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02.12.2019 · IWW-Abrufnummer 212534

Oberlandesgericht Stuttgart: Urteil vom 14.09.2018 – 5 U 98/17

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Oberlandesgericht Stuttgart

Urteil vom 14.09.2018

Az.: 5 U 98/17

In dem Rechtsstreit
gegen

wegen Schadensersatzes
hat das Oberlandesgericht Stuttgart - 5. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxx, den Richter am Oberlandesgericht xxx und den Richter am Landgericht Dr. xxx aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.06.2018 für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufungen der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts U. vom 22. Mai 2017, Az. 4 O 66/13, und gegen das Ergänzungsurteil vom 11. September 2017, Az.: 4 O 66/13, werden zurückgewiesen.
2. Von den Kosten des Verfahrens in erster Instanz tragen der Kläger 11 % und die Beklagte 89 %, von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 8 % und die Beklagte 92 %.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die unter 1. genannten Urteile des Landgerichts U. sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 30.000.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über eine fehlerhafte Anlageberatung.

Der Kläger ist ein erfahrener, in U. wohnender Großunternehmer, der bis 2009 ein europaweites Netz von ungefähr 600 Drogerien mit 23.000 Mitarbeitern aufbaute und dieses bis 2013 auf 670 Drogerien mit 30.000 Mitarbeitern vergrößerte. "Kerngesellschaft" ist die X. Holding Ltd. & Co. KG (im Folgenden: "X KG") mit Sitz in U., die die Finanzgeschäfte der mit ihr verbundenen Unternehmen (im Folgenden gemeinsam: "X-Gruppe") abwickelt.

Die Beklagte ist eine große traditionelle S. Privatbank mit Hauptsitz in B., die von ihrer Zweigniederlassung in Z. Bankdienstleistungen für vermögende Kunden in Deutschland anbietet. Leiter des Geschäftsbereichs "Private Banking" war Y, den Bereich "Privatkunden Deutschland" leitete Dr. H., Vorsitzender der Geschäftsleitung war S.

Die Parteien unterhielten seit November 2005 eine Geschäftsbeziehung. Der Kläger persönlich eröffnete bei der Beklagten mehrere Konten mit Anträgen vom 9. November 2005, 29. November 2007 und 29. Oktober 2009 (B10, Bl. 131; K1, Bl. 40.2 ff.; B52, Bl. 1435 ff.). Seit November 2005 verfügte auch die X-Gruppe über diverse Konten bei der Beklagten (Kontenübersicht: B12, Bl. 135 ff.).

Die genannten Anträge enthielten eine Formularbestätigung, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (im Folgenden: "AGB") der Beklagten in der Fassung vom 1. Januar 2005 (B37, Bl. 598 ff.; B38, Bl. 603 ff.) erhalten zu haben und anzuerkennen. Deren Nr. 18 sah als Gerichtsstand B. bzw. den Sitz der die Geschäftsbeziehung führenden Zweigniederlassung und die Wahl s. Rechts vor, und gemäß ihrer Nr. 20 wurden Änderungen der AGB dem Kunden brieflich o. ä. bekannt gegeben und galten als genehmigt, wenn der Kunde nicht binnen einem Monat widersprach. Die AGB der Beklagten wurden zum 1. Januar 2011 neu gefasst (B13, Bl. 138 ff.; B39, Bl. 608 ff. B113, Bl. 2589 ff.). In deren Nr. 26 hieß es: "Alle Rechtsbeziehungen des Kunden mit der Bank unterstehen materiellem s. Recht." Außerdem bestimmte diese Klausel zum Erfüllungsort und Gerichtsstand für sämtliche Verfahren B. bzw. den Ort der die Geschäftsbeziehung führenden Zweigniederlassung der Beklagten; letzteres war hier Z.

Am 29. November 2007 unterzeichnete der Kläger eine Vollmacht zu Gunsten der Beklagten (K2, Bl. 40.8 f.). Unterhalb seiner Unterschrift wurde auf "Regelungen zu dieser Vollmacht" auf der Rückseite verwiesen. Auf der Rückseite hieß es: "Sämtliche Rechtsbeziehungen aller unterzeichneten Personen mit der Bank unterstehen dem s. Recht. Erfüllungsort [..] und Gerichtsstand für alle Verfahren ist B. oder der Ort jener Zweigniederlassung der Bank, mit welcher die Geschäftsbeziehung geführt wird."

Jedenfalls bis März 2010 wurde der Kläger von der Beklagten nicht zum Erwerb von Anlageprodukten bzw. Fondsbeteiligungen beraten und bat auch nicht darum. Einen schriftlichen Vertrag über eine Kapitalanlageberatung oder Vermögensverwaltung schlossen die Parteien auch später nicht.

Nach einem Besuch der Rechtsanwälte Dr. S. und Dr. B. beim Kläger im März 2010, in dem diese dem Kläger die Beteiligung an zwei Fonds empfahlen, besuchten Dr. H. und Dr. S. den Kläger im selben Monat in dessen Privathaus in U. Dort entschied sich der Kläger im Umfang von 100 Mio. € für eben diese Beteiligungen an zwei sogenannten "D. A. Fonds" - solche Fonds erzielen Erträge durch "steueroptimierte" Dividendeneinkünfte und wurden vom Kläger im März 2010 erstmalig gezeichnet -, namentlich am "C. II E. Fund" (Zeichnungsschein: B71, nach Bl. 2146; s. a. B17, Bl. 151 ff.) und am "BC G. H. Fund" (Zeichnungsschein: B18, Bl. 155 ff.), die die Beklagte für ihn erwarb und einige Monate später mit einer Rendite von 10 %, nämlich ungefähr 10 Mio. €, wieder veräußerte.

Am 14. Oktober 2010 kam es zu einem Besuch von J. S., Y. und Dr. H. beim Kläger in U. Es handelte sich dabei um ein allgemeines Treffen zur Festigung der Kundenbeziehung der Parteien ohne Besprechung konkreter Bankgeschäfte. Allerdings wurde auch über eine weitere Beteiligung des Klägers in Höhe von 150 Mio. € an einem D. A. Fonds gesprochen.

Am 15. November 2010 mailte Dr. H. an Y unter anderem, dass der Kläger in einem Gespräch mit S. und Y die Zeichnung einer D. A. in Höhe von 150 Mio. € zugesagt habe. Die E-Mail enthielt den Gesprächsleitfaden für ein Telefonat mit dem Kläger am selben Tag mit dem Ziel, ihn als Kunden für die D. A. nicht zu verlieren trotz Nichterhöhung seiner Kreditlinie bei der Beklagten; demnach sollte in diesem Telefonat mit Vorteilen für den Kläger geworben werden, nämlich einer absoluten 10%igen Rendite in sechs Monaten bei großer Sicherheit (vom Kläger zitiert, Bl. 361 ff.).

Am 1. Dezember 2010 kam es zu einem Gespräch im Haus des Klägers in U. mit Dr. B. und Dr. H. Dabei wurde dem Kläger eine Beteiligung an der D. V. GmbH & Co. KGaA angeboten.

Nachdem Dr. B. und Dr. S. vergeblich versucht hatten, einen Termin für die Vorstellung eines Fonds beim Kläger zu vereinbaren, fand aufgrund eines Anrufs vom 9. Februar 2011 von Y beim Kläger am 14. Februar 2011 ein Gespräch zwischen diesem und Dr. H. sowie Dr. B. in U. bezüglich des L. "S. S. S.F. - E. A. Fund" (im Folgenden: "S. Fonds") statt.

Das Geschäftsmodell des S. Fonds war ein sogenanntes "Dividendenstripping" in der Variante von "Cum-Ex-Geschäften". US-amerikanische Pensionsfonds kauften kurz vor dem Dividendenstichtag (Tag der Hauptversammlung) Aktien mit Dividendenanspruch, die nach dem Stichtag geliefert wurden, und verkauften die Aktien nach dem Stichtag ohne Dividende, jeweils im Wege von Termingeschäften (sogenannten "Futures"). Die Pensionsfonds erhielten in Höhe der Dividende eine Dividendenausgleichszahlung. Sie beantragten entsprechend dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und den USA als "Steuerinländer" die Erstattung der deutschen Kapitalertragsteuer. Das geplante Eigenkapital des S. F. betrug 250 Mio. € und war in eine "Tranche A" für Kunden der Beklagten und eine "Tranche B" für Kunden der O. S. AG aufgeteilt (Private P. Prospekt zum S. Fonds: K12, Bl. 40.49 ff.).

Dr. B. erstellte im Auftrag der Fondsgesellschaft ein steuerrechtliches Gutachten über den S. F. (B27, Bl. 179 ff.). Die A. V.-AG versicherte "die anwaltliche und steuerliche Beratung [..] auf der Basis des [..] Gutachtens" mit einer Versicherungssumme von 100 Mio. € für jeden Verstoß (Deckungszusage vom 3. März 2011 zur Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Rechtsanwälte und Steuerberater: K31, Bl. 434).

Der Kläger entschied sich zunächst für eine Investition von 150 Mio. €, sagte dies aber wieder ab. Mit E-Mail vom 15. März 2011 (B23, Bl. 171 = K30, Bl. 433) dankte Dr. H. dem Kläger für seine Entscheidung zur Investition von 75 Mio. € in den S. F. und bestätigte die diesbezügliche Gewährung eines Darlehens der Beklagten für den Kläger über 25 Mio. € bei einem Eigenkapital des Klägers von 50 Mio. €. Mit dieser E-Mail übersandte er zugleich einen entsprechend vorausgefüllten Zeichnungsschein mit der Bitte um Unterzeichnung und Rücksendung zwecks Weiterleitung durch die Beklagte an den Fonds. Der Kläger überlegte es sich erneut anders und teilte der Beklagten Mitte März 2011 mit, dass er von einer Investition in den Fonds absehe. Am 28. März 2011 telefonierten Dr. B. und Y gemeinsam mit dem Kläger. In dem Telefonat gelang es, den Kläger von dem Investment in den S. Fonds zu überzeugen.

Mit E-Mail vom 28. März 2011 (K3, Bl. 40.10) nahm Dr. H. gegenüber dem Kläger Bezug auf das Telefonat und teilte ihm mit, dass die Beklagte "Ihr Angebot" annehme und dem Kläger für sein Investment von 50 Mio. € einen Kredit von 25 Mio. € gewähre. Dr. H. bat um Unterzeichnung und Rücksendung des entsprechend vorausgefüllten Zeichnungsscheins (K4, Bl. 40.11 ff.). Dieser Schein benannte den S. Fonds und enthielt die Aussage, dass dieser ausschließlich für qualifizierte Anleger bestimmt sei, die sich aufgrund des Verkaufsprospekts über diese Anlage informiert hätten; er sah die Verpflichtung des Klägers zur Zeichnung von 50.000 Aktien des Fonds für 50 Mio. € und zur entsprechenden Order "bei einer Bank seiner Wahl" mit Valuta 1. März 2011 vor; zudem enthielt er eine Formularbestätigung des Erhalts des Verkaufsprospekts seitens des Klägers und seiner Kenntnisnahme hiervon und ein gesondertes Unterschriftsfeld für die "Annahme der Zeichnung durch die Gesellschaft".

Am 29. März 2011 wurde der vom Kläger unterschriebene Zeichnungsschein per Fax an die Beklagte zurückgesandt. Der S. Fonds erhielt diesen Zeichnungsschein jedoch nie, weil die Beklagte ihn nicht an den Fonds weiterleitete. Am 30. März 2011 wurden 25 Mio. € von einem Konto der X KG auf ein Privatkonto des Klägers überwiesen (B25, Bl. 173 ff.), über das dieser uneingeschränkt verfügen konnte. Die Beklagte erwarb als Beauftragte die 50.000 Anteile am Fonds im eigenen Namen für Rechnung des Klägers als Auftraggeber (sogenanntes "Nominee-Geschäft"). Mit an die X KG adressiertem Schreiben vom 1. April 2011 (K5, Bl. 40.15) rechnete die Beklagte über den Kauf dieser Anteile einschließlich Spesen, Kommission und s. Stempelsteuer insgesamt 50.078.580,73 € ab und belastete diesen Betrag dem Privatkonto des Klägers zum 1. April 2011.

Am 16. Juni 2011 wurde ein Protokoll über eine von der Beklagten intern veranlasste "Neubegutachtung E. Business - steueroptimierte Produkte und Transkationen" erstellt (Auszüge: K40, Bl. 697 ff.). Am 8. Dezember 2011 mailte B. als Geschäftsführer der P. GmbH an Dr. H. (B7, Bl. 124), dass er über die B. GmbH zusammen mit L., dem Mitgeschäftsführer der P. GmbH, dem Kläger in finanziellen Fragen beratend und unterstützend zur Seite stehe.

Am 6. Januar 2012 wurden 5.000 klägerische Anteile am Fonds gegen Rückzahlung von 5.606.984,36 € zurückgenommen.

Am 17. April 2012 kam es zu einer Besprechung bei der X KG infolge eines Besuchs von Y und Dr. H. Ende 2012 beendeten die Parteien ihre Geschäftsbeziehung.

Am 14. Januar 2013 schlossen der Kläger und sein späterer Prozessbevollmächtigter eine Vergütungsvereinbarung hinsichtlich der vorgerichtlichen Vertretung gegenüber der Beklagten (Bl. 2174). Mit Anwaltsschreiben vom 31. Januar 2013, das der Beklagten am 1. Februar 2013 zuging, forderte der Kläger die Beklagte bis zum 20. Februar 2013 zur Zahlung von 47.129.254,72 € und zur Erteilung umfangreicher Auskünfte auf (K9, Bl. 40.27 ff.). Mit Anwaltsschreiben vom 20. Februar 2013 antwortete die Beklagte, dass sie die Ansprüche des Klägers prüfe (K10, Bl. 40.39).

Im Zusammenhang mit dem Anlagemodell des Fonds führt die S. K. ein Ermittlungsverfahren. Dieses richtete sich unter anderem gegen Mitarbeiter der Beklagten, namentlich Y, Dr. H. und G., sowie gegen Dr. B., der am Tag einer Durchsuchung in die S. floh. Hinsichtlich Y und G. sah die Staatsanwaltschaft gemäß § 153a StPO von der Erhebung der öffentlichen Klage ab.

Mit Schreiben vom 23. April 2013 (K24, Bl. 409 f.) teilte der S. Fonds dem Klägervertreter mit, dass der Kläger die Anteile nicht direkt vom Fonds erworben habe, sondern von der Beklagten durch Weiterverkauf. Mit Anwaltsschreiben vom 17. Juni 2013 (K25, Bl. 411 f.) erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den "Widerruf eines Vertrages zum Erwerb von 50.000 Anteilen des S. [Fonds ...] aus allen in Betracht kommenden Widerrufsrechten", forderte sie zur Erstattung von 50.078.580,73 € auf und bot die Rückübertragung seiner restlichen 45.000 Anteile an.

Am 6. März 2013 ging beim Landgericht U. eine Teilklage über eine Zahlung von 1 Mio. € nebst Zinsen seit 21. Februar 2013 (Zustellung 13. März 2013) und am 3. April 2013 eine Klageerweiterung auf 47.129.245,72 € nebst Zinsen aus 44.970.511,23 € seit 21. Februar 2013 ein (Zustellung 9. April 2013). Am 28. November 2013 ging eine Teilklagerücknahme auf eine verbleibende Zahlung von 1 Mio. € nebst Zinsen seit 1. April 2011 ein.

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2013 erhob die Beklagte vor dem Bezirksgericht Z. eine Klage gegen den Kläger auf Feststellung, dass sie ihm im Zusammenhang mit seinem Investment in den S. Fonds nichts schulde. Das Bezirksgericht Z. wies die Klage am 8. Mai 2014 als unzulässig ab, weil kein Feststellungsinteresse gegeben sei (K64, Bl. 1072 ff.: "Auf die Klage wird nicht eingetreten.").

Am 31. Juli 2014 erging ein Zwischenurteil des Landgerichts U., in dem die Zulässigkeit der Klage bejaht wurde (Bl. 1181 ff.).

Am 22. Oktober 2014 hob das Obergericht des Z. auf die Berufung der Beklagten den Beschluss des Bezirksgerichts Z. vom 8. Mai 2014 auf und verwies die Sache zurück (B51, Bl. 1271 ff. = B57, Bl. 1933 ff.). Mit Beschluss vom 5. Januar 2015 setzte das Bezirksgericht Z. das Verfahren gemäß Art. 27 Abs. 1 LugÜ bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Zuständigkeit des Landgerichts U. aus (B58, Bl. 1930 ff.).

Die gegen das Zwischenurteil des Landgerichts U. eingelegte Berufung der Beklagten wies das Oberlandesgericht Stuttgart mit Urteil vom 27. April 2015 zurück (Bl. 1471 ff.). Am 29. April 2015 ging beim Landgericht U. eine Klageerweiterung auf 44.807.167,07 € nebst Zinsen und Anwaltskosten ein (Zustellung 13. Mai 2015).

Der Bundesgerichtshof wies die gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 26. Juli 2016 zurück (XI ZR 223/15, Bl. 98).

Mit Beschluss vom 22. Dezember 2016 wies das Bezirksgericht Z. die Klage als unzulässig ab, weil die Zuständigkeit des Landgerichts U. für die Teilklage rechtskräftig feststehe und es im Kern um dieselbe Frage gehe (K106, Bl. 1953 ff.). Mit Beschluss vom 22. August 2017 hob das Obergericht des K. Z. auf die Berufung der Beklagten den Beschluss des Bezirksgerichts Z. vom 22. Dezember 2016 auf und verwies die Sache zurück (K127, Bl. 2712 ff.).

Der Kläger trug in erster Instanz vor, im März 2010 hätten Dr. S. und Dr. H. ihm ohne Aushändigung schriftlicher Unterlagen bzw. eines Prospekts "etwas ganz besonders Gutes" angeboten, nämlich ein jahrelang bewährtes Geschäftsmodell mit einer kurzfristigen Rendite von 10 % unter Ausnutzung einer "steuerlichen Gestaltungsmöglichkeit"; der hohe Ertrag werde durch eine Hebelung aufgrund entsprechender Fremdkapitalaufnahme erzielt; die Investition sei zu 100 % sicher und durch die A. Versicherung abgesichert.

Dr. H. habe dem Kläger erklärt, ihm nochmals eine Fondsbeteiligung anbieten zu können, nämlich den S. Fonds, im Unterschied zu den beiden Fonds aus März 2010 müsse die Transaktion diesmal aber über eine nicht näher benannte ausländische Bank abgewickelt werden; dabei hätten Dr. H. und Y ihm zugesichert und beteuert, dass das Investment nach wie vor zu 100 % sicher und ohne jedes Risiko sei; die Rendite belaufe sich auf mindestens 12 % und werde bis Oktober 2011 zusammen mit der Einlage an ihn zurückgezahlt; zudem seien das gesamte Fondsvermögen (mehr als 250 Mio. €) und damit auch seine Investition vollständig über eine Versicherung bei der A. AG abgesichert, was für ihn ein entscheidender Faktor für seine Zeichnung gewesen sei. Dr. H. und Y hätten ihm den Erwerb von 50.000 Anteilen am Fonds empfohlen, ohne ihm schriftliches Informationsmaterial oder einen Prospekt zur Verfügung gestellt zu haben; den Prospekt, zumal jener erst aus März 2011 stamme, habe die Beklagte erst mit einem Schreiben an B. vom 27. Februar 2012 zur Verfügung gestellt, von dem er dann den Prospekt erhalten habe.

Er sei dieser Empfehlung im Vertrauen auf die Mitarbeiter der Beklagten gefolgt, zumal er die wirtschaftlichen und rechtlichen Hintergründe dieser Anlage nicht habe nachvollziehen können. Er verfüge nicht über ein "F. O.", das sich um seine Kapitalanlagen kümmere; ein Mitarbeiter der X KG habe allein Korrespondenz entgegengenommen und abgeheftet. Er habe sich einzig auf die Beratung der von Dr. S. und Dr. B. unterstützen Beklagten verlassen und sei ausschließlich von Y, Dr. H. und Dr. B. beraten worden, wobei letzterer als Berater der Beklagten aufgetreten sei. Die P. GmbH sei erst nach Zeichnung des S. Fonds tätig geworden.

Eine Vertriebsvereinbarung zwischen der Beklagten und der Leitung des S. Fonds habe vorgesehen, dass die Beklagte für den Vertrieb der Fondsanteile aus den vom Anleger zu zahlenden Kosten eine Rückvergütung ("retrocession fee") von 1,2 % und eine Rücknahmegebühr ("redemption fee") von 1,0 % habe erhalten sollen.

Der S. Fonds habe im Umfang von 230.590.946,27 € (90 % des Gesamtanlagekapitals) der hemmungslosen Bereicherung seiner "Funktionsträger" gedient, zu denen neben der Beklagten jedenfalls Dr. B., Dr. S. und die O. S. AG gehört hätten und an die dieser Betrag gleich zu Beginn zu Lasten des Fonds ausgezahlt worden sei. Die Beklagte sei Teil eines internationalen kriminellen Netzwerks gewesen, das sich die hemmungslose Bereicherung zum Nachteil des Vermögens der Bundesrepublik Deutschland und der Kunden der Beklagten zum Ziel gemacht habe; die Aufgabe mehrerer leitender Mitarbeiter der Beklagten, darunter Y und Dr. H., sei gewesen, ihre Kunden über den wahren Inhalt des angebotenen S. Fonds arglistig zu täuschen. Das Geschäftsmodell des S. Fonds habe im Kern darauf beruht, dass die Kapitalertragsteuer, deren Erstattung die US-Pensionsfonds beantragten und hätten erhalten sollen, nie an die deutsche Finanzverwaltung abgeführt und dies gegenüber der Finanzbehörde planmäßig verschleiert worden sei; es werde von der Bundesregierung und dem zuständigen Bundeszentralamt für Steuern als Steuerhinterziehung qualifiziert. Es habe sich um Cum-Ex-Geschäfte mit über eine ausländische Depotbank abgewickelten Leerverkäufen von Aktien gehandelt, mit dem konzeptionsgemäßen Ziel mehrfacher Erstattung nur einmal abgeführter Kapitalertragsteuer. Die Geschäftsleiter der Beklagten seien tief in die Fondskonzeption eingebunden gewesen und hätten die unzulässigen Absprachen gekannt. Dr. H., Y und Dr. B. hätten bereits vor dem 14. Februar 2011 gewusst, dass die Finanzbehörde in einem Parallelfall die Handelsstruktur aufgedeckt und steuerlich verworfen gehabt habe.

