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17.06.2019 · IWW-Abrufnummer 209398

Landessozialgericht Thüringen: Urteil vom 21.03.2019 – L 1 U 1312/18

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


THÜRINGER LANDESSOZIALGERICHT

Az: S 10 U 85/16 Sozialgericht Gotha

Im Namen des Volkes

URTEIL

In dem Rechtsstreit

xxx

hat der 1. Senat des Thüringer Landessozialgerichts durch den Präsidenten des Landessozialgerichts xxx, den Richter am Landessozialgericht xxx und den Richter am Sozialgericht Dr. xxx sowie die ehrenamtliche Richterin xxx und den ehrenamtlichen Richter xxx, ohne mündliche Verhandlung am 21. März 2019 für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 21. August 2018 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII).

Die 1972 geborene Klägerin war zum Unfallzeitpunkt beim DRK S. als Pflegekraft im ambulanten Dienst beschäftigt. Die regelmäßige Tour dauerte von ca. 06:00 Uhr morgens bis 12:00 Uhr mittags und dann von 16:00 Uhr bis ca. 20:00 Uhr (Teildienst). Reguläre Pausenzeiten während der Vormittags- und Abendschicht sah der Dienstplan nicht vor. Auch am 31. Juli 2015 startete die Klägerin ihre Tour gegen 6:00 Uhr. Bei der ersten Pflege verrichtete sie in G.(1) eine ca. 20 bis 25 Minuten dauernde Grundpflege mit Waschen und Anziehen. Sodann pflegte sie die zweite Klientin in M.. Nach diesen ersten beiden Klienten suchte die Klägerin gegen 7:30 Uhr auf dem Weg zur dritten Klientin in G.(1) (wo eine Insulinbehandlung, ggf. ein Fußbad und Körperpflege und ggf. auch Ankleiden, insgesamt eine ca. 20 minütige Pflege erforderlich gewesen wäre) die nächstmögliche Gelegenheit auf, um einen „Coffee-to-go“ zu erwerben. Diesen wollte sie nach ihrer Arbeit bei der dritten Klientin in einer Fünf-Minuten-Pause und nach dem Abkühlen des Kaffees im Auto auf einem Parkplatz trinken. Hierzu fuhr sie in G.(1) die B.straße hinab auf eine T-Kreuzung zu. Statt an dieser nach links in Richtung der dritten Klientin abzubiegen, bog die Klägerin nach rechts ab. Nach ca. sechs bis acht Metern stoppte sie in einer Parkeinbuchtung vor einer Bäckerei. Noch vor dem Betreten der Bäckerei stolperte und verletzte sie sich und erlitt unter anderem eine Tibiakopffraktur.

Mit Bescheid vom 20. November 2015 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. Ein Arbeitsunfall liege nicht vor, wenn sich der Unfall während einer privaten Unterbrechung des versicherten Weges ereignete. Zum Unfallzeitpunkt habe die Klägerin einen Kaffee kaufen wollen. Dies sei eine private Unterbrechung und zähle nicht zum versicherten Bereich.

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Es handle sich um keine private Unterbrechung. Den Kaffee habe sie aufgrund der erheblichen arbeitsbedingten körperlichen Anstrengung und der Tatsache, dass sie an einer erheblichen thrombotischen Venenerkrankung leide, kaufen wollen. Deswegen und um den Kreislauf zu stabilisieren sei das Trinken erforderlich gewesen. Nach der dritten Klientin in G.(1) und der vierten Klientin in G.(2) habe es keine Einkaufsmöglichkeiten ohne größere Umwege gegeben.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 2015 hat die Klägerin Klage erhoben. Zum bisherigen Vortrag hat sie vorgetragen, dass es sich nur um eine geringfügige Abweichung vom ursprünglichen Dienstweg gehandelt habe und hierfür zudem arbeitsbedingte Gründe vorgelegen hätten. Zudem ergebe sich aufgrund der besonderen Eile die sie habe walten lassen, um beim nächsten Klienten zu sein, eine besondere betriebliche Gefahr.

