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09.10.2019 · IWW-Abrufnummer 211531

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 12.06.2019 – 6 Sa 38/19


Tenor:
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 12. Dezember 2018 - 2 Ca 792/18 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.


II. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten zuletzt noch über die Verpflichtung des Beklagten, den Kläger im Rufbereitschaftsdienst einzusetzen und um einen Anspruch des Klägers auf Annahmeverzugslohn bzw. Schadensersatz.



Der Beklagte ist ein 2010 gegründeter Zweckverband, bestehend aus der Kreisstadt A-Stadt, der Verbandsgemeinde A-Stadt-Land sowie der Verbandsgemeinde Z.-Stadt, der als Teil der kommunalen Daseinsvorsorge Abwässer von 100.000 Einwohnern entsorgt und 10 Kläranlagen unterhält.



Der 1957 geborene, verheiratete Kläger wurde zum 15. Dezember 1997 bei der Rechtsvorgängerin des Beklagten, der Y. GmbH (Y.) als vollbeschäftigter gewerblicher Arbeitnehmer eingestellt. Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 07. November 1997 (Bl. 21 f. d. A.; im Folgenden: AV). Nach § 2 AV bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung; zudem finden vereinbarungsgemäß die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung. § 5 AV lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 5 Der Dienstort ist die Kläranlage X.-Stadt. Der Wohnort muss sich in der Stadt A-Stadt oder der Verbandsgemeinde A-Stadt-Land befinden, so dass eine problemlose Teilnahme am Bereitschaftsdienst möglich ist. Um eine Teilnahme am Bereitschaftsdienst zu ermöglichen, verpflichten Sie sich in Ihrer Wohnung ein Telefon installieren zu lassen, bzw., sofern ein Anschluss bereits vorhanden ist, diesen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses aufrecht zu erhalten. ..."



Die Y. GmbH (Y.) betrieb - anders als später der Beklagte - keine eigenen Kläranlagen, sondern betreute diese lediglich. Die Kläranlage X.-Stadt war die einzige Kläranlage, die komplett von ihr betreut wurde; im Rahmen ihrer Zuständigkeit auch für andere Kläranlagen wurde der damalige Vorgesetzte des Klägers auch auf der Kläranlage A-Stadt eingesetzt.



Zum 1. Januar 2010 wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers von der Y. GmbH (Y.) auf den Beklagten übergeleitet. Auf den zugrunde liegenden Vertrag zur Überleitung der Arbeitnehmer der Y. GmbH auf den Beklagten vom 22. Januar 2010 (Bl. 220 ff. d. A.; im Folgenden: Überleitungsvertrag) wird Bezug genommen.



Der Kläger wurde vom Beklagten bzw. seiner Rechtsvorgängerin in den Jahren 1997 bis 2015 zu Rufbereitschaftsdiensten herangezogen. Die Zuschläge für Rufbereitschaftsdienste machten in den Jahren 2011 bis 2015 33 % der gesamten Arbeitsvergütung des Klägers aus (vgl. Aufstellung des Klägers Bl. 79 d. A.). Bis 2015 war der Rufbereitschaftsdienst beim Beklagten so geregelt, dass die Heranziehung ausschließlich in der Kläranlage erfolgte, auf der der Mitarbeiter grundsätzlich eingesetzt war. Der Kläger verrichtete daher bis 2015 für den Beklagten - wie bereits zuvor für die Y. GmbH (Y.) - ausschließlich Rufbereitschaft in X.-Stadt. Während seiner Regelarbeitszeit wurde der Kläger bis März 2015 vertretungsweise gelegentlich kurzzeitig auch auf anderen Kläranlagen eingesetzt.



Im Zuge einer vom Beklagten im Jahr 2015 beabsichtigten Bildung von Rufbereitschaftskreisen teilte der Kläger, der damals als Vorarbeiter bei Eingruppierung in E 7 Endstufe tätig war, dem Beklagten über seine damalige anwaltliche Vertretung mit Schreiben vom 27. März 2015 (Bl. 93 f. d. A.) mit, nachdem sein Dienstort gemäß § 5 AV die Kläranlage X.-Stadt sei, bitte er um Mitteilung, auf welcher Rechtsgrundlage die beabsichtigte Versetzung und Umstrukturierung erfolgen solle und welche Maßnahmen beabsichtigt seien, um finanzielle Verluste der betroffenen Arbeitnehmer durch die Ausweitung der Rufbereitschaft aufzufangen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf den Akteninhalt verwiesen. Ab diesem Zeitpunkt zog der Beklagte den Kläger nicht länger zum Rufbereitschaftsdienst heran.



Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 25. Mai 2015 außerordentlich. Mit Urteil vom 10. März 2016 gab das Arbeitsgericht Mainz der Kündigungsschutzklage statt und verurteilte den Beklagten, den Kläger zu den im Arbeitsvertrag vom 07. November 1997 geregelten Arbeitsbedingungen einstweilen weiterzubeschäftigen. Die Parteien legten den Rechtsstreit nach Berufung des Beklagten durch einen vor dem Landesarbeitsgericht am 23. Januar 2017 im Verfahren 3 Sa 239/16 geschlossenen Vergleich bei, nach dem das Arbeitsverhältnis ungekündigt fortbesteht und der unter Ziff. 3 in Bezug auf die Modalitäten der Fortsetzung folgende Regelungen trifft:

"3. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis inhaltlich ab dem 01. Dezember 2016 mit der Maßgabe fortgesetzt wird, dass die Vorgesetztenfunktion des Klägers entfällt mit den auch sich daraus ergebenden vergütungsrechtlichen Folgerungen. Das bedeutet, dass der Kläger in die tarifliche Vergütungsgruppe E 6 Endstufe eingruppiert ist. Er erhält zusätzlich ab dem 01. Februar 2017 eine außertarifliche Zulage in Höhe der Differenz zur tariflichen Vergütung der Vergütungsgruppe E 7 Endstufe. Diese Zulage ist im Hinblick auf Tariflohnerhöhungen dynamisch."



Im Laufe des Kündigungsschutzverfahrens änderte der Beklagte im Jahr 2015 die Rufbereitschaftseinteilung und bildete Rufbereitschaftskreise; für den vorliegend relevanten Gebietsteil wurde zu Beginn eine Gruppe für die Kläranlagen W.-Stadt/ V.-Stadt gebildet und eine zweite Gruppe für den Bereich A-Stadt/X.-Stadt. Im Jahr 2017 wurden beide Gruppen zu einem Rufbereitschaftskreis für die Kläranlagen A-Stadt/X.-Stadt/W.-Stadt/V.-Stadt (Bereitschaftskreis 1) vereint. Durch die Schaffung der Rufbereitschaftskreise hat sich der Kostenansatz des Rufbereitschaftsdienstes um 55 % reduziert; nachdem die Kosten vor der Kreisbildung im Jahr 2015 noch 197.743,41 Euro (2014: 197,84 Euro) betragen hatten, haben sie sich im Jahr 2017 auf 89.255,34 Euro verringert.



Der Beklagte zog im Jahr 2016 die Mitarbeiter U. T., S. R., U. Q., P. O., N. M., L. K., J. I. und J. H. zu Rufbereitschaftsdiensten heran. Im Jahr 2017 leisteten Rufbereitschaftsdienst die Mitarbeiter U. Q., L. K., J. I. und J. H.. Der Rufbereitschaftsdienstplan für das Jahr 2018 (Bl. 76 R. d. A.) sieht als bereitschaftsdienstleistende Mitarbeiter vor die Mitarbeiter J. H., U. Q., N. M. und J. I., für 2019 sind vorgesehen die Mitarbeiter H., M., I., G. und F.. Die Arbeitsverträge der Mitarbeiter H., I., G., F., H. und K. enthalten keine örtliche Festlegung hinsichtlich ihres Einsatzortes. Der Arbeitsvertrag des Mitarbeiters M. sieht in § 1 dessen Einstellung als Ver- und Entsorger "auf der Kläranlage X.-Stadt" vor; wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf Bl. 143 f. d. A. verwiesen.