Dr. B. und Dr. S., langjährige Rechtsberater der Beklagten, hätten das Modell des S. Fonds konzipiert. Seit Mitte 2010 habe es eine - bankintern als "P. G." bezeichnete - strategische Zusammenarbeit der Beklagten mit ihnen gegeben, in deren Rahmen Dr. B. und Dr. S. ihr Gestaltungsmodelle wie den S. Fonds zur Verfügung gestellt hätten, die die Beklagte bei ihren vermögenden Kunden platziert und durch die sie verdeckte Provisionen in Millionenhöhe vereinnahmt habe. Die Beklagte habe die Handelsstruktur gemeinsam mit unter anderem Dr. B. und Dr. S. entwickelt und sei mit ihnen Initiator des S. Fonds.

Wäre er durch die Beklagte korrekt aufgeklärt worden, hätte er den S. Fonds nie gezeichnet, da er zu einer Wette über den Ausgang eines Wettlaufs zwischen der Finanzverwaltung und der Steuergestaltungsbranche nie bereit gewesen sei, unabhängig davon, ob das Fondsmodell rechtswidrig sei.

Am 29. März 2011 seien ihm die Bedingungen wie folgt bestätigt worden: "Die Rückzahlung ist bis Ende Oktober 2011 geplant. Wie vereinbart, erhält X einen Kredit in Höhe von 25 Millionen. Laufzeit 30. März 2011 bis 28. Oktober 2011, Zinssatz 2,05938 %."

Er habe vorgerichtlich nie AGB der Beklagten erhalten; die Formularbestätigungen seien ihm nicht aufgefallen, da er täglich zig Dokumente unterschreibe. Das Gutachten des Prof. K. vom 25. März 2010 (B70, nach Bl. 2146) habe er weder beauftragt noch erhalten oder zur Kenntnis genommen, vielmehr sei es von Dr. B. und Dr. S. über Mittelspersonen ohne sein Wissen beauftragt worden, um seine Kenntnis zu konstruieren.

Er habe seinen späteren Prozessbevollmächtigten zunächst nur mit der vorgerichtlichen Vertretung beauftragt; erst nach fruchtlosem Ablauf der bis zum 20. Februar 2013 gesetzten Frist habe er Klagauftrag erteilt.

Der Kläger vertrat in erster Instanz die Ansicht, das OLG Stuttgart habe mit dem Urteil in dieser Sache vom 27. April 2015 die internationale Zuständigkeit für alle seine Ansprüche aus dem Beratungsvertrag festgestellt. Die Anlage habe ein Verbrauchergeschäft dargestellt. Die Parteien hätten zumindest konkludent einen Anlageberatungsvertrag geschlossen. Die Empfehlung der Beklagten sei nicht objektgerecht gewesen mangels Aufklärung über die Illegalität der beabsichtigten Steuererstattungen im Rahmen des Fondsmodells und über die Höhe der der Beklagten zugesagten Vergütungen sowie der damit für sie verbundenen Interessenkonflikte. Die Missbräuchlichkeit des Geschäftsmodells sei offensichtlich; es sei selbstverständlich, dass die Erstattung von Steuern bei dem Betrag enden müsse, der zuvor als Steuer entrichtet worden sei. Es lägen angesichts des erheblichen Wissens- und Erfahrungsvorsprungs der Beklagten gegenüber den Anlegern eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung und ein Betrug in einem besonders schweren Fall vor. Die Beklagte habe sich die Kenntnisse und Handlungen des Dr. B. zurechnen zu lassen. Die Beklagte habe sich ab dem 1. April 2011 in Verzug befunden ("fur semper in mora"). Bei den vorgerichtlichen Anwaltskosten sei der gesetzliche Höchstsatz anzusetzen.

Der Kläger verlangte Zahlung der 50.078.580,73 € zuzüglich 335.570,70 € Kreditzinsen abzüglich der ausbezahlten 5.606.984,36 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung der Anteile sowie vorgerichtliche Anwaltskosten nebst Zinsen und die Feststellung des Annahmeverzugs.

Der Kläger hat in erster Instanz beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 44.807.167,07 € nebst Zinsen in Höhe von jeweils 5 % aus 50.078.580,73 € vom 1. April 2011 bis 6. Januar 2012 und aus 44.807.167,07 € seit dem 7. Januar 2012 zu zahlen Zug um Zug gegen Rückübertragung von 45.000 Anteilen des Klägers an dem S. S. S.-F. E. A. Fund an die Beklagte,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 272.224,40 € nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. April 2013 zu zahlen, hilfsweise ihn von diesem Anspruch seines Prozessbevollmächtigten freizustellen,

festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Anteile in Verzug befindet.

Die Beklagte hat in erster Instanz beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptete, der Kläger sei auf eine Beratung durch sie nicht angewiesen gewesen, vielmehr sei er durch einen internen Beraterstab aus fachkundigen Mitarbeitern seines Unternehmens beraten worden, zudem hätten ihn offenbar Dr. B. und Dr. S. - die Berater der Fondsgesellschaft - extern beraten; noch im Dezember 2011 sei er durch die P.C. GmbH beraten worden. Sie habe stets nur eine ausführende Rolle im Sinne eines "execution only" übernehmen sollen. Der Kläger habe sich im Frühjahr 2011 nach den mit den vergleichbaren Fonds aus dem März 2010 erzielten Erfolgen von sich aus bei der Beklagten nach weiteren derartigen Fondsprodukten erkundigt, da er wieder in Dividend A. Fonds habe investieren wollen. Daraufhin hätten die Parteien zusammen mit Dr. B. und Dr. S. ein mögliches Investment der X-Gruppe in den S. Fonds erörtert. Bei der Reduzierung der Investitionssumme von 150 Mio. € auf 75 Mio. € und schließlich 50 Mio. € sei das jeweilige Beteiligungsangebot wieder vom Kläger nach intensiver Abstimmung mit seinen Beratern gekommen. Ausschlaggebend für die Anlageentscheidung des Klägers sei sein unmittelbar zuvor am 28. März 2011 mit Dr. B. geführtes Telefonat gewesen, also gerade keine Beratung durch sie.

Im Prospekt seien die Chancen und Risiken des S. Fonds umfassend geschildert worden, einschließlich des Totalverlustrisikos und des Steuererstattungsverfahrens; Indizien sprächen dafür, dass dem Kläger der Prospekt vor seiner Entscheidung vorgelegen habe.

Der Kläger sei ein ebenso risikobewusster wie -freudiger Unternehmer/Anleger und der Beklagten gegenüber als erfahrener und mit komplexen Finanzprodukten vertrauter Investor aufgetreten. Dennoch habe auch sie ihm die Funktionsweise und die Risiken des Fonds erklärt, obwohl bereits der Prospekt für eine etwaige Beratung ausreichend gewesen sei. Zudem habe der Kläger vor Zeichnung der Fonds im März 2010 von Prof. K. ein Privatgutachten erstellen lassen (B70, nach Bl. 2146) und daraus Wirkweise, Struktur und Risiken von D. A. I. gekannt; entsprechende Risiken seien ihm zusätzlich aus den betreffenden Prospekten bekannt gewesen. Der Kläger sei entsprechend ihrem Kenntnisstand über die Funktionsweise und die wesentlichen Risiken seines Investments informiert gewesen; sie habe ihm insbesondere keine Informationen über vermeintliche Leerverkäufe, Absprachen oder doppelte Steuererstattungen bewusst vorenthalten. Die Versicherungsdeckung entspreche dem eingesetzten Anlagekapital. Eine Rückvergütung sei nicht an sie gezahlt worden.

Die 25 Mio. € Eigenkapital stammten von der X KG, um deren Investment es sich handele, weshalb der Kläger nicht aktivlegitimiert sei. Die X KG sei maßgeblich an der Vorbereitung, Finanzierung und Abwicklung der Anlage beteiligt gewesen. Die Parteien hätten die bei ihr geführten Konten der X.-Gruppe als "Kontoverbund X" verstanden. Im April 2011 habe die X-Gruppe den dringenden Wunsch nach einer klaren Trennung ihres Vermögens vom Privatvermögen des Klägers geäußert, was bis zur Beendigung der Geschäftsbeziehung der Parteien nicht mehr gelungen sei (B36, Bl. 596 f.).

Sie habe dem Kläger die AGB vom 1. Januar 2011 mit Schreiben vom 10. Dezember 2010 (B43, Bl. 1001 f.) bekannt gegeben. Zudem habe der Kläger bei jeder Kontoeröffnung die AGB vom 1. Januar 2005 erhalten.

Die Beklagte vertrat in erster Instanz die Ansicht, der Kläger habe die Anlage als Unternehmer gezeichnet; allein schon das Volumen spreche gegen die Annahme eines Verbrauchergeschäfts. An der wirksamen Einbeziehung der AGB bestünden keine Zweifel. Hinsichtlich der Klageerweiterung vom April/Mai 2015 sei das Verfahren gemäß Art. 27 Abs. 1 LugÜ auszusetzen, bis die S. Gerichte über ihre Zuständigkeit rechtskräftig entschieden hätten. Es fehle an einem Anlageberatungsvertrag zwischen den Parteien. Sie hätte auch keine Pflicht aus einem solchen Vertrag verletzt. Das Gutachten von Dr. B. bestätigte die Zulässigkeit der vom S. Fonds umgesetzten Strategie, insbesondere, dass darin kein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 42 AO gelegen habe; die deutschen Steuerbehörden hätten das Rückerstattungsprozedere modifiziert und damit die Konzeption gerade nicht als rechtswidrig eingestuft. Selbst wenn die US-Pensionsfonds ohne ihr Wissen von einem Leerverkäufer gekauft haben sollten, entfiele ihre Berechtigung zur Erstattung der Kapitalertragsteuer nicht; erst recht nicht aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht. Die Beklagte habe davon ausgehen dürfen, dass keine Absprachen bestanden. Jedenfalls treffe den Kläger ein Mitverschulden. Dem Kläger stehe kein Widerrufsrecht zu.

Das Landgericht hat die Akten der Staatsanwaltschaft K., Az.: 113 Js 952/13 (Bl. 1847 = CD) und 113 Js 2191/15, beigezogen.

Das Landgericht hat am 22. Mai 2017 ein Urteil verkündet. Auf Antrag des Klägers hat es am 11. September 2017 zum Annahmeverzug ein Ergänzungsurteil verkündet.

Im Übrigen wird auf den Tatbestand der landgerichtlichen Urteile Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage weit überwiegend stattgegeben und dabei Zinsen auch auf die Hauptforderung in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zugesprochen, hinsichtlich von Zinsen auf die Hauptforderung vor dem 21. Februar 2013 und Zinsen auf die Anwaltskosten aus mehr als 163.344,16 € vor dem 14. Mai 2015 hat es die Klage im Übrigen abgewiesen. Es hat dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Zulässigkeit der Klage sei durch das rechtskräftige Urteil des OLG Stuttgart auch für die Gesamtklage bindend festgestellt und zudem aus den inhaltlichen Gründen jener Entscheidung zu bejahen. Das Verfahren sei nicht gemäß Art. 27 Abs. 1 LugÜ im Hinblick auf die negative Feststellungsklage der Beklagten vor dem Bezirksgericht Z. auszusetzen; bei einer Aussetzung kämen sämtliche Verfahren hinsichtlich der über die Teilklage hinausgehenden Forderungen zum Stillstand, zudem sei das Bezirksgericht Z. das später angerufene Gericht. Es sei deutsches Recht anzuwenden, da ein Verbrauchervertrag vorliege und die Parteien keine wirksame Rechtswahl vereinbart hätten, weil die Klauseln gegen das Transparenzgebot verstießen und unzulässig eine Rechtswahl für außervertragliche Schuldverhältnisse begründeten.

Der Kläger könne Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem jedenfalls stillschweigend geschlossenen Anlageberatungsvertrag verlangen. Die Beklagte habe ihre Beratungspflichten jedenfalls dadurch verletzt, dass sie dem Kläger fälschlich zugesichert habe, seine gesamte Einlage sei durch die A.-V. gegen Verlust versichert, und dass sie ferner nicht darüber aufgeklärt habe, dass sie selbst aus den vom Anleger zu zahlenden Kosten Rückvergütungen habe erhalten sollen. Die zu vermutende Kausalität für die Anlageentscheidung sei durch die Beklagte nicht ansatzweise widerlegt worden. Auch das vermutete Verschulden der Beklagten sei von der Beklagten nicht widerlegt. Der Kläger könne als Schadensersatz die Rückzahlung seines Anlagekapitals und die Kreditzinsen verlangen.

Verzug sei erst mit Ablauf der auf den 20. Februar 2013 gesetzten Frist eingetreten. Besondere Gründe, die einen sofortigen Verzugseintritt rechtfertigten, lägen nicht vor; eine Mahnung sei dem Kläger zumutbar gewesen. Ein Widerrufsrecht habe dem Kläger nicht zugestanden, da eine Überrumpelungssituation nicht fortgewirkt habe und bei einem Fernabsatzvertrag ein Widerrufsrecht hier nach § 312d Abs. 4 Nr. 6 BGB a. F. nicht bestehe. Der Kläger habe den Zahlungsvorgang autorisiert, weshalb ihm kein Anspruch aus § 675u BGB zustehe. Für die Order von Anteilen des S. Fonds habe mit dem Ordervertrag ein Rechtsgrund bestanden. Ob ein deliktischer Anspruch bestehe, könne offenbleiben, da auch ein solcher nicht gemäß § 849 BGB ab Belastung des klägerischen Kontos zu verzinsen sei.

Die Anwaltskosten könne der Kläger gemäß § 249 BGB als zweckentsprechende Rechtsverfolgung verlangen. Der Ansatz der Höchstgebühr sei gerechtfertigt. Der Freistellungsanspruch habe sich spätestens durch die in der Klageerwiderung liegende ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung in einen Zahlungsanspruch umgewandelt. Zinsen hierauf könnten mit Ablauf der Zahlungsfrist, also jedenfalls wie beantragt, auf den damals geltend gemachten Betrag gefordert werden, im Übrigen seit Rechtshängigkeit der betreffenden Klageerweiterung.

Die Beklagte habe sich im Annahmeverzug befunden, da das wörtliche Angebot des Klägers aus dem Anwaltsschreiben vom 31. Januar 2013 genügt habe.

Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe der landgerichtlichen Urteile Bezug genommen.

Die Beklagte verfolgt mit der Berufung ihren erstinstanzlichen Antrag auf volle Klagabweisungweiter.

Sie wiederholt ihre Auffassung, das Verfahren sei hinsichtlich der Klagerweiterung auszusetzen, ein Verbrauchervertrag sei nicht gegeben, s. Recht sei anzuwenden und ein Anlageberatungsvertrag liege nicht vor. Sie führt weiter aus, das Landgericht habe widersprüchlichen und damit prozessual unbeachtlichen Vortrag des Klägers zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht, sich auf von keiner Partei vorgetragene und unzutreffende Tatsachen gestützt sowie maßgeblichen Vortrag der Beklagten im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 15. Mai 2017 übergangen und damit ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Selbst ein Anspruch auf Provisionszahlung begründe keine Pflichtverletzung, da die Grundsätze zur Aufklärung über Rückvergütungen keine Anwendung fänden.

Sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag, sie habe den Kläger nicht (kausal) beraten. Jedenfalls habe der Kläger keiner ihr anzulastenden Fehlvorstellung über das Anlageprodukt unterlegen. Sie habe keine Beratungspflichten verletzt; der Kläger sei zutreffend über die Versicherung informiert gewesen. Sie führt weiter aus, sie habe keinen Anspruch auf Provisionen, Rückvergütungen oder Rücknahmegebühren gehabt, sondern nur Verhandlungen mit der Fondsgesellschaft über eine Provisions- bzw. Vertriebsvereinbarung geführt, zu deren Abschluss es aber nicht gekommen sei; über die Möglichkeit der Vereinnahmung von Provisionen sei der Kläger informiert gewesen.

Die Beklagte beantragt,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts U. vom 22. Mai 2017 (Az. 4 O 66/13) die Klage abzuweisen,

unter Aufhebung des Ergänzungsurteils des Landgerichts U. vom 11. September 2017 (Az. 4 O 66/13) den Antrag, festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Anteile in Verzug befindet, zurückzuweisen.

Der Kläger, der zunächst mit dem Ziel weiterer Zinsen auf die Hauptforderung selbst Berufung einlegte, diese aber zurücknahm (Bl. 3187), beantragt,


die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts U. vom 22. Mai 2017 und gegen das Ergänzungsurteil vom 11. September 2017, Az.: 4 O 66/13, zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt die angegriffene Entscheidung. Er wiederholt und vertieft seinen Vortrag zu Falschangaben und Verschweigen hinsichtlich der Versicherung, einer Rückvergütung, der Verwendung des angelegten Geldes und der Rechtswidrigkeit des Fondskonzepts und betont, dass die Fehlinformationen bewusst wahrheitswidrig gewesen seien.

Zum weiteren Vorbringen der Parteien wird auf die vorgelegten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Parteivernehmung des Klägers und Vernehmung des Zeugen Prof. S. Hierzu wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 2018 (Bl. 3190 ff. bzw. Bl. 3193 f.)

II.

Die Berufungen der Beklagten sind zulässig, aber unbegründet. Die Klage ist zulässig und jedenfalls im vom Landgericht zugesprochenen Umfang begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung gemäß § 280 Abs. 1 BGB. Ob darüber hinaus deliktische Ansprüche bestehen, kann deshalb dahinstehen.

Das Verfahren ist nicht gemäß Art. 27 Abs. 1 des (revidierten) Luganer Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30. Oktober 2007 (im Folgenden: LugÜ) auszusetzen (1.). Die Klage ist zulässig, insbesondere sind die deutschen Gerichte international zuständig (2.). Es ist deutsches Sachrecht anzuwenden (3.). Der Kläger ist aktivlegitimiert (4.). Die Parteien haben einen konkludenten Anlageberatungsvertrag geschlossen (5.). Die Beklagte hat Pflichten aus dem Beratungsvertrag verletzt (6.) Die Pflichtverletzungen der Beklagten waren für die Entscheidung des Klägers kausal (7.) Dem Kläger ist der geltend gemachte Schaden entstanden (8.) Ein Mitverschulden des Klägers lag nicht vor (9.) Dem Kläger stehen die verlangten Rechtsanwaltskosten (10.) und Zinsen (11.) zu. Der Annahmeverzug ist gegeben (12.).

1. Das Verfahren ist nicht gemäß Art. 27 Abs. 1 LugÜ auszusetzen. Dies folgt zwar nicht aus Art. 33 Abs. 1 und 3 LugÜ (a) oder aus der bereits erfolgten Aussetzung in der S. (b), indes liegen die Voraussetzungen für eine Aussetzung nicht vor (c).

a) Eine Aussetzung scheitert - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht bereits daran, dass die Entscheidungen des Bezirksgerichts Z., insbesondere die Aussetzung des dortigen Verfahrens, und des Obergerichts des K. Z., insbesondere mit Blick auf deren Begründung zur Priorität, gemäß Art. 33 Abs. 1 LugÜ anzuerkennen wären. "Entscheidungen" im Sinne dieser Vorschrift liegen nicht vor.

aa) Gemäß Art. 32 LugÜ ist unter "Entscheidung" jede von einem Gericht erlassene Entscheidung zu verstehen, ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung wie z. B. Urteil oder Beschluss. Dabei handelt es sich (nur) um - alle Arten von - Endentscheidungen (vgl. MüKo-ZPO/Gottwald, 5. Auflage 2017, Brüssel Ia-VO, Art. 36, Rdnr. 8, und Art. 2, Rdnr. 2). Nicht darunter fallen hingegen verfahrensrechtliche Zwischenentscheidungen (vgl. Musielak/Voit/Stadler, ZPO, 15. Auflage 2018, Art. 2 EuGVVO n. F., Rdnr. 2), auch wenn sie nach dem Recht des Erststaates in materielle Rechtskraft erwachsen (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 32. Auflage 2018, Art. 36 EuGVVO, Rdnr. 18). Bei den Entscheidungen der S. Gerichte zur Aussetzung handelt es sich um solche verfahrensrechtlichen Zwischenentscheidungen.

bb) Dies gilt jedenfalls hier insbesondere im Hinblick darauf, dass es sich um eine prozessuale Zwischenentscheidung nach dem Abkommen handelte. Deren Anerkennung hätte gegebenenfalls unmittelbar in Art. 27 LugÜ geregelt werden können.

b) Eine Aussetzung wird auch im Übrigen nicht dadurch gehindert, dass das Verfahren in der S. ausgesetzt wurde.

aa) Ob die ausländische Rechtshängigkeit früher eingetreten ist als die deutsche, entscheidet das deutsche Gericht selbständig und ohne Bindung an die Rechtsansicht und die tatsächlichen Feststellungen des ausländischen Gerichts; keinem der beteiligten Gerichte ist die alleinige Kompetenz für die verbindliche Entscheidung der Frage übertragen, welches Gericht zuerst angerufen wurde (vgl. Geimer, IZPR, 7. Auflage 2015, Rdnr. 2704b).

bb) Das später angerufene Gericht muss sein Verfahren von Amts wegen aussetzen, auch wenn seine Zuständigkeit aufgrund einer Gerichtsstandsvereinbarung geltend gemacht wird (vgl. EuGH, Plenum, Urteil vom 9. Dezember 2003, Az.: C-116/02, abgedruckt in EuZW 2004, 188, zu dem mit Art. 27 LugÜ inhaltsgleichen Art. 21 EuGVÜ). Art. 29 LugÜ enthält keine Regelung wie - mittlerweile - Art. 31 Abs. 2 EuGVVO, demgemäß auch ein früher angerufenes Gericht auszusetzen hat, wenn das andere Gericht das in einer Gerichtsstandsvereinbarung bestimmte ist, allerdings gemäß Art. 31 Abs. 4 EuGVVO ohnehin nicht z. B. in Verbrauchersachen.

cc) Es ist zwar richtig, dass den Parteien eine Sachentscheidung verwehrt wird, wenn alle Gerichte ihr jeweiliges Verfahren nach Art. 27 Abs. 1 LugÜ aussetzen. Hier kommt hinzu, dass sich das Obergericht des K. Z. ausweislich seiner Entscheidung vom 22. August 2017 für in diesem Verfahren an die in seinem Beschluss vom 22. Oktober 2014 vertretene Rechtsauffassung gebunden hält, solange sich nicht die Rechtsprechung des S. Bundesgerichts oder des Gerichtshofs der Europäischen Union zur maßgeblichen Frage ändern.

