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11.02.2020 · IWW-Abrufnummer 214093

Hessisches Landesarbeitsgericht: Urteil vom 01.02.2019 – 11 Sa 286/18

Neben dem Eintritt der Flugdienstuntauglichkeit muss der Arbeitgeber auch alle zumutbaren anderweitigen Einsatzmöglichkeiten, z.B. am Boden prüfen. Er muss darlegen, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses alternativlos ist.


Tenor:

Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 30. Januar 2018 - 16 Ca 5440/17 - werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 20 % und die Beklagte 80 % zu tragen.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten im Wesentlichen über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses infolge einer auflösenden Bedingung.



Die Beklagte ist ein internationales Luftfahrtunternehmen, das im Bereich des Kabinenpersonals ca. 18.000 Mitarbeiter beschäftigt. Bei der Beklagten existiert für das fliegende Personal eine Personalvertretung gemäß § 117 Abs. 2 BetrVG iVm. dem Tarifvertrag Personalvertretung (TV PV).



Die Klägerin ist seit dem 15. August 1998 bei der Beklagten als Flugbegleiterin beschäftigt und erhielt zuletzt eine Vergütung von monatlich 3.536,09 € brutto (vgl. Anlage K 5, Bl. 16 d.A.). Nach Maßgabe des Arbeitsvertrages vom 28. Juli 1998 (Anlage K 1, Bl. 8 f. d.A.) finden auf das Arbeitsverhältnis die für das Kabinenpersonal der Beklagten geltenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung. Dazu gehört insbesondere der Manteltarifvertrag Nr. 2 für das Kabinenpersonal in der Fassung vom 1. Januar 2013 (im Folgenden: MTV Nr. 2, Anlage B 1, Bl. 53 ff. d.A.). Dieser enthält auszugsweise folgende Regelungen:



§ 20 Verlust der Flugdiensttauglichkeit, Beendigung des Arbeitsverhältnisses



(1) a) Wird durch eine fliegerärztliche Untersuchungsstelle festgestellt, dass ein Mitarbeiter wegen körperlicher Untauglichkeit seinen Beruf nicht mehr ausüben kann, so endet das Arbeitsverhältnis, ohne dass es einer Kündigung bedarf, zu dem Zeitpunkt, zu dem nach Feststellung und Bekanntgabe der Flugdienstuntauglichkeit an den Betroffenen eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 22 frühestens zulässig gewesen wäre.



Flugdienstuntauglichkeit im Sinne dieser Bestimmungen ist das auf einem unbehebbaren oder aller Wahrscheinlichkeit nach unbehebbaren körperlichen Mangel beruhende Unvermögen, eine fliegerische Tätigkeit nach den einschlägigen Vorschriften weiter auszuüben.



Vor Stellung eines erstmaligen Antrages an den Rentenversicherungsträger auf Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsleistungen oder spätestens vor einem entsprechenden Antrag auf Verlängerung befristet gewährter Leistungen kann der Mitarbeiter von der Möglichkeit Gebrauch machen, seine Flugdiensttauglichkeit (ggf. erneut) durch die fliegerärztliche Untersuchungsstelle überprüfen zu lassen.



(…)



§ 22 Kündigung



(…)



(2) Im Übrigen beträgt die Kündigungsfrist bei einer Beschäftigung



(…)



- von mehr als 12 Jahren



6 Monate zum Schluss eines Kalendervierteljahres.



Nach einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren ist eine ordentliche Kündigung einschließlich der ordentlichen Änderungskündigung durch die DLH ausgeschlossen.



(…)“



Seit dem 20. Juni 2016 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Am 28. Juni 2017 wurde durch einen flugmedizinischen Sachverständigen die dauerhafte Flugdienstuntauglichkeit der Klägerin festgestellt.



Mit Schreiben der Beklagten vom 7. Juli 2017, der Klägerin am 14. Juli 2017 zugegangen, wurde die Klägerin darüber unterrichtet, dass ihr Arbeitsverhältnis wegen der festgestellten dauerhaften Flugdienstuntauglichkeit gemäß § 20 MTV Nr. 2 zum 31. Dezember 2017 ende. Die Klägerin wurde ferner um Mitteilung gebeten, ob sie an einer Arbeitstätigkeit im Bereich des Bodenpersonals interessiert sei(vgl. Anlage K 3, Bl. 12 ff. d.A.). Neben allgemeinen Hinweisen zu Ansprüchen auf Vergütung, Krankengeldzuschuss und Übergangsversorgung heißt es in diesem Schreiben dazu wie folgt:



(…)



Bitte informieren Sie uns mit beiliegendem Formblatt bis zum 4. August 2017, ob Sie an einer Tätigkeit am Boden interessiert sind. Falls Interesse besteht, werden wir Ihnen bei der Suche nach einem Arbeitsplatz am Boden behilflich sein.



Für den Fall, dass wir von Ihnen bis zum o.g. Zeitpunkt keine Antwort erhalten haben, gehen wir davon aus, dass sie an einem Arbeitsplatz am Boden NICHT interessiert sind.



