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23.04.2019 · IWW-Abrufnummer 208452

Oberlandesgericht Köln: Beschluss vom 21.02.2019 – 16 U 140/18

Ist der Architekt mit der Planung bis zur Leistungsphase 4 HOAI (Genehmigungsplanung) beauftragt, so liegt in der Einreichung der Planungsunterlagen durch den Auftraggeber im Rahmen des Baugenehmigungsantrages die Abnahme der Architektenleistung. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Auftraggeber die Schlussrechnung des Architekten vorbehaltlos begleicht. Darauf, dass das Bauamt auf der Grundlage der dauerhaft genehmigungsfähigen Planungsunterlagen auch tatsächlich eine Baugenehmigung erteilt, hat der Architekt keinen Einfluss. Ohne abweichende Vereinbarung fällt dieses Risiko in die Sphäre des Auftraggebers, der gegebenenfalls seinen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung öffentlich-rechtlich durchsetzen muss.


Oberlandesgericht Köln


Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 22.06.2018 verkündete Urteil der 32. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 32 O 218/17 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das erstinstanzliche Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte seinerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages erbringt.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 120.710,04 € festgesetzt.

1

G r ü n d e :

2

A.

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Die Klägerin nimmt den Beklagten aus einem Architektenvertrag auf Schadensersatz wegen einer – nach Behauptung der Klägerin – unzutreffenden Wohnflächenberechnung in Anspruch.

4

Hinsichtlich des Sachverhalts, der dem Rechtsstreit zugrunde liegt sowie der in erster Instanz gestellten Anträge wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

5

Die Klägerin rügt mit ihrer Berufung, das Landgericht habe zu Unrecht die Verjährungseinrede des Beklagten durchgreifen lassen. Insoweit habe die Kammer insbesondere zum einen bei ihren Feststellungen zur Abnahmefähigkeit der von dem Beklagten erbrachten Leistungen nicht hinreichend beachtet, dass zu dessen Leistungssoll die „Herbeiführung einer dauerhaft gültigen Baugenehmigung“ gehörte, und zum anderen zu Unrecht angenommen, dass sie – die Klägerin – mit der Unterzeichnung und Einreichung genehmigungsfähiger Bauunterlagen die Planung des Beklagten konkludent abgenommen habe.

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Die Klägerin beantragt,

7

unter Aufhebung des am 22.06.2018 verkündeten Urteils des LG Köln (32 O 218/17), den Beklagten zu verurteilen,

8

9

1. an sie 120.710,04 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

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2. an sie 2.348,94 € Nebenkosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.12.2016 zu zahlen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und die von ihnen vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

15

B.

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Die Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil das Rechtsmittel nach einstimmiger Überzeugung des Berufungsgerichts offensichtlich nicht begründet ist, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

17

I.

18

Zur Begründung der offensichtlichen Erfolglosigkeit der Berufung wird zunächst auf den Hinweisbeschluss vom 19.12.2018 Bezug genommen. Darin heißt es:

19

„Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, denn das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

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Die Klägerin kann von dem Beklagten gemäß den §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB keinen Schadensersatz iHv 120.710,04 € nebst vorprozessualer Anwaltskosten und Zinsen verlangen.

21

I. Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass die Beklagte aufgrund eingetretener Verjährung gemäß § 214 BGB zur Leistungsverweigerung berechtigt ist. Die 5jährige Verjährungsfrist (§ 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB) wurde durch die bereits im Jahr 2011 erfolgte Abnahme gemäß § 634a Abs. 2 BGB in Gang gesetzt und ihr Ablauf durch die in 2017 erfolgte Klageerhebung nicht mehr rechtzeitig gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt.

22

Die Berufung der Klägerin wendet sich dagegen, dass das Landgericht aufgrund des Einreichens des Baugenehmigungsantrags am 01.08.2011 von einer Abnahme im Jahr 2011 ausgeht. Die gegen diese Ansicht der Vorinstanz erhobenen Berufungsrügen haben keinen Erfolg:

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1. Erfüllung des Leistungssolls erst durch die Baugenehmigung vom 27.06.2012

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Insoweit wendet die Klägerin ein, das Landgericht habe zur Abnahmefähigkeit nicht hinreichend beachtet, dass zum Leistungssoll des Beklagten die „Herbeiführung einer dauerhaft gültigen Baugenehmigung“ gehörte. Dieses Leistungssoll sei erst mit der Erteilung der Baugenehmigung am 27.06.2012 erfüllt gewesen.