(1) Für einen solchen - etwaigen - negativen Kompetenzkonflikt enthält das Übereinkommen keine Regelung (vgl. Musielak/Voit/Stadler, ZPO, 15. Auflage 2018, Art. 29 EuGVVO n. F., Rdnr. 1, Fn. 1; s. a. Geimer, IZPR, 7. Auflage 2015, Rdnr. 2704f f.). Die Sonderregelung in Art. 33 Abs. 2 lit. a EuGVVO, wonach ein Verfahren, das im Hinblick auf ein Verfahren vor dem Gericht eines Drittstaats ausgesetzt wurde, wieder fortgesetzt werden kann, wenn das Verfahren vor dem Gericht des Drittstaats ebenfalls ausgesetzt wurde, zeigt im Übrigen, dass eine solche Möglichkeit bei Art. 29 EuGVVO grundsätzlich gerade nicht vorgesehen ist, und damit auch nicht beim inhaltsgleichen Art. 27 LugÜ. Diese Lösung für den Fall einer doppelten Aussetzung bietet das Abkommen daher nicht unmittelbar.

(2) Dies führt indes nicht dazu, dass das zuerst über diese Frage - rechtskräftig - entscheidende Gericht eine Entscheidungsprärogative erhält (vgl. auch das S. Bundesgericht, Urteil vom 26. September 1997, abgedruckt in BGE 123 III 414, das die Berufung gegen eine Aussetzung zurückwies, obwohl auch der High Court of Justice in L. sein Verfahren ausgesetzt hatte; letztere Entscheidung war zwar angefochten, hierauf nahm das Bundesgericht indes keinen weiteren Bezug). Daher ist auch eine Aussetzung beider Verfahren grundsätzlich möglich. Es kann an dieser Stelle dahinstehen, wie zu verfahren ist, wenn auch das zweite Gericht aussetzt und das erste Gericht hierauf ausdrücklich erklärt, es halte an seiner Aussetzung ebenfalls fest.

c) Die Voraussetzungen für eine Aussetzung nach Art. 27 Abs. 1 LugÜ liegen nämlich nicht vor. Das Landgericht U. war das zuerst angerufene Gericht.

Der Kläger erhob die Teilklage vor dem Landgericht U., bevor die Beklagte ihre negative Feststellungsklage vor dem Bezirksgericht Z. erhob. Hierauf kommt es auch hinsichtlich der (aufgrund der zwischenzeitlichen teilweisen Rücknahme: späteren) Klageerweiterung an.

aa) Zwei Rechtsstreitigkeiten, die auf derselben Grundlage (Sachverhalt und Rechtsvorschrift), nämlich demselben Vertragsverhältnis beruhen, betreffen denselben Anspruch, wenn sie auch denselben Gegenstand (Zweck) haben, wofür - unabhängig von der formalen Identität - ihr Kernpunkt entscheidend ist (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 1987, Az.: 144/86, abgedruckt in NJW 1989, 665; EuGH, Urteil vom 6. Dezember 1994, Az.: C-406/92, abgedruckt in EuZW 1995, 309, jeweils zu Art. 21 EuGVÜ; ausdrücklich zum LugÜ jetzt EuGH, Urteil vom 20. Dezember 2017, Az.: C-467/16, abgedruckt in FamRZ 2018, 286; sogenannte "Kernpunkttheorie"). Dabei bewirkt der Umstand, dass Anträge im einen Fall negativ, im anderen aber positiv formuliert sind, nicht, dass die beiden Rechtsstreitigkeiten unterschiedliche Gegenstände hätten; eine Klage, die auf Zahlung von Schadensersatz gerichtet ist, betrifft denselben Anspruch wie eine von diesem Beklagten früher erhobene Klage auf Feststellung, dass er für diesen Schaden nicht haftet (EuGH, Urteil vom 6. Dezember 1994, Az.: C-406/92, a. a. O.). Auf den Streitgegenstandsbegriff der jeweiligen lex fori oder lex causae kommt es dabei nicht an (vgl. z. B. Geimer, IZPR, 7. Auflage 2015, Rdnr. 2694a).

bb) Gemeinsamer Kernpunkt der von den Parteien erhobenen Klagen ist hier die Frage, ob dem Kläger Ansprüche gegen die Beklagte im Zusammenhang mit der Kapitalanlage des Klägers in den S. Fonds zustehen. Dies war bereits bei der Teilklage des Klägers der Fall, und zwar insbesondere auch hinsichtlich des die Teilklage übersteigenden Feststellungsbegehrens. Es geht nämlich im Kern jeweils um die Frage, ob dem Kläger dieselbe Gesamtforderung gegen die Beklagte zusteht. Es handelt sich jeweils um denselben streitigen Beratungsvertrag und jeweils um dieselbe Schadensersatzposition.

Nicht zuletzt war hier die zunächst erhobene Teilklage nicht auf einen Teil des Anspruchs (im Sinne des Art. 27 LugÜ) beschränkt, der sich unzweifelhaft vom restlichen Anspruch abgrenzen ließe und einen anderen Kern hätte; dies könnte möglicherweise der Fall sein, wenn nur bestimmte Positionen geltend gemacht werden, bei denen - trotz an sich gleichem Grundsachverhalt - im Kern kein Zusammenhang mit weiteren, nicht geltend gemachten Positionen besteht, weil der Schwerpunkt auf den zu den einzelnen Positionen bestehenden Unterschieden liegt, was hier indes nicht der Fall ist. Auch gerade die von der Beklagten in der S. erhobene Feststellungsklage erfasste - von einer Abgrenzbarkeit ganz abgesehen - ausdrücklich den mit der Teilklage bereits erhobenen Anspruch, wie der Antrag zeigt; erst neuerdings führte die Beklagte aus, die negative Feststellungsklage setze oberhalb des Betrages von 1 Mio. € aus der Teilklage an und jetzt werde sie ihre Klage nur insoweit weiterverfolgen, als die Zuständigkeit nicht feststehe, und sie "nunmehr" auf den Mehrbetrag begrenzen.

cc) Nicht ergiebig ist der von der Beklagten angeführte Vergleich mit einer (nur) teilweisen Identität der Parteien, wo eine Aufspaltung des Rechtsstreits erfolgt (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 6. Dezember 1994, Az.: C-406/92, abgedruckt in EuZW 1995, 309). Jene betrifft die Frage, ob die Klage zwischen "denselben Parteien" anhängig ist, während hier zu klären ist, ob dies wegen "desselben Anspruchs" erfolgte. Die Frage nach einer Identität der Parteien richtet sich nicht nach einem "Kernpunkt" des Rechtsstreits; eine Partei ist entweder am Rechtsstreit beteiligt oder nicht.

dd) Daher führt auch eine teilweise Identität der Gegenstände dazu, dass das später angerufene Gericht auszusetzen hat (vgl. Schlosser, EuZPR, 2. Auflage 2003, Art. 27 EuGVVO, Rdnr. 4; Schack, IZVR, 6. Auflage 2014, Rdnr. 849; möglicherweise auch Zöller/Geimer, ZPO, 32. Auflage 2018, Art. 29 EuGVVO, Rdnr. 25c, der bei einer Klageerweiterung die Prioritätsfrage bei nicht gegenstandsgleichen Klagen neu stellen will; s. a. Kropholler, EuZPR, 8. Auflage 2005, Art. 27 EuGVVO, Rdnr. 9, der allerdings von "insoweit aussetzen" spricht; ebenso Rauscher/Leible, EuIPR, Art. 29 Brüssel Ia-VO, Rdnr. 21; a. A. MüKo-ZPO/Gottwald, 5. Auflage 2017, Brüssel Ia-VO, Art. 29, Rdnr. 12) bzw. es sich auch hinsichtlich einer späteren Klageerweiterung im früheren Verfahren, die den Kernpunkt betrifft, noch um das früher angerufene Gericht handelt.

Dies entspricht der Ansicht des Obergerichts des K. Z. zum Rechtsstreit zwischen den Parteien im Beschluss vom 22. Oktober 2014, Geschäfts-Nr.: LB140049-O/U (B51, Bl. 1271 ff., m. w. N.). Eine Bindung an diese Rechtsansicht besteht nicht (s. o.). Allerdings ist zu berücksichtigen, dass zur Förderung einer einheitlichen Interpretation Art. 1 des Protokolls Nr. 2 über die einheitliche Auslegung des Übereinkommens vorschreibt, dass die Gerichte jedes Vertragsstaates den Grundsätzen gebührend Rechnung tragen, die in maßgeblichen Entscheidungen der Gerichte der anderen Vertragsstaaten zu den Bestimmungen des Luganer Übereinkommens entwickelt wurden; damit soll einer schleichenden Erosion der Rechtseinheit in der Rechtsanwendung der Gerichte der Abkommensstaaten durch bewusste einheitsfördernde Interpretation begegnet werden (vgl. Schweizerisches Bundesgericht, Urteil vom 26. September 1997, abgedruckt in BGE 123 III 414, zum ursprünglichen Luganer Übereinkommen vom 16. September 1988). Dies spricht ergänzend für ein entsprechendes Verständnis des Art. 27 LugÜ.

ee) Den von der Beklagten vorgebrachten Einwänden, die sich auf mögliche Fälle einer missbräuchlichen Klageerhebung beziehen, kann dadurch begegnet werden, dass im Einzelfall bei - autonom festzustellendem - offensichtlichem Rechtsmissbrauch das später angerufene Gericht von einer Aussetzung nach Art. 27 LugÜ absieht (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 32. Auflage 2018, Art. 32 EuGVVO, Rdnr. 13; Musielak/Voit/Stadler, ZPO, 15. Auflage 2018, Art. 29 EuGVVO n. F., Rdnr. 8 und Fn. 49 f., ebenso Rauscher/Leible, EuIPR, Art. 29 Brüssel Ia-VO, Rdnr. 36; Tribunal de Grande Instance de Paris, Entscheidung vom 9. März 2001, Case. No. 00/04083, ins Englische übersetzt abgedruckt in IIC 2002, 225, zu Art. 21 EuGVÜ, mit kritischer Anmerkung Véron, der für eine EuGH-Vorlage plädiert; abstrakt zu Rechtsmissbrauch in Bezug auf das LugÜ Schweizerisches Bundesgericht, Urteil vom 14. März 2018, Az.: 4A 417/2017).

Hier kann von einem Rechtsmissbrauch nicht die Rede sein. Nicht zuletzt kam die teilweise Klagerücknahme und spätere Klagerweiterung angesichts der geringeren Kosten des ersten Berufungsverfahrens gerade der Beklagten zugute, der diese Kosten auferlegt wurden.

ff) Selbst für den Fall, dass man die Ansicht verträte, dass Zweifel an dieser Rechtsansicht bestehen könnten, hielte es der Senat im hiesigen Rechtsstreit nicht für angebracht, entsprechende Fragen gemäß Art. 267 Abs. 2 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorzulegen. Dieser ist zwar - für die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union - für die Auslegung jedenfalls des revidierten Luganer Übereinkommens zuständig, das die Europäische Union ratifiziert hat und das Teil des Unionsrechts ist. Eine Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV besteht indes schon angesichts der Zulassung der Revision nicht. Eine Vorlagepflicht hätte hier ohnehin nicht bestanden; eine solche tritt in Fällen der zulassungsgebundenen Revision nur ein, wenn die Nichtzulassung der Revision nicht mit dem Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde anfechtbar ist (vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 3. März 2014, Az.: 1 BvR 2083/11, abgedruckt in VersR 2014, 1485).

2. Die Klage ist zulässig. Insbesondere sind die deutschen Gerichte international zuständig. Einwände gegen die Zulässigkeit im Übrigen sind nicht ersichtlich; soweit die Beklagte darauf verwies, der Kläger müsse im Hinblick auf (vor)vertragliches Aufklärungsverschulden einerseits und den Widerruf andererseits eine Prüfungsreihenfolge vorgeben (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2016, Az.: XI ZR 254/15, abgedruckt in BGHZ 211, 189), hat der Kläger den Aspekt des Widerrufs ausdrücklich fallenlassen (Bl. 3189).

a) Die internationale Zuständigkeit richtet sich nach dem Luganer Übereinkommen. Dieses ist gemäß Art. 63 Abs. 1 LugÜ auch intertemporal anzuwenden, da die Klage im Jahr 2013 erhoben wurde, nachdem das Übereinkommen im Ursprungsstaat, d. h. im Verfahrensstaat, nach der auch für die Bundesrepublik Deutschland wirkenden Ratifikation durch die Europäische Union und Norwegen gemäß Art. 69 Abs. 4 LugÜ am 1. Januar 2010 in Kraft getreten war; auch für die Schweiz war im Übrigen das Übereinkommen gemäß Art. 69 Abs. 5 LugÜ am 1. Januar 2011 in Kraft getreten.

b) Die deutschen Gerichte sind international zuständig gemäß Art. 15 Abs. 1 lit. c, Art. 16 Abs. 1 Var. 2 LugÜ, da der Kläger hier als Verbraucher gehandelt hat.

aa) Gegenstand des Verfahrens ist ein (streitiger) Kapitalanlageberatungsvertrag, den der Kläger zu einem Zweck - der Anlage seines privaten Vermögens - schloss, der nicht seiner gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, mithin als Verbraucher.

Der Begriff des Verbrauchers ist eng auszulegen und nach der Stellung dieser Person innerhalb des konkreten Vertrages in Verbindung mit dessen Natur und Zielsetzung und nicht nach der subjektiven Stellung dieser Person zu bestimmen, so dass ein und dieselbe Person im Rahmen bestimmter Geschäfte als Verbraucher und im Rahmen anderer als Unternehmer angesehen werden kann. Die Vorschriften sind nur anwendbar, wenn der Zweck des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages nicht in einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit besteht, sondern der Vertrag ohne Bezug zu und unabhängig von einer solchen geschlossen wurde (vgl. EuGH, Urteil vom 3. Juli 1997, Az.: C-269/95, abgedruckt in WM 1997, 1549 [BGH 14.01.1997 - KZR 41/95]; EuGH, Urteil vom 20. Januar 2005, Az.: C-464/01, abgedruckt in NJW 2005, 653 jeweils zu Art. 13 und 14 EuGVÜ). Maßgeblich sind Inhalt, Art und Zweck des Vertrages sowie die objektiven Umstände bei Vertragsschluss (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Januar 2005, Az.: C-464/01, abgedruckt in NJW 2005, 653, zu Art. 13 und 14 EuGVÜ und zur Frage einer untergeordneten Bedeutung des beruflich-gewerblichen Zwecks bei einem doppelten Zweck dienenden Verträgen).

Der Senat hat zur Teilklage im hiesigen Verfahren in seinem Urteil vom 27. April 2015, Az.: 5 U 120/14, abgedruckt in RIW 2015, 762, zu den maßgeblichen Umständen ausgeführt, die wie folgt nochmals zusammengefasst werden:

(1) Sämtliche relevanten Vertragsunterlagen, sowohl für die Konto- und Depoteröffnung als auch für die Zeichnung der Anlage, nannten den Kläger selbst unter seiner Privatanschrift als Vertragspartei. Die Bank kommunizierte mit ihm als Empfänger und nicht nur als Ansprechpartner, auch wenn die X KG in den Unterlagen auch als Postanschrift vermerkt war. Abgewickelt wurde die Anlage über ein Konto, das für den Kläger als Privatperson geführt wurde. Das Finanzierungsdarlehen wurde dem Kläger persönlich gewährt, nicht einer Gesellschaft, an der er beteiligt ist.

(2) Mit dem Begriff "Unternehmer" beantwortete der Kläger bei der Kontoeröffnung schlicht - und zutreffend - die Frage nach seinem Beruf, ohne dass dies Aufschluss über den objektiven Zweck des konkreten Geschäfts zu geben geeignet wäre. Der Kläger ist von Beruf Unternehmer und befasst sich somit auch von Berufs wegen mit Kapitalanlagen; allerdings ist letzteres auch nicht der Geschäftszweck seiner Unternehmen. Im Übrigen bedeutet die berufliche Befassung mit Kapitalanlagen nicht, dass jedweder Geschäftsabschluss im Rahmen der Verwaltung des eigenen Vermögens der beruflichen Sphäre zuzuordnen sein muss. Deswegen kommt es auch nicht darauf an, ob bei früheren Anlagengeschäften der Kläger um Beratung nachgefragt bzw. diese erhalten hatte.

(3) Eine von der Beklagten behauptete "Verflechtung" beider Sphären bestand nicht. Die Zuordnung zur einen oder zur anderen Sphäre war für die Beklagte nach den dargelegten objektiven und formalen Kriterien erkennbar. Im Übrigen ist die Darstellung des Klägers, dass es bei der "Verflechtung" nur um eine einzige Besicherung persönlicher Schulden durch die KG gegangen sei, die bei der streitgegenständlichen Anlage ohnehin nicht in Rede steht, nachvollziehbar und wird durch die Bezugnahme der Beklagten auf ausschließlich eigene Unterlagen nicht in Zweifel gezogen. Die Beklagte mag ein gemeinsames "Reporting" aller Konten des Klägers und der X-Gruppe gemacht haben, indes waren die Konten auch dort sauber getrennt. Der Ausnahmefall, dass für den Vertragspartner die Zuordnung zur privaten Sphäre nicht erkennbar wird, weil der Verbraucher sie - fahrlässig oder vorsätzlich - verschleiert, etwa durch Verwendung des geschäftlichen Briefkopfes für eine private Bestellung, lag aus den genannten Gründen nicht vor.

(4) Weder die Vermögensverhältnisse des Kunden noch der Umfang oder die Komplexität der konkreten Kapitalanlage, die gezeichnet wird bzw. hinsichtlich der die Beratung erfolgt oder erfolgen soll, sprechen für sich gesehen oder zusammen gegen eine Einordnung als Verbrauchergeschäft. Diese Aspekte sind nicht geeignet, Aufschluss über den objektiven Zweck des konkreten Geschäfts zu geben. Im Übrigen widerspräche es dem Zweck des Art. 15 LugÜ, solche Geschäfte grundsätzlich aus seinem Anwendungsbereich herauszunehmen, weil nämlich vermögende Anleger ebenfalls schutzbedürftig sein können, erst recht, wenn eine komplexe Kapitalanlage in Rede steht. Entscheidend ist aber, dass eine solche Handhabung dem Anliegen des Abkommens zuwiderliefe, klare und vorhersehbare Kriterien für die Abgrenzung zu schaffen, damit seine Vorschriften gleichmäßig angewandt werden können. Die gebotene Abstraktion spricht dagegen, bestimmten Personen gleichsam aus Statusgründen die Anwendung der Verbraucherschutzvorschriften zu versagen. Dass der Kläger die Absicht hatte, mit der streitgegenständlichen Anlage (auch beträchtlichen) Gewinn zu erzielen, ist solchen Geschäften immanent.

(5) Aus den gleichen Gründen kommt es nicht in Betracht, ein Verbrauchergeschäft deswegen abzulehnen, weil der Kläger ein erfahrener und risikofreudiger Anleger sei. Wie dargelegt, gebieten es Gründe der Rechtssicherheit, Vorhersehbarkeit und gleichmäßigen Anwendbarkeit der Vorschriften des Abkommens, abstrakt auf die objektive Stellung des Beteiligten im konkreten Geschäft abzustellen und nicht auf seine subjektive Befähigung, die im Einzelfall schwer feststellbar sein kann und für die ein Maßstab fehlt. Gehört die Person zu dem abstrakt als schutzbedürftig definierten Personenkreis, kommt der Verbrauchergerichtsstand zur Anwendung, selbst wenn sich konkret begründen ließe, dass wegen Sachkunde das typische Schutzbedürfnis nicht bestand (vgl. z. B. Schweizerisches Bundesgericht, Urteil vom 4. August 1995, abgedruckt in BGE 121 III 336). Auch die Angabe im Zeichnungsschein, der Kläger sei ein professioneller Anleger, bleibt daher irrelevant, zumal es sich dabei ohnehin nicht um eine an die Beklagte gerichtete Erklärung handelte.

(6) Die Inanspruchnahme (externer) Beratung spricht nicht gegen die Verbrauchereigenschaft. Auch ein Verbraucher kann bei dem Rechtsanwalt seines Vertrauens oder seinem Steuerberater Rat einholen, ohne dass das Geschäft deswegen der beruflichen bzw. gewerblichen Sphäre zuzuordnen sein müsste. Gerade bei Kapitalanlagen beträchtlichen Umfangs, hoher Komplexität und nicht vollständig fehlenden Risikos ist die Hinzuziehung etwa des Steuerberaters, gegebenenfalls auch eines Rechtsanwalts, naheliegend und ohne Relevanz für die Frage der Einordnung als Verbrauchergeschäft. Die Hinzuziehung von Mitarbeitern des Unternehmens für nur administrative Tätigkeiten wie Erteilung einer Empfangsvollmacht für Post u. ä. ändert nichts am privaten Charakter.

(7) Das Geschäft wurde nicht dadurch zu einem solchen der X KG, dass der Kläger den von ihm selbst bar zu erbringenden (also nicht darlehensfinanzierten) Teil der Anlage zuvor einem Gesellschafterkonto bei der X KG entnommen hatte, denn unstreitig wurde der Anlagebetrag von dem für ihn privat geführten Konto bei der Beklagten abgebucht. Für die Abgrenzung der privaten von der beruflich-gewerblichen Sphäre ist wie ausgeführt der objektive Zweck des Geschäfts maßgeblich, nicht hingegen die Herkunft des eingesetzten Kapitals. Das Vermögen der X-Gruppe wurde durch die streitgegenständliche Anlage in keiner Weise tangiert.

Auf die neuen Einwände der Beklagten hin ist zudem ergänzend auszuführen:

Wenn die Beklagte nunmehr weniger auf das Verhältnis (die "Verflechtung", den "Kontoverbund") zwischen dem Kläger und der X-Gruppe abstellt, sondern darauf, dass auch der Kläger als Privatperson nicht zwingend Verbraucher sei, so trifft dies durchaus zu und wurde im Übrigen in der früheren Entscheidung des Senats nicht übersehen. Es ist jedoch ebenso wenig ersichtlich, dass der Kläger persönlich Investitionen in Kapitalanlagen beruflich oder gewerblich betrieb und das streitgegenständliche Geschäft dem zuzuordnen wäre.

Der Umfang der einzelnen Anlage ist dabei unerheblich; ersichtlich legt eine reiche Person höhere Beträge an als eine arme, ohne dass sie dadurch zum Unternehmer wird. Auf die - zweifellos unterschiedliche - Schutzbedürftigkeit im Einzelfall kommt es wie ausgeführt nicht an.

Die Anzahl der vom Kläger getätigten Geschäfte, namentlich zwei Anlagen in D. A. F. ein Jahr zuvor und die weitere Beteiligung im Dezember 2010 sowie die D.-Investition rechtfertigen es noch nicht, von einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zu sprechen. Insbesondere können ihm entgegen der Ansicht der Beklagten nicht die davon getrennten Anlagen der X-Gruppe zugerechnet werden.

