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11.04.2019 · IWW-Abrufnummer 208275

Oberlandesgericht Dresden: Beschluss vom 23.11.2018 – 4 U 1255/18

1. Wird eine Klage erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erweitert, werden die dort geltend gemachten Zahlungsansprüche nicht rechtshängig. Einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung bedarf es nicht.

2. Mit dem Bezug von Altersruhegeld entfällt die Versicherungsfähigkeit in der Krankentagegeldversicherung. Dies gilt auch dann, wenn dem Versicherungsnehmer vertraglich die Option eingeräumt wurde, nach Maßgabe von § 196 VVG eine Verlängerung des Vertrages zu verlangen.


Oberlandesgericht Dresden

Beschl. v. 23.11.2018


In dem Rechtsstreit
R. L.
- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte C. B. H. & Partner, ...
gegen
XXX Krankenversicherung a.G., ...
vertreten durch den Vorstand
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Unterbevollmächtigte:
Rechtsanwälte A. & Kollegen, ...
Prozessbevollmächtigte:
B. L. D., ...

wegen Versicherungsleistung

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S.,
Richterin am Oberlandesgericht Z. und
Richterin am Oberlandesgericht P.

ohne mündliche Verhandlung am 23.11.2018

beschlossen:

Tenor:

  1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
  2. Die Klägerin hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Sie sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
  3. Der Termin zur mündlichen Verhandlung am 27.11.2018 wird aufgehoben.

Gründe

Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung der Klägerin bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

Die Berufung hat in der Sache keine Aussicht auf Erfolg.

1. Die angefochtene Entscheidung ist bei dem zuletzt erreichten Verfahrensstand nicht deshalb aufzuheben, weil nach § 301 Abs. 1 S. 2 ZPO zugleich ein Grundurteil hätte erlassen werden müssen und die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils somit nicht vorlagen. Denn die mit Schriftsatz vom 14.06.2018 geltend gemachten weiteren Zahlungsansprüche sind nicht rechtshängig geworden, da sie erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 17.04.2018 erhoben worden sind, § 296 a ZPO. Bei der angefochtenen Entscheidung handelt es sich daher um ein Endurteil i.S.d. § 300 Abs. 1 ZPO.

2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung, dass der zwischen den Parteien bestehende Krankenversicherungsvertrag mit der Krankentagegeldversicherung unverändert fortbesteht. Die Beklagte hat das Versicherungsverhältnis mit Schreiben vom 24.07.2017 aufgrund des ihr zu diesem Zeitpunkt bekannt gewordenen Bezugs von Altersrente durch die Klägerin seit dem 01.01.2017 gem. § 15 Abs. I lit. c) MB/KT wirksam beendet.

a) Die Regelung ist wirksamer Bestandteil des zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrages. Die dem Vertrag zugrunde liegenden AVB wurden durch das von der Klägerseite in Bezug genommene Informationsschreiben nicht geändert, da das Schreiben einerseits erkennbar ausschließlich der Information der Klägerin dienen sollte und andererseits in dem Versicherungsschein ausdrücklich auf die Einbeziehung von (infolge der VVG-Reform) geänderten AVB hingewiesen wurde. Zudem wurde durch das Informationsschreiben die hier maßgebliche Versicherungsklausel in § 15 I lit. c) MB/TK auch inhaltlich nicht geändert, da ausdrücklich nur über die Möglichkeit des Fortfalls der Befristung und der Weiterführung des Vertrags bei Erreichen der Altersgrenze, aber nicht auf die infolge Altersrentenbezug wegfallende Versicherungsfähigkeit des Versicherungsnehmers hingewiesen wurde.

