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04.02.2020 · IWW-Abrufnummer 213932

Oberlandesgericht Dresden: Beschluss vom 21.11.2019 – 8 U 1770/18

Zur Möglichkeit der ordentlichen Kündigung eines Prämiensparvertrages mit einer Laufzeitangabe von 1188 Monaten.


Oberlandesgericht Dresden

Beschluss vom 21.11.2019


Der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden hat in dem Verfahren 8 U 1770/18 am 21. November 2019

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Zwickau vom 25.10.2018 - 4 O 70/18 im Kostenpunkt aufgehoben, im übrigen abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt,

1.a)

dass die Prämiensparverträge Nr. xxxxxxxx75, xxxxxxxx29 und xxxxxxxx09 durch die Kündigungen der Beklagten vom 17.07.2017 nicht zum 31.10.2017 beendet worden sind,

2.b)

dass die Beklagte nicht berechtigt ist,

den Prämiensparvertrag Nr. xxxxxxxx75 ohne wichtigen Grund zu einem Zeitpunkt vor dem 31.03.2096 zu kündigen,

den Prämiensparvertrag Nr. xxxxxxxx29 ohne wichtigen Grund zu einem Zeitpunkt vor dem 21.12.2094 zu kündigen,

den Prämiensparvertrag Nr. xxxxxxxx09 ohne wichtigen Grund zu einem Zeitpunkt vor dem 10.07.2096 zu kündigen,

3.c)

dass sich die Beklagte seit dem 01.11.2017 mit der monatlichen Abbuchung der Sparbeiträge

von 127,82 € für den Prämiensparvertrag Nr. xxxxxxxx75,

von 76,69 € für den Prämiensparvertrag Nr. xxxxxxxx29,

von 255,65 € für den Prämiensparvertrag Nr. xxxxxxxx09

ab 01.11.2017 in Verzug befindet.

2. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat die Beklagte zu tragen.


3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.


4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.663,36 € festgesetzt.

Gründe

A.

Die ursprüngliche Klägerin bzw. nunmehr ihre Erbin (künftig einheitlich Klägerin, soweit nicht ausdrücklich die ursprüngliche Klägerin oder Erblasserin benannt wird) begehrt die Feststellung, dass drei in den Jahren 1994 und 1996 geschlossene Prämiensparverträge mit der Beklagten fortbestehen und die Beklagte nicht berechtigt ist, diese ohne wichtigen Grund zu einem Zeitpunkt vor 2096 bzw. 2094 zu kündigen. Alle drei Verträge sind am 14.10.2015 im Zusammenhang damit, dass die ursprüngliche Klägerin Rechtsnachfolgerin der bisherigen Sparer war, neu gefasst und auf diese umgeschrieben worden. Ursprünglich war ein Vertrag von ihr selbst abgeschlossen worden, ein weiterer von ihrem Ehemann und der dritte von ihrer Mutter. Die ersten beiden Verträge waren 1998 auf sie und ihren Ehemann gemeinsam, der dritte war 2009 auf sie und ihren Ehemann umgeschrieben worden. Auf die tatbestandlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird im Übrigen Bezug genommen. Ergänzend: In allen drei umgeschriebenen Verträgen findet sich folgende Regelung:

"3. Festlegung Prämie

3.1 [...]

3.2 Die in der Anlage zum Vertrag aufgeführte Prämienstaffel ist für die gesamte Laufzeit des Vertrages fest vereinbart.

4. Vertragsdauer

Der Vertrag wird mit einer Laufzeit von 1188 Monaten abgeschlossen.

5.

...

6. Teilverfügungen

Jede Verfügung hat die Vertragsbeendigung zur Folge

7. Beendigung des Sparvertrages

7.1 Kündigung

Es gilt eine Kündigungsfrist von 3 Monaten.

7.2 Kündigungssperrfrist

Der Sparvertrag kann jederzeit - jedoch nicht vor Ablauf von --- Monaten nach Vertragsbeginn - gekündigt werden.

7.3 Verfügung nach Kündigung

Die Kündigung bewirkt, dass der Sparer innerhalb eines Monats nach Ablauf der Kündigungsfrist über den gekündigten Betrag verfügen kann. Macht der Sparer von diesem Recht ganz oder teilweise Gebrauch, wird der Sparvertrag damit insgesamt beendet. Wird innerhalb eines Monats nach Ablauf der Kündigungsfrist über den gekündigten Betrag nicht verfügt, so wird der Vertrag zu den ursprünglichen Bedingungen fortgesetzt.

7.4 Vorzeitige Verfügung über das Sparguthaben

Wird das Sparguthaben mit Zustimmung der Sparkasse ganz oder teilweise ohne Kündigung, also vorzeitig, zurückgezahlt, so bewirkt das die Beendigung des Sparvertrages. Die Berechtigung der Sparkasse zur Berechnung eines Vorfälligkeitsentgelts oder von Vorschusszinsen bleibt unberührt.

7.5 Bei vorzeitiger Beendigung des Sparvertrags erhält der Sparer keine Prämie für das laufende Sparjahr.

7.6 Fälligkeit

Nach Laufzeitende wird das Sparguthaben als Spareinlage mit dreimonatiger Kündigungsfrist weitergeführt. Für Höhe und Anpassung des variablen Zinssatzes gilt Ziffer 3.1 der Bedingungen für den Sparverkehr.

8.Unterbrechung

Wenn der Sparer die vereinbarten laufenden Sparbeiträge nicht innerhalb der Nachholfrist von 3 Monaten erbringt, wird der Sparvertrag unterbrochen. Weitere Einzahlungen sind dann nicht mehr möglich."

Die ursprüngliche Klägerin hat vor dem Landgericht ausgeführt, die in Ziffer 4 angegebene Vertragsdauer von 1.188 Monaten habe am 14.10.2015 schon in den Verträgen gestanden, als diese ihr zur Unterschrift vorgelegt wurden.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Beklagte könne ihre Kündigungen auf Nr. 26 Abs. 1 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen stützen. Eine ausdrückliche Vereinbarung zu einem Ausschluss des Kündigungsrechts der Beklagten finde sich in den ursprünglichen Sparverträgen nicht. Aus den neu aufgestellten Vertragsurkunden für die Sparverträge ergebe sich nichts anderes. Aus der Angabe unter Ziffer 4 Vertragsdauer ergebe sich nicht die Vereinbarung einer bestimmten Laufzeit im Sinne einer Mindestlaufzeit, es handele sich vielmehr um eine Höchstfrist. Eine Laufzeit von 99 Jahren sei weder besprochen noch gewollt gewesen, es fehle eine rechtlich bindende Willenserklärung, da es an einem Geschäftswillen fehle. Die Angabe der Vertragsdauer von 1.188 Monaten sei von der Mitarbeiterin der Sparkasse nicht bemerkt worden. Die Beklagte habe damals das Vertragsmanagement auf ein neues System umgestellt; für Altverträge sei dabei eine Laufzeitbefristung von 99 Jahren vorgegeben worden. Auch die Klägerin habe bekundet, die Angabe von 1.188 Monaten erst im Nachhinein bemerkt zu haben, ihr sei es damals nur um die Umschreibung der drei Sparverträge gegangen. Da eine händische Eingabe der Laufzeit nicht erforderlich gewesen sei, habe sich der Geschäftswille der Parteien bei Umstellung der drei Sparverträge nicht auf eine Laufzeit von jeweils 99 Jahren erstreckt. Wortlaut und objektivierter Empfängerhorizont ließen keine Auslegung zu. Es handele sich bei der Formulierung einer Laufzeit von 1.188 Monaten nicht um einen eindeutigen Wortlaut. Der Vertragszweck erstrecke sich vernünftigerweise nur darauf, dass für den Zeitraum von 15 Jahren die Beklagte stillschweigend auf ihr Kündigungsrecht verzichtet habe, nicht jedoch darüber hinaus. Ein Recht zur ordentlichen Kündigung nach 15 Jahren ergebe sich aus § 488 Abs. 3 BGB. Auf die landgerichtlichen Ausführungen wird im Übrigen verwiesen.