Auch die feststellbare anderweitige Beratung des Klägers zu diesem Geschäft - zumal vor Zeichnung - war nicht von einem Umfang, der als planmäßiger Geschäftsbetrieb eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit annehmen ließ, so dass die vom Kläger angetretenen Beweise schon nicht erhoben werden müssen. Hinsichtlich einer solchen Beratung fehlt es im Übrigen bereits über allgemeine Spekulation hinaus an konkretem Vortrag, in welchem Umfang - wenn überhaupt - der Kläger in der Zeit vor Zeichnung des S. Fonds durch Mitarbeiter der X-Gruppe zur Investition in den S. Fonds beraten worden sein soll.

Schließlich trifft es zwar zu, dass der Kläger in seiner Parteivernehmung ausgesagt hat, für ihn sei es auch wichtig gewesen, noch im Oktober 2011 die notwendige Liquidität wiederzuerlangen, die er dann für das Weihnachtsgeschäft im Unternehmen benötigt habe. Dies macht die Anlage indes nicht zu einem Geschäft des Unternehmens. Ebenso wenig wie die Herkunft des eingesetzten Kapitals (s. o.) ist maßgeblich, wie es - einschließlich des erwarteten Gewinns - anschließend verwendet werden sollte. Auch führt dies nicht zu einer fehlenden Trennung zwischen Privatvermögen und Geschäftsvermögen; die Zuordnung ist jeweils klar. Mithin ist unerheblich, ob der Kläger das Geld ganz oder teilweise wieder in das Unternehmen investieren wollte.

bb) Der Kläger hat seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines durch das Übereinkommen gebundenen Staates, nämlich in Deutschland. Die Beklagte als - gegebenenfalls - Vertragspartner richtete unstreitig ihre gewerbliche Tätigkeit auf diesen Staat aus. Die Beklagte verfügte über eine eigene für Privatkunden in Deutschland zuständige Abteilung; deren Leiter, Herr Dr. H., suchte den Kläger zudem im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Anlage in U. auf. Der streitgegenständliche Vertrag fiel in den Bereich dieser Tätigkeit; sie führte zum Vertragsschluss.

cc) Der Kläger konnte daher als Verbraucher gegen die Beklagte als - gegebenenfalls - Vertragspartner vor dem Gericht des Ortes Klage erheben, an dem er seinen Wohnsitz hat. Dieser befindet sich in Ulm und damit im Bezirk des Landgerichts U.

dd) Hieran ändert die Gerichtsstandsvereinbarung nichts; sie hat gemäß Art. 23 Abs. 5 LugÜ keine rechtliche Wirkung, da sie Art. 17 LugÜ zuwiderläuft. Von den obigen Vorschriften kann gemäß Art. 17 LugÜ im Wege der Vereinbarung nur unter den dort genannten Voraussetzungen abgewichen werden. Diese liegen unstreitig nicht vor.

3. Es ist deutsches Sachrecht anzuwenden. Nach der einschlägigen Rom I-VO (a) findet auf den Vertrag gemäß Art. 6 Abs. 1 Rom I-VO deutsches Sachrecht Anwendung (b) und haben die Parteien eine gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Rom I-VO wirksame Rechtswahl nicht getroffen (c).

a) Als Kollisionsrecht sind auf vertragliche Ansprüche gemäß Art. 1, 2, 28 Rom I-VO deren Regelungen sachlich, räumlich und zeitlich anzuwenden.

b) Auf den Vertrag findet zunächst gemäß Art. 6 Abs. 1 Rom I-VO deutsches Sachrecht Anwendung.

aa) Gemäß Art. 6 Abs. 1 Rom I-VO unterliegt ein Verbrauchervertrag dem Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dabei ist der Verbraucher im Sinne dieser Vorschrift grundsätzlich ebenso zu bestimmen wie in Art. 17 Abs. 1 EuGVVO bzw. - wie hier - in Art. 15 Abs. 1 LugÜ.

Nach Erwägungsgrund Nr. 7 der Rom I-VO sollen ihre Bestimmungen mit der EuGVVO ("Brüssel I") im Einklang stehen und nach Erwägungsgrund Nr. 24 der Rom I-VO soll bei Verbraucherverträgen die Übereinstimmung mit der EuGVVO gewahrt werden. Mithin sind bei der Auslegung zur Rom I-VO dieselben Kriterien maßgeblich (vgl. Staudinger/Magnus, Neubearbeitung 2016, Art. 6 Rom I-VO, Rdnr. 38; allgemein EuGH, Urteil vom 28. Juli 2016, Az.: C-191/15, abgedruckt in NJW 2016, 2727). Dabei ist der kollisionsrechtliche Verbraucherbegriff - wenn überhaupt - eher weiter auszulegen (vgl. Staudinger/Magnus, Neubearbeitung 2016, Art. 6 Rom I-VO, Rdnr. 47; BeckOK-BGB/Spickhoff, 45. Ed. 1.11.2017, Art. 6 Rom I-VO, Rdnr. 20).

Deshalb kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden, denen zufolge der Kläger hier als Verbraucher gehandelt hat.

bb) Die übrigen Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 Rom I-VO liegen ebenfalls vor, insbesondere hatte der Kläger bei Vertragsschluss (Art. 19 Abs. 3 Rom I-VO) seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, so dass nach dieser Vorschrift deutsches Recht anwendbar ist.

cc) Ein Ausschlussgrund nach Art. 6 Abs. 4 Rom I-VO liegt nicht vor, insbesondere handelte es sich bei Anlageberatung um eine Finanzdienstleistung (vgl. Staudinger/Magnus, Neubearbeitung 2016, Art. 6 Rom I-VO, Rdnr. 100) und wurde die Dienstleistung nicht ausschließlich außerhalb Deutschlands erbracht, sondern erfolgte dort vielmehr zumindest die Beratung am 14. Februar 2011.

c) Ungeachtet dieser Regelung konnten die Parteien gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Rom I-VO das auf den Vertrag anzuwendende Recht nach Art. 3 Rom I-VO wählen. Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Rom I-VO unterliegt der Vertrag in einem solchen Fall dem von den Parteien gewählten Recht. Eine wirksame Rechtswahl wurde indes nicht getroffen.

Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Rom I-VO muss die Rechtswahl ausdrücklich erfolgen oder sich eindeutig aus den Bestimmungen des Vertrags oder aus den Umständen des Falles ergeben.

aa) Eine stillschweigende Rechtswahl kann sich auch aus dem Verhalten der Parteien im Prozess ergeben (Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Rom I-VO). Die Beklagte führte insoweit aus, der Kläger erkenne an, dass die Parteien wirksam die Geltung S. Rechts für alle Rechtsbeziehungen vereinbart hätten. Dies ist allerdings nicht der Fall. Der Kläger argumentierte in aller Regel mit Vorschriften beider Rechtsordnungen und hielt nicht zuletzt immer an seinem Vortrag fest, er habe die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten nicht erhalten.

bb) Eine ausdrückliche Rechtswahl durch Individualvereinbarung haben die Parteien bei Abschluss des Anlageberatungsvertrages nicht getroffen.

cc) Eine ausdrückliche Rechtswahl liegt auch vor, wenn die Parteien in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein bestimmtes Recht festgelegt haben, das für ihren Vertrag gelten soll (vgl. Staudinger/Magnus, Neubearbeitung 2016, Art. 3 Rom I-VO, Rdnr. 63; MüKo/Martiny, 7. Auflage 2018, Rom I-VO, Art. 3, Rdnr. 42). Hier sollen nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten bzw. nach den Regelungen auf der Rückseite der Vollmacht alle Rechtsbeziehungen materiellem S. Recht unterstehen.

Zwar sind Inhalt und Umfang der Rechtswahl eindeutig (1), beurteilen sich Zustandekommenund Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung nach s. Recht (2) und scheitert die Rechtswahldeshalb nicht (unmittelbar) an Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG (3), allerdings sind die zwingenden Bestimmungen des deutschen Rechts auch im Hinblick auf die Rechtswahlklausel selbst zu beachten (4) und ergibt sich bei der damit veranlassten Prüfung nach deutschem Sachrecht deren Unwirksamkeit (5).

(1) Die Auslegung einer solchen ausdrücklichen Rechtswahlvereinbarung richtet sich, wenn deren Inhalt oder Umfang streitig ist, nach autonomen Grundsätzen der Rom I-VO (str; vgl. Staudinger/Magnus, Neubearbeitung 2016, Art. 3 Rom I-VO, Rdnr. 66; MüKo/Martiny, 7. Auflage 2018, Rom I-VO, Art. 3, Rdnr. 44). Inhalt und Umfang der Rechtswahl sind aber eindeutig: Es wird auf S. Recht verwiesen und dies soll alle Rechtsbeziehungen der Parteien betreffen, mithin auch einen viel später geschlossenen und inhaltlich völlig verschiedenen Anlageberatungsvertrag.

(2) Eine andere Frage ist hingegen, ob diese Rechtswahlklausel wirksam zustande kam. Zustandekommen und Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung beurteilen sich gemäß Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO nach dem von den Parteien gewählten Recht, mithin hier dem s. Recht. Dies gilt somit für die Frage, ob die Allgemeinen Geschäftsbedingungen in den Vertrag einbezogen wurden, insbesondere den streitigen Erhalt durch den Kläger und die Wirkung gerade auch für den Anlageberatungsvertrag, sowie für die Frage, ob die Regelung nach einer Inhaltskontrolle wirksam (oder z. B. intransparent oder unangemessen) ist (vgl. z. B. Staudinger/Hausmann, Neubearbeitung 2016, Art. 10 Rom I-VO, Rdnr. 22). Dabei käme gemäß Art. 20 Rom I-VO das s. Recht zur Anwendung ohne dessen Kollisionsrecht, das nach Art. 120 IPRG eine Rechtswahl gegenüber einem Verbraucher überhaupt nicht zuließe.

(3) Die Rechtswahl scheitert hier nicht (unmittelbar) an Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG (so bei EuGH, Urteil vom 28. Juli 2016, Az.: C-191/15, abgedruckt in NJW 2016, 2727, der unschwer von der Geltung der Richtlinie ausgehen konnte; s. a. Pfeiffer, NJW 2017, 913, 918 Roth, IPRax 2017, 449). Diese Vorschrift gilt jedenfalls für das hier gewählte s. Recht nicht. Sie ist anwendbar, wenn über Art. 6 Abs. 2 Satz 2 Rom I-VO das deutsche Recht zur Anwendung kommt, und gibt daher nichts für die Frage her, ob Art. 6 Abs. 2 Satz 2 Rom I-VO auf die Rechtswahl überhaupt Anwendung findet (im Ergebnis wohl auch Ferdinand, EWiR 2017, 75; vgl. Roth, IPRax 2017, 449, 456).

(4) Gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 2 Rom I-VO darf bei einem Verbrauchervertrag die Rechtswahl nicht dazu führen, dass dem Verbraucher der Schutz entzogen wird, den ihm die zwingenden Bestimmungen des Rechts seines Aufenthaltsstaates gewähren. Insoweit ist hier das deutsche Recht zu beachten. Hierzu zählen die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB, wenn sie strengere Anforderungen stellen als das gewählte Recht, und zwar auch im Hinblick auf die Rechtswahlklausel selbst (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2012, Az.: I ZR 40/11, abgedruckt in IPRax 2013, 557, zu § 307 BGB; Roth, IPRax 2013, 515, 520 f.; LG Hamburg, Urteil vom 2. September 2014, Az.: 327 O 187/14, abgedruckt in IPRax 2015, 348 [BGH 13.08.2014 - V ZB 163/12]; unergiebig wohl EuGH, Urteil vom 28. Juli 2016, Az.: C-191/15, abgedruckt in NJW 2016, 2727, Rdnr. 59, 66 f, obiter dictum; a. A. Palandt/Thorn, 7. Auflage 2018, Art. 3 Rom I-VO, Rdnr. 9; MüKo/Martiny, 7. Auflage 2018, Rom I-VO, Art. 3, Rdnr. 100; Staudinger/Hausmann, Neubearbeitung 2016, Art. 10 Rom I-VO, Rdnr. 93, 99a MüKo/Spellenberg, 7. Auflage 2018, Rom I-VO, Art. 10, Rdnr. 195; ausführlich: Pfeiffer, IPRax 2015, 320, 322 f.; Mankowski, NJW 2016, 2705; Staudinger/Staudinger, Neubearbeitung 2016, Vorbem. zu §§ 651a-651m, Rdnr. 133a, 133b mit Fallbeispiel 133d; für eine Vorlage an den EuGH zur Klärung des Verhältnisses zwischen Rechtswahlfreiheit und Günstigkeitsvergleich sprechen sich Roth, IPRax 2013, 515, Pfeiffer, IPRax 2015, 320, und Staudinger/Staudinger, Neubearbeitung 2016, Vorbem. zu §§ 651a-651m, Rdnr. 133d a. E. aus).

Der Senat folgt dieser Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schon aus Gründen eines starken Verbraucherschutzes, der im Vordergrund der fraglichen Regelung steht. Dem denkbaren Nachteil eines bereits auf kollisionsrechtlicher Ebene erfolgenden Günstigkeitsvergleiches für den Vertragspartner, dass er auf diese Weise ein - zumal gewähltes - Recht verlieren kann, das möglicherweise auf sachrechtlicher Ebene für ihn günstiger ist, lässt sich damit begegnen, dass er die Wahl erhält, sich nicht auf die Unwirksamkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu berufen. Dies ist ihm faktisch ohnehin regelmäßig dadurch möglich, dass er diesen Punkt nicht rügt oder sich erneut auf das ursprünglich gewählte Sachrecht einigt.

Der praktischen Kritik an einem bereits auf kollisionsrechtlicher Ebene erfolgenden Günstigkeitsvergleich ließe sich entgegnen, diesen nicht anhand aller Rechtsfragen des Falles durchzuführen, sondern auf die Frage der wirksamen Einbeziehung der Rechtswahlklausel zu beschränken (vgl. Roth, IPRax 2013, 515, 521). Dies kann hier indes dahinstehen. Vorliegend ergibt sich nämlich bei den noch in der Berufung gegenständlichen Anträgen ein volles Obsiegen des Klägers nach deutschem Recht, so dass dessen Anwendung für ihn jedenfalls ebenso günstig ist wie die Anwendung s. Sachrechts.

Auch denkbare Zweifel an dieser Rechtsansicht lassen es für den Senat im hiesigen Rechtsstreit nicht angebracht erscheinen, eine entsprechende Frage gemäß Art. 267 Abs. 2 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorzulegen. Eine Vorlagepflicht besteht wie ausgeführt nicht.

(5) Bei einer Prüfung nach deutschem Sachrecht ergibt sich die Unwirksamkeit der Rechtswahlklausel. Da dies für den Kläger - sowohl im Hinblick auf allein die Rechtswahl als auch auf die Rechtslage insgesamt - günstiger ist (und zudem - wobei es darauf nicht ankommt - seinem Vorbringen entspricht), kommt es nicht darauf an, ob die Rechtswahlklausel auch nach schweizerischem Recht unwirksam wäre.

α) Ein Anlageberatungsvertrag war - worauf der Senat bereits in seinem Urteil zur Teilklage hingewiesen hat - seinerzeit noch in keiner Weise absehbar und stellt ein grundlegend anderes Rechtsverhältnis als die Konto- und Depotführung bzw. eine Vollmachtserteilung dar. Bei einer Konto- bzw. Depotführung handelte sich auch nicht um einen Rahmenvertrag oder einen allgemeinen Bankvertrag, dessen Regelungen per se für alle zukünftigen Geschäfte in diesem Zusammenhang gelten sollen. Mithin erscheint zum einen die Erstreckung auf auch den Anlageberatungsvertrag gemäß § 307 BGB unangemessen.

β) Zum anderen ist die Rechtswahlklausel intransparent im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, weil sie entgegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Rom II-VO auch außervertragliche Ansprüche einschloss (vgl. Staudinger/Staudinger, Neubearbeitung 2016, Vorbem. zu §§ 651a-651m, Rdnr. 133c).

γ) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH, Urteil vom 28. Juli 2016, Az.: C-191/15, abgedruckt in NJW 2016, 2727; kritisch z. B. Mankowski, NJW 2016, 2705) ist die Klausel zudem missbräuchlich im Sinne des Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG, weil sie dem Verbraucher den Eindruck vermittelt, es sei nur s. Recht anzuwenden, ohne ihn darüber zu unterrichten, dass er nach Art. 6 Abs. 2 S. 2 Rom-I-VO auch den Schutz der zwingenden Bestimmungen des ohne die Klausel anzuwendenden Rechts genießt.

4. Der Kläger ist entgegen der Ansicht der Beklagten aktivlegitimiert. Er war Vertragspartner der Beklagten. Woher das Geld stammte, spielt dabei keine Rolle.

5. Die Parteien haben einen konkludenten Anlageberatungsvertrag geschlossen.

a) Tritt ein Anlageinteressent an eine Bank oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu beraten, wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs angenommen (st. Rspr.; vgl. zum Folgenden insgesamt BGH, Urteil vom 28. Mai 2013, Az.: XI ZR 420/10, zit. nach juris; s. a. BGH, Urteil vom 19. März 2013, Az.: XI ZR 431/11, abgedruckt in BGHZ 196, 370; BGH, Urteil vom 6. Juli 1993, Az.: XI ZR 12/93, abgedruckt in BGHZ 123, 126).

Jedoch kann nach den Umständen des Einzelfalls das Zustandekommen eines Beratungsvertrages zu verneinen sein (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 2013, a. a. O.).

Das ist etwa dann der Fall, wenn die Bank keine Beratung anbietet. Ein stillschweigend geschlossener Beratungsvertrag kommt nicht in Betracht, wenn die Bank bereits bei Aufnahme der Geschäftsbeziehung erklärt, sich nur an gut informierte und erfahrene Anleger zu wenden und zur Aufklärung nur durch Übersendung von Informationsbroschüren, nicht aber durch individuelle Hinweise bereit zu sein; ein Anleger, der der Bank in Kenntnis dessen ohne ein Aufklärungsbegehren eine gezielte Order erteilt, erklärt damit konkludent, dass er weitere Informationen durch die Bank nicht benötige, also nicht aufklärungsbedürftig sei (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 2013, Az.: XI ZR 431/11, abgedruckt in BGHZ 196, 370, zu einer allein im sogenannten "Execution only"-Geschäft tätigen Direktbank, die auch nicht entgegen ihrem Marktauftritt tatsächlich beraten hat).

Das ist auch dann der Fall, wenn der Kunde eine Beratung nicht wünscht. Ein Kunde, der nach eigenen Angaben bereits umfangreiche Erfahrungen in entsprechenden Geschäften gesammelt hat, dies gar noch schriftlich bestätigt und ausdrücklich auf dem Abschluss solcher Geschäfte ohne Beratung besteht, ist nicht schutzwürdig und kann nach Treu und Glauben, der Grundlage vorvertraglicher Aufklärungspflichten, berechtigterweise nicht erwarten, gleichwohl über die Funktionsweise und die besonderen Gefahren solcher ihm angeblich vertrauter Geschäfte eingehend aufgeklärt zu werden; ein Kunde, der sich als erfahren geriert, tut vielmehr kund, dass er Aufklärung nicht braucht und nicht wünscht, und diesen Wunsch darf sein Geschäftspartner grundsätzlich respektieren (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 1996, Az.: XI ZR 188/95, abgedruckt in NJW-RR 1996, 947, zu über zweijährigen Erfahrungen mit Börsentermingeschäften mit Devisen und Wertpapieren). Tritt ein Kunde mit gezielten Aufträgen zum Erwerb eines bestimmten, von ihm zuvor ausgesuchten Produkts an eine Bank heran, darf sie im Allgemeinen davon ausgehen, dass eine besondere Beratung weder gewünscht wird noch erforderlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 1998, Az.: XI ZR 216/97, abgedruckt in BGHZ 139, 36, zu bestimmten Optionsscheinen).

Gleiches gilt, wenn ein Anleger beraten durch einen Steuerberater zur Erzielung eines bestimmten Steuerspareffekts gezielt ein bestimmtes Steuersparmodell zeichnet, erst recht, wenn er zu diesem Zweck nicht seine Hausbank, sondern eine ihm bis dahin unbekannte Bank aufsucht. Ein Beratungsvertrag kommt nicht stillschweigend zustande, wenn ein Kunde erklärtermaßen ein Darlehen zum Zweck der Spekulation begehrt und dann gezielte Aufträge zum Kauf bestimmter Wertpapiere gibt, die ihm von dritter Seite empfohlen wurden (vgl. BGH, Beschluss vom 12. März 1996, Az.: XI ZR 232/95, abgedruckt in NJW 1996, 1744).

Auch sind zwar Inhalt und Umfang der Beratungspflicht unter anderem von dem Wissensstand des Kunden über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art abhängig und ist dabei vor allem zu berücksichtigen, ob es sich um einen erfahrenen Anleger mit einschlägigem Fachwissen handelt (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 1993, Az.: XI ZR 12/93, abgedruckt in BGHZ 123, 126). Die Tatsache, dass eine Beratungspflicht unter den zuvor genannten Voraussetzungen besteht, wird davon hingegen nicht berührt.

Ob nach diesen Grundsätzen stillschweigend ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist oder nicht, ist eine Frage der Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 2013, Az.: XI ZR 420/10, zit. nach juris).

b) Nach diesen Grundsätzen kam zwischen den Parteien ein Anlageberatungsvertrag zum S. Fonds zustande.

aa) Der Kläger hat dies entgegen der Ansicht der Beklagten schlüssig vorgetragen. Der Kläger trägt eine Beratung mit Empfehlung des S. Fonds durch die Beklagte in Person des Dr. H. am 14. Februar 2011 sowie in Person des Y in diversen datierten Telefonaten vor, ergänzend ein Beratungsgespräch noch ohne konkreten Bezug zum S. Fonds am 14. Oktober 2010. Seine zu Beginn erfolgten, teilweise unklaren oder abweichenden Angaben machen diesen Vortrag nicht unschlüssig wegen Widersprüchlichkeit. Der Verweis auf ein Gespräch am 14. November 2010 war - wie bereits aus dem betreffenden Schriftsatz im Übrigen ersichtlich - offenkundig ein Versehen. Zum 14. Oktober 2010 trug der Kläger von Beginn an vor, das Gespräch sei eher allgemein gehalten gewesen. Dass er zunächst dem 1. Dezember 2010 ein Gespräch - gar ein entscheidendes - zum S. Fonds zuordnete, hat der Kläger bereits in der Replik korrigiert. Die Tatsache, dass er zunächst eine Anwesenheit auch des Y am 14. Februar 2011 in U. vortrug, während dieser nur an Telefonaten teilgenommen hatte, erscheint in einer Gesamtbetrachtung ebenso wenig hinreichend gewichtig wie die Tatsache, dass er in der Klagerweiterung den 1. Dezember 2010 nochmals (ohne detaillierten Vortrag) nannte.

bb) Selbst den Sachvortrag der Beklagten zugrunde gelegt, ist - entgegen der geäußerten Rechtsansicht der Beklagten - ein konkludenter Beratungsvertrag zustande gekommen. Die Parteien traten hinsichtlich einer Anlage in den S. Fonds zum Zwecke einer Beratung aneinander heran (1) und ein Beratungsgespräch wurde aufgenommen (2); auch ist nach den Umständen des Einzelfalls das Zustandekommen eines Beratungsvertrages nicht ausnahmsweise dennoch zu verneinen, insbesondere fehlte es nicht an einem Beratungsangebot der Beklagten (3), hat der Kläger nicht auf eine Beratung verzichtet (4) und ließen weder etwaige Erfahrungen des Klägers mit entsprechenden Geschäften (5) noch eine Beratung durch Dritte (6) die Beklagte von ihrer Beratungspflicht frei werden.

