17.02.2006 · IWW-Abrufnummer 060527
Oberlandesgericht Thüringen: Urteil vom 11.10.2005 – 8 U 849/04
1. Dem Auftragnehmer steht gegen den Auftraggeber ein Anspruch auf Preisanpassung gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B zu, wenn dieser infolge einer vom Vorunternehmer verursachten Bauzeitverzögerung eine Beschleunigung anordnet.
2. Der Anspruch aus § 642 BGB soll den Unternehmer nur dafür entschädigen, dass er Arbeitskraft und Kapital bereit hält, weil seine zeitlichen Dispositionen durchkreuzt werden; nicht umfasst sind insbesondere entgangener Gewinn und Wagnis. Auszugleichen sind danach nicht die erbrachten bzw. nicht erbrachten Vertragsleistungen, sondern nur die Zeitverluste und das unnötige Bereithalten von Kapazitäten; ein vollständiger Schadenersatz soll zusammengefasst gerade nicht gewährt werden
In dem Rechtsstreit XXX
hat der 8. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichte in Jena durch
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Krueger,
Richterin am Oberlandesgericht Kodalle und
Richter am Amtsgericht Baumann
im schriftlichen Verfahren nach Ablauf der Schriftsatzfrist zum 20.09.2005 gemäß § 128 Abs. 2 ZPO
für Recht erkannt:
Die Zwischenfeststellungsklage wird abgewiesen.
die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits bleibt dem Endurteil vorbehalten.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt als sog. XXXX von der Beklagten die Zahlung restlichen Werklohns gemäß ihrer Schlussrechnung vom 30.09.2002.
Im Zuge des von der ARGE geschuldeten Ausbaus der BAB A9 - betr. Das Teilstück zwischen den Anschlussstellen E. und K. - kam es zu Bauzeitenverschiebungen aufgrund des Einbaus mangelhaften Frostschutzmaterials, welches von der Streitverkündeten geliefert wurde. Die Beklagte rechnet nunmehr mit einem ihrer Auffassung nach bestehenden Anspruch in Höhe der Klageforderung auf, nachdem sie von ihren Nachunternehmern mit weitergehenden Forderungen wegen der in Teilen mangelbehafteten Leistung der Klägerin belastet worden ist.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und den zur Aufrechnung gestellten Anspruch verneint. Dies hat es wie folgt begründet: Der Werklohnanspruch der Klägerin sei fällig und von der Beklagten auch nicht bestritten. Der Beklagten stehe jedoch kein aufrechenbarer Schadensersatzanspruch aus § 4 Nr. 7 S. 2 VOB/B zu. Diese Norm gehe § 6 Nr. 6 VOB/B vor. Voraussetzung eines Schadensersatzanspruches nach § 4 Nr. 7 S. 2 VOB/B sei jedoch, dass zu Lasten der Beklagten tatsächlich ein Schaden entstanden sei. Diesen habe die Beklagte nicht hinreichend dargelegt. Das Landgericht nimmt insbesondere Bezug auf seinen Hinweisbeschluss vom 15.01.2004. Bereits in diesem Beschluss sei die Beklagte darauf hingewiesen worden, dass ein Vergleich zwischen fiktivem Ablauf (ohne Einbau des mangelhaften Frostschutzes) und der tatsächlichen Entwicklung erforderlich sei. Eine in diesem Sinne nötige Vergleichskostenrechnung habe die Beklagte jedoch nicht dargelegt. Es sei nicht hinreichend ersichtlich, welche der Beklagten in Rechnung gestellten Nachunternehmerleistungen nicht ohnehin angefallen wären (also auch bei Verschiebung des zeitlichen Rahmens). Diesbezüglich reiche die Bezugnahme auf verschiedene Anlagen nicht aus. Das betreffe sämtliche (angeblich zusätzlich erforderliche) Arbeiten der Nachunternehmergewerke am Streckenbau (Fa. XXX XXX XXXXX GmbH & Co. KG; Fa. XXXX GmbH; XXXXXXXX XXX XXXXXXX GmbH sowie Fa. XXXXXXXX XXX GmbH). Soweit der Abschnitt Brückenbau betroffen sei (Fa. XXXX XXX GmbH, Fa. XXX XXX AG, Fa. X XXX GmbH & Co. KG) würden ebenfalls konkrete Angaben dazu fehlen, welche Arbeiten im Einzelnen von den Drittunternehmen ursprünglich geschuldet waren und welche Arbeiten nicht ausgeführt worden seien sowie auf Grund verspäteter bzw. beschleunigter Ausführung zu zusätzlichen Kosten geführt hätten. Welche Beschleunigungsmaßnahmen wann konkret durchgeführt worden seien, die nicht ohnehin ursprünglich bereits Vertragsinhalt waren, habe die Beklagte ebenfalls nicht vorgetragen.
Im Übrigen habe die Beklagte etwaige Bauverzögerungen gegenüber den Nachunternehmern ohnehin nicht gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B zu vertreten, da die Klägerin als Vorunternehmerin nicht Erfüllungsgehilfin der Beklagten sei und letztere sich daher ein etwaiges Verschulden der Klägerin gegenüber den Nachunternehmern nicht anrechnen lassen müsse. Ein Anspruch der Nachunternehmer für den Strecken- und Brückenbau bestehe gegenüber der Beklagten auch nicht aus § 642 BGB, da hierfür ein Annahmeverzug der Beklagten als Bestellerin vorliegen müsse, wofür sich jedoch aus dem vorgetragenen Sachverhalt kein Anhaltspunkt ergebe.
Gegen dieses der Beklagten am 27.08.2004 zugestellte Urteil richtet sich deren am 20.09.2004 eingegangene Berufung, die im Wesentlichen auf folgende Einwände gestützt wird: Die erstinstanzliche Entscheidung berücksichtige nicht den Vortrag der Beklagten, dass zwischen ihr und der Klägerin eine Einigung stattgefunden habe, wonach die Parteien gemäß Protokoll vom 05.09.2000 einvernehmlich bei einer Besprechung festgestellt hätten, dass der bisher gültige Bauablauf geändert werden müsse und dass das Autobahnamt Thüringen insoweit Ersatzansprüche geltend mache. Dabei habe die Beklagte auch darauf hingewiesen, dass eine Verschiebung der Fertigstellungstermine für wesentliche Gewerke in die witterungsbezogen ungünstige Jahreszeit erfolgen müsse. Eine Beschleunigung sei nicht von der Beklagten zu vertreten, da im Rahmen der Bauberatung vom 26.02.1999 einvernehmlich der ursprünglich vorgesehene Termin vom 01.02. auf den 01.03.1999 für den Baubeginn verändert worden sei.