Mit Urteil vom 21. August 2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Als sich der Unfall ereignet habe, habe sich die Klägerin nicht bei einer Verrichtung, die in sachlichem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stand, befunden. Die Abweichung vom Betriebsweg zum Aufsuchen der Bäckerei sei keine räumliche und zeitliche unerheblich private Verrichtung. Der zum Erwerb eines Kaffees eingenommene Abweg sei eine eigenständige Handlung und habe den Versicherungsschutz unterbrochen. Von einer unerheblichen kurzen Unterbrechung der betrieblichen Tätigkeit könne nicht ausgegangen werden.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Konkretisierend führt sie aus, dass sich die Pflege der zweiten Klientin - wie regelmäßig - aufwändiger gestaltet habe. Die Klientin sei groß und schwergewichtig und mache nicht selber aktiv mit, so dass die Hilfe von Angehörigen erforderlich sei. Zudem sei es in der Wohnung immer sehr warm. Frischer Sauerstoff sei erst nach dem Eintreffen der Klägerin und dem durch sie vorgenommenen Lüften vorhanden. Nach den ersten beiden Klienten habe sie Flüssigkeit gebraucht. Sie habe sich wegen der vorangegangenen Tätigkeit erschöpft gefühlt und ihr sei schwindlig gewesen; zudem habe sie ihren Durst löschen wollen. Außerdem leide sie an einer thrombotischen Venenerkrankung, die es erfordere, dass sie viel trinke. Eigene Getränke habe sie - anders als sonst - nicht dabei gehabt. Einen „Coffee-to-go“ habe sie wegen des Koffeins kaufen wollen. Den Kaffee habe sie erst nach der dritten Klientin trinken können, weil er vorher viel zu heiß gewesen sei.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 21. August 2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2015 aufzuheben und das Ereignis vom 31. Juli 2015 als Arbeitsunfall mit den Folgen einer Tibiakopffraktur links, einer Ruptur des linken Kreuzbandes sowie Prellungen der rechten Schulter festzustellen und die Beklagte zu verpflichten der Klägerin hieraus Leistung der gesetzlichen Unfallversicherung (Heilbehandlung, Fahrtkosten, Verletztengeld, Unfallrente etc.) nach pflichtgemäßen Ermessen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffenen Bescheide und das erstinstanzliche Urteil für rechtsfehlerfrei.

Im Erörterungstermin am 24. Januar 2019 wurde Sachverhalt und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG).

Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der beigezogenen Beklagtenakte verwiesen.

Gründe

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten dem zugestimmt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).

Soweit die Berufung auf Leistungen der Gesetzlichen Unfallversicherung allgemein gerichtet ist, ist sie bereits unzulässig (dazu vgl. 1.). Soweit die Klägerin die Feststellung eines Arbeitsunfalles begehrt, ist die Berufung nach §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet (dazu vgl. 2.).

1.     Die Berufung ist unzulässig, soweit die Klägerin die Verurteilung der Beklagten begehrt, ihr Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Zulässiger Berufungsgegenstand ist grundsätzlich (nur) der Gegenstand der Entscheidung des Sozialgerichts.

Wegen der Antragstellung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung hatte das Sozialgericht aber nicht über Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zu entscheiden, sondern allein über die Frage, ob ein Arbeitsunfall vorliegt (hierzu 2.). Das Sozialgericht hat - nach Klagerücknahme im Übrigen - auch nur hierüber befunden. Letztlich kommt es darauf nicht an, weil schon kein Arbeitsunfall vorliegt.

2.     Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung des Ereignisses vom 31. Mai 2015 als Arbeitsunfall. Die angegriffenen Bescheide, mit denen die Beklagte die Feststellung eines Arbeitsunfalls am 31. Mai 2015 abgelehnt hat, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Die Klägerin begehrt mit der zulässigen Kombination (§ 56 SGG) aus Anfechtungs- und Feststellungsklage (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG; vgl. hierzu  BSG, Urteil vom 31. August 2017 – B 2 U 1/16 R m.w.N., juris) die Aufhebung der ablehnenden Entscheidung der Beklagten und die Feststellung, dass das Ereignis vom 31. Juli 2015 ein Arbeitsunfall war.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, weil kein Arbeitsunfall (Wegeunfall) im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII vorliegt. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass die Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität) (ständige Rechtsprechung des BSG - vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 31. August 2017 – B 2 U 1/16 R, juris).