b) Eine Verpflichtung zur Vertragsfortführung ergibt sich auch nicht aus § 196 VVG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 c) MB/KT. Zwar hat die Klägerin grundsätzlich das Recht, nach Maßgabe von § 196 VVG den Abschluss einer neuen Krankentagegeldversicherung zu verlangen, wenn eine Beendigung der Versicherung mit Vollendung des 65. Lebensjahres tariflich unter A Nr. 2 AVB vereinbart ist. Allerdings entfällt diese Option aufgrund des Bezugs von Altersruhegeld, weil mit diesem Bezug die Versicherungsfähigkeit nach A Nr. 2 Satz 2 AVB entfällt (Bach/Moser/Wilmes, Private Krankenversicherung, 4. Auflage 2009, § 196 VVG Rn. 6; OLG Nürnberg, Beschluss vom 26.07.2012, Az. 8 U 760/12, zitiert nach Juris). Es handelt sich bei der Beendigung der Versicherung mit Vollendung des 65. Lebensjahres und der Beendigung aufgrund des Bezugs von Altersruhegeld um zwei unabhängig voneinander bestehende Beendigungsgründe, wobei das Ruhegeld einen umstandsbedingten und das Lebensalter einen zeitlichen Beendigungsgrund darstellt. Lediglich für den zeitlichen Beendigungsgrund sieht § 196 VVG die Möglichkeit vor, den Vertrag abweichend von den tariflichen Regelungen über das 65. Lebensjahr hinaus weiterzuführen. Zwar lassen sich dem Wortlaut des § 196 VVG keine weiteren Einschränkungen entnehmen, allerdings erschließt sich dem verständigen Versicherungsnehmer auch aufgrund der in der AVB vorgesehenen Regelung unter A Nr. 2 AVB, dass auch für die Option nach § 196 VVG weiterhin grundsätzlich Versicherungsfähigkeit vorliegen muss. Nach dieser Vorschrift ist aber nur versicherungsfähig, wer kein Altersruhegeld bezieht (so OLG Frankfurt, Urteil vom 14. Mai 2014 - 7 U 129/13 -, Rn. 6 - 7, juris).

Zu der vergleichbaren Problematik der Gewährung von Krankentagegeld bei gleichzeitigem Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente hat der Senat bereits entschieden, dass die streitgegenständliche Klausel in dem Versicherungsvertrag so auszulegen ist, dass die Versicherungsfähigkeit des Versicherungsnehmers und die Leistungspflicht der Versicherung entfällt, sobald eine Rente bezogen wird (vgl. Senat, Urteil vom 22.07.2014, 4 U 149/14 unter Bezugnahme auf Entscheidungen OLG Karlsruhe, Urteil vom 06.07.2006, Az.: 12 U 89/06, juris, BGH, Urteil vom 26.02.1992, Az.: IV ZR 339/90, juris).

c) Die Beklagte hat zwar den Vertrag konkludent nach Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren weitergeführt, da sie bis einschließlich Juli 2017 noch Prämien eingezogen hat. Denn die Klägerin hatte das 65. Lebensjahr bereits im Juli 2016 vollendet, ohne dass der Vertrag zu diesem Zeitpunkt beendet worden wäre. Die konkludente Fortführung des Vertrages nach Erreichen der Altersgrenze steht jedoch einer Vertragsbeendigung infolge Rentenbezug nicht entgegen. Dass der Vertrag nach § 15 Abs. 1 c) S. 1 MB/KT zum 01.01.2017 wegen fehlender Versicherungsfähigkeit der Klägerin endete, weil die Klägerin ab diesem Zeitpunkt ihre Rente bezog, wurde der Beklagten unstreitig erst später bekannt, als nämlich die Klägerin sie mit Schreiben vom 13.07.2017 auf den Rentenbezug hinwies. Es gab somit einen nachvollziehbaren Grund für die Beklagte, die Prämien weiterhin einzuziehen, der für die Klägerin aufgrund der getroffenen Regelungen auch erkennbar war. Die Einziehung war daher auch aus Sicht der Klägerin nicht als von einem Rentenbezug unabhängige Zustimmung zur Fortführung des Vertrages oder als Abschluss eines neuen Vertrages zu verstehen (so auch OLG Frankfurt, Urteil vom 14. Mai 2014 - 7 U 129/13 -,Rn. 5, juris).

d) Die Regelung in § 15 I lit. c) verstößt weder gegen die §§ 305 ff BGB noch gegen das Befristungsverbot des § 195 Abs. 1 VVG, weil die Krankentagegeldversicherung bei Bezug einer Altersrente nicht mehr die notwendige Ersetzungsfunktion hat (vgl. Bach/Moser a. a. O. § 15 MB/KT Rdnr. 33, OLG Karlsruhe VersR 2009, 204). Eine Klausel, die eine Beendigung einer Krankentagegeldversicherung mit dem Bezug von Altersrente, spätestens jedoch mit Vollendung des 65. Lebensjahres des Versicherten vorsieht, benachteiligt denselben nicht unangemessen und verstößt daher nicht gegen § 307 BGB; denn die weit überwiegende Anzahl der Versicherten beendet spätestens mit Erreichen dieses Lebensalters ihr Arbeitsleben und hat ab dann keine krankheitsbedingten Verdienstausfälle mehr zu befürchten. Die Klausel ist daher auch nicht überraschend (OLG Nürnberg, Beschluss vom 26. Juli 2012 - 8 U 760/12 -, Rn. 5, juris und OLG Frankfurt a.a.O.).

Der Senat rät daher zur Berufungsrücknahme, die zwei Gerichtsgebühren spart.

RechtsgebietProzessrechtVorschriften§ 139 ZPO

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