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25.02.2019 · IWW-Abrufnummer 207386

Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Beschluss vom 10.10.2018 – 4 TaBV 78/17

Zur Eingruppierung von Supervisorn Lager und Supervisorn Cash Office (hier: Gehaltsgruppe II GTV NRW)


Tenor:

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 16.11.2017 - 15 BV 118/17 - wird auch hinsichtlich der Anträge zu 6) und 12) zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die weitergehende Beschwerde bleibt einem abschließenden Beschluss vorbehalten.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.



Gründe



A.



Die Beteiligten streiten - soweit für den vorliegenden 2. Teilbeschluss von Interesse - über die tarifgerechte Ein- bzw. Umgruppierung eines sog. Supervisors im Lager (Stockroom-Supervisor) und einer Supervisorin im sog. Cash-Office.



Die antragstellende Arbeitgeberin betreibt bundesweit 22 Einzelhandelsfilialen, in denen sie Bekleidung und Accessoires vertreibt. In der Filiale E., in der ca. 186 Arbeitnehmer beschäftigt werden, ist der zu 2) beteiligte Betriebsrat gebildet.



Die bis dahin nicht an einen Flächentarifvertrag gebundene Arbeitgeberin schloss mit der Gewerkschaft ver.di am 16.12.2015 einen Anerkennungs- und Übergangs-Tarifvertrag (im Folgenden: AÜTV, Bl. 375 ff. GA), in dem unter anderem bestimmt wurde:



In der Anlage B zum AÜTV (im Folgenden Anlage B AÜTV, Bl. 399 f. GA) hieß es u. a.:



Für Manager (Trainee Manager, Department Manager, Senior Departement Manager, Assistant Manager) sowie den Bereich People & Culture Assistants/Supervisors sowie Angestellte im Regional Office vereinbarte die Arbeitgeberin mit ver.di am 29.04.2016 eine Ergänzung zum AÜTV (im Folgenden AÜTV-E, Bl. 401 ff. GA). Gemäß § 2 AÜTV-E galten die Regelungen in § 4 Sätze 1 und 2 sowie §§ 5 bis 23 AÜTV entsprechend, soweit nicht nachfolgend etwas anderes geregelt war, und § 11 Abs. 5 AÜTV fand mit der Ergänzung vom 29.04.2016 Anwendung. Gemäß § 7 AÜTV-E erfolgte die Festsetzung der Entgelte rückwirkend ab dem 01.05.2016 bis zum 30.04.2017 entsprechend den Entgelttabellen in der Anlage zum AÜTV-E (im Folgenden Anlage AÜTV-E). In der Anlage AÜTV-E hieß es u. a. (Bl. 405 ff GA):



Am 29.04.2016 vereinbarten die Arbeitgeberin und ver.di eine Ergänzung zu § 11 Abs. 5 AÜTV - Tarifliche Entgeltsicherung (im Folgenden AÜTV-11E, Bl. 407 GA). In der AÜTV-11E hieß es u. a.



Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten Ablichtungen des AÜTV und des AÜTV-E nebst Anlagen sowie die AÜTV-11E Bezug genommen.



In dem Gehaltstarifvertrag vom 18.08.2015, abgeschlossen zwischen dem Handelsverband NRW und ver.di (im Folgenden GTV Einzelhandel NRW, Blatt 161 ff. der Akte) hieß es zur Eingruppierung u.a.:



Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ablichtung des zur Akte gereichten GTV Einzelhandel NRW Bezug genommen.



Die Arbeitgeberin beschäftigt in ihrer E. Filiale mit ca. 186 Arbeitnehmern drei Assistant-Store-Manager, vier Senior-Department-Manager, fünf Department-Manager und zwei Trainee-Manager. Der Verkaufsbereich gliedert sich in 12 Departments mit je einem Supervisor für die Verkaufsfläche (Salesfloor), dessen Team regelmäßig drei bis acht wechselnde Verkaufsmitarbeiter zugeordnet sind. Ein Department wird von einem Departement- oder Senior Department-Manager gemeinsam mit einem Assistant-Store-Manager geleitet. Sie nehmen Nachbestellungen vor und führen die Aufsicht (Bl. 219 d. A.).



Der im Antrag der Arbeitgeberin zu 6) genannte Arbeitnehmer X. wird als sog. Stockroom-Supervisor beschäftigt. Die im Antrag der Arbeitgeberin zu 12) genannte Arbeitnehmerin E. wird als sog. Cash-Office-Supervisor eingesetzt.



Mit Schreiben vom 18.04.2017, dem Betriebsrat am 20.04.2017 zugegangen, beantragte die Arbeitgeberin beim Betriebsrat u. a. die Zustimmung zur Eingruppierung der Supervisor X. und E. in die Gehaltsgruppe II des Gehaltstarifvertrags. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 26 und 32 GA Bezug genommen. Hierbei wurden bei der Eingruppierung die jeweils zurückgelegten, zwischen den Beteiligten nicht umstrittenen Tätigkeitsjahre in dieser Position genannt. Dem Betriebsrat wurden die Hintergründe der Eingruppierung mündlich dargelegt.



Der Betriebsrat teilte mit Schreiben vom 27.04.2017 mit, dass er die Zustimmungen zu den beabsichtigten Eingruppierungen aus den Gründen in § 99 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 BetrVG nicht erteile, da nach seiner Auffassung die Mitarbeiter in die Gehaltsgruppe III bzw. IV einzugruppieren seien. Beide seien für die Organisation der täglichen Arbeitsabläufe und die Beaufsichtigung der ihnen zugeteilten jeweils vier bzw. drei Mitarbeiter verantwortlich. Wegen der Einzelheiten werden die Widerspruchsschreiben Bl. 47 f. und 59 f. GA in Bezug genommen.