Das Urteil ist den Klägervertretern am 01.11.2018 zugestellt worden. Die Berufung der Klägerin ist am 14.11.2018, die Berufungsbegründung am 27.11.2018 beim Oberlandesgericht eingegangen.

Die Klägerin erachtet die Annahme des Landgerichts, es handele sich bei der Laufzeit von 1.188 Monaten nur um eine Höchstfrist, für fehlerhaft. Ein derartiger Interpretationsspielraum sei nicht zu erkennen. Auch müsse § 305 BGB berücksichtigt werden. Von einem Dissens über den Inhalt der Vertragsdauerklausel könne man nur sprechen, wenn sich keine Übereinstimmung des objektiven Erklärungswertes beider Erklärungen feststellen ließe. Das sei aber gerade nicht der Fall. Es habe auch kein übereinstimmender Wille bei den Vertragspartnern zur Umdeutung der Regelung der Vertragsdauer bestanden. Für die ursprüngliche Klägerin habe keinerlei Anlass bestanden, den Vertragstext anders zu verstehen, als er objektiv erklärt worden sei. Soweit sich das Landgericht auf die EDV-mäßige Abwicklung der Verträge bezogen habe, handele es sich um rein verwaltungsinterne Angelegenheiten der Beklagten, die die Klägerin weder kennen noch werten habe können oder müssen. Wer auf Seiten der Beklagten in welcher Form für die Gestaltung der der Klägerin so vorgelegten Unterlagen zuständig gewesen sei, habe sie nicht wissen können und müssen. Der Inhalt schriftlicher vertraglicher Aussagen in Sparverträgen unter Einfluss elektronischer Datenverarbeitung könne sich nicht zum Nachteil von Kleinsparern auswirken. Die landgerichtliche Argumentation mit einem Knebelvertrag sei absurd, die Beklagte hätte sich, wenn überhaupt, selbst geknebelt. Im Übrigen habe das Landgericht auch übersehen, dass es bei Geldinvestitionen durchaus nicht unüblich sei, Vertragsbindungen auch für 99 Jahren einzugehen.

Sie beantragt,

das Urteil des Landgerichts Zwickau vom 25.10.2018 - 4 O 70/18 abzuändern und festzustellen,

1.a)

dass die Prämiensparverträge Nr. xxxxxxxx75, xxxxxxxx29 und xxxxxxxx09 durch die Kündigungen der Beklagten vom 17.07.2017 nicht zum 31.10.2017 beendet worden sind,

2.b)

dass die Beklagte nicht berechtigt ist,

den Prämiensparvertrag Nr. xxxxxxxx75 ohne wichtigen Grund zu einem Zeitpunkt vor dem 31.03.2096 zu kündigen,

den Prämiensparvertrag Nr. xxxxxxxx29 ohne wichtigen Grund zu einem Zeitpunkt vor dem 21.12.2094 zu kündigen,

den Prämiensparvertrag Nr. xxxxxxxx09 ohne wichtigen Grund zu einem Zeitpunkt vor dem 10.07.2096 zu kündigen,

hilfsweise hierzu,

dass die Beklagte verpflichtet ist, im Falle einer zulässigen(Änderungs-)Kündigung dieser Prämiensparverträge jeweils für jedes vollendete Sparjahr für geleistete monatliche Sparraten eine angemessene Prämie zusätzlich zur Verzinsung zu bezahlen,

3.c)

dass sich die Beklagte seit dem 01.11.2017 mit der monatlichen Abbuchung der Sparbeiträge

von 127,82 € für den Prämiensparvertrag, Nr. xxxxxxxx75,

von 76,69 € für den Prämiensparvertrag, Nr. xxxxxxxx29,

von 255,65 € für den Prämiensparvertrag, Nr. xxxxxxxx09

ab 01.11.2017 in Verzug befindet.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Auf die eingereichten Schriftsätze sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 26.09.2019 wird ergänzend Bezug genommen.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2019 ist am 04.10.2019 die ursprüngliche Klägerin A...... G...... gestorben. Ihr Prozessbevollmächtigter hat unter Vorlage eines handschriftlichen Testaments mit Schriftsatz vom 20.10.2019, eingegangen am 21.10.2019, mitgeteilt, sie sei durch ihre einzige Tochter beerbt worden, die das Verfahren fortführen wolle. Er hat einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens nicht gestellt; die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 21.10.2019 beantragt, das Verfahren auszusetzen.

B.

AA.

Da die ursprüngliche Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit anwaltlich vertreten war, wurde dieser nicht durch ihren Tod unterbrochen, § 246 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Einen Aussetzungsantrag hat der Klägervertreter nicht gestellt. Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 21.10.2019 beantragt hat, das Verfahren auszusetzen (§ 246 Abs. 1 Satz 2, 2. Hs. ZPO), war diesem Antrag nicht zu entsprechen, weil der Unterbrechungsgrund bereits weggefallenwar (hierzu: BGH, Beschluss vom 10.11.2016 - I ZR 101/16, juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.02.2015 - I-24 W 2/15, juris). Der Prozessbevollmächtigte der vormaligen Klägerin hat mit - ebenfalls am 21.10.2019 eingegangenem - Schriftsatz vom 20.10.2019 unter Vorlage der Ablichtung eines handschriftlichen Testaments, der Sterbeurkunde sowie einer Prozessvollmacht und einer Erklärung der Tochter der früheren Klägerin vorgetragen, dass diese das einzige Kind und Alleinerbin der ursprünglichen Klägerin sei und den Rechtsstreit aufnehme und weiterbetreibe. Dem ist die Beklagte nicht entgegengetreten. Zwar handelt es sich bei dem Testament um ein gemeinschaftliches Testament der ursprünglichen Klägerin mit ihrem Ehemann, wonach sich die Eheleute wechselseitig als Erben und die Tochter als Erbin des Zweitverstorbenen eingesetzt haben. Dass aber der Ehemann der ursprünglichen Klägerin vorverstorben ist, ergibt sich aus dem Rechtsstreit; die streitgegenständliche Neufassung der ursprünglichen Sparverträge erfolgte, da die ursprüngliche Klägerin Erbin ihres verstorbenen Ehemannes war.

Der Senat hat daher die Absicht angekündigt, das Aktivrubrum entsprechend zu berichtigen und der Beklagten hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Sie ist weder der beabsichtigten Rubrumsberichtigung entgegen getreten noch hat sie die Erbenstellung der Tochter der ursprünglichen Klägerin in Abrede gestellt. Bei dieser Sachlage ist kein anerkennenswertes rechtliches Interesse mehr an einer Aussetzung des Rechtsstreits erkennbar, da insbesondere die Frage der Rechtsnachfolge nicht im Streit steht ( vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 18.03.2013 - 3 W 18/13, juris). Der Senat hat daher das Rubrum ankündigungsgemäß berichtigt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 01.12.2003 - II ZR 161/02, Rn. 8, juris; BFH, Beschluss vom 21.07.2016 - X R 36/08, BeckRS 2016, 95631; LG Saarbrücken, Beschluss vom 30.09.2013 - 5 T 311/13, BeckRS 2014, 5872)."