Auf die Hinweise des Landgerichts habe die Beklagte im Übrigen substantiiert hinsichtlich der ihrer Behauptung nach entstandenen Mehrkosten vorgetragen, so dass Beweis hätte erhoben werden müssen. Bezüglich der für die Verkehrssicherung entstandenen Mehrkosten der Fa. XXX XXXXGmbH & CO. KG (382.428,52 DM) habe die Beklagte die Anlagen B 10 - B 14 im Schriftsatz vom 07.03.2003 erläutert und im Übrigen nochmals im Schriftsatz vom 16.02.2004 die vorgelegte Anlage B 38 in Bezug genommen. Die im Aufmaß Bl. 60 dargestellten zusätzlichen Leistungen seien vorher nicht geschuldet gewesen, da die Ausfahrt an der Anschlussstelle Eisenberg bereits vollständig fertig gestellt worden sei. Hier sei ein Rückbau infolge des Einbaus mangelhaften Frostschutzes erforderlich geworden. Unter Zugrundelegung der verkehrsbehördlichen Anordnung, der Vorlage des Beschilderungsplans und des Umleitungsbeschilderungsplanes (Anlage B 45 - B 47) sei nachgewiesen, welche zusätzlichen Leistungen erforderlich geworden seien. Eine Ursprungskalkulation könne deswegen nicht vorgelegt werden. Dies gelte auch für die Aufstellung der Schutzwand ?Brandenburg". Schließlich habe die Beklagte auch hinreichend vorgetragen, warum die Gelbmarkierung sich abgelöst habe; dies sei auf die Nichtbefahrung zurückzuführen. Insgesamt sei die Bezugnahme auf Anlage B 38 zulässig und ausreichend; andernfalls hätte das Landgericht einen weitergehenden Hinweis erteilen müssen.
Auch die Kosten der Fa. XXXX für die Anbringung von Schutz- und Leiteinrichtungen i.H.v. 2.108,80 DM und der Fa. XXXXXXXX XXX XXXXXXX XXX XXXX XXXX XXXXX GmbH i.H.v. 14.334,35 DM seien zusätzlich angefallen.
Dies gelte schließlich ebenso für die Bauüberwachungskosten der Fa. XXX XXX XXX Planungsgesellschaft Gera GmbH i.H.v. 15.548,29 DM, welche sich aus den Anlagen B 27 und B 28 ergäben (zusätzlicher Aufwand zur Ermittlung der Kosten Fa. XXX XXX XXXXX GmbH & Co.KG).
In Bezug auf den Abschnitt ?Brückenbau" sei in der Besprechung am 05.08.2000 gleichfalls festgestellt worden, dass sich durch die Verschiebung des Fertigstellungstermins vom 14.08.2000 auf den 08.03.2001 wesentliche Gewerke in die ungünstige Jahreszeit verschöben. Die Beklagte habe angesichts dessen ausreichend vorgetragen, dass die Gewerke wie Beton- und Abdichtungsarbeiten spätestens im November 2000 hätten abgeschlossen werden müssen. Infolgedessen sei durch das Vorhalten von zusätzlichen Schalungssätzen, durch Überstunden und aus der geänderten Logistik gegenüber der Ursprungskalkulation die entsprechende finanzielle Mehrbelastung der bereits genannten Nachunternehmer für den Brückenbau entstanden. Die Brückenbauhauptleistungen seien daher in wesentlich kürzerer Zeit erbracht worden, was zwangsläufig zu Mehrkosten geführt habe. Zur Vermeidung von Winterbaumaßnahmen (mit zusätzlichen Kosten für Einhausung und Beheizung etc.) seien die mit der Beschleunigung erforderlichen Mehrkosten erforderlich geworden. Im Schriftsatz vom 16.02.2004 habe die Beklagte hinsichtlich der Brückenbauarbeiten unter Angabe der Soll- und Ist-Zeiten und der Baufreiheit für die Klägerin im Einzelnen vorgetragen, welche Arbeiten zusätzlich für die vorgenannten Gewerke angefallen seien.
Insbesondere hinsichtlich der Brückenbauarbeiten der XXXX XXX GmbH könne das Landgericht keine vergleichende Betrachtung zum Soll-Zustand fordern. Die Beklagte habe bei jeder einzelnen Position angegeben, dass es sich nämlich um zusätzliche Leistungen (insgesamt 92.699,68 DM) gehandelt habe. Gleiches gelte für die Mehrkosten der Fa. XXXX XXXXAG (575.766,19 DM), welche ebenfalls zusätzlich entstanden seien, wie bereits im Schriftsatz vom 16.02. und 28.05.2004 erstinstanzlich vorgetragen. Auch hinsichtlich der Mehrkosten der Fa. XXXXX GmbH & Co KG (104.605,64 DM) habe das Landgericht sich ebenfalls nicht hinreichend mit dem Vorbringen der Beklagten in I. Instanz auseinandergesetzt.
Soweit das Landgericht schließlich einen Anspruch der Nachunternehmer gegenüber der Beklagten als Bestellerin aus § 642 BGB verneine, weil zum Annahmeverzug nicht hinreichend vorgetragen sei, finde nicht hinreichend Beachtung, dass nach dem Vortrag der Beklagten eine Einigung zwischen allen Beteiligten über notwendige Beschleunigungsmaßnahmen stattgefunden habe. Zuvor seien die Baubehinderungen angezeigt worden. Die Beklagte habe bereits durch die einvernehmliche Abstimmung der neuen Termine ihren Annahmeverzug im Einklang mit der Klägerin bestätigt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Erfurt, Az. 7 O 1043/02, abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin und die Streitverkündete beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin und die Streitverkündete verteidigen das Urteil im Wesentlichen mit folgender Begründung: Das Landgericht habe die Anforderungen an die Darlegungslast nicht überspannt. Voraussetzung eines Schadensersatzanspruches nach § 4 Nr. 7 S. 2 VOB/B sei die Entstehung eines Schadens sowie der Umstand, dass ein solcher ursächlich auf den Mangel oder die Vertragsverletzung zurückzuführen sei.
Bereits aus Rechtsgründen stünden der Beklagten keine aufrechenbaren Schadensersatzansprüche zu. Allein die Vereinbarung von Vertragsfristen reiche nicht aus, um einen Schadensersatzanspruch der Nachunternehmer gegenüber der Beklagten zu begründen. Im Übrigen habe die Beklagte keine Pflichten aus dem Vertrag mit der Klägerin verletzt, insbesondere keine Planungs- oder Koordinierungspflichten übernommen. Die Beklagte selbst habe nicht vorgetragen, dass sie sich den einzelnen Nachfolgegewerken gegenüber verpflichtet hätte oder verpflichten wollte, notwendige Vorarbeiten zu erbringen oder gegenüber den Drittunternehmen für bestimmte Vertragsfristen ausdr ücklich einzustehen.