(1) Die Parteien sind hinsichtlich einer Anlage in den S. Fonds zum Zwecke einer Beratung aneinander herangetreten, wobei keine Rolle spielt, von wem die Initiative ausging; ein - bereits beim Herantreten - gezielter Auftrag des Klägers zum Erwerb von Anteilen des S. Fonds (von der Beklagten als "Execution only"-Geschäft bezeichnet) lag nicht vor.

α) So hat die Beklagte selbst ausgeführt, das vom Kläger nachgefragte Dividenden Arbitrage Produkt sei ihm "in Form der S. F.und-B. von der Beklagten aufgezeigt [kursiv nicht im Original]" worden. Mithin hat auch nach dem Sachvortrag der Beklagten der Kläger beim Herantreten keinen gezielten Auftrag bezüglich des S. Fonds erteilt, sondern hat sich dies erst nach dem Aufzeigen durch die Beklagte ergeben. Soweit die Beklagte zuvor noch behauptet hatte, der Kläger habe das Produkt "S. Fonds" ausdrücklich nachgefragt und die Bedingungen seiner Beteiligung ausverhandelt, ergäbe sich selbst aus diesem - bezüglich der Nachfrage später ohnehin korrigierten - Vortrag angesichts des Ausverhandelns kein gezielter Auftrag beim Herantreten. Die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe nicht um Beratung nachgesucht, ist demgegenüber unkonkret und spricht von vorneherein nicht dagegen, dass die Beklagte an den Kläger herantrat. Die Beklagte führte auch aus und stellte unter Beweis, dass die Parteien - unter Beteiligung von Dr. B. und Dr. S. - im Frühjahr 2011 ein mögliches Investment in den S. Fonds erörterten. Schließlich behauptete die Beklagte, der S. Fonds sei gegenüber dem Kläger "frühestens in einem Telefonat am 9. Februar 2011 mit Y erwähnt" worden. Noch im letzten Schriftsatz formulierte die Beklagte, dass "die Beklagte (Y) ihm [dem Kläger] eine entsprechende Anlagemöglichkeit eröffnete".

β) Dies wird durch die weiteren Behauptungen der Beklagten unterstützt. Die Beklagte hat behauptet und unter Beweis gestellt, der Kläger habe im Juli 2010 gegenüber Dr. B. und Dr. S. bekundet, in ein weiteres D. A. Produkt investieren zu wollen, sowie zudem zu Dr. H. gesagt, "[w]enn Ihr mal wieder so etwas [wie die Investitionen im März 2010] habt, bin ich daran interessiert", und bei der Beklagten weitere derartige Fondsprodukte [wie die Investitionen im März 2010] nachgefragt. Mithin behauptet die Beklagte auch eine frühere allgemeine Nachfrage bei ihr, was ebenfalls dafürspricht, dass auch der Erwerb von Anteilen konkret am S. Fonds nicht vom Kläger beim Herantreten gezielt beauftragt wurde. Wenn sie zuletzt nochmals behauptete, der Entschluss des Klägers, "ein solches Produkt" wieder zeichnen zu wollen, habe von vorneherein festgestanden, so ergäbe sich daraus gerade kein gezielter Auftrag eben des S. Fonds, sondern nur die allgemeine Absicht, ein entsprechendes Produkt zu erwerben, und zumindest das Bedürfnis, erläutert zu bekommen, ob und inwiefern es sich um "ein solches Produkt" handelte.

γ) Dies bestätigt sich weiter durch die von der Beklagten vorgelegten Unterlagen. Während im Kundenkontaktbericht der Beklagten zu den beiden Fonds vom März 2010 (B20, Bl. 163) von - möglicherweise objektiv bereits insoweit unzutreffend - einem Kauf "gegenüber der Bank auf "Execution only"-Basis" die Rede ist, spricht davon zum S. Fonds nicht einmal der Kundenkontaktbericht der Beklagten (B24, Bl. 172), sondern nur von einem Auftrag des Klägers. Wenn die Beklagte hierzu ausführt, das Angebot habe der Kläger unterbreitet, bedeutet dies ja in keiner Weise die - angesichts allein schon des Gesprächs vom 14. Februar 2011 gegebenenfalls ersichtlich unzutreffende - Behauptung, dies sei beim ersten Herantreten erfolgt.

δ) Auch der von der Beklagten vorgelegte frühere Schriftverkehr bestätigt dies, namentlich z. B. die E-Mails von Dr. H. an Y vom 17. Dezember 2010 (B95, Bd. X: "Herr X wird im März investieren können und die versprochenen 10 % erwirtschaften können"), vom 8. Februar 2011 (B96, Bd. X: "Bitte informiere Herrn X darüber, dass wir das identische Produkt wie im letzten Frühjahr für ihn haben und dringend einen Termin in U. haben sollten (Teilnehmer: ...), um das Produkt vorzustellen [kursiv jeweils nicht im Original].")

ε) Dass kein gezielter Auftrag eines bestimmten, bereits zuvor ausgesuchten Produkts vorlag, zeigt sich des Weiteren allein schon an der unstreitigen Tatsache, dass der S. Fonds Gegenstand des Gesprächs am 14. Februar 2011 war, an dem für die Beklagte Dr. H. teilnahm.

?) Gegen einen gezielten Auftrag eines zuvor ausgesuchten Produkts spricht des Weiteren, dass der Kläger sich mehrfach umentschieden hat.

?) Schließlich wird ergänzend darauf verwiesen, dass gegen die Behauptung, es habe sich immer um "Execution only"-Geschäfte gehandelt, auch die Aussage des Y zu einem früheren D. A. Produkt im Ermittlungsverfahren spricht, Dr. H. habe die Aufgabe gehabt, die Kunden zu selektieren, die für dieses Produkt in Frage gekommen seien, das sei z. B. der Kläger gewesen (K116, Bl. 2420).

?) Ob die Beklagte mindestens einer anderen Anlegerin den S. Fonds empfahl (K36, Bl. 557) und möglicherweise auch diversen weiteren Anlegern - wie der Kläger unter Verweis auf Zeugenvernehmungen in der Ermittlungsakte vorträgt -, kann schon aus den oben genannten Gründen dahinstehen, abgesehen von der Frage, ob dies hinsichtlich des Klägers überhaupt als Indiz geeignet sein könnte. Dasselbe gilt für den Beweisantritt des Klägers mit dem Zeugen P.

(2) Ein Beratungsgespräch wurde auch aufgenommen; die Beklagte beriet den Kläger zum S. Fonds.

α) Die Beklagte hat selbst ausdrücklich behauptet, dass (auch) sie dem Kläger die Funktionsweise und die Risiken des S. Fonds erklärt habe, und dies sogar mit dem Zeugnis des Dr. H. unter Beweis gestellt. Es mag Streit bestehen, ob Dr. H. zu einer ordnungsgemäßen Beratung hinreichende Erklärungen abgegeben hat, indes hat die Beklagte mit diesem Vortrag selbst ausgeführt, dass ein Beratungsgespräch aufgenommen wurde. Dass die Beklagte zudem behauptet und unter Beweis gestellt hat, die Information habe "maßgeblich" Dr. B. ("steuerliche und rechtliche Fragen") übernommen und Dr. H. sei für die "allgemeinen und sonstigen Informationen und Erklärungen" zuständig gewesen, ändert an dem oben genannten Vortrag zu konkreten Angaben des Dr. H. nichts. Schließlich sei auch an dieser Stelle auf den eigenen Vortrag der Beklagten verwiesen, dem Kläger sei der S. Fonds von der Beklagten aufgezeigt worden und die Parteien hätten die Investition in den S. Fonds erörtert.

β) Nicht zuletzt verweist die Beklagte neuerdings auf eine Aussage des Dr. H., in der er erklärt, den Kläger zur Versicherung beraten zu haben.

γ) Der Kläger brachte im Übrigen - auch nach dem Vortrag der Beklagten - mehrfach zum Ausdruck, dass er Wert auf eine Beteiligung gerade der Beklagten legte. Y führte unstreitig mehrere Telefonate mit dem Kläger, um Beratungsgespräche zu ermöglichen. So kam es zum Beratungsgespräch am 14. Februar 2011 nur aufgrund eines Anrufs von Y und zudem im Beisein des Dr. H.

δ) Nur ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen: Dass eine Beratung des Klägers erfolgte, entspricht auch den von der Beklagten selbst zitierten internen Angaben des Y, dass Dr. H. dem Kläger die Struktur, das Geschäftsmodell und den spezifischen steuerlichen Hintergrund des S. Fonds erklärt habe, und des Dr. H., er gehe davon aus, dem Kläger Struktur und Geschäftsmodell des S. Fonds erklärt zu haben, so wie er den Kunden üblicherweise den S. Fonds vorgestellt habe. Entsprechendes gilt für die E-Mail vom 10. März 2011, in der Dr. H. ein Telefonat des Y mit dem Kläger vorbereitete, in welchem der Kläger zur Investition, bzw. zunächst zu einem "persönlichen Termin auf höchster Ebene" hierzu, veranlasst werden sollte.

(3) Es fehlte nicht an einem Beratungsangebot der Beklagten. Zunächst ist festzuhalten, dass die Beklagte den Kläger ohnehin tatsächlich beraten hat (s. o.). Zudem läge schon generell nicht der Fall einer Bank vor, die keine Beratung anbietet. Unstreitig handelt es sich bei der Beklagten nicht um eine Direktbank, die zur Aufklärung nur durch Übersendung von Informationsbroschüren bereit ist, oder sonst eine Bank, die nur "Execution only"-Geschäfte anbietet. Im Gegenteil dürfte das Anliegen der Beklagten im Allgemeinen sogar gewesen sein, ihre - zumal besonders vermögenden - Kunden durch gute Beratung zu gewinnen. Schließlich lag auch keine gezielte Order des Klägers vor (s. o.).

(4) Der Kläger hat auch nicht etwa ausdrücklich erklärt, er bestehe auf dem Abschluss des Geschäfts zum S. Fonds ohne Beratung. Dies hat so letztlich nicht einmal die Beklagte konkret behauptet. Wenn sie zuletzt darauf verwies, der Kläger habe ausdrücklich zu verstehen gegeben, dass er ein Investment "nicht bei Y" wünsche, was belege, dass er keine Beratung gewollt habe, so war diese Äußerung aus dem Juli 2010 ersichtlich durch den zwischenzeitlichen Ablauf längst überholt. Das zeigt sich im Übrigen nicht nur an den Kontakten ab Oktober 2010, sondern insbesondere auch daran, dass es zu der Beratung am 14. Februar 2011 eben nur durch den Anruf von Y und die Anwesenheit von Dr. H. kam, was belegt, dass es dem Kläger gerade auf die Beratung durch die Beklagte ankam.

(5) Etwaige Erfahrungen des Klägers mit entsprechenden Geschäften ließen die Beklagte nicht von ihrer Beratungspflicht frei werden. Ob - und gegebenenfalls inwieweit - der Kläger bereits Erfahrungen mit entsprechenden Geschäften gesammelt hatte, kann an dieser Stelle dahinstehen, da etwaige Vorkenntnisse des Klägers die Beklagte nicht von ihrer Beratungspflicht frei werden ließen. Nach den oben genannten Grundsätzen spielen Vorkenntnisse nur dann eine Rolle, wenn der Kunde ausdrücklich auf eine Beratung verzichtet, was hier unstreitig nicht der Fall war.

Dies mag noch anders sein, wenn für die Bank offensichtlich erkennbar gewesen wäre, dass der Kunde bereits vollständige und richtige Vorkenntnisse hatte, die jegliche Erläuterung überflüssig erscheinen ließen; davon kann hier bei der Beklagten indes keine Rede sein.

α) Selbst wenn der Kläger - wie die Beklagte behauptet und unter Zeugenbeweis stellt - im Rahmen der Zeichnungen im März 2010 von Dr. S. umfassend über die Funktionsweise von D. A. Produkten informiert worden sein und es sich dabei um - wie die Beklagte behauptet und unter anderem unter Sachverständigenbeweis stellt - vergleichbare Fonds handeln sollte, handelte es sich doch jedenfalls nicht um denselben Fonds. Dies ergibt sich schon aus dem unter Sachverständigenbeweis gestellten Vortrag der Beklagten, die Funktionsweise und Anlagestrategie des S. Fonds und der früheren Dividend Arbitrage Investments des Klägers glichen sich im Wesentlichen.

Die Beklagte konnte daher - selbst die obigen Behauptungen unterstellt - nicht davon ausgehen, dass der Kläger vollständige Kenntnis hatte und keinerlei Beratung benötigen würde. So hatten die Fonds schon keinen wortgleichen Prospekt und beinhalteten die früheren Produkte z. B. keine US-Pensionsfonds und keine Fragen zum Doppelbesteuerungsabkommen. Dasselbe gilt für die Versicherung (eines Gutachtens).

Dass der Kläger dabei möglicherweise über D. oder - wenn so überhaupt ausdrücklich behauptet - gar über Cum-Ex-Geschäfte aufgeklärt wurde, machte eine Beratung zum konkreten neuen Fonds nicht hinfällig, auch wenn die Beratungspflichten (gegebenenfalls) herabgesetzt sein mochten. Die allgemeine Präsentation, die der Kläger nach eigenem Vortrag erhielt (K11, Bl. 40.40 ff.), kann an dieser Stelle schon deshalb dahinstehen, weil sie ausdrücklich erklärt, sie beinhalte keine Beratungshandlung, und sie zudem nur allgemeine Ausführungen ohne Bezug auf konkrete Fonds enthält.

β) Woraus die Beklagte, die an der Beratung im März 2010 nicht beteiligt gewesen sein will, entnehmen wollte, dass der Kläger richtig informiert war, ist ohnehin nicht ersichtlich.

Nichts anderes gilt, wenn der Kläger - wie die Beklagte behauptet und unter Zeugenbeweis stellt - auch persönlich als erfahrener Investor aufgetreten sein sollte, der mit komplexen Finanzprodukten bestens vertraut und gewillt war, erhebliche Risiken einzugehen. Auch dass über Jahre hinweg unstreitig keine Beratung stattfand, bedeutet keinen Verzicht auf eine Beratung zu einem bestimmten Geschäft, zumal es sich - abgesehen von den bereits erörterten Investitionen im März 2010 - zuvor nie um vergleichbare Geschäfte gehandelt hatte.

(6) Eine etwaige Beratung durch Dritte ließ die Beklagte nicht von ihrer Beratungspflicht frei werden. Ob - und gegebenenfalls inwieweit - der Kläger sich auch (und eventuell intensiv) anderweitig beraten ließ, kann an dieser Stelle dahinstehen, da eine Beratung durch Dritte die Beklagte nicht von ihrer Beratungspflicht frei werden ließ. Nach den oben genannten Grundsätzen spielt eine Empfehlung durch Dritte nur dann eine Rolle, wenn der Kunde gezielte Aufträge gibt, was hier nicht der Fall war (s. o.).

Dies mag noch anders sein, wenn für die Bank offensichtlich erkennbar gewesen wäre, dass der Kunde bereits durch Dritte vollständig und richtig informiert wurde; davon kann hier bei der Beklagten indes keine Rede sein.

α) Zum "internen Beraterstab" war für die Beklagte damals vor Vertragsschluss nicht ersichtlich (und ist es aus ihrem Vortrag erkennbar auch heute noch nicht), in welchem Umfang - wenn überhaupt - der Kläger durch Mitarbeiter der X-Gruppe zur Investition in den S. Fonds beraten wurde. Die Beklagte spekuliert insoweit nur allgemein, dass der Kläger sich stets detailliert informieren lasse. Dies mag bei einem erfolgreichen Unternehmer durchaus zutreffen, entband die Beklagte indes selbst gegebenenfalls nicht davon, konkret zu prüfen, welche Informationen zum S. Fonds der Kläger bereits erhalten hatte.

β) Zu einer etwaigen externen Beratung durch die P. GmbH gilt dasselbe. Aus den Ausführungen der Beklagten zu den Gesprächen des Klägers mit Dr. B. ergibt sich nicht, dass für sie - über reine Vermutungen hinaus - sicher erkennbar war, dass der Kläger durch Dr. B. vollständig und richtig informiert wurde. Sie beschränkt ihren Vortrag auf Ausführungen, dass es "plausibel" oder "anzunehmen" oder "naheliegend" sei, dass Dr. B. dem Kläger den Sachverhalt erläutert habe. Bei einem solchen Kenntnisstand konnte die Beklagte offenkundig nicht davon ausgehen, dass der Kläger bereits hinreichend informiert war.

γ) Zudem legte der Kläger für die Beklagte ersichtlich Wert auf eine Beteiligung gerade von ihr (s. o.). Außerdem war es, wie dargelegt, so, dass auch nach dem Beklagtenvortrag die Beratung durch Dr. B. und Dr. S. sich auf rechtliche und steuerliche Aspekte bezog, wohingegen die Beratung in Bezug auf die wirtschaftlichen und sonstigen Aspekte seitens der Mitarbeiter der Beklagten erfolgte.

δ) Nur ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen: Für eine hinreichende anderweitige Beratung des Klägers zum S. Fonds gibt es auch objektiv keine Anhaltspunkte.

Die unter Zeugenbeweis gestellte Behauptung, dass die Investments der X-Gruppe von einem eigenen Beraterstab vorbereitet worden seien, ist unerheblich, da es sich um eine Anlage des Klägers persönlich handelte. Die unter Zeugenbeweis gestellte Behauptung, dass die X KG an der Vorbereitung, Abwicklung und Finanzierung der Beteiligung am S. Fonds maßgeblich beteiligt gewesen sei, ermöglicht keine Beweiserhebung, da sie völlig unkonkret ist. Soweit Dr. H. in einer E-Mail am 10. März 2011 (K135, Bl. 2979) an Y schrieb, er glaube, dass "der Kunde im Lichte einer kurzfristigen Information seines C. quasi aus dem Bauch heraus entschieden" habe, nämlich die Anlage nicht tätigen zu wollen, handelt es sich dabei nur um ein Schreiben eines Mitarbeiters der Beklagten. Die Übersendung diverser Prospekte (B75, nach Bl. 2146 bzw. B75, Bd. X (dort mit Prospekt) sowie B76, nach Bl. 2146 bzw. B76, Bd. X (dort mit Prospekt und Zeichnungsschein)) an den Zeugen Z. (s. a. B21, Bl. 164 ff), den Leiter der Abteilung "F. und T." der X KG, und dessen Übersendung von Zeichnungsscheinen (B90, Bd. X sowie B91, Bd. X) an die Beklagte geben für die Frage einer Beratung des Klägers nichts her, abgesehen davon betrafen sie andere Produkte. Im Übrigen ist aus all diesen Punkten schon nichts irgendwie Konkretes zum Inhalt einer - möglicherweise erfolgten - Beratung ersichtlich.

Dass der Zeuge B. am 8. Dezember 2011 erklärte, dem Kläger in finanziellen Fragen beratend und unterstützend zur Seite zu stehen (B7, Bl. 124), gibt schon ganz abgesehen vom Zeitpunkt für die Frage einer Beratung konkret zum S. Fonds nichts her. Dasselbe gilt für eine Vollmacht des Klägers vom 25. Januar 2006 gegenüber der P. GmbH zu Anfragen an die Beklagte (B110, Bl. 2586) sowie das lange nach Zeichnung erfolgte Gespräch vom 17. April 2012 und die vorbereitende E-Mail des B. vom 11. April 2012 (B100, Bd. X). Im Übrigen ist wiederum schon nichts zum Inhalt einer - möglicherweise erfolgten - Beratung ersichtlich.

Die unter Zeugenbeweis gestellte Behauptung, dass Dr. B. und Dr. S. den Kläger im Aufsichtsrecht und bei der D.-Beteiligung beraten hätten, ist für eine Beratung zum S. Fonds ebenso unerheblich wie die unter Zeugenbeweis gestellte Behauptung, dass Dr. B. und Dr. S. die X-Gruppe in Finanzangelegenheiten beraten hätten. Ob Dr. B. weitere Anleger beriet, kann an dieser Stelle ersichtlich ebenfalls dahinstehen. Die unter Zeugenbeweis gestellte Ausführung, es sei naheliegend, dass Dr. B. den Prospektentwurf gehabt habe, ihn am 14. Februar 2011 bei sich gehabt habe und zur Vorstellung genutzt habe, ist unerheblich; eine "Nutzung" des Prospekts ergibt nicht, was konkret dem Kläger mitgeteilt worden sein soll. Selbst wenn man mit dem Vortrag des Klägers davon ausgeht, dass Dr. B. dem Kläger Auskünfte zum S. Fonds erteilt hat, bleibt auch hier nur nochmals darauf hinzuweisen, dass zu deren Inhalt nichts ersichtlich ist, von einer vollständigen und richtigen Information ganz zu schweigen.

Zu einer etwaigen Beratung durch Dr. B. ist abschließend noch festzuhalten, dass die Beklagte nicht - schon gar nicht ohne weitere Nachfrage beim Kläger - davon ausgehen konnte, dass der Kläger durch den aus Sicht der Beklagten für den angepriesenen S. Fonds aufgetretenen Dr. B. in einer Weise beraten wurde, die den Anforderungen an eine Beratung durch eine Bank entspricht.

6. Die Beklagte hat ihre Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag verletzt.

a) Die beratende Bank ist zur anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet. Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand des Kunden über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts (Kurs-, Zins- und Währungsrisiko etc.) ergeben. Während die Aufklärung des Kunden über die für die Anlageentscheidung wesentlichen Umstände richtig und vollständig zu sein hat, muss die Bewertung und Empfehlung eines Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein. Das Risiko, dass sich eine aufgrund anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (vgl. z. B. BGH, Urteil vom 22. März 2011, Az.: XI ZR 33/10, abgedruckt in BGHZ 189, 13; BGH, Urteil vom 6. Juli 1993, Az.: XI ZR 12/93, abgedruckt in BGHZ 123, 126).