BB.

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Die Kündigungen der Sparverträge durch die Beklagte sind unwirksam, weil ihr kein Kündigungsrecht zustand.

I. Die drei streitgegenständlichen Sparverträge unterliegen dem Recht der unregelmäßigen Verwahrung. Ein Kündigungsrecht gemäß § 489 BGB besteht für die Beklagte daher nicht.

1. Maßgeblich für diese Einordnung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allein das jeweils vertraglich vereinbarte Pflichtenprogramm. Es komme weder darauf an, von wem die Initiative zum Vertragsschluss ausgehe, noch darauf, welche Seite ein überwiegendes Interesse an der Überlassung des Geldes habe. Diese Kriterien ermöglichten keine klare Abgrenzung. Entscheidend sei auch nicht, inwieweit an die Überlassung des Geldes ein Renditeinteresse geknüpft sei. Die Voraussetzung für einen unregelmäßigen Verwahrungsvertrag gemäß § 700 Abs. 1 Satz 1 BGB sei die Hinterlegung vertretbarer Sachen in der Art, dass das Eigentum auf den Verwahrer übergehe und dieser verpflichtet sein solle, Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzugewähren. Insoweit sei der unregelmäßige Verwahrungsvertrag im Grundsatz einseitig verpflichtend. Der Hinterleger gehe keine Verpflichtung zur Hinterlegung ein; ihm komme es in der Regel in erster Linie auf eine sichere Aufbewahrung der überlassenen Sache und daneben auf die jederzeitige Verfügbarkeit darüber an. Eine unregelmäßige Verwahrung scheide daher aus, wenn der Sparer zur Erbringung der Spareinlage verpflichtet sei, da die Verpflichtung, einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen, gemäß § 488 Abs. 1 Satz 1 BGB die vertragstypische Pflicht des Darlehensgebers bei einem Darlehensvertrag sei (BGH, Urteil vom 14.05.2019 - XI ZR 345/18, Rn. 26, juris). In dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof für die Ablehnung der Verpflichtung des Sparers zur Zahlung der monatlichen Sparbeiträge auf den Wortlaut abgestellt; die Formulierung "Wir werden monatlich... einzahlen" enthalte eine solche Verpflichtung nicht, wobei der Bundesgerichtshof argumentativ heranzieht, dass der Sparer die Sparbeiträge nach Nr. 4 der Bedingungen für den Sparverkehr, sofern sie unter 2.000 € liegen, unmittelbar zurückverlangen könnten. Eine Verpflichtung des Sparers zur Erbringung der Sparbeiträge sei auch nicht interessengerecht. Zwar habe eine Sparkasse im Einlagengeschäft typischerweise ein Interesse daran, sich über die Einlagen ihrer Kunden zu refinanzieren. Jedoch korrespondiere damit keine Verpflichtung des Sparers zur Erbringung von Sparbeiträgen, weil er typischerweise weder von der Sparkasse klageweise auf deren Erbringung in Anspruch genommen werden wolle, noch bereit sei, wegen schuldhaft nicht oder nicht rechtzeitig erbrachter Sparbeiträge gemäß §§ 280 ff. BGB auf Schadensersatz zu haften.

2. Gemessen hieran handelt es sich bei den drei Sparverträgen um unregelmäßige Verwahrungsverträge. Auch nach der vorliegenden Vertragsgestaltung können die Sparbeiträge nicht eingeklagt werden; eine Schadensersatzhaftung bei Nichtzahlung ist nicht vorgesehen. Allerdings bleibt die Nichtzahlung der Sparbeiträge nicht völlig sanktionslos: Wird der Beitrag nicht innerhalb einer Nachholfrist von drei Monaten gezahlt, wird der Vertrag unterbrochen. Auch kann der Sparer angesichts Ziffer 6 des Vertrages seine Beiträge zwar unverzüglich wieder zurückverlangen, allerdings führt jede Teilverfügung danach zu einer Vertragsbeendigung und damit dem Verlust der Prämienzinsen. Diese Sanktionen bei Nichtzahlung, die - soweit ersichtlich - in den Sparverträgen, über die der BGH in seinem Urteil vom 14.05.2019 entschieden hat, nicht enthalten waren, führen nicht dazu, hier ein anderes Pflichtenprogramm der Vertragsparteien als maßgeblich anzunehmen. Denn eine durchsetzbare Verpflichtung des Sparers, die Einlagen zu erbringen, besteht auch hier nicht; die Vertragsgestaltung führt eher dazu, dass die regelmäßige Besparung als eine Obliegenheit des Sparers einzuordnen ist. Verletzt er diese, verliert er die durch die Vertragsgestaltung vorgesehenen Vorzüge, die der jeweilige Vertrag gegenüber einem "normalen" Sparvertrag bietet.

3. Auf eine unregelmäßige Verwahrung nach § 700 BGB finden §§ 488 Abs. 3, 489, 460 BGB keine Anwendung; das Kündigungsrecht des Verwahrers richtet sich in erster Linie nach den getroffenen Vereinbarungen und im Übrigen nach §§ 700 Abs. 1 Satz 3, § 696 BGB (BGH, Urteil vom 14.05.2019 - XI ZR 345/18, Rn. 40; Erman/Zetzsche, BGB, 15. Auflage, § 700 Rn. 4, juris; MünchKomm/Henssler, BGB, 7. Auflage, § 700 Rn. 13).

II. Die Beklagte konnte die Verträge auch nicht gemäß Nr. 26 Abs. 1 AGB Sparkassen kündigen.

1. Nach Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen kann die Sparkasse bei Vorliegen eines sachgerechten Grundes die Sparverträge kündigen, soweit weder eine Laufzeit noch eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart sind. Diese Allgemeine Geschäftsbedingung, gerichtet auf die Kündigung der gesamten Geschäftsbeziehung oder einzelner Geschäftszweige, umfasst auch die Kündigung eines einzelnen - oder hier dreier - Sparverträge (BGH, Urteil vom 14.05.2019 - XI ZR 345/18, Rn. 35, juris; Senat).