Eine Tätigkeit am Boden ist selbstverständlich davon abhängig, ob eine ‒ Ihren Anforderungen und Qualifikationen ‒ entsprechende Stelle zu besetzen ist und Sie hierfür entsprechend den Regeln für interne Stellenausschreibungen für Bodenarbeitsplätze ausgewählt werden. (…)“



Das beiliegende Formblatt (Anlage B 2, Bl. 118 d.A.) lautete auszugsweise:



„(…)



Ich bestätige, dass ich an einer Tätigkeit am Boden (Zutreffendes bitte ankreuzen)



[ ] nicht interessiert bin



[ ] interessiert bin und mich innerhalb der gesetzten Frist umgehend mit A in Verbindung setzen werde. (…)“



Dem Schreiben der Beklagten vom 7. Juli 2017 war außerdem das Merkblatt „Informationen zu einem Wechsel vom Bordbereich auf einen Bodenarbeitsplatz (Stand 01/11)“ beigefügt. Darin wird darauf hingewiesen, dass eine Weiterbeschäftigung am Boden grundsätzlich nicht vorgesehen sei und Voraussetzung für eine Tätigkeit am Boden eine erfolgreiche Bewerbung der Klägerin sei (Anlage K 6, Bl. 153 d.A.). Dazu heißt es dort:



„(…)



1. Grundsätzliches



Eine „Weiterbeschäftigung“ am Boden nach Beendigung der Bordtätigkeit wegen dauernder Flugdienstuntauglichkeit ist grundsätzlich nicht vorgesehen, da laut Manteltarifvertrag BORD das Arbeitsverhältnis bei dauernder Flugdienstuntauglichkeit (…) endet.



Auf Wunsch wird B jedoch versuchen, Ihnen während der Auslauffrist einen angemessenen Arbeitsplatz zu vermitteln.



Voraussetzung für die Beschäftigung am Boden ist eine erfolgreiche Bewerbung. Für die Stellenbesetzung am Boden wird der/die am besten geeignete Bewerber/in ausgewählt. (…) Eine bevorzugte Berücksichtigung von Bordbewerbern ist nicht möglich.



Sie können also nur dann in ein Arbeitsverhältnis am Boden wechseln, wenn Sie sich während der Auslaufrist erfolgreich auf eine Stelle am Boden beworben haben. (…)



2. Was passiert im Falle eines Wechsels?



Nach einer erfolgreichen Bewerbung in einen Bodenbetrieb wird ein neuer Arbeitsvertrag geschlossen. (…)



(…)“



Mit Schreiben vom 14. Juli 2017, welches auch der Klägerin zugegangen ist, teilte die Beklagte der Bundesinnungskrankenkasse Gesundheit mit, dass das Beschäftigungsverhältnis der Parteien aufgrund der Flugdienstuntauglichkeit der Klägerin am 31. Dezember 2017 ende (Anlage K 5, Bl. 16 d.A.).



Ein betriebliches Eingliederungsmanagement iSv. § 84 Abs. 2 SGB IX (ab 01.01.2018: § 167 Abs. 2 SGB IX; im Folgenden: bEM) wurde nicht durchgeführt.



Am 4. Januar 2018 füllte die Klägerin das ihr von der Beklagten übersandte Formblatt aus und gab dabei an, Interesse an einer Beschäftigung im Bodendienst zu haben. Das in dieser Weise ausgefüllte Formblatt ging am 25. Januar 2018 bei der Beklagten ein (vgl. Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 30. Januar 2018, Bl. 162 d.A.).



Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr Arbeitsverhältnis habe nicht kraft auflösender Bedingung gemäß § 20 Abs. 1a MTV Nr. 2 geendet. Die auflösende Bedingung trete nicht bereits aufgrund der festgestellten Flugdienstuntauglichkeit ein, sondern nur dann, wenn keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit auf einem Bodenarbeitsplatz bestehe. Zur Prüfung der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit sei die Beklagte verpflichtet gewesen, noch vor der Unterrichtung über den Bedingungseintritt nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen. Da sie zu keinem Zeitpunkt ein betriebliches Eingliederungsmanagement oder eine Weiterbeschäftigung im Bodendienst abgelehnt habe, habe die Beklagte auch nicht von der Entbehrlichkeit eines bEM ausgehen dürfen. Ein mangelndes Interesse an einem Bodenarbeitsplatz könne insbesondere nicht aus der zunächst unterbliebenen Rücksendung des ihr mit Unterrichtung vom 7. Juli 2017 übersandten Formblattes abgeleitet werden. Ihrem Schweigen komme kein solcher Erklärungswert zu. Da die Beklagte somit entgegen der gesetzlichen Vorgaben aus § 84 Abs. 2 SGB IX kein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt habe, treffe sie eine erweiterte Darlegungslast in Bezug auf die Nichtexistenz einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Bodendienst, der sie nicht nachgekommen sei. Geeignete Beschäftigungsmöglichkeiten im Bodendienst seien jedoch vorhanden; hierzu hat die Klägerin sich auf die Versetzungsklausel in ihrem Arbeitsvertrag berufen, die einen vorübergehenden Einsatz bei einem anderen Unternehmen erlaube. Die Klägerin hat schließlich die Auffassung vertreten, die Personalvertretung sei nicht ordnungsgemäß beteiligt worden.



Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

1. festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht durch die Erklärung der Beklagten mit Schreiben vom 7. Juli 2017 zum 31. Dezember 2017 beendet worden ist; 2. festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht durch die Erklärung der Beklagten mit Schreiben vom 14. Juli 2017 zum 31. Dezember 2017 beendet worden ist; 3. festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände aufgelöst worden ist; 4. festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der angeblich auflösenden Bedingung gemäß § 20 Abs. 1a MTV Nr. 2 für das Kabinenpersonal zum 31. Dezember 2017 beendet worden ist.



Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.



Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, das Arbeitsverhältnis der Klägerin habe gemäß § 20 Abs. 1a MTV Nr. 2 aufgrund der festgestellten dauerhaften Flugdienstuntauglichkeit geendet, da keine freien und geeigneten Bodenarbeitsplätze vorhanden gewesen seien, auf denen die Klägerin hätte beschäftigt werden können. Jedenfalls habe die Klägerin keine konkrete Weiterbeschäftigungsmöglichkeit benannt, obwohl ihr dies nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast oblegen habe. Zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements sei sie nicht verpflichtet gewesen. Die Klägerin habe weder ihre Zustimmung zu einem bEM erteilt noch überhaupt Interesse an einer Beschäftigung im Bodendienst gezeigt, da sie das ihr zu diesem Zweck übersandte Formblatt trotz gesetzter Erklärungsfrist erst nach Ende der sechsmonatigen Auslauffrist nach § 20 Abs. 1a iVm. § 22 Abs. 2 MTV Nr. 2 übersandt habe. Im Übrigen, so hat die Beklagte gemeint, sei die Personalvertretung nicht zu beteiligen gewesen. Eine Beteiligung sei nur bei Kündigungen, nicht aber bei auflösenden Bedingungen erforderlich.



Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts und des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 165 ‒ 171 d.A.)Bezug genommen.



Das Arbeitsgericht hat durch am 30. Januar 2018 verkündetes Urteil der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Es hat den Befristungskontrollantrag als zulässig und begründet erachtet und die übrigen Feststellungsanträge mangels Feststellungsinteresses als unzulässig abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat angenommen, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei nicht gemäß § 20 Abs. 1a MTV Nr. 2 beendet worden. Die auflösende Bedingung trete nur ein, wenn für den dauerhaft fluguntauglichen Arbeitnehmer keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Bodendienst vorhanden sei. Um Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für die Klägerin im Bodendienst zu identifizieren, habe die Beklagte ein betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX durchführen müssen, dies jedoch unterlassen. Da diese Untätigkeit der Beklagten keine darlegungs- und beweisrechtlichen Vorteile verschaffen dürfe, obliege es ihr, die Nichtexistenz einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin im Bodendienst im Einzelnen darzulegen. Dieser Obliegenheit sei sie nicht nachgekommen. Die Durchführung eines bEM sei nicht entbehrlich gewesen. Zwar habe die Klägerin nicht binnen der Auslauffrist ihr Interesse an einer Beschäftigung im Bodendienst bekundet. Da sie jedoch weder dem Unterrichtungsschreiben vom 7. Juli 2017 noch den beigefügten Informationen habe entnehme können, dass die erbetene Rücksendung des Formblattes in rechtserheblichem Zusammenhang mit der Durchführung eines bEM stehe, entbinde die bloße Untätigkeit der Klägerin die Beklagte nicht von der Verpflichtung, die Initiative zur Durchführung eines bEM zu ergreifen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 171 ‒ 182 d.A.) verwiesen.



Gegen dieses am 7. Februar 2018 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 1. März 2018 Berufung eingelegt und diese innerhalb der auf rechtzeitigen Antrag hin verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 4. Mai 2018 begründet. Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie hält daran fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien gemäß § 20 Abs. 1a MTV Nr. 2 aufgrund der dauerhaften Flugdienstuntauglichkeit der Klägerin zum 31. Dezember 2017 geendet habe. Eine anderweitige Möglichkeit, die Klägerin auf einem Bodenarbeitsplatz zu beschäftigen, habe nicht bestanden und unbeschadet dessen auch gar nicht erst geprüft werden müssen. Die Beklagte verweist insoweit auf das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 28. Mai 2018 ‒ 2 Sa 704/17 ‒ und meint, im Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1a MTV Nr. 2 nur dann zur Suche nach einem freien und geeigneten Bodenarbeitsplatz für dauerhaft flugdienstuntaugliche Arbeitnehmer verpflichtet zu sein, wenn diese ihre Zustimmung zum Einsatz im Bodendienst erteilen. Denn die Zuweisung eines Bodenarbeitsplatzes könne nicht im Wege des Direktionsrechts erfolgen, sondern erfordere die Mitwirkung der betroffenen Arbeitnehmer in Gestalt einer Änderung des Arbeitsvertrages. Die Klägerin habe diese Zustimmung nicht erteilt. Sie habe vielmehr zum Ausdruck gebracht, kein Interesse an einem Bodenarbeitsplatz zu haben, da sie trotz gesetzter Erklärungsfrist das ihr zu diesem Zweck übersandte Formblatt erst nach Ablauf der Auslauffrist nach § 20 Abs. 1a iVm. § 22 Abs. 2 MTV Nr. 2 übersandt habe. Sie ‒ die Beklagte ‒ könne sich insoweit auf eine Ablehnungsfiktion berufen. Ausgehend davon habe das unterbliebene bEM keine Auswirkungen auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Rahmen des Bedingungskontrollverfahrens. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 4. Mai 2018 (Bl. 215 ‒ 225 d.A.) und die weiteren Schriftsätze vom 1. Oktober 2018 (Bl. 279 ‒ 291 d.A.), 24. Oktober 2018 (Bl. 321 ‒ 322 d.A.) und vom 5. Dezember 2018 (Bl. 329 - 331 d.A.) verwiesen.



Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 30. Januar 2018 - 16 Ca 5440/17 ‒ teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.



Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.



Im Wege der Anschlussberufung beantragt die Klägerin,

das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main 30. Januar 2018 ‒ 16 Ca 5440/17 ‒ teilweise abzuändern und 1. festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht durch die Erklärung der Beklagten mit Schreiben vom 7. Juli 2017 zum 31. Dezember 2017 beendet worden ist; 2. festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht durch die Erklärung der Beklagten mit Schreiben vom 14. Juli 2017 zum 31. Dezember 2017 beendet worden ist; 3. festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände aufgelöst worden ist.



Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.