Die Bank muss über alle Umstände unterrichten, die für das Anlagegeschäft von Bedeutung sind. Fehlen ihr derartige Kenntnisse, so hat sie das dem Kunden mitzuteilen und offenzulegen, dass sie zu einer Beratung z. B. über das konkrete Risiko eines Geschäfts mangels eigener Information nicht in der Lage ist. Eine Bank, die für ihre Anlageempfehlung das Vertrauen ihres Kunden in Anspruch nimmt und in Bezug auf eine konkrete Anlageentscheidung sich als kompetent geriert, muss sich selbst aktuelle Informationen über das Anlageobjekt verschaffen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 1993, Az.: XI ZR 12/93, abgedruckt in BGHZ 123, 126).

Eine Bank ist verpflichtet, eine Anlage mit banküblichem kritischen Sachverstand zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 2008, Az.: XI ZR 89/07, abgedruckt in NJW 2008, 3700). Eine Bank genügt ihrer Pflicht zur Prüfung der Kapitalanlage aus einem Beratungsvertrag nicht etwa bereits dadurch, dass sie eine bloße Plausibilitätsprüfung des Emissionsprospektes vornimmt. Bei einem Beratungsvertrag ist die Bank zu mehr als nur zu einer Plausibilitätsprüfung verpflichtet. Eine unterlassene Prüfung der empfohlenen Kapitalanlage kann im Hinblick auf den Schutzzweck der Prüfungs- und Offenbarungspflicht nur dann zur Haftung der Bank führen, wenn bei dieser Prüfung ein Risiko erkennbar geworden wäre, über das der Anleger hätte aufgeklärt werden müssen, oder wenn erkennbar geworden wäre, dass eine Empfehlung der Kapitalanlage nicht anleger- und/oder objektgerecht ist (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 2008, Az.: XI ZR 89/07, abgedruckt in BGHZ 178, 149; s. a. BGH, Urteil vom 30. März 2017, Az.: III ZR 139/15, abgedruckt in WM 2017, 800, zum Anlagevermittler).

Wer eine Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung behauptet, trägt dafür die Beweislast. Die mit dem Nachweis einer negativen Tatsache verbundenen Schwierigkeiten werden dadurch ausgeglichen, dass die andere Partei die behauptete Fehlberatung substantiiert bestreiten und darlegen muss, wie im Einzelnen beraten bzw. aufgeklärt worden sein soll. Dem Anspruchssteller obliegt dann der Nachweis, dass diese Darstellung nicht zutrifft (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2009, Az.: XI ZR 152/08, abgedruckt in NJW 2009, 3429).

b) Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte ihre Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag verletzt. Der Kläger wurde in verschiedener Hinsicht unzulänglich informiert, auch nach der erforderlichen Sicht ex-ante.

aa) Die Beklagte hat - was sie dem Kläger unstreitig nicht mitgeteilt hat - den S. Fonds, insbesondere seine Struktur sowie seine steuerlichen und wirtschaftlichen Hintergründe, nicht hinreichend mit banküblichem kritischen Sachverstand geprüft, sondern - wenn überhaupt - nur Plausibilitätserwägungen angestellt und sich im Übrigen allein auf Dr. B. und Dr. S. verlassen, was sie nicht durfte. Hätte die Beklagte ordnungsgemäß geprüft, wären aufzuklärende Risiken bzw. die Ungeeignetheit der Kapitalanlage erkennbar geworden; es wäre z. B. noch klarer als ohnehin schon geworden, dass die den Kunden angegebene Rendite unplausibel ist, die für den Erfolg der Investition erforderliche Steuerrückerstattung offensichtlich gefährdet war (dazu näher unter dd) oder eine Zahlung sich um Jahre verzögern konnte (dazu näher unter gg)).

(1) So heißt es im unmittelbar vor Zeichnung des Klägers erstellten "Management Summary" vom 24. März 2011 (K134, Bl. 2977R): "Die Struktur beinhaltet zahlreiche Teile, die nicht detailliert durch Y geprüft wurden. Die Finanzstabilität der U. wurde nicht durch Y geprüft - diesbezüglich müssen wir uns auf die Informationen von S. verlassen."

(2) Die Beklagte trägt bereits selbst vor, sie habe die Referenzgeschäfte und die Investitionsstruktur des Fonds nicht gekannt (und kenne dies teilweise bis heute nicht).

(3) Ergänzend spricht gegen eine ordnungsgemäße Prüfung, dass der Beklagten damals vom Prospekt des S. Fonds, vom Gutachten des Dr. B. sowie Gutachten zu den US-Pensionsfonds und den S.-Verträgen zwischen den US-Pensionsfonds und dem S. Fonds nur - wenn auch weit ausgearbeitete - Entwürfe vorlagen. Es spricht manches dafür, dass der Fonds "mit heißer Nadel gestrickt" wurde, seit Mitte Dezember 2010 das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen eine neue Fondsstruktur erzwungen hatte.

(4) Die Beklagte hat im Übrigen schon nicht hinreichend dargelegt, wie sie das Geschäftsmodell des S. Fonds überprüft haben will und welche Ergebnisse dies gezeitigt hat.

α) Die Beklagte spricht auch in ihrer ausführlichen Stellungnahme im letzten Schriftsatz schon nur von einer Plausibilitätsprüfung. Dies genügt indes, wie bereits ausgeführt, nicht den Pflichten aus einem Anlageberatungsvertrag.

β) Der in jenem Schriftsatz unter Zeugenbeweis gestellte Vortrag zur Prüfung des S. Fonds beschränkte sich darüber hinaus darauf, dass Durchführbarkeit und Risiken der Anlagestrategie geprüft worden seien, man diverse Unterlagen (Prospekt, Gutachtenentwürfe, S.-Vertragsentwürfe) seitens der Fondsgesellschaft erhalten und die Handelsstrategie geprüft habe. Dieser Vortrag blieb mithin abstrakt.

γ) Keine Rolle spielt, ob und inwieweit die Beklagte die zuvor vorgesehenen Fonds geprüft hat, da diese zum Teil - wohl mit gutem Grund - nicht durchgeführt wurden und im Übrigen Unterschiede zum S. Fonds aufwiesen, die geprüft werden mussten, wie z. B. die US-Pensionsfonds. Eben jene waren ausweislich des "Management Summary" beispielsweise nicht geprüft worden (s. o.).

δ) In der letzten Stellungnahme verwies die Beklagte darauf, ihre Prüfung werde durch das "Management Summary" vom 24. März 2011 bestätigt. Mit diesem Vortrag belegt sie erneut selbst ihre unzureichende Prüfung, denn in dem "Management Summary" ist gerade vermerkt, dass zahlreiche Teile nicht detailliert geprüft wurden (s. o.).

(5) Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass auf Seiten der Beklagten - wenn man zu ihren Gunsten unterstellt, dass es sich um ein Konzept ohne mehrfache Steuererstattung handelte bzw. jedenfalls die Beklagte davon ausging - selbst nicht verstanden wurde, wie durch das Anlagemodell die erwarteten (hohen) Erträge erzeugt werden sollten. Auch im hiesigen Verfahren hat die Beklagte nicht hinreichend darlegen können (zu ihren Gunsten unterstellt nicht: wollen), wie die erwarteten Renditen in dieser Größenordnung hätten erzeugt werden sollen. Kann die Beklagte indes nicht erklären, wie die Rendite erwirtschaftet wird, hat sie ersichtlich das Geschäftsmodell nicht hinreichend geprüft.

α) Ganz abgesehen von der Frage, ob dies überhaupt durch "Marktineffizienzen um den Dividendenstichtag" möglich sein sollte, ist nach dem Vortrag der Beklagten nicht nachvollziehbar, weshalb - wenn, wie die Beklagte behauptet, nur Preisineffizienzen wie bei früheren Fonds genutzt werden sollten - zu deren (rechtmäßiger) Ausnutzung bei der Investition in den S. Fonds nunmehr ein komplexes Geschäftsmodell mit unter anderem US-amerikanischen Pensionsfonds und einem Unternehmen in G. erforderlich sein sollte, obwohl dies bei den vorherigen D.-Geschäften nicht der Fall gewesen war. Der Verweis auf das Doppelbesteuerungsabkommen mit den USA kann insoweit nicht überzeugen, da dies bereits früher eine mögliche Konzeption gewesen wäre und zudem im Falle der Fonds über Irland und Malta bereits - wenn auch mit etwas geringerer Gewinnspanne bei 95 % statt 100 % der Bruttodividende - bei anderen Abkommen umgesetzt worden war.

β) Die Beklagte rechnete im letzten Schriftsatz ausführlich vor, dass sich eine Rendite von 0,83 % aus dem Handel an einem Dividendenstichtag ergeben solle und es daher "für die Zielrendite der Fonds von 8 bis 12 % p.a." zehn bis fünfzehn Dividendenstichtagen bedürfe. Abgesehen davon, dass dies nur für den nicht streitgegenständlichen früheren S. Fonds M. erfolgte und mithin den streitgegenständlichen S. Fonds nicht unmittelbar schlüssig erläutern kann, zeigt sich an der Berechnung der Beklagten Folgendes: Zunächst führt sie aus, diese Beispielsrechnung stelle den "für die maltesischen Zielgesellschaften mit der oben dargestellten Handelsstrategie erzielbare[n] Gewinn auf Basis des D. M./S. (Kapitalertragsteuerermäßigung für Malteser Gesellschaften auf 5 %") dar. Mithin wird erläutert, wie - bereits unter Berücksichtigung der Steuervorteile, nicht nur der behaupteten "Marktineffizienzen" - eine Rendite des Fonds erzielt werde. Bevor die Rendite den Anleger erreicht, sind indes Kosten und Gewinne der anderen Beteiligten abzuziehen, so dass die genannte Rendite nicht allein dem Anleger zugutekommt. Des Weiteren kommt die Berechnung der Beklagten zu dem Ergebnis, dass die genannte Rendite pro Jahr erzielt werde, wohingegen bei der Investition des Klägers ein halbes Jahr avisiert wurde; der verbleibende Gewinn reduziert sich mithin nochmals auf die Hälfte.

γ) Auch mit der weiteren Beispielsrechnung betreffend ein noch älteres Produkt aus dem Jahr 2009, die Finanzierungskosten für die Fremdkapitalaufnahme berücksichtige, und der Behauptung einer höheren Hebelwirkung ("L.") beim S. Fonds kommt die Beklagte zu dem - unter Sachverständigenbeweis gestellten - Ergebnis, das auch bei Berücksichtigung weiterer Transaktionskosten zutreffen solle, es bleibe "eine Rendite von 8 bis 12 % p.a. mithin plausibel". Mithin kann dieser Vortrag der Beklagten schon angesichts der weit kürzer anvisierten Laufzeit beim Kläger den S. Fonds nicht erklären. Wie der Sprung von 3,18 % bzw. 4,25 % (verdoppelte halbjährliche Rendite) auf 8 % bis 12 % gelingt, erschließt sich im Übrigen jedenfalls aus der Beispielsrechnung nicht.

δ) Abgesehen von der Auffälligkeit, dass gerade nicht mit dem S. Fonds gerechnet wird, beruft sich die Beklagte an dieser Stelle wiederum darauf, sie habe die Plausibilität geprüft, was nach den obigen Ausführungen nicht genügt.

ε) Wie die im Vergleich zu den nicht umgesetzten "A. G. A."-Fonds geänderte Fondstruktur beim S. Fonds mit dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen zusammenhing, ergibt sich aus den Erläuterungen der Beklagten ebenfalls nicht.

?) Nur ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen: Dr. H. sagte im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren aus (EA, SH 144, S. 46 f.), die innerhalb weniger Monate zu erwirtschaftende Rendite von mindestens 30 % (12 % für den Anleger, 5 % für sich, mindestens jeweils 5 % für Dr. B. und Dr. S., noch ohne Berücksichtigung der Kosten) sei aus seiner Sicht exorbitant gewesen, weshalb er den Bedarf einer Rücksprache mit Dr. B. und Dr. S. gehabt habe. Diese hätten daraufhin davon gesprochen, dass um den Dividendenstichtag mit Aktien gehandelt werde und die Investorengelder enorm gehebelt würden, und die Profite damit erklärt, dass nicht erstattungsberechtigte Aktieninhaber die Aktien an Erstattungsberechtigte verkauften. Die Erklärungen seien für ihn "insgesamt plausibel" gewesen.

Diese Aussage des Dr. H. betraf nicht die Investition in den S. Fonds, aber die Zeichnungen des Klägers aus dem Frühjahr 2010, die - nach dem Vortrag gerade der Beklagten - im Wesentlichen gleiche Fonds betrafen; zudem beschäftigte sich Dr. H. nach seiner Aussage auch nicht mehr näher mit Unterschieden des nachfolgenden S. Fonds (EA, SH 144, S. 65 f.). Legt man diese Aussage zugrunde, zeigt sich wiederum zum einen, dass im Zusammenhang mit der D. nicht mit banküblichem kritischen Sachverstand geprüft, sondern nur Plausibilitätserwägungen angestellt wurden, zum anderen, dass sich die Beklagte allein auf Dr. B. und Dr. S. verlassen hat.

Dazu passt abschließend, dass nach der Aussage des Dr. H. zu einem der früheren Fonds (EA, SH 144, S. 81) die Aussage "große Sicherheit" aus der E-Mail vom 15. November 2010 nicht auf einer durch ihn eigenständig durchgeführten Überprüfung oder eigener Expertise basiert und er intern auch nicht nachgefragt, sondern dies für eine gute Verkaufsfloskel gehalten habe.

(6) Die Beklagte konnte nicht auf eine eigene Prüfung verzichten und sich auf eine Prüfung durch Dr. B. und Dr. S. verlassen, und zwar schon deshalb nicht, weil sie wusste, dass sie nicht als neutral bewertet werden konnten.

α) Zunächst ist festzuhalten, dass die Prüfung mit banküblichem kritischen Sachverstand ureigene Aufgabe der Beklagten ist. Eine Übertragung an Dritte hätte - soweit überhaupt zulässig - als Mindestvoraussetzung erfordert, dass sich die Beklagte auf deren Neutralität und Kompetenz berechtigt verlassen konnte.

β) Zudem betraf das Gutachten des Dr. B. ohnehin (nur) steuerliche Fragen und streifte andere Punkte höchstens am Rand. Für die übrigen Fragen war schon nach ihrem eigenen Vortrag die Beklagte zuständig.

γ) Insbesondere aber wusste die Beklagte auch, dass Dr. B. und Dr. S. dem S. Fonds nicht neutral gegenüber standen, sondern ein nicht unerhebliches Eigeninteresse hatten, mithin, dass eine Prüfung des Anlagemodells nicht unkritisch Dr. B. und Dr. S. überlassen werden konnte.

αα) Bereits vor Zeichnung durch den Kläger war auf Seiten der Beklagten im "Management Summary" vom 24. März 2011 ausgeführt (K134, Bl. 2975): "In rechtlicher Hinsicht wird der S. Fund durch ... und Kollegen (Herren S. und B.) beraten." Nur ergänzend wird darauf verwiesen, dass Dr. H. im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren aussagte, der S. Fonds sei durch Dr. B. und Dr. S. strukturiert und bei der Beklagten vorgestellt worden (EA SH 144, S. 99).

ββ) Ein Interessenskonflikt war mithin offensichtlich. Diesen erwähnte die Beklagte ausdrücklich in der etwas nach Zeichnung des Klägers erfolgten "Neubegutachtung E. B." vom 16. Juni 2011 (K40, Bl. 704R unter 9.4.c.). L sagte im Übrigen auch aus, er habe immer gesagt, man müsse einen deutschen Steuerberater fragen. Die Antwort sei gewesen, dass "B./S." dies bereits gemacht hätten. Er habe seine Bedenken gegen das "absurde" Gutachten mündlich geäußert und gesagt, es könne nicht als Legitimation gebraucht werden, das "Produkt S." zu vertreiben (EA SH 02, Bl. 564 f.).

bb) Vielmehr hat die Beklagte auch dadurch ihre Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag verletzt, dass sie den Kläger nicht ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass Dr. B. nicht als neutral bewertet werden konnte.

(1) Sie hätte darauf hinweisen müssen, weil sie Dr. B. unstreitig zumindest Teile der ihr gegenüber dem Kläger obliegenden Beratung überließ.

(2) Zu ihrer Behauptung, der Kläger habe gewusst, dass Dr. B. und Dr. S. als Rechtsberater der Fondsgesellschaft die Interessen des Fonds wahrgenommen hätten und nicht unabhängig aufgetreten seien, hat die Beklagte schon nicht dargelegt, weshalb dem Kläger dies bekannt gewesen sein soll, und hat im Übrigen keinen Beweis dafür angetreten. Soweit sie auf einen undatierten Vermerk des Klägervertreters verweist (B66, nach Bl. 2146), demzufolge Dr. B. am 14. Februar 2011 als Vertreter des S. Fonds aufgetreten sei, ergibt sich daraus ohne nähere Erläuterung ein Nachweis ebenso wenig wie ein hinreichend widersprüchliches Verhalten des Klägers. Ob die Aussage des Klägers in seiner Parteivernehmung, er sei damals davon ausgegangen, dass Dr. B. von der Beklagten angestellt sei und diese berate, glaubhaft war, kann daher dahinstehen. Selbst wenn Dr. B. nicht "im Lager der Beklagten" stand, ergab sich daraus noch nicht, dass er im Interesse gerade des S. Fonds handelte.

cc) Die Beklagte hatte zudem erhebliche eigene Bedenken, was sie dem Kläger ebenfalls unstreitig nicht offenlegte.

(1) So äußerte der Leiter des Bereichs "Unternehmenssteuern", L., schon nach dem Vortrag der Beklagten Bedenken, wenn auch "nur" wegen des Doppelbesteuerungsabkommens. In der etwas nach Zeichnung des Klägers erfolgten "Neubegutachtung E. B." vom 16. Juni 2011 lautete die entsprechende Formulierung "steuerlich aggressiv bezüglich Abkommensmissbrauch" (K40, Bl. 702). L. sagte dazu vor der Kantonspolizei Z. aus, das Einschalten einer US-Pensionskasse sei aus s. Sicht Abkommensmissbrauch, was er in seiner dem "Management Summary" beigefügten Stellungnahme vom 17. Februar 2011 geäußert habe; seine Bedenken seien als Geschäftsverhinderung angesehen worden (EA SH 02, Bl. 567).

(2) Nach dem "Management Summary" vom 24. März 2011 (K134, Bl. 2969R) hatte der Kunde zusätzlich das "Formular 70" ("N.-I. in P. P., P. E. und H. Funds"), mit dem die Kenntnis von mit der Investition verbundenen Risiken bestätigt wurde, zu unterzeichnen. Zu diesem trägt auch die Beklagte nicht vor, der Kläger habe es erhalten.

dd) Die Beklagte hat den Kläger auch nicht auf Bedenken gegen das Anlagekonzept hingewiesen. Ein Erfolg der Investition war nur bei einer Rückerstattung von Steuern zu erwarten (1), was die Beklagte wusste (2). Ob solche Ansprüche bestanden und erfolgreich geltend gemacht werden konnten, war mindestens zweifelhaft, und auch dies war der Beklagten bekannt (3). Ein Hinweis darauf erfolgte unstreitig nicht.

(1) Unstreitig besteht das Vermögen des vom Kläger gezeichneten S. Fonds im Wesentlichen aus den Steuererstattungsansprüchen. Auch die Beklagte führte - unter Sachverständigenbeweis gestellt - aus, bei jeder Transaktion ergebe sich ein Verlust, wenn die Erstattung von Kapitalertragsteuer ausbleibe; noch im letzten Schriftsatz erklärte sie, der "Belastungsausgleich durch Kapitalertragsteuererstattung [sei] Vorbedingung der Erzielung des Arbitragegewinns aus der Preisineffizienz". Dies entspricht den Ausführungen des S. Fonds, die Investmentstrategie führe nur dann zu einem wirtschaftlichen Erfolg, wenn die US-Pensionsfonds die begehrten Steuererstattungen erhielten (B119, Bl. 2808).

(2) Die Beklagte wusste ausweislich des "Management Summary" vom 24. März 2011 bereits vor Zeichnung durch den Kläger, dass der "Erfolg [..] von der Genehmigung der Steuerrückforderungen" abhing (K134, Bl. 2977R).

(3) Im Nachhinein zeigt sich schon an der mittlerweile verstrichenen Zeit von fast sieben Jahren seit dem geplanten Rückfluss der Zahlungen, dass solche Ansprüche und deren erfolgreiche Geltendmachung sehr zweifelhaft sind. Aber auch aus der hier maßgeblichen ex-ante-Sicht war für die Beklagte klar, dass die Genehmigung der Steuererstattungen erheblich gefährdet, jedenfalls aber nicht ohne Weiteres unproblematisch war.

Dem Gutachten des Dr. B. (B27, Bl. 179 ff.) ließ sich - auch für die Beklagte ersichtlich - entnehmen, dass zumindest die Möglichkeit einer doppelten Steuererstattung bestand und dies die Steuerverwaltung veranlassen konnte, eine Erstattung an die US-Pensionsfonds zu verweigern, schon abgesehen von weiteren etwaigen Problemen mit Blick auf das Doppelbesteuerungsabkommen.

α) Das Gutachten sprach ausdrücklich Leerverkäufe an (Bl. 216 ff., 229R, 231), führte dazu viel aus und hielt - bei "verfehlter Ansicht der Finanzverwaltung" - die Erstattungsvoraussetzungen auch bei Absprachen mit dem Leerverkäufer für gegeben (Bl. 217); ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten liege nicht vor (Bl. 234R ff.). Unter anderem heißt es, dem Gesetzgeber sei bekannt gewesen, dass vor allem im Falle von Leerverkäufen eventuell ein höheres Dividendenvolumen bescheinigt und steuerlich berücksichtigt werde als tatsächlich ausgeschüttet worden sei (Bl. 235R). Vorab nennt es dem gegenüber als wesentliche Annahme: "Die U.-P. und [..] wissen bzw. sind angewiesen worden, dass [..] keine Absprachen über Leerverkäufe getroffen werden dürfen" (Bl. 189R).

β) Damit wird zumindest implizit angenommen, dass es zu einer doppelten Erstattung kommen kann, und dies zumindest in Kauf genommen. Zu diesem Ergebnis kam im Übrigen auch das Handelsgericht des K. Z. (Urteil und Beschluss vom 6. April 2016, Geschäfts-Nr.: HG140077-O, von der Beklagten vorgelegt als B68, nach Bl. 2146; nachgehend Schweizerisches Bundesgericht, Urteil vom 28. Oktober 2016, Az.: 4A 308/2016).