2. Vorliegend haben die Parteien jedoch eine Laufzeit von 1.188 Monaten (99 Jahren)vereinbart.

a) Bei Ziffer 4 der streitgegenständlichen Verträge einschließlich der in die Leerstelle eingesetzte Formulierung 1.188 Monate handelt es sich um eine seitens der Beklagten gestellte allgemeine Vertragsbedingung. Diese Zahl ist in dem von der Beklagten verwendeten System der Datenverarbeitung wohl für unbefristete Verträge - nach Aussage der Zeugin Ackermann für Altverträge - hinterlegt; das von der Beklagten genutzte System greift auf diese Zahl zurück und setzt sie ein, wenn Altverträge wie hier zum Zwecke der Umschreibung ausgedruckt werden. Damit ist die Klausel beklagtenseits vorformuliert, auch für die Umschreibung von Altverträgen. Das von der Beklagten verwendete Vertragsformular sieht insoweit keine Wahlmöglichkeiten vor und enthält auch nicht lediglich eine ausfüllungsbedürftige leere Stelle, die Zahl 1.188 war vielmehr bereits vom System vorausgefüllt, als die Verträge der ursprünglichen Klägerin zur Unterschrift vorgelegt wurden (vgl. BGH, Urteil vom 07.02.1996 - IV ZR 16/95, juris). Etwas anderes gilt nicht deshalb, weil augenscheinlich auch eine andere Zahl an die im Vertragsformular vorgesehene Stelle hätte eingesetzt werden können. Ob der gesamte Satz für bestimmte Verträge vorausgefüllt gedruckt wird und ihm aufgrund der Unterstreichung anzusehen ist, dass hier eine Leerstelle ausgefüllt wurde, ist letztlich eine reine interne Gestaltungsfrage; selbst dann, wenn die Klausel bei der Umschreibung von Altverträgen jeweils entsprechend handschriftlich um "1.188 Monate" ergänzt würde, handelte es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 08.07.1998 - 8 U 3612/97, juris). Der Beklagten hätte anheim gestanden, die Lücke bei der Laufzeit ebenso wie andere ausfüllungsbedürftige Lücken im vorformulierten Text mit Strichen auszufüllen, wie beispielsweise Ziffer 5 ("5.[...] Der Sparbeitrag wird jährlich um ----- % / ----- EUR des Sparbeitrages des Vorjahres erhöht. Die Erhöhung beginnt am ---- und endet am -----."). Damit wäre hinreichend deutlich geworden, dass die entsprechende Klausel für den Vertrag keine Bedeutung hat. Gerade die unterschiedliche Handhabung verstärkt den Eindruck, dass hier konkret eine Laufzeit vereinbart wird. Die Beklagte hätte auch die Möglichkeit gehabt, da der Vertrag schriftlich geschlossen wurde und damit die Papierform maßgeblich war, hier eine Streichung per Hand vorzunehmen, wenn sich die Vorausfüllung technisch nicht vermeiden ließ.

Damit diese Allgemeine Geschäftsbedingung Vertragsinhalt wird, genügt grundsätzlich, dass für den Vertragspartner die Möglichkeit bestand, von dieser Klausel Kenntnis zu nehmen (§ 305 BGB; vgl. BGH, Urteil vom 27.10.1994 - IX ZR 168/93, Rn. 15; Erman/Roloff, BGB, 15. Auflage, § 305 Rn. 26). Da die Erblasserin den Vertrag unterschrieben hat, bestand diese Möglichkeit der Kenntnisnahme; darauf, ob sie den Vertrag tatsächlich gelesen hat, kommt es nicht an.

b) Vor dem Hintergrund des klaren Wortlautes der Ziffer 4 überzeugt die landgerichtliche Auslegung der Klausel, mit ihr sei nur eine Höchstfrist, aber keine Laufzeit geregelt, nicht.

aa) Der Begriff "Laufzeit" ist eindeutig; hiermit wird die Geltungs- oder Gültigkeitsdauer eines Vertrags bezeichnet und im Bankwesen die Zeit von der Ausstellung eines Darlehens bis zu dem Tag, an dem es zurückgezahlt sein muss. Für einen Sparvertrag gilt nichts anderes, auch wenn er nicht als Darlehen, sondern Verwahrungsvertrag einzustufen ist. Die in den Verträgen getroffene Anschlussregelung, wonach nach Ablauf der Laufzeit der Vertrag ggf. als "normaler" Sparvertrag weitergeführt wird, spricht ebenfalls dafür, dass hier die Vertragslaufzeit des Prämiensparens geregelt ist, da klar mitgeteilt wird, was bei Ende dieser Laufzeit geschieht. Jede Vertragslaufzeit ist in dem Sinne Höchstfrist, dass sich eine vorzeitige Beendigung eines über eine lange Dauer geschlossenen Vertrags, z.B. aus wichtigem Grund, nicht sicher im Vorhinein ausschließen lässt. Die Annahme einer Vertragslaufzeit von 99 Jahren wird schließlich dadurch gestützt, dass allen drei Verträgen eine Prämienstaffel ab Beginn des jeweiligen Vertrags über 99 Jahre beigefügt war.

Unabhängig davon: Erachtet man die landgerichtliche Auslegung der Klausel, wonach diese lediglich eine Höchstfrist, nicht aber eine Laufzeit regelt, für möglich, führt das zu zwei möglichen Bedeutungen der Klausel, Höchstfrist oder Laufzeit. Das führte zur Anwendung von § 305c Abs. 2 BGB. Maßgeblich ist dann die für die Sparerin günstigere Möglichkeit, was hier die Laufzeitvereinbarung ist. Nichts anderes ergibt sich, wenn man darauf abstellt, die 1.188 Monate seien eine Art Platzhalter; denn auch dies ändert nichts daran, dass die Klausel als Laufzeitvereinbarung gelesen werden kann.

Die Benennung einer Laufzeit in Ziffer 4 des Vertrages korrespondiert mit der Vorgabe der Ziffer 26 AGB-Sparkassen zum Ausschluss des Kündigungsrechts im Fall der Vereinbarung einer Laufzeit.

bb) Etwas anderes ergibt sich nicht deswegen, weil die ursprüngliche Klägerin hätte erkennen müssen, dass die beklagtenseits für ihre Vertragsgestaltung vorgesehene Formulierung nicht ernst gemeint sei. Im Rahmen der Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung bleiben nur solche Möglichkeiten unberücksichtigt, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber völlig fern liegend und nicht ernstlich in Betracht zu ziehen sind (BGH, Urteile vom 30.10.2002 - IV ZR 60/01, Rn. 17, und vom 08.02.2011 - VI ZR 168/08, Rn. 22, juris). Zwar mag nicht naheliegen, dass sich die Beklagte über einen so langen Zeitraum selbst binden wollte. Berücksichtigt man jedoch, dass Sparverträge auf Dauer angelegt sind und der Beklagten die Möglichkeit einer Beendigung im Fall eines wichtigen Grundes weiterhin zusteht, lässt sich jedoch nicht feststellen, dass die am Wortlaut orientierte Auslegung völlig fern liegend und nicht ernstlich in Betracht zu ziehen ist. Dabei bezieht der Senat in seine Würdigung ein, dass allen drei Verträgen eine Prämienstaffel zu Ziffer 3.2 des Vertrages ("Die in der Anlage zum Vertrag aufgeführte Prämienstaffel ist für die gesamte Laufzeit des Vertrages fest vereinbart") beigefügt war. Diese wies für die gesamten 99 Jahre den für jedes Jahr fälligen Bonus - in insgesamt 99 einzelnen Zeilen - aus. Damit wurde auch an dieser Stelle nochmals deutlich auf eine Laufzeit von 99 Jahren hingewiesen. Dieser doppelte Hinweis auf eine Laufzeit von 99 Jahren spricht für den unbefangenen Leser dafür, dass genau dies beabsichtigt war.

cc) Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte darauf, die alten Verträge seien aufgrund des Übertrags auf die Erblasserin lediglich neu ausgedruckt worden. Das ist eben nicht der Fall; die alten Verträge sind nicht textgleich neu ausgedruckt worden, sondern vielmehr sind letztlich die Formulare für neue Verträge mit den alten Vertragsdaten (Sparrate, Vertragsbeginn) ausgedruckt worden. Nach dem eigenen Regelungswerk der Beklagten musste der Übertrag auf den neuen Vertragspartner beantragt und hinterher umgesetzt werden.

