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04.02.2020 · IWW-Abrufnummer 213943

Oberlandesgericht Oldenburg: Urteil vom 11.09.2019 – 3 U 24/18

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


OBERLANDESGERICHT  OLDENBURG

Im Namen des Volkes

Urteil

3 U 24/18
10 O 749/17 Landgericht Osnabrück  

Verkündet am 11.09.2019

In dem Rechtsstreit

xxx

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht …, den Richter am Oberlandesgericht … und die Richterin am Oberlandesgericht … auf die mündliche Verhandlung vom 28.08.2019 für Recht erkannt:

1.    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 10. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 24.05.2018 geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

2.    Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Klägerin.

3.    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.    Der Streitwert beträgt bis zu 19.000 Euro.



Gründe:

I.

Die Beklagten wenden sich mit ihrer Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 24.05.2018, durch das festgestellt worden ist, dass die Klägerin Miterbin zu 1/6 am Nachlass der am TT.MM.2016 verstorbenen DD (Erblasserin) geworden ist.

1.
Die verwitwete Erblasserin hatte sieben eheliche Kinder, darunter die Klägerin und die Beklagte zu 1. Ein Kind verstarb im Säuglingsalter. Der Beklagte zu 2. ist der Sohn der Beklagten zu 1.

Die Erblasserin verfasste 1973 zusammen mit ihrem am TT.MM.2001 verstorbenen Ehemann ein notarielles, gemeinschaftliches Testament. Die Eheleute setzten sich gegenseitig zu alleinigen Erben ein, mit der Maßgabe, dass der Überlebende über das Nachlassvermögen des Erstversterbenden frei verfügen können sollte. Weiter heißt es in dem Testament:

„2. Zu Erben des Überlebenden von uns berufen wir unsere gemeinschaftlichen Abkömmlinge zu gleichen Anteilen. 3. Der Überlebende erhält jedoch das Recht, die Erbfolge unter den gemeinschaftlichen Abkömmlingen abändern und anderweitig bestimmen zu können.“

Es existiert ein weiteres, mit dem Namen der Erblasserin unterschriebenes, handschriftliches Testament, datiert 20.12.2001. Hier heißt es: „Erbe ist auf meinen Wunsch AA und BB je zur Hälfte. Sie müssen den Geschwistern den Pflichtteil auszahlen.“

2.
Die Klägerin beantragte im Verfahren 67 VI 988/16 (Amtsgericht Osnabrück) einen Erbschein, nach dem die Erblasserin von ihren sechs Kindern zu je 1/6 beerbt worden ist. Die Beklagte zu 1) beantragte den Erlass eines Erbscheins, der die Beklagten zu je ½ als Erben ausweist. Die Klägerin vertrat die Auffassung, das Testament aus dem Jahr 2001 sei unwirksam. Denn es stehe im Widerspruch zu dem bindenden gemeinschaftlichen Testament, nach dem der überlebende Ehegatte nur zugunsten von gemeinschaftlichen Abkömmlingen ‒ hiermit seien nur die gemeinsamen Kinder gemeint ‒ verfügen dürfe. Das Testament sei im Übrigen auch nicht selbst geschrieben worden. Nur die Unterschrift stamme von der Erblasserin.

Das Nachlassgericht entschied im Sinne der Klägerin und begründete dies damit, dass das Wort „Abkömmlinge“ in dem gemeinschaftlichen Testament als „Kinder“ auszulegen sei. Denn es sei zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung noch gar nicht klar gewesen, ob und gegebenenfalls wie viele Nachkommen die Kinder später einmal haben würden. Auch die Ausgestaltung als Berliner Testament spreche für diese Auslegung.

Die Beklagte zu 1. legte gegen diesen Beschluss Beschwerde ein. Sie argumentierte, der Begriff „Abkömmlinge“ in dem gemeinschaftlichen Testament der Ehegatten aus dem Jahre 1973 sei so auszulegen, dass hiermit nicht nur die Kinder der Ehegatten, sondern sämtliche Abkömmlinge, also auch Enkelkinder gemeint gewesen seien.

