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14.02.2019 · IWW-Abrufnummer 207200

Landgericht Frankfurt a. M.: Beschluss vom 15.10.2018 – 5/2 KLs 11/18

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


5/2 KLs 7550 Js 242375/15 (11/18)

Landgericht Frankfurt am Main

Beschluss

In dem Strafverfahren

xxx
   
w e g e n    Verdachts der Steuerhinterziehung

wird die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt.

Die Anklage der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Frankfurt am Main vom 17.05.2018 wird aus tatsächlichen Gründen nicht zur Hauptverhandlung zugelassen.

Der Antrag auf Beteiligung des X e.V. an dem Verfahren wird, weil gegenstandslos, zurückgewiesen.

Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeschuldigten.

Gründe

Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeschuldigten Hinterziehung bzw. (C.) Beihilfe zur Hinterziehung von Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer und (nur A., B. und Dr.) Umsatzsteuer für das Jahr 2006 vor. Die Angeschuldigten hätten bewirkt bzw. daran mitgewirkt, dass durch die Abgabe unrichtiger Steuererklärungen zugunsten des D die Rückzahlung eines privaten Darlehens von K. im Jahr 2005 zu Unrecht als Betriebsausgabe im Jahr 2006 (ertrag-) steuermindernd verrechnet worden sei und infolge des dadurch entfallenen Status der Gemeinnützigkeit des D unberechtigte Steuerprivilegien in Anspruch genommen worden seien. Der den Angeschuldigten zur Last gelegte Verkürzungsbetrag beläuft sich bei den Herren A., B. und Dr. auf rd. 13,7 Mio. € und bei Herrn C. auf rd. 2,7 Mio. €.

I.

Der Sachverhalt auf der Grundlage der Feststellungen und Wertungen der Anklage stellt sich chronologisch (sowie unter Berücksichtigung von erläuternden Schriftstücken) wie folgt dar:

Datum    Ereignis      
06.07.2000    Abstimmung F Exekutivkomitee mit Vergabe der Spiele an Deutschland      
Dezember 2001    4-Augen-Gespräch V. und K. in Stadt1      
03.05.2002    Bewilligung Zuschuss 250 Mio. CHF durch F-Exekutivausschuss      
08.05.2002    Amendment to the Organising Association Agreement: Regelung zum Zuschuss für D in Höhe von 250 Mio. CHF,
Auszahlung im Zeitraum 08.05.2002 bis Sommer 2006      
08.05.2002    Überweisung 1. Rate Zuschuss rd. 17,14 Mio. € von Konto F auf Konto D      
22.05.2002     Fax von Geschäftsstelle O München an Ehefrau Y. mit Vertrag S und KE betreffend Asien-Spiele      
24.05.2002    Eröffnung Konto K./Y., Stadt2      
24.05.2002     1. Überweisungsauftrag 1,95 Mio. CHF von Konto K./Y. auf Konto Advokaturbüro, Land1       
29.05.2002    Wiederwahl V. als Präsident der FIFA      
29.05.2002     1. Überweisungsauftrag K. 1,95 Mio. CHF von Konto Advokaturbüro W. auf Konto KE      
13.07.2002    Y. verstorben      
11.08.2002    Notiz E.: K. ein guter Freund von Fss. bräuchte … für ca. 6 – 8 Monate einen Betrag … Es geht … um SFR 10 Mio. … persönlicher Kredit unseres Kunden an K.      
16.08.2002    Überweisung 10 Mio. CHF von Konto Fss. auf Konto Advokaturbüro      
03.09.2002     Überweisung 6 Mio. CHF von Konto Advokaturbüro auf Konto K./Y.,
Ausgleich von Überweisungen 6 Mio. CHF im Zeitraum 5 – 7/2002 von Konto K./Y. auf Advokaturbüro mit anschließender Weiterleitung auf Konto KE      
05.09.2002    Überweisung 4 Mio. CHF von Konto Advokaturbüro auf Konto KE,
Verwendungszweck: Schlusszahlung Verwertungsrechte Asian Games      
07.05.2003     Notiz E.: 01.05.03 Treffen Fss. mit K. und dessen Vertrautem L., Verlängerung Kredit bis 31.03.2002, F. Bitte: Zinsen L. mitteilen     
31.07.2003    Notiz M.: Fss. hat einem Geschäftsfreund Darlehen von CHF 10 Mio. gewährt, um aus dem Nachlass der ... TV-Rechte zu kaufen.     
14.08.2003    A. und B. nach Stadt3, um F. zum Verzicht auf Rückzahlung des Darlehens zu bewegen      
09.11.2003    Notiz E.: Der Kredit von ihm an K. von SFR 10 Mio. belastet seine Kreditlinie … Ein Gespräch mit K. und dem ... in Präsenz von F. hat kürzlich stattgefunden. Er soll nun erst Ende Januar 2004 zurückgezahlt werden.       
09.12.2003/
21.06.2004     Auftrag Bundesregierung an Ar wegen Auftaktveranstaltung      
12.05.2004    Notiz E.: 02.06.2004 Meeting in Stadt4, wo … Kredit Fss. an K. … Rückzahlung vereinbart werden soll. Die notwendigen Leute, u.a. K. sind persönlich anwesend.      
07.10.2004     Memorandum of Understanding zwischen F und BMI,
F übernimmt … mit allen Rechten und Pflichten die Verträge mit Ar und erstattet der Bundesregierung die bisherigen finanziellen Aufwendungen von 2,6 Mi. €.       
08.11.2004     Notiz E.: Der Kredit K. läuft bis zum 06.Dez.04. Er hat mich gebeten, mit den verantwortlichen Personen Kontakt aufzunehmen, um denen zu helfen, die Sache nun definitiv zu regeln.      
07.04.2005    Präsidiumssitzung O: A. und B. erläutern die Entstehung eines Aufwands von 7 Mio. € zur Beteiligung an Kosten F-Gala,
Zustimmung Präsidium      
08.04.2005    Präsidiumsbeschluss von Präsidialausschuss AR O zur Kenntnis genommen      
19.04.2005   Musterschreiben mit Unterschrift von A. und B. an F – nach Kürzung des Betrags von 7 Mio. € auf 6,7 Mio. (= per Datum 27.04.2005: 10.331.400 CHF) – verschickt:
… unterstützen wir das Kulturprogramm der Bundesregierung bzw. der F …besonders … Auftaktveranstaltung in Stadt5 … Zahlungsmodalitäten:
Zahlung 6,7 Mio. an:
...      
25.04.2005    Fax (auf Veranlassung) C. nennt Konto F       
26., 27.04.2005    Zahlungsanweisung von A. und B.,
Überweisung von Konto D 6,7 Mio. € an F-Konto ... mit Verwendungszweck: Kostenbeteiligung O an F-Gala      
27.04.2005     Überweisung von F-Konto UBS 6,7 Mio.€ an Konto Fss. bei ...mit Verwendungszweck: F Spiele Deutschland 2006       
09.05.2005    Notiz E.: Der Kredit K. ist in der Zwischenzeit endlich zurückbezahlt worden …       
20.06.2005    Notiz E.: Kredit an K. … Euro statt CHF vergütet … Wir sollen Konto abschließen 5… T. ist beauftragt, Schuldanerkennung von K. an seinen Berater zurückzusenden      
12.01.2006     Presseerklärung F-Gala abgesagt      
31.12.2006     JA 2006: Zahlung von 27.04.2009 als „sonstige betriebliche Aufwendungen“ erfasst      
31.10.2007     Dr. unterzeichnet Steuererklärungen D      
02.11.2007     Erklärung KSt, GewSt, USt bei FA Ff III eingereicht      
22.01.2009 bis 07.04.2011    Betriebsprüfung bei D      
07.04.2011    Schlussbesprechung unter Teilnahme von u.a. A. und B.      
16.10.2015     SPIEGEL-Artikel zu Zuschuss O an F 6,7 Mio. €      
02.11.2005    Schreiben B. an S.: K. war der Begünstigte der damaligen Zahlung, weil damit die von ihm persönlich eingegangene Schuldverpflichtung, aus heutiger Sicht möglicherweise zu Unrecht, getilgt wurde.      
03.11.2015    Durchsuchung bei A. und Auffinden einer Notiz:
… 2001 …. zusammen mit K. bei der F wg. finanzieller Unterstützung der Spiele-Org. … 2004 erhielt ich Mitteilung, dass ein Darlehen eines Dritten in Anspruch genommen wurde … 6,7 Mio €. Der Betrag diente, so die Bestätigung von K., der Abgeltung von Provisionsforderungen aus dem Umfeld der F- Finanzkommission. … Verhandlungen durch den inzwischen verstorbenen Manager von K. Y. geführt. Nachdem K. für seine Tätigkeit in Bewerbungskommissions-Komitee und auch im O keinerlei Vergütung wollte und erhielt, beschloss das O einstimmig, den fraglichen Betrag auszugleichen ... im Hinblick auf die Leistungen von K. und seine türöffnenden Beiträge, gab es hinsichtlich der Höhe der Forderungen des Darlehensbetrags keinerlei Bedenken … Abwicklung erfolgte über die F     