c) Mit der Klägerin ist anzunehmen, dass die Frage, wie die 1.188 Monate in den Vertragsvordruck gelangt sind, ein Verwaltungsinternum der Beklagten ist. Diese hat vorgetragen, dies sei seitens der elektronischen Datenverarbeitung (EDV) für die Altverträge so eingestellt; Ratensparverträge könnten in dem neuen Finanzinformatiksystem nicht ohne zumindest fiktive Laufzeit erfasst werden. Die Verwendung dieser EDV geht allerdings auf eine Entscheidung der Beklagten zurück; es ist nicht ersichtlich oder vorstellbar, dass eine Sparkasse eine bestimmte EDV verwendet, ohne sich hierfür entschieden zu haben. Die Klägerin musste nicht davon ausgehen, dass die Beklagte weder wusste, was in den von ihr selbst vorformulierten Verträgen steht noch dies so meinte, sie also bei der Formulierung einer Vertragslaufzeit von 1.188 Monaten keinen entsprechenden Rechtsbindungswillen gehabt habe (vgl. auch § 116 Satz 1 BGB). Das gilt umso mehr, als dass auch die Mitarbeiterin der Beklagten, die mit der Erblasserin die Vertragsumstellung vorgenommen hat, bekundet hat, es sei unternehmensintern nicht kommuniziert worden, ob es sich um Laufzeitbefristungen oder Höchstfristen gehandelt hat.

d) Einen gemeinsamen Willen der Parteien, wonach diese Klausel keine Wirkung entfalten solle, hat das Landgericht nicht festgestellt und lässt sich auch nicht feststellen.

aa) Steht ein übereinstimmender Wille der Parteien einer Vereinbarung fest, dann ist für eine Änderung desselben durch Auslegung seitens des Gerichts kein Raum (BGH, Urteil vom 15.03.1978 - VIII ZR 180/76, NJW 1978, 1050); die einseitige Vorstellung einer Partei ist für die Bestimmung des Vertragsinhalts nur dann von Bedeutung, wenn der Erklärungsempfänger den wirklichen Willen des Erklärenden erkennt und in Kenntnis dieses Willens den Vertrag abschließt (BGH, Urteil vom 11.07.1997 - V ZR 246/96, NJW 1997, 2874, 2875). Kann ein Konsens der Parteien festgestellt werden, hat er Vorrang vor jeder Auslegung (MünchKomm/Busche, BGB, 8. Auflage, § 133 Rn. 14).

bb) Ein solcher Wille lässt sich indes nicht feststellen; insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagte bei dem konkreten Vertragsschluss etwas anderes wollte, als sie sich durch die Klägerin unterschreiben ließ. Ob insoweit für den Willen der Beklagten auf die Zeugin Ackermann abgestellt werden kann, d.h. ob diese, soweit von dem Wortlaut der vorgegebenen Verträge abgewichen werden sollte, überhaupt vertretungsbefugt war, bedarf keiner näheren Klärung. Denn es ist schon nicht ersichtlich, dass die Zeugin einen auf einen bestimmten Vertragsinhalt hin gerichteten Willen hatte.

Sie hat vor dem Landgericht bekundet, allein die Adresszeile geändert und die Verträge sonst so übernommen zu haben, wie sie das System vorgegeben habe. Die Vertragskonditionen seien von ihr nicht verändert worden. Die Laufzeitangabe sei vorgegeben gewesen, sie habe allein die Adresszeile geändert. Die anderen Vertragsangaben seien von ihr übernommen worden. Eine Mitteilung seitens der Beklagten an ihre Mitarbeiter, was es mit dieser Frist auf sich habe, ob es sich um Laufzeiten oder Höchstfristen handele, habe es nicht gegeben. Die Zeugin hat bekundet, davon ausgegangen zu sein, dass das Verträge ohne Laufzeitbegrenzung seien; wenn sie den Kunden Sparverträge verkauft habe, habe sie es ihnen jedenfalls so gesagt. Den Vertrag der Klägerin habe sie allerdings nicht abgeschlossen.

Das alles lässt erkennen, dass die Zeugin die Vertragskonditionen, so wie sie aus dem System kamen, zugrunde gelegt und über sie nicht weiter nachgedacht hat. Ob es sich bei dem Vertrag um einen unbefristeten Vertrag handelte, war ihr nicht bekannt, weil sie den Ursprungsvertrag nicht abgeschlossen hatte.

Diesen Schluss kann der Senat ziehen, ohne dass die Vernehmung der Zeugin wiederholt werden müsste. Das wäre nur dann erforderlich, wenn der Senat die Zeugenaussage anders als das erstinstanzliche Gericht würdigen (BGH, Beschluss vom 14.07.2009 - VIII ZR 3/09, juris) oder die Glaubwürdigkeit anders als das erstinstanzliche Gericht beurteilen will (BVerfG, Beschluss vom 22.11.2004 - 1 BvR 1935/03, Rn. 11, juris). Das landgerichtliche Urteil gibt die Zeugenaussage in zusammengefasster Form inhaltlich wieder und zieht daraus den Schluss, eine Laufzeit von 99 Jahren sei nicht gewollt worden, an einer entsprechenden, hierauf gerichteten Willenserklärung fehle es mangels Geschäftswillens. Unabhängig davon, dass ein fehlender Geschäftswille nicht die Wirksamkeit der Willenserklärung in Frage stellt, sondern lediglich zu ihrer Anfechtbarkeit führt (BGH, Urteil vom 07.06.1984 - IX ZR 66/83, NJW 1984, 2279), hat das Landgericht nicht festgestellt, dass die Zeugin überhaupt einen laufzeitbezogenen Willen oder Vorstellung hatte, sondern, dass ihr der Geschäftswille - und damit der Wille, eine entsprechende Erklärung abzugeben - fehlte. Die Feststellung, die Zeugin habe keinen Willen dahingehend gehabt, von dem systemseits Vorgegebenen abzuweichen, steht dazu nicht im Widerspruch, sondern deckt sich mit der Feststellung, sie habe keinen Geschäftswillen gehabt, eine Erklärung zur Laufzeit abzugeben. Und auch hinsichtlich der Glaubhaftigkeit der Aussage und Glaubwürdigkeit der Zeugin weicht der Senat nicht vom Landgericht ab.

Beweis dazu, dass der Vorstand der Beklagten schon beim Vertragsschluss den Willen hatte, dass der Wortlaut der drei Verträge entgegen der Dokumentation keine Geltung erlangen sollte, hat die Beklagte nicht angeboten.

3. Die Beklagte als Erstellerin und Verwenderin der Vertragsformulare kann sich nicht darauf berufen, dass eine so lange vertragliche Bindung gegen Treu und Glauben verstieße, weil sie ihre wirtschaftliche Bewegungsfreiheit beeinträchtige oder dass eine entsprechende Bindung dem gesetzlichen Auftrag der Sparkassen zuwiderliefe. Sie selbst hat die Verträge mit der Angabe einer Laufzeit von 1.188 Monaten vorformuliert und gestellt, bzw. bei der Neueinführung eines bestimmten Programms der EDV nicht erkannt, dass hierdurch bei Vertragsumschreibungen erhebliche Wirkungen auf Altverträge ausgingen; die Vertragsformulierung und damit Bestimmung einer Laufzeit stammt aus ihrem Verantwortungsbereich, nicht aus dem der Klägerin. Sittenwidrig sind aber Verträge, die die wirtschaftliche Freiheit des anderen Teils so sehr beschränken, dass dieser seine freie Selbstbestimmung verliert (Palandt/Ellenberger, BGB, 78. Auflage, § 138 Rn. 39). Die von der Beklagten für Sittenwidrigkeit oder einen Verstoß gegen Treu und Glauben bei langfristigen vertraglichen Bindungen herangezogenen Entscheidungen (BGH, Urteile vom 07.10.1970 - VIII ZR 202/68 und vom 14.06.1972 - VIII ZR 14/71 [Bierbezugsverträge]; vom 09.06.1969 - VII ZR 49/67 und vom 31.03.1982 - I ZR 56/80 [Tankstellenstationärverträge] und vom 05.10.1981 - II ZR 203/80 [Hotelmanagementvertrag]) beziehen sich ebenfalls nicht auf die wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit derjenigen Vertragspartei, auf deren Betreiben die lange Vertragsbindung zurückging - in keiner Entscheidung wurde eine wirtschaftliche Knebelung der Brauerei bzw. der Mineralölgesellschaft thematisiert.