Das Protokoll vom 05.09.2000 sei lediglich eine Niederschrift eines Mitarbeiters des von der Beklagten beauftragten Ingenieurbüros E.& B.; es enthalte unter Ziff. 2 nur die Erklärung der Brückenbauunternehmer, dass Baubeschleunigungsmaßnahmen vorgenommen würden. Ein Hinweis auf eine angebliche Einigung der Parteien oder gar eine etwaige Mehrkostenübernahme durch die Klägerin sei diesem Protokoll keinesfalls zu entnehmen. Das Protokoll sei auch nicht von den Teilnehmern unterschrieben worden, Von einem Anerkenntnis durch die Klägerin könne daher nicht die Rede sein. Ein solches ergebe sich auch nicht aus dem Schreiben der damaligen Bevollmächtigten der Klägerin vom 05.03.2001.
In tatsächlicher Hinsicht fehle der Vortrag und Nachweis, dass die angeblich zusätzlich erforderlichen Leistungen auf eine Verzögerung oder Verschiebung des Bauablaufs zurückzuführen seien. Im Hinweisbeschluss vom 15.01.2004 habe das Landgericht darauf aufmerksam gemacht, dass der Rechtsgrund für die jeweiligen Zahlungen dargelegt und nachgewiesen werden müsse, und zwar insbesondere vergleichend. Diese konkrete bauablaufbezogene Darstellung der Behinderung und Schadensauswirkung mit entsprechender Gegenüberstellung von Ist- und Soll-Zustand sei im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens nicht erfolgt. Die Bezugnahme auf die Schreiben des von der Beklagten beauftragten Ingenieurbüros XXX XXX XXX GmbH (Anlage B 11 und B 38) unter Benennung der Vertreter des Ingenieurbüros als Zeugen stelle reine Ausforschung dar.
Auch im Hinblick auf einen Anspruch der Nachunternehmer aus § 642 BGB gegenüber der Beklagten fehle der nötige Vortrag, wodurch die Beklagte in welchem Umfang gegenüber den Nachfolgeunternehmern in Annahmeverzug geraten sei.
Im Übrigen nimmt die Klägerin Bezug auf ihren Vortrag im Schriftsatz vom 31.07.2003 hinsichtlich der behaupteten und bestrittenen Mehrkosten.
Nachdem der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 14.06.2005 mit den Verfahrensbeteiligten erörtert hat, dass über den Anspruchsgrund der zur Aufrechnung gestellten Forderungen ggf. vorab entschieden werden soll, hat die Klägerin auf ergänzenden Hinweis des Senats vom 16.06.2005 ihre Klage erweitert.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Klageerweiterung durch Erhebung einer negativen Zwischenfeststellungsklage im Berufungsverfahren zulässig sei. Auch die weitergehenden Zulässigkeitsvoraussetzungen (insbesondere das streitige Rechtsverhältnis und dessen Vorgreiflichkeit) seien gegeben.
Sie beantragt,
festzustellen, dass die gegen den unstreitigen Werklohnanspruch der Klägerin aus dem Bauvorhaben ?sechsstreifiger Ausbau der BAB A9 km 175,80 bis km 183,0 Anschlussstelle XXXX bis Anschlussstelle XXXX" aufgerechneten Gegenforderungen von Drittunternehmern in Höhe von insgesamt 607.154,75 ? der Beklagten bereits dem Grunde nach nicht zustehen.
Die Beklagte beantragt,
die erweiterte Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, die Zwischenfeststellungsklage sei bereits unzulässig.
Bezüglich der Begründetheit der Zwischenfeststellungsklage verweisen beide Parteien auf ihren bisherigen Sachvortrag.
II.
Die in der Berufungsinstanz erhobene - allein entscheidungsreife - negative Zwischenfeststellungsklage ist zulässig, in der Sache aber nicht erfolgreich. Damit steht zugleich positiv fest, dass der Beklagten die zur Aufrechnung gestellte Schadenersatzforderung dem Grunde nach gemäß § 4 Nr. 7 VOB/B gegenüber der Klägerin zusteht (vgl. insoweit zur Rechtskraft einer negativen Feststellungsklage BGH NJW 1986, S. 508 f. sowie NJW 1983, S. 2032 f. m. w. N.).
Die Beklagte hat die Berufung form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet (§§ 511 Abs. 2 Nr. 1; 517; 519; 520 ZPO). Im Rahmen des damit eröffneten Berufungsverfahrens konnte die Klägerin klageerweiternd die Zwischenfeststellungsklage erheben.
Diese Zwischenfeststellungsklage war unabhängig von den - hier ohnehin gegebenen Voraussetzungen des § 533 ZPO im Berufungsrechtszug zuzulassen (vgl. BGH NJW 1970, S. 425 f.; Zöller, Rn. 29 zu § 256 ZPO).
Die Zulässigkeit der negativen Zwischenfeststellungsklage ist nach Auffassung des Senates gegeben: Das streitige Rechtsverhältnis betrifft vorliegend die Frage, ob der Beklagten dem Grunde nach Gegenforderungen zustehen, wobei inzidenter zu prüfen ist, ob die Beklagte ihrerseits etwaigen Ansprüchen der Nachunternehmer ausgesetzt ist. Zwar weist die Klägerin zutreffend darauf hin dass gemäß § 256 ZPO Feststellungen über Rechtsverhältnisse auch zwischen einer der Prozessparteien und Dritten möglich sind. Nach Auffassung des Senates kommt es hierauf jedoch nicht an: Entscheidend ist vielmehr, dass das streitige Rechtsverhältnis die durch die Beklagte unbedingt zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen betrifft; lediglich insoweit ist die Verpflichtung der Beklagten gegenüber den Nachunternehmern zu prüfen. In diesem Rahmen stellt die hier umstrittene Frage nach dem Anspruchsgrund der Gegenforderung das streitige Rechtsverhältnis zwischen den Parteien des Rechtsstreits selber dar, welches durch die Zwischenfeststellungsklage in Rechtskraft erwachsen soll
Im vorliegenden Fall kann es insbesondere dahingestellt bleiben, ob es sich um eine Aufrechnung oder eine bloße ?Verrechnung" handelt (vgl. zum Meinungsstand Ingenstau/Korbion, Rn. 147 ff. zu § 13 Nr. 7 VOB/B). Denn im einen wie im anderen Fall besteht vorliegend das Bedürfnis an der Feststellung des hier streitigen Rechtsverhältnisses dahingehend, ob die Einwendungen der Beklagten dem Grunde nach bestehen.