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Klägerin erlitt zwar bei dem Sturz am 31. Juli 2015 eine zeitlich begrenzte, von außen kommende Einwirkung auf ihren Körper und damit einen Unfall im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII. Dieser führte auch zu einem ihre körperliche Unversehrtheit verletzenden Gesundheitserstschaden. Die Klägerin war zum Zeitpunkt des Unfallereignisses auch als Beschäftigte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII in der gesetzlichen Unfallversicherung grundsätzlich versichert. Ihre Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses stand jedoch nicht in einem sachlichen Zusammenhang mit ihrer versicherten Tätigkeit. Sie erlitt keinen versicherten Wegeunfall nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII. Zwar stand sie während des Zurücklegens des Weges von einem Klienten zum anderen Klienten grundsätzlich unter Versicherungsschutz nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII (dazu unter a). Der Versuch, in der Bäckerei einzukaufen, führte jedoch zu einer mehr als nur geringfügigen Unterbrechung des versicherten Wegs (dazu unter b).

a)    Zu den in der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII versicherten Tätigkeiten zählt das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Dabei ist nicht der Weg als solcher, sondern dessen Zurücklegen versichert, also der Vorgang des Sichfortbewegens auf einer Strecke, die durch einen Ausgangs- und einen Zielpunkt begrenzt ist (vgl. BSG, Urteil vom 31. August 2017 – B 2 U 1/16 R m.w.N., juris). Der Versicherungsschutz besteht, wenn der Weg erkennbar zu dem Zweck zurückgelegt wird, den Ort der Tätigkeit zu erreichen. Maßgebliches Kriterium für den sachlichen Zusammenhang ist, ob die anhand objektiver Umstände zu beurteilende Handlungstendenz des Versicherten beim Zurücklegen des Weges darauf gerichtet war, eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Verrichtung auszuüben, das heißt ob sein Handeln zum Zurücklegen des Weges zu oder von der Arbeitsstätte gehört (vgl. BSG, Urteil vom 31. August 2017 – B 2 U 1/16 R m.w.N., juris). Hier wollte die Klägerin als ambulante Pflegekraft auf dem unmittelbaren Weg von einer Klientin zur anderen Klientin fahren. Damit war die Handlungstendenz der Klägerin während der Autofahrt zunächst darauf gerichtet, einen versicherten Betriebsweg zurückzulegen.

b)     Das Zurücklegen des unmittelbaren versicherten Weges zur nächsten Klientin und der damit verbundene Versicherungsschutz wurden durch die dem beabsichtigten Einkauf in der Bäckerei dienenden Handlungen der Klägerin unterbrochen. Der Einkauf stand als rein privatwirtschaftliche Handlung nicht mehr unter dem Schutz der Unfallversicherung (dazu unter aa). Die Unterbrechung hatte zum Zeitpunkt des Sturzes bereits begonnen, wodurch der zunächst gegebene Versicherungsschutz entfallen war (dazu unter bb). Die Unterbrechung war zum Unfallzeitpunkt auch noch nicht beendet und der Versicherungsschutz nicht erneut entstanden (dazu unter cc).

aa)     Das beabsichtigte Kaufen des „Coffee-to-go“ stand als rein privatwirtschaftliche Handlung nicht unter dem Schutz der Unfallversicherung.

Wird der Weg zum oder vom Ort der Tätigkeit aus eigenwirtschaftlichen Gründen unterbrochen, entfällt der innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit und damit der Versicherungsschutz. Dabei kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob der Versicherte lediglich seine Fortbewegung beendet, um sich an Ort und Stelle einer anderen, nicht nur geringfügigen Tätigkeit zuzuwenden, oder ob er den eingeschlagenen Weg verlässt, um an anderer Stelle einer privaten Verrichtung nachzugehen und erst danach auf den ursprünglichen Weg zurückzukehren (vgl. BSG, Urteile vom 2. Dezember 2008 - B 2 U 17/07 R und vom 30. Oktober 2007 - B 2 U 29/06 R m.w.N., jeweils nach juris). Der beabsichtigte Einkauf stand weder als lediglich geringfügige Unterbrechung unter Versicherungsschutz (dazu unter aaa), noch bestand Versicherungsschutz unter dem Gesichtspunkt der Nahrungsaufnahme (dazu unter bbb), oder demjenigen des Weges zur Nahrungsaufnahme (dazu unter ccc).