II.

Die Anklage konnte aus tatsächlichen Gründen nicht zur Hauptverhandlung zugelassen werden.

Die Eröffnung des Hauptverfahrens setzt nach § 203 StPO hinreichenden Tatverdacht einer Straftat voraus. Bei vorläufiger Tatbewertung aufgrund der Anklage sowie des gesamten Akteninhalts muss eine spätere Verurteilung wahrscheinlich sein.

Eine solche Verurteilungswahrscheinlichkeit im Hinblick auf den Vorwurf der Steuerhinterziehung bzw. der Beihilfe dazu ist hier nicht gegeben. Der Ansatz der Zahlung an die F in Höhe von 6,7 Mio. € als Betriebsausgabe im Rahmen der Körperschaft- und Gewerbesteuererklärung 2006 war zutreffend und der Status der Gemeinnützigkeit des D durch die vorgenommene steuerliche Behandlung nicht entfallen.

Im Einzelnen:

1. Zwar war der im Rahmen des Betriebsausgabenabzugs geltend gemachte Bestimmungsgrund der Zahlung von 6,7 Mo. € falsch. Es handelte sich bei der Zahlung von 6,7 Mio. € des O an die F nicht um eine Beteiligung des D an den Kosten der F-Gala 2006.

Bereits die Betragsübereinstimmung der angeblichen Zahlung aus Anlass der F-Gala in Höhe von 6,7 Mio. € - entsprechend 10,3 Mio. CHF zum Umtauschkurs vom 27.04.2005 – einerseits und der darlehensweisen Hingabe von 10 Mio. CHF am 16.08.2002 durch Herrn Fss. zugunsten von Herrn K. (zzgl. Zinsen von 300.000 CHF) andererseits sowie die im Schreiben vom 19.04.2005 mit Unterschriften der Herren A. und B. gegenüber der F erklärte „Zahlungsmodalität“: „Zahlung 6,7 Mio. € an ...“ (Konto F.) sprechen dafür, den Bestimmungsgrund nicht in der F-Gala, sondern in Zusammenhang mit der Rückzahlung des genannte Darlehens zu sehen.

Gegen die Annahme eines Zusammenhangs zwischen der Zahlung der 6,7 Mio. € mit der F-Gala spricht eine Vielzahl von Anhaltspunkten.

So notierte etwa Herr E., der Bankberater von Herrn Fss., am 09.05.2005 nach der Überweisung des O vom 27.04.2005 an die F und der taggleichen Weiterleitung an Herrn Fss., wie dies dem genannten Schreiben von 19.04.2005 entsprach: „Kredit an K. … endlich zurückgezahlt. Ebenso notierte Herr E.  am 20.06.2005: „Schuldanerkennung von K. an seinen Berater zurücksenden.“

Eine finanzielle Unterstützung der F durch den D im Jahr 2005 in Höhe von 10 Mio. CHF erscheint angesichts der von 2002 bis 2006 laufenden Bezuschussung der FIFA zugunsten des D in Höhe von 250 Mio. CHF auch fernliegend.