γ) Unabhängig davon, ob es tatsächlich zu Leerverkäufen kam und ob ein Geschäftsmodell, das sich darauf stützt, dass eine einmal abgeführte Steuer mehrfach erstattet werden soll, rechtswidrig ist, bestand jedenfalls offensichtlich die Gefahr, dass die deutschen Steuerbehörden eine Rückzahlung verweigern würden, und sei es selbst ohne entsprechenden Tatplan nur, wenn es entgegen der "Anweisung" zu Absprachen über Leerverkäufen kommen würde.

(4) Wie bereits ausgeführt konnte sich die Beklagte nicht unter Berufung auf das Gutachten des Dr. B. ohne weitere eigene Nachprüfung darauf verlassen, dass die Steuererstattungen nicht ernsthaft gefährdet waren. Dies gilt erst recht insoweit, als das Gutachten von "verfehlter Ansicht der Finanzverwaltung" spricht.

(5) Auch die bestehende Versicherung konnte die Beklagte nicht veranlassen, den Erfolg des Anlagekonzepts für hinreichend sicher zu halten. Selbst eine vollständige Abdeckung des "Rechtsgutachtens" durch Versicherungen ließe - unabhängig von deren Details - das Risiko nicht entfallen, da die Eintrittspflicht der Versicherer nicht zweifelsfrei garantiert ist, sondern vielmehr schon allein im Hinblick auf die Person des Verfassers des Gutachtens ersichtlich war, dass Versicherer eine Zahlung möglicherweise verweigern würden. Nicht zuletzt verweist gerade die Beklagte darauf, es sei eben nicht der Erfolg des Anlageprodukts versichert worden.

ee) Die Beklagte hat dem Kläger den S. Fonds vorgestellt, ohne auf die Problematik im Zusammenhang mit den Ende 2010 vom Kläger gezeichneten, dann aber rückgängig gemachten Investitionen hinzuweisen.

(1) Das Bundesministerium der Finanzen wies in einem Schreiben vom 15. Dezember 2010 (Az.: IV C 1-S 1980-1/10/10009, veröffentlicht bei juris, von der Beklagten vorgelegt als B93, Bd. X) unter anderem auf eine in einem vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzesentwurf enthaltene, bereits vor Inkrafttreten anzuwendende Regelung hin, die "weitere missbräuchliche steuerliche Gestaltungen bei Leerverkäufen von Aktien über den Dividendenstichtag" verhindern sollte, aber als hinzunehmende Konsequenz auch "normale Kaufvorgänge über den Dividendenstichtag [traf], bei denen keine Steuergestaltung" vorlag. Schon nach dem Vortrag der Beklagten wurde der S. Fonds entwickelt, weil aufgrund dieses ihr bekannten (B94, Bd. X) Schreibens die vom Kläger bereits gezeichneten Fondsinvestments ("A.", B90, Bd. X, und "C.") nicht mehr funktionierten.

(2) Die Beklagte hat schon nicht konkret erläutert, weshalb sie dem Kläger zunächst die "Stornierung" seiner Zeichnungen aus dem November/Dezember 2010 mitteilte, weil die Steuer es verunmöglicht habe, im Anschluss daran jedoch eine Anlage empfahl, die - nach ihrem Vortrag - auf einer im Wesentlichen vergleichbaren Anlagestrategie beruhte. Insbesondere hat sie nicht dargelegt, welche Informationen sie dem Kläger zu dem in diesem Zusammenhang erheblichen Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen gegeben haben will. Ebenso wenig hat die Beklagte dargelegt, wie sie dem Kläger erläutert haben will, dass die gescheiterte Fondstruktur nun deshalb funktionieren würde, weil - erstmalig - US-Pensionsfonds ins Spiel kamen.

(3) Dem Kläger wurde zudem auch nach dem Vortrag der Beklagten nicht vor Augen geführt, dass das Bundesministerium für Finanzen gewillt war, angeblichen Steuermissbräuchen entschlossen entgegenzutreten. Vielmehr hat die Beklagte ihm auf der Grundlage vorläufiger Unterlagen, nämlich der oben genannten diversen Entwürfe, den S. Fonds vorgestellt.

(4) Die Beklagte hat im Übrigen noch im Verfahren nicht dargelegt, weshalb im Hinblick auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen die Anlage in den S. Fonds im Gegensatz zu den gestrichenen Anlagen als unproblematisch einzustufen gewesen sein sollte. Diese Frage hatte sie damals ersichtlich nicht geprüft, sondern sich auf Dr. B. verlassen (s. o.).

ff) Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich die Problematik noch dadurch verschärfte, dass es sich um Fragen handelte, die erhebliche Folgen für das Renommee der Beteiligten haben konnten.

(1) Dies ist ohne Weiteres ersichtlich, ohne dass ergänzend auf die Äußerung von L., er habe einen hohen Reputationsschaden für die Beklagte befürchtet, zurückgegriffen werden muss. Soweit die Beklagte allerdings hierzu behauptet, der von jenem befürchtete Schaden habe sich nur auf S. Steuerrecht und die Bank, nicht aber den Kunden bezogen, erscheint dies zumindest zweifelhaft. Im "Management Summary" vom 24. März 2011 sprach die Beklagte jedenfalls selbst von einem Reputationsrisiko, insbesondere im Hinblick auf "steuerrechtliche Themen in Deutschland" (K134, Bl. 2978). Gleichgültig, ob die damaligen Ausführungen auch auf die Anleger bezogen waren, bestand ersichtlich für diese ebenfalls ein solches Risiko.

(2) So etwas war für den Kläger, der - wie die Beklagte wusste - als bekannter Unternehmer regelmäßig im Fokus der Öffentlichkeit stand, von nicht unwesentlicher Bedeutung. Über die von der Beklagten angesprochene allgemeine gesellschaftliche Missbilligung von Steuersparmodellen und ihr stetes Reputationsrisiko hinaus bestand hier aufgrund der genannten Umstände, nicht zuletzt des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen, ein zusätzliches konkretes und damals höchst aktuelles Risiko. Wenn die Beklagte darauf verweist, der Kläger habe früher schon Schwarzgeldkonten gehabt und anschließend eine Selbstanzeige abgeben und Steuern nachzahlen müssen, war der Kläger umso mehr sensibel für entsprechende Fragen und es für ihn umso wichtiger, sein Ansehen nicht (gegebenenfalls: weiter) zu beschädigen und über entsprechende Risiken informiert zu werden.

gg) Schließlich beinhaltete die vom Kläger beabsichtigte Anlagestrategie, dass die Zahlungen im Oktober/November 2011 zurückfließen würden. Dies war der Beklagten bekannt. Sie hat ihn dennoch nicht darauf hingewiesen, dass sich die Zahlung zumindest erheblich verzögern könnte. Bereits im "Management Summary" vom 24. März 2011 wurde ausgeführt, dass das Steuerrückforderungsverfahren als "integraler Bestandteil der Strategie" Ende Oktober 2011 abgeschlossen sein müsse, jedoch länger dauern könne und aus Sicht des Investors mit "einem Investitionszeitraum von ca. 12 Monaten (Beginn Feb. 2011) gerechnet werden" müsse (K134, Bl. 2977, 2977R). Schon hierauf hat die Beklagte nicht hingewiesen, geschweige denn auf das weitere Risiko, dass die Steuerbehörden eine Auszahlung verweigern könnten und sich selbst dann, wenn sich das Verlangen der US-Pensionsfonds als rechtmäßig herausstellen würde, die Zahlung um Jahre verzögern könnte. Auch das - von der am Ende zutreffenden rechtlichen Bewertung unabhängige - tatsächliche Problem einer "Akzeptanz der Steuerrückforderung durch die deutschen Steuerbehörden" hatte die Beklagte im "Management Summary" vom 24. März 2011 thematisiert und zu den Problemen näher ausgeführt (K134, Bl. 2977R, 2978).

hh) An den genannten Pflichtverletzungen ändert der Prospekt ebenso wenig wie das Gutachten des Prof. K. Im Übrigen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger vor Zeichnung den Prospekt überhaupt erhalten hat.

(1) Die Erläuterungen im Prospekt ändern nichts daran, dass die Beklagte die Anlage nicht hinreichend geprüft hat. Ebenso wenig gibt der Prospekt einen Hinweis darauf, dass Dr. B. kein neutraler Berater war. Von der Problematik einer Steuerrückerstattung ist nur sehr allgemein und verklausuliert mit Erstattungsrisiken "[j]e nach Quellenstaat" die Rede (K12, Bl. 40.84), das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen wie überhaupt Deutschland werden nicht erwähnt. Letzteres gilt auch für einen verspäteten Zahlungsrückfluss.

Dasselbe gilt für das Gutachten von Prof. K. Insoweit kommt noch hinzu, dass jeglicher Bezug zu dem erst später aufgelegten S. Fonds und dessen abweichender Struktur (z. B. Doppelbesteuerungsabkommen) fehlt.

(2) Daneben kann bereits nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger vor Zeichnung den Prospekt überhaupt erhalten hat.

α) Macht ein Kapitalanleger Schadensersatz mit der Behauptung geltend, die erteilten Information seien unrichtig bzw. unvollständig gewesen, trägt er für die Schlechterfüllung des Beratungsvertrages - unbeschadet der insoweit bestehenden sekundären Behauptungslast der Gegenseite - die Darlegungs- und Beweislast, und damit auch dafür, ob ihm ein Prospekt der Kapitalanlage übergeben wurde (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2006, Az.: III ZR 205/05, abgedruckt in NJW-RR 2006, 1345, zum Vermittler; für eine Anwendung auch auf die anlageberatende Bank: Erman/Kindl, BGB, 15. Auflage 2017, § 311 BGB, Rdnr. 76). Die mit dem Nachweis der negativen Tatsache der fehlenden Prospektübergabe verbundenen Schwierigkeiten werden dadurch ausgeglichen, dass die andere Partei die behauptete fehlende Übergabe substantiiert bestreiten muss, was im Regelfall durch die Darlegung geschieht, wann und unter welchen Umständen der Prospekt übergeben wurde, wenn ihr dies zumutbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2017, Az.: III ZR 565/16, abgedruckt in NJW-RR 2017, 1520).

β) Dies setzt indes zunächst voraus, dass die Gegenseite die Übergabe überhaupt behauptet, zumal im Rahmen der sekundären Behauptungslast regelmäßig auch deren Umstände näher anzugeben sind. Die Beklagte hat aber schon gar nicht prozessordnungsgemäß behauptet, dass dem Kläger vor Zeichnung ein Prospekt übergeben wurde, geschweige denn näher zu den Umständen vorgetragen.

Die zunächst erfolgte Behauptung der Beklagten, sie "habe dem Kläger und seinen Mitarbeitern ein Exemplar des Prospekts übersandt", ist insoweit unerheblich, da der Prospekt (lange) nach Zeichnung unstreitig übersandt wurde; wann die Übersendung geschehen sein soll, trug die Beklagte nicht konkret vor. Später führte die Beklagte aus, sie habe nicht vorgetragen, dass der Kläger den Prospekt vor Zeichnung des S. Fonds gehabt habe, sondern nur, dass er den Erhalt schriftlich bestätigt habe, allerdings wird wenige Zeilen später der Erhalt vor Zeichnung als streitige Frage bezeichnet; letztlich ist dieser Vortrag der Beklagten perplex. Wiederum später erklärte sie, Indizien sprächen dafür, dass dem Kläger der Prospekt vor seiner Entscheidung vorgelegen habe. Die Beklagte hat zudem ausdrücklich Tatbestandsberichtigung dahingehend beantragt, dass sie nicht behauptet habe, den Prospekt übersandt zu haben, sondern dass die Bestätigung des Klägers als Indiz für den Erhalt des Prospekts zu werten sei.

Mithin will die Beklagte ausdrücklich gerade keine Übersendung des Prospekts vor Zeichnung behaupten. Eine nähere Darlegung der Übergabe fehlt ohnehin.

γ) Daran ändern auch die Ausführungen der Beklagten in der Berufung zur Zumutbarkeit sekundärer Darlegung nichts. Insbesondere fehlt nach den ausführlichen rechtlichen Zitaten jegliche Erläuterung, weshalb der Beklagten weiterer Vortrag nicht möglich sein sollte. Im Übrigen fehlt es nicht nur an Substantiierung, sondern bereits an einer Behauptung.

δ) Es kann (soweit überhaupt zulässig) auch nicht unabhängig von einer Behauptung der Beklagten - etwa als aus der Akte offensichtlich - davon ausgegangen werden, dass der Kläger den Prospekt vor Zeichnung hatte.

Eine Prospektübergabe an den Kläger war zwar theoretisch möglich; ein Prospektentwurf wurde am 11. Februar 2011 - im Übrigen dem Gründungstag des S. Fonds - an die Beklagte übersandt (B98, Bd. X s. a. B101, Bd. X), ein Übersendungsschreiben an den Kläger liegt aber nicht vor.

Mit dem Zeichnungsschein (K4, Bl. 40.13) hat der Kläger den Erhalt des Prospekts bestätigt, aber nicht gegenüber der Beklagten, da sie nicht Beteiligte der Zeichnungsvereinbarung war, so dass sie hieraus grundsätzlich keine Rechtsfolge zu ihren Gunsten herleiten kann. Die Vereinbarung wurde auch nicht an den S. Fonds weitergeleitet. Eine derartige vorformulierte allgemeine Erklärung macht jedenfalls nicht offensichtlich, dass dem Kläger der Prospekt vorgelegen haben muss.

Für den vorherigen Erhalt des Prospekts spricht entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht, dass in der Klage die Fassung vom März 2011 vorgelegt wurde, während unzutreffend sei, dass dieser Prospekt an B. im Februar 2012 übersandt worden sei, sondern jenem vielmehr am 11. April 2012 der Prospekt vom September übersandt worden sei. B. behauptete jedenfalls in einer E-Mail vom 11. April 2012, es liege (nur) der Prospekt vom September 2011 vor (B100, Bd. X). Abgesehen davon, dass der Prospekt mehrfach übersandt worden sein kann, belegt dies ohnehin nichts.

Y sagte demgegenüber im Ermittlungsverfahren aus, es existiere eine interne Liste der Beklagten (EA Bl. 12429 f.) nach welcher der Kläger weder einen Prospekt noch das "Formular 70" zur Bestätigung der Kenntnis von Anlagerisiken erhalten habe (vgl. "Austrennungsverfügung" der Staatsanwaltschaft K., K122, Bl. 2450). Die Beklagte erklärte, die Liste sei unvollständig.

(3) Beim Gutachten von Prof. K. sprach die Beklagte von "einem mutmaßlich für den Kläger erstellten Gutachten von Prof. Dr. K.", das "offenbar vom Kläger über [..] beauftragt, für den Kläger angefertigt und [..] für den Kläger in Empfang genommen" worden sei und das der Kläger "allem Anschein nach [..] in Auftrag gegeben" habe [kursiv jeweils nicht im Original]. Die E-Mail des Prof. K. vom 17. November 2014 (B72, nach Bl. 2146) ergibt einen früheren Kontakt zum Kläger gerade nicht. Es kann letztlich dahinstehen, ob darin - in Verbindung mit dem zuletzt erfolgten Verweis auf eine Aussage des Dr. H., seines Wissen sei das Gutachten dem Kläger zur Verfügung gestellt worden - überhaupt ein ordnungsgemäßer Vortrag der Tatsache liegt, dass der Kläger das Gutachten kannte oder ob die Beklagte auch dies gerade nicht ausdrücklich behaupten will.

c) Darauf, ob die Beklagte darüber hinaus weitere Pflichten verletzt hat, kommt es im Ergebnis nicht an. Daher wird hierzu nur noch kurz, insbesondere zu den vom Landgericht angesprochenen Punkten und der von den Parteien ausführlich thematisierten Frage der Cum-Ex-Geschäfte, wie folgt ausgeführt:

aa) Soweit nach dem Vortrag des Klägers (fast) das gesamte Kapital (die "Beute") vorab zwischen den "Funktionsträgern" verteilt worden sein soll, behauptet der Kläger mittlerweile jedenfalls keine Kenntnis der Beklagten mehr.

bb) Es liegt nicht fern, dass sich dem als Gründer und Leiter eines großen Unternehmens geschäftlich erfahrenen Kläger, der auch nicht zum ersten Mal eine Anlage tätigte, schon angesichts der versprochenen Rendite aufdrängte, dass ein gewisses Risiko bestand. Auch bei der (nur mittelbar unter Beweis gestellten) Behauptung des Klägers, Dr. H. und Y hätten ihm zugesichert, die Investition - in den von der Beklagten entsprechend einem H.-Fonds in die höchste Risikostufe 5 eingestuften S. Fonds (K36, Bl. 558) - sei zu 100 % sicher und ohne jedes Risiko, bestehen gewisse Zweifel, ob beim Kläger davon ausgegangen werden kann, dass er eine risikolose Anlage (kein "messbares [..] Risiko") bei einer Laufzeit von sechs Monaten und einer Ertragserwartung von 12 % wünschte und - zumal bei der damaligen wie auch heutigen Wirtschaftslage - dabei angenommen hat, es handele sich um eine "zu 100 % sichere" Kapitalanlage. Allerdings sollen nach seinem Vortrag bei den Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft auch andere Anleger davon gesprochen haben, dass ihnen die Anlage als "sicher" geschildert worden sei und hat er einen entsprechenden Zeugenbeweis angetreten. Es kann letztlich offenbleiben, ob der Kläger über das Risiko eines Totalverlustes ordnungsgemäß aufgeklärt oder ob ihm eine "zu 100 % sichere" Anlage versprochen wurde.

cc) Zur Versicherung kann eine weitere Aufklärung unterbleiben.

(1) Zum Sachverhalt ergab sich insoweit bislang Folgendes:

α) Die A-AG versicherte als Berufshaftpflichtversicherung des Dr. B. zu Gunsten des S. Fonds die Beratung auf der Basis des Gutachtens des Dr. B. in Höhe von 100 Mio. €. Damit sind zunächst Schäden des S. Fonds versichert, wenn die rechtliche Beurteilung im Gutachten falsch und der Versicherer bedingungsgemäß zur Zahlung verpflichtet ist; eine etwaige Zahlung des Versicherers - der sich im Übrigen wohl für nicht eintrittspflichtig hält (Bl. 2672) - dürfte im Ergebnis als Fondsvermögen auch den Anlegern zu Gute kommen.

β) Die Beklagte behauptete - zumindest hinausgehend über die Ausführungen im "Management Summary" vom 24. März 2011 (K134, Bl. 2977R), dass das Rechtsgutachten bei der A. versichert sei - unter Zeugenbeweis, das Anlagekapital sei vollständig abgedeckt, nämlich neben der A. auch noch bei anderen Anbietern, wenn auch ohne Nennung der betreffenden Versicherer und der tatsächlichen Deckungssumme, wobei der S. Fonds die Aushändigung der Police an Dritte verweigerte (B103, S. 3, Bd. X; B111, Bl. 2587).

γ) Laut der Aussage des Klägers in seiner Parteivernehmung habe ihm Dr. B. von sich aus mehrfach gesagt, seine Ansprüche aus dem S. Fonds seien "a.", um ihn damit weiter zu überzeugen; von einem Gutachten des Dr. B. habe er nichts gewusst.

(2) Weder muss geprüft werden, ob die Aussage des Klägers glaubhaft ist, noch, ob die Vernehmung von Zeugen hierzu (als Indizienbeweis seitens des Klägers sowie gegenbeweislich seitens der Beklagten) erforderlich wäre. Dasselbe gilt für die Frage, ob der Vortrag der Beklagten zu weiteren Versicherungen hinreichend substantiiert ist und gegebenenfalls entsprechend Beweis zu erheben wäre. Es kann insbesondere auch dahinstehen, ob - je nach festgestelltem Sachverhalt - eine Pflichtverletzung schon darin zu sehen wäre, dass über den Versicherer unzutreffend aufgeklärt wurde, da schon die Beklagte nicht behauptet, es sei gegenüber dem Kläger neben der A. auch von weiteren Versicherern gesprochen worden. Dasselbe gilt insoweit, als dem Kläger nicht klargemacht wurde, dass das versicherte Gutachten von einer Person stammte, die für den S. Fonds auftrat (oder gar dessen Initiator war) und daher nicht neutral war, was für sich allein das Risiko erhöhte, dass seitens des (bzw. der) Versicherer eine Zahlung verweigert würde.

dd) Ebenfalls dahinstehen kann, ob hinsichtlich einer Rückvergütung eine Pflichtverletzung der Beklagten vorliegt.

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist, wenn ein Anlageberatungsvertrag besteht, die Bank verpflichtet, den Anleger über eine von ihr vereinnahmte Rückvergütung aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen ungefragt aufzuklären (vgl. z. B. BGH, Urteil vom 28. Mai 2013, Az.: XI ZR 420/10, zit. nach juris) und - unabhängig von der Rückvergütungshöhe (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Januar 2009, Az.: XI ZR 510/07, abgedruckt in NJW 2009, 1416) - darauf hinzuweisen, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten von der Fondsgesellschaft erhält (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 2006, Az.: XI ZR 56/05, abgedruckt in BGHZ 170, 226); da die beratende Bank im Zeitpunkt der Beratung in der Regel weiß, dass und in welchem Umfang sie bei dem empfohlenen Produkt Vertriebsprovisionen erhält, besteht die Offenbarungspflicht schon dann, wenn das Provisionsangebot noch nicht angenommen wurde (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 2013, Az.: XI ZR 204/12, abgedruckt in NJW 2013, 3574; BGH, Urteil vom 19. Juni 1985, Az.: IVa ZR 196/83, abgedruckt in BGHZ 95, 81, zu einem Steuerberater). Nach der Auffassung des OLG F. setzt eine Haftung der Bank voraus, dass der Anleger Kenntnis von offen ausgewiesenen Aufschlägen hatte (Urteil vom 19. Februar 2014, Az.: 9 U 48/12, zit. nach juris; Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen), nach Ansicht des OLG B. hingegen kommt es darauf nicht an, sondern ist vielmehr entscheidend, dass die beratende Bank selbst Kenntnis von der offengelegten Zahlung hatte (Urteil vom 27. April 2016, Az.: 4 U 11/14, BeckRS 2016, 09268, ohne Revisionszulassung mit dem Argument, die Sichtweise des OLG Frankfurt sei "vereinzelt geblieben"). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist allerdings eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfiehlt, grundsätzlich nicht verpflichtet, darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt, da für den Kunden offensichtlich ist, dass die Bank eigene Gewinninteressen verfolgt, und gilt nichts anderes, wenn fremde Anlageprodukte im Wege des Eigengeschäfts zu einem über dem Einkaufspreis liegenden Preis veräußert werden, wobei es ohne Belang ist, ob dem Kunden bekannt war, dass der Erwerb im Wege des objektiv vorliegenden Eigengeschäfts erfolgte (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 2011, Az.: XI ZR 182/10, abgedruckt in BGHZ 191, 119BGH, Urteil vom 26. Juni 2012, Az.: XI ZR 355/11, abgedruckt in BKR 2013, 17; s. a. MüKo/Emmerich, 7. Auflage 2016, § 311 BGB, Rdnr. 104 f.).