Mit ihrem 16.06.2017 und 13.10.2017 beim Arbeitsgericht eingegangenen Anträgen hat die Arbeitgeberin die Ersetzung der Zustimmungen zu insgesamt 18 Eingruppierungen von Supervisorn in Gehaltsgruppe II des Tarifvertrags begehrt, darunter je ein Supervisor im Bereich Lager (Stockroom, Antrag zu 6)) und im Bereich Cash-Office (Antrag zu 12)). Sie hat die Auffassung vertreten, die Supervisor, hier im Bereich Stockroom und Cash-Office, übten weder eine Tätigkeit iSd Richtbeispiele noch überhaupt eine selbständige Tätigkeit im Sinne der Gehaltsgruppe III des GTV Einzelhandel NRW aus, jedenfalls nicht überwiegend. Dies ergebe sich auch aus den eingereichten Arbeitstagebüchern dieser Mitarbeiter. Beide arbeiteten mit den zugewiesenen Mitarbeitern zusammen. Herr X. sei als "Lagererster" iSdiSd.. Tarifbeispiels der Gehaltsgruppe II anzusehen, nicht aber als Verwalter der Warenannahme (Richtbeispiel Gehaltsgruppe III) oder gar Abteilungsleiter für den Bereich Lager und Wareneingang (Richtbeispiel Gehaltsgruppe IV). Frau E. sei ebenfalls als "Erste unter Gleichen" im Cash-Office, nicht aber als Kassenaufsicht (Richtbeispiel Gehaltsgruppe III) oder gar Abteilungsleiterin (Richtbeispiel Gehaltsgruppe IV) beschäftigt.



Die Arbeitgeberin hat beantragt,



Der Betriebsrat hat beantragt,



Er hat die Ansicht vertreten, die Supervisor X. und E. seien in die Gehaltsgruppe III oder sogar IV einzugruppieren. Hierzu legt er Arbeitstagebücher der Mitarbeiter vor (X.: Bl. 154 - 163 GA; E.: Bl. 166 - 169 GA). Herr X. sei Abteilungsleiter für den Bereich Lager und Wareneingang und erfülle damit das tarifliche Richtbeispiel der Gehaltsgruppe IV, zumindest aber sei er Verwalter der Warenannahme iSd. Richtbeispiels der Gehaltsgruppe III. Frau E. falle unter das Richtbeispiel einer der "Abteilungsleiterin" der Gehaltsgruppe IV oder einer "Kassenaufsicht" der Gehaltsgruppe III. Jedenfalls erfüllten beide Mitarbeiter die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Gehaltsgruppe III, insbesondere das Kriterium der "selbständigen Tätigkeit im Rahmen allgemeiner Anweisungen und mit entsprechender Verantwortung für ihren Tätigkeitsbereich".



Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 06.11.2017, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 242 ff. GA), gemäß den Anträgen der Arbeitgeberin die Zustimmung zur Eingruppierung der Supervisor X. und E. in die Gehaltsgruppe II ersetzt. Dieser Beschluss ist dem Betriebsrat am 28.11.2017 zugestellt worden (Bl. 498 GA). Der Betriebsrat hat sodann mit einem am 12.12.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen anwaltlichen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese - nach einer Fristverlängerung bis zum 01.03.2018 - mit einem an diesem Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.



Der Betriebsrat rügt, eine Eingruppierung in die Gehaltsgruppe III bzw. IV ergäbe sich bereits aus den tariflichen Regelbeispielen. So sei Herr X. jedenfalls als Substitut beziehungsweise als Verwalter einer Warenannahme im Sinne der Richtbeispiele der Gehaltgruppe 3 GTV Einzelhandel NRW anzusehen. Er überwache sämtliche Arbeitsabläufe im Lager, bespreche die Urlaubsplanung mit seinen Mitarbeitern, unterweise diese im Umgang mit den dort verwendeten Geräten, verwalte die Ausgabe von Arbeitskleidung, führe anlassbezogene Verhaltensgespräche sowie Feedbackgespräche über Leistungen und überwache die Einhaltung aller geltenden Bestimmungen. Zusätzlich habe er eine Reihe administrativer Tätigkeiten auszuüben, die von den anderen Beschäftigten im Lager nicht ausgeübt würden. So fordere er bei Bedarf beim Management zusätzliches Personal an, berichte diesem über zu erwartende Liefermengen und -zeiten und sei für die Eingaben in das Warenwirtschaftssystem verantwortlich. Letztlich arbeite er auch mit diesen in einem bestimmten zeitlichen Umfang zusammen. Möglicherweise sei seine Tätigkeit auch unter die Richtbeispiele der Entgeltgruppe 4 (Abteilungsleiter beziehungsweise Leiter der Warenannahmeabteilung) zu subsummieren. Es sei nicht erforderlich, darzulegen, dass die qualifizierten Aufgaben den überwiegenden Teil seiner Tätigkeit ausmachten. Denn er übe die Funktion des Leiters beziehungsweise Verwalters durchgängig aus, auch wenn er mit seinen Kollegen zusammenarbeite.



Frau E. sei als Substitutin oder Kassenaufsicht gemäß den Richtbeispielen der Gehaltsgruppe III GTV Einzelhandel NRW anzusehen. Neben der Mitarbeit im Bereich des Cash-Office oblägen ihr folgende Zusatzaufgaben:



- Verantwortung für den gesamten Kassenablauf und Cash-Office-Ablauf;



- Leiter des Kassenbüros (lt. Organigramm direkt dem Storemanager unterstellt);



- Erster Ansprechpartner im Kassenbüro/Kassenbereich für Management und Kassenpersonal;



- Kontrolle und Überwachung der täglichen Abläufe. Insbesondere auch die Einhaltung aller zeitlichen Fristen;



- Personaleinsatzplanung Cash-Office incl. Urlaubsplanung, Überstundenplanung etc. Hier würden ihre Vorschläge fast immer vom zuständigen Manager berücksichtigt;



- Je nach Store: Durchführung der Kassendifferenzgespräche mit dem Kassenmitarbeiter;



- Optimierung der Prozesse unter Berücksichtigung der allgemeinen Vorgaben;



- Teilweise unterstützende Aufgaben, teilweise alleinige Aufgaben des gesamten Berichtswesens des Kassenbüros (je nach Store). Storemanager machen Stichproben;



- Kontrolle der durchgeführten Aufgaben der Kassenbüromitarbeiter nach seiner Abwesenheit (Urlaub, freier Tag);



- Kenntnisse in der Buchhaltung sollten vorhanden sein (Stellenausschreibung);



- Meldung aller Unstimmigkeiten an den Storemanager beziehungsweise Area-Manager;



- Insbesondere bei Problemen/Unstimmigkeiten im Bargeld-Kassen-Bereich unter Einhaltung aller Vorschriften/Anweisungen trifft der Kassenbüro-Supervisor viele Entscheidungen beziehungsweise stimmt diese auf dem kurzen Dienstweg mit dem Storemanager ab. Auch hier werde meist eine Lösung vorab mit den Kassenbüromitarbeitern erarbeitet und dem Storemanager vorgelegt.



