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07.11.2019 · IWW-Abrufnummer 212136

Landesarbeitsgericht Köln: Beschluss vom 21.10.2019 – 6 Ta 107/18

1. Anders als im deutschen Recht kann im niederländischen Gesellschaftsrecht eine juristische Person die Funktion des Geschäftsführers einer anderen juristischen Person wahrnehmen.

2. Eine besloten vennotschap (BV) ist eine solche juristische Person, ähnlich der deutschen GmbH. Diese kann z.B. durch eine andere BV vertreten werden, nicht aber durch eine CV. Die commanditaire vennnotschap (CV) ist eine Sonderform der vennotschap onder firma (VOF) mit dem Unterschied, dass sie nicht nur einen oder mehrere unbeschränkt haftende Gesellschafter kennt, sondern auch Kommanditisten. Die VOF und damit auch die CV gelten nach der niederländischen höchstrichterlichen Rechtsprechung des Hooge Raad nicht als juristische Personen.

3. Eine CV nach niederländischen Recht kann also nicht Organ einer BV nach niederländischem Recht sein. Wird dies dennoch im niederländischen Handelsregister eingetragen, so gilt nach der herrschenden niederländischen Rechtslehre der persönlich haftende Gesellschafter der CV als der Geschäftsführer der BV. Stirbt der besagte Gesellschafter der CV, so tritt in einem Prozess gegen die BV vor einem deutschen Gericht gemäß § 241 Abs. 1 ZPO eine Unterbrechung ein; und im Falle der Prozessvertretung ist gemäß § 246 Abs. 1 ZPO auf Antrag des Prozessbevollmächtigten das Verfahren auszusetzen.

4. Nach niederländischem Recht ist der als "Curator" bezeichnete Insolvenzverwalter kein Organ der insolventen Gesellschaft. Die Geschäftsführer und Gesellschafter verlieren grundsätzlich durch den Konkurs ihre Vertretungsbefugnis nicht.


Tenor:
1. Auf die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 12.04.2018 wird der Nichtaussetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 20.03.2018 - 4 Ca 754/17 - abgeändert:


Das Verfahren wird gemäß § 246 Abs. 1 ZPO ausgesetzt.


2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.


3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.



Gründe



I. In der Hauptsache streiten die Parteien um die Wirksamkeit einer Kündigung.



Der Kläger war seit dem Jahre 2007 für die Beklagte als kaufmännischer Leiter tätig. Seit dem Jahre 2014 war er von M aus für die Bundesländer S g-H und Me -V zuständig. Zuletzt erzielte er monatliche Bruttobezüge in Höhe von 4.366,29 EUR. Mit Schreiben vom 13.02.2017, dem Kläger zugegangen am 28.02.2017, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis "aus betrieblichen Gründen" zum 31.07.2017. Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner seit dem 08.03.2017 beim Arbeitsgericht Aachen anhängigen Klage. Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts ergab sich durch die rügelose Einlassung und das ausdrücklich erklärte Einverständnis der Beklagten.



Die Beklagte ist eine Gesellschaft niederländischen Rechts mit der gesellschaftsrechtlichen Bezeichnung "BV". Die einzige Geschäftsführerin ist keine natürliche Person, sondern die R CV, also ebenso eine Gesellschaft niederländischen Rechts (im Folgenden "CV"). Das ergibt sich jedenfalls aus dem Comercial Register No. 1717 der "Netherland Chamber of Commercial Register". Nach der No. 1408 des gleichen Registers wird diese CV ihrerseits vertreten durch ihren "Partner". Dabei handelt es sich um eine GmbH nach deutschem Recht, die U GmbH (im Folgenden "GmbH"). Deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer D H ist während des Rechtsstreits verstorben. Am 28.06.2018 wurde er aus dem Handelsregister (HRB 14 , Amtsgericht Aachen) gemäß § 395 FamFG als Geschäftsführer gelöscht. Ein neuer Geschäftsführer wurde bis heute nicht eingetragen. Über das Vermögen der CV ist ein Insolvenzverfahren nach niederländischem Recht eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt worden. Letzterer wird "Curator" genannt. Das ergibt sich aus der "Inzien uittreksel - R (1408 )". Über das Vermögen der Beklagten des vorliegenden Rechtsstreits, der BV, ist bisher kein Insolvenzverfahren eröffnet worden. Jedenfalls ergibt sich das nicht aus den Darlegungen der Parteien oder öffentlich zugänglichen Quellen, die dem hier erkennenden Gericht bekannt wären. In rechtlicher Hinsicht ist zwischen den Parteien unter anderem streitig, ob der für die CV bestellte Curator rechtlich in der Lage oder sogar verpflichtet ist, die Geschäfte der beklagten BV zu führen und ob sich deshalb der Tod des Geschäftsführers der GmbH überhaupt auf die Prozessfähigkeit der Beklagten nach niederländischem oder deutschem Recht auswirken kann.