Die Verantwortung für die Ausrichtung der Auftaktveranstaltung hatte die FIFA im Memorandum vom 07.10.2004 ohne Beteiligung des D übernommen. Verbucht wurde die Zahlung vom 27.04.2005 in der Buchführung beim D – verunklärend, unübersichtlich und unter Verstoß gegen das Verrechnungsverbot (vgl. §§ 243 Abs. 2, 246 Abs. 2 S.1 HGB) - zu Lasten des Kontos „Erhaltene Zuschüsse“, statt auf dem Konto „Geleistete Zuschüsse“, auf einem sonstigen Abgrenzungskonto oder einem Aufwandskonto.

2. Bestimmungsgrund der Zahlung der 6,7 Mio. € vom 27.04.2005 war nach der Anklage und der Aktenlage die Entlohnung von Herrn K. für seine Verdienste um die Vergabe der Spiele 2006 und die Organisation der Spiele als auch global auftretender Repräsentant in Öffentlichkeit, Politik und Wirtschaft.

Die betriebliche Veranlassung für die Entlohnung von Herrn K. beschreibt Herr A. in seiner Notiz vom 03.11.2015 nachvollziehbar dahingehend, dass Herr K. für seine Tätigkeit im Bewerbungskommissions-Komitee und im O keinerlei Vergütung wollte und erhalten hatte und das O im Hinblick auf dessen Leistungen und seine türöffnenden Beiträge beschlossen hatte, den Darlehensbetrag auszugleichen.

Im Hinblick auf den Auszahlungstermin 27.04.2005 liegt auch der Schluss nahe, dass die Zahlung an Herrn K. seine zukünftige Tätigkeit bis hin zur Repräsentation während des Turniers zu fördern geeignet und bestimmt war.

a) Die genannte Zahlung war aufwandswirksam. Die Behauptung, die im Jahr 2006 als Aufwand erfasste Zahlung aus dem Jahr 2005 werde durch die als Ertrag wirksame Auflösung des Kontos „Erhaltene Zuschüsse“ mit dem hier verrechneten Rest des F-Zuschusses kompensiert, geht offenbar fehl. Die Ertragswirkung der Kontoauflösung war um 6,7 Mio. € niedriger als sie es gewesen wäre, wenn ihr gegenüber kein Aufwand von 6,7 Mio. € hätte gegengerechnet werden müssen.

b) Die 2005 erfolgte Zahlung von 6,7 Mio. € wurde zu Recht im Jahr 2006 als Aufwand verrechnet. Der D bzw. der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb O bilanziert, d.h. Aufwand und Ertrag sind periodenrichtig zu erfassen (§ 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB). Da der Ertrag der Spiele im Jahr 2006 anfiel, sind die mit diesem Ereignis zusammenhängenden Aufwendungen diesem Jahr zuzuordnen.

Die Finanzverwaltung hat zwar bei der Erfassung der Zahlungen der F an das O auf den Zuschuss von 250 Mio. CHF statt der vollständigen Zuordnung der Zahlung als Ertrag des Jahres 2006 eine ratierliche Verteilung der erhaltenen (Teil-) Zahlungen im Verhältnis des angefallenen Jahresaufwands zum kalkulierten Gesamtaufwand zugelassen. Diese für die gewöhnlichen (einer Vorauskalkulation zugänglichen) Geschäftsvorfälle akzeptierte Handhabung kann nicht auf den außergewöhnlichen Fall einer nach den Statuten nicht vorgesehenen Honorierung von Herrn K. als einer Schlüsselfigur für den Erfolg der Spiele übertragen werden.

c) Der mögliche Betriebsausgabenabzug scheitert nicht daran, dass die Entscheidung der Gremien des O für die Zahlung der 6,7 Mio. € auf unzutreffender Grundlage (Kostenbeteiligung F-Gala) erfolgte und für den tatsächlichen Zahlungsgrund (Entlohnung von Herrn K.) keine wirksamen Gremienentscheidungen vorlagen. Den mit der Zahlung befassten Gremien lag – nach Anklage und Akteninhalt – als Entscheidungsgrundlage die unzutreffende Behauptung einer beabsichtigen Kostenbeteiligung an der F-Gala vor.