Der Kläger hat am 04. Juni 2018 beim Arbeitsgericht Mainz Klage auf Einsatz im Rufbereitschaftsdienst, (Zuschlags-) Zahlung wegen entgangener Rufbereitschaft und einen pauschalisierten Schadensersatz nach § 288 Abs. 5 BGB erhoben. Im Verlauf des Rechtsstreits hat er seine Anträge inhaltlich sechsmal geändert. Wegen der Änderungen im Einzelnen wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.



Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, er habe einen Anspruch auf Teilnahme am Rufbereitschaftsdienst im Bereitschaftsdienstkreis 1 aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung, nachdem im Arbeitsvertrag zwar X.-Stadt als Dienstort festgeschrieben, er jedoch zugleich verpflichtet worden sei, seinen Wohnsitz in A-Stadt zu nehmen, um problemlos am Bereitschaftsdienst teilzunehmen. Schließlich sei mit X.-Stadt nur der Stammarbeitsplatz definiert, was nicht gegen eine Rufbereitschaft auf anderen Anlagen spreche. Darüber hinaus habe der Beklagte die Einhaltung des Direktionsrechts während seines vertretungsweisen Einsatzes auf anderen Anlagen nicht beachtet, da ihm offenbar nicht aufgefallen sei, dass im Arbeitsvertrag (wohl ausschließlich) X.-Stadt genannt werde. Hierauf habe er sich erst berufen, nachdem der Kläger seine Teilnahme am Rufbereitschaftsdienst verlangt habe. Der damalige Geschäftsführer Dr. E. habe ihm bei seiner Einstellung klar zugesagt, er könne sich auf eine höhere als die tarifliche Grundvergütung verlassen, da er regelmäßig zu Bereitschaftsdiensten auf der Anlage herangezogen werde. Allen anderen Mitarbeitern, die vormals auf ihren Stammanlagen Rufbereitschaft geleistet hätten, habe der Beklagte angeboten, am kreisweiten Rufbereitschaftsdienst teilzunehmen; der Gleichbehandlungsgrundsatz gebiete es, auch ihm den Abschluss eines Änderungsvertrages zu unterbreiten. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass bei den Kollegen M., K., I. und H. im Arbeitsvertrag kein Beschäftigungsort genannt gewesen sei. Das Konglomerat vorgelegter Arbeitsverträge betreffe bis auf den Mitarbeiter Q. nicht die Mitarbeiter, die im streitigen Rufbereitschaftskreises eingesetzt würden. Dass kein Bedarf bestehe an Mitarbeitern für Rufbereitschaft sei unzutreffend, nachdem der Beklagte erst Anfang März drei Arbeitsplätze ausgeschrieben habe, bei denen Rufbereitschaft ausdrücklich Einstellungsvoraussetzung gewesen sei. Schließlich ergebe sich ein Anpassungsanspruch hinsichtlich des Arbeitsvertrages aus § 5 Abs. 2 Überleitungsvertrag, da weder bei Vertragsschluss in 1997, noch in 2010 vorhersehbar gewesen sei, dass die Rufbereitschaft zu Bereitschaftskreisen umorganisiert werden würde. Der Beklagte könne sich auf ein entgegenstehendes Direktionsrecht wegen des Verlusts eines erheblichen Teils des klägerischen Einkommens nicht berufen. Er habe seinen Anspruch auf Teilnahme an der Rufbereitschaft bereits mit Schreiben vom 19. Mai 2018 (Bl. 73 R ff. d. A.) geltend gemacht. Aufgrund der ausdrücklichen Verweigerung des Beklagten, ihn zur Rufbereitschaft heranzuziehen in einem Personalgespräch am 21. März 2016, schulde er ihm Schadensersatz wegen entgangenem Verdienst aus Teilnahme am Rufbereitschaftsdienst. Die Zuschläge für Rufbereitschaft hätten sich ausweislich seiner zur Akte gereichten Aufstellung (Bl. 79 d. A.) auf durchschnittlich 39 % der gesamten Arbeitsvergütung belaufen. Es habe billigem Ermessen ohne schützenswerte entgegenstehende Interessen des Beklagten widersprochen, ihn nicht zur Rufbereitschaft heranzuziehen. Bei einer Beteiligung an der Rufbereitschaft, hätte ihm im Jahr 2016 zusätzlich eine Rufbereitschaftspauschale von 2.410,38 Euro (7 Wochen x 18 Stunden x 19,13 Euro) zugestanden, in 2017 eine solche von mindestens 2.819,52 Euro (8 Wochen x 18 Stunden x 19,58 Euro) und in 2018 mindestens von 3.363,00 Euro (10 Wochen x 18 Stunden x 20,20 Euro) (Bl. 133 d. A.). Neben der Pauschale von insgesamt 8.865,90 Euro brutto schulde der Beklagte ihm weiter Annahmeverzugslohn wegen entgangener Vergütung bei tatsächlichen Noteinsätzen in Höhe von 2.482,33 Euro brutto (2016), 804,94 Euro brutto (2017) und 885,43 Euro brutto (2018) (Bl. 136 d. A.). Hinzu komme noch sog. "angeordnete Überstunden" bei der Einteilung zur Rufbereitschaft in Höhe von 4.190,06 Euro brutto (Bl. 160 d. A.), wobei er berücksichtigt habe, dass in den letzten beiden Jahren statt zuvor zweimal vier Stunden nur noch einmal sechs Stunden pro Wochenende angeordnet worden seien. Der geschätzte Schaden belaufe sich damit insgesamt für den Zeitraum vom 21. März 2016 bis 30. November 2018 auf 17.229,16 Euro brutto. Im Übrigen stehe ihm eine Entschädigungspauschale für jeden Monat der Nichtteilnahme am Rufbereitschaftsdienst zu. Schließlich schulde ihm der Beklagte eine Verzugspauschale nach § 288 Abs. 5 BGB.



Der Kläger hat zuletzt beantragt,

1. der Beklagte wird verurteilt, den Kläger an der Rufbereitschaft für den Bereitschaftskreis 1 (Kläranlagen A-Stadt, X.-Stadt, W.-Stadt und Za.-V.-Stadt) in gleichem Maße zu beteiligen wir die weiteren Beschäftigten, die in diesem Bereitschaftskreis Rufbereitschaft leisten, hilfsweise: der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein Angebot auf Abänderung seines Arbeitsvertrages dahingehend, dass darin kein "Dienstort" mehr festgeschrieben ist, zu unterbreiten. 2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Schadensersatz für die entgangenen Rufbereitschaftsdienste im Zeitraum 21. März 2018 bis 30. November 2018 einen Betrag zu zahlen, dessen Höhe wir in das Ermessen des Gerichts stellen, der jedoch mindestens 17.229,16 Euro brutto betragen sollte. 3. Der Beklagte wird verpflichtet, an den Kläger weitere 1.000,00 Euro netto zu zahlen.



Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.