Im Weiteren ist die Zwischenfeststellungsklage auch vorgreiflich i.S. von § 256 Abs. 2 ZPO. Das in § 256 Abs. 1 ZPO für die allgemeine Feststellungsklage vorausgesetzte rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung wird insoweit durch die Vorgreiflichkeit des festzustellenden Rechtsverhältnisses ersetzt (vgl. z. B. BGHZ 69, S. 37 ff.). Sinn der Zwischenfeststellungsklage ist es, die tragenden Entscheidungsgründe, die nicht in Rechtskraft erwachsen, dennoch rechtskräftig feststellen zu lassen (vgl. BGHZ 123,S. 137; Thomas/Putzo, Rn. 28-30 zu § 322 ZPO). Dementsprechend besteht ein Rechtsschutzinteresse f ür die Zwischenfeststellungsklage schon dann, wenn die bloße Möglichkeit besteht, dass das streitige Rechtsverhältnis - hier das Bestehen der Gegenforderungen der Beklagten dem Grunde nach - zwischen den Parteien noch weiterhin Bedeutung gewinnen kann (BGH a.a,0.). Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang insbesondere die prozessökonomische Zielsetzung der Zwischenfestellungsklage (vgl. BGH NJW 1977, S. 1637; WM 1979, S, 706 f.; MünchKomm-Lüke, Rn, 76 zu § 256 ZPO),
Hierbei verkennt der Senat nicht, dass die Frage des Anspruchsgrundes auch im Übrigen für die Entscheidung von Bedeutung sein wird. Aus den genannten prozessökonomischen Erwägungen heraus jedoch hat insbesondere der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, der der Senat folgt, eine Zwischenfeststellungsklage stets dann zugelassen, wenn mit der Hauptklage mehrere Ansprüche aus demselben Rechtsverhältnis verfolgt werden, selbst wenn sie in ihrer Gesamtheit alle denkbaren Ansprüche erschöpfen (auch z.B. bei Klage und Widerklage), da insoweit die Möglichkeit von Teilurteilen besteht und die Zwischenfeststellung grundlegende Bedeutung für das Schlussurteil haben kann (BGHZ 69, S. 37 ff.; WM 1979, S. 706 f.; vgl. auch Zöller, Rn. 26 zu § 256 ZPO; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Rn. 114 zu § 256 ZPO).
Eben dieser Gesichtspunkt rechtfertigt auch im vorliegenden Fall die Vorgreiflichkeit des streitigen Rechtsverhältnisses und damit die Zulässigkeit der Feststellungsklage: Wie der Senat bereits in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, wäre angesichts des äußerst komplexen Tatsachenstoffs und der Benennung verschiedener Beweismittel eine mehrstufige und sukzessive durchzuführende Beweisaufnahme erforderlich, soweit die unterschiedlichen Schadenspositionen und die jeweiligen Gewerke der Nachunternehmer betroffen sind. Angesichts dessen wäre der Senat gemäß § 301 Abs. 1 ZPO gehalten, Teilurteile zu erlassen, soweit das Ergebnis der jeweiligen Beweisaufnahme einen Teil der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen zur Entscheidungsreife gebracht hätte. Bereits hieraus rechtfertigt sich die Präjudizialität des genannten streitigen Rechtsverhältnisses.
Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass in der mündlichen Verhandlung vom 14.06.2005 allseits - auch durch die Beklagte - Einverständnis dahingehend erklärt worden ist, die Frage des Anspruchsgrundes der beklagtenseits eingewandten Gegenforderungen vorab zu klären.
Da der Erlass eines Grundurteils über den Anspruchsgrund einer zur Aufrechnung gestellten Forderung nicht zulässig ist (vgl. Zöller, Rn. 3 zu § 304 ZPO; Stein/Jonas, Rn. 6 zu § 304 ZPO) und die Zwischenfeststellungsklage nach den bereits eingangs genannten Ausführungen der Prozesssökonomie dienen soll, rechtfertigt auch dies das besondere Interesse der Verfahrensbeteiligten an einer Vorabfeststellung des Anspruchsgrundes der zur Aufrechnung gestellten Forderung.
Da die allgemeinen Prozessvoraussetzungen auch im Übrigen vorliegen, ist die negative Zwischenfeststellungsklage zulässigerweise (In der Berufungsinstanz) erhoben worden.
In der Sache selbst ist diese negative Zwischenfeststellungsklage jedoch nicht erfolgreich, denn der Beklagten stehen dem Grunde nach die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen zu (§ 4 Nr. 7 VOB/B).
Zutreffend weist das Landgericht darauf hin, dass Anspruchsgrundlage für die Gegenforderungen der Beklagten nicht § 6 Nr. 6 VOB/B, sondern § 4 Nr. 7 VOB/B ist. Begründen nämlich - wie hier - Mängel in der Leistung des Auftragnehmers wegen nötig werdender Beseitigungsmaßnahmen vor Abnahme die verspätete Fertigstellung, stellt § 4 Nr. 7 S. 2 VOB/B die allein einschlägige Anspruchsgrundlage dar. Insoweit besteht anders als bei § 6 Nr. 6 VOB/B kein Anlass für eine eingeschränkte Haftung, da für Tauglichkeit und Vertragsgemäßheit der Leistung den Auftragnehmer, hier die Klägerin, die uneingeschränkte Verantwortlichkeit trifft (vgl. BGHZ E5, S. 372, 378 sowie Beck'scher Kommentar zur VOB Teil B, Rn. 6 zu § 8 Nr. 8 VOB/B).
§ 4 Nr. 7 S. 2 VOB/B fordert tatbestandlich, dass die Klägerin den Mangel zu vertreten hat und dadurch verursachte Schäden ersetzen muss. Insoweit weist das Landgericht in seinem Hinweisbeschluss vom 15.01.2004 (BI. 386 d.A.) ebenfalls zutreffend darauf hin, die Beklagte müsse für den von ihr behaupteten Schaden zunächst darstellen, dass den Nachunternehmern (für Strecken- und Brückenbau) tatsächlich ihrerseits ein Anspruch gegen die Beklagte zugestanden hätte. Versteht man nämlich den - im BGB nicht definierten Schaden als unfreiwillige Vermögensaufwendung bzw. Einbuße einer Person durch ein bestimmtes Ereignis gegen ihren Willen an ihren Rechtsgütern (Staudinger, Rn. 33, Vorbem. zu §§ 249 - 254 BGB), ist der Beklagten ein Schaden nur dann entstanden, wenn die Nachunternehmer durchsetzbare Ansprüche ihr gegenüber gehabt hätten; andernfalls müsste eine beklagtenseits erfolgte Zahlung allein zu Ihren Lasten gehen und könnte nicht an die Klägerin weitergegeben werden.