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Damit legt die Klägerin den unstreitig erfolgten Auftrag zur „Planung bis zur Leistungsphase 4 der HOAI“ zu Unrecht dahingehend aus, dass die dem Beklagten übertragene (Genehmigungs-)Planung erst mit der tatsächlichen Erteilung der Baugenehmigung erfüllt war.

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a. Noch zutreffend stellt die Klägerin im Ausgangspunkt auf den Inhalt der HOAI-Leistungsphase 4 ab. Denn wenn auch die HOAI als Preisrecht grundsätzlich keine normativen Leitbilder für die Architektenverträge enthält (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Aufl. 2018, Rz. 861; Thode/Wirth/Kuffer-Rodemann, Praxishandbuch Architektenrecht, 2. Aufl. 2016, § 4 Rz. 155), so ist sie doch für die Bestimmung des Leistungsumfangs von Bedeutung (Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 9. Aufl. 2016, § 34 Rz. 46 mwN) und wurde zudem von den – beidseits (Klägerin als Bauträgerin, Beklagter als Architekt) fachkundigen – Parteien durch die ausdrückliche Beauftragung der „Planung bis zur Leistungsphase 4 der HOAI“ pauschal in Bezug genommen, so dass zur Auslegung des Vertragsinhalts (§§ 133, 157 BGB) auf die in der HOAI beschriebenen Tätigkeiten abzustellen ist (vgl. Werner/Pastor, a.a.O., Rz. 868; Korbion/Mantscheff/Vygen, a.a.O.).

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b. Die entsprechende Auslegung ergibt indes, dass zur Erfüllung der HOAI-Leistungsphase 4 jedenfalls das Einreichen dauerhaft genehmigungsfähiger Planungs-Unterlagen ausreicht.

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Gemäß der für den in 2011 geschlossenen Architektenvertrag maßgeblichen Anlage 11 zu § 33 HOAI-2009 gehört zu den Leistungen der „Leistungsphase 4: Genehmigungsplanung“ neben dem „a) Erarbeiten der Vorlagen“ für die Genehmigung und dem „b) Einreichen dieser Unterlagen“ auch das „c) Vervollständigen und Anpassen der Planungsunterlagen, Beschreibungen und Berechnungen unter Verwendung der Beiträge anderer an der Planung fachlich Beteiligter“. Insbesondere der Punkt c) zeigt, dass zur Vertragserfüllung allein die Einreichung eines irgendwie gestalteten Genehmigungsantrages nicht ausreicht, sondern dass zum Leistungssoll des Architekten die vollständige Beifügung und ggfs. Anpassung aller erforderlichen Nachweise gehört.

29

Für die Erfüllung der Leistungsphase 4 ausreichend ist aber jedenfalls das Einreichen dauerhaft genehmigungsfähiger Planungs-Unterlagen (vgl. auch BGH, Urt. v. 25.02.1999 – VII ZR 190/97 = BauR 1999, 934, zitiert nach juris Rz. 11 und 13; OLG Naumburg, Urt. v. 14.06.2006 – 6 U 111/05 = BauR 2009, 119, zitiert nach juris Rz. 24). Dies ergibt sich auch daraus, dass bereits die Entwurfsplanung (= Leistungsphase 3) genehmigungsfähig erstellt werden muss und nicht zu Ergänzungs- oder Anpassungsbedarf oder inhaltsändernden Auflagen führen darf (Beck`scher HOAI-Kommentar-Seifert/Fuchs, 2016, § 34 HOAI, 3. Teil Rz. 163; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl. 2014, 12. Teil Rz. 724) und dass die Leistungsphase 4 in erster Linie rein verwaltungstechnische Leistungen enthält (Kniffka/Koeble, a.a.O.), womit in der Leistungsphase 4 das formelle Element der richtigen und umfassend belegten Antragstellung im Vordergrund steht.

30

c. Eine entsprechende, dauerhaft genehmigungsfähige Planungsleistung hat der Beklagte erbracht, wie sich daraus ergibt, dass die Genehmigung erteilt wurde, ohne dass diese – etwa aufgrund einer Drittanfechtung (vgl. BGH, Urt. v. 25.02.1999 a.a.O.) – zurückgenommen wurde. Da der Beklagte somit sein Planungssoll erfüllt hat, war sein Werk abnahmefähig.