Er hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, der Klageantrag zu 1) sei bereits unzulässig, da zu unbestimmt, jedenfalls unbegründet. Der Kläger habe schon keinen Anspruch auf Teilnahme am Bereitschaftsdienst, da keine Verpflichtung bestehe, ihn hierzu heranzuziehen. Dass der Beklagte eine solche Verpflichtung durch - nach § 2 Abs. 1 Satz 2 TV-V formunwirksame - mündliche Nebenabrede zwischen Dr. E. und dem Kläger eingegangen sei, behaupte auch der Kläger nicht und werde auch bestritten. Auch aus dem jahrelangen Einsatz in der Kläranlage X.-Stadt ergebe sich keine Konkretisierung des Direktionsrechts dahingehend, dass der Kläger einen Anspruch auf Einsatz in der Rufbereitschaft erworben habe. Es bestehe weder die Pflicht des Beklagten, noch ein Recht des Klägers, außerhalb von X.-Stadt beschäftigt zu werden, auch nicht in Rufbereitschaft. Eine Zuweisung von Arbeitstätigkeiten außerhalb von X.-Stadt sei nicht vertragskonform. Der Vertrag könne auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die örtliche Festlegung nur für den "Stammarbeitsplatz", nicht jedoch für die Rufbereitschaft gelte. Der Kläger verhalte sich insoweit widersprüchlich. Der nunmehr im Rechtsstreit angenommene einseitige "Verzicht" des Klägers auf die getroffene vertragliche Regelung widerspreche dem Synallagma und werde als Angebot nicht angenommen. Im Übrigen sei der Kläger selbst in seinem außergerichtlichen Schriftsatz vom 27. März 2015 davon ausgegangen, dass es gerade nicht das nun behauptete Direktionsrecht gebe und habe für eine Ausweitung des örtlichen Direktionsrechts ein finanzielles Entgegenkommen verlangt. Der Kläger habe auch keinen Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, nachdem sein Arbeitsvertrag eine Sonderregelung zum Dienstort ausschließlich in X.-Stadt enthalte, die seinem Einsatz in der Rufbereitschaft im neu gebildeten Rufbereitschaftskreis entgegenstehe. Alle anderen Mitarbeiter hätten eine solche Festlegung des Arbeitsortes nicht vereinbart, auch der Kollege M. nicht, bei dem lediglich der Ort der ersten Dienstaufnahme geregelt worden sei. Sie habe - nachdem mit der Neuregelung weniger Personal für Rufbereitschaft erforderlich geworden sei - Gespräche geführt, mit Mitarbeitern, ob sie Interesse daran hätten, keine Rufbereitschaft mehr zu leisten, nicht umgekehrt. Eine Gruppenbildung orientiert am rechtlichen Dürfen sei nicht willkürlich. Auch würde sie, wenn sie dem Begehren des Klägers nachgebe, gegen Rechte der anderen Mitarbeiter aus § 315 BGB verstoßen. Einen Anspruch auf Rufbereitschaftsdienst ausschließlich in X.-Stadt habe der Kläger nicht, da ihr hierdurch infolge der geänderten Organisationsstruktur zusätzliche Kosten entstünden. Ein Anspruch auf Rufbereitschaft im Bereitschaftskreis 1 im Rahmen billigen Ermessens habe der Kläger nicht, da ihm, dem Beklagten, insoweit kein Direktionsrecht zustehe. Auch aus dem TV-V und aus dem Überleitungsvertrag ergebe sich kein Anspruch. ergebe sich keine Verpflichtung zur Anordnung von Rufbereitschaftsdiensten, nachdem der Kläger mit allen Rechten übernommen worden sei. Der Hilfsantrag zu 1) auf Abgabe eines Arbeitsvertragsangebots sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig und auch mangels Anspruchsgrundlage unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rufbereitschaftsvergütung für die Vergangenheit, weder dem Grunde, noch der Höhe nach. Die zuletzt gestellte Klageforderung sei der Höhe nach nicht nachvollziehbar. Da der Kläger mit einem Durchschnittswert arbeite, die zur Rufbereitschaft herangezogenen Mitarbeiter aber unterschiedlich eingruppiert seien, gruppiere er sich insoweit faktisch höher. Weshalb der Kläger entgegen dem Tariftext Mehrarbeitszuschläge verlange, sei nicht ersichtlich. Im Kammertermin vom 12. Dezember 2018 vor dem Arbeitsgericht hat der Beklagte vorgetragen, seit ca. zwei Jahren seien einmal sechs Überstunden - faktisch pro Wochenende Rufbereitschaft - pauschal angeordnet worden, zuvor zwei Mal vier Stunden. Ein Anspruch auf Verzugspauschale bestehe nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht.



Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 12. Dezember 2018 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen angeführt, der Hauptantrag zu 1) sei mangels Bestimmtheit nicht vollstreckbar und damit unzulässig. Der Hilfsantrag zu 1) sei ebenfalls unzulässig, da ein Rechtschutzbedürfnis für diesen Antrag nicht ersichtlich sei. Dem Kläger stehe kein Zahlungsanspruch zu. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn nach § 615 BGB. Der Kläger habe eine Vereinbarung mit dem Zeugen Dr. E. zur Erzielung monatlicher Vergütung von 500,00 DM aus Rufbereitschaftsdiensten, selbst wenn diese substantiiert dargelegt sein sollte, nicht unter Beweis gestellt. Der Anspruch ergebe sich auch nicht aus der Formulierung des Arbeitsvertrages, der unter Berücksichtigung der Regelungen des damaligen BMT-G II keine Regelungen zu einem Anspruch auf Ableistung von Rufbereitschaftsdiensten enthalte. Auch eine Konkretisierung sei nicht eingetreten. Der Arbeitsvertrag sei auch dahingehend auszulegen, dass der Arbeitsort des Klägers sowohl hinsichtlich seiner Stamm- als auch hinsichtlich der Rufbereitschaftstätigkeit X.-Stadt sei. Ein erweitertes Direktionsrecht ergebe sich nicht aus Tarifvertrag. Auch der kurzzeitige Einsatz des Klägers zur Vertretung auf anderen Kläranlagen habe nicht zu einer Änderung des Arbeitsvertrags geführt. Ob der Kläger seine Arbeitsleistung im Sinne des §§ 295 ff. BGB ausreichend angeboten habe, könne dahinstehen. Denn die Beklagte habe jedenfalls - selbst wenn die Gehaltseinbußen im Bereich von 30 % pro Monat lägen - dem Kläger jedenfalls in X.-Stadt den Bereitschaftsdienst zu Recht im Sinne zu § 106 GewO entzogen, da dies zu einem erheblichen finanziellen Mehraufwand geführt hätte. Auch ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB iVm. § 249 BGB wegen schuldhaft unterlassener Zuweisung von Bereitschaftsdienst im Bereitschaftskreis 1 oder schuldhaft unterlassener vertragsändernder Vereinbarung bestehe nicht. Einen Anspruch auf Vertragsänderung aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz habe der Kläger nicht, da sein Arbeitsvertrag sich strukturell von denen der anderen Mitarbeiter unterscheide, die alle - auch der Mitarbeiter M. - unternehmensweit einsetzbar seien. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 277 ff. d. A. verwiesen.



Der Kläger hat gegen das am 23. Januar 2019 zugestellte Urteil mit am 06. Februar 2019 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 05. Februar 2019 Berufung eingelegt und diese mit am gleichen Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 14. Februar 2019 begründet.



Der Kläger macht zur Begründung nach Maßgabe seiner Berufungsbegründungsschrift vom 14. Februar 2019 (Bl. 313 ff. d. A.) und seiner Schriftsätze vom 04. April 2019 (Bl. 354 f. d. A.) und 07. Juni 2019 (Bl. 343 ff. d. A.), auf die ergänzend Bezug genommen wird, zweitinstanzlich geltend,