Die Supervisor erfüllten aber jedenfalls die allgemeinen Merkmale dieser Gehaltsgruppe. Sie erbrächten eine selbständige Tätigkeit im Rahmen allgemeiner Anweisungen. So entschieden sie, welche Mitarbeiter ihres Teams wo eingesetzt würden und stimmten die täglichen Pausenzeiten ab. Für den Urlaub unterbreiteten sie nach Besprechung mit den Mitarbeitern dem zuständigen Manager Vorschläge, die fast durchweg akzeptiert würden. Der GTV Einzelhandel NRW sehe erst ab der Gehaltsgruppe IV Weisungsbefugnisse gegenüber anderen Mitarbeitern vor, während die Gehaltgruppe III dies nicht notwendig erfordere und in den höheren Gehaltsstaffeln b) bis c) die "Unterstellung" einer bestimmten Anzahl von Mitarbeitern genügen lasse.



Der Betriebsrat beantragt,



Die Arbeitgeberin beantragt,



Die Arbeitgeberin verteidigt den angefochtenen Beschluss unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sach- und Rechtsvorbringens.



Es sei kein Richtbeispiel einschlägig. Herr X. sei erster unter Gleichen im Lager, insbesondere kein Substitut oder aber Verwalter einer Warenannahme. Er erhalte von der Abteilung P&C die Liste der ihm täglich zugeordneten Mitarbeiter. Hinsichtlich gewünschter Änderungen bespreche er sich mit den Mitarbeitern und mache dem vorgesetzten Manager insoweit allenfalls einen Vorschlag. Dieser treffe dann in Abstimmung mit dem P&C-Manager die Entscheidung. Ein Lagererster sei nach den Richtbeispielen der Gehaltsgruppe III GTV Einzelhandel NRW erst dann in diese Gehaltsgruppe einzugruppieren, wenn er über Einkaufsbefugnis verfüge. Dies - das ist unstreitig - sei bei Herrn X. nicht der Fall. Insgesamt setzten sich seine Tätigkeiten im Wesentlichen aus einfachen kaufmännischen Tätigkeiten, zum Teil aus gewerblichen Tätigkeiten zusammen. Da bereits in der Gehaltsgruppe I eine kaufmännische Ausbildung Voraussetzung sei, sei die Tätigkeit des Klägers zutreffend in die Gehaltsgruppe II GTV Einzelhandel NRW einzuordnen. Der Kläger sei insbesondere auch kein Vertreter des für das Lager zuständigen Managers beziehungsweise Abteilungsleiters. Auch führe er keine Feedbackgespräche.



Die Supervisorin E. sei weder Abteilungsleiterin noch Kassenaufsicht. Sie trage für den reibungslosen Ablauf mehrerer Kassen keine Verantwortung. So habe sie - unstreitig - mit der Besetzung der Kassen nichts zu tun. Als Cash-Office-Supervisor arbeite Frau E. im Wesentlichen wie die übrigen Mitarbeiter des Cash-Office auch: Sie bereite die Kassen für den aktuellen Tag vor, drucke den Kassenstatusbericht aus und bereite die Abrechnungen vor. Im Tagesverlauf würden die Bareinnahmen des Vortages gezählt und sortiert. Differenzen der 53 Kassen würden automatisiert ermittelt. Im Anschluss an die Wechselgeldbestückung bereite Frau E. die Kassenladen des nächsten Tages vor sowie die Gelder für die Abholung durch den Geldentsorger. Dies geschehe unter der Kontrolle des vorgesetzten Assistent-Managers oder des Store-Managers. Ferner sei der Tresor täglich auszuzählen, außerdem seien die Umsatzzahlen an die Zentrale zu übermitteln sowie die jeweiligen Kassen ab einem bestimmten Barbestand abzuschöpfen. Dies alles seien Aufgaben, die auch die dem Cash-Office zugeteilten Mitarbeiter ausführten. Diese seien in dem Handbuch "Shop-in-Box" im Einzelnen festgelegt. Unmittelbarer Vorgesetzter sei nicht der Store-Manager, sondern der zuständige Manager. Als Supervisorin obliege ihr, soweit sie nicht selbst mitarbeite, lediglich die Organisation der täglichen Abläufe, die jedoch im Hinblick auf die eingehenden Vorgaben und die immer gleichen Abläufe keine Entscheidungsspielräume enthielten. Insbesondere sei Frau E. nicht bei der Erstellung der Dienstpläne oder der Urlaubsplanung entscheidungsbefugt, sondern dies obliege vielmehr dem P&C-Management beziehungsweise dem jeweiligen Manager. Letzteren vertrete Frau E. nicht. Vielmehr kommuniziere sie lediglich die Anweisungen des Managements. Selbst kleinste Kassendifferenzen melde sie dem Store-Manager.



Auch die allgemeinen Tarifmerkmale der Gehaltsgruppe III seien nicht erfüllt. Ein Supervisor übe keine selbständige Tätigkeit aus. Außerdem trüge er nicht die analog zur selbständigen Tätigkeit geforderte "entsprechende Verantwortung". Für die Umsetzung der unternehmensweiten Vorgaben in einem Department sei nicht der Supervisor, sondern der jeweils zuständige Manager verantwortlich.



Von der Eingruppierung eines Supervisors in die Gehaltsgruppe II des GTV Einzelhandel seien im Übrigen auch die am AÜTV beteiligten Tarifvertragsparteien ausgegangen, da sie in AÜTV-11E unter Ziffer 3. Fußnote 1 - unstreitig - folgendes vereinbart hätten: "D.h. z.B. nach Entgelttarif NRW die G II für Supervisor ...". Damit hätten die Tarifvertragsparteien des AÜTV-E im Rahmen der Überführung des Entgeltsystems auf den Entgeltflächentarif für Supervisor ausdrücklich die Gehaltsgruppe II des Entgelttarifvertrages NRW als "analoge" Entgeltgruppe angesehen.



Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den erstinstanzlichen Beschluss, die Sitzungsniederschriften erster und zweiter Instanz sowie auf sämtliche Schriftsätze nebst Anlagen einschließlich des Handbuchs "Shop in a Box" (Beiakte) Bezug genommen.



B.



Nach einem ersten Teilbeschluss vom 16.05.2018 betreffend die Salesfloor-Supervisor ist das Verfahren nunmehr in Bezug auf die Supervisor in den Bereichen Stockroom und Cash-Office entscheidungsreif, §§ 87 Abs. 2 ArbGG, 301 ZPO (hinsichtlich der Supervisor im Bereich People&Culture - Anträge zu 15) und 18) - bleibt die Entscheidung einem abschließenden Beschluss vorbehalten). Insoweit ist die zulässige Beschwerde des Betriebsrats unbegründet. Die Anträge der Arbeitgeberin auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Ein- bzw. Umgruppierung der Supervisor X. und E. in die Gehaltsgruppe G II GTV Einzelhandel NRW sind zulässig und begründet.



I. Die Anträge der Arbeitgeberin sind zulässig. Sie sind auf (überleitende) Umgruppierung in das neue Vergütungssystem des GTV Einzelhandel NRW gerichtet. Soweit in den Anträgen im vorliegenden Verfahren Tätigkeitsjahre genannt sind, handelt es sich um diejenigen, die zum beantragten Eingruppierungszeitpunkt 01.05.2017 erreicht waren.



Die so verstandenen Anträge sind zulässig. Insbesondere besteht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Die Arbeitgeberin bedarf gemäß § 99 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrats zur Ein-/Umgruppierung bzw. ihrer Ersetzung, da sie in ihrem Unternehmen in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt. Die Zustimmung des Betriebsrats gilt auch nicht wegen nicht form- oder fristgerechter Verweigerung gemäß § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt. Die Arbeitgeberin hat das Mitbestimmungsverfahren nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG am 20.04.2017 ordnungsgemäß in Gang gesetzt, insbesondere den Betriebsrat ausreichend unterrichtet, wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist und sich auch aus der Stellungnahme des Betriebsrats selbst ergibt. Dieser hat am 27.04.2017 binnen der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG die Zustimmung schriftlich verweigert und hierfür eine hinreichende Begründung mitgeteilt, in dem er u.a. auf die Widerspruchsgründe des § 99 Abs. 2 Nrn. 1 u. 4 BetrVG Bezug nahm und zur Eingruppierung in die Gehaltsgruppe III nähere Ausführungen machte (Bl. 47 f. und 59 f. GA; vgl. BAG 27.09.2017 - 7 ABR 8/16, Rn. 30, juris; BAG 19.04.2012 - 7 ABR 52/10, Rn. 45, juris).



Die Zustimmung ist nicht im Hinblick auf die Fußnote 1 zu Ziffer 3. AÜTV-11E getroffenen Regelung entbehrlich. Zwar heißt es dort "z.B. nach Entgelttarif NRW die G II für Supervisor". Damit haben die Tarifvertragsparteien des AÜTV-E im Rahmen der Überführung des Vergütungssystems auf den Entgelttarif NRW beispielhaft ausdrücklich für Supervisor die Gehaltsgruppe II des Entgelttarifvertrages NRW als "analoge" Entgeltgruppe benannt. Hierbei handelt es sich aber erkennbar nicht um eine das Mitbestimmungsrecht des § 99 Abs. 1 BetrVG ausfüllende und ausschließende (vgl. BAG 14.04.2015 - 1 ABR 66/13 - Rn. 34, NZA 2015, 1077) Regelung. Selbst die Aufnahme der Tätigkeitsbezeichnung "Supervisor" als Tätigkeitsbeispiel in den Gehaltstarifvertrag hätte die Mitbestimmung gemäß § 99 BetrVG bei der Eingruppierung im Einzelfall nicht ausgeschlossen (i. Erg. ebenso LAG Düsseldorf 27.04.2018 - 6 TaBV 80/17, juris).



II. Die Anträge auf Zustimmungsersetzung sind begründet. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Die Arbeitgeberin hat die Supervisoren zu Recht in Gehaltsgruppe B II und nicht in die Gehaltsgruppe B III eingruppiert. In Anbetracht der tarifgerechten Behandlung durch die Arbeitgeberin erleiden die Mitarbeiter X. und E. auch keinen ungerechtfertigten Nachteil im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG.



1. Nach § 11 Abs. 2 und 3 AÜTV iVm. § 10 Abs. 1 des Manteltarifvertrags für den Einzelhandel Nordrhein-Westfalen vom 10.12.2013 werden die Beschäftigten der Arbeitgeberin ab dem 01.05.2017 in die Gehalts- oder Lohngruppe des regionalen Entgelttarifvertrages, hier des GTV Einzelhandel NRW, eingeordnet, die ihrer überwiegend ausgeübten Tätigkeit entspricht. Enthalten tarifliche Vergütungsgruppen - wie im GTV Einzelhandel NRW - neben allgemein gefassten Tätigkeitsmerkmalen bestimmte Richtbeispiele/ Regelbeispiele, sind die Voraussetzungen für die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe grundsätzlich gegeben, wenn der Arbeitnehmer eine den Beispielen entsprechende Tätigkeit ausübt. Die Tarifvertragsparteien legen durch die Tätigkeitsbeispiele regelmäßig fest, dass diese Tätigkeiten auch den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen entsprechen (vgl. BAG 03.07.2013 - 4 AZR 259/12, Rn. 12, juris; BAG 22.09.2010 - 4 AZR 33/09, Rn. 23, juris; BAG 08.11.2004 - 8 AZR 540/03, Rn. 17, juris). Wird die vom Arbeitnehmer ausgeübte Tätigkeit von einem Tätigkeitsbeispiel nicht oder nicht voll erfasst, muss grundsätzlich auf die allgemeinen Merkmale zurückgegriffen werden (BAG 02.08.2006 - 10 ABR 48/05, Rn. 23, juris).