Die Klägerin und drei weitere Geschwister vertraten weiterhin die Auffassung, das privatschriftliche Testament der Erblasserin aus dem Jahre 2001 sei unwirksam. Die Erblasserin sei aufgrund des gemeinschaftlichen Testaments aus dem Jahre 1973 nicht zu einer Abänderung zu Gunsten der Beklagten befugt gewesen. Eine Abänderung sei allenfalls zu Gunsten gemeinsamer Kinder - nicht aber Enkel - möglich gewesen. Darüber hinaus sei das Testament aus dem Jahre 2001 von der Erblasserin nicht handschriftlich verfasst worden.

Der Senat änderte den Beschluss des Nachlassgerichts und erachtete die Tatsachen für festgestellt, nach denen die Beklagten Erben zu je ½ geworden sind. In dem Senatsbeschluss heißt es:

„Der Begriff „Abkömmlinge“ in dem gemeinschaftlichen Testament aus dem Jahre 1973 ist so auszulegen, dass hiermit alle Abkömmlinge und nicht nur Kinder gemeint sind. Hierfür spricht bereits der Wortlaut, der eine Einschränkung nicht vornimmt. Sofern eine Einschränkung auf Kinder und damit eine untechnische Nutzung des Wortes „Abkömmlinge“ beabsichtigt gewesen wäre, hätte es nahegelegen, diese Einschränkung in das Testament aufzunehmen und eine übliche Formulierung zu wählen, wie etwa „unsere gemeinsamen Abkömmlinge oder deren Abkömmlinge“ oder „unsere gemeinsamen Abkömmlinge nach Stämmen“ oder „unsere gemeinsamen Abkömmlinge nach der gesetzlichen Erbfolge“. Dies ist vorliegend nicht geschehen, so dass davon auszugehen ist, dass das Wort „Abkömmlinge“ keiner Einschränkung unterliegen sollte. Die Tatsache, dass das Testament vor einem Notar abgeschlossen wurde, streitet ebenfalls dafür, das Wort „Abkömmlinge“ im rechtlichen Sinne zu verstehen. Für diese Auslegung spricht auch, dass die Kinder der Erblasser zum Zeitpunkt der Testamentsabfassung auch sämtlich bereits geboren waren. Das jüngste Kind war bereits neun Jahre alt. Vor diesem Hintergrund hätte es nahegelegen, die Kinder, wenn denn nur diese erben sollten, namentlich zu benennen. Letztlich spricht auch die Tatsache, dass sich die Erblasserin offenbar für befugt hielt, die Beteiligten zu 2. und 7. zu ihren Erben einzusetzen dafür, dass die Eheleute das Wort „Abkömmlinge“ nicht auf die Kinder beschränken wollten. Anderenfalls wäre zu erwarten gewesen, dass die Erblasserin sich auf eine Einsetzung der Beteiligten zu 2. als Alleinerbin beschränkt hätte, denn sie wollte offenbar die Beteiligten zu 1. und 3. bis 6. nicht mehr als Erben belassen.

Das Testament ist auch gültig. Der Vortrag der Beteiligten zu 1., nur die Unterschrift stamme von der Erblasserin, nicht aber der Text des Testaments aus dem Jahre 2001 (s. Antrag der Beteiligten zu 1. vom 16.06.2016) verfängt nicht.

Ein Gutachten ist nicht einzuholen. Gem. § 442 ZPO, der auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit anwendbar ist (Keidel, FamFG 18. Aufl. 2014, § 29 Rn. 54 m. w. N.), ist das Ergebnis einer Schriftvergleichung in Wiederholung und Ausgestaltung des § 286 Abs. 1 ZPO nach freier Überzeugung durch das urteilende Gericht zu bestimmen. Dieses hat dabei selbst zu beurteilen, ob es die für den Schriftvergleich erforderliche Sachkunde hat oder sich eines Sachverständigen bedienen möchte (BeckOK ZPO/Krafka ZPO § 442 Rn. 1, beck-online, Stand 01.12.2016). Der Schriftvergleich ist zunächst primär Aufgabe des erkennenden Gerichts (Musielak, ZPO, 13. Aufl. 2016, § 442, Rn. 1). Vorliegend hat der Senat keine Zweifel, dass Text und Unterschrift von der Erblasserin stammen. Das Schriftbild ist einheitlich. Charakteristische Einzelheiten, wie etwa der Oberstrich des Großbuchstaben „T“ oder der gleichartige Aufstrich des großen „L“ und des großen „G“, aber auch wie das große „P“ im Text und in der Unterschrift unter dem Testament von 1973 lassen keine vernünftigen Zweifel offen.