das Arbeitsgericht habe seinen Klageantrag zu 1) im nun für 2019 und die Folgejahre formulierten, konkreten Sinne auslegen müssen, da es nicht darum gegangen sei, dass alle Mitarbeiter im zeitlich gleichen Umfang Rufbereitschaft leisten, sondern dass der Modus der Einteilung des Klägers der gleiche sei, wie bei den anderen beteiligten Mitarbeitern. Wegen der Wohnortwahl in A-Stadt bzw. der Verbandsgemeinde A-Stadt Land in § 5 AV und der damit verbundenen erheblichen Einschränkung des Grundrechts auf Freizügigkeit nach Art. 11 GG, § 242 BGB müsse der Arbeitgeber dem Kläger die Möglichkeit geben, an der Rufbereitschaft teilzunehmen. Daran ändere auch nichts, dass in Satz 1 der arbeitsvertraglichen Vorschrift X.-Stadt als Dienstort genannt sei. Dies sei der Tatsache geschuldet, dass die Rechtsvorgängerin des Beklagten zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses Betriebsführer (lediglich) der Kläranlage X.-Stadt gewesen sei und der Kläger sich als Elektriker für diese Klägeranlage beworben und die Stelle auch erhalten habe. Auch der Bereitschaftsdienst bzw. die Rufbereitschaft habe sich nur auf diese Anlage bezogen. Dies habe sich bekanntlich durch die Umstrukturierung und bereits durch die Gründung des Beklagten geändert, nachdem die Arbeitnehmer der nun vom Beklagten betriebenen Kläranlagen, die zuvor bei den Kommunen angestellt gewesen seien, zum Beklagten gewechselt seien und es Arbeitgeber, die eine Kläranlage ausschließlich betrieben, nicht mehr gebe. Die Erwähnung des Dienstortes X.-Stadt sei keine gewollte Einschränkung gewesen, da es ohnehin andere Arbeitsorte nicht gegeben habe. Damit liege nun eine Störung der Geschäftsgrundlage vor, nachdem nach den heutigen Gesichtspunkten § 5 AV keinen Sinn mehr mache, da es eine Rufbereitschaft ausschließlich für X.-Stadt nicht mehr gebe. Deshalb könne er eine Anpassung seines Vertrags verlangen. Auch könne er sich auf Gleichbehandlung, insbesondere mit N. M. berufen, bei dem im Arbeitsvertrag auch X.-Stadt genannt sei, die Verweisungsklausel stehe in § 3 AV, der die Rufbereitschaft regele. Schließlich habe er Anspruch auf Teilnahme am Bereitschaftsdienst, da die Vergütung hierfür in der Vergangenheit ca. ein Drittel seines Verdienstes ausgemacht habe und der Entzug billigem Ermessen widerspreche. Es bestehe ein Rechtschutzbedürfnis auch für den Hilfsantrag in der nunmehr gestellten Fassung, zumal bereits im Schriftsatz vom 27. März 2015 ein Angebot eingefordert worden sei und auch in den Schriftsätzen vom 16.07., 07.08 und 22.11.2018. Der nunmehr geltend gemachte Hilfsantrag (§ 5 AV ohne Satz 1) sei begründet. Der Überleitungsvertrag sehe als Vertrag mit Schutzwirkung für die Arbeitnehmer vor, dass die Überleitung unter Wahrung des Besitzstandes erfolgen solle. Die Herausnahme aus dem Bereitschaftsdienst wegen der Umstrukturierung, weil der Beklagte nun auch für die Verbandsgemeinden Ya.-Stadt und Xa.-Stadt Wa.-Stadt zuständig sei, stelle einen Rechtsnachteil dar. Der Antrag zu 2) sei aus Annahmeverzug begründet. Er habe seine Arbeitsleistung ausreichend angeboten, insbesondere habe sein damaliger Prozessbevollmächtigter den Bereitschaftsdienst in den streitigen Kläranlagen durch sein nicht konkretes allgemeines Sondierungsschreiben aus März 2015 nicht endgültig abgelehnt, vielmehr habe die Gewerkschaft Va. mit Schreiben vom 11. September 2017 ausdrücklich geltend gemacht, dass dem Kläger gegen seinen Willen die Teilnahme an der Rufbereitschaft verweigert werde. Dem Kläger gehe es nicht um Rufbereitschaft ausschließlich in X.-Stadt. Auch unter Schadensersatzgesichtspunkten sei der Zahlungsanspruch begründet, da der Beklagte bereits seit 21. März 2016 zur Vertragsänderung verpflichtet gewesen sei. Er könne ausweislich des Befundberichts des UKGM vom 06. Juni 2019 (Bl. 339 d. A.) trotz eines Augenleidens Rufbereitschaft leisten; der Beklagte habe auch Bedarf hieran.



Der Kläger beantragt zuletzt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 12. Dezember 2018 - 2 Ca 792/18 wird abgeändert und 1. es wird festgestellt, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, den Kläger bei der Zuteilung von Rufbereitschaftsdiensten im Bereitschaftskreis 1 unberücksichtigt zu lassen, hilfsweise, der Beklagte wird verurteilt, das Angebot des Klägers auf Abänderung seines Arbeitsvertrages dahingehend, dass darin kein "Dienstort" mehr festgeschrieben ist, anzunehmen, 2. der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Ersatz für die entgangenen Rufbereitschaftsdienste im Zeitraum 21. März 2016 bis 30. November 2018 einen Betrag zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch mindestens 17.229,16 Euro brutto betragen sollte.



Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.



Er verteidigt das vom Kläger angefochtene Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung vom 14. März 2019 (Bl. 338 ff. d. A.), wegen deren weiterer Einzelheiten auf den Akteninhalt verwiesen wird, und trägt zweitinstanzlich im Wesentlichen vor,



das erstinstanzliche Urteil sei hinsichtlich der Verzugspauschale und dem Hilfsantrag zu 1), soweit er auf Abgabe eines Angebots zur Vertragsänderung durch den Beklagten gerichtet gewesen sei, rechtskräftig. Die Y. habe nicht nur die Kläranlage X.-Stadt betrieben, sondern zahlreiche Kläranlagen bzw. die dazugehörige kommunale Gebietskörperschaft betreut (Zeugnis Ua.). Der Kläger besitze bislang nicht die Fähigkeit, andere Kläranlagen als die Kläranlage X.-Stadt zu fahren, er müsse zuvor angelernt werden, für den Bereitschaftskreis 1 mindestens vier Monate (vgl. nicht rechtswirksamer Widerrufsvergleich vom 15. August 2018 ArbG Mainz 2 Ca 792/18). Es bestehe kein Bedarf an weiteren Arbeitskräften für den Bereitschaftsdienst im Rufbereitschaftskreis 1, auch nicht in der Kläranlage Ta.-Stadt die Gegenstand der Vergleichsverhandlungen noch am 12. Dezember 2018 vor dem Arbeitsgericht gewesen, vom Kläger jedoch abgelehnt worden sei. Das Arbeitsverhältnis des Klägers sei von häufigen krankheitsbedingten Fehlzeiten. Die Berufung sei unzulässig. Der Klageantrag zu 1) zu unbestimmt, da zwar ein Auswahlermessen des Beklagten berücksichtigt sei, aber nicht klar sei, in welchem Bereitschaftskreis der Kläger eingesetzt werden wolle. Der nunmehr formulierte Hilfsantrag zu 1) enthalte eine nicht sachdienliche Klageänderung und sei prozessual widersprüchlich, nachdem der Kläger im letzten Kammertermin vor dem Arbeitsgericht ein zu seinen Gunsten weitergehendes Vergleichsangebot abgelehnt habe. Die Zahlungsklage sei - soweit der Kläger eine Schätzung begehre - unzulässig, da nicht genügend Anknüpfungstatsachen vorlägen, der Kläger habe nicht dargelegt, wann er überhaupt arbeitsfähig gewesen sei. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Einteilung in den Bereitschaftsdienst des Bereitschaftskreises 1 nach § 106 GewO, da das bestehende Direktionsrecht dies nicht vorsehe. Selbst wenn dies der Fall sei, gehe die Versetzung mit einer umfangreichen Anlernzeit einher, die nicht billigem Ermessen entspreche. Überdies sei das Arbeitsverhältnis von Fehlzeiten geprägt, so dass bei Einteilung des Klägers zu Rufbereitschaft, kurzfristig andere Mitarbeiter einspringen müssten. Es entspreche auch nicht billigem Ermessen, einen gesundheitlich angeschlagenen Mitarbeiter mit sehr hohen Fehlzeiten auch noch zur Rufbereitschaft einzuteilen. Ein Anspruch aus Gleichbehandlung bestehe aus den bereits dargelegten Gründen nicht, auch nicht mit dem Zeugen M., da das Arbeitsgericht zutreffend auf dessen anders ausgestalteten Arbeitsvertrag hingewiesen habe. Ein Anspruch auf Ausweitung des Direktionsrechts aus Art. 11 GG, der ein Freiheits- und kein Leistungsgrundrecht sei, bestehe nicht. Auch lägen die Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht vor, da sich die Umstände nicht schwerwiegend geändert hätten; bereits die Y. habe Dienstleistungen für mehrere Kläranlagen, die heute dem Beklagten gehörten, erbracht. Im Übrigen könne sich der Kläger nicht auf die Grundlagenstörung berufen, nachdem er selbst erst auf sein Direktionsrecht bestanden habe, das dem Beklagten zuvor bewusst gewesen sei. Eine Anspruchsgrundlage für eine Vertragsänderung benenne der Kläger nicht. Anspruch auf Verzugsvergütung bestehe ebenfalls nicht, da eine Beschäftigung im Bereitschaftskreis 1 weder billigem Ermessen entspreche, noch mangels Einarbeitung möglich sei. Der Anspruch bestehe auch nur im Rahmen der Gleichbehandlung und hier habe der Beklagte berücksichtigen dürfen, dass der Kläger häufig krank sei und erst angelernt werden müsse. Da der Kläger in den vergangenen Jahren dreimal sechs Wochen wegen Augenbeschwerden Entgeltfortzahlung bezogen habe, werde bestritten, dass er nachts ohne Eigengefährdung tätig werden könne. Zudem werde den Mitarbeitern in Rufbereitschaft ein Dienstfahrzeug zur Verfügung gestellt. Dem Kläger sei es jedoch, nachdem er einen ihm unterstellten Mitarbeiter angewiesen habe, das Fahrtenbuch fiktiv auszufüllen und deshalb eine fristlose Kündigung ausgesprochen worden sei, nicht mehr gestattet, Dienstfahrzeuge zu führen. Ein Anspruch auf Schadensersatz bestehe nicht, weil der Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum kein Vertragsangebot unterbreitet habe.



Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 12. Juni 2019 Bezug genommen.



Entscheidungsgründe



A



Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht erfolgreich.



I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, wurde vom Kläger nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 23. Januar 2019 mit am 06. Februar 2019 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 05. Februar 2019 form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 519 ZPO) und mit am 14. Februar 2019 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 ZPO).



II. Die Berufung ist nicht begründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Die Berufung war zurückzuweisen.



1. Der vom Kläger zuletzt ausdrücklich zur Entscheidung gestellte Hauptantrag zu 1), festzustellen, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, ihn bei der Zuteilung von Rufbereitschaftsdiensten im Bereitschaftskreis 1 unberücksichtigt zu lassen ist zulässig, in der Sache jedoch nicht erfolgreich.



1.1. Der Antrag ist als Feststellungsklage zulässig. Nachdem der vom Kläger mit der Berufungsbegründungsschrift zunächst verfolgte Hauptantrag zu 1), ihn in den Bereitschaftsdienstplan für das Jahr 2019 bzw. die jeweils gültigen Bereitschaftsdienstpläne aufzunehmen, nach wie vor Bestimmtheitsbedenken nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO begegnete, war der Antrag der Umdeutung in den vom Kläger zuletzt ausdrücklich formulierten Feststellungsantrag zugänglich. Eine unzulässige oder unbegründete Leistungsklage kann ohne Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO in eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO umgedeutet werden (BAG 27. Oktober 2010 - 7 ABR 36/09 - Rn. 17 mwN, zitiert nach juris). Wie vom Klägervertreter in der Berufungsverhandlung vom 12. Juni 2019 bestätigt, bildet der umgedeutete Feststellungsantrag das Begehren des Klägers - jedenfalls hilfsweise - ab. Dem Kläger kommt das erforderliche besondere Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zu. Danach kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird (BAG 07. Februar 2019 - 6 AZR 84/18 - Rn. 13, zitiert nach juris). Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage - (BAG 27. August 2014 - 4 AZR 518/12 - Rn. 13, zitiert nach juris). Die Parteien streiten vorliegend darüber, ob der Beklagte den Kläger mit der Begründung, er sei vertraglich nicht berechtigt, ihm einen anderen Arbeitsort als X.-Stadt zuzuweisen, bei der Zuteilung zu Rufbereitschaftsdiensten im Bereitschaftsdienstkreis 1 unberücksichtigt lassen darf. Diese streitige Beziehung aus dem Arbeitsverhältnis der Parteien kann mit dem Feststellungsantrag einer endgültigen Klärung zugeführt werden.



1.2. Der Feststellungsantrag zu 1) ist nicht begründet. Da der Beklagte arbeitsvertraglich nicht berechtigt ist, dem Kläger nach Maßgabe von § 106 GewO einen anderen Arbeitsort als X.-Stadt zuzuweisen, die vom Kläger allein begehrte Zuweisung von Rufbereitschaftsdiensten im Bereitschaftskreis 1 jedoch eine Arbeitstätigkeit an anderen Arbeitsorten beinhaltet, darf er den Kläger bei der Zuteilung von Rufbereitschaftsdiensten unberücksichtigt lassen.



1.2.1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestimmt sich auch nach dem vor dem Landesarbeitsgericht im Kündigungsschutzverfahren 3 Sa 239/16 am 23. Januar 2017 geschlossenen Vergleich, der lediglich ergänzende Bestimmungen zur Tätigkeit des Klägers und dessen Vergütung enthält, gemäß § 613 a Abs. 1 BGB nach dem Arbeitsvertrag vom 07. November 1997, den der Kläger mit der Rechtsvorgängerin des Beklagten vereinbart hat. Der Arbeitsvertrag enthält - vom Arbeitsgericht zutreffend erkannt - eine das Direktionsrecht des Beklagten beschränkende Festlegung des Arbeitsorts des Klägers auf die Kläranlage X.-Stadt. Dies ergibt eine Auslegung der vertraglichen Bestimmungen.



a) Der Inhalt der vertraglichen Regelungen ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Dabei ist insbesondere festzustellen, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein ggf. vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 18, zitiert nach juris). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind hierbei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind; Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss; soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (BAG 18. Oktober 2017 - 10 AZR 330/16 - Rn. 26; 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 29 mwN, zitiert nach juris). Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt allerdings voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen "erhebliche Zweifel" an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (BAG 18. Oktober 2017 - 10 AZR 330/16 - Rn. 26, aaO; 3. August 2016 - 10 AZR 710/14 - Rn. 16, zitiert nach juris). Ergibt die Auslegung, dass der Vertrag eine nähere Festlegung hinsichtlich Art und/oder Ort der Tätigkeit enthält, so unterliegt diese keiner Angemessenheitskontrolle iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Vielmehr handelt es sich um die Bestimmung des Inhalts der Hauptpflicht; dabei ist unerheblich, wie eng oder weit die Leistungsbestimmung gefasst ist. § 308 Nr. 4 BGB ist ebenfalls nicht anwendbar, da diese Vorschrift nur einseitige Bestimmungsrechte hinsichtlich der Leistung des Verwenders erfasst. Vorzunehmen ist lediglich eine Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB (BAG 19. Januar 2010 - 10 AZR 738/09 - Rn. 16, mwN, zitiert nach juris).