2. Hiernach ist der Stockroom-Supervisor X. zutreffend in die Gehaltsgruppe II eingruppiert.



a. Herr X. übt zunächst keine Tätigkeit aus, die einem der in § 3 GTV Einzelhandel NRW genannten Richtbeispiele entspricht. Ein Tätigkeitsbeispiel "Supervisor" enthält der GTV-Einzelhandel NRW nicht. Die vom Supervisor ausgeübte Tätigkeit lässt sich auch nicht unter eines der Richtbeispiele der Gehaltsgruppe III des GTV-Einzelhandel NRW einordnen. Dies ergibt die Auslegung des Tarifvertrags.



aa. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln (BAG 27.07.2017 - 6 AZR 701/16, Rn. 19, juris; BAG 18.11.2004 - 8 AZR 540/03, Rn. 21, juris). Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen weitere Kriterien wie die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen (BAG 27.07.2017 - 6 AZR 701/16, Rn. 19).



bb. Danach erfüllt die Tätigkeit des Supervisors X. im Stockroom nicht die Voraussetzungen eines Richtbeispiels der Gehaltsgruppen III oder gar IV.



(1) Herr X. verfügt nicht über eine Einkaufsbefugnis, sodass das Richtbeispiel der Gehaltsgruppe III "Lagererster mit Einkaufsbefugnis" ausscheidet.



(2) Er ist auch nicht ein "Verwalter von Warenannahme und/oder Versand" im Sinne der Richtbeispiele der Gehaltsgruppe III GTV Einzelhandel NRW. Der Verwalter ist abzugrenzen einerseits von den Richtbeispielen der Gehaltsgruppe II "Lagererste, Abteilungsaufsichten" oder "Erste Kräfte in ... Warenannahme, Lager" und andererseits von den Richtbeispielen der Gehaltsgruppe IV "Abteilungsleiter" und "Leiter der Warenannahmeabteilung". Während der Begriff der ersten Kraft aus sich heraus nicht ausgelegt werden kann und auf die allgemeine Definition der Gehaltsgruppe zurückzugreifen ist, übt der "Verwalter" eine umfassendere Verantwortung für seinen Tätigkeitsbereich aus, der Spielraum für eigenständige Entscheidungen im Sinne einer selbständigen Tätigkeit lässt. Der Verwalter bestimmt - im Rahmen allgemeiner Anweisungen - die Arbeitsabläufe in dem ihm übertragenen Bereich, während die erste Kraft lediglich die erweiterten Fachkenntnisse in die Aufgabenerfüllung einfließen lässt, zu der durchaus auch die Aufsicht über eine Reihe von Mitarbeitern zählen kann (im Ergebnis ebenso: LAG Hamm, 24.04.2002 - 10 TaBV 142/01, juris, Rn. 46).



Von einer umfassenderen Verantwortung und einem Tätigkeitsbereich, der Spielraum für eigenständige Entscheidungen im Sinne einer selbständigen Tätigkeit lässt, kann beim Stockroom-Supervisor im E. Betrieb der Arbeitgeberin nicht ausgegangen werden. Hierfür fehlt es an den mit einer "Verwaltung" notwendigerweise verbundenen Entscheidungsspielräumen. Unstreitig ist das vom Kläger verwaltete Lager ein kleines Lager ("Stockroom" = Lagerraum). Es erreicht nicht die Dimension etwa eines Baumarktlagers (hierüber verhielten sich die Entscheidungen des LAG Hamm vom 24.04.2002 - 10 TaBV 142/01 - und vom 28.08.1997 - 4 Sa 1926/96, beide juris). Die anzunehmenden Waren werden in der Regel aus dem Zentrallager der Arbeitgeberin dem Stockroom der in der E. Innenstadt gelegenen Filiale angeliefert und im Stockroom kurz zwischengelagert. Dies erfolgt nach einem regelmäßig vorgegebenen Turnus, auf den Herr X. nur geringe zeitliche Einflussmöglichkeiten besitzt. Die Arbeitsabläufe im Lager sind, wie dem Arbeitstagebuch von Herrn X. zu entnehmen ist (Bl. 154 f. GA), in der Regel wiederkehrend und gleichbleibend. Spielraum für eigene Dispositionen ist nicht erkennbar. Die von Herrn X. geführten Mitarbeitergespräche betreffen, wie in der Anhörung klar wurde, nicht verantwortlich geführtee Feedbackgespräche. Sie betreffen ebenfalls nicht eine verantwortliche Urlaubsplanung oder Dienstplaneinteilung. Auch über die Stellung zusätzlichen Personals entscheidet er nicht. In all diesen Punkten kann Herr X. allenfalls Vorschläge unterbreiten. Sie machen überdies nicht annähernd die Hälfte seiner Tätigkeit aus. Die Meldung von Liefermengen und -zeiten an das Management lässt ebenso keine eigenen Entscheidungsspielräume erkennen wie die von Herrn X. vorzunehmenden Eingaben in das Warenwirtschaftssystem der Arbeitgeberin. Bei diesem Bild vermochte die Berufungskammer nicht den für eine Verwaltertätigkeit erforderlichen Entscheidungsspielraum festzustellen.



(3) Der Stockroom-Supervisor ist auch nicht "Substitut" im Sinne der Richtbeispiele der Gehaltsgruppe III. Ein Substitut im Sinne des Tarifvertrages ersetzt - - vorübergehend - den Leiter einer Verkaufsstelle oder Abteilung im Tarifsinne (vgl. E./Rzaza, Tarifverträge des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen, Kommentar für die betriebliche Praxis, Teil II, 3. Aufl. 1998, G III, Rn. 15; ebenso: LAG Düsseldorf, 27.04.2018 - 6 TaBV 78/17 - sowie der erste Teilbeschluss in der vorliegenden Sache). Stellvertreter in diesem Sinne ist der Stockroom-Supervisor nicht. Es ist nichts dafür dargetan oder sonst ersichtlich, dass der Stockroom-Supervisor im Falle der Abwesenheit des zuständigen Managers diesen in seinen auf das Lager bezogenen Aufgaben vertritt. Es ist nicht einmal ersichtlich, dass im Falle der Abwesenheit des zuständigen Managers der Stockroom-Supervisor überhaupt zusätzliche Aufgaben wahrnimmt, geschweige denn die wesentlichen oder gar alle auf das Lager bezogenen Aufgaben des Managers. Der Umstand, dass der Stockroom-Supervisor gewisse Überwachungsfunktionen in Bezug auf die ihm zugeteilten Mitarbeiter hat, genügt für die Annahme eines Substituten nicht. Die Überwachungsfunktionen obliegen ihm auch in Anwesenheit des für das Lager zuständigen Managers. Sie sind mit den Aufgaben der Richtbeispiele der Gehaltsgruppe II "Lagererste, Abteilungsaufsichten" oder "Erste Kräfte in ... Warenannahme" ohne weiteres vereinbar.