Auf eine Übereinstimmung der Zahlung mit einem regelkonform gebildeten Willen der zur Entscheidung berufenen Verantwortlichen kommt es aber auch nicht an (vgl. Schmidt/Heinicke EStG § 4 Rz. 481). Es genügt, dass die Zahlung objektiv mit dem Geschäftsbetrieb des O zusammenhängt, gleichgültig ob sie ohne oder sogar gegen den Willen des Steuerpflichtigen erfolgt ist. Sogar im Fall von Aufwendungen im Rahmen einer Untreuestraftat oder eines Diebstahls steht einem Betriebsausgabenabzug bei objektivem Veranlassungszusammenhang nichts entgegen. 

d) Die Anerkennung des Betriebsausgabenabzugs ist nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Entlohnung von Herrn K. gegen die Statuten des O verstoßen hätte, die eine ehrenamtliche Tätigkeit der Organe verlangt. Auf eine Übereinstimmung mit diesen Vorschriften kommt es für den Betriebsausgabenabzug eben so wenig an, wie – außerhalb des Abzugsverbotes des § 4 Abs. 5 Nr.10 EStG - auf die Rechtmäßigkeit der Zahlungen im Übrigen (§ 40 AO).

e) Eine Aufwandsverrechnung im Jahr 2006 scheitert nicht daran, dass die Zahlung von 6,7 Mio. € die (erfolgsneutrale) Tilgung einer Darlehensforderung von Herrn Fss. an das O betreffen würde. Das bei Herrn Fss. aufgenommene Darlehen betraf nicht das O als Darlehensnehmer, sondern Herrn K. persönlich.

Diese Wertung ist das in der Anklage niedergelegte Ergebnis der Ermittlungen. Es stimmt mit einer Vielzahl von Beweisumständen überein.

Am Beginn der Darlehensaufnahme standen Aktivitäten von Herrn K. und seinem Manager Y. ohne Mitwirkung von Verantwortlichen des O und ohne Gremienentscheidungen des O. Am 24.05.2002 wurde das Privatkonto K./Y. in Stadt2 eröffnet. Überweisungen von diesem Konto wurden getätigt über das Advokaturbüro W. als Beauftragte von Herrn K. Die Darlehensvaluta diente in Höhe von 6 Mio. CHF der Glattstellung des Privatkontos K./Y. und einer weiteren Zahlung über das im Interessenkreis von K. handelnde Advokaturbüro.

Herr E. spricht in diversen Notizen von einem „persönlichen Kredit K.“, von einem Kredit „an K.“ und an „K.“

Das Schreiben von Herrn B. vom 02.11.2005 an Herrn S. („K. war der Begünstigte … die von ihm persönlich eingegangen Schuldverpflichtung …. getilgt“) und die Notiz von Herrn A. vom 03.11.2015 („2004 … Mitteilung, … Darlehen eines Dritten in Anspruch genommen … beschloss das OK … den fraglichen Betrag auszugleichen … im Hinblick auf die Leistungen von K. …“) untermauern die Schlussfolgerung, dass Herr K. und nicht das O Herrn Fss. aus einem Darlehen verpflichtet war.

f) Die Annahme einer Darlehensaufnahme durch das O (mit der Folge einer erfolgsneutralen Darlehenstilgung durch die Zahlung von 6,7 Mio. €) ist auch in sonstiger Hinsicht nicht plausibel.

Insbesondere liegt der Zusammenhang der Zahlung von 6,7 Mio. € mit der Zuschussgewährung der F an das O in Höhe von 250 Mio. CHF oder mit der Wiederwahl von Herrn V. als Präsident der F fern. Denn unter der Annahme eines solchen Zusammenhangs wäre – im Widerspruch zu aller kriminalistischen Erfahrung - eine korruptive Provisionszahlung erst erfolgt, nachdem bereits die erkaufte Stimmabgabe von Mitgliedern des F-Exekutivkomitees oder von Wahlberechtigten für die Präsidentenwahl erfolgt und sogar die erkaufte Zuschussleistung ins Werk gesetzt worden war.

