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15.02.2019 · IWW-Abrufnummer 207235

Oberlandesgericht München: Urteil vom 20.12.2018 – 25 W 962/18

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


In Sachen
...
- Antragstellerin und Beschwerdegegnerin -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...
gegen
...
- Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...
wegen Erteilung der Vollstreckungsklausel
hier: Beschwerde
erlässt das Oberlandesgericht München ? 25. Zivilsenat ? durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... am 20.12.2018, gemäß § 128 Abs. 4 ZPO ohne mündliche Verhandlung, folgenden
Beschluss
Tenor:

    1.

    Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Landgerichts München I vom 27.02.2012, Az. 24 O 21706/11, aufgehoben.
    2.

    Das vom Landgericht (Arrondissementsrechtsbank) Amsterdam erlassene Urteil vom 26.03.1997, Rollennummer H 96.2387, wird zur Zwangsvollstreckung in Deutschland nicht zugelassen.
    3.

    Soweit die Beschwerdeführerin die Beschwerde zurückgenommen hat, ist sie des eingelegten Rechtsmittels verlustig.
    4.

    Die Kosten des Verfahrens trägt die Beschwerdegegnerin.

Gründe

I.

Mit Versäumnisurteil des Landgerichts (Arrondissementsrechtsbank) Amsterdam vom 26.03.1997 (Rollennummer H 96.2387) wurde die im Irak ansässige jetzige Beschwerdeführerin (als Beklagte des Ausgangsverfahrens) verurteilt, 15.443.006,40 Schwedische Kronen, zuzüglich jeweils bezifferter Zinsen sowie Verfahrenskosten, an die jetzige Beschwerdegegnerin (als Klägerin des Ausgangsverfahrens) zu zahlen. Das Versäumnisurteil ist nach niederländischem Recht vollstreckbar.

Im niederländischen Prozess waren die Klageschrift und die Ladung am 10.04.1996 im Wege der sog. remise au parquet zugestellt worden. Dabei handelt es sich um eine Form der öffentlichen Zustellung nach niederländischem Recht, die durch Übergabe des fraglichen Schriftstücks an die niederländische Staatsanwaltschaft ausgeführt wird. Diese hat zudem Abschriften der beiden Dokumente an das niederländische Außenministerium weitergereicht mit der Bitte um Zustellung an die Beschwerdeführerin und Übermittlung einer Empfangsbestätigung. Abschriften der beiden Dokumente wurden auch durch den niederländischen Gerichtsvollzieher per Einschreiben an die Beschwerdegegnerin gesendet. Außerdem wurde die Zustellungsurkunde in der Tageszeitung "De Volkskrant" veröffentlicht. Die Beschwerdegegnerin ist nicht zum Termin am 14.08.1996 erschienen und hat sich auch im Übrigen nicht am niederländischen Prozess beteiligt. Auch das Versäumnisurteil vom 26.03.1997 wurde öffentlich zugestellt; zudem wurde es per Einschreiben des Gerichtsvollziehers vom 28.04.1997 und überdies per Fax der Beschwerdegegnerin zugesendet. Die Beschwerdegegnerin hat den Empfang am 28.05.1997 per Rückfax bestätigt.

Am 16.09.1997 erließ das Amtsgericht Frankfurt am Main (Az. 29 C 2178/97-69) zugunsten der Beschwerdegegnerin einen Arrestbefehl und Pfändungsbeschluss in mehrere deutsche Bankguthaben der Beschwerdeführerin.

Mit Schriftsatz vom 30.09.2011 (Bl. 1 d.A.) hat die Beschwerdegegnerin beim Landgericht München I die Vollstreckbarerklärung des niederländischen Versäumnisurteils gemäß Art. 31 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27.09.1968 (ABl. EG 1998 C 27/1; im Folgenden: EuGVÜ) beantragt. Mit Beschluss vom 27.02.2012 (Bl. 26 d.A.), auf den Bezug genommen wird, hat der Vorsitzende der 24. Zivilkammer des Landgerichts München I gemäß § 8 Abs. 1 AVAG angeordnet, das niederländische Urteil mit der Vollstreckungsklausel zu versehen. Das Landgericht erklärt, dass Anerkennungshindernisse nicht ersichtlich seien. Auf der Grundlage dieses Beschlusses hat die Rechtspflegerin am 16.03.2012 gemäß § 9 Abs. 1 AVAG die Vollstreckungsklausel erteilt (Bl. 31 d.A.).