(4) Noch weniger ist der Stockroom-Supervisor damit "Abteilungsleiter" oder "Leiter der Warenannahmeabteilung" im Sinne der Richtbeispiele der Gehaltsgruppe IV. Wollte man den Bereich des Lagers/der Warenannahme in der E. Filiale der Arbeitgeberin als "Abteilung" im Sinne der Richtbeispiele der Gehaltsgruppe IV ansehen, wäre zum einen nicht der Stockroom-Supervisor Leiter dieser Abteilung, sondern allenfalls der zuständige Manager. Zum anderen fehlt es beim Stockroom-Supervisor sowohl - - wie dargelegt - an dem eigenen Dispositionsspielraum, als auch an der erforderlichen Anweisungsbefugnis (Gehaltsgruppe IV: "Angestellte in leitender Stellung mit Anweisungsbefugnissen und mit entsprechender Verantwortung für ihren Tätigkeitsbereich...").



b. Der Stockroom-Supervisor erfüllt auch nicht die allgemeinen Merkmale der Gehaltsgruppe III. Er ist kein Angestellter mit selbständiger Tätigkeit im Rahmen allgemeiner Anweisung und mit entsprechender Verantwortung für ihren Tätigkeitsbereich.



aa. Die Tarifvertragsparteien haben nicht näher erläutert, was sie unter dem Begriff "selbständig" verstehen. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte im Tarifvertrag ist deshalb vom allgemeinen, abstrakten Begriff der Selbständigkeit auszugehen (ebenso zu einem Gehaltstarifvertrag des Einzelhandels in Baden-Württemberg vom 22.03.2006: BAG 18.05.2011 - 4 ABR 82/09, Rn. 29 sowie BAG 23.09.2009 - 4 AZR 333/08, Rn. 41, beide juris). Danach verlangt Selbständigkeit eine gewisse eigene Entscheidungsbefugnis über den zur Erbringung seiner Leistungen jeweils einzuschlagenden Weg und das zu findende Ergebnis und damit zugleich auch eine gewisse Eigenständigkeit des Aufgabenbereiches, ohne dass dadurch die fachliche Anleitung oder die Abhängigkeit von Weisungen Vorgesetzter ausgeschlossen wird (BAG 18.05.2011 und 23.09.2009 aaO; BAG 08.11.2006 - 4 AZR 620/05, Rn. 24, AP Nr. 304 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG 14.04.1999 - 4 AZR 189/98, juris). Dabei kann das Merkmal "selbständige Tätigkeit" nicht mit dem Merkmal "selbständige Leistungen" gleichgesetzt werden (vgl. BAG 08.11.2006 - 4 AZR 620/05, Rn. 24, juris). Die schlichte Wahl zwischen zwei vorgegebenen Entscheidungsmöglichkeiten reicht nicht aus, um eine für eine selbständige Tätigkeit erforderliche Entscheidungsbefugnis anzunehmen (BAG 23.09.2009 Rn. 44, aaO).



bb. In Anwendung dieser Grundsätze erbringt der Stockroom-Supervisor nicht überwiegend selbständige Tätigkeiten im Sinne des GTV Einzelhandel NRW.



(1) Eine solche selbständige Tätigkeit liegt nicht darin begründet, dass sie gegenüber den anderen Teammitgliedern eine Überwachungsfunktion ausüben und insoweit auch Weisungen erteilen.



(a) Allein die Überwachungsfunktion als solche kann nicht zu einer Eingruppierung in die Gehaltsgruppe III führen, wie der Tarifsystematik zu entnehmen ist (ebenso LAG Düsseldorf 27.04.2018 - 6 TaBV 78/17).



Bereits für die Gehaltsgruppe I sieht der Tarifvertrag eine Zulage für Arbeitnehmer vor, die "Verantwortung für die Arbeitsleistung von mehreren zu einer Abteilung oder einem Fachbereich ... zusammengefassten Arbeitnehmer/innen" haben. Eine solche Verantwortung ist stets mit einer Überwachungsfunktion verbunden. Auch kann eine solche Verantwortung schwerlich ohne gewisse (Grund-) Weisungsbefugnisse wahrgenommen werden. So muss beispielsweise an einer Wurst- oder Fleischtheke der Verantwortliche entscheiden, wer Fleisch schneidet oder mariniert, während andere verkaufen.



Zur Gehaltsgruppe II gehören beispielsweise Lagererste und Abteilungsaufsichten. Unter "Ersten" sind mangels anderweitiger Anhaltspunkte im Tarifvertrag Mitarbeiter mit besonderen, außergewöhnlichen Aufgaben zu verstehen (vgl. BAG 30.09.1987 - 4 AZR 303/87, juris). Darüber hinaus wird mit dem Begriff "Erste" eine gewisse Rangfolge zum Ausdruck gebracht. Schon vom Wortlautverständnis her steht der Erste zumindest vor dem oder den Zweiten. Dementsprechend reicht allein die Wahrnehmung besonderer Aufgaben zur Erfüllung des Tarifmerkmals nicht aus, wenn es keine weiteren Arbeitnehmer gibt (vgl. BAG 04.08.1993 - 4 AZR 511/92, unter III. 2. b) der Gründe, AP Nr. 38 zu § 1 TVG Einzelhandel). Die erforderliche Heraushebung kann in der Ausübung von Kontrollfunktionen gegenüber solchen anderen Mitarbeitern liegen, die im Übrigen die gleichen Tätigkeiten ausüben (vgl. wiederum BAG 04.08.1993, unter III. 2.b) der Gründe, aaO). Abteilungsaufsichten sind Arbeitnehmer, denen die Kontrolle der sonstigen Arbeitnehmer in einer Abteilung übertragen ist (E./Rzaza, G II Rn. 5). Eine Kontrolle kann aber ohne ein gewisses Mindestmaß an Weisungsbefugnissen faktisch nicht ausgeübt werden.