Soweit das Arbeitsgericht festgestellt hat, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht gemäß § 20 Abs. 1a MTV Nr. 2 kraft auflösender Bedingung beendet worden sei, verteidigt die Klägerin die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Die Klägerin hält die arbeitsgerichtliche Entscheidung hingegen für fehlerhaft, soweit die weiteren Feststellungsanträge als unzulässig abgewiesen wurden. Ein Feststellungsinteresse sei zu bejahen, da die streitgegenständlichen Schreiben objektiv geeignet seien, eine Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses herbeizuführen und nicht auszuschließen sei, dass die Beklagte sich zu einem späteren Zeitpunkt auf diese Schreiben als Beendigungstatbestand beruft. Auch der allgemeine Feststellungsantrag sei zulässig, da nicht auszuschließen sei, dass die Beklagte sich weiterer Beendigungstatbestände berühme. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbeantwortung und Begründung der Anschlussberufung vom 15. August 2018 (Bl. 249 ‒ 264 d.A.) und den weiteren Schriftsatz vom 24. Oktober 2018 (Bl. 314 ‒ 318 d.A.) Bezug genommen.



Entscheidungsgründe



A.



Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.



I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist gemäß § 8 Abs. 2, § 64 Abs. 2c ArbGG statthaft und insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Abs. 1, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 519, § 520 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO.



II. Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht gemäß § 20 Abs. 1a MTV Nr. 2 kraft auflösender Bedingung zum 31. Dezember 2017 beendet worden ist.



1. Der Klageantrag zu 4 ist zulässig. Die Klägerin wendet sich gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch die auflösende Bedingung nach § 20 Abs. 1a MTV Nr. 2 zum 31. Dezember 2017. In der Sache macht sie geltend, die auflösende Bedingung des § 20 Abs. 1a MTV Nr. 2 sei nicht eingetreten, weil es Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Bodendienst gebe, welche die Beklagte mangels Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nicht identifiziert habe. Ausgehend davon hat die Klägerin mit dem Klageantrag zu 4 zutreffend einen Bedingungskontrollantrag nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG gestellt. Dieser ist auch dann angezeigt, wenn Streitgegenstand ‒ wie vorliegend ‒ allein der unterbliebene Eintritt der auflösenden Bedingung und nicht die Unwirksamkeit der vereinbarten auflösenden Bedingung ist (vgl. BAG 4. November 2015 ‒ 7 AZR 851/13 ‒ Rn. 16; 6. April 2011 ‒ 7 AZR 704/09 ‒ Rn. 18 ff.).



2. Der Bedingungskontrollantrag ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nicht gemäß § 20 Abs. 1a MTV Nr. 2 beendet worden. Die auflösende Bedingung nach § 20 Abs. 1a MTV Nr. 2 ist nicht eingetreten.



a) § 20 Abs. 1a MTV Nr. 2 findet kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.



b) Die auflösende Bedingung nach § 20 Abs. 1a MTV Nr. 2 gilt nicht nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 KSchG als wirksam eingetreten. Die Klägerin hat den Bedingungskontrollantrag mit der am 18. September 2017 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 21. September 2017 zugestellten Klageerweiterung (Bl. 23, 25 d.A.) fristgerecht binnen der dreiwöchigen Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG erhoben. Die von § 21 TzBfG vorgegebene entsprechende Anwendung der Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG knüpft grundsätzlich an das vereinbarte Ende des auflösend bedingten Arbeitsvertrages an und meint damit den Eintritt der auflösenden Bedingung (vgl. BAG 4. November 2015 ‒ 7 AZR 851/13 ‒ Rn. 27; 27. Juli 2011 ‒ 402/10 ‒ Rn. 27; 6. April 2011 ‒ 7 AZR 704/09 ‒ Rn. 18 ff.), hier also den 31. Dezember 2017 als das datumsmäßige Ende der sechsmonatigen Auslauffrist gemäß § 20 Abs. 1a iVm. § 22 Abs. 2 MTV Nr. 2.



Die Unterrichtung der Klägerin über den Zeitpunkt des Bedingungseintritts mit Schreiben vom 7. Juli 2017 steht dem nicht entgegen. Die Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG beginnt ausnahmsweise mit dem Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG, wenn die auflösende Bedingung vor dem Ende des Zweiwochenzeitraums iSv. § 15 Abs. 2 TzBfG eintritt, §§ 21, 17 Satz 1, Satz 3 TzBfG iVm. § 15 Abs. 2 TzBfG (vgl. dazu BAG 4. November 2015 ‒ 7 AZR 851/13 ‒ Rn. 27; 27. Juli 2011 ‒ 402/10 ‒ Rn. 27; 6. April 2011 ‒ 7 AZR 704/09 ‒ Rn. 22). Das ist vorliegend nicht der Fall.



c) Die in § 20 Abs. 1a MTV Nr. 2 normierte auflösende Bedingung ist bei einschränkender Auslegung wirksam und führt zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn für den dauerhaft flugdienstuntauglichen Arbeitnehmer keine zumutbaren Einsatzmöglichkeiten im Bodendienst vorhanden sind (vgl. BAG 16. Oktober 2008 ‒ 7 AZR 185/07 ‒ Rn. 22; 11. Oktober 1995 ‒ 7 AZR 119/95 ‒ zu1 b der Gründe; 5. Juli 1990 ‒ 2 AZR 542/89 - zu II 1 der Gründe; 14. Mai 1987 ‒ 2 AZR 374/86 ‒ zu B II 3 b aa der Gründe; Hessisches Landesarbeitsgericht 19. Dezember 2016 ‒ 17 Sa 530/16 ‒ juris, Rn. 25; 30. Juni 2014 ‒ 17 Sa 36/14 ‒ juris, Rn. 15; 18. Dezember 2006 ‒ 17 Sa 1137/06 ‒ juris, Rn. 50). Dies wird von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen.