Eine von der Rechtshilfeprüfstelle des Landgerichts am 29.03.2012 an die Deutsche Botschaft in Bagdad gerichtete Anfrage, inwieweit irakische Behörden derzeit Zustellungshilfe leisten bzw. mit welcher Bearbeitungszeit zu rechnen sei (Bl. 36 d.A.), wurde von der Botschaft dahingehend beantwortet, dass eine förmliche Zustellung durch die Botschaft nicht möglich sei, weil die irakischen Behörden keine Rechtshilfe leisteten, und dass entsprechende Ersuchen an die zuständigen irakischen Behörden daher ins Leere liefen (E-Mail vom 29.03.2012, Bl. 34 d.A.); stattdessen wurde angeboten, den Zustellungsempfänger in die Botschaft zu bitten, um dort die Unterlagen persönlich auszuhändigen, bzw. dem Landgericht vorgeschlagen, auf einen kommerziellen Kurierdienst zurückzugreifen. Daraufhin hat das Landgericht mit Schreiben vom 22.05.2012 (nach Bl. 41 d.A.) die zuzustellenden Unterlagen samt Angaben zu möglichen Empfangsberechtigten der Botschaft mit der Bitte um Zustellung "durch einfache Übergabe (formlos)" übersandt. Mit Schriftsätzen vom 11.06.2013 (Bl. 45 d.A.) und vom 12.07.2013 (Bl. 51 d.A.) beantragte die Beschwerdegegnerin die Bewilligung der öffentlichen Zustellung. Mit Schreiben vom 28.06.2013 (Bl. 49 d.A.) teilte die Botschaft dem Landgericht mit, dass die "Schriftsätze" am 23.09.2012 bei ihr eingegangen seien und dass sie daraufhin den Empfangsberechtigten zwar kontaktiert und um Abholung gebeten habe, dass diese, anders als zunächst zugesichert, jedoch nicht erfolgt sei und dass seither weitere Versuche der Kontaktaufnahme erfolglos geblieben seien. Welche Informationen die Botschaft der Beschwerdeführerin konkret gegeben hat, steht nicht fest. Es gibt aber keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass mitgeteilt wurde, vor welchem deutschen Gericht die Beschwerdeführerin in Anspruch genommen wird, auf welcher Grundlage dies erfolgt und in welchem Stadium sich das fragliche Verfahren befindet.

Mit Beschluss vom 17.07.2013 (Bl. 54 d.A.), auf den Bezug genommen wird, hat der Vorsitzende der 24. Zivilkammer des Landgerichts München I die öffentliche Zustellung seines Beschlusses vom 27.02.2012, einer Abschrift des niederländischen Titels samt Übersetzungen, der Vollstreckungsklausel und weiterer Unterlagen an die Beschwerdeführerin sowie die einmalige Veröffentlichung der Benachrichtigung über die öffentliche Zustellung im elektronischen Bundesanzeiger angeordnet. Zugleich wurde die Beschwerdefrist auf sechs Wochen festgesetzt. Wie von der Beschwerdegegnerin mit Schriftsatz vom 30.01.2014 (Bl. 61 d.A.) beantragt, hat die Urkundsbeamtin des Landgerichts am 06.02.2014 ein Zeugnis gemäß § 23 AVAG ausgestellt, wonach die Zwangsvollstreckung unbeschränkt stattfinden darf (Bl. 63/64 d.A.).

Mit Schriftsatz vom 25.04.2018 hat sich der Verfahrensbevollmächtigte für die Beschwerdeführerin beim Landgericht bestellt und um Überlassung der zuzustellenden Schriftstücke gebeten (fälschlich ebenfalls als Bl. 63 d.A. paginiert); diese sind bei dem Verfahrensbevollmächtigten am 13.06.2018 eingegangen (Bl. 64 d.A.). Mit Schriftsatz vom 06.07.2018 (Bl. 67 d.A.), bei Gericht eingegangen am selben Tag, hat die Beschwerdeführerin Beschwerde eingelegt gegen den Beschluss gemäß § 8 Abs. 1 AVAG vom 27.02.2012. Sie trägt vor, dass die Beschwerdefrist durch die öffentliche Zustellung nicht in Gang gesetzt worden sei und dass sie vor Juli 2018 von dem Vollstreckbarerklärungsverfahren vor dem Landgericht keine Kenntnis gehabt habe. In der Sache beruft sie sich auf den in Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ vorgesehenen Anerkennungsversagungsgrund, weil ihr das verfahrenseinleitende Schriftstück im niederländischen Prozess nicht ordnungsgemäß zugestellt worden sei. Insbesondere bestreitet sie, das Einschreiben mit der niederländischen Klageschrift erhalten oder in anderer Weise Kenntnis von der Einleitung des niederländischen Verfahrens vor dessen Abschluss erlangt zu haben.

Den weiteren zunächst noch mit der Beschwerde verfolgten Antrag, die am 16.03.2012 von der Urkundsbeamtin des LG München I erteilte Vollstreckungsklausel aufzuheben, hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 19.10.2018 (Bl. 144 d.A.) zurückgenommen, nachdem der Senat mit Beschluss vom 04.10.2018 (Bl. 141 d.A.) darauf hingewiesen hat, dass die Beschwerde insoweit nicht statthaft sei. Der ergänzend mit Schriftsatz vom 27.07.2018 (Bl. 90 d.A.) gestellte Antrag der Beschwerdeführerin, die Zwangsvollstreckung aus dem niederländischen Urteil bis zur endgültigen Entscheidung über die Beschwerde für unzulässig bzw. hilfsweise nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 130 % des beizutreibenden Betrags für zulässig zu erklären, wurde mit Schriftsatz vom 01.08.2018 für erledigt erklärt (Bl. 91 d.A.). Mit Schriftsatz vom 19.10.2018 hat die Beschwerdeführerin eine Anordnung beantragt, wonach die Zwangsvollstreckung bis zum Ablauf der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde oder bis zur Entscheidung über diese Beschwerde nicht über Maßregeln zur Sicherung hinausgehen darf bzw. hilfsweise nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 130 % des beizutreibenden Betrags zulässig sein soll.