(b) Die Weisungs- und Kontrollbefugnisse des Stockroom-Supervisors beinhalten kein derartiges Maß an Entscheidungsbefugnissen, wie es die Gehaltsgruppe III fordert. Der Stockroom-Supervisor stellt weder sein Team zusammen noch nimmt er die Zeiteinteilung der Mitarbeiter vor. Lediglich hinsichtlich der Lage der Pausen der einzelnen Teammitglieder bleibt insoweit eine Entscheidungsbefugnis. Die Urlaubsplanung in der Mitarbeitergruppe koordiniert er allenfalls, darüber entscheidet allein die zuständigen Manager. Daran ändert sich nicht deshalb etwas, weil diese in aller Regel den koordinierten Urlaubswünschen stattgeben.



Auch hinsichtlich der Frage der Priorisierung von Arbeiten gibt es nur einen sehr geringen Entscheidungsspielraum. Insoweit gibt es klare Vorgaben und gleichbleibende, wiederkehrende Abläufe, wie aus dem Arbeitstagebuch hervorgeht. Eine eigene Disposition des Supervisors haben die Beteiligten nicht dargelegt. Die allgemeinen Hinweise des Betriebsrats, auch die Verantwortung für die Erreichung der vorgegebenen Ziele, die Koordination des Mitarbeitereinsatzes, die Sicherstellung der Abläufe und der Umsetzung der vorgegebenen Weisungen genügen dafür nicht. Alle genannten Tätigkeiten beinhalten vielmehr, wie hier dargelegt, einen sehr engen Entscheidungskorridor.



(2) Auch aus den weiteren Aufgaben des Stockroom-Supervisors ergibt sich nicht, dass er überwiegend selbständige Tätigkeiten im Sinne der Gehaltsgruppe III des GTV Einzelhandel NRW ausübt. Soweit der Supervisor bei Konflikten zwischen Mitarbeitern vor der Entscheidung steht, zu vermitteln oder sich an das Management zu wenden, liegt letztlich nur eine einfache Wahl zwischen zwei Möglichkeiten vor. Auch insoweit ergibt sich keine Befugnis, eigene Entscheidungen über den Weg oder das Ergebnis der zu erbringenden Leistungen zu treffen. Zudem ist auch dieser Aufgabenteil ohnehin nicht prägend für das Gesamtbild der Tätigkeiten des Supervisors. Entsprechendes gilt für die Beurteilung, ob etwaige Pflichtwidrigkeiten der Verkäufer dem Management zu melden sind oder nicht.



Insgesamt ergeben sich damit nur wenige Bereiche, in denen ein Stockroom-Supervisor gegebenenfalls eigene Entscheidungen über den zur Erbringung der Leistungen einzuschlagenden Weg und das zu findende Ergebnis treffen. Dies sind im Personalbereich die morgendliche Ersteinteilung der Teammitarbeiter für die zu erledigenden Aufgaben sowie die Festlegung der Pausen. Hierbei handelt es sich nur um einen Bruchteil seiner Gesamtaufgaben. Den ganz überwiegenden zeitlichen Anteil seiner Arbeitszeit erbringt er keine selbständigen Tätigkeiten im Sinne der Gehaltsgruppe III des GTV Einzelhandel NRW.



3. Auch die Eingruppierung der Cash-Office-Supervisorin E. in die Gehaltsgruppe II ist nach dem Vorstehenden (Ziff. 1) zutreffend.



a. Frau E. übt zunächst keine Tätigkeit aus, die einem der in § 3 GTV Einzelhandel NRW genannten Richtbeispiele entspricht.



aa. Die Tätigkeiten der Cash-Office-Supervisorin im Kassenbereich entsprechen nicht dem Richtbeispiel der Kassenaufsicht.



Die Tarifvertragsparteien haben nicht definiert, was unter einer Kassenaufsicht zu verstehen ist. Vom Wortverständnis her umfasst dies die Kontrolle sämtlicher Kassenvorgänge. Dazu gehört die Verantwortung für den reibungslosen Ablauf, bei einer Mehrzahl von Kassen insbesondere die Einsatzplanung der Kassiererinnen. Die Kassenaufsicht hat dafür Sorge zu tragen, dass die Kassen durchgängig besetzt sind. Sie muss über ausreichende Weisungsbefugnisse gegenüber den Kassiererinnen verfügen, um den ordnungsgemäßen Ablauf sicherstellen zu können (LAG Rheinland-Pfalz, 21.04.2005 - 4 Sa 10014/04, juris, Rn. 40). Dies erfordert die Ermächtigung, Kritikgespräche mit den Kassiererinnen zu führen und diese zu ordnungsgemäßen Arbeitsleistungen anzuhalten, ferner die Verantwortung für die Pauseneinteilung sowie die Gewährleistung von Ordnung und Sauberkeit im Kassenbereich (LAG Rheinland-Pfalz, 21.04.2005, aaO.).