Der Zuschuss von 250 Mio. CHF wurde am 03.05.2002 von der F bewilligt. Die erste Rate von 17,14 Mio. € wurde am 08.05.2002 von der F an das O überwiesen. Die Wiederwahl des Präsidenten V. geschah am 29.05.2002. Dagegen erfolgten die Darlehensauszahlung von Herrn Fss. erst am 16.08.2002 und die Abverfügung der Darlehensvaluta, soweit diese nicht Herrn K. unmittelbar betraf, sogar erst am 05.09.2002.

g) Einem Betriebsausgabenabzug steht nicht das Abzugsverbot von Aufwendungen nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG entgegen. Zunächst sind nach der Anklage und der Aktenlage schon keine Anhaltspunkte für ein korruptives Verhalten von Herrn K. erkennbar. Selbst wenn Herr K. aber Korruptionszahlungen aus seinem Vermögen oder mit Hilfe der Valuta aus dem Darlehen Fss. erbracht hätte, fände das Abzugsverbot nur unmittelbar auf diese Zahlungen, nicht auf Zahlungen zum Ausgleich von bereits entstandenen Vermögensminderungen oder Darlehensrückzahlungsverpflichtungen als Folge der Korruptionszahlungen Anwendung, wie dies hier allein bei den Zahlungen des O in Höhe von 6,7 Mio. € zugunsten von Herrn K. der Fall sein könnte.

h) Die Kammer geht – in Übereinstimmung mit der Anklage und dem Akteninhalt – davon aus, dass die Zahlung von 6,7 Mio. € des D an die F mit taggleicher Weiterleitung an Herrn Fss. Herrn K. zugutekam. Durch diese Zahlung – einem abgekürzten Zahlungsweg im Verhältnis D, K. und F. entsprechend – wurde Herr K. von seiner privaten Darlehensverpflichtung gegenüber Herrn Fss. befreit.

Bestätigend heißt es in der Notiz E. vom 09.05.2005 nach der Zahlung und Weiterleitung vom 27.04.2005, dass der Kredit an K. endlich zurückgezahlt ist und in der Notiz vom 20.06.2005 entsprechend, dass er beauftragt ist, die Schuldanerkennung von K. an seinen Berater zurückzusenden.

i) Im Übrigen kommt es für den Betriebsausgabenabzug nicht auf dessen Üblichkeit, Angemessenheit oder Notwendigkeit an. Die Anforderungen an die Beurteilung von Aufwendungen als Betriebsausgaben dürfen schließlich bei Körperschaften und ihnen gleichstehenden Einrichtungen nicht zu hoch gespannt werden, weil hier die Annahme eines außerbetrieblichen Bereichs (außerhalb der Begünstigung von Gesellschaftern durch (verdeckte) Gewinnausschüttungen sowie mit Ausnahme von Spendenzahlungen) nur eingeschränkt zulässig ist.

Schließlich haben auch die Staatsanwaltschaft und die Steuerfahndung in der Entlohnung von Herrn K. keinen schenkungsteuerpflichtigen Vorfall gesehen.

3. Die Geltendmachung der Unterstützung der F als Bestimmungsgrund der Zahlung des O war zwar (auf der Grundlage der Anklage und nach Aktenlage) falsch. Die Entlohnung von Herrn K. als der tatsächliche Bestimmungsgrund der Zahlung stellt aber keinen anderen Grund im Sinne des Vorteilsausgleichsverbots des § 370 Abs. 4 S. 3 AO dar.

Die Kammer folgt hier der sorgfältigen Begründung der Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 06.03.1985 (wistra 1985, 163 ff.). Danach fallen der Austausch lediglich des Zahlungsgrundes und die Benennung eines anderen wirtschaftlichen Empfängers nicht unter das Vorteilsausgleichsverbot, soweit es um ein und dieselbe tatsächlich erfolgte Zahlung geht und nur die Darstellung des Geschäftsvorfalls teilweise unrichtig ist.