Unstreitig ist es durch den zusätzlich erfolgten Aus- und Wiedereinbau des Frostschutzmaterials zu Bauverzögerungen gekommen. In diesem Sinne führt jedoch nicht jede solche Bauverzögerung automatisch zu einem Anspruch des Nachunternehmers gegen die Beklagte als Auftraggeberin. Nur wenn sich die Beklagte nach dem o. G. zwingend solchen Ansprüchen gegenüber sieht, ist ein Schaden begründbar.
Der Senat geht in tatsächlicher Hinsicht davon aus, dass die Beklagte ihre Gegenansprüche hinreichend substantiiert hat. Dies ist der Fall, wenn Tatsachen vorgetragen werden, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als entstanden erscheinen zu lassen. Das Gericht muss in der Lage sein, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs vorliegen (BGH NJW-RR 2003, S. 491 f.; NJWRR 1997, S. 270). Für die Frage der Darlegungslast ist der Grad der Wahrscheinlichkeit des vorgetragenen Sachverhaltes ohne Bedeutung (BGH, a.a.0.).
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze hat die Beklagte ihre Gegenansprüche hinreichend dargelegt. Das Landgericht hat zunächst zutreffend darauf hingewiesen, dass bei Schadensersatzansprüchen wegen behinderter Bauausführung grundsätzlich eine Vergleichskostenberechnung dahingehend erfolgen muss, dass der Ursprungskalkulation die neue, im Einzelnen nachvollziehbare nunmehrige Preiskalkulation gegenüber gestellt werden muss (vgl. insoweit auch BGH NJW 1986, S. 1784 ff.; OLG Saarbrücken IBR 2001, S. 680; KG Berlin IBR 2002, S. 355; OLG Hamm IBR 2004, S. 237). Der Senat geht jedoch - wie auch in der mündlichen Verhandlung vom 14.06.2005 eingehend erörtert - davon aus, dass die Beklagte jedenfalls in ihrem Schriftsatz vom 16,02.2004 sowie In den Folgeschriftsätzen vom 26. und 28.05.2004 hinreichend dargelegt hat, dass es sich um zusätzlich angefallene Kosten handelt, die so in der Ursprungskalkulation nicht enthalten waren oder enthalten sein konnten. Zwar mögen insoweit hinsichtlich verschiedener Einzelpositionen (z. B. Gelbmarkierung oder doppelte Schalung) Bedenken dahingehend bestehen, dass deren Vorliegen nicht überwiegend wahrscheinlich sein muss; andererseits hat die Beklagte in den genannten Schriftsätzen ausführlich und unter Einbeziehung der konkret jeweils zuzuordnenden Anlagen vorgetragen, welche zusätzlichen Kosten ihr ungeachtet der ursprünglichen Kalkulation zusätzlich entstanden sind, Die insoweit vorgetragenen Tatsachen sind nach Auffassung des Senates einer Beweisaufnahme noch hinreichend zugänglich; ob ihr Vorliegen überwiegend wahrscheinlich ist, kann nach dem o. G. bei der Darlegungslast dahingestellt bleiben. Dies muss in einer ggf. durchzuführenden Beweisaufnahme geklärt werden, denn es ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass der Beklagten die betreffenden Positionen ganz oder teilweise zugesprochen werden können.
In rechtlicher Hinsicht sieht der Senat Ansprüche der Nachunternehmer für die Abschnitte Strecken- und Brückenbau gegenüber der Beklagten mit der mittlerweile herrschenden obergerichtlichen Rechtsprechung nicht in § 6 Nr. 6 VOB/B begründet (vgl. BGH BauR 1985, S, 561 ff.; BauR 2000, S. 1481 ff.;
OLG Frankfurt, OLGR 1996, S. 212 f.; OLG Nürnberg, BauR 1994, S. 517 ff.).
Denn der Vorunternehmer (die Klägerin) ist nicht Erfüllungsgehilfe der Beklagten als Auftraggeberin. Die Beklagte muss sich ein etwaiges Verschulden der Klägerin bzw. der Streitverkündeten nicht über §§ 276; 278 BGB zurechnen lassen (vgl. BGH BauR 1985, S. 561 ff.). Anderes gilt nur dann, wenn aufgrund besonderer Umstände davon auszugehen ist, dass der Auftraggeber dem Nachunternehmer für die mangelfreie Erbringung der Vorleistungen einstehen will. Dies ist noch nicht allein deswegen der Fall, wenn - wie hier ein Bauzeitenplan erstellt oder geändert wird. Bei Großbauvorhaben der vorliegenden Art ist ein Bauzeitenplan für die ordnungsgemäße Ablaufplanung unerlässlich. Die Beklagte war im Rahmen ihrer Koordinierungspflicht gehalten, auf die Erstellung eines solchen Bauzeitenplanes zwangsläufig hinzuwirken. Auch wenn Bauzeitenpläne als verbindliche Vertragsfristen i.S.v. § 5 Nr. 1 VOB/B zu qualifizieren sind, reicht selbst dies nicht aus, um eine Einstandspflicht der Beklagten für die Klägerin als Erfüllungsgehilfin gemäß §§ 276, 278 BGB zu begründen (vgl. BGH BauR 2000, S. 722).
Die danach erforderliche ausdrückliche Vereinbarung zwischen Auftraggeber und Werkunternehmer, aus der sich zweifelsfrei ergibt, dass der Auftraggeber für die mangelfreie Vorleistung einstehen oder ausdrücklich die Koordinierungspflichten übernehmen will, ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich: Die Beklagte beruft sich darauf, sie habe mit Schriftsatz vom 07.03.2003 durch Vorlage des Protokolls und Angabe von Zeugen vorgetragen, die Parteien hätten einvernehmlich in einer Baubesprechung festgestellt, der bisher gültige Bauablauf müsse fortgeschrieben werden, und infolge der Bauzeitenverschiebung wegen des Rückbau des ungeeigneten Frostschutzmaterials mache das Autobahnamt Thüringen gegenüber der Klägerin Ersatzansprüche geltend. Insoweit ist nach Auffassung des Senates nicht erkennbar, woraus eine solche ausdrückliche Einigung folgen soll. Das betreffende Protokoll vom 05.09.2000 (Anlage B 4) enthält lediglich tatsächliche Feststellungen und darauf beruhende Anordnungen hinsichtlich der erforderlichen Neuorganisation. Diesem Protokoll kann aber nicht die Einstandspflicht der Beklagten für die Mangelfreiheit der klägerischen Vorunternehmerleistungen oder gar die ausdrückliche Obernahme von Koordinierungspflichten mit entsprechendem Rechtsbindungswillen gegenüber den Nachunternehmern entnommen werden.