Dies ist im Falle eines Cash-Office-Supervisors gegenüber den Kassiererinnen unstreitig nicht gegeben. Insbesondere sind die Mitarbeiter im Cash-Office selbst nicht mit Kassiervorgängen betraut. Die Kontrollmöglichkeiten über die EDV-Aanlage im Cash-Office ersetzt nicht die Verantwortung für den ordnungsgemäßen Arbeitsablauf und die reibungslose Besetzung der Kassen.



bb. Eine Cash-Office-Supervisorin übt auch nicht die Tätigkeit einer Abteilungsleiterin im Sinne des Richtbeispiels der Gehaltsgruppe IV aus. Ein Abteilungsleiter ist ein verantwortlicher Vorgesetzter (LAG Hamm, 28.08.1997 - 4 Sa 1926/96, juris). Er verwaltet nicht nur einen Sachbereich, sondern führt Mitarbeiter. Frau E. obliegen in Bezug auf die ihr zugeordneten Mitarbeiter lediglich Aufsichtsbefugnisse. Eine Führung dieser Mitarbeiter ist ihr nicht übertragen. Insbesondere führt sie keine Feedbackgespräche. Dies ist Aufgabe der Manager.



b.Eine Cash-Office-Supervisorin erfüllt auch nicht die allgemeinen Merkmale der Gehaltsgruppe III. Sie ist keine Angestellte "mit selbständiger Tätigkeit im Rahmen allgemeiner Anweisung und mit entsprechender Verantwortung für ihren Tätigkeitsbereich". Insoweit kann auf die Ausführungen zum Stockroom-Supervisor verwiesen werden (oben unter II. 2. b. bb.). Insbesondere fehlt es auch hier an dem für eine selbständige Tätigkeit im Tarifsinne erforderlichen Entscheidungsspielraum.



4. Die Richtigkeit der Eingruppierung der hier streitgegenständlichen Supervisor in die Gehaltsgruppe II des GTV NRW wird durch folgende Überlegungen bestätigt.



Die am AÜTV beteiligten Tarifvertragsparteien sind in der Fußnote 1 zur Ziff. 3 der AÜTV-11E offensichtlich ebenfalls davon ausgegangen, dass die Supervisor richtigerweise in die Gehaltsgruppe II des GTV Einzelhandel NRW einzugruppieren sind. Denn sie haben in der Fußnote 1 der Ziff. 3 AÜTV-11E im Rahmen der Überführung auf den Entgeltflächentarif für Supervisor ausdrücklich die Gehaltsgruppe II des Entgelttarifvertrages NRW als "analoge" Entgeltgruppe für Supervisor angesehen ("D.h. z.B. nach Entgelttarif NRW die G II für Supervisor ..."). Da am AÜTV-11E mit ver.di zugleich die Gewerkschaft beteiligt war, die auch den GTV Einzelhandel NRW abgeschlossen hat, handelt es sich um ein starkes Indiz für die Richtigkeit der Eingruppierung. Die Tarifvertragsparteien werden die von ihnen angeführte Tätigkeit des Supervisors auch nicht anders verstanden haben als sie tatsächlich ausgeübt wird. Denn es handelt sich um einen Haustarifvertrag. Ein Irrtum der Tarifvertragsparteien oder eine Diskrepanz über den gemeinten Inhalt der Tätigkeit erscheint unter diesen Umständen nahezu ausgeschlossen.



Hinzu tritt, dass die Tarifvertragsparteien des AÜTV, also auf Gewerkschaftsseite ver.di und auf Arbeitgeberseite die Antragstellerin, in Anlage B zum AÜTV mit den Gehaltsgruppen G1, G2 und G3 Gehaltsgruppen geschaffen haben, die nach Tatbestandsmerkmalen wie auch Gehaltshöhe ganz ähnlich wie der nunmehr maßgebliche GTV Einzelhandel NRW aufgebaut sind. Dabei entsprach die Gehaltsgruppe G1 AÜTV ("Angestellte ohne kaufmännische Ausbildung") wortgleich der Gehaltsgruppe A aus § 3 GTV Einzelhandel NRW, die Gehaltsgruppe G2 AÜTV knüpft ebenso wie die der GTV Einzelhandel NRW in § 3 lit. B Gehaltsgruppe I an das Vorliegen einer kaufmännischen Ausbildung an, während die nächsthöhere Gehaltsgruppe für Angestellte mit kaufmännischer Ausbildung G3 AÜTV ausdrücklich "Supervisor" mit dem Zusatz "(Erstverkäufer / Abteilungsaufsicht)" anführen. Der GTV Einzelhandel NRW enthält in § 3 lit B in der hier für zutreffend angesehenen Gehaltsgruppe II u. a. ebenfalls die Richtbeispiele "Erste Verkäufer", "Lagererste" und "Abteilungsaufsichten". Der AÜTV zielte gemäß § 11 Abs. 2 ausdrücklich auf die Überführung der Gehalts- und Lohnregelungen der Arbeitnehmer der Arbeitgeberin in die jeweiligen regionalen Entgelttarifverträge. So haben die Tarifvertragsparteien des AÜTV auch in der Anlage AÜTV-E für die Beschäftigten in den Bereichen "People & Culture" und "Regional Office" die allgemeinen Tarifmerkmale des GTV Einzelhandel NRW vollständig übernommen und auch hier als Richtbeispiele ausdrücklich die Supervisor den in der Gehaltsgruppe II des GTV Einzelhandel NRW eingruppierten Ersten Kräften gleichgestellt. Es ist daher ohne Zweifel die Terminologie des Zieltarifvertrages gemeint, wenn die Tarifvertragsparteien des AÜTV in Anlage B Supervisor mit dem Klammerzusatz "(Erstverkäufer / Abteilungsaufsichten)" diesen tarifvertraglich geprägten Richtbeispielen zuordneten. Dass auf Arbeitnehmerseite dieselbe Gewerkschaft tätig war, die auch den regionalen Entgelttarifvertrag (GTV Einzelhandel NRW) abschloss, spricht stark für die hier gewonnene Auslegung des GTV Einzelhandel NRW und die Subsumtion der Supervisor unter dessen Gehaltsgruppe II.



5. Die zum Zeitpunkt der erstmaligen Eingruppierung am 01.05.2017 erreichten Tätigkeitsjahre wurden zutreffend angegeben. Der Zuordnung der Tätigkeitsjahre hat der Betriebsrat dementsprechend auch nicht widersprochen. Da sich der Antrag bezogen der Tätigkeitsjahre auf die Ersteingruppierung zum 01.05.2017 bezog, war eine Anpassung im Hinblick auf den zwischenzeitlichen Zeitablauf nicht erforderlich.



III. Die Kammer hat die Rechtsbeschwerde gemäß § 92 Abs. 1 S. 2 i. V. m § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen einer grundsätzlichen Bedeutung entscheidungserheblicher Rechtsfragen zugelassen.

Quecke
Bernd
Weyers

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