Der Vortrag der Beteiligten zu 1., 3., 5. und 6. aus der Beschwerdeerwiderung vom 13.01.2017, bei dem Testament aus dem Jahr 2001 stamme weder der Text noch die Unterschrift von der Erblasserin, verfängt ebenfalls nicht. Zum einen setzen sich die Beteiligten insoweit in Widerspruch zu dem Vorbringen der Beteiligten zu 1. in ihrem Antrag vom 16.06.2016 vor dem Amtsgericht Osnabrück, in dem die Beteiligte zu 1. behauptet hat, die Unterschrift stamme von der Erblasserin, nicht jedoch der Text des Testaments. Zum anderen zeigt aber auch der Unterschriftenvergleich zwischen dem Testament von 1973 und dem Testament von 2001 unzweideutig denselben Urheber der Unterschriften. Vor diesem Hintergrund bestehen für den Senat keine Zweifel an der Urheberschaft der Erblasserin an der Unterschrift und dem Testamentstext.

Vor diesem Hintergrund kommt es auch nicht darauf an, ob die Erblasserin zu Lebzeiten gegenüber der Zeugin EE angegeben hat, „dass ein weiteres Testament nicht bestehen würde“. Denn es ist durchaus vorstellbar, dass die Erblasserin dies wahrheitswidrig behauptet hat, um weiteren Nachfragen zu entgehen. Das Schriftbild ist für den Senat so eindeutig, dass eine solche Behauptung der Erblasserin nicht geeignet wären, Zweifel an ihrer Urheberschaft zu begründen. Dies gilt umso mehr, als auch die Beteiligte zu 4. angegeben hat, Kenntnis von dem Testament von 2001 zu haben, das dem Willen der Erblasserin entsprochen habe.“

3.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass sie zu 1/6 Erbin geworden ist. Sie hat im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem Nachlassverfahren wiederholt. Sie hat vorgetragen, weder der Text noch die Unterschrift des Testaments von 2001 stammten von der Erblasserin.

Die Beklagten haben Klageabweisung begehrt und ebenfalls im Wesentlichen wie im Nachlassverfahren argumentiert. Sie haben die Behauptung der Klägerin, weder Text noch Unterschrift des Testaments von 2001 stammten von der Erblasserin für eine unbeachtliche Behauptung „ins Blaue hinein“ gehalten.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Klägerin sei aufgrund des Testaments von 1973 Erbin zu 1/6 geworden. Das Testament von 2001 sei aufgrund der Bindungswirkung des Testaments von 1973 unwirksam. Das Wort „Abkömmlinge“ im Testament von 1973 sei nicht im Rechtssinne, sondern als „Kinder“ auszulegen. Hierfür spreche, dass bei Abfassung des Testaments noch nicht festgestanden habe, welche und wie viele Abkömmlinge es später einmal geben werde. Auch die Tatsache, dass das Testament von 1973 als Berliner Testament ausgestaltet sei, stütze diese Auslegung. Auch der Ausdruck „gemeinschaftliche“ spreche dafür, dass nur die gemeinschaftlichen Kinder, nicht aber gemeinschaftliche Enkelkinder gemeint gewesen seien.

4.
Gegen diese Entscheidung wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholen und vertiefen. Sie schließen sich im Übrigen den Ausführungen des Senats im Nachlassverfahren an. Hilfsweise machen sie geltend, dass jedenfalls die Erbeinsetzung der Beklagten zu 1. wirksam wäre, so dass der Anspruch der Klägerin in dem geltend gemachten Umfang nicht bestehe.

Sie beantragen,

das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 24.05.2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, die Unterschrift unter dem Testament könne doch von ihrer Mutter stammen.

Der Senat hat ein Sachverständigengutachten eingeholt. Die Sachverständige kommt in ihrem Gutachten vom 06.05.2019 zu dem Ergebnis, dass der Text des Testaments mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Erblasserin geschrieben worden ist.