d) Die auflösende Bedingung nach § 20 Abs. 1a MTV Nr. 2 ist nicht eingetreten. § 20 Abs. 1a MTV Nr. 2 gilt zwar auch für ordentlich unkündbare Mitarbeiter (vgl. BAG 14. Mai 1987 ‒ 2 AZR 374/86 ‒ zu B II 2 b der Gründe). Auch ist die Klägerin dauerhaft flugdienstuntauglich. Die Beklagte ist aber der ihr obliegenden, gesteigerten Darlegungslast für das Fehlen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Bodendienst nicht nachgekommen. Das Fehlen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Bodendienst und damit der Eintritt der auflösenden Bedingung können mithin nicht festgestellt werden.



aa) Bei der Prüfung von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Bodendienst gilt grundsätzlich eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast (vgl. dazu BAG 30. August 2017 ‒ 7 AZR 204/16 ‒ Rn. 37 ff.; 11. Oktober 1995 - 7 AZR 119/95 - zu 3 a der Gründe). Danach hat der Arbeitgeber den Eintritt der auflösenden Bedingung darzulegen. Dazu genügt zunächst der allgemeine Vortrag, eine Beschäftigung im Bodendienst sei ausgeschlossen. Es obliegt dann dem Arbeitnehmer, konkret vorzutragen, wie er sich seine Weiterbeschäftigung vorstellt. Erst ein solches Vorbringen verpflichtet den Arbeitgeber zu erläutern, aus welchen Gründen eine derartige Weiterbeschäftigung nicht in Betracht kommt (vgl. BAG 30. August 2017 ‒ 7 AZR 204/16 ‒ Rn. 38; 11. Oktober 1995 - 7 AZR 119/95 - zu 3 a der Gründe).



bb) Unterlässt der Arbeitgeber entgegen der gesetzlichen Vorgabe aus § 167 Abs. 2 SBG IX (bis 31.12.2017: § 84 Abs. 2 SGB IX) ein betriebliches Eingliederungsmanagement, kann das zu einer Erweiterung der dem Arbeitgeber obliegenden Darlegungslast für das Fehlen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit führen (ebenso BAG 27. Juli 2011 ‒ 7 AZR 402/10 ‒ Rn. 60 für den Fall der Postbeschäftigungsunfähigkeit und BAG 30. August 2017 ‒ 7 AZR 204/16 ‒ Rn. 39 f. für den Fall des unbefristeten Erwerbsminderungsrentenbezuges als auflösende Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses; für den Fall der Flugdienstuntauglichkeit vgl. Hessisches Landesarbeitsgericht 19. Dezember 2016 - 17 Sa 530/16 -, juris, Rn. 28 ff.). Zwar ist die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 20 Abs. 1a MTV Nr. 2. Mit Hilfe des betrieblichen Eingliederungsmanagements können jedoch Beschäftigungsmöglichkeiten im Bodendienst erkannt und entwickelt werden. § 167 Abs. 2 SBG IX (bis 31.12.2017: § 84 Abs. 2 SGB IX) soll die Voraussetzungen für den Erhalt des Arbeitsverhältnisses schaffen. Bei dem betrieblichen Eingliederungsmanagement geht es mithin nicht nur um die Vermeidung einer Kündigung, sondern weitergehend um das Ermöglichen aktiver Beschäftigung (vgl. Düwell, in LPK-SGB IX, 5. Aufl. 2019, § 167 Rn. 32). Adressiert sind damit gerade auch Fälle der mit einer längeren Arbeitsunfähigkeit einhergehenden Fluguntauglichkeit, in denen das Arbeitsverhältnis erhalten bleiben kann, wenn eine Beschäftigungsalternative im Bodendienst gefunden wird.



(1) Für den Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1a MTV Nr. 2 gilt danach Folgendes: Wurde entgegen § 167 Abs. 2 SBG IX (bis 31.12.2017: § 84 Abs. 2 SGB IX) ein betriebliches Eingliederungsmanagement nicht durchgeführt und deshalb keine Suche nach anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeiten unternommen, die den zur Flugdienstuntauglichkeit führenden gesundheitlichen Einschränkungen des Arbeitnehmers gerecht werden, kann sich der Arbeitgeber im Rahmen der Darlegung fehlender Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten nicht auf den Vortrag beschränken, er kenne keine alternativen Einsatzmöglichkeiten für den fluguntauglichen Arbeitnehmer im Bodendienst. Er hat vielmehr von sich aus denkbare oder vom Arbeitnehmer genannte Alternativen zu würdigen und im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen die Beschäftigung auf einem Bodenarbeitsplatz ausscheidet. Erst nach einem solchen Vortrag ist es Sache des Arbeitnehmers, sich hierauf substantiiert einzulassen und konkret darzulegen, wie er sich selbst eine Weiterbeschäftigung im Bodendienst vorstellt. Nur wenn auch die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keine positiven Ergebnisse hätte zeitigen können, ist sein Fehlen unschädlich. Will sich der Arbeitgeber hierauf berufen, hat er die objektive Nutzlosigkeit des betrieblichen Eingliederungsmanagements darzulegen und ggf. zu beweisen. Dazu muss er umfassend und detailliert vortragen, warum der Arbeitnehmer nicht bei geänderter Tätigkeit auf einem Bodenarbeitsplatz hätte eingesetzt werden können, warum also ein betriebliches Eingliederungsmanagement in keinem Fall zum Erhalt des Arbeitsverhältnisses hätte beitragen können (vgl. BAG 30. August 2017 ‒ 7 AZR 204/16 ‒ Rn. 39 f.; 27. Juli 2011 ‒ 7 AZR 402/10 ‒ Rn. 60; Hessisches Landesarbeitsgericht 19. Dezember 2016 - 17 Sa 530/16 -, juris, Rn. 35 f.).