Diese Konstellation eines lediglich ausgetauschten Zahlungsgrundes (hier: Beteiligung an den Kosten der F-Gala einerseits, Entlohnung von Herrn K. andererseits) bei nicht ausgetauschtem Geschäftsvorfall (hier: Zahlung von 6,7 Mio. € des O an die F) unterscheidet sich von dem Sachverhalt, der der Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 17.03.2005 (5 StR 461/04) zugrunde lag und mit Bezug auf den der Bundesgerichtshof das Vorliegen eines anderen Grundes i.S.v. § 370 Abs. 4 S. 3 AO – allerdings nicht tragend – als naheliegend bezeichnet hat. Denn dort ging es sowohl um den Austausch des Zahlungsgrundes (Ausgleich einer Scheinrechnung einerseits, Schwarzlohnzahlungen andererseits) als auch um den Austausch des Geschäftsvorfalls (Zahlung an den Scheinrechnungssteller einerseits, Zahlung an eine Mehrzahl von Schwarzarbeitern andererseits).

4. Die Kammer hat geprüft, ob bei den  Angeschuldigten ein hinreichender Tatverdacht der Steuerhinterziehung oder der Beihilfe zur Steuerhinterziehung  im Hinblick darauf zu bejahen sein könnte, dass sie durch unrichtige Angabe der FIFA als (Letzt-) Empfänger der Zahlung der 6,7 Mio. € das Finanzamt an einer Einleitung des Empfängerbenennungsverfahrens nach § 160 AO und damit an einer möglicherweise vorgenommenen Aberkennung des Betriebsausgabenabzugs gehindert sowie Herrn K. bei einer Verheimlichung seiner Entlohnung gegenüber der Finanzbehörde unterstützt hätten. Die Kammer hat auch insoweit einen hinreichenden Tatverdacht verneint.

Das Empfängerbenennungsverfahren setzt voraus, dass die Vermutung nahe liegt, der Empfänger werde die empfangene Zahlung nicht der Besteuerung unterwerfen (Klein/Rüsken AO § 160 Rz. 6). Eine Beihilfestrafbarkeit verlangt ein Wissen um bzw. ein Für-möglich-halten einer Straftat des Unterstützten.

Die Annahme, Herr K. würde steuerunehrlich handeln und Zahlungen des O nicht versteuern, findet in den Ermittlungen keine Anhaltspunkte. Es gibt bereits keine Hinweise, dass Herr K. mit der Verschleierung des Zahlungswegs vom O über die F an ihn befasst war. Eine Herrn K. insoweit zu unterstellende (aus Bereicherungsabsicht begangene) Steuerhinterziehung passt nicht zur Tatsache seines Verzichts auf eine Vergütung für seine Tätigkeit im Bewerbungskomitee und im O vor dem Hintergrund seines außergewöhnlich großen Engagements für den Erfolg der Spiele. 

Die Darstellung von Herrn A. in seiner Notiz vom 03.11.2015, das O habe im Hinblick auf die Leistungen von Herrn K. und dessen Verzicht auf Zahlungen einstimmig den Ausgleich des fraglichen Betrags beschlossen, ist nachvollziehbar.

Es war eine Entlohnung durch das O beabsichtigt, ohne dass steuerliche Gesichtspunkte auf Seiten der Beteiligten eine Rolle spielten. Die Verschleierung der Zahlungen findet in der Tatsache der Honorierung selber ihre Begründung, weil diese nämlich dem durch die Statuten vorgegebenen Charakter des Organhandelns als einer ehrenamtlichen Tätigkeit widerspricht.

5. Die Kammer hat weiter geprüft, ob die Anklage unter dem Gesichtspunkt eines hinreichenden Tatverdachts der Lohnsteuerhinterziehung durch die Angeschuldigten zur Hauptverhandlung zuzulassen sein könnte. Die Kammer hat dies – ungeachtet des insoweit naheliegend bereits erfolgten Eintritts der Verjährung – deshalb verneint, weil eine Lohnsteuerhinterziehung im Verhältnis zur angeklagten Körperschaft-, Gewerbe- und Umsatzsteuerhinterziehung eine andere prozessuale Tat ist.