Die Beschwerdegegnerin ist der Beschwerde mit Schriftsatz vom 03.09.2018 (Bl. 102 d.A.) sowie weiteren Schriftsätzen vom 02.11.2018 (Bl. 147 d.A.), 06.11.2018 (Bl. 170 d.A.), 14.11.2018 (Bl. 179 d.A.) und 7.12.2018 (Bl. 188 d.A.) entgegengetreten. Sie hält die Beschwerde für verfristet, weil die öffentliche Zustellung der Vollstreckbarerklärung schon im Jahr 2013 ordnungsgemäß erfolgt sei; allemal sei von einer treuwidrigen Zustellungsvereitelung durch die Beschwerdeführerin auszugehen. Im Übrigen sei der angebliche Anerkennungsversagungsgrund nicht gegeben: Der Beschwerdeführerin sei das niederländische verfahrenseinleitende Schriftstück zugegangen bzw. sie habe immerhin die Möglichkeit zur Kenntnisnahme gehabt; dafür spreche nach Lage der Dinge ein Beweis des ersten Anscheins.

II.

Die Beschwerde ist statthaft (dazu 1) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt (dazu 2), sowie begründet (dazu 3).

1. Wie sich aus Art. 66 Abs. 2 Brüssel Ia-VO Nr. 1215/12 sowie Art. 66 Brüssel I-VO Nr. 44/2001 ergibt, unterliegen die Vollstreckbarerklärung sowie das Rechtsbehelfsverfahren in einem Altfall wie dem vorliegenden noch Art. 31 ff. EuGVÜ (vgl. auch BGH, 21.09.2017 - IX ZB 83/16, WM 2017, 2031, 2032). Die Statthaftigkeit der Beschwerde ergibt sich aus Art. 36 Abs. 1 EuGVÜ und § 11 Abs. 1 AVAG.

2. Art. 36 Abs. 1 EuGVÜ bestimmt zugleich die Beschwerdefrist: Diese endet einen Monat nach Zustellung der Entscheidung des Landgerichts vom 27.02.2012 über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung.

a) Die Frage, wann bzw. unter welchen Voraussetzungen die Zustellung im Sinne dieser Vorschrift erfolgt, ist nach einhelliger Ansicht anhand der lex fori des Vollstreckungsstaats, hier also der deutschen ZPO, zu beurteilen (vgl. etwa Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl. 2011, Art. 43 EuGVO Rz. 14). Dem EuGVÜ ist in diesem Zusammenhang als Mindestanforderung nur zu entnehmen, dass die Zustellung der Entscheidung nach den vertragsstaatlichen Vorgaben ordnungsgemäß erfolgen muss und dass, falls dem nicht genügt worden ist, die Rechtsbehelfsfrist nicht schon dadurch ausgelöst wird, dass der Titelschuldner irgendwie von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat (EuGH, 16.02.2006 - Rs. C-3/05, NJW 2006, 1114 [EGMR 28.04.2005 - 72758/01]).

b) Für die Zwecke des Art. 36 Abs. 1 EuGVÜ kommt im Anwendungsbereich des somit einschlägigen deutschen Prozessrechts auch eine öffentliche Zustellung nach Maßgabe von § 185 ZPO in Betracht. Dies folgt schon aus der gerade für diesen Fall in § 10 Abs. 2 AVAG vorgesehenen Möglichkeit zur Verlängerung der Beschwerdefrist, von der das Landgericht im Beschluss vom 17.07.2013 (Bl. 54 d.A.) Gebrauch gemacht hat

Die EuGH-Judikatur, wonach im innereuropäischen Rechtsverkehr nicht auf fiktive Zustellungsformen des mitgliedstaatlichen Prozessrechts zurückgegriffen werden darf (EuGH, 13.10.2005 - Rs. C-522/03, NJW 2005, 3627; EuGH, 19.12.2012 - Rs. C-325/11, NJW 2013, 443), ist hier nicht maßgeblich, weil die Beschwerdeführerin ihren Sitz im Irak hat.

Irrelevant ist aus demselben Grund auch, dass Art. 36 Abs. 2 S. 1 EuGVÜ (bzw. § 35 S. 1 AVAG) eine Zustellung entweder in Person oder in seiner Wohnung verlangt, sodass eine fiktive Zustellung unzureichend wäre. Dies gilt ausdrücklich nur dann, wenn der Titelschuldner seinen Wohnsitz oder Sitz in einem anderen Vertragsstaat hat. Art. 36 EuGVÜ unterscheidet hinsichtlich der Zustellungsanforderungen also danach, ob der Adressat innerhalb (Abs. 2) oder außerhalb (Abs. 1) der EU ansässig ist (klarstellend etwa Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl. 2011, Art. 43 EuGVO Rz. 15). Diese Differenzierung mag rechtspolitisch fragwürdig bzw., wie die Beschwerdeführerin im Schriftsatz vom 28.09.2018 meint, "zweckwidrig" erscheinen. Die Ungleichbehandlung beruht aber keineswegs auf einem Redaktionsversehen, sondern ist auch in die Brüssel I-VO übernommen worden (vgl. dort Art. 43 Abs. 5) und im Übrigen ganz ähnlich in anderen Regelungszusammenhängen des EuGVÜ bzw. seiner Nachfolgeverordnungen vorgesehen (vgl. Art. 4 Abs. 2 sowie Art. 20 Abs. 1 EuGVÜ; nunmehr Art. 6 Abs. 2 sowie Art. 28 Abs. 1 Brüssel Ia-VO).

