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02.05.2019 · IWW-Abrufnummer 208592

Oberlandesgericht Stuttgart: Beschluss vom 16.04.2019 – 18 UF 57/19

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Aktenzeichen: 18 UF 57/19
1 F 36/17 AG Sigmaringen
               
Oberlandesgericht Stuttgart
18. ZIVILSENAT - FAMILIENSENAT

Beschluss

hat das Oberlandesgericht Stuttgart - 18. Zivilsenat - Familiensenat - durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Huber, den Richter am Oberlandesgericht Kieninger und die Richterin am Oberlandesgericht Gensel am 16.04.2019 beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Sigmaringen - Familiengericht - 1 F 36/17 vom 6.2.2019 wird
                                                                    z u r ü c k g e w i e s e n   .
  2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Beschwerdewert wird auf 3.000,-- € festgesetzt
Gründe:

I.

Die seit 19.9.2018 geschiedenen Beteiligten streiten um eine bereits vor der Ehe erworbene blonde Labradorhündin namens L..

Noch vor der Eheschließung erwarben die Beteiligten am 13.10.2012 von der Tierhilfe in K. im Landkreis W. den am 30.6.2012 geborene Welpen.

Nach dem Abgabevertrag (Bl. 24) erfolgte die Übergabe an den Antragsgegner, der laut der Urkunde mit der Aushändigung des Tieres und eventuell dazugehöriger Papiere Eigentümer mit allen Rechten und Pflichten wurde und für das Tier eine Schutzgebühr von 450,-- € entrichtete.

Nach der Trennung der Eheleute am 8.4.2016 verblieb L. beim Antragsgegner in K. im früheren ehelichen Haus mit großem Garten. Danach hatte die Antragstellerin im Sommer 2016 offensichtlich zunächst noch Kontakt zu L., laut Antrag vom 30.1.2017 allerdings „keinerlei Kontakt mehr zu dem Tier“. In einer Tierarztrechnung vom 26.8.2016 (Bl. 10 f), die zu Lasten der Antragstellerin und ihres Vaters ausgestellt wurde, wird L. als „Pflegehund“ bezeichnet.

Rund 9 Monate nach der Trennung verlangte die Antragstellerin mit ihrem erstinstanzlichen Antrag die Herausgabe von L. sowie ein regelmäßiges Umgangsrecht.

In einer ersten mündlichen Verhandlung vom 22.3.2017 hatten die Beteiligten sich über ein regelmäßiges Umgangsrecht der Antragstellerin mit L. geeinigt, wobei der Antragsgegner sich bereit erklärt hatte, den Hund der Antragstellerin jeweils zu bringen und dort auch wieder abzuholen. Vom Familiengericht wurde daher das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

Nach der rechtskräftigen Scheidung der Beteiligten im September 2018 wurde das Verfahren wieder angerufen und am 16.1.2019 erneut mündlich verhandelt.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht den Herausgabe- und Umgangsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen und dies damit begründet, dass ihr kein Überlassungsanspruch gemäß § 1568b Abs. 1 BGB zustehe.

Die gesetzliche Vermutung für ein gemeinsames Eigentum im Sinne des § 1568b Abs. 2 BGB greife nicht zugunsten der Antragstellerin, da die Hündin bereits vor der Eheschließung angeschafft worden sei. Daher sei die Antragstellerin beweisbelastet für das Alleineigentum an der Hündin und insoweit beweisfällig geblieben. Demgegenüber sei der Antragsgegner im Abgabevertrag vom 13.10.2012 als Eigentümer ausgewiesen und unstreitig als Halter gegenüber der Gemeinde und der Hundehaftpflichtversicherung benannt. Seit der Trennung der Beteiligten käme er für sämtliche das Tier betreffende Kosten auf. Ein Umgangsrecht der Antragstellerin mit der Hündin bestehe mangels gesetzlicher Grundlage nicht.

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihre Anträge weiter und verweist darauf, dass der Antragsgegner aus reinem Zufall in der Übergabeurkunde eingetragen worden sei. Es sei lediglich eine Schutzgebühr von 40,-- € bezahlt worden. Beide Ehegatten hätten wenigstens Miteigentümer der Hündin werden sollen, nach Auffassung der Antragstellerin sei L. sogar für sie erworben worden. Ein Hund sei immer der Wunsch der Antragstellerin gewesen und sie habe sich ausschließlich um die Hündin wie um ein Kind gekümmert. Zur Gewährleistung des Umgangs mit der Hündin L. brauche es keine gesetzliche Grundlage, vielmehr könnten die entsprechenden Paragraphen zur Nutzung einer Sache entsprechend herangezogen werden.

Die Antragstellerin beantragt daher die erstinstanzliche Entscheidung dahingehend abzuändern, dass die Hündin an die Antragstellerin herauszugeben sei und unverzüglich ein regelmäßiger Umgang jedes Wochenende von Samstagvormittag 9 Uhr bis Sonntagabend 18 Uhr, beginnend ab sofort, zu gewähren, hilfsweise die Hündin der Antragstellerin zuzuweisen sei

Dem tritt der Antragsgegner entgegen. Er habe vor Eheschließung die Hündin L. zu Alleineigentum erworben. Der Hund habe beim Antragsgegner ideale Bedingungen, so dass ein Herausreißen der Hündin dem Tierwohl in hohem Maße abträglich sei und zu erheblichen Verstörungen bei der Hündin führen würde.