b) Ausgehend hiervon ist die Regelung zum Dienstort in § 5 Abs. 1 AV, bei der schon das äußere Erscheinungsbild der formularmäßigen Vertragsgestaltung auf ihren Charakter als Allgemeine Geschäftsbedingung schließen lässt, dahingehend auszulegen, dass das Direktionsrecht des Beklagten auf einen ausschließlichen Einsatz des Klägers in der Kläranlage X.-Stadt eingeschränkt wird. Bereits der Wortlaut von § 5 Abs. 1 Satz 1 AV, nach dem der Dienstort die Kläranlage X.-Stadt ist, spricht dafür, dass die Parteien eine örtliche Festlegung zum Arbeitsort des Klägers getroffen haben, zumal nicht lediglich eine Arbeitsaufnahme am ersten - und damit nicht konstitutiven - Einsatzort geregelt worden ist. Dies wird dadurch bestätigt, dass sich der Kläger nach § 5 Abs. 1 Satz 2 AV verpflichtet hat, seinen Wohnort im Hinblick auf eine problemlose Teilnahme am Bereitschaftsdienst in der Nähe des Dienstortes, in A-Stadt oder der Verbandsgemeinde A-Stadt-Land, zu wählen. Eine derartige Beschränkung hinsichtlich des Wohnortes des Klägers durfte die Rechtsvorgängerin des Beklagten redlicherweise nur dann verlangen, wenn im Gegenzug ein Einsatz des Klägers ausschließlich am Dienstort geschuldet sein sollte und dieser nicht damit rechnen musste, versetzt zu werden. Dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Rechtsvorgängerin des Beklagten allein die Kläranlage X.-Stadt alleinverantwortlich betreut hat, steht dem nicht entgegen. Ungeachtet der Tatsache, dass sie ihre Mitarbeiter - wie beispielsweise den damaligen Vorgesetzten des Klägers - offenbar einvernehmlich auch in anderen Kläranlagen in ihrem Zuständigkeitsbereich eingesetzt hat, hat der Kläger sich nach eigenem Bekunden auf die für die Kläranlage X.-Stadt ausgeschriebene Stelle beworben. Die ausdrückliche Festlegung des Dienstortes des Klägers im Arbeitsvertrag trägt dem Rechnung. Unerheblich ist daher auch, dass § 2 Satz 1 AV allgemein auf den Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G) und die diesen ergänzenden, ersetzenden oder ändernden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung Bezug nimmt und dieser in § 9 Abs. 6 BMT-G II eine Versetzungsmöglichkeit aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen vorsah. Da die Parteien der Bezugnahmeklausel nachfolgend in § 5 Abs. 1 Satz 1 AV hiervon abweichend den Dienstort des Klägers ausdrücklich festgelegt haben, ohne zu regeln, dass das arbeitgeberseitige Versetzungsrecht nach Tarifvertrag unberührt bleiben soll, ging die Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 1 AV nach Auffassung der Berufungskammer bereits bei Vertragsschluss vor. Unabhängig davon enthält der auf den Betrieb des Beklagten unstreitig anwendbare Tarifvertrag Versorgungsbetriebe (im Folgenden: TV-V) vom 05. Oktober 2000, zuletzt idF vom 18. April 2018, der jedenfalls nach § 2 Satz 2 AV auch im Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet, einen § 9 Abs. 6 BMT-G II entsprechenden Versetzungsvorbehalt nicht. Selbst wenn man vorliegend den Beklagten als öffentlichen Arbeitgeber betrachten wollte, bei dem ein eingeschränkter Umfang des Direktionsrechts nur bei eindeutigen Absprachen der Parteien anzunehmen ist (vgl. BAG 21. Januar 2004 - 6 AZR 583/02 - Rn. 24; 26. Februar 2002 - 6 AZR 50/00 - Rn. 15; 29. Oktober 1996 - 5 AZR 573/96 - Rn. 24; jeweils zitiert nach juris), ist eine derartige Vereinbarung angesichts der wörtlichen Festlegung des Dienstortes verbunden mit der Verpflichtung zur Wohnsitznahme des Klägers vorliegend gegeben. Nachdem die Parteien des Arbeitsvertrags X.-Stadt allgemein und unterscheidungslos als Dienstort festgelegt haben, vermochte die Berufungskammer sich der Auffassung des Klägers, dies habe nur für seinen Stammeinsatzort, nicht jedoch für abzuleistende Rufbereitschaftsdienste gelten sollen, nicht anzuschließen.



1.2.2. Die Beschränkung des Direktionsrechts des Beklagten auf den Beschäftigungsort X.-Stadt ist nicht durch eine konkludente Ausdehnung der Arbeitsverpflichtung des Klägers auf andere Arbeitsorte weggefallen. Arbeitspflichten können sich nach längerer Zeit zwar auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren; dazu genügt jedoch nicht schon der bloße Zeitablauf; vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer der Arbeitnehmer erkennen kann und darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll (vgl. BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - 35; 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 50, zitiert nach juris). Vorliegend hat der Kläger unstreitig zu keinem Zeitpunkt Rufbereitschaftsdienste in anderen Kläranlagen als der Kläranlage X.-Stadt verrichtet. Selbst wenn man berücksichtigt, dass er während seiner regelmäßigen Arbeitszeit gelegentlich kurzfristig auf anderen Kläranlagen eingesetzt worden ist, handelt es sich auch hierbei nicht um eine langjährige Beschäftigung, aufgrund derer der Kläger hätte annehmen dürfen, dass die Beschränkung auf den Arbeitsort X.-Stadt aufgehoben ist. Hiervon ist der Kläger offenbar auch selbst nicht ausgegangen, nachdem er sich mit außergerichtlichem Schreiben vom 27. März 2015 ausdrücklich gegen seinen kompensationslosen Einsatz im Rahmen des beabsichtigten Bereitschaftskreissystems zur Wehr gesetzt hat. Sonstige Umstände, die auf eine konkludente Erweiterung der örtlichen Einsatzmöglichkeiten des Klägers deuten, sind nicht ersichtlich.



1.2.3. Ein erweitertes Direktionsrecht, das einen Einsatz des Klägers über X.-Stadt hinaus ermöglichen würde, ergibt sich nicht aus ergänzender Vertragsauslegung, weil der Arbeitsvertrag nachträglich lückenhaft geworden wäre.



a) Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung ist, dass eine Vereinbarung eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit aufweist (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 23; 9. Dezember 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 25; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 31, jeweils zitiert nach juris). Eine Regelungslücke liegt dabei nur vor, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder zwar nicht übersehen, aber doch bewusst deshalb offengelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und diese Annahme sich nachträglich als unzutreffend herausstellt (BAG 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 33, aaO). Von einer Planwidrigkeit kann nur die Rede sein, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zu Grunde liegenden Regelungsplan zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrages eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen ist (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 23; aaO).



b) Danach fehlt es vorliegend zur Zulässigkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung an einer planwidrigen Unvollständigkeit des Arbeitsvertrages der Parteien. Zwar weist der Kläger zutreffend darauf hin, dass nach der Überleitung des Arbeitsverhältnisses auf den Beklagten in Verbindung mit dessen Entscheidung für die Einrichtung von Rufbereitschaftskreisen im Jahr 2015 die bisherige Anordnung von Rufbereitschaft für den Kläger ausschließlich in der Kläranlage X.-Stadt aus betrieblichen Gründen nicht mehr stattfindet und er hierdurch eine Einkommenseinbuße hinnehmen muss. Dennoch haben die Parteien diesen Punkt nicht im Sinne einer planwidrigen Regelungslücke übersehen. Bereits das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass weder der Arbeitsvertrag des Klägers, noch die tariflichen Regelungen in § 16 BMT-G II bzw. zuletzt § 9 Abs. 4 TV-V einen Anspruch des Klägers auf Anordnung von Rufbereitschaft regeln, sondern lediglich dessen Verpflichtung, Rufbereitschaft zu leisten und die Grenzen, innerhalb derer Rufbereitschaft angeordnet werden darf (vgl. zu Nr. 8 SR 2 c BAT: BAG 04. Dezember 1986 - 6 AZR 123/84 .- Rn. 20, zitiert nach juris). Ein derartiger Anspruch auf bedingungslose Ableistung von Rufbereitschaftsdiensten ergibt sich auch nicht infolge einer vertragliche Sondervereinbarung des Klägers mit dem Zeugen Dr. E. während der Anbahnung des Vertragsverhältnisses. Schon das Arbeitsgericht hat zu Recht auf Bedenken hinsichtlich der Substantiierierung des klägerischen Vortrags zu Zeit, Ort und Inhalt einer derartigen Vereinbarung hingewiesen, sowie darauf, dass der Kläger beweisfällig geblieben ist. Da der Kläger bereits keinen Anspruch auf Einsatz im Rufbereitschaftsdienst ungeachtet betrieblicher Belange hatte, konnte die grundsätzliche Möglichkeit, eine derartige Rufbereitschaft abzuleisten, nicht zum gemeinsamen Regelungsplan der Parteien gehören. Einer Änderung des Vertrages zur Verwirklichung einer angemessenen Lösung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung bedurfte es daher nicht. Dass der Beklagte grundsätzlich berechtigt war, aus unstreitig vorliegenden wirtschaftlichen Gründen Rufbereitschaftskreise einzurichten, stellt auch der Kläger nicht in Abrede. Unabhängig davon hat das Arbeitsgericht mit zutreffenden Argumenten angenommen, dass der unternehmerischen Entscheidung des Beklagten, Rufbereitschaftskreise zu bilden, erhebliches Gewicht bei der Abwägung der wechselseitigen Interessen im Rahmen der Ausübung des Direktionsrechts und der zu treffenden Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB zukommt (vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 31, zitiert nach juris). Für den Beklagten sprechen unstreitig wirtschaftliche Erwägungen von beträchtlicher Höhe, die seine Maßnahme auch angesichts der für den Kläger damit verbundenen Nachteile nicht als missbräuchlich, willkürlich oder gegen grundgesetzliche Bestimmungen verstoßend erscheinen lassen.