31

2. Abnahme-Billigung erst durch die Baugenehmigung vom 27.06.2012

32

Die Klägerin rügt weiter, das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass sie mit der Unterzeichnung und Einreichung genehmigungsfähiger Bauunterlagen die Planung des Beklagten konkludent abgenommen habe. Entsprechend der vom Landgericht zitierten Entscheidung des OLG Brandenburg (Urt. v. 16.03.2016 – 4 U 19/15 = NJW-RR 2017, 79) gehöre zur Billigung auch die tatsächliche Erteilung der Baugenehmigung, denn vorher könne der Besteller gar nicht beurteilen, ob die Planung dauerhaft genehmigungsfähig sei und habe daher keinen Abnahmewillen.

33

Damit verkennt die Klägerin die für eine Abnahme erforderlichen, aber auch ausreichenden Voraussetzungen. Abnahme bedeutet die - auch konkludent mögliche - Billigung des Werkes als im Wesentlichen vertragsgerechte Leistung (vgl. BGH, Urt. v. 20.02.2014 – VII ZR 26/12 = BauR 2014, 1023 Rz. 15 mwN).

34

a. Die Billigung der Genehmigungsplanung seitens der Klägerin ist aus dem maßgeblichen Empfängerhorizont des Beklagten (§§ 133, 157 BGB) schon mit der Einreichung dauerhaft genehmigungsfähiger Planungs-Unterlagen erfolgt (vgl. insoweit auch OLG Brandenburg, Urt. v. 16.03.2016 – 4 U 19/15 = NJW-RR 2017, 79 Rz. 31) – wobei der Beklagte insbesondere aufgrund der Fachkunde (s. zu diesem Aspekt auch Beck`scher HOAI-Kommentar-Seifert/Fuchs, a.a.O., Rz. 162) der Klägerin als Bauträgerin den Umstand der Antragseinreichung als eine Akzeptanz seiner Genehmigungsplanung verstehen durfte.

35

Soweit die Berufung sich für ihre Ansicht, die bloße Unterzeichnung der Bauantragsunterlagen reiche für eine Werksabnahme nicht aus, auf das Urteil des BGH vom 25.02.1999 (- VII ZR 190/97, a.a.O., Rz. 15 f.) beruft, vermag diese Entscheidung die Auffassung der Klägerin schon deshalb nicht zu stützen, weil die Ausführungen des BGH sich allein auf – im Gegenteil zum Streitfall – nicht genehmigungsfähige Pläne beziehen (a.a.O., Rz. 11-15).

36

b. Zudem ist eine konkludente Abnahme auch durch die vorbehaltlose Bezahlung der „Schlussrechnung“ im September 2011 erfolgt, denn durch den vorbehaltlosen Ausgleich der geschuldeten Vergütung bringt der Auftraggeber zum Ausdruck, dass er die vom Unternehmer erbrachte Leistung als im Wesentlichen vertragsgerecht hinnimmt (vgl. BGH, Urt. v. 27.09.2001 – VII ZR 320/00 = BauR 2002, 108, zitiert nach juris Rz. 9; Thode/Wirth/Kuffer-Messerschmidt, a.a.O., § 10 Rz. 35 mit Rspr-Nw sowie Kniffka-Zahn, Bauvertragsrecht, 3. Aufl. 2018, § 650s Rz. 10, der diesen Umstand sogar ausdrücklich als wichtigsten Anhaltspunkt für eine konkludente Abnahme erachtet). Dabei kann offen bleiben, ob – wie die Klägerin moniert – die Rechnung vom 22.08.2011 (Bl 144 AH) überhaupt die Anforderungen an eine HOAI-Schlussrechnung erfüllt, denn dies ändert nichts an dem Erklärungsinhalt, der sich aus ihrer vollständigen Begleichung ergibt.