Mit dem Antrag vom 31.01.2018 hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten beantragt, das Verfahren nach § 246 ZPO auszusetzen mit der Begründung, die einzige Geschäftsführerin der BV sei die CV, die ihrerseits ausschließlich von der GmbH geführt werde, deren Geschäftsführer verstorben sei. Dessen Tod wirke sich daher prozessual auf die Prozessfähigkeit der Beklagten, der BV, aus. Der Rechtsstreit gegen die Beklagte sei vor diesem Hintergrund genauso zu behandeln, wie er zu behandeln wäre, wenn direkt die GmbH deutschen Rechts die Beklagte gewesen wäre. Nichts anderes ergebe sich aus der Tatsache, dass im Rahmen des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der CV ein "Curator" bestellt worden sei. Dieser sei nämlich nach niederländischem Recht nicht befugt, die BV, also die Beklagte, zu vertreten.



Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat beantragt,



Der Kläger hat beantragt,



Er hat vorgetragen, nach seiner Auffassung liege kein Fall des § 246 ZPO vor. Das pflichtwidrige Unterlassen der beklagten BV, eine neue Geschäftsführung einzurichten, oder jedenfalls eine Notgeschäftsführung zu beantragen, sei nicht geeignet, die Voraussetzungen für eine Aussetzung zu erfüllen. Die Rechtsbehauptung der Beklagten, der Curator der CV könne die BV nicht rechtsgeschäftlich vertreten, bestreite er im Übrigen. An die Stelle des verstorbenen Geschäftsführers der Beklagten, sei längst dessen Sohn C getreten, wie schon Jahre zuvor. Der verstorbene Geschäftsführer, D H , sei schon zu seinen Lebzeiten nur ein Strohmann gewesen.



Mit Beschluss vom 20.03.2018 hat das Arbeitsgericht Aachen den Aussetzungsantrag zurückgewiesen mit der Begründung, die Voraussetzungen des § 246 ZPO seien nicht vorgetragen worden. Für die dort erkennende Kammer sei es nicht nachvollziehbar, wieso die Beklagte ihre Prozessfähigkeit verloren haben könne. Trotz eines ausdrücklichen Hinweises verbunden mit der Anfrage, woraus sich die Prozessunfähigkeit der Beklagten ergeben könne, habe der Prozessbevollmächtigte der Beklagten lediglich vage und daher gerichtlich nicht überprüfbar auf niederländisches Recht hingewiesen. Unter diesen Umständen habe dem Aussetzungsantrag nicht stattgegeben werden können.



Gegen diesen ihm am 03.04.2018 zugestellte Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten am 13.04.2018 sofortige Beschwerde eingelegt.



Er trägt zur Beschwerdebegründung vor, es bleibe dabei, dass der Curator, der im Rahmen eines Insolvenzverfahrens nach niederländischem Recht für eine CV bestellt worden sei, nicht die Geschäfte der Tochtergesellschaft führen dürfe, deren Geschäftsführerin die insolvente CV gewesen sei. Der Curator sei nach niederländischem Recht lediglich berufen, die Rechte auszuüben, die in Verbindung mit den Aktien einer Tochtergesellschaft stünden, soweit dies der ordnungsgemäßen Verwaltung der Konkursmasse diene.



Mit Beschluss vom 03.05.2018 hat das Arbeitsgericht unter Bezugnahme auf seine bereits im angegriffenen Beschluss erläuterte Ansicht entschieden, der Beschwerde nicht abzuhelfen.



Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten beantragt,



Der Kläger beantragt,



Mit Schreiben vom 20.09.2018 hat der Bundesgerichtshof in einer parallelen Angelegenheit - I ZR 39/18 - mitgeteilt, es komme nach seiner Auffassung auf die Frage an, ob die CV trotz Insolvenz weiterhin im niederländischen Unternehmensregister als Vertreterin der Beklagten eingetragen sei. Der Senat hat sodann mit Schreiben vom 11.10.2018 dem Beklagtenvertreter und dem dortigen Kläger mitgeteilt, dass nach seiner Ansicht das Verfahren nach § 241 ZPO unterbrochen sei, er aber keine Veranlassung für eine diesen Umstand feststellende Gerichtsentscheidung sehe.



Ein weiteres Parallelverfahren wird am Arbeitsgericht Bonn unter dem Geschäftszeichen 5 Ca 545/17 geführt. Auch dort ist über einen Aussetzungsantrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu entscheiden.



Vor dem Baden-Württembergischen Landesarbeitsgericht ist gleichfalls ein Verfahren anhängig, bei dem es ebenfalls um einen Antrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf Aussetzung des dortigen Verfahrens geht. Das Verfahren trägt das Geschäftszeichen 10 Sa 18/18. Von dort wurde ein Gutachten in Auftrag gegeben. Dieses von Professorin L erstellte Gutachten ist den Prozessbevollmächtigten des vorliegenden Verfahrens bekannt. Diesen ist mit Schreiben vom 19.09.2019 Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt worden mit Blick auf die Absicht, das im vorliegenden Verfahren einzuholende Gutachten über Einzelfragen des niederländischen Rechts gemäß § 411 a ZPO durch die Verwertung des bereits von Frau Professorin L erstellten Gutachtens zu ersetzen. Die Prozessbevollmächtigten haben keine Einwände erhoben.



II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Tatsächlich ist das Verfahren nach dem hier anwendbaren § 246 Abs. 1 letzter Halbsatz ZPO auszusetzen, da der gesetzliche Vertreter der Beklagten verstorben ist, mithin ein Fall des § 241 ZPO vorliegt, die Beklagte aber weiterhin durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wird, der die Aussetzung beantragt hat.



1. Maßgebend für die Beurteilung der Rechts- und Parteifähigkeit der Beklagten und die Frage, wer ihr rechtlicher Vertreter ist, ist das niederländische Recht als Gesellschaftsstatut (vgl. BGH v. 04.07.2013 - V ZB 197/12 -). Auch für die Frage, wie sich die Insolvenz einer Vertretergesellschaft - vorliegend der CV - auswirkt, kann nur das Recht des Staates, in dem die vertretende Gesellschaft ihren Sitz hat und in welchem das Insolvenzverfahren durchgeführt wird, ausschlaggebend sein - hier also das niederländische Recht. Dagegen kommt es für die Beurteilung der verfahrensrechtlichen Wirkungen des Verlusts eines gesetzlichen Vertreters auf die Prozessfähigkeit der ausländischen Partei auf die lex fori und damit auf das deutsche Verfahrensrecht an (vgl. BGH v. 19.01.2017-VII ZR 112/14). Nach dem lex-fori-Prinzip richten sich bei Prozessen mit Auslandsberührung Unterbrechung, Aussetzung und Ruhen des Verfahrens ebenso nach deutschem Recht wie die Aufnahme des inländischen Prozesses (Stein/Jonas/Roth ZPO 22. Aufl. vor § 239 Rn. 14). Vorliegend richtet sich die Frage der Aussetzung des Verfahrens demzufolge nach den Vorschriften der §§ 239 ff. ZPO.



Soweit es im Folgenden um niederländisches Recht geht, erfolgen die Ausführungen unter Berücksichtigung des Gutachtens von Frau Professorin Dr. L , das diese in dem Verfahren 10 Sa 18/18 vor dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg erstellt hatte und gegen dessen Verwertung im vorliegenden Rechtsstreit die Parteien auf Anfrage des Gerichts keine Einwände erhoben haben. Das im vorliegenden Verfahren notwendigerweise einzuholende Gutachten zum niederländischen Recht war gemäß § 411 a ZPO durch das vom Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg eingeholte Gutachten zu ersetzen. Alles sprach dafür, das durch § 411 a ZPO eröffnete Ermessen wie erfolgt auszuüben: Die sich stellenden Rechtsfragen waren hier wie dort gleich; das Gutachten ist sorgfältig gearbeitet und beantwortet die sich stellenden Fragen nach Inhalt und Geltung des niederländischen Rechts nahezu erschöpfend; es gibt keinen Anlass an der Fehlerfreiheit der Ausführungen zu zweifeln, im Gegenteil spricht gerade die fundierte und ausführliche Abgrenzung von den Ausführungen des Gutachtens der Kanzlei e (5 Ca 545/17) und von den Ausführungen des Curators der CV für die Vollständigkeit und Richtigkeit des Gutachtens; die Verwertung des Gutachtens in einem weiteren Verfahren ist aus Kostengesichtspunkten geboten. Demgegenüber sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die gegen die Verwertung des Gutachtens sprechen könnten.