(2) Zum vorliegenden Sachverhalt war demnach folgendes zu beachten:

α) Am 8. April 2011 bzw. 28. April 2011 unterzeichneten die Beklagte bzw. der S. Fonds - mittlerweile unstreitig - eine Vertriebsvereinbarung, von der die Beklagte ebenso unstreitig wieder Abstand nahm (E-Mails vom 3. Mai 2011, B107, Bd. X). Eine Zahlung erfolgte nicht, dies behauptet mittlerweile auch der Kläger nicht mehr.

β) Im Zeitpunkt der Zeichnung durch den Kläger lag der Beklagten ein Provisionsangebot des S. Fonds vor, das sie - zumindest grundsätzlich - anzunehmen beabsichtigte und bei dem viel dafürspricht, dass es unterschriftsreif war und die Beklagte schlicht durch eine zustimmende Willenserklärung eine "Provision" von 1 % aus der Verwaltungsgebühr und eine Rücknahmegebühr von 1 % erreichen konnte. Mit E-Mail vom 27. Februar 2011 (B105, Bd. X) verschickte die Fondsgesellschaft an die Beklagte für die Vertriebsvereinbarung des S. Fonds einen Vorschlag, der auf der Vereinbarung für einen anderen Fonds basiere, und bat um telefonische Rücksprache bei Fragen und Änderungsvorschlägen, ansonsten aber, "die Verträge einfach auszudrucken, zu unterschreiben und mir in zweifacher Ausfertigung zuzusenden." Das "Management Summary" vom 24. März 2011 führte aus (K134, Bl. 2978): "Die mit S. bestehende Vertriebsvereinbarung wird erweitert und die Provision von 1,20 % p.a. für Y beinhalten (aus der Verwaltungsgebühr bezahlt - noch zu verhandeln, 1 % wurde bereits verhandelt). Zusätzlich soll eine Rücknahmegebühr von 1 % für Y bestehen, nachdem die Investoren eine Mindestrendite von 12 % p.a. erreicht haben." Mit E-Mail vom 8. April 2011 (B106, Bd. X) wurde die Datei mit dem Vorschlag des S. Fonds bei der Beklagten intern zur - wie oben ausgeführt dann am selben Tag erfolgten - Unterschrift weitergeleitet, nachdem bereits "anfangs dieser Woche" die ausgedruckte Version weitergegeben worden war. Die Beklagte behauptet insoweit und stellt unter Zeugenbeweis, aus mündlichen Zwischenständen hätten - wie den benannten Verhandlungsführern beider Seiten bewusst gewesen sei - keine Ansprüche für die Beklagte erwachsen können; allerdings liegen die genannten schriftlichen Unterlagen vor.

γ) Ausweislich des "Management Summary" vom 24. März 2011 sollten jedenfalls die "Rückvergütung" ("retrocession fee") aus der Verwaltungsgebühr ("management fee") bezahlt werden (s. o.).

δ) Der Kläger will den Prospekt nicht zur Kenntnis genommen haben. Die von ihm angeführte Kommission von 3.500,- €, die die Beklagte als "bloße Transaktionsgebühr bezeichnet", ist im Verhältnis zur Höhe des angelegten Betrages äußerst gering.

ε) Die Beklagte erwarb die Anteile am S. Fonds im eigenen Namen für Rechnung des Klägers.

(3) Die damit aufgeworfenen Fragen zum festzustellenden Sachverhalt und dessen rechtlicher Bewertung bedürfen hier keiner abschließenden Entscheidung. Allerdings dürfte jedenfalls der Hinweis in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen und der Broschüre - abgesehen von der Frage des Erhalts der Unterlagen - als Aufklärung nicht genügen, da es ein Unterschied ist, ob der Kunde abstrakt und generell auf mögliche Interessenkonflikte hingewiesen wird oder ob dies mit Blick auf die konkrete Anlage und insbesondere die nicht nur an sich mögliche, sondern tatsächliche unmittelbar bevorstehende Rückvergütungsvereinbarung erfolgt; im Übrigen dürfte eine Benennung mit "0 bis 100 %" dem Aufklärungsinteresse über die Höhe der Rückvergütung ersichtlich nicht hinreichend Rechnung tragen.

ee) Weiter kann dahinstehen, ob Cum-Ex-Geschäfte mit mehrfacher Erstattung nur einmal abgeführter Steuer rechtswidrig waren, ob der S. Fonds eine solche Strategie verfolgte und ob dies gegebenenfalls der Beklagten bekannt war.

(1) Es mag einiges für die Ansicht sprechen, dass ein Geschäftsmodell, das sich darauf stützt, dass eine einmal abgeführte Steuer mehrfach erstattet werden soll, rechtswidrig ist (vgl. zur Problematik HessFG, Beschlüsse vom 8. Oktober 2012, Az.: 4 V 1661/11, abgedruckt in BB 2012, 3184, und vom 10. Februar 2016, Az.: 4 K 1684/14, abgedruckt in WM 2016, 829 [BGH 22.03.2016 - XI ZR 93/15], und vom 10. März 2017, Az.: 4 K 977/14, abgedruckt in WM 2017, 854 [LG Wuppertal 12.07.2016 - 16 S 63/15] FG Düsseldorf, Urteil vom 12. Dezember 2016, Az.: 6 K 1544/11, zit. nach juris; Landgericht Frankfurt, Urteil vom 17. Mai 2013, Az.: 2-04 O 358/12, vom Kläger vorgelegt als K52, Bl. 863 ff.; LG Wiesbaden, Beschluss vom 27. Februar 2013, Az.: 6 Qs 11/13, Folgebeschlüsse vom Kläger vorgelegt als K45 und K46, Bl. 781 ff.; vgl. auch nachgehend BVerfG, Nichtannahmebeschluss mit Tenorbegründung vom 2. März 2017, Az.: 2 BvR 1163/13, zit. nach juris, mit Anm. Ebner in HFR 2017, 633; s. a. BFH, Urteil vom 27. Oktober 2009, Az.: VII R 51/08, abgedruckt in BFHE 227, 327, zu "nicht existenten" Aktien; BFH, Urteil vom 24. August 2011, Az.: I R 85/10, zit. nach juris, zum Erfordernis der tatsächlichen Abführung für die Erstattung bei § 50d Abs. 1 EStG). Unabhängig von den Ausführungen des Klägers, die Gegenmeinung sei maßgeblich von Dr. B. beauftragt (Bl. 759/764; s. a. TKÜ Dr. B., K125, Bl. 2486 ff.), finden sich allerdings auch gegenteilige Stimmen, wie z. B. in dem von der Beklagten zuletzt vorgelegten Aufsatz (B149, dort S. 216).

(2) Zum Geschäftsmodell des S. Fonds befinden sich in den Akten diverse Unterlagen. Das Landgericht hatte die umfangreiche strafrechtliche Ermittlungsakte beigezogen und der Kläger hat diese im Berufungsverfahren vorgelegt. Soweit E-Mails und Zeugenaussagen im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren von einer doppelten Rückerstattung, Leerverkäufen oder Absprachen sprechen, lässt sich aber oft ein unmittelbarer Bezug zum S. Fonds nicht erkennen, allerdings liegen auch Aussagen konkret zu diesem vor.

(3) Vorliegend muss weder die Frage der rechtlichen Bewertung entschieden werden noch aufgeklärt werden, ob der S. Fonds ein entsprechendes Geschäftsmodell hatte, insbesondere muss dazu die umfangreiche Ermittlungsakte nicht ausgewertet werden.

7. Die Pflichtverletzungen der Beklagten waren für die Entscheidung des Klägers kausal.

a) Wer vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, ist beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese sogenannte "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters. Hierbei handelt es sich um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (st. Rspr., vgl. z. B. BGH, Urteil vom 8. Mai 2012, Az.: XI ZR 262/10, abgedruckt in BGHZ 193, 159).

b) Diese Vermutung hat die Beklagte nicht widerlegt.

aa) Das Telefonat mit Dr. B. am 28. März 2011 mag für die endgültige Entscheidung des Klägers ausschlaggebend gewesen sein. Dies unterbrach jedoch nicht die Wirkung der früheren Pflichtverletzungen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger anlässlich dieses Telefonats noch von der Anlage hätte überzeugt werden können, wenn die Beklagte ihre Pflichten nicht wie ausgeführt verletzt hätte. Vielmehr wäre sogar eher zu vermuten, dass der Kläger sich überhaupt nicht mehr auf das Telefonat eingelassen hätte. Schließlich nahm auch Y an dem Telefonat teil, so dass die Beklagte allein mit der Tatsache des Telefonats keinen Beweis führen kann.

bb) Dass der Kläger im März 2010 zwei Fonds gezeichnet hat, spielt im Hinblick auf die festgestellten Pflichtverletzungen keine Rolle, mit Ausnahme möglicherweise des (oben nicht berücksichtigten) Totalverlusts.

cc) Soweit die Beklagte geltend macht, dass der Kläger schon fest entschlossen gewesen sei, ein weiteres D. A. I. zu tätigen, sowie weitere nicht umgesetzte Fonds gezeichnet habe ("A." und "C.") und deshalb die Kausalität entfalle, hat dies keinen Bezug zu den Beratungsfehlern beim S. Fonds. Die Beklagte behauptet nicht, sie habe bei den anderen Fonds dieselben Beratungsfehler begangen und dies sei dem Kläger gleichgültig gewesen. Im Übrigen trägt die Beklagte schon selbst nur vor, der Kläger sei "grundsätzlich entschlossen" gewesen.

dd) Ebenso unerheblich ist, dass der Kläger sich zwischenzeitlich gegen die Anlage entschieden hatte. Dadurch wird nicht belegt, dass er sich bei richtiger Beratung auch dafür entschieden hätte.

ee) Dass der Kläger bereit war, "sich ganz legal eine Steuerlücke zunutze" zu machen, bedeutet nicht, dass er dies auch gewesen wäre, wenn er z. B. von der unzureichenden Prüfung der Beklagten oder den konkreten besonderen Risiken, nicht zuletzt angesichts des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen, oder einer verspäteten Rückzahlung gewusst hätte. Dasselbe gilt hinsichtlich der mit der Beteiligung an der "steueroptimierten" D. K. erwirtschafteten Steuerersparnis von 37 Mio. €.

ff) Die Beklagte hat ihre Behauptung, der Kläger hätte das Investment so oder so getätigt und dessen konkrete Ausgestaltung sei für ihn unerheblich gewesen, mit der von ihr insoweit allein angebotenen Parteivernehmung des Klägers nicht beweisen können. Der Kläger hat vielmehr ausgesagt, er hätte sich nur darauf eingelassen, wenn er gewusst hätte, dass der Vorgang ordnungsgemäß abgewickelt werden könne; er hätte den S. Fonds nie gezeichnet, wenn ihm von der Beklagten gesagt worden wäre, dass sie den Fonds jedenfalls teilweise nicht geprüft habe, dieser aufgelegt worden sei, weil die deutschen Steuerbehörden reagiert hätten, und Dr. B. nicht als neutral betrachtet werden könne, sondern ein hohes Eigeninteresse habe; er sei "kein Spielertyp". Eine Glaubhaftigkeitsprüfung dieser Aussage ergab jedenfalls nicht, dass ihr Gegenteil als bewiesen anzusehen ist.

c) Ein Entlastungsbeweis gelingt der Beklagten zudem auch hinsichtlich des Verschuldensnicht.

8. Dem Kläger ist durch den Erwerb der Kapitalanlage ein entsprechender Schaden entstanden.

a) Der Anleger, der aufgrund einer fehlerhaften Empfehlung eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, ist in der Regel bereits durch deren Erwerb geschädigt. Wer durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages verleitet wird, den er ohne dieses Verhalten nicht geschlossen hätte, kann sogar bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung einen Vermögensschaden dadurch erleiden, das die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2005, Az.: XI ZR 170/04, abgedruckt in BGHZ 162, 306; s. a. BGH, Urteil vom 24. März 2015, Az.: XI ZR 278/14, abgedruckt in NJW-RR 2015, 1076).

b) So liegt es hier. Der Kläger muss nicht abwarten, ob eine Steuererstattung und sodann eine Zahlung des S. Fonds noch erfolgen. Sein Totalausfall muss nicht bereits sicher feststehen, vielmehr wird die Beklagte als Schädiger ausreichend dadurch geschützt, dass ihr die Anteile übertragen werden. Im Übrigen dürfte hier aller Voraussicht nach mit einer Erstattung eher nicht mehr zu rechnen sein.

9. Ein Mitverschulden des Klägers lag nicht vor.

a) Der Informationspflichtige kann dem Geschädigten grundsätzlich nicht nach § 254 Abs. 1 BGB entgegenhalten, er sei für die Entstehung des Schadens mitverantwortlich; die gegenteilige Annahme stünde im Gegensatz zum Grundgedanken der Aufklärungs- und Beratungspflicht, nach dem der Anleger regelmäßig auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der ihm erteilten Beratung vertrauen darf (st. Rspr., vgl. z. B. BGH Urteil vom 3. Juni 2014, Az.: XI ZR 147/12, abgedruckt in BGHZ 201, 310).

b) Es ist nicht ersichtlich, weshalb der Kläger Anlass gehabt haben sollte, hinsichtlich der genannten Pflichtverletzungen Nachforschungen zu betreiben oder bei der Beklagten nachzufragen. Dass ihm möglicherweise ein nicht unerhebliches Risiko bewusst war, führt nicht zu einem Mitverschulden.

10. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten zu.

a) Es wurde zwar eine Honorarvereinbarung getroffen (Bl. 2174), in dieser aber mindestens die gesetzlichen Gebühren vereinbart.

b) Die geltend gemachte Höchstgebühr ist gerechtfertigt. Dem - so die Beklagte - einfachen Schreiben des Klägervertreters ging eine umfangreiche Prüfung voraus. Diese beinhaltete zahlreiche schwierige und umfangreiche Fragen rechtlicher und tatsächlicher Art, wie der internationalen Zuständigkeit, des internationalen Privatrechts und hochkomplexer Bank- und Börsenabläufe. Dies zeigt sich nicht zuletzt im Umfang der Schriftsätze beider Parteien und der gerichtlichen Urteile. Soweit der Kläger einmal davon sprach, dass "die Materie des Rechtsstreits die Organe der Rechtspflege - Anwälte und Gerichte - etwas über den Durchschnitt hinaus [kursiv nicht im Original]" fordere und nicht von einem besonders schwierigen Fall auszugehen sei, geschah dies in einem anderen Zusammenhang und kann - abgesehen davon, ob es zutrifft - nicht auf die Frage der Gebühren übertragen werden.

c) Der Kläger hat auch nicht von Anfang an unbedingten Klagauftrag erteilt, so dass die Tätigkeiten vor Erhebung der Klage nicht allein unter die Verfahrensgebühr fallen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 14. Dezember 2011, Az.: IV ZR 34/11, abgedruckt in NJW-RR 2012, 486). Der Zeuge S., der Prozessbevollmächtigte des Klägers, sagte glaubhaft aus, der erste Auftrag durch den Kläger im Januar 2013 sei darauf beschränkt gewesen, den Vorgang zu prüfen und vorgerichtlich Ansprüche geltend zu machen; ein Klagauftrag sei damals noch nicht erteilt worden. Er habe die Beklagte dann mit Fristsetzung zu Auskunft und Rechenschaft aufgefordert und auch Zahlung beansprucht. Mit dem Kläger sei vereinbart gewesen, abzuwarten, was innerhalb der Frist passiere. Als dann erwartungsgemäß nichts passiert sei, habe er sich mit dem Kläger kurzgeschlossen; der Kläger habe gesagt, dann müssten sie eben klagen, und daraufhin den Auftrag zur Klage erteilt.

11. Dem Kläger stehen gemäß §§ 286, 288 BGB die zugesprochenen Zinsen zu.

a) Die Beklagte geriet gemäß § 286 Abs. 1 BGB spätestens in Verzug, als die vom Kläger gesetzte Zahlungsfrist mit dem 20. Februar 2013 abgelaufen war.

Soweit die Beklagte die Ansicht vertritt, die teilweise Klagerücknahme habe insoweit den Verzug entfallen lassen, trifft dies nicht zu. Mit der Rücknahme mag insoweit die Klagerhebung und der dadurch entstandene Verzug entfallen sein, nicht aber der bereits zuvor durch die vorgerichtliche Mahnung entstandene Verzug.

b) In erster Instanz hatte der Kläger zuletzt Zinsen hinsichtlich der Hauptforderung in Höhe von 5 % beantragt, ihm wurden hingegen Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zugesprochen. Dies ist für die zugesprochene Zeit bis heute zutreffend, überstiege in der Zukunft allerdings bei einem ausreichenden Anstieg des Basiszinssatzes den damaligen Antrag. Dennoch müssen dem Kläger nicht nur Zinsen in Höhe von "5 %, höchstens aber 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz" zugesprochen werden, da der Kläger seinen Antrag in der Berufung zulässig geändert hat.

aa) Erlässt das erstinstanzliche Gericht unter Verletzung des § 308 Abs. 1 ZPO eine Entscheidung, die nicht beantragt war, kann dieser Verfahrensmangel im Berufungsverfahren dadurch geheilt werden, dass die durch die Entscheidung begünstigte Partei Zurückweisung der Berufung des Gegners beantragt (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1989, Az.: IX ZR 249/88, abgedruckt in NJW 1990, 1366).

bb) So liegt es hier. Ergänzend kommt vorliegend hinzu, dass der Kläger mit seiner eigenen - mittlerweile zurückgenommenen - Berufung für die betreffende Zeit klagerweiternd Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verlangt hatte; dies spricht erst recht dafür, auch seinen Zurückweisungsantrag entsprechend zu verstehen.

12. Der Annahmeverzug ist - wie das Landgericht im Ergänzungsurteil zutreffend festgestellt hat - gegeben. Die Berufung hat hiergegen schon nichts eigenständiges vorgebracht.

III.

1. Die nachgelassenen Schriftsätze der Parteien gaben keine Veranlassung, gemäß § 156 ZPO die Verhandlung wiederzueröffnen.

2. a) Die Kostenentscheidung für die 1. Instanz beruht auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Der Kläger hat überwiegend obsiegt, indes hatte er auch die Klage zwischenzeitlich teilweise zurückgenommen und sodann nicht in vollem Umfang neu erhoben. Bei Berücksichtigung dessen sowie der zugesprochenen und abgewiesenen Nebenforderungen ergibt sich die tenorierte Quote.

b) Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren beruht auf §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO. Der Kläger hat voll obsiegt, allerdings seine eigene Berufung zurückgenommen. Bei Berücksichtigung dessen ergibt sich die tenorierte Quote.

c) Über die Kosten der anderen Rechtsmittel wurde bereits entschieden. Die Kosten des ersten Berufungsverfahrens wurden der Beklagten auferlegt (Bl. 1472, 1494), die Kosten der Beschwerde dem Kläger (Bl. 1811) und die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten (XI ZR 223/15, Bl. 98R).

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.

4. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

a) Zwar rechtfertigen die von der Beklagten vorgebrachten Punkte eine Zulassung derRevision nicht.

aa) Die Frage, ob der Kläger hier als Verbraucher gehandelt hat, betrifft zum einen die Anwendung höchstrichterlicher Rechtsprechung auf den Einzelfall und war zum anderen bereits nahezu inhaltsgleich Gegenstand einer zurückgewiesenen Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesgerichtshof.

bb) Die Fragen zur Rückvergütung sind nicht entscheidungserheblich.

b) Allerdings ist die Revision im Hinblick auf ein mögliches Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union zuzulassen.

aa) Stellt sich eine entscheidungserhebliche und der einheitlichen Auslegung bedürfende Rechtsfrage des Unionsrechts, ist bereits mit der sich voraussichtlich in einem künftigen Revisionsverfahren ergebenden Notwendigkeit eines Vorabentscheidungsersuchens an den Gerichtshof der Europäischen Union der Zulassungsgrund der "grundsätzlichen Bedeutung" gegeben (vgl. z. B. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 2. Februar 2017, Az.: 2 BvR 787/16, zit. nach juris, m. w. N.).

bb) So liegt es hier jedenfalls hinsichtlich des anzuwendenden Rechts.

(1) Bei der Frage, welches Sachrecht anzuwenden ist, bzw. zunächst, nach welchem Recht sich das Zustandekommen und die Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung beurteilen, erscheint in einem künftigen Revisionsverfahren ernsthaft möglich, dass ein Vorabentscheidungsersuchen erfolgt. Einerseits hat der Bundesgerichtshof wie ausgeführt entschieden, dass ein Günstigkeitsvergleich gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 2 Rom I-VO bereits bei der Prüfung der Rechtswahlklausel durchzuführen ist, und dies ohne die Frage dem Gerichtshof der Europäischen Union vorzulegen. Andererseits ist diese Entscheidung hinsichtlich jener Thematik nicht nur in der Literatur überwiegend kritisiert worden, sondern erfolgten insbesondere die damaligen Ausführungen des Bundesgerichtshofs hierzu eher "nebenbei" und ohne umfassende Aufarbeitung der Problematik gerade dieser Frage. Es liegt daher nicht von vorneherein fern, dass der Bundesgerichtshof zu dem Ergebnis kommen wird, diese Frage dem Gerichtshof der Europäischen Union vorzulegen.

(2) Die Rechtsfrage ist auch entscheidungserheblich. Wenn sich nach s. Recht ergäbe, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam einbezogen wurden und die Rechtswahl gültig ist, wäre auf die materiellen Rechtsfragen s. Sachrecht anzuwenden, was zu einem anderen Ergebnis führen könnte. Zwar ließe sich die Entscheidungserheblichkeit verneinen, wenn entweder festgestellt würde, dass auch nach s. Recht die Rechtswahl ungültig wäre oder die Ansprüche des Klägers vollumfänglich bestünden. Es erscheint indes im derzeitigen Verfahrensstadium nicht sachgerecht, ein kostenträchtiges und zeitaufwendiges Rechtsgutachten zum s. Recht nur deshalb einzuholen, weil dann möglicherweise die Entscheidungserheblichkeit zu verneinen wäre und die Revision nicht zuzulassen wäre.

4. Der Streitwert der Berufung ergibt sich aus der Kappungsgrenze gemäß § 39 Abs. 2 GKG.

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