Nur der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass sich eine Kostenübernahme durch die Klägerin (insbesondere i.S. eines Anerkenntnisses) diesem Protokoll erst recht nicht entnehmen lässt.
Im Weiteren geht der Senat mit der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs davon aus, dass Ansprüche der Nachunternehmer gegenüber dem Auftraggeber grundsätzlich aber aus § 642 BGB folgen können (BGH BauR 2000, S. 752 ff.; ebenso KG IBR 2002, S. 355 ff.; OLG Köln NJW-RR 2004, S. 818 ff.). § 842 BGB ist neben § 8 Nr. 6 VOB/B vorn Regelungsgehalt anwendbar, wenn der Auftraggeber durch das Unterlassen einer bei der Herstellung des Werks erforderlichen und ihm obliegenden Mitwirkungshandlung in Annahmeverzug kommt (vgl. BGH a.a.0. unter Aufgabe der diesbezüglichen Rechtsprechung in BauR 1985, S. 581 ff.).
Soweit das Landgericht ausführt, die Beklagte habe nicht ausreichend zur Verletzung der ihr obliegenden Mitwirkungshandlung und zum Annahmeverzug vorgetragen, vertritt der Senat unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19.12.2002 (BauR 2003. S. 531 f.) die Auffassung, dass neben einer nach § 8 Nr. 1 VOB/B erforderlichen Behinderungsanzeige gemäß § 295 BGB ein wörtliches Angebot der Leistung genügt, um den Annahmeverzug zu begründen. Hierbei reicht es regelmäßig aus, dass der Auftragnehmer seine Mitarbeiter auf der Baustelle zur Verfügung hält und zu erkennen gibt, dass er bereit und in der Lage ist, die von ihm geschuldete Leistung zu erbringen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Aufnahmebereitschaft des Bestellers hinsichtlich des Baugrundstückes nicht gegeben ist, weil andere Unternehmer Ihre Leistungen nicht oder nicht rechtzeitig erbracht haben (BGH a.a.0.).
Nach Auffassung des Senates ergibt sich aus dem Vortrag der Beklagten das Vorliegen des Annahmeverzuges hinreichend: Zwischen den Beteiligten bestand Klarheit darüber, dass die Beklagte den Teilabschnitt der BAB A9 wegen des mangelhaften Frostschutzeinbaus nicht termingerecht zur Verfügung würde stellen können.
Im Weiteren folgt aus den zur Akte gereichten Anlagen hinreichend, dass die Nachunternehmer die Baubehinderung angezeigt haben (vgl. u.a. Anlagen B 5 und 8 betr. Fa. XXX XXX XXXXX GmbH & Co. KG; Anlage B 20 betr. Fa. XXXX; Anlage B 30 betr. Fa, XXXX XXX GmbH; Anlagen B 29 und B 71 betr. Fa. XXXX XXXXAG; Anlage B 77 betr. Fa. X XXX GmbH & Co. KG). Angesichts der Tatsache, dass die Beklagte infolge der Verwendung mangelhaften Frostschutzmaterials den betreffenden Autobahnabschnitt nicht termingerecht zur Verfügung stellen konnte, musste dementsprechend ein wörtliches Angebot nach § 295 BGB ausreichen. Ein solches geht jedenfalls mit der Behinderungsanzeige regelmä ßig einher. Der Tatbestand des § 642 BGB liegt zusammengefasst dem Grunde nach vor.
Der Anspruch aus § 642 BGB geht in der Rechtsfolge jedoch weniger weit, da es sich gerade nicht um einen Schadensersatz-, sondern um einen Entschädigungsanspruch eigener Art handelt, der den Unternehmer dafür entschädigen soll, dass er Arbeitskraft und Kapital bereit hält, weil seine zeitlichen Dispositionen durchkreuzt werden; nicht umfasst sind insbesondere entgangener Gewinn und Wagnis. Auszugleichen sind danach nicht die erbrachten bzw. nicht erbrachten Vertragsleistungen, sondern nur die Zeitverluste und das unnötige Bereithalten von Kapazitäten; ein vollständiger Schadenersatz soll zusammengefasst gerade nicht gewährt werden (vgl. Palandt-Sprau, Rn. 5 zu § 642 BGB; Staudinger-Peters, Rn. 25 zu § 642 BGB; Kapellmann/Messerschmidt. Rn. 88 zu § 9 VOB/B).
§ 642 BGB schränkt nach Auffassung des Senates den Entschädigungsanspruch aber nicht nur kausal dahingehend ein, dass nur die durch den Annahmeverzug entstandenen Bereitstellungskosten abgegolten werden sollen, die ihr Äquivalent nicht im Werklohn finden, sondern darüber hinaus auch temporal dahingehend, dass dem Auftragnehmer eine angemessene Entschädigung lediglich ?für die Dauer des Annahmeverzuges" zusteht.
Unter Zugrundelegung des Vorgenannten hätte die Beklagte allein für die Wartezeit der Nachunternehmer eine angemessene Entschädigung zu zahlen; dies beträfe nur den Zeitraum, für welchen Mitarbeiter, Maschinen und Materialien nicht gewinnbringend anderweitig eingesetzt werden konnten, weil sie für den Teilabschnitt der BAB A 9 zwangsläufig bereitgehalten werden mussten.
Die Beklagte kann dem gemäß über § 642 BGB all diejenigen Mehrbelastungen der Nachunternehmer nicht zur Aufrechnung stellen, die ihre Ursache in der Mangelhaftigkeit des Gewerks haben, und unabhängig vom Vorliegen des Annahmeverzuges ohnehin als Beseitigungsmehraufwand angefallen wären; dies betrifft beispielhaft insbesondere die in erheblichem Umfang angefallenen Kosten der Fa. XXX XXX XXXXX GmbH & Co KG für die Verkehrssicherung der Anschlussstelle XXXXX und die insoweit zusätzlich aufgestellten Warnbaken.
