30.01.2020 · IWW-Abrufnummer 213840
Oberlandesgericht Karlsruhe: Beschluss vom 17.09.2019 – 3 Rb 5 Ss 597/19
Soweit dem Betroffenen nicht in der Akte befindliche, aber möglicherweise vorhandene Unterlagen über etwaig am verwendeten Messgerät vorgenommene Wartungen, Reparaturen oder sonstige Eingriffe nicht zu eigener Überprüfung zu Verfügung gestellt worden sind, steht damit eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht im Raum.
3 Rbs 5 Ss 597/19
Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit hier. Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde
hat das Oberlandesgericht Karlsruhe am 17. September 2019 beschlossen:
Der Antrag des Betroffenen, die Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Konstanz vom 9. April 2019 zuzulassen, wird gemäß Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe als unbegründet verworfen (S 80 Abs. 4 OWiG).
Der Betroffene trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens (S 473 Abs. 1 StPO i.V.m. S 46 Abs. 1 OWiG).
1. Soweit dem Betroffenen nach seiner Behauptung nicht in der Akte befindliche, aber möglicherweise vorhandene Unterlagen über etwaig am verwendeten Messgerät vorgenommene Warjungen, Reparaturen oder sonstige Eingriffe - (zur Geltung des S 31 Abs. 2 Nr. 4 MessEG auch für geeichte Messgeräte vgl. OLG Celle, NStZ-RR 2018, 59; Hollinger/Schade,3 Rb 5 Ss 597/19 MessEG/MessEV, 1. Aufl., Rdn. 1 1 ff. zu S 31 MessEG) — nicht zu eigener Überprüfung zu Verfügung gestellt worden seien, steht damit eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht im Raum. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu im Beschluss vom 12.1.1983 (BVerfGE 63, 45, bei juris Rdn. 47) ausgeführt: „Art. 103 Abs. 1 GG will verhindern, dass das Gericht ihm bekannte, dem Beschuldigten aber verschlossene Sachverhalte zu dessen Nachteil verwertet. Sein Schutzbereich ist hingegen nicht mehr berührt, wenn die wesensverschiedene andere Frage zu beantworten ist, ob das Gericht sich und den Prozessbeteiligten Kenntnis von Sachverhalten, die es selbst nicht kennt, weil sie ihm nicht unterbreitet wurden, erst zu verschaffen habe; denn es ist nicht Sinn und Zweck grundgesetzlicher Gewährleistung rechtlichen Gehörs vor Gericht, dem Beschuldigten Zugang zu dem Gericht nicht bekannten Tatsachen zu erzwingen. Auch wenn man unterstellt, dass der Anspruch des Beschuldigten auf rechtliches Gehör ihm — unter welchen Voraussetzungen und in welchen Grenzen auch immer — Recht auf Kenntnis von Akteninhalten einräumt, ist dieses Recht daher jedenfalls beschränkt auf die dem Gericht tatsächlich vorliegenden Akten." (vgl. OLG Karlsruhe Beschluss v. 8.5.2019 - 2 Rb 7 Ss 202/19 -, juris; KG Berlin, StraFo 2018, 383).
Soweit die Ablehnung des Antrags auf Beiziehung der o.g. Unterlagen — falls solche existieren eine unzulässige Beschränkung der Verteidigung und damit einen Verstoß gegen den Anspruch auf ein faires Verfahren darstellen kann (vgl. SaarlVerfGH, NZV 2018, 275; OLG Karlsruhe, a.a.O., m.w.N.; Beschluss v. 19.7.2019 — 1 Rb 10 Ss 291/19 -, juris), kann dahinstehen, ob dies mit Blick auf S 80 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 OWiG grundsätzlich die Zulassung der Rechtsbeschwerde zu rechtfertigen vermöchte (ablehnend: OLG Hamm, Beschluss v. 3.1.2019 — 1114 RBs 377/18; KG Berlin, Beschluss v. 2.4.2019 - 3 ws (B) 97/19 122 Ss 43/19 -, juris), denn jedenfalls genügt der Beschwerdevortrag hierzu nicht den sich aus S 80 Abs. 3 OWiG, S 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ergebenden Anforderungen. Die Rechtsmittelbegründung teilt zu den erforderlichen konkreten Bemühungen um Herausgabe etwaig vorhandener Unterlagen im Vorfeld der Hauptverhandlung, insbesondere zu dem genauen Verlauf und Inhalt des Verfahrens nach S 62 OWiG (vgl. OLG Celle, a.a.O.; KG Berlin ZfSch 2017, 529) sowie zur Behandlung des in der Hauptverhandlung gestellten Aussetzungsantrags nichts mit (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss v. 19.7.2019, a.a.O.; Cierniak/Niehaus, DAR 2014, 2; 2018, 541, 543 m.w.N.).