Die Differenzierung ist nach geltendem Recht hinzunehmen, weil kein Verstoß gegen höherrangiges Recht ersichtlich ist: Der Gesetzgeber steht bei der Regelung von Zustellungsfragen vor der Herausforderung, zwei tendenziell widerstreitende grundrechtsrelevante Positionen, nämlich den Justizgewährungsanspruch des Zustellungsinteressenten einerseits und den Anspruch des Zustellungsadressaten auf rechtliches Gehör andererseits, in einen angemessenen Ausgleich zu bringen. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin erscheint es vor diesem Hintergrund auch mit Rücksicht auf Art. 6 Abs. 1 EMRK sowie Art. 103 Abs. 1 GG durchaus vertretbar, in bestimmten gesetzlich geregelten Fällen eine fiktive Zustellung genügen zu lassen (vgl. BGH, 12.12.2012 - VIII ZR 307/11, NJW 2013, 387, 390, dort mit weiteren Nachweisen zur vergleichbaren Beurteilung der faktischen Benachteiligung auslandsansässiger Parteien im Falle einer Zustellung durch Aufgabe zur Post als EMRK- und verfassungskonform). Das muss konsequenterweise gerade auch dann gelten, wenn durch die Zustellung Verteidigungs- bzw. Rechtsbehelfsfrist ausgelöst werden. Auch eine je nach Sitzstaat des Titelschuldners differenzierende Bestimmung der Zustellungsanforderungen, wie sie Art. 36 EuGVÜ vorsieht, ist hinzunehmen, zumal zu berücksichtigen ist, dass die dort in Abs. 1 vorgesehene Erleichterung umgekehrt auch solchen Titelgläubigern zugutekommt, die außerhalb der EU ansässig sind.

c) Der Beschluss gemäß §§ 185, 186 ZPO, mit dem die öffentliche Zustellung angeordnet wird, ist zwar nach allgemeiner Ansicht nicht isoliert anfechtbar (vgl., statt vieler, etwa Häublein, in: MünchKommZPO, 5. Aufl. 2016, § 186 Rz. 5; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2016, § 186 Rz. 4). Davon unberührt bleibt jedoch die Möglichkeit, die Wirksamkeit der öffentlichen Zustellung inzident in einem anderen Verfahren zu klären, hier also im Hinblick auf die Wahrung der in Art. 36 Abs. 1 EuGVÜ geregelten Beschwerdefrist.

d) Diese Prüfung führt im vorliegenden Fall dazu, dass die gemäß § 186 Abs. 1 ZPO bewilligte öffentliche Zustellung nicht als wirksam erfolgt anzusehen ist und damit nicht die in § 188 S. 1 ZPO vorgesehene Wirkung auslöst.

aa) Die Parteien streiten über die Voraussetzungen einer solchen Zustellung. Einschlägig ist § 185 Nr. 3 ZPO, wonach die Zustellung an einen Adressaten mit (bekanntem) ausländischen Aufenthaltsort durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen kann, wenn eine Zustellung im Ausland nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht. Weil schon eine dieser beiden Varianten die öffentliche Zustellung zu rechtfertigen vermag, bedarf es keiner trennscharfen Abgrenzung, etwa dahingehend, dass für die erste Variante eine generelle und für die zweite eine konkrete Betrachtung ausschlaggebend sein soll (so etwa Rohe, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl. 2013, § 185 Rz. 26). Maßgeblich ist, ob das Landgericht die öffentliche Zustellung bei sorgfältiger Prüfung der Unterlagen anordnen durfte (vgl. BGH, 06.10.2006 ? V ZR 282/05, NJW 2007, 303 [BGH 06.10.2006 - V ZR 282/05]).

bb) Von einer Unmöglichkeit der (regulären) Zustellung im Ausland im Sinne von § 185 Nr. 3 ZPO ist auszugehen, wenn der fragliche Staat entweder grundsätzlich oder im Einzelfall keine Rechtshilfe leistet.

(1) Im vorliegenden Fall war eine Zustellung in den Irak gemäß § 183 Abs. 1 ZPO a.F. (entsprechend § 183 Abs. 2 ZPO in der seit 10.01.2015 maßgeblichen Fassung) mangels einschlägigen Konventionsrechts ausgeschlossen. Ein bilateraler Vertrag besteht nicht; der Irak ist auch kein Vertragsstaat des Haager Übereinkommens über den Zivilprozess vom 01.03.1954 oder des Haager Übereinkommens über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil und Handelssachen vom 15.11.1965 (vgl. jeweils die Vertragsstaatenlisten auf der Homepage der Haager Konferenz, www.hcch.net).

(2) In Ermangelung einer völkerrechtlichen Vereinbarung ausgeschlossen war auch die in § 183 Abs. 1 S. 2 ZPO (= § 183 Abs. 2 S. 2 ZPO n.F.) vorgesehene Möglichkeit einer Zustellung durch Einschreiben mit Rückschein. Der Vorschrift liegt die Wertung des deutschen Gesetzgebers zugrunde, dass deutsche Gerichte Schriftstücke direkt an auslandsansässige Adressaten nur dann übermitteln dürfen, wenn der fragliche Aufenthaltsstaat durch den Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung sein Einverständnis zum Ausdruck gebracht hat; anderenfalls ist eben nach § 183 Abs. 2 S. 1 ZPO (= § 183 Abs. 3 S. 1 ZPO n.F.) vorzugehen. Dieses Verständnis wird zwar im Schrifttum kritisiert (vgl. etwa Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2015, Rz. 416 ff., wonach das Völkerrecht die deutsche Position nicht gebiete); gleichwohl hat der Gesetzgeber offenkundig auch anlässlich der Überarbeitung der Vorschrift durch das Gesetz zur Änderung von Vorschriften im Bereich des Internationalen Privat- und Zivilverfahrensrechts vom 11.06.2017 (BGBl. 2017 I, S. 1607) grundsätzlich daran festgehalten. Wenn demgemäß aber eine Zustellung durch Einschreiben mit Rückschein nicht möglich war, so gilt dies, weil es nicht auf das eingesetzte Transportunternehmen ankommen kann, auch für die Einschaltung eines privaten Kurierdienstes durch das Landgericht: Diese Möglichkeit wird zwar in der E-Mail der Deutschen Botschaft vom 29.03.2012 erwähnt, dies aber ausdrücklich nur "ggfs.", also für den - hier gerade nicht einschlägigen - Fall, dass dies rechtlich zulässig gewesen wäre.