Die Klägerin zweifelt das Ergebnis des Sachverständigengutachtens an und legt ein weiteres Dokument vor, von dem sie behauptet, es trage die Handschrift der Erblasserin (Schreiben Amtsgericht Bunde vom 29.03.1979).

Der Senat hat die Sachverständige im Termin angehört.  

II.

Die zulässige Berufung ist auch begründet.

Die Klägerin ist nicht Erbin zu 1/6 geworden.

Sie ist durch das Testament der Erblasserin aus dem Jahr 2001 enterbt worden.

1.
Das Testament ist wirksam. Die Authentizität der Unterschrift hat auch die Klägerin zuletzt nicht mehr bestritten. Nach dem Sachverständigengutachten ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ‒ also mit einer Wahrscheinlichkeit, die mit 95% bewertet werden kann, - davon auszugehen, dass die Erblasserin auch den Text des Testaments selbst geschrieben hat. Für den Senat steht damit mit einer Sicherheit, die vernünftigen Zweifeln Einhalt gebietet fest, dass das Testament von der Erblasserin selbst geschrieben wurde.

Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen. Konkrete Anhaltspunkte, dass die Wertungen des Gutachtens unzutreffend seien, werden von den Beteiligten nicht geltend gemacht. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Sachverständige ausgeführt, dass der von ihr festgestellte Grad der Wahrscheinlichkeit („mit hoher Wahrscheinlichkeit“) einer Wahrscheinlichkeit von 95% gleichkomme. Sie sei nur deswegen nicht zu einem noch eindeutigeren Ergebnis gekommen, weil sie verhältnismäßig wenig Vergleichsmaterial zur Verfügung gehabt habe. Für einzelne Buchstaben habe sie keinerlei Vergleichsmöglichkeit gehabt. Das vorgelegte Material sei aber in sich homogen gewesen und habe die Schreibweise der Erblasserin gut abgebildet. Die Befunde sprächen eindeutig für die Echtheit. Zweifel hätten sich nicht ergeben. Insofern sei auch die Menge des Vergleichsmaterials ausreichend, um ihr Ergebnis zu stützen. Der handschriftliche Vermerk auf dem von der Klägerin vorgelegten Schriftstück des Amtsgerichts Bunde vom 29.03.1979 passe in keiner Weise zu dem übrigen vorgelegten Material und sei nicht von der Erblasserin verfasst worden. Die Schriften stammten offenbar nicht aus derselben Hand.
 
2.
Das Testament ist auch im Übrigen wirksam. Die Erblasserin war durch das gemeinschaftliche Ehegattentestament nicht gehindert, die Beklagten zu ihren Erben einzusetzen. Der Senat nimmt auf seinen Beschluss im Verfahren 3 W 8/17 Bezug.

Für eine Auslegung des Wortes „Abkömmlinge“ im Testament von 1973 im Sinne des BGB (§ 1924 BGB) spricht ganz entscheidend, dass die Erblasserin, die das Testament von 1973 mit verfasst hat, bei Abfassung des Testaments von 2001 offenbar ohne weiteres davon ausging, auch ihren Enkel zum Erben berufen zu können.

Es ist im Übrigen auch plausibel, dass Menschen für den Fall ihres Ablebens auch ihre Enkel direkt bedenken wollen. Denn häufig sind beim Versterben der Großeltern die Enkel gerade in einem Alter, in dem sie sich ein eigenes Lebensumfeld schaffen und finanzielle Unterstützung nötig haben, während die Kinder der Erblasser bereits eine gesicherte Lebensstellung haben und daher nicht auf das vollständige Erbe „nach Stämmen“ angewiesen sein. Es ist dann auch weiter plausibel, dass die Erblasser eine gleichmäßige Verteilung zwischen allen Abkömmlingen für gerecht halten und nicht eine Verteilung nach Stämmen, nach der der Umfang der Partizipation der Enkelkinder am Erbe letztlich davon abhängt, wie viele Geschwister sie haben.