Nach Ansicht des Senates sind auch sämtliche Überstundenzuschläge wegen erforderlicher Mehrarbeit sowie darüber hinausgehend alle weiteren Beschleunigungskosten nicht unter § 642 BGB subsumierbar, da diese Norm dem Werkunternehmer nach dem o. G. nur die während des Annahmeverzuges entstehenden Nachteile ersetzen will (vgl. auch BGH NJW 2003, S. 1601 ff.; OLG Köln, NJW-RR 2004, S. 818 ff, und Palandt-Sprau Rn. 5 zu § 642 BGB). Dementsprechend sind sämtliche - hier in nicht unerheblicher Höhe seitens der Nachunternehmer geltend gemachten und von der Beklagten gegen den Werklohnanspruch eingewandten - Beschleunigungskosten nicht gemäß § 642 BGB ersatzfähig. Denn solche Kosten dienen lediglich dazu, einen schnelleren Abschluss der Arbeiten herbeizuführen. Zum Ausgleich solcher wirtschaftlichen Nachteile ist die Vorschrift des § 842 BGB als Entschädigungsanspruchs eigener Art nicht gedacht (OLG Köln, a.a.0.).
Der Senat vertritt jedoch die Auffassung, dass den Nachunternehmern für die Gewerke Strecken- und Brückenbau - über die Vorschrift des § 642 BGB hinaus - dem Grunde nach umfassend Ansprüche gegenüber der Beklagten aus § 2 Nr. 5 VOB/B zustehen mit der weiteren Folge, dass die Beklagte ihrerseits der Klägerin die - im Weiteren noch zu ermittelnden - Mehrkosten nach § 4 Nr. 7 VOB/B aufrechnungshalber entgegen halten kann.
Der Senat weist zunächst darauf hin, dass für solche Mehraufwendungen allein § 2 Nr. 5, nicht aber Nr. 6 VOB/B einschlägig ist. § 2 Nr. 5 VOB/B greift nämlich dann ein, wenn nicht eine für sich allein zu betrachtende zusätzliche Leistung erbracht wird, sondern auf Anordnung des Auftraggebers eine nach dem ursprünglichen Vertrag geschuldete Leistung anders ausgeführt wird, die Anordnung also die Art und Weise der Leistungsdurchführung betrifft. Dies gilt insbesondere - wie vorliegend - bei Großprojekten im Straßenbau, wenn die bisher vertraglich vorgesehene Planung und Verkehrsführung geändert wird (vgl. Ingenstau/Korbion, Rn. 8 zu § 2 Nr. 5 VOB/B m.w.N.).
Im Hinblick auf Ansprüche der Nachunternehmer aus § 2 Nr. 5 VOB/B hat der Bundesgerichtshof in der bereits genannten Ausgangsentscheidung (BauR 1985, S. 561 ff.) die Auffassung vertreten, dass ein Anspruch aus § 2 Nr. 5 VOB/B zwar grundsätzlich gegeben sein könne, und dass darüber hinaus zu Anordnungen im Sinne dieser Bestimmung auch solche über die Bauzeit und über den Beginn der Ausführungen gehören können. Im Weiteren hat der Bundesgerichtshof jedoch ausgeführt, dass es sich hierbei um eine einseitige Maßnahme des Auftraggebers handeln müsse, die ihren Ausgangspunkt in dessen Verantwortungsbereich habe, was jedoch bereits deswegen nicht der Fall sei, weil der Vorunternehmer nicht grundsätzlich, sondern eben nur unter den bereits aufgeführten Besonderheiten Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers sei. Mangels Verantwortlichkeit des Auftraggebers scheide daher auch dessen Einstandspflicht nach § 2 Nr. 5 VOB/B für Ansprüche der Nachunternehmer aus (vgl. weiterhin LG Köln, BauR 2000, S. 1076 ff.; Beck'scher Kommentar zur VOB, Teil B, Rn. 58 zu § 2 Nr. 5 VOB/B). In der Entscheidung aus dem Jahr 1999 (BauR 2000, S. 722 ff.) hat der Bundesgerichtshof zwar - wie bereits ausgeführt - seine Auffassung hinsichtlich der Haftung des Auftraggebers gegenüber den Nachunternehmern aus § 642 BGB geändert, jedoch zu der Frage, ob § 2 Nr. 5 VOB/B einschlägig ist, (auch anderweitig) nicht Stellung genommen.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BauR 1985, S. 561. ff.) ist im Hinblick auf die Wertungsgleichheit von Nachunternehmeransprüchen aus § 6 Nr. 6 VOB/B einerseits und § 2 Nr. 5 VOB/B andererseits in der Literatur verschiedentlich auf Kritik gestoßen (vgl. Ingenstau/Korbion, Rn. 23 zu § 2 Nr. 5 VOB/B, Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, Rn. 110 d. zu § 2 Nr. 5 VOB/B; Nicklisch-Weick, Rn. 61 zu § 2 Nr. 5 VOB/B).
Der Senat folgt dieser Auffassung. Zunächst lässt sich dem Wortlaut des § 2 Nr. 5 VOB/B diese Einschränkung nicht entnehmen, § 2 Nr. 5 VOB/B weist des Weiteren einen anderen Regelungsgehalt auf und steht nicht im Zusammenhang mit Schadenersatzansprüchen des Nachunternehmers, Die Vorschrift will Mehrvergütungsansprüche des Nachunternehmers infolge ursprünglich nicht vorgesehener Modifikationen der vertraglich geschuldeten Leistungen abgelten. Hierfür ist jedoch die Verantwortlichkeit des Auftraggebers im Sinne eines Vertretenmüssens nicht erforderlich. Im Vordergrund steht die Frage, inwieweit eine Änderung der Bauausführung einen von der Kalkulation des Nachunternehmers nicht erfassten Mehraufwand erforderlich macht. Was diesem Mehraufwand zugrunde liegt und ob dieser vorn Auftraggeber zu vertreten ist, spielt für den modifizierten Erfüllungsanspruch des Nachunternehmers nach Auffassung des Senates keine Rolle. Zwar hat der Auftraggeber die mangelhafte Leistung des Vorunternehmers im Rahmen von Schadenersatzansprüchen des Nachunternehmers aus § 6 Nr. 6 VOB/B nicht gemäß §§ 276, 278 BGB zu vertreten (s.o.). Dennoch gehört es unabhängig davon zu den Pflichten des Auftraggebers, dem Auftragnehmer ein zur Aufnahme der Folgeleistung bereites Grundstück zur Verfügung zu stellen (vgl. Nicklisch-Weick, a.a.O.). Ordnet der Auftraggeber jedoch Änderungen des Bauablaufplans an, weil er seiner o.g. Obliegenheit nicht nachkommen kann, hat dies seinen Ursprung allein in der auf seinen Willen zurückzuführenden Abänderung der ursprünglich vertraglich geschuldeten und vom Nachunternehmer kalkulierten Leistung. In diesem Zusammenhang kann auch § 6 Nr. 2 Abs. 1 VOB/B (2000) herangezogen werden: Anerkannt ist dort, dass aus dem Risikobereich des Auftraggebers herrührende Behinderungen und Unterbrechungen auch solche sein können, die allein aus der Verletzung einer Mitwirkungsobliegenheit des Auftraggebers resultieren (vgl. hierzu v. Gehlen, ZfBR 2000, S. 294).