(2) Hat der Arbeitgeber ein bEM deshalb nicht durchgeführt, weil der Arbeitnehmer nicht eingewilligt hat, kommt es darauf an, ob der Arbeitgeber ihn zuvor gemäß § 167 Abs. 2 Satz 3 SGB IX (bis 31.12.2017: § 84 Abs. 2 Satz 3 SGB IX) auf die Ziele des bEM sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hingewiesen hat. Stimmt der Arbeitnehmer trotz ordnungsgemäßer Aufklärung nicht zu, hat das Unterlassen eines bEM keine Auswirkungen auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Bedingungskontrollverfahren (vgl. BAG 24. März 2011 ‒ 2 AZR 170/10 ‒ Rn. 23; Hessisches Landesarbeitsgericht 19. Dezember 2016 - 17 Sa 530/16 -, juris, Rn. 34).



cc) Nach diesen Grundsätzen trifft die Beklagte vorliegend eine gesteigerte Darlegungslast hinsichtlich der fehlenden Möglichkeit, die Klägerin auf einem Bodenarbeitsplatz weiter zu beschäftigen. Die Beklagte hat anders als erforderlich kein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt.



(1) Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements war vorliegend nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX erforderlich, weil die Klägerin innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen arbeitsunfähig war. Das Erfordernis eines bEM nach § 84 Abs. 2 SGB IX besteht für alle Arbeitnehmer, nicht nur für Menschen mit Behinderung (BAG 24. März 2011 ‒ 2 AZR 170/10 ‒ Rn. 19; 12. Juli 2007 ‒ 2 AZR 716/06 ‒ Rn. 35).



(2) Ein betriebliches Eingliederungsmanagement wurde nicht durchgeführt. Es kann daher dahinstehen, ob ein nach § 167 Abs. 2 SBG IX (bis 31.12.2017: § 84 Abs. 2 SGB IX) durchzuführendes bEM im Fall der auflösenden Bedingung nach § 20 Abs. 1a MTV Nr. 2 noch vor der Unterrichtung des betroffenen Arbeitnehmers vom Zeitpunkt des Bedingungseintritts nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG erfolgen muss, oder ob der Arbeitgeber bis zum Eintritt der auflösenden Bedingung Gelegenheit hat, mittels eines bEM nach anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeiten im Bodendienst zu suchen.



(3) Die fehlende Durchführung eines bEM war auch nicht unschädlich, sondern hat sich auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im vorliegenden Bedingungskontrollverfahren ausgewirkt.



(a) Das fehlende bEM ist zunächst nicht deshalb unschädlich, weil es unter keinen Umständen ein positives Ergebnis hätte erbringen können. Die Beklagte beruft sich weder auf die objektive Nutzlosigkeit eines betrieblichen Eingliederungsmanagements noch hat sie diese im Einzelnen aufgezeigt. Dazu hätte sie umfassend und konkret vortragen müssen, warum ein Einsatz der Klägerin auf einem Bodenarbeitsplatz bei geänderter Tätigkeit keinesfalls hätte erfolgen können (vgl. BAG 24. März 2011 ‒ 2 AZR 170/10 ‒ Rn. 25; 30. September 2010 ‒ 2 AZR 88/09 ‒ Rn. 36). Daran fehlt es.



(b) Das fehlende bEM ist auch nicht deshalb unschädlich, weil die Klägerin seiner Durchführung nicht zugestimmt hat. Die Klägerin hat weder eine den Vorgaben des § 84 Abs. 2 Satz 3 SGB IX genügende Einladung zu einem bEM erhalten noch hat sie sich ablehnend zur Durchführung eines solchen geäußert. Dies lässt sich insbesondere nicht aus der zunächst unterbliebenen Rücksendung des Formblattes zur Bekundung ihres Interesses an einem Bodenarbeitsplatz ableiten, da weder das Unterrichtungsschreiben vom 7. Juli 2017 noch die begleitend übersandten Informationen überhaupt die Durchführung eines bEM thematisieren.



(c) Das fehlende bEM ist schließlich nicht deshalb unschädlich, weil die Klägerin nicht innerhalb der Auslauffrist auf die Anfrage der Beklagte mit Schreiben vom 7. Juli 2017 reagiert und sich nicht zu ihrem Interesse an einer Beschäftigung im Bodendienst mittels des übersandten Formblattes geäußert hat.



(aa) Die Unschädlichkeit des fehlenden bEM ergibt sich insoweit zunächst nicht daraus, dass die Klägerin durch dieses Verhalten eine Beschäftigung im Bodendienst abgelehnt hat und die Beklagte ein bEM, das vorliegend allein der Identifizierung eines geeigneten Bodenarbeitsplatzes gedient hätte, für entbehrlich halten durfte.



(aaa) Die Klägerin hat eine Beschäftigung im Bodendienst nicht abgelehnt.



Die Klägerin hat auf die Anfrage der Beklagten nicht reagiert, also geschwiegen. Schweigen ist grundsätzlich jedoch keine Willenserklärung und kann auch nicht als solche gedeutet werden oder Erklärungswirkung entfalten (BAG 18. März 2009 ‒ 10 AZR 281/08 ‒ Rn. 14).