Unabhängig davon kann aber auch nicht davon ausgegangen werden, dass die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit der Beklagten durch die drei hier vorliegenden Verträge, mit der sie gehalten ist, Spareinlagen, gerechnet auf das Gesamtguthaben, mit einem Zinssatz zwischen zwei und drei Prozent p.a. zu verzinsen, (konkret: hierfür neben den Zinsen von aktuell 0,1 % p.a. zusätzlich einen Gesamtbetrag von jährlich 2.760,96 € zu zahlen,) sie in ihrer wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit ernsthaft einschränke. Dass dies, liegt eine Vielzahl solcher Verträge vor, anders liegen kann, wird nicht verkannt, führt aber nicht dazu, dass der einzelne Vertrag gegen Treu und Glauben verstieße. Dieser Gesichtspunkt mag eine Rolle spielen bei der Frage, ob die Beklagte den Vertrag aus wichtigem Grund kündigen kann. In welchem Umfang entsprechende Verträge bestehen, ist allerdings weder dargetan noch ersichtlich.

4. Im Ergebnis hat sich die Beklagte über den Inhalt ihrer Erklärung geirrt; letztlich war ihr die Tragweite, die die Verwendung von 1.188 Monaten als ihrer Auffassung nach fiktive Laufzeit im System auf die umgeschriebenen Altverträge haben würde, wohl nicht bewusst; bei der Erstellung / Abänderung des entsprechenden Programms dürfte eher nicht beabsichtigt gewesen sein, Verträgen eine so lange Laufzeit zu geben. Es handelt sich zwar nicht um einen eigentlichen Fall der fehlerhaften Übermittlung einer Erklärung (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 26.01.2005 - VIII ZR 79/04, Rn. 15 ff., juris) sondern vielmehr um eine unberücksichtigte Auswirkung bestimmter Einstellungen im System der elektronischen Datenverarbeitung. Das dürfte aber letztlich genauso zu behandeln sein mit der Folge, dass die entsprechende Erklärung anfechtbar wäre.

Eine fristgerechte Anfechtung der Erklärung zur Laufzeit durch die Beklagte ist jedoch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Eine Irrtumsanfechtung hat gemäß § 121 BGB unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, zu erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt. Maßgeblich ist die tatsächliche Kenntnis des Umstands, dass die abgegebene Erklärung nicht dem wirklichen Willen entspricht (MünchKomm/Armbrüster, BGB, 8. Auflage, § 121 Rn. 8). Mit außergerichtlichem Schreiben der Erblasserin vom 02.08.2017, mit dem diese Widerspruch gegen die vorzeitige Beendigung der Verträge eingelegt hat (Anlage K 5, AH Klägerin), hat sie die Beklagte, die im Kündigungsschreiben ausgeführt hat, eine feste Vertragslaufzeit sei nicht vereinbart, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass in den Verträgen eine Laufzeit von 1.188 Monaten fixiert worden war. Spätestens damit hatte die Beklagte, bzw. zuständige Mitarbeiter der Beklagten und nicht lediglich die verantwortlichen EDV-Mitarbeiter, Kenntnis von der vereinbarten Vertragslaufzeit. Mit ihrem Antwortschreiben vom 11.08.2017 (Anlage K 6, AH Klägerin) geht die Beklagte hierauf mit keinem Wort ein, sondern erklärt lediglich, an der ausgesprochenen Kündigung festzuhalten. Weder teilt sie mit, die 1.188 Monate seien irrtümlich oder durch EDV-Probleme in das Vertragsformular gelangt, noch äußert sie sich sonst dazu, dass sich die Erblasserin auf diese Laufzeit stützt.

Ob in späteren Ausführungen, die Laufzeitvereinbarung wäre nicht so gemeint gewesen, eine konkludente Anfechtung gesehen werden kann, ist unerheblich, weil sie nicht mehr unverzüglich erfolgt und damit jedenfalls verfristet ist. Auf die Frage, ob die Beklagte überhaupt ihre eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen anfechten kann, kommt es damit nicht an. Entfällt eine Irrtumsanfechtung bei AGB-Verträgen durch den Kunden, wenn dieser sich der Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bewusst ist, sie aber ungelesen akzeptiert (MünchKomm/Armbrüster, BGB, 8. Auflage, § 305 Rn. 51), dürfte auch die Verwenderin Allgemeiner Geschäftsbedingungen einen von ihr selbst vorformulierten Vertrag nicht wegen Irrtums anfechten dürfen.

III. Die Beklagte kann sich nicht auf ein vertraglich eingeräumtes ordentliches Kündigungsrecht gemäß Ziffer 7.1 des jeweiligen Vertrages berufen.

1. Anders, als die Beklagte meint, besteht innerhalb der Ziffer 7 des Vertrages keine Differenzierung, wonach 7.1 ein Kündigungsrecht für beide Parteien normierte, 7.3 sich aber allein auf die Kündigung durch den Sparer bezöge.

Der jeweilige Vertrag ist überschrieben mit "S-Prämiensparen flexibel". Eine Gesamtbetrachtung der Ziffer 7, in der an keiner Stelle darauf abgestellt wird, wer kündigt, spricht für ein allein dem Sparer eingeräumtes Kündigungsrecht. Die Regelung einer Fortführungsfiktion in Ziffer 7.3 Satz 3 für den Fall, dass der Sparer nicht binnen eines Monats nach Ablauf der Kündigungsfrist über das Sparguthaben verfügt, ergäbe bei einem Kündigungsrecht zugunsten der Sparkasse wenig Sinn (so auch Heinze/Jürgens, BKR 2018, 191, 192) - und würde vorliegend eine Kündigung durch die Beklagte u.U. aushebeln: Dass die Klägerin über das Geld verfügt hätte, ist nicht ersichtlich oder vorgetragen; in ihrer Kündigung vom 17.07.2017 hat die Beklagte ausgeführt, das Geld zu den Konditionen einer Spareinlage mit dreimonatiger Kündigungsfrist zu dem in den Preisaushängen jeweils veröffentlichten Zinssatz anzulegen. Die mit Ziffer 5 des Vertrages grundsätzlich vorgesehene Vereinbarung einer Laufzeit des Sparvertrages bei gleichzeitiger Einräumung eines an keine weiteren Voraussetzungen geknüpften Kündigungsrechts für beide Parteien mutet in sich widersprüchlich an.