2. Ein Fall des § 241 Abs. 1 ZPO liegt vor, weil die Beklagte im Sinne dieser Vorschrift ihren gesetzlichen Vertreter durch dessen Tod verloren hat. Die Vorschrift mit ihrer Unterbrechungsanordnung hat ihren Grund darin, dass während des Verfahrens die ausreichende Vertretung der vertretungsbedürftigen Partei nicht mehr gewährleistet ist. Es soll vermieden werden, dass gegen eine nicht entsprechend der Gesetze vertretene Partei eine wirksame Entscheidung ergeht, die nur im Wege der Nichtigkeitsklage gemäß § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO beseitigt werden könnte (BeckOK ZPO/Jaspersen, 34. Ed. 01.09.2019, ZPO § 241 Rn. 1). Gemäß § 241 Abs. 1 ZPO wird das Verfahren deshalb unterbrochen, wenn eine Partei die Prozessfähigkeit verliert oder wenn der gesetzliche Vertreter einer Partei stirbt oder seine Vertretungsbefugnis aufhört, ohne dass die Partei prozessfähig geworden ist. Der erste Fall, der Verlust der Prozessfähigkeit, kommt hier nicht in Betracht, denn die Prozessfähigkeit können nur natürliche Personen verlieren. Juristische Personen wie die Beklagte und Handelsgesellschaften sind nach dem hier anwendbaren deutschem Prozessrecht sowieso nicht prozessfähig, sie handeln durch ihre gesetzlichen Vertreter (MüKoZPO/Stackmann, 5. Aufl. 2016, ZPO § 241 Rn. 4). Aus dem gleichen Grund scheidet auch der dritte Fall, die (fehlende) Erlangung der Prozessfähigkeit nach Beendigung der Vertretungsbefugnis des Vertreters, aus. Es handelt sich vorliegend um einen Fall der zweiten Variante, nämlich des Todes des gesetzlichen Vertreters. Die CV konnte nach niederländischem Gesellschaftsrecht die BV nicht vertreten (a.). Das konnte nur die Alleingesellschafterin der CV, nämlich die deutsche GmbH (b). Deren Geschäftsführer ist aber im Laufe des Verfahrens verstorben. Die BV ist damit führungslos. Die im Rahmen des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der CV erfolgte Bestellung des Curators ändert hieran nichts (c.).