Die Parteien haben auch nicht wirksam vereinbart, dass ein Schweigen der Klägerin als Ablehnung einer Weiterbeschäftigung im Bodendienst gelten soll. Entgegen ihrer Ansicht kann die Beklagte sich insoweit nicht auf eine vereinbarte Erklärungsfiktion („Ablehnungsfiktion“) berufen. Die Beklagte hat die Klägerin mit Schreiben vom 7. Juli 2017 zwar darum gebeten, bis zum 4. August 2017 mitzuteilen, ob sie an einer Tätigkeit im Bodendienst interessiert ist, und darauf hingewiesen, dass sie für den Fall einer nicht fristgemäßen Antwort davon ausgehe, dass die Klägerin nicht an einer Weiterbeschäftigung auf einem Bodenarbeitsplatz interessiert sei. Selbst wenn man dies inhaltlich als Vereinbarung einer Erklärungsfiktion wertet, ist diese gleichwohl nicht wirksam. Denn es handelt es sich um eine von der Beklagten vorformulierte und der Klägerin als Arbeitnehmerin und damit Verbraucherin (zur Einordnung der Arbeitsverträge als Verbraucherverträge iSv. § 310 Abs. 3 BGB vgl. BAG 24. Februar 2016 ‒ 7 AZR 253/14 - Rn. 25; 7. Oktober 2015 ‒ 7 AZR 945/13 - Rn. 34) einseitig gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1, § 310 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2 BGB, die einer Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 5 BGB nicht standhält. Denn entgegen § 308 Nr. 5 b BGB wurde die Klägerin mit Beginn der gesetzten Erklärungsfrist nicht auf die besondere Bedeutung ihres Verhaltens hingewiesen, insbesondere nicht hinsichtlich eines damit einhergehenden Unterbleibens eines an sich gesetzlich gebotenen betrieblichen Eingliederungsmanagements.



(bbb) Ausgehend davon war während der Auslauffrist unklar, ob die Klägerin an einem Bodenarbeitsplatz interessiert ist oder nicht. Die Beklagte durfte deshalb nicht von der Entbehrlichkeit eines bEM ausgehen, sondern musste ihrer Initiativlast folgend (vgl. dazu BAG 24. März 2011 ‒ 2 AZR 170/10 ‒ Rn. 23; 10. Dezember 2009 - 2 AZR 198/09 - Rn. 18) ein betriebliches Eingliederungsmanagement nach den gesetzlichen Vorgaben des § 84 Abs. 2 SGB IX einleiten und damit zugleich das Interesse der Klägerin an einer Beschäftigung im Bodendienst verlässlich klären.



Ob dies auch dann gilt, wenn ein dauerhaft fluguntauglicher Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigung auf einem Bodenarbeitspatz unmissverständlich abgelehnt hat, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.



(bb) Die Unschädlichkeit des fehlenden bEM ergibt sich weiterhin nicht daraus, dass die Klägerin nicht innerhalb der Auslauffrist ihre Zustimmung zur Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses im Bodendienst erteilt hat und die Beklagte deshalb nicht verpflichtet war, die Suche nach einem freien und geeigneten Bodenarbeitsplatz einzuleiten (vgl. dazu LAG Köln 28. Mai 2018 ‒ 2 Sa 704/17 -, juris, Rn. 54 ff.).



(aaa) Die fehlende Möglichkeit, einen dauerhaft fluguntauglichen Arbeitnehmer im Bodendienst zu beschäftigen, ist Teil des Sachgrundes der in § 20 Abs. 1a MTV Nr. 2 vereinbarten auflösenden Bedingung. Der Grund hierfür liegt nicht in der Anwendung kündigungsrechtlicher Maßstäbe auf die gerichtliche Kontrolle von auflösenden Bedingungen, sondern in dem Umstand, dass ein Arbeitsverhältnis nicht fortgeführt werden soll, falls der Arbeitnehmer wegen der Fluguntauglichkeit nicht beschäftigt werden kann. Existiert hingegen ein freier Arbeitsplatz, auf dem der Arbeitnehmer beschäftigt werden kann, fehlt der Sachgrund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl. Schlachter, in: Laux/Schlachter, TzBfG, 2. Aufl. 2011, § 21 Rn. 27). Beruft der Arbeitgeber sich auf den Eintritt der auflösenden Bedingung nach § 20 Abs. 1a MTV Nr. 2, hat er daher auch die fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den fluguntauglichen Arbeitnehmer als Teil des Sachgrundes für die geltend gemachte auflösende Bedingung zu prüfen. Eine vorgeschaltete Mitwirkungspflicht des Arbeitnehmers besteht insoweit nicht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber gesetzlich zur Durchführung eines bEM verpflichtet ist. Die Zuweisung eines Bodenarbeitsplatzes kann zwar auch dann nicht im Wege des Direktionsrechts erfolgen, sondern bedarf einer Änderung des Arbeitsvertrages und damit der Mitwirkung des Arbeitnehmers. § 167 Abs. 2 SGB IX (bis 31.12.2017: § 84 Abs. 2 SGB IX) macht jedoch deutlich, dass dem Arbeitgeber die Suche nach einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Bodendienst auch dann zumutbar ist, wenn keine vorherige Zustimmung des Arbeitnehmers zu einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Bodendienst vorliegt und deshalb zunächst unklar ist, ob der Arbeitnehmer einen identifizierten Bodenarbeitsplatz annehmen wird. Dafür spricht nicht nur die dem Arbeitgeber obliegende Initiativlast zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements. Darüber hinaus ist entscheidend, dass das bEM nach § 167 Abs. 2 SGB IX (bis 31.12.2017: § 84 Abs. 2 SGB IX) nicht nur auf den Erhalt des Arbeitsplatzes durch kraft Direktionsrechtes umsetzbare Maßnahmen abzielt, sondern weitergehend auf den Erhalt aktiver Beschäftigung, die den Arbeitgeber in den Grenzen der Zumutbarkeit und der Rücksichtnahme gegenüber anderen Beschäftigten auch zu einer Vertragsänderung verpflichten kann (vgl. dazu SRS/vom Stein, Gesundheitsmanagement im Arbeitsverhältnis, 1. Aufl. 2015, Kapitel 5 § 4 Rn. 54 f., 56 ff. mwN.).