Für die Einräumung eines Kündigungsrechts einseitig allein für den sparenden Verbraucher spricht hingegen einiges und zwar sowohl bei Verträgen mit einer Laufzeitvereinbarung als auch bei Verträgen ohne eine solche Vereinbarung:

a) Ohne eine Vereinbarung einer Vertragslaufzeit (Befüllen der Lücken in Ziffer 4 mit ----), gelten neben den vertraglich fixierten Bedingungen die AGB-Sparkassen und die besonderen Bedingungen für den Sparverkehr. Gemäß Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen steht in diesem Fall (keine Laufzeitvereinbarung) zunächst beiden Parteien ein ordentliches Kündigungsrecht dergestalt zu, dass jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden kann. Nur mit der Einräumung einer dreimonatigen Kündigungsfrist für den Sparer wird der Sparbetrag aber zu einer Spareinlage im Sinne von § 21 Abs. 4 RechKredV, was für die Sparkasse zu bestimmten Erleichterungen bei der Refinanzierung des Instituts führt (Schwintowski, Bankrecht, 5. Auflage, Kapitel 6 Rn. 38 f.). Folgerichtig heißt es in Ziffer 4 der Bedingungen für den Sparverkehr "Die Kündigungsfrist beträgt mindestens drei Monate. Von Spareinlagen mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten können - soweit nichts anderes vereinbart wird - ohne Kündigung bis zu 2.000,- EUR für jedes Sparkonto innerhalb eines Kalendermonats zurückgefordert werden. [...]". Die hiermit geregelte Kündigungsfrist bezieht sich auf die Spareinlage, wie aus Satz 2 deutlich wird; es wird kein neues Kündigungsrecht eingeräumt, sondern lediglich das Kündigungsrecht der Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen befristet und zwar lediglich für den Sparer. Nachdem in den Bedingungen für den Sparverkehr insoweit lediglich eine Mindestregelung getroffen ist, bestand nur hinsichtlich des Sparers Veranlassung, ein Kündigungsrecht mit einer dreimonatigen Frist ausdrücklich zu regeln (siehe auch Heinze/Jürgens, BKR 2018, 191, 192). Das spricht dafür, dass sich aus dieser vertraglichen Regelung eine Kündigungsbefugnis für die Sparkasse nicht ergibt (so auch OLG Naumburg, Urteil vom 21.02.2018 - 5 U 139/17, BKR 2018, 216, 219 [OLG Düsseldorf 08.02.2018 - I-6 U 50/17], beck-online).

b) Aber auch bei Vereinbarung einer längeren Laufzeit ist die Einräumung eines Kündigungsrechts (allein) für den Sparer sinnvoll. Sich selbst hingegen bei gleichzeitigem Angebot einer langen Laufzeit ein ordentliches Kündigungsrecht einzuräumen, stellte auf Beklagtenseite widersprüchliches Verhalten dar, weil mit dem ordentlichen Kündigungsrecht die angebotene Laufzeit praktisch unterlaufen wird. Das Vertragsformular ist mit der ausfüllungsbedürftigen Ziffer 4 grundsätzlich auf die Möglichkeit der Vereinbarung einer festen Laufzeit ausgelegt; im Hinblick auf die Prämienstaffel auch auf die Vereinbarung von langen Laufzeiten. Auch wenn die Verträge nicht unmittelbar von § 309 Nr. 9 BGB erfasst werden (unzulässige Bindung über mehr als zwei Jahre), heißt das nicht, das eine sehr lange Laufzeit ohne Lösungsmöglichkeit für den Verbraucher wirksam in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart werden kann. Was § 309 Nr. 9 BGB nicht verbietet, ist vielmehr nur dann erlaubt, wenn es auch der Prüfung nach § 307 BGB standhält. Laufzeitklauseln von nicht unter § 309 Nr. 9 BGB fallenden Verträgen werden anhand von § 307 BGB überprüft (MünchKomm/Wurmnest, BGB, 8. Auflage, § 309 Nr. 9 Rn. 11). Und eine langjährige Bindung des Verbrauchers an eine Einsparverpflichtung mag diesbezüglich auf Bedenken stoßen, denen mit der Einräumung des Kündigungsrechts Rechnung getragen wird.

2. Unabhängig davon dürfte ein allein an die Einhaltung einer Frist geknüpftes ordentliches Kündigungsrecht aber auch AGB-rechtlich unwirksam sein.

a) Durch die Vereinbarung einer Laufzeit verliert die Beklagte das Kündigungsrecht nach Nr. 26 Abs. 1 Satz 1 AGB Sparkassen und bringt eine eigene Bindung gegenüber ihrem Kunden zum Ausdruck. Räumt sie sich andererseits zugleich in Ziffer 7.1 ein ordentliches Kündigungsrecht ein, was letztlich die Vereinbarung zur Laufzeit vollständig entwertet, dürfte das zumindest überraschend sein.

b) AGB-rechtlich zur Unwirksamkeit führt, dass Ziffer 7.1 einheitlich keine weitere Voraussetzung als die Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist normiert; insbesondere wird die beklagtenseitige Kündigung dort nicht von einem sachgerechten Grund abhängig gemacht und ermöglicht damit eine gegenüber Ziffer 26 Nr. 1 AGB-Sparkassen erleichterte Kündigung.

aa) Da die Beklagte als Sparkasse eine Anstalt des öffentlichen Rechts im Bereich staatlicher Daseinsvorsorge ist, ist sie unmittelbar an die Grundrechte gebunden; eine ohne sachgerechten Grund erklärte Kündigung eines Sparvertrages verstieße gegen das in Art. 3 Abs. 1 GG zum Ausdruck kommende Willkürverbot und wäre gemäß § 134 BGB nichtig (BGH, Urteile vom 11.03.2003 - XI ZR 403/01 [für den Girovertrag]; vom 05.05.2015 - XI ZR 214/14, Rn. 11 [für den Sparvertrag], beide juris).

bb) Zur früheren Fassung der Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen hat der Bundesgerichtshof daher problematisiert, dass diese Klausel das Recht der beklagten Sparkasse zur ordentlichen Kündigung nicht vom Vorhandensein eines sachgerechten Grundes abhängig machte, und ihre Unwirksamkeit nach § 305c Abs. 2 BGB in den Raum gestellt; er hat die Frage nicht entschieden, weil die Klausel bereitsaus einem anderen Grund unwirksam war (BGH, Urteil vom 05.05.2015 - XI ZR 214/14, Rn. 12, juris). Inzwischen heißt es in Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen insoweit: "Soweit weder eine Laufzeit noch eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart sind, können der Kunde und bei Vorliegen eines sachgerechten Grundes auch die Sparkasse die gesamte Geschäftsbeziehung oder einzelne Geschäftszweige jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen."

cc) Da Ziffer 7.1. der streitgegenständlichen Sparverträge nach ihrem Wortlaut das Kündigungsrecht von keiner weiteren Voraussetzung als der Einhaltung der Dreimonatsfrist abhängig macht, spricht vieles für eine Unwirksamkeit der Klausel, wollte man in ihr ein bedingungsloses Kündigungsrecht auch der Beklagten sehen. Die Voraussetzung des sachgerechten Grundes für eine Kündigung der Sparkasse kann nicht ohne weiteres in sie hineingelesen werden, um ihr so zur Geltung zu verhelfen. Für die Frage der Unwirksamkeit der Klausel kommt es - auch im Individualprozess - in einem ersten Schritt auf ihre kundenfeindlichste Auslegung an (BGH, Urteil vom 05.05.2015 - XI ZR 214/14, Rn. 11, juris). Mit dem Wortlaut von Ziffer 7.1 aber ist ein Kündigungsrecht der Sparkasse mit dreimonatiger Frist ohne weitere Voraussetzungen zu vereinbaren. Anderenfalls müsste man die Klausel für den Sparer und die Sparkasse unterschiedlich auslegen, d.h. ausschließlich für die Sparkasse eine weitere Kündigungsvoraussetzung hineinlesen.