Eine Tat im prozessualen Sinne gemäß § 264 StPO ist der einheitliche geschichtliche Lebensvorgang, einschließlich aller damit zusammenhängenden oder darauf bezogenen Vorkommnisse und tatsächlichen Umstände, die geeignet sind, das in diesen Bereich fallende Tun des Angeklagten unter irgendeinem rechtlichen Gesichtspunkt als strafbar erscheinen zu lassen (vgl. etwa BGH vom 09.12.2015 - 1 StR 256/15).

Bei Schmuggel und der nachfolgenden Hinterziehung von Umsatzsteuer hat der Bundesgerichtshof (Entscheidung vom 04.09.2013 – 1 StR 374/13) das Vorliegen einer (materiell und) prozessual einheitlichen Tat verneint, weil es sich um zu trennende Lebensvorgänge handeln würde, die durch unterschiedliche Tathandlungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten in unterschiedlichen Besteuerungsverfahren, bezogen auf unterschiedliche Steuernormen und unterschiedliche Behörden, gekennzeichnet seien. 

Diese Gesichtspunkte treffen auch auf das Verhältnis von Lohnsteuerhinterziehung und Ertrag- und Umsatzsteuerhinterziehung zu. Das Lohnsteuerabzugsverfahren nach §§ 38 ff. EStG als weitgehend pauschalierendes Vorauszahlungsverfahren (vgl. Schmidt/Krüger EStG § 38 Rz. 1) unterscheidet sich von den auf die Ermittlung der individuellen Verhältnisse des Steuerpflichtigen abgestellten ertrag- und umsatzsteuerlichen Veranlagungsverfahren. Eine Lohnsteuer-Anmeldung ist am zehnten Tag nach Ablauf eines Lohnsteuer-Anmeldungszeitraums etwa nach Zufluss eines sonstigen Bezugs abzugeben (§ 41a EStG), während Körperschaftsteuererklärungen, die Erklärungen zum Gewebesteuermessbetrag und die Umsatzsteuer-Jahreserklärungen (jedenfalls im Anklagezeitraum) einheitlich am 31.05. des Folgejahres einzureichen sind (§ 149 Abs. 2 AO, § 18 Abs. 3 UStG). Schließlich sind auch getrennte Stellen der Finanzverwaltung für die Lohnsteuererhebung und die Verwaltung der anderen Steuerarten zuständig.

6. Der Status der Gemeinnützigkeit des D ist durch das den Angeschuldigten zur Last gelegte Verhalten nicht entfallen.

Gemeinnützigkeitsschädlich wäre zwar nicht nur ein hier nicht gegebenes Handeln unter Verstoß gegen die Rechtsordnung (Schmidt/Gersch AO § 52 Rz. 2), sondern auch die Begünstigung einer Person durch Ausgaben, die dem Zweck der Körperschaft fremd sind oder durch unverhältnismäßige Vergütungen (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 AO).

Allerdings ist es bereits fraglich, ob die Begünstigung einzelner auch aus einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb heraus und in Übereinstimmung mit den Zielen und Zwecken dieses Geschäftsbetriebs überhaupt Auswirkungen auf den Gemeinnützigkeitsstatus der umfassenden Körperschaft haben kann.

Jedenfalls aber kann die Gemeinnützigkeit der Körperschaft nicht durch ein Handeln einzelner außerhalb der Statuten in Frage gestellt werden. Aus der Sicht des D stellt sich ein nicht regelkonformes Handeln der Herren A., B. und Dr. außerhalb der vorgesehenen Gremienentscheidungen als Eingriff von außen dar, der dem DFB nicht zuzurechnen ist und dessen Rechtsstatus nicht berührt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 StPO.

Frankfurt am Main, 15.10.2018,
Landgericht, 2. Strafkammer

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