aaa)         Es handelte sich nicht um eine, den Versicherungsschutz unberührt lassende, lediglich geringfügige Unterbrechung des Weges. Eine Unterbrechung ist nur dann als geringfügig zu bezeichnen, wenn sie auf einer Verrichtung beruht, die bei natürlicher Betrachtungsweise zeitlich und räumlich noch als Teil des Wegs nach oder von dem Ort der Tätigkeit anzusehen ist. Das ist der Fall, wenn sie nicht zu einer erheblichen Zäsur in der Fortbewegung in Richtung auf das ursprünglich geplante Ziel führt, weil sie ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung "im Vorbeigehen" oder "ganz nebenher" erledigt werden kann (ständige Rechtsprechung des BSG - vgl. u.a. Urteil vom 31. August 2017 – B 2 U 1/16 R m.w.N., juris). Die Gesamtheit des vorliegend von der Klägerin geplanten Handelns kann nicht mehr als geringfügig angesehen werden, weil der Kaffeekauf eben gerade nicht "nur nebenbei" erledigt werden konnte. Vielmehr setzte der subjektive Wunsch des Kaffeekaufens eine neue objektive Handlungssequenz in Gang, die sich - auch äußerlich - deutlich von der versicherten Handlungssequenz "zur versicherten Tätigkeit der ambulanten Pflege fahren" abgrenzen lässt. Die Klägerin hatte ihre ursprüngliche Wegstrecke verlassen, als sie in G.(1) die B.straße hinabfuhr und statt nach links nach rechts abbog und anschließend dort in einer Parkeinmündung einparkte.

bbb)         Nach der Rechtsprechung des BSG kann die Nahrungsaufnahme als solche auf nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII versicherten Wegen zu den versicherten Verrichtungen zählen. Dies wird ausnahmsweise dann anerkannt, wenn betriebliche Interessen die Nahrungsaufnahme wesentlich beeinflussen und dadurch den inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit begründen. Damit eine betrieblich bedingte Nahrungsaufnahme ausnahmsweise versichert ist, bedarf es außergewöhnlicher Begleitumstände (vgl. BSG, Urteil vom 25. November 1992 - 2 RU 1/92, juris). So ist hier von Bedeutung, ob gerade die Tätigkeit ein besonderes Durstgefühl verursacht hat - und nicht etwa eine Erkrankung (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2016 - B 2 U 5/15 R, juris). Entscheidend ist, dass betriebliche Interessen die Nahrungsaufnahme im Wesentlichen und abweichend vom normalen Trinkverhalten beeinflussen (vgl. BSG, Urteil vom 10. Oktober 2002 - B 2 U 6/02 R, juris). Im Falle einer besonders dursterregenden betrieblichen Tätigkeit muss sich daher die Nahrungsaufnahme abweichend von dem normalen Trinkverhalten des Versicherten so abgespielt haben, dass eine Zuordnung zu der betrieblichen Tätigkeit objektiv nachvollziehbar ist. Dies wäre z.B. der Fall wenn der Versicherte unmittelbar während der besonders belastenden Arbeit trinkt (vgl. BSG, Urteil vom 10. Oktober 2002 - B 2 U 6/02 R, juris). Solche Gründe, aufgrund derer die Nahrungsaufnahme hier ausnahmsweise versichert gewesen sein könnte (vgl hierzu zuletzt BSG, Urteile vom 5. Juli 2016 - B 2 U 5/15 R und vom 18. Juni 2013 - B 2 U 7/12 R sowie vom 10. Oktober 2002 - B 2 U 6/02 R, jeweils nach juris), sind nicht erkennbar. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin einen akuten Flüssigkeitsmangel ausgleichen wollte. Unabhängig von der Frage, ob das Trinken von Kaffee objektiv nachvollziehbar grundsätzlich sinnvoll geeignet ist, Durst zu löschen, ist vorliegend jedenfalls nicht objektiv nachvollziehbar, dass bei einem großen Durstgefühl, einem gefühlten Schwindel und Schlappheit ein Getränk (hier Kaffee) nicht sogleich, sondern erst nach weiterer Arbeit und erst 20 Minuten später zu sich genommen werden soll. Dies spricht gegen die Annahme, dass außergewöhnliche betriebsbedingte Umstände vorlagen, die eine vom normalen Trinkverhalten abweichende Getränkeaufnahme erforderlich machten.