dd) Erachtet man demgegenüber die Klausel in beiden Auslegungsmöglichkeiten - Kündigungsrecht allein des Sparers oder aber Kündigungsrecht auch für die Sparkasse (unter der Voraussetzung, dass sie hierfür einen sachgerechten Grund hat) geregelt - für wirksam, ist gemäß § 305 c Abs. 2 BGB in einem zweiten Schritt (vgl. zum zweistufigen Püfungsschema Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Auflage, § 305c Rn. 18) auf die für den Verbraucher, hier also die Klägerin, günstigere Auslegungsmöglichkeit abzustellen; maßgeblich ist dann die Auslegungsvariante, die den Kunden am meisten begünstigt (MünchKomm/Armbrüster, BGB, 8. Auflage, § 305c Rn. 51; Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Auflage, § 305c Rn. 18). Das ist die Variante, wonach allein er bestimmen kann, ob er den Vertrag vor der vereinbarten Laufzeit mit den sich daraus ergebenden Konsequenzen beenden möchte. Auch dann könnte sich die Sparkasse nicht auf ein durch diese Ziffer begründetes Kündigungsrecht berufen.

IV. Eine wirksame Kündigung der Verträge kann die Beklagte schließlich auch nicht auf Nr. 26 Abs. 2 AGB-Sparkassen stützen. Danach erfordert die Kündigung eines auf bestimmte Zeit eingegangenen Vertrags einen wichtigen Grund (BeckOK/Gehrlein, BGB, 51. Edition, § 696 Rn. 1; Prütting/Wegen/Weinreich/Fehrenbacher, BGB, 14. Auflage, § 696 Rn. 1). Die in Nr. 26 Abs. 2 AGB beispielhaft aufgeführten Gründe stammen sämtlich aus der Sphäre des Sparkassenkunden. Das berücksichtigt, dass auch ansonsten ein wichtiger Grund für eine Kündigung grundsätzlich nur angenommen werden kann, wenn der maßgebliche Umstand im Risikobereich des anderen Teils, hier also des Sparers, liegt (BGH, Urteile vom 29.11.1995 - XII ZR 230/94, Rn. 9; vom 07.03.2013 - III ZR 231/12, Rn. 15, beide juris; BeckOK/Lorenz, BGB, 48. Edition Stand 01.08.2018, § 314 Rn. 8). Unabhängig davon, dass sich die Beklagte auf eine Kündigung aus wichtigem Grund nicht beruft, dürfte ein solcher vor diesem Hintergrund auch nicht gegeben sein. Die Kalkulation der von ihr angebotenen Zins- und Prämienleistung oblag allein der Beklagten; dass sie hierbei eine länger anhaltende Niedrigzinsphase nicht vorhergesehen haben mag, berechtigt sie nicht zur fristlosen Kündigung, weil sie dann das Risiko, ob ihre Prognosen zutreffen, vollständig auf ihren Kunden abwälzt (s. auch BGH, Urteil vom 21.02.2017 - XI ZR 185/16, Rn. 92, juris).

V. Schließlich kann sich die Beklagte für ihre Kündigung nicht auf § 696 Satz 2 BGB stützen.

1. Dieser Rücknahmeanspruch des Verwahrers bei befristeter Verwahrung aus wichtigem Grund, hier also die Kündigungsmöglichkeit der Sparkasse, ist nicht vertraglich abdingbar (Erman/Zetzsche, BGB, 15. Auflage, § 696 Rn. 4; jurisPK/Jülch, BGB, 8. Auflage, § 696 Rn. 9; Jauernig/Mansel, BGB, 17. Auflage, § 696 Rn. 1; Prütting/Wegen/Weinreich/Fehrenbacher, BGB, 14. Auflage, § 696 Rn. 1; Palandt/Sprau, BGB, 78. Auflage, § 696 Rn. 1), da das Recht zur außerordentlichen Lösung von Dauerschuldverhältnissen einem allgemeingültigen Grundsatz des Privatrechts entspricht (Staudinger/Reuter, BGB, Neubearbeitung 2015, § 696 Rn. 3; MünchKomm/Henssler, BGB, 7. Auflage, § 696 Rn. 2; a.A. ohne nähere Begründung Schulze, BGB, 10. Auflage, § 696 Rn. 1, beck-online). Unabhängig davon fehlt es aber auch an einer entsprechenden abbedingenden Vereinbarung zwischen den Parteien. Allein die Vereinbarung einer Laufzeit von 99 Jahre stellt eine solche Abrede nicht dar und reicht hierfür auch nicht aus. Denn gerade die Vereinbarung einer Laufzeit ist Voraussetzung für das Kündigungsrecht nach § 696 Satz 2 BGB.

2. Allerdings fehlt es an dem erforderlichen wichtigen Grund.

a) Der wichtige Grund ist in § 314 BGB definiert; er liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung nicht zugemutet werden kann.

b) Das kann hier nicht angenommen werden.

aa) In seinem Urteil vom 14.05.2019 hat der Bundesgerichtshof das veränderte Zinsumfeld, das sich zwar nicht wegen des variablen Zinssatzes negativ auf das Vertragsverhältnis auswirkt, es aber der jeweiligen Sparkasse erschwert, die Erträge zu erwirtschaften, die sie benötigt, um die jährlichen Prämienzahlungen aufzubringen, als einen sachgerechten Grund für die Kündigung ausreichen lassen.

bb) Allerdings werden an einen sachgerechten Grund im Sinne von Nr. 26 Abs. 1 AGB Sparkassen andere Anforderungen als an einen wichtigen Grund im Sinne von § 314 BGB gestellt; ein sachgerechter Grund ist bereits gegeben, wenn die Umstände, die die Sparkasse zur Kündigung veranlassen, derart beschaffen und zu bewerten sind, dass ein unvoreingenommener, vernünftiger Beobachter das Verhalten der Sparkasse für eine nachvollziehbare und der Sachlage nach angemessene Reaktion halten muss (BGH, Urteil vom 14.05.2019 - XI ZR 345/18 Rn. 45), während ein wichtiger Grund erst bei Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vertrages vorliegt.

cc) Unabhängig davon kann im vorliegenden Fall aber bereits deswegen nicht auf diesen Aspekt abgestellt werden, weil weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass sich das Zinsumfeld zwischen der Übertragung der Verträge auf die Klägerin 2015 und in diesem Zusammenhang der Vereinbarung einer Laufzeit und dem Zeitpunkt der Kündigung 2017 erheblich geändert hätte.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 709 Ziffer 10, 711, 713 ZPO. Veranlassung, die Revision zuzulassen, besteht nicht, da die Voraussetzungen des § 544 ZPO nicht vorliegen.

Beim Streitwert ist der Senat vom 3,5 fachen Jahresprämienbetrag ausgegangen und hat von dem sich so ergebenden Betrag einen Abschlag von 20 % vorgenommen. Dabei erfolgt im Hinblick auf die Feststellungsanträge zu 1a) und 1b) keine Verdoppelung, weil insoweit der weitergehende Antrag 1b) wirtschaftlich auch den Antrag zu 1a) umfasst. Der Feststellung des Annahmeverzugs kommt kein eigenständiger Wert zu.

RechtsgebietSparverträgeVorschriftenBGB § 700; BGB § 121; BGB § 309; BGB § 696

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