a. Aus dem in Bezug genommenen Gutachten ergibt sich, dass die Beklagte durch die CV gar nicht hat vertreten werden können, weil die CV keine juristische Person ist. Dennoch war im niederländischen Handelsregister die Eintragung der CV zur Geschäftsführerin der Beklagten erfolgt. Der durch diese Eintragung erzeugte Rechtsschein ändert jedoch an der materiell fehlenden Vertretung der Beklagten nichts. Die Beklagte hat die Rechtsform der besloten vennotschap (BV). Eine solche BV ist eine Kapitalgesellschaft ähnlich der deutschen GmbH. Eine BV wird nach Art. 2:240 des Niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuches (BW) durch ihre Geschäftsführer vertreten. Anders als im deutschen Recht kann im niederländischen Gesellschaftsrecht eine juristische Person die Funktion der Geschäftsführerin einer anderen juristischen Person wahrnehmen (Asser/Van Solinge & Nieuwe Weme 2-IIb 2019/196; Lennarts, Tekst & Commentaar Ondernemingsrecht 2018, Art. 2:242 BE, Anm. 2). Dies kann aber die CV, eine Personengesellschaft, nach der herrschenden niederländischen Rechtslehre und nach der Rechtsprechung des Hooge Raad gerade nicht. Die commanditaire vennotschap (CV) ist nur eine Sonderform der vennotschap onder firma (VOF) und unterscheidet sich nur dadurch von der VOF, dass sie nicht nur einen oder mehrere unbeschränkt haftende Gesellschafter kennt, sondern auch Kommanditisten. Deshalb ist sie aber nicht so zu behandeln, wie eine deutsche KG, insbesondere nicht mit Blick auf die Rechtsfähigkeit. Die VOF betreibt zwar ein Unternehmen unter einem gemeinschaftlichen Namen. Ob sie aber als Personengesellschaft im Sinne des Art. 2:5 BW rechtsfähig sein kann, ist eine andere Frage. Der Hooge Raad nimmt in ständiger Rechtsprechung an, dass die VOF keine juristische Person darstelle (HR v. 02.06.2017 ECLI:NL:2017:1009). Sie kann zwar im eigenen Namen an Gerichtsverhandlungen teilnehmen und im eigenen Namen in Konkurs fallen. Daraus folgt aber weder für die VOF noch für die CV, dass es sich bei diesen Personengesellschaften um juristische Personen handelt, die als Geschäftsführerinnen einer anderen juristischen Person in Betracht kämen. Nur eine Mindermeinung (A.J.S.M. Tervoort, Het Nederlandse personenvennotschapsrecht, Serie Recht en Praktijk Ondernemingsrecht, deel 8, Deventer: Wolters Kluwer, 2015, Sete 159-160), die von der Rechtsprechung des Hooge Raad abweicht, ist hier anderer Auffassung. Dieser Mindermeinung ist offenbar das Handelsregister gefolgt, als es vorliegend die CV als Geschäftsführerin der BV eingetragen hatte. Die hier erkennende Kammer sieht in Übereinstimmung mit dem in Bezug genommenen Gutachten keine Veranlassung, von der Rechtsprechung des Hooge Rad abzuweichen und der besagten Mindermeinung zu folgen.



b. In einem solchen Fall der rechtswidrigen Eintragung einer Personengesellschaft als Geschäftsführerin droht Rechtsunsicherheit im Rechtsverkehr. Um diese zu vermeiden, müssen statt der Personengesellschaft die Gesellschafter der Personengesellschaft als Geschäftsführer gelten (J.B. Wezeman, Aansprakelijkheid van bestuurders, Serie vanwege het Instituut voor Ondernemingsrecht, del 29, Deventer: Wolters Kluwer, 1998, S. 380; P.P.D. Mathey-Bal, De positie van de vennotschap onder firma, uitgave vanwege het Instituut voor Ondernemingsrecht, del 97, Deventer: Wolters Kluwer, 2016, S. 245-247.). Die einzige Gesellschafterin der Personengesellschaft ist hier aber die deutsche GmbH, die ihrerseits keinen Geschäftsführer mehr hat.



Der Tod des Geschäftsführers führt gemäß § 35 GmbHG zur Führungslosigkeit der GmbH (Stephan/Tieves Münchener Kommentar GmbHG 3. Auflage 2019 Rn. 246, 247; ArbG Freiburg, Beschluss vom 29. Oktober 2007 - 2 Ca 478/04 -, Rn. 3; BGH v. 25.10.2010 - II ZR 115/09; BGH v. 07.12.2006 - IX ZB 257/05; BGH v. 08.02.1993 - II ZR 62/92; BGH v. 06.02.2019 - VII ZB 78/17). In einem solchen Falle der Führungslosigkeit liegt die Passivvertretung eigentlich entsprechend § 35 Abs. 1 S. 2 GmbHG bei den Gesellschaftern der GmbH. Der verstorbene Geschäftsführer war hier aber Alleingesellschafter. Es gibt daher zurzeit keine lebende natürliche Person, die die GmbH vertreten könnte. Die Bestellung eines besonderen Vertreters nach § 57 ZPO oder die Bestellung eines Notgeschäftsführers nach § 29 BGB analog kommt nur auf Antrag in Betracht, der hier nicht vorliegt und unter Voraussetzungen, die hier offensichtlich nicht gegeben sind, jedenfalls aber nicht vorgetragen wurden.