ccc)         Zwar kann auch das Zurücklegen eines Weges durch einen Beschäftigten mit der Handlungstendenz, sich an einem vom Ort der Tätigkeit verschiedenen Ort Nahrungsmittel zu besorgen oder einzunehmen, nach Rechtsprechung des BSG unabhängig von dessen zwingender betrieblicher Notwendigkeit grundsätzlich versichert sein. Sie bezieht sich aber nur auf während einer Arbeitspause zurückgelegte Wege zur Nahrungsaufnahme oder zum Einkauf von Lebensmitteln für den alsbaldigen Verzehr am Arbeitsplatz. Dieser Versicherungsschutz beruht darauf, dass der während einer Arbeitspause zurückgelegte Weg zur Nahrungsaufnahme oder zum Einkauf von Lebensmitteln für den alsbaldigen Verzehr am Arbeitsplatz in zweierlei Hinsicht mit der Betriebstätigkeit verknüpft ist. Zum einen dient die beabsichtigte Nahrungsaufnahme während der Arbeitszeit im Gegensatz zur bloßen Vorbereitungshandlung vor der Arbeit der Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit und damit der Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit. Zum anderen handelt es sich um einen Weg, der in seinem Ausgangs- und Zielpunkt durch die Notwendigkeit geprägt ist, persönlich im Beschäftigungsbetrieb anwesend zu sein und dort betriebliche Tätigkeiten zu verrichten. Aufgrund des Zusammentreffens dieser beiden betriebsbezogenen Merkmale, des Handlungsziels und der Betriebsbedingtheit des Weges, ist der wesentliche innere Zusammenhang zwischen dem Betrieb und einem zur Nahrungsaufnahme zurückgelegten Weg angenommen worden (BSG, Urteil vom 5. Juli 2016 – B 2 U 5/15 R, juris). Diese Betriebsbedingtheit des Weges liegt bei der Klägerin gerade nicht vor. Sie unterlag hinsichtlich der beabsichtigten Flüssigkeitszufuhr keinen betrieblichen Vorgaben oder Zwängen. Es stand vielmehr in ihrem Belieben, ob und wann sie sich wegen des nicht betriebsbedingten (siehe hierzu bbb) Trinkbedürfnisses etwas zu Trinken kauft. Der Weg zur Bäckerei war weder räumlich vorgegeben noch innerhalb eines zeitlichen Rahmens zu erledigen (z.B. einzuhaltende oder vorgegebenen Pausenzeit, vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 18. Juni 2013 - B 2 U 7/12 R m.w.N., juris) und stand in keinem Zusammenhang mit bereits erbrachter Arbeit. Nicht umfasst vom Versicherungsschutz des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII sind jedenfalls - wie vorliegend - während des Zurücklegens versicherter Wege nach § 8 Abs. 2 SGB VII eingeschobene Wege zur und von der Nahrungsaufnahme (BSG, Urteil vom 31. August 2017 – B 2 U 1/16 R, juris).

bb)     Die Unterbrechung des versicherten Weges und der damit verbundene Wegfall des Versicherungsschutzes erfolgte in dem Moment, in dem die Klägerin nach außen hin erkennbar ihre subjektive Handlungstendenz in ein für Dritte beobachtbares "objektives" Handeln umgesetzt hatte (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juli 2013 - B 2 U 3/13 R, juris). Zum Zeitpunkt des Unfalls hatte die Klägerin das Fahrzeug bereits eingeparkt und verlassen. Damit hatte sie in jedem Fall ihre subjektive, auf den privaten Kaffeekauf gerichtete Handlungstendenz in ein nach außen erkennbares objektives Handeln umgesetzt (so BSG, Urteil vom 31. August 2017 – B 2 U 1/16 R, juris). Unerheblich ist hierbei, dass sie im weiteren Verlauf nicht die Bäckerei betrat. Maßgebend für die Beurteilung, ob eine konkrete Verrichtung noch der Fortbewegung auf das ursprüngliche Ziel hin (hier Wohnort der dritten Klientin) dient, ist ausschließlich die objektivierte Handlungstendenz des Versicherten (vgl. BSG, Urteil vom 31. August 2017 – B 2 U 1/16 R m.w.N., juris). Bei Benutzung eines PKWs wird die Handlungstendenz, sich nicht weiter auf einem versicherten Weg fortbewegen zu wollen, dabei nicht erst mit dem Verlassen des öffentlichen Verkehrsraums ersichtlich, sondern wird ggf. bereits durch ein vollständiges Abbremsen des Fahrzeuges nach außen dokumentiert (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juli 2013 - B 2 U 3/13 R m.w.N., juris). Dies kann hier dahinstehen, weil die Klägerin ihren PKW bereits abgestellt und verlassen hatte (so auch BSG, Urteil vom 31. August 2017 – B 2 U 1/16 R, juris).