(3) Zuzustellen war daher gemäß § 183 Abs. 2 S. 1 ZPO (= § 183 Abs. 3 S. 1 ZPO n.F.) unter Einschaltung der deutschen Auslandsvertretung. Bestätigt wird dies durch die zweite in S. 2 der Vorschrift genannte Variante: Das Landgericht durfte sich auf die eigens für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens durch seine Rechtshilfeprüfstelle aktuell eingeholte Auskunft der Botschaft vom 29.03.2012 verlassen, wonach irakische Behörden keine Rechtshilfe leisten. Gerade im Hinblick auf solche Staaten, in denen sich, wie seinerzeit im Irak, krisenbedingt die rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten sehr schnell ändern können, erscheint eine zeitnahe Auskunft durch die deutschen Behörden vor Ort verlässlicher als die Informationen im Länderteil zur ZRHO. Bestätigt wird dies nicht zuletzt durch die amtlichen Vorbemerkungen zum Länderteil der ZRHO, wo unter I. 2. S. 2 klargestellt wird, dass "[d]ie Angaben im Länderteil nicht von der Prüfung der Rechtslage [entbinden], beispielsweise im Hinblick auf inzwischen eingetretene Änderungen der Rechts- und Vertragslage" (Bek. vom 27.2.2012, BAnz. 2012, S. 1217, zitiert nach beck-online).

Bemerkenswert ist, dass die irakischen Behörden, wie inzwischen aus der Sachverhaltsschilderung in einem Parallelfall hervorgeht, im Frühjahr 2012 durchaus von deutschen Gerichten ausgehende und von der Botschaft in Bagdad übermittelte Zustellungsersuchen entgegengenommen haben (vgl. BGH, 24.09.2015 - IX ZB 91/13, juris, Rn. 2, dort zur Zustellung einer Vollstreckbarerklärung durch das LG Bonn). Für den vorliegenden Fall erscheint dies allerdings unerheblich, weil dieser Umstand bzw. die uneinheitlichen Auskünfte durch die Botschaft für das Landgericht bzw. seine Rechtshilfeprüfstelle nicht ersichtlich waren.

Die Zustellungsbefugnisse deutscher Auslandsvertretungen sind gemäß § 14 Abs. 3 S. 1 ZRHO auf formlose Zustellungen beschränkt, also auf die einfache Übergabe des Schriftstücks an den Empfänger, was allerdings ausdrücklich voraussetzt, dass dieser zur Annahme bereit ist (§ 5 S. 1 Nr. 1 lit. a ZRHO). Es kann dahingestellt bleiben, ob die Botschaft, wie die Beschwerde meint, gehalten war, die zuzustellenden Unterlagen durch einen Mitarbeiter zwecks eines Übergabeversuchs an einen Empfangsberechtigten zum Sitz der Beschwerdeführerin bringen zu lassen, bzw. ob ein solches Vorgehen überhaupt zulässig gewesen wäre; denn es steht fest, dass es dazu jedenfalls nicht gekommen ist. Die Botschaft durfte bei den gegebenen Umständen ohnehin davon ausgehen, dass sich die Beschwerdeführerin auch beim Versuch einer Übergabe nicht empfangsbereit gezeigt hätte.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin ist auch nicht von einer treuwidrigen Zustellungsvereitelung durch die Beschwerdeführerin auszugehen: Weil die Zustellung im Wege der Übergabe an den Adressaten zu bewerkstelligen ist, also gewissermaßen eine Bringschuld darstellt, kann die Weigerung des Adressaten, das zuzustellende Schriftstück bei der mit der Zustellung betrauten Stelle abzuholen, nicht als treuwidrig betrachtet werden.

cc) Nachdem der Versuch einer Zustellung der Dokumente durch die Deutsche Botschaft erfolglos verlaufen war, durfte das Landgericht nach Lage der Dinge von fehlendem Empfangswillen der Beschwerdeführerin ausgehen und deshalb auch davon, dass ein weiterer Versuch keinen Erfolg im Sinne von § 185 Nr. 3 Var. 2 ZPO versprechen würde. Keine besondere Bedeutung ist dabei im vorliegenden Fall dem Zeitfaktor beizumessen: Während dieser insbesondere dann zu berücksichtigen ist, wenn der Erfolg eines mittels internationaler Rechtshilfe in die Wege geleiteten Zustellungsversuchs nach längerer Zeit noch ungewiss ist (vgl. näher zu den Anforderungen in solchen Fällen BGH, 20.01.2009 - VIII ZB 47/08, NJW-RR 2009, 855, 856), konnte das Landgericht die mangelnden Erfolgsaussichten hier schon daraus ableiten, dass die Beschwerdeführerin die Unterlagen entgegen der ersten Zusage nicht in der Botschaft abgeholt hat und weitere Kontaktaufnahmen ergebnislos verliefen. Nach Ablauf von zehn Monaten (zwischen der auf die Ankunft der Unterlagen in der Botschaft am 23.09.2012 folgenden Kontaktaufnahme und der Anordnung der öffentlichen Zustellung) war aus Sicht des Landgerichts nicht mehr zu erwarten, dass sich die Beschwerdeführerin doch noch zur Abholung entschließen würde.