Da es der GmbH sowohl an einem handlungsfähigen Geschäftsführer wie auch an einem solchen Gesellschafter fehlt, fehlt es auch der CV und mit dieser der Beklagten an einem Vertreter. Sie ist führungslos und erfüllt damit die Voraussetzung der 2. Alternative des § 241 Abs. 1 ZPO.



c. Der im Rahmen des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der CV bestellte Curator kann die Beklagte nicht vertreten. Dies ergibt sich aus dem in Bezug genommenen Gutachten über die niederländische Rechtslage. Gemäß Art. 23 Fallissementswet (Fw) verliert im Konkurs der Schuldner die Befugnis sein Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen. Dem entsprechend bestimmt Art. 68 Abs. 1 Fw, dass der Konkursverwalter mit der Verwaltung und der Liquidation des Vermögens beauftragt ist. Aus dem Fallissementswet ergibt sich nicht, dass der Curator im allgemeinen Sinne Vertreter des Schuldners ist. Zweck des Konkursverfahrens ist die Liquidation des zur Konkursmasse gehörenden Vermögens des Schuldners zu Gunsten der Gläubiger. Dies bedeutet nach dem Verständnis des niederländischen Rechts, dass die Kompetenz des Curators auf die Vermögensrechte des Schuldners beschränkt ist. Der Curator ist kein Organ der insolventen juristischen Person. Die Geschäftsführer verlieren durch den Konkurs ihre Vertretungsbefugnis nicht (Hooge Raad v. 19.05.1999, ECLI:NL:HR:1999:AD3052 [De Haan Beheer]). Der Curator ist folglich nicht der Vertreter der Beklagten. Er kann deshalb nicht "für die CV" dergestalt handeln, dass er die beklagte BV vertritt. Dies gilt unabhängig von der bereits festgestellten Rechtslage, dass nämlich die CV schon dem Grunde nach nicht Geschäftsführerin der BV sein kann.



d. Der möglicherweise von deutschem Prozessrecht abweichende Begriff der Prozessfähigkeit im niederländischen Recht ändert nichts. Aus dem in Bezug genommenen Gutachten zum niederländischen Recht ergibt sich, dass das niederländische Recht zwar bei Minderjährigen zwischen "materieller Parteifähigkeit" (des Minderjährigen) und "formeller Parteifähigkeit" (dessen Eltern) unterscheide und dass bei juristischen Personen angenommen werde, es könne keine Geschäftsunfähigkeit (wie beim Minderjährigen) geben, sie seien damit immer geschäfts- und damit prozessfähig. Die weiteren Ausführungen zur "Führungslosigkeit" zeigen aber die hier entscheidende Parallele zu § 35 GmbHG und damit zu §§ 51, 241 ZPO auf. Wie gezeigt ist der Sinn des § 241 ZPO darin zu sehen, Entscheidungen gegen handlungsunfähige (weil führungslose) Parteien zu verhindern und weiter zu verhindern, diese Parteien ggfls. im Nachhinein in die Nichtigkeitsklage zu drängen. Damit bedarf es nicht einer Konkretisierung des niederländischen Begriffs der Prozessfähigkeit. Es bedarf auch keiner Antwort der kollisionsrechtlichen Frage, ob es bei der Anwendbarkeit dieses Begriffs auf das niederländische oder auf das deutsche Prozessrecht ankommt. Nach dem hier vor der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit anzuwendenden § 241 ZPO setzt die 2. Variante (Tod des Vertreters) keine Entscheidung über den Begriff der Prozessfähigkeit voraus. Es reicht die Annahme der Führungslosigkeit, die nach beiden Statuten übereinstimmend vorliegt.



3. Obwohl somit die Voraussetzungen des § 241 Abs. 1 ZPO erfüllt sind, ist das Verfahren gemäß § 246 Abs. 1 ZPO nicht unterbrochen. Nach dieser Vorschrift tritt eine Unterbrechung des Verfahrens in den Fällen des Todes, des Verlustes der Prozessfähigkeit und des Wegfalls des gesetzlichen Vertreters nicht ein, wenn eine Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten stattfindet, wie vorliegend. Das Prozessgericht hat jedoch auf Antrag des Bevollmächtigten die Aussetzung des Verfahrens anzuordnen. Vorliegend hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten am 31.01.2018 die Aussetzung beantragt. Für diesen Fall eröffnet die Vorschrift kein Ermessen. Das Gericht "hat" das Verfahren auszusetzen (Zöller/Greger 32. Aufl. § 246 Rn. 5). Das geschieht unter Abänderung der Entscheidung des Arbeitsgerichts durch den vorliegenden Beschluss.



4. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich. Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 91 ZPO.

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