cc)     Diese Unterbrechung war zum Unfallzeitpunkt noch nicht beendet und der Versicherungsschutz nicht erneut entstanden. Erst mit der Fortführung des ursprünglichen Weges liegt wieder eine versicherte Tätigkeit vor (vgl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 2008 - B 2 U 26/06 R, juris), es sei denn, dass aus der Dauer und der Art der Unterbrechung auf eine endgültige Lösung des Zusammenhangs mit der versicherten Tätigkeit geschlossen werden muss (vgl. BSG, Urteil vom 10. Oktober 2006 - B 2 U 20/05 R, juris). Die für eine solche Lösung nach wie vor maßgebliche Grenze von zwei Stunden war vorliegend zwar noch nicht überschritten. Die Klägerin hatte aber zum Unfallzeitpunkt den für den Kaffeekauf unterbrochenen Weg auch noch nicht wieder aufgenommen (vgl. BSG, Urteil vom 31. August 2017 – B 2 U 1/16 R, juris).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG liegen nicht vor.

Rechtsmittelbelehrung und Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe

I. Rechtsmittelbelehrung

Diese Entscheidung kann nur dann mit der Revision angefochten werden, wenn sie nachträglich vom Bundessozialgericht zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht mit der Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung schriftlich oder in elektronischer Form beim Bundessozialgericht einzulegen. Sie muss bis zum Ablauf der Monatsfrist beim Bundessozialgericht eingegangen sein und die angefochtene Entscheidung bezeichnen.

Die Beschwerde in schriftlicher Form ist zu richten an das Bundessozialgericht, Graf-Bernadotte-Platz 5, 34119 Kassel bzw. das Bundessozialgericht, 34114 Kassel (nur Brief und Postkarte).

Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und
-    von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist oder
-    von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.

Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Informationen hierzu können über das Internetportal des Bundessozialgerichts (www.bsg.bund.de) abgerufen werden.

Als Prozessbevollmächtigte sind nur zugelassen

1.    Rechtsanwälte,
2.    Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen,
3.    selbstständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,
4.    berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.    Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.    Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder,
7.    juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nrn. 3 bis 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
8.    Die Organisationen zu den Nrn. 3 bis 7 müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln.

Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Nrn. 1 bis 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung von einem zugelassenen Prozessbevollmächtigten schriftlich oder in elektronischer Form zu begründen.

In der Begründung muss dargelegt werden, dass
-    die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
-    die Entscheidung von einer zu bezeichnenden Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
-    ein zu bezeichnender Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann.

Als Verfahrensmangel kann eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nicht und eine Verletzung des § 103 SGG nur gerügt werden, soweit das Landessozialgericht einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

II. Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe

Für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision kann ein Beteiligter Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen.

Der Antrag kann von dem Beteiligten persönlich gestellt werden; er ist beim Bundessozialgericht schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.

Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen; hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck ist kostenfrei bei allen Gerichten erhältlich. Er kann auch über das Internetportal des Bundessozialgerichts (www.bsg.bund.de) heruntergeladen und ausgedruckt werden.

Falls die Beschwerde nicht schon durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt ist, müssen der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst den Belegen innerhalb der Frist für die Einlegung der Beschwerde beim Bundessozialgericht eingegangen sein.

Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.

III. Ergänzende Hinweise

Der Beschwerdeschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden. Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um zwei weitere Abschriften. Dies gilt nicht im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs.

RechtsgebietSGB VIIVorschriften§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII

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