Die gegenläufige Argumentation überzeugt nicht: Dass 1973 noch nicht feststand, wie viele Abkömmlinge es später einmal geben werde, spricht nicht für eine Auslegung des Wortes „Abkömmlinge“ als „Kinder“. Denn es ist durchaus vorstellbar, dass die Eheleute alle Abkömmlinge gleichbehandeln und eben nicht nach Stämmen vererben wollten. Das Testament von 1973 unterscheidet sich in eben diesem Punkt wesentlich von einem Berliner Testament, das der beurkundende Notar, wenn es denn so gewollt gewesen wäre, auch entsprechend formuliert hätte. Der Gebrauch des Wortes „Abkömmlinge“ in einem notariellen Testament spricht dafür, dass auch „Abkömmlinge“ gemeint war ‒ und eben nicht nur „Kinder“. Das Wort „gemeinschaftlich“ spricht nicht dafür, dass nur die Kinder erben sollten. Denn „gemeinschaftlich“ sind auch die Enkelkinder.

3.
Aber auch, wenn man das Wort „Abkömmlinge“ im Sinne des Landgerichts als „Kinder“ versteht, ist die Klägerin nicht Erbin zu 1/6 geworden, so dass die Klage der Abweisung unterliegt.

Denn in diesem Falle wäre das Testament nur in Bezug auf die Erbeinsetzung des Beklagten zu 2. unwirksam. Die Erbeinsetzung der Beklagten zu 1. zu ½ hätte dagegen Bestand. Denn nach § 2085 BGB hat die Unwirksamkeit einer von mehreren in einem Testament enthaltenen Verfügungen die Unwirksamkeit der übrigen Verfügungen nur zur Folge, wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser diese ohne die unwirksame Verfügung nicht getroffen hätte. Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass die Erblasserin eine solche Abhängigkeit ihrer Verfügungen untereinander beabsichtigt hätte.

Wäre die Erbeinsetzung des Beklagten zu 2. ungültig, würde das zu einer Anwachsung des Erbteils von ½ zum Erbteil der Beklagten zu 1. führen, so dass diese Alleinerbin wäre. Gemäß § 2094 BGB findet bei einer Erbeinsetzung mehrerer Personen, die die gesetzliche Erbfolge ausschließt, beim Wegfall eines Erben eine Anwachsung bei den verbliebenen Erben statt.

Streitig ist zwar, ob ein Erbe auch „wegfällt“, wenn seine Einsetzung nichtig ist. Für die Bejahung einer Anwachsung auch in diesen Fällen spricht, dass dies dem Willen des Erblassers Rechnung trägt, über den gesamten Nachlass abweichend von der gesetzlichen Erbfolge vollständig zu verfügen (vgl. Erman, BGB, 15. Aufl. § 2094 Rn. 2; BeckOK, BGB, § 2094 Rn. 2 m. w. N.: KG NJW 1956, 1523 mwN; Lange/Kuchinke ErbR § 27 VII 2; MüKoBGB/Schlichting Rn. 3; für analoge Anwendung: Kipp/Coing ErbR § 45 I 3b). Für den Erblasser macht es keinen Unterschied, ob eine Erbeinsetzung von vornherein nichtig ist oder der Erbe später wegfällt. Auch dies spricht für eine Anwachsung in diesen Fällen (MüKoBGB/Rudy BGB § 2094 Rn. 3, beck-online).

Auch im Falle des § 2096 BGB wird unstreitig davon ausgegangen wird, dass unter einem „Wegfall“ auch die von Anfang an nichtige Erbeinsetzung zu verstehen sei. Insofern wäre es systemwidrig, beide Begriffe unterschiedlich auszulegen. Zudem hat § 2089 lediglich die rechnerische Ermittlung eines bereits ursprünglich feststehenden, nur falsch berechneten Erbteils zum Gegenstand (HK-BGB/Thomas Hoeren BGB § 2094 Rn. 1-4, beck-online). Demgegenüber geht der Erblasser, dessen Erbeinsetzung hinsichtlich eines Miterben unwirksam ist, nicht von Anfang an davon aus, die übrigen Erben auf sein ganzes Vermögen einzusetzen. Daher liegt es mit KG NJW 56, 1523 näher, § 2094 bei Nichtigkeit der Erbeinsetzung entspr. anzuwenden (HK-BGB/Thomas Hoeren, 10. Aufl. 2019, BGB § 2094 Rn. 3).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

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