1.2.4. Entgegen der Auffassung der Berufung kann der Kläger eine Erweiterung des Direktionsrechts des Beklagten hinsichtlich seines Rufbereitschaftseinsatzes in anderen Kläranlagen als in X.-Stadt nicht auf den Überleitungsvertrag stützen. Soweit es dort in der Präambel heißt, die Y. GmbH (Y.) und der Beklagte seien sich einig, dass dem Kreis der betroffenen Arbeitnehmer durch die Überleitung unter Wahrung des bisherigen Besitzstandes keine Rechtsnachteile entstehen dürfen, kann der Kläger hieraus jedenfalls nicht ableiten, dass der Beklagte berechtigt und verpflichtet wäre, ihn an anderen als dem arbeitsvertraglich vereinbarten Dienstort X.-Stadt zu beschäftigen. Auch bei Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses zur Rechtsvorgängerin des Beklagten wäre der Kläger durch § 5 Abs. 1 AV vor einer Änderung seines Dienstortes im Zuge einer Betriebsänderung durch Aufnahme weiterer Kläranlagen in den Zuständigkeitsbereich der Y. GmbH (Y.) einerseits geschützt gewesen, hätte durch die Festlegung des Dienstortes andererseits jedoch auch in Kauf nehmen müssen, Rufbereitschaft bei Bildung von Rufbereitschaftskreisen nicht mehr leisten zu können. Eine Änderung des Besitzstandes ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich, so dass es nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, ob den Festlegungen in der Präambel grundsätzlich Anspruchscharakter zukommen könnte. Aus den gleichen Gründen greift auch § 5 Abs. 2 Überleitungsvertrag, nach dem sich die Vertragsparteien verpflichtet haben, ergänzende Regelungen zu treffen, wenn ein wesentlicher Vertragsgegenstand ungeregelt ist, nicht ein.



2. Der vom Kläger zum Antrag zu 1) hilfsweise gestellte Antrag ist zulässig, jedoch unbegründet. Der Kläger kann vom Beklagten nicht verlangen, sein Angebot auf Abänderung seines Arbeitsvertrages, dass darin kein "Dienstort" mehr festgeschrieben ist, anzunehmen.



2.1. Der Antrag ist zulässig.



2.1.1. Er ist nach seinem Wortlaut auf die Verurteilung des Beklagten zur Abgabe einer Annahmeerklärung gerichtet. Dem Kläger geht es mit der erstrebten Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO zuletzt um das endgültige Zustandekommen eines Abänderungsvertrags mit dem Beklagten, das er mit übereinstimmenden Willenserklärungen - Antrag und Annahme (§§ 145 bis 147 BGB) - erwirken möchte. Ein entsprechendes Angebot hat der Kläger spätestens mit seiner Berufungsbegründungsschrift abgegeben.



2.1.2. Gegen diese Änderung des Hilfsantrags zu 1) in der Berufungsinstanz bestehen entgegen der vom Beklagten vertretenen Auffassung im Hinblick auf § 533 ZPO keine Bedenken. Die Klageänderung in der Berufungsinstanz ist nach § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 533 ZPO nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht die Klageänderung für sachdienlich hält (§ 533 Nr. 1 ZPO) und die Klageänderung auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO). Dies ist vorliegend der Fall. Jedenfalls die erforderliche Sachdienlichkeit ist zu bejahen, weil die Zulassung der Klageänderung zu einer sachgemäßen und endgültigen Erledigung des Streits zwischen den Parteien führt, der den Gegenstand des anhängigen Verfahrens bildet und einem andernfalls zu erwartenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt. Auch fehlt es nicht an der nötigen kongruenten Tatsachengrundlage, da die wesentlichen Tatsachen um das Verlangen des Klägers, ihn in Rufbereitschaft zu beschäftigen und die Reaktionen des Beklagten hierauf, bereits zur Darlegung des Streitverhältnisses in der vorherigen Antragsformulierung vorgetragen worden sind.



2.1.3. Der Antrag entspricht auch dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger hat zu erkennen gegeben, dass er mit dem Antrag die Abänderung des Arbeitsvertrags dergestalt erreichen möchte, dass § 5 Abs. 1 Satz 1 AV, welcher die Festlegung eines Dienstortes auf die Kläranlage X.-Stadt enthält, aus dem Arbeitsvertrag gestrichen wird. Dass es ihm darum geht, dass überhaupt kein Dienstort mehr im Arbeitsvertrag enthalten ist, hat er auf Nachfrage des Beklagtenvertreters im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer ausdrücklich klargestellt.



2.2. In der Sache ist der Antrag nicht erfolgreich. Der Kläger hat unter keinem denkbaren Gesichtspunkt einen Anspruch auf die begehrte Vertragsänderung.



2.2.1 Der Kläger kann die Entfernung des Dienstortes aus seinem Arbeitsvertrag nicht nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verlangen.



a) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleich zu behandeln. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird inhaltlich durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bestimmt. Die vom Arbeitgeber selbst geschaffene Gruppenbildung muss gemessen am Zweck der Leistung sachlich gerechtfertigt sein. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Differenzierungsgründe unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Leistung auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und nicht gegen verfassungsrechtliche Wertentscheidungen oder gesetzliche Verbote verstoßen (vgl. BAG 13. Dezember 2016 - 9 AZR 574/15 - Rn. 32, mwN, zitiert nach juris).



Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Gleichbehandlung seiner Arbeitnehmer knüpft nicht unmittelbar an die Leistung selbst an, sondern vielmehr an das von ihm zugrunde gelegte, selbstbestimmte generalisierende Prinzip. Es handelt sich dabei um eine privatautonome Verteilungsentscheidung, die ihren Ausdruck in einer vom Arbeitgeber freiwillig gesetzten Anspruchsgrundlage für die jeweilige Leistung findet. Der Leistung selbst geht jeweils die Schaffung eines eigenen Regelwerks durch eigenes gestaltendes Verhalten (vgl. BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 76, zitiert nach juris) voraus, in der das generalisierende Prinzip festgelegt wird. Denn der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet nur die Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer aus sachfremden Gründen gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage. Er steht nicht der Begünstigung einzelner Arbeitnehmer entgegen (vgl. BAG 13. Februar 2002 - 5 AZR 713/00 - Rn. 15, zitiert nach juris).