37

II. Nur ergänzend wird im Übrigen noch darauf hingewiesen, dass auch Bedenken gegen den von der Klägerin geltend gemachten Haftungsgrund bestehen. Da die Klägerin die Pflichtverletzung des Beklagten und ihre eigene Schadensberechnung auf die Planung zu geringer Wohnflächen stützt, käme eine Haftung des Beklagten nur in Betracht, wenn dieser auch damit beauftragt worden war, Wohnungen mit den nunmehr der Schadensberechnung zugrunde gelegten größeren Flächen zu planen. Dies ist nicht schlüssig dargetan. Zudem wäre zu berücksichtigen, dass die Herstellung größerer Wohnflächen für die Klägerin auch zusätzliche – dann gegenzurechnende – Baukosten ausgelöst hätte."

38

II.

39

An dieser Begründung des Hinweisbeschlusses vom 19.12.2018 hält der Senat nach erneuter Überprüfung auch in der geänderten Besetzung fest. Die von der Klägerin dagegen mit Schriftsatz vom 12.02.2019 erhobenen Einwendungen geben keinen Anlass zu einer abweichenden Entscheidung:

40

1. Erfüllung des Leistungssolls erst durch die Baugenehmigung vom 27.06.2012

41

a. Die Klägerin rügt erfolglos, ihr bereits erstinstanzlich gehaltener Vortrag, zum Auftragsumfang habe auch die „Herbeiführung der Baugenehmigung“ gehört, werde übergangen.

42

Zum einen steht diesem Vorbringen der den Senat bindende Tatbestand der angegriffenen Entscheidung entgegen. Dort hat das Landgericht im Unstreitigen festgestellt, die Klägerin habe den Beklagten damit beauftragt, „die Planung bis zur Leistungsphase 4 HOAI, Genehmigungsplanung bis zur Baugenehmigung“ zu erstellen. Von einer „Herbeiführung der Baugenehmigung“ ist weder im Unstreitigen, noch bei der Darstellung der Behauptungen der Klägerin die Rede. Von diesen Tatsachenfeststellungen hat der Senat auszugehen, denn als unrichtig gerügte tatbestandliche Darstellungen können allein mit einem Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach § 320 ZPO beseitigt werden (vgl. BGH, Urt. v. 08.01.2007 – II ZR 334/04 = NJW-RR 2007, 428, zitiert nach juris Rz. 11; v. 11.01.2011 – XI ZR 326/08 = NJW 2011, 2349, zitiert nach juris Rz. 14), der im Streitfall fehlt.

43

Zum anderen entsprechen diese Feststellungen auch dem erstinstanzlichen Vorbringen der Klägerin. So wird in der Klageschrift vom 19.06.2017 (Bl 3 GA) ausgeführt, der Beklagte sei beauftragt worden, „die Planung bis zur Leistungsphase 4 der HOAI, mithin die Genehmigungsplanung bis zur Baugenehmigung zu erstellen …“. Durch den Begriff „mithin“ hat die Klägerin schon selbst zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der Aussage zur geschuldeten Baugenehmigung um eine von ihr gezogene Schlussfolgerung handelt. Diese Schlussfolgerung lässt sich aus einer Beauftragung mit Planungsleistungen bis zur HOAI-Leistungsphase 4 aber gerade nicht ziehen, denn wie bereits in dem Hinweisbeschlusses vom 19.12.2018 mit Rechtsprechungszitaten dargelegt wurde, ist für die Erfüllung der Leistungsphase 4 das Einreichen dauerhaft genehmigungsfähiger Planungs-Unterlagen ausreichend. Darauf, dass das Bauamt auf der Basis der dauerhaft genehmigungsfähigen Planungs-Unterlagen auch tatsächlich eine Baugenehmigung erteilt, hat der Architekt keinen Einfluss. Dieses Risiko fällt in die Sphäre des Bauherrn, der gegebenenfalls seinen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung öffentlich-rechtlich durchsetzen muss. Dass der Beklagte dieses Risiko übernommen hätte, lässt sich bei einer interessengerechten Auslegung (§§ 133, 157 BGB) nicht feststellen. Soweit die Klägerin in ihrer Replik vom 09.04.2018 (Bl 80 GA) auf eine geschuldete „Herbeiführung der Baugenehmigung“ abstellt, setzt sich insoweit die unzutreffende und nicht näher substantiierte Schlussfolgerung der Klägerin fort.

