestellt habe.

Die Entscheidung des Landgerichts Mönchengladbach (Urteil vom 17.06.2015, Az.: 4 S 141/14, zitiert nach Juris) betrifft einen Anspruch des Bauherren aus § 637 Abs. 3 BGB. Im dortigen Fall hatten die Kläger den Beklagten mit der Lieferung und Montage einer Terrassenüberdachung beauftragt und die Werkleistung auch abgenommen. Das Gericht hat die Feststellung getroffen, dass die Verwendung von Bauprodukten geschuldet war, die den gesetzlichen Anforderungen genügen, was bei den verbauten Sonnenschutzplatten nicht der Fall gewesen sei. Nachdem die Kläger dem Beklagten erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung (Austausch der Sonnenschutzplatten) gesetzt hatten, ist das Gericht von einem bestehenden Anspruch gemäß § 637 Abs. 3 BGB ausgegangen.

Dieser Sachverhalt unterscheidet sich von dem vorliegend zu beurteilenden im Wesentlichen darin, dass die dortigen Kläger, die zudem Verbraucher waren, den konkreten Mangel der Verwendung eines nicht den Anforderungen entsprechenden Bauproduktes nicht kannten. Anders liegen die Dinge im vorliegenden Fall, in dem sich die Beklagte gegenüber der Werklohnklage der Klägerin mit dem Nichtüberlassen von Bauproduktenachweisen verteidigen und insbesondere nicht mit der Behauptung, es seien unzulässige Bauprodukte verwendet worden.

Eine Beantwortung der Frage, ob die von der Klägerin gelieferten Unterlagen tatsächlich unvollständig waren, ist vorliegend nicht veranlasst.

Auch einer Auseinandersetzung mit der von der Beklagten aufgeworfenen hypothetischenFallkonstellation einer zusammenstürzenden Bude während der Gewährleistung bedarf es nicht. Die Frage, welche Partei, ggf. auch im Rahmen einer sekundären Darlegungs- und Beweislast, in einem solchen Fall welchen Vortrag zu halten hätte und auf Grundlage welcher baulicher Gegebenheiten bzw. Unterlagen ein möglicherweise vom Gericht beauftragter Sachverständige Feststellungen zu treffen hätte, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab und ist für den vorliegenden Fall ohne jede Relevanz. Die o.g. Entscheidung des Landgerichts Mönchengladbach zeigt gerade, dass eine Abnahme nicht jedwede Mängelhaftung des Unternehmers für die von ihm verwendeten Produkte entfallen lässt.

2. Nach alledem ist die Berufung der Beklagten unbegründet.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren beruht auf §§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ff. ZPO.

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