Der Beschwerdesenat hat von einer dritten mündlichen Verhandlung mangels neuen Erkenntnisgewinnes gemäß § 68 Abs. 3 FamFG abgesehen und die Beteiligten auf diese Möglichkeit hingewiesen.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässig, jedoch unbegründet.

Der Senat hat in der von den Beteiligten zitierten Entscheidung vom 7.4.2014 (FamRZ 2014, 1300) bereits im Fall der Malteserhündin B. grundsätzliche Erwägungen zur Zuweisung eines Ehehundes, seinerzeit allerdings für die Dauer der Trennungszeit, angestellt.

Danach sind auf Tiere wie B. und L. gemäß § 90 a Satz 3 BGB die für Sachen geltenden Vorschriften anzuwenden. Somit richtet sich die Zuweisung eines Hundes anlässlich des Getrenntlebens nach § 1361a BGB und anlässlich der Scheidung -wie mittlerweile hier- nach § 1568b Abs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift kann nur die Überlassung von im Miteigentum stehenden Gegenständen verlangt werden, so dass das Familiengericht - soweit nicht die Vermutung des § 1568b Abs. 2 BGB eingreift - über das Eigentum als Vorfrage von Amts wegen entscheiden muss (vgl. Palandt-Brudermüller, BGB, 78. Aufl., § 1568b Ziff. 4). Dabei sollen vor der Heirat für den künftig gemeinsamen Haushalt angeschaffte Haushaltsgegenstände nach der Eheschließung nur dann gemeinsames Eigentum der Ehegatten werden, wenn die Änderung der Eigentumsverhältnisse ihrem Willen entspricht.

Auch der Beschwerdesenat ist der Auffassung, dass nach dem Übergabevertrag eindeutig fest steht, dass der Antragsgegner zum Alleineigentümer von L. wurde und für das Tier eine Schutzgebühr von 450,-- und nicht 40,-- €, wie mit der Beschwerdebegründung behauptet - bezahlt hat. Der Beschwerdeführerin ist insoweit auch kein Gegenbeweis gelungen. Insbesondere hat die Antragstellerin bis heute die ursprüngliche Behauptung, es habe ein „monetärer Ausgleich“ der bezahlten Schutzgebühr stattgefunden, nicht nachgewiesen. Das Beweisangebot der Mutter der Beschwerdeführerin ist zur Widerlegung der Vermutungswirkung der Übergabeurkunde untauglich. Die Antragstellerin vermochte des weiteren nicht nachzuweisen, dass es nach der Heirat vom 28.12.2012 zu einer Änderung der beurkundeten Eigentumsverhältnisse an L. gekommen war.

Dass die Antragstellerin selbst nach der Trennung nicht von einer Eigentümerstellung ausgegangen war, zeigt dagegen die Tierarztrechnung vom 26.8.2016, worin L. rund ein halbes Jahr nach der Trennung der Beteiligten als Pflegehund bezeichnet worden war.

Die Glaubwürdigkeit einer behaupteten Miteigentümerstellung der Beschwerdeführerin wird auch dadurch erschüttert, dass die Antragstellerin erst rund 9 Monate nach der Trennung die Herausgabe des Hundes geltend gemacht hatte und den Hund langfristig in der Obhut des Antragsgegners zurückgelassen hatte.

Der Senat geht daher wie auch das Familiengericht in seiner ausführlichen Begründung davon aus, dass L. durchgängig im Alleineigentum des Beschwerdegegners stand.

Daher liegen die Voraussetzungen gemeinsamen Eigentums und damit für eine Überlassung gemäß § 1568b Abs. 1 BGB nicht vor. Eine Zuteilung von im Alleineigentum eines Ehegatten stehende Haushaltsgegenstände anlässlich der Scheidung an den anderen ist nicht mehr vorgesehen, da für einen so starken Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Eigentümerstellung, anders als in der Nachkriegszeit, keine Rechtfertigung mehr besteht, sie unterfallen ausschließlich einem etwaigen güterrechtlichen Ausgleich (vgl. z.B. BGH FamRZ 11, 183).

Abgesehen davon ist der Senat auch der Überzeugung, dass bei einem nicht nachgewiesenen Miteigentum der Antragstellerin an L. nach Kontinuitätskriterien rund 3 Jahre nach der Trennung der Eheleute eine Aufenthaltsveränderung der Hündin nicht tierwohladäquat wäre.

Hinsichtlich des geltend gemachten Umgangsanspruches der Beschwerdeführerin wird auf die zutreffenden Ausführungen des Familiengerichts zur fehlenden gesetzlichen Grundlage in vollem Umfang Bezug genommen. Aus § 1568 b BGB lässt sich kein Anspruch auf die „Nutzung“ eines Tieres entnehmen. Auch auf eine entsprechende Anwendung des § 100 BGB (Nutzungen und Gebrauchsvorteile) kann sich die Antragstellerin nicht berufen, da auch diese dem Recht (Eigentum) an der Sache folgen, soweit diese Vorschrift überhaupt auf Tiere gemäß § 90 a BGB entsprechend anwendbar sein sollte. Letzteres hatte der Familiensenat jedoch mangels Eigentümerstellung der Beschwerdeführerin nicht zu entscheiden.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge entsprechend § 84 FamFG zurückzuweisen, die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus §§ 48 Abs. 2, 40 Abs. 1 FamGKG.
         
Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG):
Übergabe an die Geschäftsstelle
am 23. April 2019.

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