(bbb) Ausgehend davon war die Beklagte vorliegend verpflichtet, die Suche nach einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin im Bodendienst einzuleiten, obwohl insoweit keine positive Interessensbekundung der Klägerin vorlag. Dies schließt die Durchführung eine bEM mit ein.



dd) Die fehlende Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements erweist sich mithin als schädlich und geht mit der Obliegenheit der Beklagten einher, im Rahmen einer erweiterten Darlegungslast aufzuzeigen, dass keine Möglichkeit bestand, die Klägerin auf einem freien Bodenarbeitsplatz weiter zu beschäftigen. Da die Beklagte dem nicht nachgekommen ist, kann ein Bedingungseintritt nach § 20 Abs. 1a MTV Nr. 2 nicht festgestellt werden.



III. Auch das weitere Vorbringen der Beklagten, auf das in diesem Urteil nicht besonders eingegangen wird, weil die Entscheidungsgründe gemäß § 313 Abs. 3 ZPO eine kurze Zusammenfassung der tragenden Erwägungen enthalten sollen, führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung der Begründetheit ihrer Berufung.



B.



Die Anschlussberufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.



I. Die Anschlussberufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht binnen der wirksam verlängerten Berufungsbeantwortungsfrist eingelegt und begründet worden, § 64 Abs. 6, § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG, § 524 Abs. 1 Satz 2 Abs. 3 Satz 1 ZPO.



Der Antrag auf Verlängerung der Berufungsbeantwortungsfrist erfolgte rechtzeitig und formwirksam. Der entsprechende Schriftsatz wurde im Original handschriftlich von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin unterzeichnet und dann auf elektronischem Wege als PDF-Datei an das Landesarbeitsgericht übermittelt und dort noch vor Ablauf der Berufungsbeantwortungsfrist ausgedruckt und zur Akte genommen (vgl. Bl. 194 f. d.A. sowie die Sitzungsniederschrift vom 13. Dezember 2018, Bl. 327 d.A.). Damit genügt er der Schriftform nach § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 130 Nr. 6 ZPO und erfolgte rechtzeitig (vgl. dazu BGH 18. März 2015 ‒ XII ZB 424/14 ‒ Rn. 10; 15. Juli 2008 ‒ X ZB 8/08 ‒ Rn. 13; BAG 11. Juli 2013 ‒ 2 AZB 6/13 ‒ Rn. 12).



II. Die Anschlussberufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die weiteren Feststellungsanträge mit zutreffender Begründung als unzulässig abgewiesen. Bei den benannten Schreiben handelt es sich um die Unterrichtung der Klägerin über den Zeitpunkt des Bedingungseintritts nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG und die entsprechende Benachrichtigung der Krankenkasse. Da es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass sich die Beklagte einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eines dieser Schreiben berühmt, mangelt es am erforderlichen Feststellungsinteresse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Gleiches gilt für den allgemeinen, auf die Feststellung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses gerichteten Feststellungsantrag. Da die Beklagte sich auf keine weiteren Beendigungstatbestände beruft und keine dahingehende konkrete Gefahr dargelegt ist, mangelt es auch insoweit am erforderlichen Feststellungsinteresse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO.



C.



Die mündliche Verhandlung war in Anbetracht der nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze der Parteien nicht wiederzueröffnen. Diese enthalten keine neuen Angriffs- oder Verteidigungsmittel und kein neues Tatsachenvorbringen der Parteien und gehen nicht in entscheidungserheblicher Weise über den Inhalt der mündlichen Verhandlung hinaus.



D.



Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.



E.



Die Zulassung der Revision für die Beklagte beruht einerseits auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Die Frage, ob und wieweit die für Fälle der krankheitsbedingten Kündigung entwickelten Grundsätze der erweiterten Darlegungs- und Beweislast bei Unterlassen eines gesetzlich gebotenen bEM auf Fälle der auflösenden Bedingung iSv. § 21 TzBfG übertragbar sind, ist von grundsätzlicher Bedeutung. Gegen die für den Bereich der Fluguntauglichkeit insoweit maßgebende Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. Dezember 2016 ‒ 17 Sa 530/16 ‒ wurde Revision eingelegt; das Verfahren ist unter Az. 7 AZR 292/17 noch anhängig. Andererseits beruht die Zulassung der Revision für die Beklagte auf § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG und der Divergenz zur Entscheidung des LAG Köln vom 28. Mai 2018 ‒ 2 Sa 704/17 -, gegen die unter dem Az. 7 AZR 350/18 ‒ Revision eingelegt wurde. Die Revision für die Klägerin ist nicht zuzulassen. Insoweit liegt kein Zulassungsgrund nach § 72 Abs. 2 ArbGG vor.

Rechtsmittelinstanz: BAG - 7 AZR 83/19

Vorschriften§ 117 Abs. 2 BetrVG, § 20 MTV, § 84 Abs. 2 SGB IX, § 20 Abs. 1a MTV, §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG, § 22 Abs. 2 MTV, § 8 Abs. 2, § 64 Abs. 2c ArbGG, § 66 Abs. 1, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 519, § 520 Abs. 1, Abs. 3 ZPO, 17 Satz 1 TzBfG, 17 Satz 2 TzBfG, § 7 KSchG, § 21 TzBfG, § 17 Satz 1 TzBfG, § 15 Abs. 2 TzBfG, 17 Satz 1, Satz 3 TzBfG, § 167 Abs. 2 SBG, § 167 Abs. 2 Satz 3 SGB IX, § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, § 84 Abs. 2 Satz 3 SGB IX, § 305 Abs. 1 Satz 1, § 310 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2 BGB, § 308 Nr. 5 BGB, § 308 Nr. 5 b BGB, § 167 Abs. 2 SGB IX, § 313 Abs. 3 ZPO, § 64 Abs. 6, § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG, § 524 Abs. 1 Satz 2 Abs. 3 Satz 1 ZPO, § 130 Nr. 6 ZPO, § 256 Abs. 1 ZPO, § 92 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG, § 72 Abs. 2 ArbGG

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