dd) Nach alledem durfte das Landgericht davon ausgehen, dass gemäß § 185 Nr. 3 ZPO die Möglichkeit einer öffentlichen Zustellung eröffnet war.

ee) Das Landgericht hat die öffentliche Zustellung zwar entsprechend den ausdrücklich in § 186 Abs. 2 und 3 ZPO aufgeführten Vorgaben durch Bekanntmachung in die Wege geleitet, es aber versäumt, die Beschwerdeführerin wenigstens informell über diesen Schritt und die in § 186 Abs. 2 S. 3 Nr. 1?4 ZPO vorgesehenen Punkte zu informieren.

Während eine solche Information, soweit ersichtlich, nach einhelliger Ansicht als allemal sinnvoll erachtet wird, wird uneinheitlich beurteilt, ob sie eine Voraussetzung für die Zustellungsfiktion gemäß § 188 S. 1 ZPO darstellt. Diese Frage wird bislang häufig verneint (so etwa, jeweils ohne Begründung: Häublein, in: MünchKommZPO, 5. Aufl. 2016, § 185 Rz. 13 a.E.; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2016, § 185 Rz. 15), worauf auch die Beschwerdegegnerin verweist. Demgegenüber mehren sich die Stimmen, die unter Berufung auf Art. 103 Abs. 1 GG dann von einer Wirksamkeitsvoraussetzung der öffentlichen Zustellung ausgehen, wenn dem Gericht eine Kommunikation mit dem Zustellungsadressaten möglich ist, ihm also dessen Kontaktdaten bekannt sind (ausführlich OLG Hamburg, 25.05.2018 - 8 U 51/17, ZVertriebsR 2018, 331, 335 f.; zur Parallelfrage bei § 185 Nr. 2 ZPO auch OLG Frankfurt, 11.01.2018 - 6 U 95/17, juris; aus dem Schrifttum Rohe, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl. 2013, § 185 Rz. 35; vgl. aus dem Schrifttum etwa Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2015, Rz. 252; Linke/Hau, Internationales Zivilverfahrensrecht, 7. Aufl. 2018, Rz. 8.40).

Der Senat schließt sich der letztgenannten Ansicht an: Richtigerweise ist als ungeschriebene Voraussetzung von § 188 S. 1 ZPO zwar nicht zu fordern, dass der Versuch einer Information des Zustellungsadressaten tatsächlich zum Erfolg führt; denn dies wäre unvereinbar mit der Rechtssicherheit, die von dieser Vorschrift bezweckt wird, und würde das Institut der öffentlichen Zustellung, die eben auch dem Interesse des Zustellungsinteressenten dient, weitgehend entwerten. Wohl aber ist wegen des verfassungsrechtlich verbürgten Anspruchs auf rechtliches Gehör zu fordern, dass ein solcher Versuch wenigstens ernsthaft unternommen wird, wenn sich faktisch die Möglichkeit dazu bietet. Dabei handelt es sich nicht etwa um eine sinnlose Förmelei; vielmehr gilt es, dem auslandsansässigen Zustellungsadressaten eine Chance zu eröffnen, binnen der in § 234 Abs. 3 ZPO geregelten Jahresfrist zumindest Wiedereinsetzung zu beantragen, wenn er die Beschwerdefrist gemäß Art. 36 Abs. 1 EuGVÜ bzw. § 11 Abs. 3 S. 1 AVAG (vgl. dort zur Einordnung als Notfrist im Sinne von § 233 S. 1 ZPO) versäumt, weil ihn die Bekanntgabe gemäß § 186 Abs. 2 ZPO nicht erreicht hat. Verfügt das Gericht über Kontaktdaten des Adressaten, so ist es gehalten, diese auch zu nutzen: Gerade in internationalen Fällen ist die Verlautbarung gemäß § 186 ZPO kaum geeignet, dem Adressaten tatsächlich Kenntnis zu verschaffen, und deshalb gilt es im Lichte von Art. 103 Abs. 1 GG, weitere Möglichkeit nach Kräften auszuschöpfen. Dies gilt umso mehr, als dadurch der Justizgewährungsanspruch der anderen Partei nicht beeinträchtigt wird; denn nach hier vertretener Ansicht bleibt es eben auch dann bei der Zustellungswirkung, wenn der unternommene Versuch, den Adressaten zusätzlich zu informieren, letztlich nicht zum Ziel führt. Die hier vertretene Ansicht liegt im Übrigen auf einer Linie mit den zur Gewährleistung rechtlichen Gehörs zutreffend strengen Anforderungen, von denen die Rechtsprechung im Falle einer öffentlichen Zustellung im Hinblick auf den in Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ (nunmehr Art. 45 Abs. 1 lit. b Brüssel Ia-VO) vorgesehenen Anerkennungsversagungsgrund ausgeht (BGH, 21.09.2017 - IX ZB 83/16).