Im Rechtsstreit um einen Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Hat der Arbeitgeber eine Gruppe von Arbeitnehmern von Leistungen ausgenommen, muss er die Gründe für die Differenzierung offenlegen und substantiiert dartun (vgl. BAG 03. September 2014 - 5 AZR 6/13 - Rn. 31 mwN, zitiert nach juris).



b) Bei Anwendung dieser Grundsätze scheidet ein Anspruch des Klägers auf die begehrte Vertragsänderung nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz aus. Soweit der Kläger erstinstanzlich behauptet hat, der Beklagte habe allen Mitarbeitern ungeachtet ihrer arbeitsvertraglichen Regelungen angeboten, am kreisweiten Rufbereitschaftsdienst teilzunehmen, kann dahinstehen, ob sich hieraus sein Anspruch auf eine Vertragsänderung herleiten ließe. Der Beklagte hat unter Vorlage aller einschlägigen Arbeitsverträge der zur Rufbereitschaft herangezogenen Mitarbeiter substantiiert dargetan, dass die Behauptung des Kläger nicht zutrifft und er - unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten mangels vergleichbarer Lage unbedenklich - nur Mitarbeiter ohne Einschränkung des Direktionsrechts zu Rufbereitschaftsdiensten innerhalb der neuen Rufbereitschaftskreise heranzieht, ohne dass der Kläger dem ausreichend entgegen getreten wäre. Soweit er zuletzt noch den Einsatz des Mitarbeiters N. M. gerügt hat, befindet sich dieser nicht in einer mit dem Kläger vergleichbaren Lage. Ausweislich § 1 Abs. 1 des vom Beklagten vorgelegten Arbeitsvertrags des Zeugen M. vom 24. Oktober 2008 (Bl. 143 f. d. A.; im Folgenden: AV M.) wurde dieser zwar ab 01. Februar 2009 von der Rechtsvorgängerin des Beklagten als Ver- und Entsorger auf der Kläranlage in X.-Stadt eingestellt, in § 3 Abs. 1 Satz 2 AV M. hat sich die Arbeitgeberin unter der Überschrift "Rufbereitschaft" jedoch - anders als beim Kläger - einen anderweitigen Einsatz des Mitarbeiters innerhalb des Unternehmens vorbehalten.



2.2.2. Der Kläger kann sein Begehren auch nicht auf die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) stützen.



a) Geschäftsgrundlage sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesgerichtshofs die bei Abschluss des Vertrags zu Tage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen einer Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien hierauf aufbaut. Rechte wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ergeben sich nur, wenn der von der Störung betroffenen Partei das unveränderte Festhalten an dem Vertrag nicht zugemutet werden kann. Der Wegfall der Geschäftsgrundlage wird erheblich, wenn und soweit das Festhalten an der ursprünglichen Regelung zu einem untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin nicht mehr zu vereinbarenden Ergebnis führen würde. Rechtsfolge ist grundsätzlich nur die Anpassung des Vertrags an die geänderten Verhältnisse. Eine Auflösung des Vertrags kommt nur in Frage, wenn die Fortsetzung des Vertrags unzumutbar ist. Sie bedarf einer rechtsgestaltenden Erklärung. Die Geschäftsgrundlage gehört nicht zum Vertragsinhalt. Enthält bereits der Vertrag nach seinem gegebenenfalls durch ergänzende Auslegung zu ermittelnden Inhalt Regeln für Fehlen, Wegfall oder Änderung bestimmter Umstände, scheidet eine Anpassung gemäß § 242 BGB aus (BAG 28. September 2006 - 8 AZR 568/05 - Rn. 22, mwN, zitiert nach juris).



b) Da der Kläger - wie bereits dargestellt (vgl. A II 1.2.3. b)) - keinen Anspruch auf Anordnung von Rufbereitschaft hat, kann eine Anordnung von Rufbereitschaft ausschließlich in der Kläranlage X.-Stadt bereits nicht zur Geschäftsgrundlage der Parteien geworden sein. Dass dem Kläger das Festhalten am vereinbarten Dienstort nicht unzumutbar ist, zeigt sich ungeachtet dessen daran, dass der Kläger mit außergerichtlichem Schreiben vom 27. März 2015 am vereinbarten Dienstort ausdrücklich festgehalten hat.



3. Die mit dem Antrag zu 2) geltend gemachte Zahlungsklage in Höhe von ihm verlangter - mindestens - 17.229,16 Euro brutto ist zulässig, in der Sache jedoch nicht erfolgreich.



3.1. Ein Anspruch aus Annahmeverzug gemäß § 615 Satz 1 BGB iVm. § 611 a BGB scheitert bereits daran, dass der Kläger nicht die geschuldete Arbeitsleistung angeboten hat.



3.1.1. Nach § 293 BGB kommt der Arbeitgeber in Annahmeverzug, wenn er im erfüllbaren Arbeitsverhältnis die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis muss der Arbeitnehmer die Leistung tatsächlich anbieten, § 294 BGB. Ein wörtliches Angebot (§ 295 BGB) genügt (nur), wenn der Arbeitgeber ihm erklärt hat, er werde die Leistung nicht annehmen oder sei nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer in einem die tatsächliche Heranziehung übersteigenden Umfang zu beschäftigen. Der Arbeitnehmer muss die Arbeitsleistung so anbieten, wie sie zu bewirken ist (BAG 06. Dezember 2017 - 5 AZR 815/16 - Rn.12; 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 14, zitiert nach juris).



3.1.2. Der Kläger hat seine Arbeitsleistung hinsichtlich der Rufbereitschaft im Rufbereitschaftskreis 1 nicht wie geschuldet angeboten. Da das Direktionsrecht des Beklagten einen Einsatz des Klägers im Rufbereitschaftskreis 1 und damit an Einsatzorten außerhalb von X.-Stadt - wie unter A II 1.2. geschildert - nicht umfasste, konnte der Kläger den Beklagten mit dem Angebot, Rufbereitschaft im Rufbereitschaftskreis 1 abzuleisten, nicht in Annahmeverzug setzen. Auf einen Einsatz ausschließlich in Rufbereitschaft auf der Kläranlage X.-Stadt beruft sich der Kläger ausdrücklich nicht.



3.2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB iVm. § 249 BGB. Da der Kläger wegen seines arbeitsvertraglich auf X.-Stadt festgelegten Einsatzbereichs nicht vom Beklagten verlangen konnte zur Rufbereitschaft für den Rufbereitschaftskreis 1 herangezogen zu werden, hat der Beklagte bereits nicht gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen, indem er den Kläger nicht zur Rufbereitschaft im geänderten Rufbereitschaftskreissystem herangezogen hat. Ebenso wenig liegt aus den bereits dargestellten Gründen (A II 2.2.) ein Pflichtverstoß darin, dass der Beklagte dem Kläger ein geändertes Vertragsangebot nicht unterbreitet hat. Ein Schadensersatzanspruch scheidet vor diesem Hintergrund aus. Ob der Kläger seinen Schadensersatzanspruch der Höhe nach schlüssig dargetan hätte, kann dahinstehen.



B



Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.



Gründe die eine Zulassung der Revision iSd § 72 Abs. 2 ArbGG veranlasst hätten, bestehen nicht.

Verkündet am 12.06.2019

Vorschriften§ 288 Abs. 5 BGB, § 315 BGB, § 615 BGB, §§ 295 ff. BGB, § 106 GewO, § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 249 BGB, Art. 11 GG, § 242 BGB, § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG, § 519 ZPO, § 520 ZPO, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 256 Abs. 1 ZPO, § 613 a Abs. 1 BGB, § 305c Abs. 2 BGB, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 308 Nr. 4 BGB, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 106 Satz 1 GewO, § 894 Satz 1 ZPO, §§ 145 bis 147 BGB, § 533 ZPO, § 533 Nr. 1 ZPO, § 533 Nr. 2 ZPO, Art. 3 Abs. 1 GG, § 313 BGB, § 615 Satz 1 BGB, § 611 a BGB, § 293 BGB, § 294 BGB, § 295 BGB, § 97 ZPO, § 72 Abs. 2 ArbGG

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