Schließlich führt die Wertungsgleichheit zwischen § 6 Nr. 6 VOB/B und § 2 Nr. 5 VOB/B hinsichtlich der Zurechenbarkeit von fehlerhaften Vorunternehmerleistungen auch zu Widersprüchen; Der Bundesgerichtshof hat im Rahmen von § 6 Nr. 6 VOB/B einerseits die Verzögerung von Vorunternehmerleistungen und darauf beruhende Änderungsanordnungen als erstattungsfähige Mehrvergütungsansprüche eingeordnet (vgl. diesbezügl. die Nichtannahme der Revision gegen das Urteil des OLG Celle, BauR 1994, S. 629 ff.; BGH Beschluss v. 16.12.1993, Az.: VII ZR 229/92). Andererseits werden im Falle mangelhafter Vorunternehmerleistungen Ansprüche aus § 6 Nr. 6 VOB/B nicht zugesprochen (vgl. diesbezügl. die Nichtannahme der Revision gegen das Urteil des OLG Nürnberg, BauR 1994, S. 517 ff.; BGH Beschluss v. 11.11.1993, Az.: VII ZR 55/93), Eine unterschiedliche Behandlung beider Fälle ist nach Auffassung des Senats nicht gerechtfertigt. Dieser Widerspruch bliebe bestehen, wenn man die Zurechenbarkeit der Vorunternehmerleistungen nach §§ 276, 278 BGB auch im Rahmen des § 2 Nr. 5 VOB/B bei vertragsändernden Anordnungen als maßgebliches Kriterium betrachten würde.
In tatsächlicher Hinsicht sind die Voraussetzungen des § 2 Nr. 5 VOB/B hier gegeben, Der Begriff der Anordnung ist nach wohl allgemeiner Auffassung weit zu fassen (Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, Rn. 110b zu § 2 Nr. 5 VOB/B m.w.N.). Für Anordnungen i.S. der genannten Vorschrift ist eine bestimmte Form nicht erforderlich. Sie kann ausdrücklich erfolgen, aber auch stillschweigend durch schlüssiges Verhalten (vgl. BGH NJW 1968, S. 1234; BauR 1985, S. 561 ff.). Es genügt, wenn sich die Vertragsparteien in Kenntnis der maßgeblichen Umstände auf die geänderte Situation einstellen und der Auftraggeber unter den geänderten Umständen die Leistung sodann ausführen und weiterbauen lässt (BGH a.a.0.; Beck´scher Komm. zur VOB, Teil B, Rn. 61 zu § 2 Nr. 5 VOB/B). Es muss sich um solche Weisungen des Auftraggebers handeln, die für die Nachunternehmer erkennbar als Vertragserklärungen verpflichtend sind.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Beklagte ändernde Anordnungen i.S.v. § 2 Nr. 5 VOB/B gegenüber den Nachunternehmern getroffen: Zum einen hat die Beklagte gemäß Protokoll vom 05.09.2000 (Anlage B 4) festgesetzt, dass infolge der zeitlichen Umorganisation Beschleunigungsmaßnahmen und entsprechende Mehrleistungen durch die Nachunternehmer erforderlich sind. Zum anderen nehmen die als Anlage zur Akte gereichten Schriftstücke auf eine solche zwischen der Beklagten und den jeweiligen Nachunternehmern angeordnete Mehrleistung ausdrücklich Bezug (vgl. Anlagen B 5 und B 6 betr. Fa. XXX XXXX GmbH & Co, KG; Anlage B 24 betr. Fa.XXXX GmbH, Anlage B 25 betr. Fa. XXXXXXXX XXX XXXXXXX GmbH; Anlagen B 30 und B 68 betr. Fa. XXXX XXX GmbH; Anlage B 29 betr. Fa. XXX & XXX Bau AG sowie Anlage B 31 betr. Fa. XXXX Bau GmbH Co. KG). Im Weiteren ist insbesondere auch auf die Schreiben der einzelnen Nachunternehmer für die Brückenbaugewerke zur Begründung der Nachträge sowie die darauf erfolgte Korrespondenz des für die Beklagte tätigen Ingenieurbüros L., K., G. Partnergesellschaft hinzuweisen, die ebenfalls auf solche vertragsändernden Anordnungen nochmals ausdrücklich Bezug nehmen. Auch soweit die Kosten der Fa. XXX XXX XXX Planungsgesellschaft Gera GmbH betroffen sind, sind diese nach Auffassung des Senats dem Grunde nach als Schadenersatzposition aufrechenbar, da diese Aufwendungen auf zusätzlichen, vom Ursprungsvertrag nicht erfassten und durch die Beklagte angeordneten Mehrleistungen beruhen. Die Ermittlung der Mehraufwendungen der beteiligten Nachunternehmer ist Im ursprünglichen Vertrag(Anlage B 84) ebenso wenig enthalten wie die Überwachung des nochmaligen Frostschutzeinbaus. Auch insoweit hat die Beklagte unter Bezugnahme auf die Anlage B 27 und B 28 hinreichend vorgetragen.
Nach § 2 Nr. 5 VOB/B soll ein neuer Preis vor der Ausführung getroffen werden. Unabhängig davon, dass nach den bereits genannten Anlagen solche Mehrkosten durch die Nachunternehmer wohl rechtzeitig angemeldet worden sind, ist darauf hinzuweisen, dass es sich insoweit ohnehin nicht um eine Pflicht der Vertragsparteien im Sinne einer Anspruchsvoraussetzung handelt; die Anspruchsentstehung auf den geänderten Preis wird hierdurch nicht gehindert (Ingenstau/Korbion, Rn. 35 zu § 2 Nr. 5 VOB/B). Der Anspruch auf Anpassung der Vergütung besteht auch dann, wenn eine solche Preisanpassung vor Ausführung unterbleibt und eine Vereinbarung über die Änderung der Vergütung vorher nicht getroffen wird. Anders als im Rahmen von § 2 Nr. 6 VOB/B ist hier gerade keine Ankündigung der Preisänderung erforderlich.
Ob der damit dem Grunde nach festgestellte Schadensersatzanspruch der Beklagten aus § 4 Nr. 7 S, 2 VOB/B besteht, wird im weiteren Verfahren zu klären sein. Der Erlass eines Beweisbeschlusses bleibt insoweit vorbehalten.
Die Kostenentscheidung erfolgt im Endurteil.
Die Revision war zuzulassen, da der Senat in seinem Urteil von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs teilweise abweicht; infolge dessen sind die Voraussetzungen des § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 ZPO gegeben.