Im vorliegenden Fall verfügte das Landgericht über eine Postanschrift der Beschwerdeführerin, hätte also die in § 186 Abs. 2 S. 3 Nr. 1?4 ZPO vorgesehenen Informationen postalisch per Einschreiben übermitteln können. Die oben dargelegten Bedenken gegen eine Zustellung per Post hätten einer solchen bloßen Information über die in die Wege geleitete öffentliche Zustellung nicht entgegengestanden. Die Beschwerdegegnerin hatte dem Landgericht zudem Telefonnummern und E-Mail-Adressen von Zustellungsempfängern benannt (Bl. 38 d.A.). Vor allem aber bot sich dem Landgericht die Möglichkeit, über die Deutsche Botschaft in Bagdad, die bereits zuvor telefonisch und per E-Mail in Kontakt mit der Beschwerdeführerin getreten war, zu versuchen, ihr die Information zukommen zu lassen. Anlass dazu bestand schon deshalb, weil das Landgericht ausweislich des Schreibens der Deutschen Botschaft vom 28.06.2013, in dem unzutreffend von "Schriftsätzen" die Rede war, keineswegs sicher sein konnte, dass die Botschaft der Beschwerdeführerin zuvor hinreichend klargemacht hatte, um welche Unterlagen es überhaupt geht. Vielmehr fehlen Anhaltspunkte dafür, dass die Botschaft die Unterlagen wenigstens ? entsprechend den von § 186 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 und 3 ZPO als unabdingbar erachteten Angaben ? so konkret bezeichnet hat, dass die Beschwerdeführerin in die Lage versetzt wurde, den Anlass zur fristgebundenen Wahrung ihrer Rechte in einem bestimmten deutschen Gerichtsverfahren zu erkennen. Schließlich konnte das Landgericht auch nicht davon ausgehen, dass die Beschwerdeführerin aus anderen Quellen über diese Informationen verfügt.

e) Eine grundsätzlich in Betracht zu ziehende Heilung des Zustellungsmangels ist hier nach Lage der Dinge nicht etwa schon dadurch eingetreten, dass sich der Verfahrensbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 25.04.2018 für die Beschwerdeführerin bestellt und mit der Bitte um Überlassung der zuzustellenden Schriftstücke an das Landgericht gewandt hat (vgl. die entsprechenden Hinweise bei BGH, 24.09.2015 - IX ZB 91/13, juris, Rn. 19 f.), sondern frühestens am 13.06.2018 mit Eingang der fraglichen Unterlagen bei dem Verfahrensbevollmächtigten.

f) Weil nach alldem die Zustellungsfiktion des § 188 S. 1 ZPO und damit die Beschwerdefrist nicht vor dem 13.06.2018 ausgelöst worden ist, ist die Beschwerde vom 06.07.2018 zu unverfristeter Zeit erhoben worden.

3. Die Beschwerde ist auch begründet: Die Vollstreckbarerklärung ist aufzuheben, weil Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ, anders als vom Landgericht unterstellt, der Anerkennung des niederländischen Versäumnisurteils entgegensteht.

a) Es ist unstreitig, dass sich die Beschwerdeführerin, wie in Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ vorausgesetzt, auf das niederländische Verfahren nicht eingelassen hat.

b) Es kann dahingestellt bleiben, ob die in den Niederlanden erfolgte öffentliche Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks nach Maßgabe der dort geltenden Vorschriften ordnungsgemäß im Sinne von Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ erfolgt ist (vgl. die Ausführungen bei BGH, 21.09.2017 - IX ZB 83/16, WM 2017, 2031, 2033).

c) Ausschlaggebend ist vielmehr das zweite in Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ enthaltene, eigenständig zu prüfende Erfordernis, wonach das Schriftstück auch so rechtzeitig zugestellt worden sein muss, dass sich die Beschwerdeführerin verteidigen konnte. Weil davon im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden kann, ist die Anerkennung zu versagen.

Mit den insoweit zu stellenden Anforderungen hat sich der BGH, ebenfalls vor dem Hintergrund einer niederländisch-irakischen Auseinandersetzung, in seinem Beschluss vom 21.09.2017 (IX ZB 83/16, WM 2017, 2031, 2033 Rz. 18 ff.) eingehend befasst. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an. Danach hat das Gericht des Vollstreckungsstaats, hier also der Senat, eigenständig nachzuprüfen, ob ob dem Beklagten das verfahrenseinleitende Schriftstück in einer Weise zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte. Dass es dazu gekommen ist, kann im Falle einer öffentlichen Zustellung nicht schon aus dem Umstand abgeleitet werden, dass diese Zustellung an sich ordnungsgemäß angeordnet und durchgeführt worden ist. Denn der Erfahrungssatz, dass mit einer ordnungsgemäßen Zustellung regelmäßig auch die tatsächliche Kenntnisnahmemöglichkeit einhergeht, greift in solchen Fällen gerade nicht. Vielmehr muss der Vollstreckungsgläubiger die Umstände, aufgrund derer das Gericht des Vollstreckungsstaats sich davon überzeugen kann, dass tatsächlich hinreichende Möglichkeit zur Kenntnisnahme bestand, darlegen und im Bestreitensfall beweisen. Im Rahmen der dem Gericht obliegenden wertenden Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ist laut BGH zu berücksichtigen, dass die abstrakte Möglichkeit, dass der Beklagte des Ausgangsverfahrens das verfahrenseinleitende Schriftstück erhalten haben könnte, nicht genügt, wenn eine ladungsfähige Anschrift des Beklagten bekannt ist: Dann muss das Gericht im Falle einer fiktiven Zustellung durch remise au parquet die Überzeugung gewinnen, dass die tatsächliche Möglichkeit einer Kenntnisnahme bestand.