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b. Der Hinweis der Klägerin auf die bei der Auslegung zu beachtende Interessenlage – wegen der beklagtenseits bestehenden Verbindung zur A GmbH, die die Planungs- und Fachplanungsleistungen ab Leistungsphase 5 erbringen sollte, sei die Herbeiführung der Baugenehmigung auch im Interesse des Beklagten gewesen –, vermag an dem Ergebnis der Auslegung schon deshalb nichts zu ändern, weil die beidseits fachkundigen Parteien durch die Inbezugnahme der HOAI-Leistungsphase 4 hinsichtlich des Leistungsumfanges gerade auf objektive, formelle Kriterien abgestellt haben. Der Umstand, dass die rechtskräftige Erteilung der Baugenehmigung letztlich wirtschaftlich im Interesse beider Parteien war, kann allein den Vertragsinhalt nicht über den durch die HOAI-Leistungsphase 4 begrenzten Leistungsumfang hinaus erweitern. Denn insoweit war diesem Interesse durch die von dem Beklagten geschuldete Erstellung einer dauerhaft genehmigungsfähigen Planung bereits hinreichend Genüge getan.

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2. Abnahme-Billigung erst durch die Baugenehmigung vom 27.06.2012

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a. Die Klägerin wendet zu Unrecht ein, sie habe bei der Unterzeichnung der Bauantragsunterlagen gerade keinen Abnahmewillen gehabt. Insoweit lässt sie ausser acht, dass auch zur Beantwortung der Frage, ob eine Billigungs-Willenserklärung der Klägerin vorliegt, gemäß den §§ 133, 157 BGB nicht die Sicht der Klägerin, sondern der Empfängerhorizont des Beklagten maßgeblich ist.

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b. Auch der Verweis der Klägerin auf die Kommentierung von Werner/Pastor unter Rz. 2867, wonach es für die Abnahme nur auf die Genehmigung des Bauantrags und die sich anschließende Verwertung der Genehmigungsplanung durch den Auftraggeber ankomme, verhilft der Berufung nicht zum Erfolg.

48

Zum einen ist die Darstellung der Klägerin nicht ganz zutreffend, denn unter der genannten Randziffer wird einleitend ausgeführt, dass dem Auftraggeber zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Bauantragsunterlagen „in der Regel“ der Abnahmewille fehlen werde und daher als Abnahmezeitpunkt nur die Genehmigung des Bauantrags und die sich anschließende Verwertung der Genehmigungsplanung durch den Auftraggeber in Betracht komme. Die genannte „Regel“ lässt schon begrifflich Ausnahmen zu, etwa wenn – wie im Streitfall – auch der Auftraggeber bau- und planungserfahren ist.

49

Zum anderen ist zu beachten, dass die Kommentierung sich an dieser Stelle nur mit der Unterzeichnung der Bauantragsunterlagen befasst, also insbesondere den weiteren Billigungstatbestand der vorbehaltslosen Zahlung nicht tangiert, geschweige denn einschränkt (s. sogleich c.), und zudem darauf hinweist, dass in der vorbehaltlosen Zahlung des Honorars regelmäßig eine schlüssige Abnahme liegt (a.a.O. zu Fn. 379).

50

c. Die Klägerin rügt hinsichtlich der vom Senat angenommenen Billigung durch die vorbehaltslose Bezahlung der „Schlussrechnung“, die vorliegend erfolgte Zahlung auf eine „Pauschalanforderung“ stelle keine Schlusszahlung dar, die zum Ausdruck bringen solle, dass die erbrachte Leistung als vertragsgerecht anzusehen sei.

51

Auch dieser Einwand bleibt erfolglos. Ob die Rechnung des Beklagten vom 22.08.2011 (Bl 144 AH) den Anforderungen an eine „Schluss-„ oder „HOAI“-Rechnung genügt, ist irrelevant, denn entscheidend ist allein, dass aus seiner gemäß den §§ 133, 157 BGB maßgeblichen Sicht die vorbehaltslose Begleichung seiner mit dem Betreff „Erstellung des Bauantrages“ versehenen Rechnung eine Billigung seiner Leistungen darstellte.

52

3. Zu den im Hinweisbeschluss vom 19.2.2018 unter Ziffer II. ausgeführten Bedenken gegen den von der Klägerin geltend gemachten Haftungsgrund hat die Klägerin nicht weiter Stellung bezogen.

53

C.

54

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10 Satz 2, 711 ZPO.

RechtsgebietBGBVorschriften§ 640 BGB

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