Im vorliegenden Fall liegen keine hinreichenden Indizien vor, die eine Überzeugungsbildung dahingehend erlauben, dass der Beschwerdeführerin im niederländischen Ausgangsverfahren die Möglichkeit der Verteidigung offenstand. Die Beschwerdeführerin hat zwar den Empfang des niederländischen Versäumnisurteils eingeräumt, aber ausdrücklich bestritten, das Einschreiben mit der niederländischen Klageschrift erhalten oder in anderer Weise Kenntnis von der Einleitung des niederländischen Verfahrens vor dessen Abschluss erlangt zu haben. Die Beschwerdegegnerin hat zwar dargelegt, dass das niederländische verfahrenseinleitende Schriftstück auf den Weg zur Beschwerdeführerin gebracht worden ist, nicht aber den Beweis erbracht, dass es dort jemals angekommen ist. Entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin spricht auch kein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass das Schriftstück tatsächlich zugegangen ist bzw. die Beschwerdeführerin wenigstens rechtzeitig die Möglichkeit der Kenntnisnahme gehabt hat. Zwar hat die niederländische Staatsanwaltschaft das Schriftstück mit der Bitte um Zustellung an das niederländische Außenministerium weitergereicht. Es ist aber gerade nicht ersichtlich, dass es dazu gekommen ist; denn die zugleich erbetene Empfangsbestätigung konnte nicht vorgelegt werden. Entsprechendes gilt für den Versand der Unterlagen per Einschreiben durch den niederländischen Gerichtsvollzieher.

d) Ohne Belang ist, dass die Beschwerdeführerin unstreitig zwar vom Erlass des niederländischen Versäumnisurteils zeitnah Kenntnis erlangt, sich gegen dieses in den Niederlanden aber nicht mit etwaigen Rechtsbehelfen zur Wehr gesetzt hat. Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ sieht keine Rechtsbehelfsobliegenheit des säumig gebliebenen Titelschuldners vor. Vielmehr wurde eine solche erst durch die Brüssel I-VO Nr. 44/2001 eingeführt (dort Art. 34 Nr. 2; vgl. dazu BGH, 17.05.2018 - IX ZB 26/17, WM 2018, 1316; nunmehr: Art. 45 Abs. 1 lit. b Brüssel Ia-VO), und zwar erklärtermaßen in Abkehr von der früheren Rechtsprechung des EuGH, der zum EuGVÜ das Bestehen einer Rechtsbehelfsobliegenheit ausdrücklich abgelehnt hatte (EuGH, 12.11.1992 - Rs. C-123/91, EuZW 1993, 39). Eine rückwirkende Anwendung der anerkennungsfreundlicheren Neuregelung auf solche Titel, die - wie hier - noch dem EuGVÜ unterfallen, kommt nicht in Betracht (klarstellend BGH, 22.07.2004 - IX ZB 2/03, NJW 2004, 3189; BGH, 20.01.2005 - IX ZB 154/01, IPRspr 2005, Nr. 148b; Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2013, § 12 Nr. 52; Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl. 2011, Art. 34 EuGVO Rz. 42 m. w. Nachw.) Die gegenteilige Auffassung (namentlich vertreten von Geimer in Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, Art. 45 EUGVVO Rz. 37) hat sich nicht durchsetzen können.

4. Ergänzend zu der Aufhebung der Vollstreckbarerklärung des niederländischen Versäumnisurteils ist zu beschließen, dass diese Titel in Deutschland zur Zwangsvollstreckung nicht zugelassen werden. Dies folgt aus § 23 Abs. 3 AVAG (vgl. Eichel, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Stand 2014, § 13 AVAG Rz. 6). Aus dieser Vorschrift geht zugleich hervor, dass die Zwangsvollstreckung aus dem niederländischen Versäumnisurteil, selbst wenn sie auf Maßregeln der Sicherung beschränkt ist, infolge des vorliegenden Beschlusses nicht mehr stattfinden darf. Damit erübrigt sich der Antrag der Beschwerdeführerin, eine Anordnung zu erlassen, wonach die Zwangsvollstreckung bis zum Ablauf der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde oder bis zur Entscheidung über diese Beschwerde nicht über Maßregeln zur Sicherung hinausgehen darf bzw. hilfsweise nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 130 % des beizutreibenden Betrags zulässig sein soll.

III.

1. Weil die Beschwerdeführerin ihren gegen die Vollstreckungsklausel gerichteten Antrag zurückgenommen hat, ist sie insoweit entsprechend § 516 Abs. 3 ZPO des Rechtsmittels der Beschwerde für verlustig zu erklären.

2. Die Kostentragungslast der Beschwerdegegnerin folgt aus § 91 ZPO. Soweit die Beschwerdeführerin ihren Antrag zurückgenommen hat, wären ihr an sich zwar entsprechend § 516 Abs. 3 S. 1 ZPO die Kosten aufzuerlegen; davon ist hier aber gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO abzusehen.

RechtsgebietÖffentliche ZustellungVorschriften§ 187 ZPO

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